Dienstag, 16. April 2024
War es ein Sperrwerk aus Varuszeiten im vermeintlichen „Teutoburgiensi saltu“ ?
Gleich zwei Spekulationen in einer Überschrift miteinander zu verbinden stößt zweifellos an die Grenzen unseres Vorstellungsvermögens. Da sich aber nicht nur die zahlreichen Indizien, sondern auch die historischen Hohlwege etwa einen Kilometer südwestlich von Borlinghausen bündeln ist keine phantastische Vision mehr damit verbunden sich dort auch den „teutoburgiensi saltu“ vorstellen zu können. In diesem Abschnitt des Eggewaldes verbirgt sich ein Sperrwerk, dass den Eindruck erweckt, es könne sich dabei um eine frühgeschichtliche Wallanlage handeln. Ein von Menschenhand geschaffenes Bauwerk, dass man der Topographie also dem Gelände anpasste in dem man es in die steile Hangkante grub. ( Eine Darstellung dieser Anlage mit näherer Beschreibung ist dem voraus gehenden Abschnitt zu entnehmen.) Die Hanglage erschwerte den Bau von Forstwirtschaftswegen, sodass man sie nicht zerstörte oder geschnitten hätte und da erfreulicherweise auf jegliche Ausschilderung verzichtet wurde ist zum Auffinden etwas Spürsinn gefragt. Aber vor allem anderen steht die Frage nach dem Urheber und so darf man natürlich auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, das es die Cherusker oder die mit ihnen verbündeten Stämme waren die die Schanzarbeiten ausführten. Der Wall sperrte einen überregionalen Passweg der auch der römischen Besatzungsmacht nicht fremd war. Eine Verbindung in die westfälische Bucht die die Cherusker Varus nach der Niederschlagung des von ihnen erdachten fiktiven Aufstandes als Rückweg zur Lippe als unproblematisch und befahrbar beschrieben hatten. Darin, dass die Legionen diesen Aufstieg nicht mehr erreichten da ihr gros letztlich vor dem Saltus am 3. Marschtag endgültig aufgerieben wurde, liegt die Ironie der Varusschlacht. Letztlich bestanden aus Passweg und Aufruhr die Lockmittel mit denen man Varus in diese Region köderte in der Germanicus sechs Jahre später die Knochen der Legionen bestattete. Den Tacitus Annalen lässt sich entnehmen, dass mit Ausnahme von Zweikämpfen im Zusammenhang mit den Fluchtgefechten im Saltus selbst keine Schlachten mehr statt fanden. Die Faszination die von diesem historischen Schluchtenweg ausgeht, der einst für die Legionen das rettende Fernziel dargestellt haben könnte, macht ihn für die Schlachtenrekonstruktion interessant. Dieser Weg ist einer der ganz wenigen karrentauglichen der schon in frühester Zeit über die Egge führte. Er nennt sich heute Burg - oder Bördenweg und ist die östliche Verlängerung des Herßweges die seit Menschengedenken die bequemste und kürzeste Verbindung darstellt, wenn man aus einem östlichen Fächer zwischen dem Weserknie bei Herstelle oder Borgentreich/Trendelburg kommend entweder ins Sintfeld, nach Paderborn, an die obere Lippe oder noch weiter wollte. Wer damals und auch noch lange danach die Absicht hatte den 40 km langen Eggeosthang zwischen Diemel und Horn andernorts mit Karren zu überqueren, der musste auf den nächsten „saltu“ in nördlicher Richtung ausweichen und den Hellweg von Schmechten nach Schwaney nutzen während der südlich davon gelegene serpentinenreiche aber ebenfalls karrentaugliche Anstieg durch das Schwarzbachtal nur Sinn macht, wenn man aus Richtung Scherfede, Warburg oder Wrexen kommend nach Kleinenberg wollte. Schon immer von überregionaler Bedeutung war der Saltusabstieg westlich von Borlinghausen insofern, alsdass er auch ein Teilstück des Haarweges bildet und die Rhein/Ruhrregion längst dem Südrand der westfälischen Bucht mit Ostwestfalen und Nordhessen verband. Auf ihn traf als Abzweig der Thüringer Weg der den westfälischen Hellweg bei Soest verließ und ebenfalls durch den Saltus in Richtung der Warburger Börde führte. Benutzt man die beliebten Worte „Immer schon“ dann bedeutet es in diesem Fall, dass man ihn schon seit dem Ende der Weichsel Kaltzeit vor etwa 12.000 Jahren beging als er noch durch Tundren ähnliche Strukturen verlief und mehr von ziehenden Tierherden, als von Menschen begangen wurde die ihnen nachstellten. Seine Besonderheiten verbergen sich im Unterholz des dichten Eggewaldes und lassen sich nur zu Fuß oder mit Hilfe der Bodenradarmethode auf Basis der Geodaten des Landes NRW aufspüren. In der Draufsicht wird ein umfängliches Bündel ältester Hohlwege erkennbar, dass den Wanderer schon beim östlichen Einstieg in das Waldgebiet der Egge empfängt und verrät wie intensiv er in früheren Zeiten frequentiert wurde. Erkennbar daran, dass es immer wieder nötig war anstelle der ausgewaschenen und ausgefahrenen Fahrspuren neue Parallelstrecken anzulegen um die Steilbereiche bewältigen zu können. Die nahezu unkenntlichen Reste einer einstigen Befestigungsanlage am oberen Ausgang des Hohlwegebündels unmittelbar am Eggehöhenweg gelegen deuten auf den strategischen Wert dieses geschichtlichen Verkehrsknotenpunktes hin. Die geeignete Lage spricht dafür, dass sich hier seit jeher ein Kontrollposten, gleich wie er beschaffen also ausgebaut war befunden haben dürfte. Eine weitere Auffälligkeit am Aufstieg ist die besagte Wallanlage die man etwa 160 m unterhalb dieser „Alteburg“ genannten Ruine in den Hang gegraben hatte. Eine Schanze, die sich in Distanz zur alten Burg befindet, sie also nicht komplett umwallte, sodass man sie nicht erbaut hat um damit die Burganlage zu schützen. Der Erddamm der Wallanlage wurde folglich nicht ringförmig um die Kuppe der „Alte Burg“ gelegt sondern verläuft gradlinig, sodass man ihn eindeutig als Wegesperre bezeichnen darf. Während auch seine Funktion unstrittig ist, so bleibt im tieferen Kern doch die Bedeutung bzw. der Grund für den Bau dieses Sperrwerks ungeklärt. In jedem Fall handelt es sich um eine Verteidigungsanlage mit der man einen unerwünschten und unkontrollierten Aufstieg verhindern wollte wobei man aber aufgrund seiner Dimension und Beschaffenheit seine Effektivität infrage stellen muss, da er sich letztlich doch an seinem südlichen und nördlichen Ende wenn auch beschwerlich umgehen lässt. Einer Chronik ist zu entnehmen, dass man diesem Überlandweg der einst durch den Saltus führte 1451 als es opportun wurde die Antike zu idealisieren außer dem Namen Hersewech, den man später Herßweg nannte auch noch den Namen „antiqua via“ gegeben hatte. In der Renaissance war den Humanisten bekannt, dass die Antike die römische Epoche umfasste und keine Bezeichnung war die man dem voraus gegangenen Mittelalter gab, er also für sie bereits älteren Ursprungs war. Eine Information die nicht verwundert, da sie zwar das hohe Alter dieser Wegeverbindung bestätigt uns aber immer noch die Bauzeit der Sperranlage verschweigt. Aufgrund der historisch viel versprechenden Ausrichtung und Lage weckte die Wallanlage schon 1901 das Interesse der Forschung und im 20. Jhdt. fanden auch archäologische Untersuchungen an ihr statt die allerdings zu keinem datierfähigen Ergebnis kamen, sodass das Alter dieser Wallanlage ungeklärt blieb In einem wissenschaftlichen Beitrag wurden unter dem Titel „Burg und Wegesperre im Eggegebirge bei Warburg - Borlinghausen“ im Jahr 1997 die Erkenntnisse zusammen gefasst und veröffentlicht. Auch im Zuge dieser Forschungsarbeiten konnten keine belastbaren Funde erbracht werden und so ließ sich auch nicht nachweisen, ob das Sperrwerk zeitlich mit der Burg in Verbindung gebracht werden kann oder früher entstand. Der Wallkörper einschließlich des westlich vorgelagerten Aushubgrabens wurde über die Jahre von den natürlichen Einflüssen und Zerfallsprozessen in Mitleidenschaft gezogen weist jedoch noch eine Breite von rund achtzehn Metern auf wobei Messungen ergaben, dass die Wallkrone 1997 trotz Erosion immer noch etwa 4,50 m oberhalb der Sohle des Grabens lag. Unter Zuhilfenahme des Lidar Bodenradars lässt sich erkennen, dass man hier eine im fortifikatorischen Sinne vorhandene günstige Gelegenheit nicht in voller Breite genutzt hat, nämlich zwei der „Alte Burg“ vorgelagerte Quellaustritte auch Siepen genannt mittels dieser Wallanlage miteinander zu verbinden. Siepen wie sie den Eggeosthang vielerorts prägen und den Aufstieg zusätzlich erschweren. Zwischen den Siepen befindet sich eine etwa 250 Meter breite buckelartige Anhöhe über die drei Hohlwege auf trockenem Boden dem Eggekamm zustreben. Die beiden nördlichen Hohlwege dürften jüngeren Datums sein. Man kann es damit begründen, dass etwa durch die Eisentransporte das Gewicht der Wagenladungen in neuerer Zeit zugenommen hat. So wurde, damit sich das Gefälle besser überwinden ließ eine umfängliche nach Norden ausschweifende Kehre angelegt um die Aufstiegsstrecke zu verlängern, während man bei der Abfahrt darauf verzichten konnte. Da bereits der mittlere und südliche Hohlweg existierte stand dafür nur genügend Raum im Norden zur Verfügung. Hinzu kommt, dass beide einen deutlich besserer Ausbauzustand aufweisen, als die übrigen Hohlwege. Der mittlere Hohlweg hingegen ist durch Grenzsteine gekennzeichnet auf denen sich einerseits der Paderborner Bischofsstab und andererseits das Symbol der Spiegelritter befindet, was hinweisgebend dafür ist, dass man diesen Hohlweg für die mittelalterliche Grenzziehung nutzte und man ihn daher dieser Epoche zuweisen darf. Der südliche Hohlweg erweist sich als der Älteste der drei., was sich mit den beidseitig an ihn anstoßenden Verteidigungsanlagen in Form zweier Wallgrabenstrukturen begründen lässt die dieser Weg durchschneidet bzw. man für ihn einen Durchgang frei gelassen hatte. Und während sich ein Aufstieg durch die je nach Wetterlage knöcheltief versumpften Siepen als äußerst beschwerlich erweist, waren Freund und Feind gezwungen den von der Natur vorgegebenen trockenen Bereich zwischen den Siepen zum Anstieg zu nutzen, wodurch sie unvermeidlich in das Wallgrabensystem gelenkt wurden. So ließen sich bei genügend Kämpfern auf der Wallkrone auch jene Angreifer abwehren die an dieser Stelle den Eggekamm erreichen wollten. Die südliche Wallanlage gibt noch Rätsel auf. Sie erstreckt sich zwar ab dem Wegedurchlass rund 100 Meter nach Süden wo sie an besagtem südlichen Siepen endet, aber ab dem Durchlass nur etwa 30 Meter nach Norden, wo sie nicht bis an den nördlichen Siepen heran reicht, sondern am mittelalterlichen Hohlweg endet der jüngeren Datums ist, also in der Zeit als man den Wall anschüttete noch nicht existiert haben könnte. Die Auswaschungsprozesse von Hohlwegen ziehen sich über lange Zeiträume hin und hängen von der Intensität der Nutzung ab. Das aber über die gesamte Breite von rund 250 Metern nur drei Hohlwege erkennen kann, man diese Zone aber über Jahrtausende zum Auf – und Abstieg nutzte macht deutlich, dass jeder Hohlweg über einen sehr langen Zeitraum begangen wurde. Eine vage