Donnerstag, 12. Oktober 2017
Der Aufbruch zur Weser - Logistische Kraftanstrengung und Wagnis zugleich
Um den ursächlichen Grund für den unstillbaren Vorwärtsdrang römischer Kriegsmaschinerie zu kennen, dem auch Varus seinen Arbeitsplatz in Ostwestfalen zu verdanken hatte müsste man tief bohren. Waren es im Betrachtungsraum die militärisch schwächeren Nordvölker die es den römischen Feldherren zu leicht machten, sah man in ihnen keine ernsthaften Gegner die den römischen Waffen nicht gewachsen waren, oder war es den Herrschern im Zentrum des Mittelmeerraumes in die Wiege gelegt ihren Machtbereich mit allen Mitteln und das scheinbar grenzenlos ausdehnen zu wollen. Letztlich zwang niemand das römische Reich sich im unwirtlichen Norden Großbritanniens mit den Pikten zu messen und man kennt auch nicht die Antriebsfeder sich in den Wüstenregionen Mesopotamiens mit den Parthern anzulegen, in dem man sie mit dem Überschreiten der vereinbarten Euphratgrenze provozierte. So als steuere man bereits einen klar definierten Fixpunkt an schwärmten die Legionen in alle Himmelsrichtungen aus und kannten keinen Halt, marschierten erfolgsgewohnt auch quer durch Westfalen in Richtung Osten und rund 20 Jahre gelang es keinem Volk in Germanien sich ihnen ernsthaft entgegen zu stellen. In Rom dachte man pragmatisch und mag Fernziele gehabt haben die aus ihrer Sicht alle Anstrengungen rechtfertigten. Man setzte sie sich sukzessive je nach dem wie gut die Logistik funktionierte, wie siegreich die römischen Feldherren agierten und wie geschickt sie die Verträge aushandelten. Ob man das Ziel schon an der Weser erreicht haben wollte oder erst an der Elbe war unwesentlich und entschied sich erst aus der Bewegung heraus. Aber der Kaiser wird seine Vorstellungen gehabt haben als er Varus nach Ostwestfalen beorderte. Mit der Erschließung ging ein umfänglicher Zivilisations- und Wissenstransfer einher der sowohl die neuen Technologien als auch Gebrauchsartikeln vom Nagel bis zur Tischkultur umfasste aber auch verbesserte Anbaumethoden oder neue Frucht - und Baumarten beinhaltete. Allesamt Kenntnisse die das Überleben sicher stellen können und mit denen sich auch in Germanien Freunde gewinnen ließ, würde nicht der militärisch ausbeuterische Aspekt alles überwiegen. So sollte man die römische Expansion resümierend in dem Satz zusammenfassen "es war nicht alles schlecht". Da Fortschritt bekanntlich eine Schnecke ist blieben die römischen Errungenschaften aufgrund der Frontverkürzung nach 16 + lange in den zivilen und militärischen Zentren links des Rhein stecken. Eine Rückzugslinie hinter die man sich zurück zog nach dem sich die militärische Lage zugunsten der Germanen gedreht hatte und der breite Rhein ihnen mehr Schutz versprach. Aber bis es dazu kam, schien es lange so, als könnte es dem Imperium nahezu mühelos und in relativ kurzer Zeit gelingen sich neuen Gebietszuwachs zu sichern. Ihre Militärlager sprießten an beliebigen Orten wie Bollwerke ihrer Willenskraft aus dem Boden und überzogen das Land. Ausgehend von unserem Wissenstand, dass Legionen auf ihren Feldzügen allabendlich neue Lager errichteten oder vorhandene mehrfach nutzten muss die Mitte Germaniens von einer Unzahl an Marschlagern und zeitweise genutzten Kastellen schier überflutet gewesen sein. Und auch die noch nicht auf römische Reste untersuchten Wiesen zwischen Höxter und dem Weserufer nahe Corvey samt Reichsabtei dürften ihre Anziehungskraft auf römische Feldherren nicht verfehlt haben. Denn ab hier stand man schon der Elbe bei Magdeburg näher als dem Rhein bei Wesel. Die rastlose Dynamik des