Datierung könnte dazu führen, dass der südliche Hohlweg die prähistorische Variante ist und bis ins frühe Mittelalter genutzt wurde, während man die mittlere bis in die frühe Neuzeit beging. Danach verstärkten sich die Warenströme und es folgte als letzte die nördliche Bündelung. Der Aufwand die Wallanlage vom südlichen bis zum nördlichen Siepen komplett herzustellen schien zu umfänglich gewesen sein, sodass man nur um den südlichen Hohlweg eine Waldgraben sperre errichtete die aber nach Norden hin schon verkürzt ausfiel. Zwei ovale im Abstand voneinander befindliche Vertiefungen von elf bzw. fünfzehn Meter Länge die den nördlichen also neuzeitlichen Hohlweg in die Mitte nehmen standen nicht mit der Wallanlage am südlichen Hohlweg in Verbindung. Sie erwecken den Eindruck als hätten sie der Beobachtung gedient, hatten die Funktion von Verteidigungsnestern und waren nur Ersatz für eine umfänglichere Wallanlage. Da sich Graben und Wall keine bauliche „Akkuratesse“ entnehmen lässt und die nördlich an den südlichen Hohlweg angrenzende Wallanlage kürzer ist als die auf der Südseite musste die Anlage auf die Archäologie wie ein relativ schnell errichtetes, hastiges und unfertiges Bauwerk wirken, so als habe man sie unter Zeitdruck ausgeführt und es habe keine langfristige Planung dahinter gestanden. Aus diesem Kontext schloss die Archäologie, dass die Anlage nur eine kurzfristige Funktion zu erfüllen hatte. Versucht man man den strategischen Wert dieser Wallanlage die sich vom südlichen Hohlweg etwa 108 m bis zum südlichen Siepen erstreckt zu rekonstruieren um auf diese Weise Gründe für seine Errichtung zu finden steht man mangels belastbarer Funde beginnend mit der prähistorischen Epoche bis ins Mittelalter vor der gesamten Bannbreite unseres Vorstellungsvermögens und keltische Schutzanlagen kommen ebenso infrage wie sächsische oder slawische Abwehrmaßnahmen. Ob es möglich ist sich über den Grad der Erosion die Bauzeit zu erschließen dürfte problematisch sein. Aber eine derart archaische Maßnahme von insgesamt 138 m Länge, 108 m südlich und 30 m nördlich des Hohlweges, für die man umfängliche Erdbewegungen durchführte und dies weit außerhalb von dörflichen Ansiedlungen tat, die es hier nicht zu schützen gab, stößt immer auf Interesse. Feinde griffen zu allen Zeiten an und Verteidiger hatten sich zu verteidigen, aber im Saltus liegen die Verhältnisse anders denn hier hat man es nicht mit einer raumgreifenden lang gezogenen Landwehr zu tun, sodass sich zunächst die Frage stellt, ob man den Reisenden nur am Weitermarsch hindern und ihn zur Umkehr bewegen wollte, oder man einem Gegner mit Waffengewalt abwehren musste. Hatte man also das Potenzial einen Gegner zu vernichten oder wollte man ihm nur die Aussichtslosigkeit seines Ansinnens signalisieren. So hat man sich im Zusammenhang mit der jeweiligen epochalen Bedrohungslage auch die Frage zu stellen, was der Gegner bezweckte. Im dichten Eggewald ließ sich keine Feldschlacht austragen. Umfang und Lage des Bauwerks deuten aber darauf hin, dass man nur regional dachte und möglicherweise nur verhindern wollte, dass eine feindliche Streitmacht das Sintfeld oder die unmittelbar umliegenden Regionen auf bequeme Weise heim suchen konnte. In diesem Fall wäre die Sperranlage von der Dimension her ungeeignet gewesen, denn dafür war sie zu kurz. Mögliche Angreifer hätten gefahrloser den Anstieg vom Diemeltal aus bewerkstelligen können oder hätten die Wallanlagen kurzerhand auf schmalen Pfaden umgangen. Hätten es die Eggeverteidiger mit einer größeren Armee zu tun bekommen, wäre für diese auch die schmale Schanze kein Hindernis gewesen und die Verteidiger hätten die Flucht ergreifen müssen. Feindliche Kundschafter gleich ob man sie von größeren oder kleineren Kontingenten aussandte hätten frühzeitig die Gefahr erkannt und eine Strategie entwickelt wie oder ob man die Wallverteidiger angreifen könnte bzw. ihnen besser auswich. So ließen sich nur kleinere Horden damit abschrecken und zerstreuen, aber jeder Feind gleich wie zahlreich er war und das Sintfeld um jeden Preis erreichen wollte wird sich um einen gefahrlosen Aufstieg bemüht haben, selbst wenn er dafür einen Umweg hätte machen müssen. Möglicherweise hatte der Wall auch nie Kampfhandlungen erlebt und man hatte ihn nur als Vorsichtsmaßnahme angelegt. Im günstigsten Fall sollte dem Feind den man erwartete der Aufstieg unmöglich gemacht werden, er also vor dem Wall abgewehrt und besiegt werden. Sie könnten aber auch einen Feind erwartet haben der gezwungen war nur diesen einen Aufstieg nutzen zu müssen, da er keine andere Alternative sah. Ein Feind, der sich keine Umwege mehr leisten oder sich zumuten konnte und wollte, da ihm die Kräfte fehlten und er konnte auch keine Kundschafter aussenden, da er keine hatte. Ein Feind der sich auf der Flucht befand, der sich nicht auskannte, aus kräftezehrender ungünstiger Position nach oben vorstieß und hier auf ein unerwartetes Abwehrbauwerk traf, dem er nicht ausweichen konnte und zudem auf einen Verteidiger stieß, der vorbereitet war. Dies würde dann darauf hinauslaufen, dass man sich in der Wallanlage ein Bauwerk vorstellen darf, dass sich mit der Varusschlacht in Verbindung bringen ließe. Es ist nicht mehr als eine Theorie solange man nicht unter dem hangseitig abgerutschten Wall römische Militaria findet womit sich der Verdacht erhärten ließe. War dies der Grund für die Schanzarbeiten, dann war es eine Vorkehrungsmaßnahme mit Weitblick. Dann wusste man in Cheruskerkreisen nicht wie sich die Schlacht entwickeln und wie sie enden würde und konnte nicht ausschließen, dass es Varus mit seinen Legionären gelingen könnte doch noch bis zur Eggehöhe vorzustoßen. Darauf, dass es zumindest einer geschafft haben könnte weist auf den Legionär hin der noch bis Haaren kam, bevor ihn dort die Kräfte verließen, er samt Wehrgehänge im Sumpf stecken blieb, den kein Germane entdeckte und sein Goldadler erst 1706 gefunden werden konnte. Hält man es für möglich, dann hatte der Wall eine Sperr - und Auffangfunktion zu erfüllen und die Germanen hatten die Absicht, den römischen Feind in Gänze zu vernichten und ihm hier jegliche Fluchtmöglichkeiten nehmen wollten und das auch um keine Hilfe herbei rufen zu können. Durch alle Hierarchien und Grade sollte keiner von ihnen lebend den Nethegau verlassen können. Die Position der Anlage zwischen den im Wald verborgen liegenden vernäßten und schlammigen Schluchten die bei Regenfällen zu Bachtälern werden und den Sulgruben der Wildschweine war dafür gut gewählt und die Cherusker, Marser oder Sugambrer hielten die Wallkrone besetzt und kontrollierten die Szenerie. Aber wie ging es am 3. oder 4. Kampftag weiter als sich die inzwischen stark zusammen geschmolzenen Reste der Legionen zur heillosen Flucht entschieden. Sie verließen spätestens am Morgen des vierten Tages und als sie vom Tod ihres Feldherrn erfuhren ihre im Gelände verstreut liegen Nachtlager, schleppten sich durchs Unterholz, hangelten sich den Eggehang hoch und stolperten bei Wind und Wetter über umgestürzte, nassglatte, vermooste Bäume, sowie Holzstapeln und Astwerk, dass die Germanen ihnen zuvor in den Weg gelegt hatten und wichen zahlreichen Schlammlöchern, wie man sie auch heute noch am Saltus sehen kann aus und ihnen den Aufstieg zusätzlich erschwerten. Wie man sich vorstellen kann war in dieser Zeit der Eggewald noch bis in die Dunkelheit erfüllt von den Kommandorufen und Schreien der Kämpfenden bis sich zum Ende des 4. Tages Totenstille ausbreitete. Einige Opfersteine nahe der Ruine der „Alte Burg“ am oberen Einstieg in das Hohlwegebündel des Saltus wo sie ihren berechtigten Platz hatten sind noch Zeugen der alten Riten unserer Vorfahren an denen sich noch Auswölbungen und Ablaufrinnen erkennen lassen. Wollte man diese wallartige Anschüttung tatsächlich mit den Kämpfen des Jahres 9 + in Verbindung bringen, dann stellt sich auch die Frage wann die Germanen mit den nötigen Schanzarbeiten begonnen haben könnten. Die Cherusker die den Legionen die Falle stellten in dem sie ihnen den Zugweg durch die Egge als Aufstiegsmöglichkeit empfohlen gingen die diversen Szenarien durch. Ging ihr Plan auf dann mussten sich die Legionäre zum Ende der Schlacht am letzten Kampftag vor der Eggewand befunden haben und es blieb ihnen nur übrig sie zu erklimmen. Aber ab wann wussten sie das Rom ihrer Regie folgte. Auf Basis dieser Theorie nahm die römische Armee am Morgen nach dem noch kampflosen verlaufenden ersten Anmarschtag von der Weser nach Brakel den Weg nach Süden in Richtung Peckelsheim und da man nachweislich keinen Frauen und Kindern eine mögliche Schlacht zumutete, wurde im Raum Brakel ihr ziviler Tross für den Direktmarsch nach Schwaney und nach Aliso abgekoppelt. So stand erst mit dem Ausmarsch der Kampflegionen ab Brakel für die Germanen fest, dass Varus unwiderruflich ihren Vorschlägen folgte und sich auf den Weg in seinen Untergang begeben hatte. Zur Erinnerung, Arminius der am ersten kampflosen Marschtag zu seinen Männern ritt überfiel am Folgetag zunächst den Tross auf dem Teilstück nach Schwaney bevor er zu Varus aufschloss wo er sich den Legionären mitten im Kampfgetümmel plötzlich als Gegner enttarnte. So stand auch erst am Morgen des zweiten Marschtages, dem ersten Kampftag fest, dass man sich nun auch erst der Errichtung eines Sperrwerkes in der Egge widmen konnte. Wenn man nicht schon Tage vorher angefangen hatte, dann standen den Germanen zwei Tage und zwei Nächte zur Verfügung um den Wall auszuheben und das Nadelöhr zu schließen. So entand er in relativ kurzer Zeit bzw. musste er entstehen was für eine schnelle und hektische Aktion spricht und aus Zeitgründen ist es denkbar, dass man die Maßnahme nicht zu Ende ausführen konnte. Es ließe sich rätseln oder spekulieren wieviel Germanen ob Frauen, ältere Männer oder Kinder sich an den Schanzarbeiten beteiligten. Möglicherweise konnten sie sogar auf bestehende ältere Anlagen zurück greifen die sie nur wieder erhöhen und stabilisieren bzw. erneuern brauchten. Offen gebliebene Bereiche schloss man auf die Schnelle mit Astwerk und Totholz. Den Dammkomplex im Hinblick auf datierbare Funde näher zu untersuchen wäre eine interessante und wünschenswerte archäologische Aufgabe. Der Kombination aus Wallanlage, Wegebündelung und Burgruine trug man in neuerer Zeit Rechnung und erklärte das Ensemble zum Kulturdenkmal. Aber ihre historische Bedeutung ließe sich erheblich steigern, wenn es gelänge inmitten des Walles oder in der Abrutschzone auf römische Relikte oder datierfähiges Stück Holz zu stoßen. (16.04.2024)

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Historische Hohlwege durch die Egge westlich Borlinghausen
hohlwege im saltus (PNG, 1,636 KB)

1.)
gelbe Linie. Ruine der "Alte Burg"
2.)
rote Linie. Wall und Graben
3.)
grüne Linien. Nördlicher und südlicher Siepen
4.)
blaue Pfeile. Prähistorischer Hohlweg durch die Wallgrabenstruktur
5.)
schwarze Pfeile. Mittelalterlicher Hohlweg
6.)
weiße Kreise. Zwei ovale Strukturen
7.) cyane Pfeile. Neuzeitliche Hohlwege

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Montag, 1. April 2024
Warum Haltern nicht Aliso ist.
Obwohl sich nicht jeder Geschichtsfreund im Detail mit der Verlaufsgeschichte der Varusschlacht beschäftigt hat vertreten doch manche von ihnen die Ansicht es habe sich bei „Aliso“ um Haltern gehandelt. Das Haltern Aliso sein soll erinnert auch etwas an die Debatte um die Frage, ob bei Kalkriese die Varusschlacht statt gefunden hat. In Haltern hätte dann das legendäre und gut ausgebaute Lager im unmittelbaren Einzugsgebiet der Varusschlacht gestanden worin die Überlebenden Schutz suchten, das der germanischen Belagerung lange widerstehen konnte, dann aber doch aufgegeben werden musste. Unter dem Namen Aliso wird es in der Geschichtsschreibung nur zwei Mal erwähnt und zwar von Velleius Paterculus und Cornelius Tacitus. Cassius Dio hingegen schrieb nur über eine Festung die man mit Aliso für identisch hält, die am Zusammenfluss von Lupias und Elison lag und von Drusus 11 – nach der Schlacht von Arbalonem begründet wurde. Aber auch noch an zwei weiteren Textstellen von Cassius Dio und Sextus Julius Frontinus gibt es Hinweise auf die Existenz eines bedeutsamen Kastells, das den Verdacht auf Aliso lenkt. Die Überlieferung von Paterculus darf man von allen als die belastbarste und auch authentischste Quelle bezeichnen, da er obwohl nicht an der Varusschlacht teilnehmend, so aber doch im unmittelbaren Zeitgeschehen steckte. Er lobte die Tapferkeit des Lagerkommandanten von Aliso L. Caedicius und die seiner Männer da diese sich gegen Massen von Germanen von denen sie nach der Schlacht belagert wurden solange behaupteten bis sie in einem geeigneten Moment flüchten konnten. Außer Frage steht, dass sich die Distanz zwischen Varusschlacht und Aliso auch zu Fuß überbrücken ließ, da die Überlebenden es auf diesem Weg erreichten, sie also demnach auch im fußläufigen Umfeld von Haltern/Aliso stattgefunden hätte. Dadurch ruht im Kern der Alisosuche die Frage auf welchen Wegen die Überlebenden auch ein Haltern/Aliso erreichen konnten und wie lange sie dafür benötigten. Für kräftige Männer standen die Chancen ungleich besser auch noch ein entfernter liegendes mögliches Haltern/Aliso zu erreichen als für Frauen, Kinder, Alte oder Verletzte. Zudem darf man voraus setzen, dass der Fluchtweg nach Haltern/Aliso für die Überlebenden keinen Umweg bedeutet haben sollte was in die Frage mündet, ob es dann nicht für die Überlebenden angebrachter gewesen wäre den direkten Weg zum Rhein zu suchen, bzw. sich auf dem Weg zum Rhein auch in ein anderes Lippelager hätten flüchten können statt Haltern/Aliso aufzusuchen. Die nächste Frage ergibt sich aus der Überlegung zu welchem Zeitpunkt sich die Überlebenden von der Schlacht, da diese sich über mehrere Tage und Kilometer hinzog absetzten. Ob sie schon am ersten oder am letzten Kampftag flüchteten macht einen nicht unerheblichen Unterschied und dürfte sich sowohl auf die Fluchtrichtung, als auch die Fluchtdauer ausgewirkt haben. Durch diese wenigen Fragen lässt sich bereits die tiefe Komplexität des Schlachtgeschehens in Bezug auf Aliso erkennen, wie sie sich im Umfeld des Fluchtlagers Haltern/Aliso zugetragen haben muss, sodass sich zwangsläufig jedes zur Diskussion stehende mögliche Römerlager an der Lippe oder anderswo, das als Aliso infrage kommen könnte zunächst dieser Diskussion und den damit verbundenen Prämissen und Voraussetzungen stellen muss. So hat sich jedes Aliso verdächtige Lager einer Prüfung zu unterziehen, ob sich vor seinen Toren überhaupt eine Varusschlacht ereignet haben könnte und was dann mit allen bekannten Faktoren in Übereinstimmung zu bringen ist. Erst im zweiten Blick kann man sich den übrigen Anhaltspunkten widmen, wie sie sich zusätzlich den antiken Schriften entnehmen lassen. Viele auch Neufunde in Haltern haben dazu geführt, dass sich auch der provizialrömische Zweig der Forschung in weiten Teilen der Ansicht angeschlossen, dass sich unter den diversen dort frei gelegten Strukturen an römischer Lagerarchitektur auch das gesuchte Aliso verbergen könnte. Und in der Tat können sich die Ergebnisse sehen lassen, so dass man dort schon fasst von einer Kastell Landschaft sprechen kann auch wenn die einschlägigen Beweise die für Aliso sprechen könnten bislang ausgeblieben sind. Als gute Argumentationshilfe für diese These wird häufig auch das Jahr 16 + ins Feld geführt. Germanicus marschierte in diesem Jahr mit sechs Legionen längst der Lippe gegen die Cherusker und führte weitere Legionen nördlich davon gegen diesen Stamm. Aber zuvor hatte Germanicus noch ein Lippekastell im Visier, dass unter feindlicher sprich germanischer Belagerung litt. Auch ohne das Tacitus den Stamm oder das Volk nennt darf man davon ausgehen, dass es jene Menschen waren die in dieser Region vor 2000 Jahren lebten und die man damals Keltike oder Germania Magna nannte. Wäre dieses 16 + belagerte Kastell Aliso gewesen, das die Germanen unmittelbar nach der Schlacht belagert hatten, in das sich die Überlebenden der Schlacht retten konnten, das sie aber trotzdem zu einem späteren Zeitpunkt noch eroberten, dann hätte man es nach der Varusschlacht unter Germanicus wieder instand gesetzt. Träfe der Verdacht also auf Haltern/Aliso zu, dann hätte es sich in fußläufiger Distanz zum Varusschlachtfeld befunden haben müssen und man darf über die Distanz und die Zeit rätseln die die Überlebenden im Herbst 9 + nach den Strapazen der Kämpfe noch hätten zurück legen müssen um es erreichen zu können. Mit dem Hinweis, dass Germanicus einen nicht benannten Germanenstamm der im Frühjahr 16 + das Kastell an der Lippe belagerte schon ohne kämpfen zu müssen vertreiben konnte, da diese bereits vor seinem Eintreffen die Flucht ergriffen endet die Tacitus Überlieferung 2,5 – 7 (2) und es beginnt die Spekulation. Ohne einen Absatz oder eine Distanzangabe zu machen widmete er sich im folgenden Satz jenem Hügel den man 15 + aufgeworfen und unter ihm die Knochen der Varusarmee vergraben hatte als auch dem Altar den man nach dem Tod seines Vaters Drusus zu dessen Ehren errichtet hatte. Tacitus verzichtete auf eine Entfernungsangabe, sodass man den Eindruck gewinnen kann Germanicus wäre unmittelbar nach dem er die Germanen vom vermeintlichen Lager Aliso möglicherweise dem heutigen Haltern vertrieben hatte schon auf den Grabhügel als auch auf den Drususaltar gestoßen, sodass sich beides im Nahbereich zum belagerten Kastell befunden hätte, obwohl sich die beiden Stätten auch in größerer Entfernung von Haltern/Aliso befunden haben könnten. Tacitus schreibt dazu im weiteren Verlauf unter dem Abschnitt 2,5 – 7 (3), dass Germanicus kein Interesse verspürte, den von den Germanen zerstörten man sollte wohl eher sagen zerwühlten Grabhügel wieder herzustellen. Man sollte sich also vergegenwärtigen, dass ein Aliso in Haltern immer auch bedeutet, dass in einem zu Fuß überbrückbaren Abstand dazu auch die Varusschlacht zu Ende gegangen wäre. Trifft die Annahme zu, dass Haltern nicht Aliso ist und dann etwa ein oder zwei Tagesmärsche östlich von Haltern gelegen hätte, dann gilt es aber auch der Frage nachzugehen was sich hinter der Bemerkung von Tacitus verbirgt wonach Germanicus zwischen Aliso und dem Rhein neue Heerstraßen und Dammwege erschließen und sichern ließ. Es ist ein Hinweis der für die Komplexität antiker Überlieferung insgesamt steht wenn es um ihre Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit geht und wie sie uns an vielen Stellen begegnet. Ein Thema, das die Forschung ungern behandelt, da man sich bei zu kritischer Auslegung die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt, ob alte Schriften grundsätzlich als Anhaltspunkte taugen. Behandelt man sie mit der gebotenen Vorsicht sind sie von Nutzen, laufen dann aber schnell Gefahr zum Spielball unterschiedlicher Sichtweisen zu werden. Wir wissen, dass Tacitus sein Werk rund hundert Jahre nach der Varusschlacht verfasste also er, wie auch wir auf den Wahrheitsgehalt von Quellen angewiesen sind. Das zum Begriff gewordenen Wort Aliso hatte die Antike verinnerlicht und wurde zum Synonym für die Rettung schlechthin. Germanicus hielt sich 16 + nahe dem alten Schlachtengebiet auf, da er dort den Grabhügel "der Vergänglichkeit übergab". Tacitus könnte daraus aber auch geschlossen haben, dass sich Germanicus da befand, wo einst Aliso stand als er sich entschied nur den Altar zu erneuern. Das Wort Aliso also nicht aus seinen Vorlagen hervor ging. Eine gewagte Bemerkung ohne den Anspruch stimmig zu sein, aber das Dilemma erkennen lässt. Glauben wir seiner Überlieferung, dann hätte es Aliso im Jahre 16 + immer noch oder schon wieder gegeben bzw.Gemanicus stand nur auf den Trümmern von Aliso und der Hinweis auf die Instandsetzung triefte vor Symbolträchtigkeit und sollte deutlich machen, dass man alte Eroberungspläne wieder aufleben lassen wollte. Er erinnert aber auch an Caecina, der ein Jahr zuvor den Weg zum „Teutoburgiensi saltu“ erst mit Brücken begehbar machen musste. Anzunehmen, dass es zwischen dem Schlachtgebiet wo sich Aliso befand und dem Rhein auch nur zu punktuellen, also selektiven Maßnahmen kam, die sich nur auf wenige neuralgische Abschnitte bezogen unter denen man sich aber keine Durchgängigkeit vorstellen darf. Wegebautechnische Instandsetzungsarbeiten sind im Verlauf von Anmärschen immer unabdingbar um ans Ziel zu kommen wurden aber in diesem Fall explizit erwähnt, sind aber Tätigkeiten die zum Standardprogramm jeder Legion gehörten die auf dem Landweg unterwegs war.