Imperiums faszinierte schon immer die Geschichtsforschung und man fand nur wenige Rezepte aber umso mehr Theorien mit denen man es sich erklären wollte. Neben der erhofften Machtausdehnung und der folgenden Nutzbarmachung um das Wort Ausbeutung zu vermeiden, wollte man mit der Provinzialisierungsstrategie die Kontrolle erlangen auch um jegliches Vordringen der Germanenstämme in römisch besetzte Gebiete dauerhaft zu unterbinden. Vergleichbar mit der mittelalterlichen Niederschlagung der Slawen und der folgenden Ostkolonisation sollte auf das Schwert das neue Gesetz folgen. Das Rom in Germanien nicht nur Militärlager sondern auch verteidigungsfähige zivile Siedlungen hinterließ ergaben die Grabungen in Waldgirmes. Dank eines Holzstammes der sich auf das Jahr 4 - datieren ließ war es die Zeit als Lucius Domitius Ahenobarbus Statthalter von Niedergermanien war. Ein Zeugnis, das vielleicht den Baubeginn der ersten römischen Kleinstadt in Germanien bestätigte. Ein Ort, der sich 130 Kilometer südlich des Hafenkastells Anreppen an der Lippe befindet, dass man erst 9 Jahre später allerdings mit der Funktion eines Umschlagplatzes erbaute. Offensichtlich waren die Vorarbeiten mit dem Ziel eine neue Provinz aufzubauen an der Lahn fortgeschrittener, als an der Lippe wo man zunächst noch die Cherusker zu überzeugen hatte dem einzuwilligen. Die Frachten gelangten wohl hauptsächlich über Xanten in die Kähne um dann Lippe aufwärts ab Anreppen den Landweg nach Osten zu nehmen. Hier wurde gestapelt und umgeladen, was an Material vom Werkzeug bis zum Luxusgut für die weitere Versorgung und Eroberung nötig war und attraktives Geschmeide mit denen sich Vertragsverhandlungen geschmeidiger führen ließen war sicherlich auch dabei. Und wo sie sich befanden und wie sie transportiert wurden war im Land der Brukterer auch kein Geheimnis. Rom nutzte dafür die Lippe als auch den südlich davon verlaufenden Landweg vom Rhein an die Weser und folgte damit der Altstraße aus vorgeschichtlicher Zeit. Diese Verbindungen für die neuen Verkehrsströme tauglicher zu machen war zuvorderst die Aufgabe der römischen Legionäre. Inwieweit daran in Germanien unter Augustus Sklaven beteiligt waren ist nicht bekannt. Von Westen aus betrachtet folgten auf die gebirgsfreie Landschaft der westfälischen Bucht erst ab den Oberläufen von Lippe und Ems die Anstiege sowohl nach Norden in Richtung Senne, als auch nach Osten auf die Paderborner Hochebene. Das Hafenkastell Anreppen lag im Zentrum dieses Fächers vor der Mittelgebirgskette des heutigen Teutoburger Waldes der sich bis 1616 Osning und davor Osnegge nannte und dem die mythische Bezeichnung Asenegge zugrunde liegen soll. Die Militärstrategen hatten ab Anreppen ein klares Konzept entworfen wie sich die zukünftige Stoßrichtung gestalten sollte. Und dazu bedurfte es auch keines Lockrufes zur Weser von Seiten der Cherusker wie es Cassius Dio (56,18,1-24,5) einst formulierte, denn der Fluss stellte nach der Verladestelle Anreppen das nächste bedeutsame Ziel der Landnahme dar und dahin wollte man sowieso. Der Fluss an dem Florus (2,26) zufolge schon Drusus vor seinem Tod im Jahre 9 - Wachtposten hinterlassen hatte war immer noch die Zielrichtung. Die bautechnische Herausforderung lag nun darin auch den schnellsten Weg von Anreppen über Paderborn und Schwaney zur Weser für den erwarteten Bedarf erst herzurichten zu müssen, da die vorrömische Wegeführung für die Legionen ungeeignet und nicht mehr den neuen Erfordernissen entsprach. Es fehlten gesicherte und stabile Anstiege für die Maultierzüge, möglicherweise bessere Anschlußstellen