Aufgrund dessen gilt es die Theorie das Haltern gleich Aliso ist zu prüfen und sie entweder zu bestätigen oder zu wieder legen bzw. zu verwerfen. Dazu ist es erforderlich das gleiche Prozedere anzuwenden wie sie auch der Theorie dieses Internet Buches zugrunde liegt und wonach Aliso im Raum Schwaney gelegen haben könnte. Hätte sich der Marsch der Varuslegionen wie ihn Cassius Dio beschrieb auf Haltern zu bewegt dann hätten auch die Stätten wie sie Tacitus überlieferte, wie etwa das erste Lager von Varus oder das Notlager im Vorfeld von Haltern gelegen. Da sich die Siedlungsgebiete des Stammes der Cherusker jedoch nach allgemeiner Auffassung östlich der Egge begannen auszubreiten und Germanicus sie in diesem Jahr anzugreifen gedachte darf man davon ausgehen, dass die Varusschlacht auch in dieser Region ihren Anfang nahm. So sollte sich der germanische Hinterhalt in dem jener Stamm lebte, dem man aufrührerische Absichten unterstellte zwischen der Egge und Haltern befunden haben. Sollten sich die Marser oder Sugambrer von denen Teile nach ihrer Vertreibung durch Tiberius nach Osten ausgewichen waren östlich von Haltern angesiedelt haben, dann wären sie es gewesen, aber im wesentlichen geht man davon aus, dass das Münsterland als Wohngebiet der Brukterer und nicht der Cherusker oder anderer in Frage kommt. So hängt es letztlich davon ab, ob es auch vor diesem Hintergrund gelingt den Schlachtenverlauf so plausibel zu rekonstruieren um die Frage beantworten zu können, ob Haltern Aliso war. Hätte Varus ein mögliches Sommerlager an der Weser etwa bei Corvey verlassen, dann betrug die Distanz bis Haltern rund 100 Luftkilometer und möchte man den Überlebenden dann eine Fluchtstrecke von 20 km zutrauen zw. zumuten, die sie vermutlich auch noch unter widrigen Umständen bzw. orientierungslos zurück legen mussten, dann befand sich der „Teutoburgiensi saltu“ samt Grabhügel etwa zwischen Lüdinghausen und Selm westlich von Haltern. Eine Region ohne Bergwald, ohne Volksburgen und ohne Hinterhalte in typisch Münsterländer Tiefebene. Varus hätte bis dahin auch selbst ohne Kampfaktivitäten mindestens vier Tagesmärsche gebraucht, sodass angesichts dieser Theorie Corvey als Ausgangslager entfällt. So erfordert der auf Haltern lastende Verdacht Aliso sein zu können eine rückwärts gerichtete Herangehensweise in die verbleibenden Richtungen. Aber solange nicht erwiesen ist von woher sich Varus Haltern genähert haben könnte ist Objektivität gefragt. Zunächst sollte sich bei dieser Theorie der „Teutoburgiensi saltu“ einschließlich Grabhügel im Umkreis von Haltern/Aliso befunden haben von wo aus die Überlebenden dann auch noch fußläufig Aliso hätten erreichen können. So lässt sich um die Römerlager, das Lager Annaberg einbezogen ein 360 Grad Kreis mit einem Abstand von etwa 20 Kilometern zu Haltern um Haltern zirkeln. Erst dahinter sollte erst der „Teutoburgiensi saltu“ einschließlich Grabhügel gelegen haben. Wonach die Schlacht also im Abstand von etwa 20 Km vor den Toren des Kastells getobt hatte und auch endete. Numonius Vala hätte dann wie Paterculus schrieb aus dieser Region unter Umständen also 20 km vor Haltern seine Flucht angetreten bei der er den rettenden Rhein wie man liest nie erreicht hat, da er vorher getötet wurde. Warum Paterculus den Rhein als Fluchtort erwähnte und nicht Aliso, das sich auf der Strecke zwischen Varusschlacht und Rhein befand gibt Rätsel auf. Es könnte bedeuten, dass Aliso für ihn einen Umweg bedeutete, er also aus anderer Richtung zum Rhein floh, sich also aus seiner Sicht betrachtet Aliso nicht an der Strecke zum Rhein befand. Aber schon ertappt man sich dabei die lautlosen Worte der Antike auf die Goldwaage legen zu wollen, denn der Rhein stand immer fest und galt grundsätzlich als das rettende Fernziel. Um den Schauplatz der Varusschlacht 20 km vor Haltern identifizieren zu können, steht also die Frage im Vordergrund, welchen Marschweg Varus bis dorthin eingeschlagen haben könnte. Gleich wo er aufbrach war Varus nach Cassius Dio drei Tage bis dorthin unterwegs. In dieser Zeit wurde er mehrfach aufgehalten und in Gefechte und heftige Kämpfe verwickelt bevor er sich nahe dem „Teutoburgiensi saltu“ tötete. Wieviel Kilometer Varus unter diesen extremen Bedingungen imstande war zurück legen zu können, ist nicht zu beantworten, aber man muss sich trotzdem dieser Frage stellen auch wenn man sich von der Grundtheorie dieses Internetbuches lösen muss, da man in diesem Kapitel der Neutralität verpflichtet ist. Setzt man für den ersten Tag einen ruhigen Marsch ohne Kampfeinwirkungen voraus, ganz so wie es aus der Darstellung von Cassius Dio hervor geht, dann wäre es ihm realistisch betrachtet möglich gewesen eine Etappe von etwa 25 Kilometern zurück legen zu können, während man für die beiden folgenden Kampftage weit aus weniger, also etwa 8 Kilometer pro Tag ansetzen kann. In der Summe betrachtet hätte Varus also bevor er den Grabhügel am Saltus 20 km vor Haltern erreichte, etwa 41 Kilometer zurück gelegt haben können. Bei Anwendung dieser Methode hätte Varus aber immer noch innerhalb der westfälischen Bucht aufgebrochen sein müssen und er kam nie aus jenen weiter östlich oder nördlich gelegenen Regionen in denen man häufig nicht nur sein Ausgangslager, sondern auch die Varusschlacht selbst vermutet hat. Die Kämpfe hätten sich demnach immer zwischen Soest, Beckum, Warendorf oder Ladbergen und dem Grabhügel am Saltus 20 km vor Haltern/Aliso zugetragen haben müssen, wenn man davon ausgeht, dass sich sein Lager nicht im Sauerland, im westlichen Münsterland oder im heutigen Ruhrgebiet befand. Am Ausgangsort wäre dann auch Arminius mit Varus zusammen getroffen, genauso wie Segestes der ihn noch am Vorabend des Ausmarsches vor der Gefahr gewarnt hatte und Arminius hätte seine Schmährede am heiligen Hain rund 20 km vor Haltern/Aliso gehalten, bevor er aufbrach um Haltern/Aliso zu belagern. Der römische Senator und Suffektkonsul Lucius Nonius Asprenas der Neffe von Varus operierte mit den ihm unterstellten zwei Legionen „I Germanica“ und „V Alaudea“ weit ab vom Geschehen vermutlich im westlichen Münsterland und setzte sich nach dem ihm Meldereiter vom Varusdesaster und dem Herannahen der germanischen Horden berichteten über den Rhein nach Vetera ab, wo er sich nach der Katastrophe als Sofortmaßnahme entschied sich die Absicherung der Rheingrenze zur Aufgabe zu machen. Man rechnete ihm dies wohl hoch an und verzieh ihm, dass er sich an den Hinterlassenschaften der drei Legionen bereichert haben soll. Warum er Varus nicht zu Hilfe kommen konnte erklärt sich mit seiner Position besser gesagt Distanz. Er erkannte die Aussichtslosigkeit und das sich die Situation nicht mehr umkehren ließ und entschloss sich statt in Eilmarsch ins Katastrophengebiet zu marschieren nach Westen zu entkommen. Auch dieser Zusammenhang verdeutlicht den Riss in der Argumentationskette Haltern könne Aliso gewesen sein, denn ein im westlichen Münsterland agierender Asprenas hätte nicht nur nahe an Haltern gestanden, bzw. an Aliso, sondern dann auch in Reichweite zur Varusschlacht und ein Entlastungsangriff wäre die richtige Konsequenz gewesen. Da sich Angrivarier und Langobarden in dieser Schlacht Arminius noch nicht angeschlossen hatten wäre er nicht das Risiko eingegangen es mit fünf Legionen aufzunehmen. Aber Asprenas bekam noch eine Gelegenheit zur Reputation. Als Militär und Zivilbevölkerung nach der Varusschlacht alle Lippelager panikartig verließen, worunter sich auch die Menschen aus Aliso befanden und Richtung Rhein strömten nahm vermutlich Haltern zunächst alle auf bevor die Germanen auch dieses Kastell eroberten. Wie es die Episode mit dem Trompetersignal deutlich macht, muss es zu turbulenten Szenen gekommen sein bevor sich Arprenas endlich entschied den Lagerinsassen dieses letzten Kastell vor dem Rhein zu Hilfe zu kommen. Letztlich war es Tacitus der diese Gedankenspiele bzw. Irritationen auslöste in dem er übergangslos von der Kastellbelagerung zum nahe der Varusschlacht aufgetürmten Grabhügel und zum Wegeausbau von Aliso zum Rhein schwenkte und in diesem Zusammenhang das Wort Aliso erwähnte. Beide Begriffe mussten den Eindruck erwecken Grabhügel und Wegeausbau hätten da statt gefunden, wo Germanicus 16 + die Belagerung auflöste, sodass beides nahe beieinander gelegen haben müsste und es schien für Haltern zu sprechen. Und wenn man wie Germanicus die Lippe herauf zieht und dann eine Belagerung vorfindet die es zu sprengen gilt, so kann es sich dabei nach Ansicht derer die sich nur oberflächlich mit den Umständen des Jahres 9 + beschäftigt haben auch um nichts anderes als um Aliso gehandelt haben. Betrachtet man den Marsch von Germanicus längst der Lippe im Jahre 16 + aber nicht wie Tacitus es in seiner stark zusammen gerafften Form beschrieb, ein Stil wie ihn auch die Berichte von Cassius Dio an sich haben, sondern lässt sich auf eine Distanz ein, dann hätte Germanicus dort wo er die germanischen Belagerer vertrieben hatte auch nur einen kurzzeitigen Aufenthalt eingelegt um dann nach Osten in die Richtung der cheruskischen Siedlungsgebiete weiter zu ziehen, wo der Stamm lebte den es zu bestrafen galt. Denn wenn man Größeres vor Augen hat lässt man sich ungern aufhalten. Ein Verlauf wie er bei Tacitus nicht deutlich wird da dieser dem keine Bedeutung beigemessen hat, der aber Grundlage dieser Interpretation ist. So hätte sich Germanicus erst einige Tage später als er die Egge erreichte in die Nähe des Grabhügel und des Drususaltars begeben und fand diese Stätten nicht schon im Raum Haltern vor. Dort angekommen sondierte Germanicus erst und erwartete, dass sich die Cherusker wie 15 + wieder am rechten Weserufer sammeln würden um die Weser nicht im Rücken zu haben. Da der Stamm der Chatten schon 9 + in Allianz mit den Cheruskern stand gehört es zum strategischen Einmaleins eines Feldherrn auch ihr Bewegungsprofil kennen zu müssen. So wird seine Stoßrichtung über die Egge vorzugehen deutlich wo sich Chatten und Cherusker nahe standen und 9 + gemeinsam kämpften. Eine Bestätigung findet sich in seiner Entscheidung den Legaten Silius, während er selbst auf dem Weg zum belagerten Kastell war, mit einer nur leicht bewaffneten Schar von Mainz aus gegen die Chatten auszusenden. Und was als erfolgloser Akt des Silius dargestellt wird da es ihm nur gelang die Fürstenfamilie gefangen zu nehmen dürfte dazu gedient haben heraus zu finden, ob sie sich den Cheruskern anschließen wollten. So musste Germanicus in Erfahrung bringen, ob sich die Chatten die als Bundesgenossen der Cherusker gelten zusammen rotteten, um sich dann gemeinsam gegen ihn zu stellen. Ihre nördlichen Siedlungsräume könnten in der Warburger Börde gelegen haben, sodass dieser Stamm von Süden aus für den nach Osten marschierenden Germanicus eine Gefahr hätte darstellen können. Die Teilnahme von Chatten zumindest größerer Kontingente an der Doppelschlacht ist nicht überliefert. (01.04.2024)

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Sonntag, 24. März 2024
Der Grabhügel des Jahres 15 + im Kontext des Schlachtverlaufs.
Der Tag an dem Germanicus den Knochenhügel auftürmen ließ erwies sich als Markstein der Schlachtenforschung da sie dort endete und zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Varusereignis. Dieser Zwischenfall stellt eine Episode dar, die erst die Hoffnung aufkeimen ließ mit ihrer Hilfe auch den Ort identifizieren zu können wo es geschah und wird daher in diesem Internet Buch mehrfach angesprochen. Neue Einsichten und ein im Zuge der Herangehensweise wachsendes Verständnis für die einstigen Vorgänge erfordern es immer wieder diesem Prozess neue Aufmerksamkeit zu widmen um dem Übersehenen keine Chance zu geben unentdeckt zu bleiben und so spricht die Summe der Indizien letztlich dafür, dass er sich nahe Borlinghausen befunden haben muss. Der Versuch die Örtlichkeit einzugrenzen wo Germanicus einst die Knochen der Varusarmee bestattete wurde zu einer Generationenaufgabe und man wurde nicht müde der Frage auf den Grund zu gehen. Die Suche und damit die Bestätigung dieser Theorie kann aber zum Erfolg führen, wenn sich das Waldgebiet in dem nach Cassius Dio die Endschlacht statt fand rekonstruieren lässt, da sich in seiner Nähe auch der Knochenhügel befand. Da die wenigen Hinweise die uns Tacitus in seinen Annalen über das Jahr der Bestattung hinterließ in dem man den Ossuaire aufschichtete inhaltlich nicht so karg sind wie sie erscheinen, stirbt auch hier die Hoffnung die Lösung zu finden zuletzt. Aus ihnen geht hervor wo sich der Standort der Germanicus Legionen befand und von wo aus sie beabsichtigten ins Zentrum der Cherusker vorzustoßen, deren Siedlungsgebiete sich vor allem rechts der Weser in einem breiten Band vor dem Harz südlich Hannover bis etwa Göttingen ausdehnten, so wie man es sich unter anderem anhand der Keramikverteilung erklärbar macht. Von seinen Soldaten bedrängt änderte Germanicus aber diesen Plan und entschied sich zuvor noch den getöteten Legionären eine letzte Ehre zukommen zu lassen, so dass sich dadurch der Weitermarsch ins Cheruskerland um unbestimmte Zeit verzögerte aber auch verlängerte. Von diesem bedeutsamen Wendepunkt aus wo er inne hielt bis zum Bestattungsort liegt uns von Tacitus eine vage Distanzangabe vor die aber wegen ihrer Ungenauigkeit schon auf viele Weise interpretiert wurde. Denn von dort wo sich Germanicus überzeugen ließ für die Aufschichtung der Knochen einen Abstecher zum „Teutoburgiensi saltu“ zu machen, wo gemäß Tacitus einst die Varusschlacht geschlagen wurde, soll es nicht weit gewesen sein. Die hier vorgestellte Theorie beruht auf der Grundannahme, dass es sowohl Germanicus 15 + als auch Varus sechs Jahre zuvor auf das Zentrum der Cherusker also den vermeintlichen Sitz ihres Hauptfürsten abgesehen hatte, man dazu also den Kern ihres Siedlungsgebietes ansteuern musste und nicht etwa einen Randbereich. Während Varus noch mit den Fürsten zusammen treffen wollte um mit ihnen einen Vertrag zu schließen, da er eine friedliche Okkupation anstrebte, sah Germanicus in ihnen nur noch den erbitterten Gegner, aber die Zielrichtung blieb bei beiden die gleiche. Während er 14 + noch einen Schleichweg durch das nördliche Sauerland bevorzugte um die Marser zu überraschen, konnte und wollte er 16 + seine Absichten nicht verbergen und marschierte mit einer aus sechs Legionen bestehenden Armee parallel zur Lippe nach Osten. Eine weitere acht Legionen umfassende Armee mit der Aufgabe die im Norden siedelnden Cherusker anzugreifen führte er auf dem Wasserweg der Ems heran und ließ sie möglicherweise ab Rheine den Landweg einschlagen. Das bloße Anrücken seiner Armee reichte bereits aus um einen germanischen Belagerungsring um ein Römerkastell an der Lippe zu sprengen und nutzte für seinen Weitermarsch als Hauptachse vermutlich die südliche Trasse des Rhein/Weser Hellwegs. So gelangte er über Schwaney, Schmechten und Brakel nach Höxter wo er bei Corvey auf die von den Cheruskern kontrollierte Weserfurt traf. Der Name der Stadt Höxter, seine Urform und Bedeutung gibt immer noch Rätsel hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte auf. Als ein Abfallprodukt dieser Recherche könnte man noch den Gedanken aufgreifen, dass sich durch den Buchstaben "X" im Namen der Stadt Höxter, das aus dem einstigen Dorf Huxori hervor gegangen ist eine Verbindung zu dem dortigen Germanenstamm der Cherusker andeutet. In der lateinischen Schrift schrieb man den Namen der Cherusker mit „c“ also Cherusci, aber durch das Zusammenziehen von Lauten könnte man es ursprünglich auch als "sx" ausgesprochen haben. Eine Aussprache die im Westfälischen noch vorhanden ist, sodass man die Cherusker auch Heruxer genannt haben könnte. Eine Schreibweise die sich auch noch im Namen der Externsteine erhalten haben könnte, in dem man dafür auch das Wort "Escernsteine" bzw. "Eskernsteine" einsetzen könnte. Mit Esker bezeichnet man eine Rinne oder einen Geländerücken mit dem man sich auch die Formation der Externsteine erklärbar machen kann. Aber auch an einen Durchlass darf man denken, durch den man in früheren Jahrtausenden die Herden zur besseren Bejagung trieb. Ließe sich der Name Höxter auf diese Weise deuten, dann könnte man auch in dieser Region den Hauptort der Cherusker vermuten den sich Germanicus vorbehielt ihn selbst erobern zu wollen. Von Westen kommend verließ Germanicus demnach den Hellweg vermutlich im Raum Schwaney um auf den Saltus nahe Borlinghausen zu stoßen. Varus schlug sechs Jahre zuvor allerdings von Osten kommend, man möchte fasst sagen den gleichen Umweg ein um die „Wallstatt“ am „Teutoburgiensi saltu“ zu erreichen, verließ aber den Hellweg bereits im Raum Brakel. Und während Varus das Wesertal in Richtung Westen verließ um dem Verlauf der Nethe zu folgen, querten die Legionen des Germanicus den Sorat, marschierten längst der Eggekante und nutzten die eiszeitliche Viehtrifft die später „Teutoburgiensi saltu“ bzw. Volksburgenweg genannt wurde zum Abstieg um in den ebenen Nethegau bei Borlinghausen zu gelangen. Für beide war es ein relativ überschaubarer Umweg bei dem man sich nicht weit, also „haud procul“ wie es Tacitus für die Anmarschstrecke des Germanicus zum Ausdruck brachte von der Hauptzielrichtung entfernen musste und daher von ihnen in Kauf genommen werden konnte. Bei dieser Betrachtung spielt der seit ältesten Zeiten begangene Hellweg eine zentrale Rolle, denn er war für die Legionen während der gesamten etwa dreißig Jahre währenden Okkupationsbemühungen das bequeme Einfalltor nach Osten. Der Hellweg, den man ab der Eggekante „Cheruskerspieß“ nennen könnte, war für alle Anstrengungen die Rom und das schon vor Varus unternahm wenn man es auf dieses Volk abgesehen hatte das Haupteinfalltor und auch Germanicus wählte aus eroberungstaktischer Sicht diese logistisch günstig gelegene Achse um die Cherusker im Mark zu treffen. Zunächst steht aber der „Teutoburgiensi saltu“ nicht im Vordergrund der Schlachtenforschung den sowohl Germanicus als auch Varus allerdings von zwei Himmelsrichtungen und aus unterschiedlichen Gründen im Visier hatten, sondern jene Schnittstelle wo Germanicus 15 + von seinem ursprünglichen Pfad abwich sowie der Ort von dem Varus 9 + einst aufbrach. Aber beide mussten es logistisch angehen was der Planung bedarf. Germanicus wird nicht auf freiem Felde über das Anliegen seiner Legionäre entschieden haben den besagten Ort aufzusuchen und konnte bei der Größe seines Heeres auch keinen spontanen Befehl erteilt haben adhoc die Kursrichtung zu verändern, dürfte sich daher wohl in einem Marschlager aufgehalten haben, während Varus der wie es sich der antiken Überlieferung entnehmen lässt ein festes Lager verlassen haben dürfte. Der Beschreibung nach befand sich Germanicus an den Oberläufen von Lippe und Ems im äußersten Siedlungsgebiet der Brukterer, so dass man seine Position im Bereich der Paderborner Hochebene annehmen kann und vermutlich da, wo sich einst auch das Lager Aliso befand. Und so wie es auch die Absicht von Varus war der nach der Schlichtung bzw. der Niederschlagung des Aufstandes nicht mehr zum Ausgangsort zurückkehren, sondern von dort aus wieder auf die Hauptachse zum Rhein einschwenken wollte, so hielt es auch Germanicus. Auch er wird mit seinen gesamten Legionen nach der Bestattung nicht zum Ausgangsort einem möglichen Marschlager östlich von Paderborn zurück gekehrt sein, sondern dürfte von dort wieder mit dem Ziel zur Weserfurt zu gelangen auf die Ursprungsroute zurück gekehrt sein. Da uns nur eine Distanzangabe und keine Wegebeschreibung zu der Strecke vorliegt, die Germanicus zum Bestattungsort zurück zu legen hatte um damit seinen Lagerplatz und das auch rückwärts lokalisieren zu können, lässt sich auch nur auf Basis der taciteischen Bezeichnung „unweit“ der Bestattungsort errechnen. Eine Kalkulation auf die bereits im Abschnitt „Der gewichtigste Begriff im Focus der Varusschlacht der „teuto burgiensi saltu“ Teil II“ genauer eingegangen wurde. Da sich rekonstruieren lässt, wo die Varusschlacht vermutlich ihren Anfang nahm, nämlich zwischen Brakel und Schweckhausen, lässt sich theoretisch davon ableiten wo sie endete.