zum Trinkwasser und Türme für die Orientierung als auch die Frühwarnung. Die römischen Bautrupps verließen nun falls sie mit dem Kahn angereist waren Anreppen den antiken logistischen Verteilerkreisel im Kessel vor der Gebirgssichel der Egge die es nun zu überschreiten galt. Sollten sie über die Altstraße marschiert sein gelangten sie aus Richtung Salzkotten kommend an ihre zukünftigen Baustellen im Eggebereich. Am Anfang aller langfristig ausgelegten Eroberungspläne steht die logistische Erschließung und sie hinterließ auch in Ostwestfalen ihre Spuren. Vom Knotenpunkt an den Paderquellen ließ sich die Weser auf mehreren Wegen erreichen. Die kürzeste Wegstrecke allerdings läuft über Paderborn und beträgt etwa 44 Kilometer gleich zwei Tagesmärsche, wobei man in diesem Fall die Weser bei Wehrden dem einst keltischen Weredun erreichen würde. Es verbirgt sich dahinter die alte Bezeichnung für Insel wie es auch noch gut der alten Weser Mäandrierung in der Ortslage entnehmen lässt und wo man im Bereich des Wehrdener Schlosses vielleicht noch auf römische Bausubstanz stoßen könnte. Unmittelbar nördlich von Wehrden erhebt sich der Steinberg an dessen nach Süden fallender Abbruchkante dem einstigen Prallhang des Flusses sich noch die historisch ungesicherten vermutlich
undatierbaren Umwallungen einer einstigen Wachtturmanlage erkennen lassen. Aber Wehrden bedeutete nicht den Zielpunkt römischer Interessen denn der befand sich etwa 7,5 km nördlich in der ausgedehnten Weserschleife bei Höxter/Corvey. Hier existierte seit Menschengedenken eine Altstraße die ihren weiteren Verlauf nach Osten über die Weserfurt nahm. Ab Corvey hatten sich schon unsere Altvorderen zu entscheiden, ob sie über Uslar den Harz an seiner Südseite in Richtung Erzgebirge umgehen wollten oder ob sie den Weg an der Nordseite über Goslar und die dortigen Silberminen zur Elbe nach Magdeburg also zur Bernsteinstraße nehmen wollten. Aber auch schon bis Corvey achtete der römische Generalstab darauf alle sich bietenden Geländevorteile zu nutzen, wenn man ins innere Germaniens vorstoßen wollte. Hatte man die angenehme westfälischen Bucht hinter sich gelassen stand ihnen zunächst die Egge bevor, die es zu überwinden galt. Das dann vor ihnen liegende Oesetal umging man nördlich oberhalb der Oesequelle und vermied damit den sumpfigen Talabschnitt um den Gradberg. Was danach bis zur Weser folgte war aus verkehrstechnischer Sicht problemlos. Insgesamt waren es allesamt die Wege der Menschheitsgeschichte die man auch zu Varuszeiten nicht erst neu zu erfinden hatte. Aus welcher Vorzeit sie auch stammten und welche frühen Völker sie auch nutzten bis sie später von Kelten, Germanen, Römern, Franken, Falen oder Sachsen begangen wurden, es waren im wesentlichen immer die gleichen. Denn immer war es das Bestreben aller sicher und gefahrlos und auf dem schnellsten Weg die Tagesetappen zu bewältigen und die Räume zu überwinden. Aber Rom wollte mehr, wollte Städte gründen und eine Stadt an der Weser hätte wie die Römerstadt Waldgirmes nahe der Lahn, dass die Entzerrungsexperten für das ptolemäische Mattiakon halten gut ins Konzept gepasst. Das römische Vorarbeiten in unbekannte Gefilde die bislang nicht unter ihrer Herrschaft standen folgte einem Plan, aber auch der lateinischen Weisheit "Nihil sine causa" - "Nichts ohne Grund", wenn das Imperium seine Eroberungszüge antrat. Wollte man sich der hier vorgestellten Logik nicht verschließen, dann mussten auch die römischen Bautrupps und Landvermesser der Alttrasse folgen die ab Schwaney über die Egge führte um dann den Gau der Nethe zu erreichen, die