Was historisch bekannt ist liest sich etwas flüssiger formuliert wie folgt.

Tacitus Annalen 1,59 – 62 (15 n. Chr.)

„Nachdem das Heer des Germanicus das Land zwischen Ems und Lippe verwüstet hatte marschierte es in einem Zug bis zu den entlegensten Grenzgebieten der Brukterer von wo aus es nicht mehr fern zum Teutoburger Wald war, in dem die Überreste des Varus und seiner Legionen unbestattet lagen. Germanicus folgte dem Verlangen seiner Männer ihnen die letzte Pflicht zu erweisen und wehmutsvolles Mitleiden erfüllte das ganze anwesende Heer, wegen Verwandter, Freunde, der Unwägbarkeit des Krieges und des menschlichen Loses. Germanicus betrat die Stätte der Trauer nach dem der voraus geschickte Caecina eine geeignete Wegstrecke dahin erkundet hatte. So konnte das Heer von Germanicus sechs Jahre nach der Niederlage die Gebeine der drei Legionen mit Erde bedecken und niemand wusste, ob es fremde Überreste, die Ihrigen, Nahverbundene oder Blutsverwandte waren. Den ersten Rasen zum Grabhügel legte Germanicus selbst“.

Die Worte die Tacitus dazu überlieferte waren in Bezug auf die Örtlichkeiten der Schlacht wenig aufschlussreich und konnten sich daher auf den ersten Blick betrachtet den zielführenden Analysen weitgehend entziehen. Es waren allesamt relativ kurze unscheinbare und fasst schon filigran zu nennende Fingerzeige die Tacitus in seinen Annalen notiert hatte. Knappe Randnotizen einer großen Geschichte die alle Historiker seit jeher wie ein undefinierbares Windspiel faszinierten, ohne das man ihrem Kern näher kam um sie richtig einzuschätzen oder bewerten zu können. Das zentral liegende und im Norden und Osten von Gebirgsrücken umrahmte Stadtgebiet von Paderborn geriet insbesondere durch die neuerlich gemachten römischen Funde unter dem St. Johannesstift und die am Kolpingforum erbrachten Nachweise von Przeworsk Keramik der vor römischen Eisenzeit in den Focus der Forschung, da es als Ausgangsort der Ostexpansion eine Orientierungshilfe bietet. Von dort zieht die Forschung seit jeher einen 135 Grad Winkel, legt Linien in Richtung der Passstraßen durch die Mittelgebirge und setzte diese mit möglichen Römerstraßen gleich. Mit seinen mageren Überlieferungen hinterließ uns Tacitus rund 100 Jahre nach der Schlacht die erste Tatortbeschreibung und seine Hinweise eignen sich um sie in die Gesamtlogik einzubetten. So findet sich zur Bezeichnung „Teutoburgiensi saltu“ das namentliche Pendant im südspanischen Wort „Castulonensis saltu“. Es handelt sich dabei ebenfalls um einen Pass der durch ein großes Waldgebirge führt und vergleichbar ist mit dem Egge Passstieg nahe Borlinghausen. Dem gegenüber ist „Castulonensis“ gleichbedeutend mit „Teutoburgiensi“ und hinweisgebend für eine Region der Castelle bzw. Volksburgen. Wobei die auf der Eggekante thronende heute Karlsschanze genannte vorgeschichtliche Wallburg deren Kernanlage allein acht Hektar misst, den Begriff Volksburg durchaus rechtfertigt. Eine Bezeichnung die die überlebenden römischen Legionäre dem Germanischen entnommen hatten und der später nur bei Tacitus Eingang in die antike Literatur fand. Insgesamt lassen sich vergleichende Analysen anstellen mit denen sich so auch die Stationen der Mehrtagesschlacht fixieren und sich zuweisen lassen, wodurch man sie wieder miteinander verbinden kann um das Gesamtbild zu komplettieren. Und wer dem Verlauf der Varusschlacht auf den Grund gehen möchte dem geht es fasst so wie dem Häuslebauer. Weil es Bauplan und Grundriss so anzeigen weiß der allerdings wo das Neue mal entstehen soll, sieht aber vor sich nur eine grüne Wiese und muss sich mit einer Vision begnügen. Dem Schlachtenforscher geht es ähnlich, er blickt zunächst ebenfalls in die Weite einer Landschaft, lässt dann aber das Zerfallene statt das Neue in seinen Vorstellungen auferstehen und an die Stelle von Bauplan und Grundriss treten bei ihm die Bruchstücke der Literatur, das Wissen um Geo- und Topographie, sowie die wenigen überirdischen Zeugen die es noch zu erforschen, sowie die Artefakte die es noch zu deuten gilt. Und in dem der Hausbesitzer in spe im Kleinen sorgfältig Maß nimmt, damit alles zusammen passt und miteinander harmoniert stößt er auch zwangsläufig auf die störenden Elemente und kann sie ausräumen. Und nicht anders verhielt es sich bei der Vorgehensweise zu diesem Internet Buch. Hat man über die ausfindig gemachte Schlachtenregion einmal ein Netzgitter gelegt erkennt man auch die Ungereimtheiten und vermeidet es unlogische Schlüsse zu ziehen. Anfang und Ende des Geschehens beruhen auf plausibler Theorie und so zeichnet sich ab wo Varus angegriffen wurde, wo er seine Stationen machte und wo alles endete. So brauchte auf der Suche nach der Wahrheit auch nichts zusammenhanglos in der Luft schweben und alles ergänzte sich, so dass man sich nicht in unpassende Kombinationen verirren brauchte. Dieser Herangehensweise kam zu Hilfe, dass zahlreiche Fakten aus vielen Richtungen einströmten, sich greifen und interpretieren ließen und sich daraufhin die historischen Bezugspunkte wie von selbst zuordnen ließen, sodass es leicht fiel zu erkennen wo sie hin gehörten.

Zunächst ist es die römische Stoßrichtung gewesen die unstrittig auf die Weser abzielte. Sie wird im Hafenkastell Anreppen deutlich wo eine römische Straße frei gelegt wurde die in Richtung Osten weist, drückte sich in Paderborn mit der kürzlichen Entdeckung eines möglichen römischen Etappenlagers aus, führte über die vermutlich schon unter Ahenobarbus begonnene befestigte Eggestraße östlich Schwaney und zeichnet sich heute noch durch einen über 400 Meter langen Entwässerungsgraben und die Steinreste der einstigen Fahrbahndecke ab. Deckungsgleich mit dem seit vor römischen Zeiten genutzten Hellweg traf sie auf die Weserfurt bei Höxter nahe Corvey, wo vorhandene Luftaufnahmen auf Spuren umfänglicher, aber noch unerforschter Lagerarchitektur hinweisen.
Der Theorie folgend gilt der Weserbogen als Ausgangspunkt des varianischen Marschzuges der am ersten Tag aufgrund des guten Ausbauzustandes über den Hellweg bis Brakel führte. Es war ein reiner Anmarschtag an dem es zu keinen Kampfhandlungen kam und an dem sich Arminius von der Truppe löste um sich mit seinen Kriegern zu treffen.
Am zweiten Marschtag verließ man vermutlich erst am späten Vormittag eine nächtliche Raststation im Raum Brakel und teilte den Marschzug auf. Dabei stieß der militärische Teil in die kritische Region der Aufrührer vor, deren fiktive Stätten man im Raum Peckelsheim/Borlinghausen annehmen kann und da keine Armee der Welt Zivilpersonen in ein Feindgebiet mit nimmt, sowie ein umfänglicher Tross ebenfalls stören würde, nahm der zivile Marschzug den direkten und ungefährlichen Weg nach Aliso.
Am ersten Kampftag vermutlich ab der Mittagszeit stellte sich aus Sicht der Cherusker für sie eine positive und unerwartete Dynamik ein. Stunden die wie sich recherchieren lässt bereits über Erfolg und Misserfolg der gesamten Schlacht entschieden und in denen es den germanischen Kämpfer schon vor dem Erreichen des ersten Nachtlagers gelang die Varus Armee so erheblich zu schwächen und zu dezimieren, dass Varus bereits in dieser frühen Phase die Zügel entglitten.
Am Abend des zweiten Marschtages nach den schweren Kämpfen errichteten die Überlebenden wie Cassius Dio es beschrieb unter widrigen Geländebedingungen vermutlich nahe Schweckhausen ein Notlager, das Tacitus „prima Vari castra“ nannte da es das erste von zweien bis zum Untergang war. Ein Komplex dessen Dimension sich sechs Jahre später und das auch nur vage dem Umfang nach entnehmen ließ und sich nur anhand provisorischer Absteckungen erkennbar machte. Schwache Wälle und Gräben davon sind heute noch sichtbar und harren der Erforschung.
Die Endschlacht folgte am zweiten Kampftag als die Varusarmee schon vor dem Versuch durch die Egge zum Sintfeld zu entkommen aufgerieben wurde und man am gleichen Abend nur noch imstande war das „secundus Varia castra“ errichten zu können. Ein Landstrich nahe Borlinghausen in dem man auch den Bestattungsplatz vermuten darf den die Legionen des Germanicus im Jahre 15 + ansteuerten.
Auf Basis dieses in groben Zügen geschilderten Verlaufs folgen die Indizien die das Gesamtbild füllen. Die sich abwechselnden kampf - und kampflosen Phasen innerhalb des mehrtägigen Marschgeschehens die nicht nur mit den hellen Tagesstunden, sondern auch mit den logistischen Vorbereitungen und Möglichkeiten in Einklang zu bringen waren führten auch zu der Erkenntnis, dass sich der Varuszug über drei Tage erstreckte. Da der Marsch am ersten Tag vom Sommerlager bis Brakel noch unter normalen Bedingungen verlief gelang es eine Distanz von 25 km zurück zu legen, während die Armee an den beiden Folgetagen bedingt durch die Kämpfe nur noch zu geringen Tagesleistungen fähig war. Die Hauptschlacht fand am zweiten Marschtag statt und setzte sich am Folgetag fort, während sich am vierten Tag nur noch kleinere Scharmützel zugetragen haben dürften. Grundsätzlich standen der neuzeitlichen Recherche nur die Fakten der alten taciteischen Literatur, die Gegebenheiten der Landschaft und die verwertbaren Bodenfunde zur Bewertung zur Verfügung. Spekulativ zu nennen ist es den Volksmund, oder die Sage und Legende späterer Generationen hinzuzuziehen, obwohl sich diese als sehr interessant erweist. Erst nachdem sich die Theorie hinreichend mit Fakten gleichen Argumenten anreichern ließ traten neue und unerwartete Sichtachsen zu Tage wodurch sich bislang verborgene Abläufe erkennbar machten. Dazu gehört auch die Zufallstheorie, dass sich im Umfeld von Borlinghausen auch die Irminsul befunden haben dürfte wodurch sich eine weitere Spur zu diesem Ereignis legen ließ. So komplettierte und verdichtete sich das „Puzzlebild“ der Varus Ereignisse förmlich wie von selbst und man könnte es sich schon fasst als „Varusschlacht Brettspiel“ patentieren lassen. Wäre dies die Lösung käme es einer Erlösung gleich und so erscheint uns alles wie ein gigantisches Gemälde bei dem im Format nur das Bauernkrieg Panorama Museum in Bad Frankenhausen mithalten kann. Richten wir also unser Augenmerk auf jene Region von wo aus Germanicus aufbrach um dahin zu gelangen wo ihm die damals Überlebenden der Varusschlacht berichteten, dass dort wie sie wohl vermuteten die Gebeine der Getöteten immer noch oberirdisch also unbestattet liegen würden. Ob man über konkrete Aussagen von Informanten verfügte oder man nur einem Verdacht nach gehen wollte ist für das Aufspüren der Stätte unerheblich. Das sich Knochen nicht ansehen lässt, ob sie von Freund oder Feind stammten klingt plausibel. Mit der germanischen Totenverehrung schien man aber in imperialen Kreisen nicht vertraut gewesen zu sein, sonst hätte man gewusst, dass auch unsere Vorfahren ihre Mitmenschen bestatteten bzw. auch bestattet haben, sie also die Überreste nicht der Verwesung preis gegeben hatten. Zu dieser Theorie gesellt sich auch die Vorgehensweise mit der Germanicus 16 + über Paderborn hinaus nach Osten vorstieß. Springen wir also in dieses Jahr über das uns von Tacitus weitere Nachrichten vorliegen, die sich auf den Grabhügel beziehen und arbeiten wir uns in jene Region vor in der Germanicus ein Jahr zuvor aufgebrochen war um die Knochen aufzutürmen, sie mit Grassoden zu überdecken um dann anschließend seinen erfolglosen Feldzug gegen die Cherusker anzutreten. So machte Germanicus, der Vater des späteren römischen Kaisers Caligula im Jahr 16 + wieder Station in Ostwestfalen. Er hatte sich erneut aufgemacht um nun die im Jahre 15 + vertagte Entscheidung zu erzwingen und es zu den Schlachten von Idistaviso und am Agrivarierdamm nahe der Weser kam. Nachdem sich Germanicus mit sechs Legionen der Lippe folgend wieder bis an ihren Oberlauf vorgearbeitet hatte deren Quellbäche aus Pader und Ellerbach bestehen blickte er östlich von Schwaney in den tiefer liegenden Nethegau. Er erahnte am östlichen Horizont die Weser von wo an er mit den Cheruskern zu rechnen hatte und sah sich wieder dort angekommen, wo er sich im Jahr zuvor zum Umweg zwecks Knochenbestattung überreden ließ. Wie beschrieben gelang es ihm ohne großen Aufwand die Belagerung eines römischen Kastells an der Lippe aufzulösen in dem er die Germanen vertrieb da diese sich vor der Übermacht zurück zogen. Was die Germanen aber danach taten wurde so dargestellt, als ob es ihrem Frust geschuldet war. Denn sie rächten sich am Grabhügel den Germanicus im Jahr zuvor für die Gefallenen aufschichtete in dem sie ihn zerstörten. Hierdurch wird ein direkter Zusammenhang zweier Geschehnisse deutlich von denen sich das erstere zweifelsfrei an der Lippe ereignete. Um aus dieser Episode die Lage des Grabhügels ableiten zu können bedarf es eines Einstieges in die Frage wo sich an der Lippe das belagerte Kastell befunden haben könnte um davon die Distanz zwischen Kastell und Grabhügel ableiten zu können. Germanicus zog vom Rhein wohl aus Xanten kommend in Richtung Osten, als sich die Begebenheit der Belagerung dazwischen schob die die Forschung irritierte. Da war es weniger das Entsenden von Silius der die Aufgabe hatte einen kleine Attacke gegen die Chatten anzuführen die aber wegen schlechten Wetters nur zu mäßigem Erfolg führte als vielmehr der Hinweis auf dieses sich an der Lippe befindliche römische Kastell dem man zu Hilfe kommen musste.
Tacitus berichtet darüber in seinen Annalen 2,5 – 7 (1) und es folgen dazu zwei Übersetzungsmöglichkeiten.
„Er (Germanicus) selbst zieht auf die Nachricht hin, dass das an der Lippe angelegte Kastell belagert werde, mit sechs Legionen dorthin“.
„Er (Germanicus) selbst führte sechs Legionen zu dem an der Lippe angelegten Kastell das, wie er hörte belagert wurde.“
Fakt ist, dass sein Heer dort dringend gebraucht wurde bevor es den Stämmen der westfälischen Bucht möglicherweise auch den östlicher siedelnden Cheruskern gelang es einzunehmen und das es sich an der Lippe befand. Man erfährt jedoch nicht wo es sich befand und schon gar nicht ob es sich dabei um ein einst im Zuge der Varusschlacht zerstörtes Lager handelte, dass man wieder aufgebaut hatte. Nimmt man die Information wörtlich, dass „DAS“ an der Lippe angelegte Kastell …...“ belagert wurde und nicht, das „EIN“ Kastell an der Lippe belagert wurde, dann klingt es so, als könne man dieses Lager mit keinem anderen Kastell an der Lippe verwechseln und könnte sogar annehmen, dass es 16 + gar kein weiteres mehr an der Lippe gab. Es muss ein strategisch wichtiges Kastell gleich einer Abwehrbastion gewesen sein, das immer noch oder schon wieder existierte und es wert war geschützt zu werden, während sich „EIN“ so anhört, als ob es nur eines von mehreren römischen Kastellen an der Lippe war. Man soll die Überlegung an dieser Stelle nicht über gewichten, aber es fordert die Forschung heraus, sich der Frage anzunehmen. Die Kastellkette an der Lippe bis zum Rhein war durch das Vorrücken der Germanen nach den Ereignissen des Jahres 9 + wenn sie denn noch existent war, so doch nicht mehr geschlossen. Da die Germanen Distanz zum Rhein gehalten haben dürften werden sie ihren Marsch der Verwüstung vorher abgebrochen haben. Bis auf ein mögliches Brückenkopflager gegenüber von Xanten respektive eines weiteren darauf noch folgenden Lagers werden alle anderen bis zur Egge von ihren Besatzungen verlassen worden sein und wurden mehr oder weniger von den Germanen zerstört bzw. unbrauchbar gemacht. In den Jahren nach der Varusschlacht beruhigte sich die Lage, die Lippestämme hatten von den Kastellen abgelassen, die unmittelbaren Plünderungszüge waren beendet und auch die Bezwinger der Varus Armee die vermutlich an der Zerstörung römischer Infrastruktur längst der Lippe beteiligt waren, hatten sich wieder in den Osten zurück gezogen. Zur Vorgeschichte ist zu sagen, dass Rom Germanien nach dem Desaster noch nicht aufgegeben hatte. Germanicus griff hart durch, sorgte in seiner Armee für Disziplin, rüstete auf und begann wieder Macht und Entschlossenheit zu demonstrieren. So hatte er es möglicherweise wieder riskiert ein Basislager im Sinne einer neuen Strategie an der Lippe zu etablieren, das man in den Folgejahren in einen verteidigungsfähigen Zustand versetzte und mit einer dauerhaften Besatzung versehen hatte. Nach dem Wiedererstarken hatte man es offensichtlich weit und vermutlich zu weit in den Osten und damit in den neuralgischen Grenzbereich an einen Ort vorgeschoben, den man schon wieder für sicher gehalten hatte und das nun von den Germanen belagert wurde. Die römischen Feldzüge der Jahre 14 + und 15 + hatten die antiken Historiker versucht als einen Erfolg darzustellen. Dazu im Widerspruch steht jedoch die für das Jahr 16 + verbriefte germanische Belagerung dieses Lippekastells die für ein wechselseitiges Kampfgeschehen spricht. Zu kombinieren wieviel Tagesmärsche Germanicus vom Rhein aus brauchte um bis zu diesem Lager vorzustoßen ist eine Frage hypothetischen Ausmaßes. Es pendelt zwischen der Überlegung wie weit sich die Germanen 16 + wieder in Richtung Rhein vorgewagt hatten, als auch wie weit sich Rom getraut hatte sein neues Frontlager schon wieder am Mittel - oder Oberlauf der Lippe zu errichten. In