unweit des Altweges entspringt. Eine Entscheidung die man letztlich schon traf als man den Weg aus dem Römerlager Anreppen heraus in diese Richtung baute. Denn es stand zunächst die kürzeste Verbindung zur Weser und dann zur Elbe im Vordergrund. Jene Flüsse die für den Herrscher auf dem Palatin eine Magneten gleiche Attraktivität besaßen, wie man es ihm gerne unterstellt. Die Anziehungskraft großer Flüsse auf Handel und Wirtschaft bestand zu allen Zeiten und auch die römische Infrastruktur folgte dem und lebte davon. So hatten auch die römischen Feldherren im Zuge ihrer Sondierungen nicht lange nach dem kürzesten Weg von Anreppen zur Weser zu suchen. Denn es war letztlich auch damals schon der alte Hellweg von Dortmund kommend über Brakel den man nutzte und in dessen Streckenverlauf das Geodäsie Team um Andreas Kleineberg auch das ptolemäische Streontion nahe Bad Driburg lokalisierte. Die römischen Niederlassungen oder Stützpunkte an der Lippe hatten in der Eroberungsphase noch keine Bedeutung im Sinne möglicher Stadtneugründungen, es waren in der ersten Phase logistische Zentren in Form von Stapelplätzen, Kastellen oder Versorgungslager. So gab man diesen möglicherweise keine römischen oder griechischen Namen und die dort vorhandenen kleineren Siedlungen der Einheimischen waren es den Besatzern bzw. Polemäus nicht wert mit Namen auf der "Geographike Hyphegesis" also der Karte der bewohnten Erde zu hinterlassen. Aber was nicht war, sollte neuzeitlich betrachtet auf Haltern bezogen ja noch werden. Und der Weg nach Osten konnte sich für das Imperium auch als lukrativ erweisen, denn Rohstoffvorkommen klingen nach einträglichen Geschäften und fördern auch das Interesse an langfristiger Präsenz wie etwa die Salzvorkommen bei Salzkotten die bereits in der Hallstattzeit genutzt wurden. Die Kelten der Hallstattkultur nutzten die Eisenerzvorkommen in Westfalen ebenso wie die Salzvorkommen des Hellwegs und Eisen und Salz waren von existenzieller Bedeutung wurden sogar gegen Bernstein getauscht. Von Salzkotten ist zudem bekannt, dass von hier aus schon in frühester Zeit der Großraum bis Brakel und weitere Regionen wie Arolsen oder Warburg mit Salz versorgt wurden, was eine gewisse traditionelle Abhängigkeit von Salzkotten mit sich brachte. Salzkotten lag wie Brakel an der gleichen Altstraße und die Distanz zwischen beiden Städten beträgt rund 40 km Luftlinie, wäre also auch unter antiken Verhältnisse keine unüberbrückbare Entfernung gewesen um den Salztransport dorthin und möglicherweise bis zur Weser zu bewerkstelligen. Die wirtschaftliche und militärische Notwendigkeit der Wegeverbindung über die Egge war also auch in den dreißig Jahren der römischen Okkupationsversuche gegeben aber sie konnte auch öffentlich genutzt werden. Gleich in welchem Ausbauzustand sie sich befand, wurde sie von den Einheimischen begangen und befahren und war für sie lebenswichtig, denn alle waren vom Salz abhängig um ihre Nahrungsmittel haltbar zu machen. Das von Ptolemäus verzeichnete Bogadion hinter dem man die Region um Salzkotten vermutet lag unmittelbar an der römischen Route die in Asciburgium - Moers ihren Anfang nahm bzw. an der vorrömischen die sich vermutlich wegen der Rheinfurt bei Alt Homberg befand und war die bedeutende Landverbindung zwischen für West - und Ostfalen. Etwa 15 km südlich der Straße befindet sich der Standort des einstigen Römerlagers Knebelinghausen, dass von Brilon nur 10 km entfernt liegt. Eine für Rom aufgrund der dortigen Bleiminen zweifellos ebenfalls interessante Region. Gründe genug um Eroberungen zu rechtfertigen. Da die Altstraße von Paderborn über Schwaney und Schmechten nach Brakel führte und nicht über Bad Driburg darf man davon ausgehen, dass sich das ptolemäische Streontium auch nicht unmittelbar auf Bad Driburg bezog, sondern auf eine Örtlichkeit innerhalb der Region. Zudem verfügte Bad Driburg unterhalb der schroffen Egge gelegen zu Römerzeiten und auch noch Jahrhunderte später über keinen karrentauglichen Aufstieg um mit Gütern die Steilstrecke zur Paderborner Hochfläche befahren zu können. "Streontium" lässt sich in dieser Schreibweise nicht deuten, so dass man vermuten darf "Stereontium" wäre der eigentliche Name gewesen. Die griechische Silbe "Stereo" steht für fest, hart und starr, findet sich wieder im deutschen Wort "Ster" für Festkörper und vielleicht auch in der Bezeichnung Stereotyp dem deutschen Wort für starrköpfig. Öffnet man die weiten Türen der Spekulation, dann ließe sich dieses auf vieles anwenden. Etwa von der stereotypischen Bevölkerung, die man als stur, unbelehrbar, eingefahren, eigenartig oder unverbesserlich et cetera bezeichnen könnte. Während es die römischen Besatzer am Rhein oder in der westfälischen Bucht mit einem Menschenschlag zu tun hatten, dem schon damals etwas vom rheinischen Frohsinn angehaftet haben könnte, so könnte sich das für Menschen mit römischen Wesenszügen im Zuge des Eggeabstieg schlagartig anders dargestellt haben. Eine Beschreibung die gut zur germanischen Seele passen könnte. Man könnte den Begriff "Stereo" natürlich auch noch an der Starr " bzw. Schroffheit der Eggeregion festmachen. Die Bedeutung des Wortes "Stereontium" zu erforschen ist so problematisch wie der ptolemäische Ort "Munitium". Er ist zurück zu führen auf das Wort "munitio", dass im Zusammenhang mit Befestigung oder Verteidigungsanlage fällt, was allerdings auf viele römische Militärlager zutrifft, soll aber in diesem Fall für Hedemünden stehen. Ptolemäus verortete Plätze die sich auf Ostwestfalen beziehen lassen nur zwei Mal. Bogadium/Salzkotten nahe der Lippe und Streontium/Bad Driburg, wobei sich nur der Letztere im unmittelbaren Betrachtungsraum zum Varusschlachtgeschehen befindet. Man verwendet in diesem Zusammenhang bevorzugt das Wort Platz im Sinne von Handelsplatz, da sich die Wissenschaft nicht nicht imstande sieht sie schon zu einem Ort aufzuwerten. Im Großraum folgen erst wieder Namen wie Feugarum, das man bei Osterrode vermutet oder das 80 km weiter nördlich liegende Ascalingium, das sich auf Hildesheim bzw. den umliegenden Bereich beziehen soll. Weitere Verdichtungsräume früher Besiedlung die man aus römischer Sicht namentlich kennzeichnen wollte liegen außerhalb des Interessensbereiches dieses Internet Buches könnten aber für das Imperium aus eroberungstaktischer Sicht von Bedeutung gewesen sein. Letztlich fokussierte man sich in den römischen Machtzentralen auf lohnende Ziele und die befanden sich im Osten und weniger im endlosen Moor- und Sumpfland der norddeutschen Bucht. Als eine Station auf dem Weg dahin die, wie wir bei Florus lesen können seit Drusus auch keine imaginäre mehr war, dürfte man den Weserbogen bei Höxter im Visier gehabt haben. Er wird zunächst den östlichsten Brückenkopf vor der Weserfurt innerhalb der römischen Erschließungsphilosophie markiert haben. Umgeben von einer ausgreifenden Flussschleife in einer weitläufigen Auenlandschaft mit der Nethe als kleinem Neben- aber auch Zubringerfluss gelegen, der vielleicht seinen Sedimentbeitrag an der wichtigen Weserfurt leistete, befand sich diese Örtlichkeit weitaus näher an der direkten Linie der historischen Ostwestachse, als es die abwegiger