diesem Zusammenhang sollte man vielleicht auch das Römerlager Oberaden nicht völlig verwerfen, das sich auf halber Strecke zwischen Xanten und Paderborn befindet aber als Drusus zeitlich eingestuft wurde. In Fäkalien eines mit Tierkadavern und Abfällen vergifteten Lagerbrunnen gefundene mediterrane Pflanzenreste sind kein Beleg dafür, dass römische Legionen es aufgaben, Münzfunde sind bekanntlich ebenfalls für Datierungen ungeeignet und innerhalb eines 56 Hektar großen Areal könnten sich noch manche Hölzer befinden mit denen sich andere dendrochronologische Schlüsse ziehen lassen. Das die Germanen es belagerten deutet darauf hin, dass es sich schon relativ weit im Osten befunden haben dürfte. Es allerdings schon wieder im entfernten Ostwestfalen im aus westlicher Sicht letzten Drittel der Lippe zu suchen, dürfte nicht haltbar sein, denn ein isoliertes Lager etwa im Raum Paderborn wäre den Germanen völlig schutzlos ausgeliefert gewesen und stand auf dem sprichwörtlich verlorenen Posten. In der grundsätzlichen Annahme, dass der kurze Hinweis auf eine Belagerung glaubwürdig ist und es nicht die Absicht war Germanicus heroisieren zu wollen ist er bedeutsam. Man sollte sich darunter nicht unbedingt einen aus einer großen Ansammlung Krieger bestehenden und lückenlosen germanischen Belagerungsring vorstellen. Aber es wird dadurch deutlich, dass sich durch die im Zuge der römischen Feldzüge der Jahre 14 + und 15 + wieder aufflackernden Kämpfe an der Lippe erneut germanischer Widerstand regte, so darf man ihnen ein zorniges Aufbäumen zutrauen, dass sich gegen ein erreichbares, geeignetes und vielleicht auch symbolträchtiges Lippekastell richtete. Ein Lager das man sich zutraute es zu belagern, von dem man aber im Gefahrenfall auch schnell wieder ablassen konnte. Da es von vielen Faktoren abhängt lässt sich auch schwer abschätzen, wann dieses römische Lager wieder seine Funktion aufnahm, wobei die Sicherheitsfrage für die römische Besatzung und damit der Abstand zum Rhein ganz oben stand. Es von der ersten Stunde an dem Risiko einer Belagerung auszusetzen wird Germanicus vermieden haben in dem er den Tagesmarschabstand zwischen Lager und Rhein auf ein bis maximal zwei Tage abgesenkt hatte. Deutlich wird aber auch, dass die Lagerbesatzung imstande war sich bis zum Eintreffen einer Entsatzarmee behaupten konnte, was sowohl für eine relative Nähe zum Rhein, einen guten Ausbauzustand aber auch eine qualifizierte Verteidigungsfähigkeit spricht. Möchte man versuchen realistisch zu spekulieren, dann sollte sich das Bollwerk also im ersten Drittel im Höchstfall auf halber Strecke zwischen dem Rhein und Paderborn liegend befunden haben. Germanicus wusste wo sich der Grabhügel befand, an dessen Instandsetzung er nicht mehr interessiert war nachdem die Germanen ihn zerstört hatten. Hier stellt sich natürlich auch die Frage woher Germanicus wusste, dass die Germanen ihn zerstört hatten. Wie alle größeren germanischen Stämme dürften auch die Chatten von mehreren Fürsten regiert worden sein, wir kennen nur ihre Namen nicht. So kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es Silius nur gelang mit dem Fürsten Arpus/Arpi bzw. seiner Frau und Tochter einen von mehreren zu entführen. Germanicus hielt sich etwa zeitgleich an der Lippe auf und eine Theorie mündet dahin, dass es gar nicht die Aufgabe von Silius war Gefangene zu machen, sondern das vielmehr sein Hauptauftrag aus Sondieren  bestand. Seine Aufgabe könnte darin bestanden haben heraus zu finden, ob die Chatten die Absicht hatten sich den Cheruskern anzuschließen. Widersprüchlich sind zweifellos die Worte die Tacitus für diesen Parforceritt fand in dem er schrieb, dass man Silius nur eine kleine Sondierungstruppe zur Verfügung stellte. Sich unter diesen Umständen die wie zufällig erscheinende Entführung von Frau und Tochter des Chattenfürsten Arpi, nur als eine magere Ausbeute darzustellen klingt so, als habe sich Germanicus davon mehr versprochen und es mit ungünstigen Wetterverhältnissen zu begründen erscheint eher wie ein Schutzbehauptung dafür gewesen zu sein, dass er nichts konkretes in Erfahrung bringen konnte. Er musste von Süden kommen um auch Truppenverschiebungen innerhalb der Chatten etwa im Ederbereich erkennen zu können, aber sein Haupterkundungsgebiet wird im Norden der chattischen Siedlungsgebiete gelegen haben wo das Grenzgebiet zu den Cherusker beginnt. Eine Region die eine berittene Kampfgruppe vom Mainz aus in wenigen Tagen erreicht haben könnte. Da wo die Diemel fließt, sich die Formgebung der Keramik ändert und wo sich heute noch die alte Lautverschiebung hörbar macht begann sich die Stämme zu vermischen. Eine neuralgische Zone in der einst der germanische Expansionsdrang an den Mittelgebirgen die damals von Kelten besiedelt wurde zunächst zum Stillstand kam. Nicht nur da wo sich der  Desenberg nahe Warburg erhebt wäre eine  Arpus Feste denkbar auch der südlich der fruchtbaren Börde gelegene Warberg innerhalb des heutigen Warburg könnte einen chattischen Fürstensitz beherbergt haben. Aber Silius könnte auch noch ungefährdet in die cheruskischen Stammesgebiete vorgestoßen sein, da diese sich im Norden sammelten um sich auf Germanicus vorzubereiten.  Silius hätte folglich auch den Raum Borlinghausen erreichen können und hätte dort den Grabhügel der Varuslegionen passiert haben können. Er wäre es gewesen, der festgestellt haben könnte, dass die Germanen den Grabhügel erheblich beschädigt hatten. Ein Zerstörungswerk, das auch nicht erst jene Germanen anrichteten die sich von der Belagerung zurück ziehen mussten, das schon weitaus früher stattgefunden haben könnte, aber erst von Silius festgestellt wurde. Gleich wo Germanicus stand ließ sich das südliche Ostwestfalen auch aus der Lipperegion  gut erreichen. Silius stand mit Germanicus in Kontakt und informierte ihn über den Zustand und erst daraufhin könnte Germanicus entschieden haben auf die Wiederherstellung des Grabhügels zu verzichten, denn Germanen dürften es ihm nicht berichtet haben. Träfe es zu, dass es sich dabei um eine Spähaktion handelte dann wird deutlich, dass sich Germanicus  voraus schauend verhielt mit welchen Gegnern er es bald zu tun bekommen könnte.Sollte die Theorie zutreffen, dann ließ sich davon ein weiteres Indiz dafür ableiten, dass die Varusschlacht im Übergangsbereich zur Bördelandschaft ihr Ende fand und sich zuletzt ins Grenzgebiet von Cheruskern und Chatten in den südlich Nethegau verlagert hat. So sah Germanicus wohl keinen Sinn mehr darin auch 16 + erneut eine zeitraubende Marschrichtungsänderung von der Lippe kommend einplanen zu müssen, wodurch er auf Basis dieser Theorie den Hellweg irgendwo zwischen Soest und Geseke hätte verlassen müssen. Aber es lässt sich ein vorsichtiges Fazit der Analyse ziehen, wo man demnach den Grabhügel suchen sollte. Denn Germanen die sich von einem Lager an der Lippe absetzten werden sich nach Osten oder Südosten aber nicht nach Norden oder Nordosten zurück gezogen haben. Den Grabhügel in der Nähe des belagerten Römerkastells zu suchen erübrigt sich, da dort keine Varusschlacht geschlagen wurde, sondern dürfte sich aus westlicher Richtung betrachtet hinter der Egge befunden haben. So dürfte sich der Grabhügel in Fortsetzung einer von Xanten nach Lippstadt und fiktiv nach Osten verlängerten Lippelinie entweder auf gleicher Höhe oder unterhalb von ihr befunden haben. Eine Theorie die sich mit der Annahme die Varusschlacht habe bei Borlinghausen geendet deckt. Aber Tacitus lieferte uns eine weiteren Anhaltspunkt, denn im gleichen Kapitel 7. unter Abschnitt (1) erwähnt er parallel zum nicht erneuerungswürdigen Grabhügel den Altar den man damals für seinen Vater Drusus errichtet hatte. Auch diesen zerstörten die Germanen, aber ihn ließ er wieder herstellen. Beide Ereignisse gleichzeitig anzusprechen spricht dafür, dass die Objekte nicht übermäßig weit auseinander lagen. Von Drusus nimmt man an, das er von der Elbe kommend irgendwo zwischen Magdeburg und Schellerten vom Pferd stürzte und starb. Von dort transportierte man den sterbenden oder bereits toten Drusus Tiberius entgegen der sich aufgemacht hatte um seine Leiche auf dem Weg über die Wetterau nach Rom zu überführen. Da in den Jahren der Okkupation an der Germanenfront selten Ruhe herrschte und sich Phasen relativer Sicherheit und Stabilität schwer ausmachen lassen, lässt sich nicht sagen, wann und wo man den Altar für Drusus errichtete. Im Stammesgebiet der Cherusker östlich der Weser oder im Nethegau wird man ihn nicht errichtet haben. Der Altar dürfte in seiner Bedeutung einem Triumphbogen für den Verstorbenen nahe gekommen sein, Gedenkstätten die man gut sichtbar und bevorzugt in die Nähe wichtiger Wegeverbindungen baute. So erging es Germanicus wie allen seinen Vorgänger, auch er bewegte sich entlang der Lippe kommend auf Paderborn zu, nachdem er die Reparatur des Grabhügels nicht für nötig hielt. Den Altar könnte man in dieser Region etwa an einer Kreuzung vermuten und was man heute sagen darf, so war Paderborn nahe der Lippe wo man sich ein von der Front abgerückten Etappenlager vorstellen kann im Verbund mit Anreppen, das die östlich operierenden Truppen versorgte, dass Drehkreuz römischer Logistik und damit Eroberungspolitik. Anreppen diente mit seinen großzügigen Thermalanlagen der Garnison und erscheint wie ein Erholungszentrum. Eine Region mit einer Vielzahl geeigneter und erhabener Anhöhen in deren Nähe sich auch das zum Bau eines Altars erforderliche Muschelkalkgestein finden lässt. Die westfälische Bucht bot dafür eine geeignete Bühne und in sie öffnete sich der Blick wie man es im Imperium gerne nutzte. Hier könnte er den Altar repariert haben bevor er sich den Cheruskern zuwendete. Eine Theorie die sich mit dem unweit gelegenen Grabhügel ergänzt und immer wieder die Egge und damit die Varusschlacht in den Focus der Betrachtung rückt. (24.03.2024)

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