weil nördlicher liegenden Weserstädte von Hameln bis Barkhausen waren. Das ungeachtet dessen ebenfalls als römischer Etappenfixpunkt favorisierte Hameln liegt zudem auf der vom römischen Reich abgewandten rechten Weserseite. Denn üblicherweise positionierte man römische Lagerkomplexe bei nach Norden fließenden Flüssen auf der linken Flußseite. Zudem ist die Ausdehnungsmöglichkeit der Altstadt von Hameln zu klein dimensioniert um es für eine größere Lagerstätte ins Auge fassen zu können. Aber insgesamt betrachtet dürfte es letztlich immer die Weser gewesen sein, die es den Römern im nächsten Schritt angetan hatte zumal römische Städte immer schon bevorzugt an den Ufern größerer Flüsse gegründet wurden. Und zwischen Rhein und Elbe bot sich nur die Weser für Neugründungen und Zwischenstationen auf dem Weg zum Endziel Elbe an. Die nahezu auf dem Breitengrad fließende Lippe war für römische "Provinzhauptstädte" ungeeignet, da der Lippe der direkte Anschluss zur Nordsee fehlte. Infolgedessen dürften die dortigen Niederlassungen ihren jeweiligen Status innerhalb einer mit Versorgungsaufgaben betrauten militärischen Kastelkette zunächst beibehalten haben. Dies schließt nicht aus, dass man für das zentral liegende Haltern schon weitreichendere Pläne gehabt haben könnte. Die Lage heutiger Städte wie Hameln, Rinteln oder Minden werden zweifellos in den langfristigen strategischen Überlegungen der Besatzer für zukünftige Gründungen nicht uninteressant gewesen sein zumal sie über den Zugang zur Weser flussabwärts ab Höxter auch mühelos auf dem Wasserweg mit der Strömung erreichbar waren. Nicht nur aus Gallien ist bekannt, dass die Römer jedem ansässigen größeren Stamm einen Hauptort zuordneten der ihren Vorstellungen aber oft nicht dem der autochtonen Völker entsprach. Eine nördlich von Höxter gelegene Civita hätte man möglicherweise als Zentrum der Angrivarier gegründet. Auf Basis dieser Theorie verlief für die Romanen die spätere Bundesstraße 1 die Aachen mit Königsberg verband nicht von Paderborn ausgehend über Hameln und Hildesheim nach Berlin. Für die Feldherren war es mehr die heutige Bundesstraße 64 vorbei am späteren fränkischen Königshof Huxori. Für welchen Weg man sich also vor 2000 Jahren entschied um den Harz nördlich zu passieren muss offen bleiben, ebenso ob auch spätere ottonische Städte wie Einbeck und Gandersheim schon damals an dieser Route gelegen hätten. Aber um über Goslar nach Magdeburg zu gelangen, wird es die strategisch bessere Alternative gewesen sein. Natürlich war eine schnelle Erreichbarkeit der Weser für die Legionen auch aufgrund ihrer begrenzten Transportkapazitäten und der gesamten Versorgungslage ein gewichtiges Argument sie gegenüber anderen Streckenführungen vorzuziehen. Hochrechnungen für den täglichen Bedarf an Nahrung für Mensch und Tier schwanken zwischen 40 und 60 Tonnen was für einen Landweg beträchtlich ist und die kürzeste Verbindung zu einem "Muß" machte. Genauso wie wir es von den römischen Landvermessern auch nicht anders erwartet hätten oder es kennen machte für sie die Weser bei Höxter beispielsweise gegenüber der Porta Westfalica versorgungstaktisch daher auch mehr Sinn. Aber auch die Weichen für die Nordexpansion ab Anreppen waren schon gestellt, wie man der römischen Schnellverbindung, nämlich dem ausgearbeiteten oder geschlagenen Hohlweg im Heidental bei Detmold entnehmen kann, wenn ihn denn römische Bausoldaten anlegten und er nicht schon früher existierte. Aber auch die Römerlager Menkhausen und Wilkenburg bestätigen die Vorgehensweise. Die römischen Landvermesser hatten es immer auf Gradlinigkeit abgesehen und selbst schwer passierbare geographische Hindernisse scheute man oft nicht, wenn man die Idealinie beibehalten wollte. Aber grundsätzlich versuchte man die Höhenlagen zu meiden, sich den Flußtälern anzupassen und wählte daher auch den Weg von Schwaney über Schmechten, Brakel und Godelheim nach Corvey statt von Brakel über Bosseborn und den steilen Ziegenberg. Man kennt die schönen geraden römischen Straßen nicht nur aus Frankreich und der Eifel die sich ebenfalls wie an der Schnur gezogen durch die Landschaft ziehen, wenn dies die Geographie gut zulässt. In Anreppen entdeckte man den Teilabschnitt einer römischen Straße und sie zeigt schon nach Osten und damit in Richtung Paderborn und nicht nach Norden und auch ein entdecktes Straßenstück östlich von Schwaney greift genau diese römische Verbindung nach Osten wieder auf. Dort im Boden dürften sich noch zahlreiche Hinweise zum weiteren Verlauf finden die die Durchgängigkeit belegen könnten. Die typisch römische Bauweise antiker Straßenfragmente gebaut wie für die Ewigkeit zeigen, dass die römischen Okkupanten diese Wegeverbindungen nicht nur für zeitlich befristete Erkundungsexpeditionen in den Osten Mitteleuropas gebaut hatten. Sie zeigten im Zuge der Freilegung einen Zustand der deutlich macht, dass die Erbauer kamen um zu bleiben. Interessante aber natürlich umstrittene römische Funde an der Harz Nordumgehung geben die weitere Route vor. Aber dem Raum um Höxter fiel eine besondere Bedeutung zu, denn in dieser Region konnte sich durch die günstige Lage östlich von Paderborn ein neuer Knotenpunkt oder anders ausgedrückt ein Mittelzentrum an der Weser bilden. Ihm würde dadurch automatisch die Funktion eines neuen Handelszentrum auf dem weiteren Weg zufallen ein Platz den schon die früheren Völker dafür nutzen gleich einem zentralgermanischen Verwaltungssitz wie er etwa Waldgirmes zugefallen wäre. Eine Stadt der man vielleicht einmal den Namen "Colonia Gaius Octavius" gegeben haben könnte. Bei der Standortwahl war aber auch die damalige geostrategische Situation von Bedeutung man könnte sie auch heikel nennen. Denn ab Corvey lief Rom Gefahr auch mit den Stämmen des Ostens in Kollision zu geraten. Noch sahen die germanischen Völker an der Elbe der römischen Machtausdehnung zu, aber auch der germanische König Marbod spürte sie schon und könnte es als Bedrohung empfunden haben was sich da an der Mittelweser tat. Aber auch für Rom bedeutete diese neuralgische Grenzlage eine latente Gefahr und man bemühte sich die Lage auch auf dem Wege vertraglicher Regelungen unter Kontrolle halten und zu entspannen. Im damals noch unbekannten 10. Längengrad könnte man auch eine unsichtbare Haltelinie in Form einer Mentalitätsgrenze sehen der sich Rom unbedachterweise näherte und auf neue Bedingungen stieß. Marbod war damals neben Tiberius eine epochale Hauptfigur. Er kannte sich in den römischen Sitten vielleicht sogar noch besser aus als Arminius der "nur" für Rom kämpfte, denn er lebte in jungen Jahren in Rom, wo sogar Kaiser Augustus sein Gönner war. Und so stand Marbod dem Machtapparat um den Kaiser weitaus näher als es einem Arminius als Anführer germanischer Kampfeinheiten je möglich gewesen wäre. Aber auch diese Vorgeschichte half ihm nicht, denn die Markomannen wurden von Drusus 10 - als Marbod etwa 20 Jahre alt war vernichtend geschlagen und vom Feldherrn Tiberius dem späteren Kaiser im Jahre 8 - zur Kapitulation gezwungen. Historische Demütigungen die im Markomannenreich nicht vergessen waren, als sich Varus der Weser näherte. Das Rom in Marbod immer noch eine Gefahr auch für die Pläne von Varus sah, zeigt der Feldzug gegen ihn zu dem man drei Jahre vor der Varusschlacht mit einer gigantischen Streitmacht von 70.000 Kriegern in erster Linie bestehend aus Legionären aufbrach der jedoch aufgrund des Pannonienaufstandes für Kaiser und Feldherr in einem peinlichen Desaster endete. Hier plante man einen Feind auszuschalten, der die römischen Interessen und Provinzabsichten in Ostwestfalen hätte zunichte machen können, aber Marbod überstand es aufgrund der Umstände schadlos. Was ebenfalls für den Aufbau eines römisch verwalteten Distriktes und ein in Höxter/Corvey zu gründendes Zentrum spricht ist die relative Nähe zu den im Süden bereits okkupierten Regionen markiert durch den Wetteraukorridor zum Main. Hätten sich die römischen Strategen für eine längerfristige Ansiedlung und Dependence weiter nördlich von Höxter entschieden, hätten sie eine noch breitere offene Flanke nach Osten zugelassen was eine mögliche Verteidigung im Angriffsfalle zusätzlich erschwert hätte. Da fühlte man sich doch links der Weser und in geschützter Lage vor dem Harzgebirge erheblich sicherer bevor man zu neuen Ufern im Sinne des Wortes aufbrechen wollte. In der unmittelbaren Auenlandschaft der Weser zwischen Beverungen und Hameln hat uns Claudius Ptolemäus namentlich keinen Ort hinterlassen, der uns einen Hinweis auf einen Umschlagplatz hätte geben können, obwohl man dafür den Weserbogen bei Höxter als äußerst geeignet ansehen kann. Insbesondere die Lage in Fluss - und Furtnähe bei Corvey wäre sicherlich prädestiniert für eine germanische und später römische Ansiedlung gewesen. So darf man wohl davon ausgehen, dass genau dort eine bedeutende germanische Siedlung bestand deren Existenz von Ptolemäus jedoch nicht erfasst wurde. Auch Ptolemäus wird gewusst haben wo Varus einst residierte und als er lebte war die Wunde der Clades Variana längst nicht verheilt. So darf man ihm zugestehen, dass er den alten Ort der Schmach auch nicht noch mit einem lateinischen oder germanischen Namen für die Nachwelt erhalten wollte. Und so durften auch die Örtlichkeiten an diesem neuralgischen Flussabschnitt, wo nach dieser Theorie Varus an die Errichtung eines Mittelzentrums vielleicht sogar an eine Provinzhauptstadt dachte von Ptolemäus keine Erwähnung finden. Aber die Örtlichkeiten im Weserbogen war nie menschenleer dafür sorgte schon die Weserfurt und die Region blieb auch nach dem Rückzug des Imperiums bewohnt. Für die Existenz von Relikten einstiger römischer Gebäude gibt es eine solide Grundannahme die man nicht sorgfältig prüfte wohl um dem Klerus nicht zu nahe treten zu wollen. Denn von Paschasius Radbertus einem fränkischen Benediktinermönch der von etwa 785 bis um 865 lebte und selbst an der Klostergründung von Corvey 823 beteiligt war ist überliefert, dass auch jene Einwohner daran teilnahmen, die im Bereich des neuen Kloster lebten. Sie werden beschrieben als die Menschen die den Nordteil besiedelten. Auffällig ist aber, dass Radbertus diesen Personen den Namen "civitatis" gab. In Altlatein nannte man so eine Bevölkerungsschicht die das Bürgerrecht besaß und zu lateinischen Zeiten von Radbertus verstand man darunter die Bewohner einer Stadt. Radbertus berichtete des Weiteren, dass die Stadt durch Türme und Befestigungsanlagen geschützt war. Zudem ist aus der "Notitia Fundationis Monasterii Corbeiensis II" bekannt, dass da wo man die Abtei errichten wollte schon ein Haus gebaut mit Steinen vorhanden war. Beides Hinweise auf antike Vorgängeraktivitäten, denn man baute in Ostwestfalen bis dato keine Gebäude aus Stein. Und derartige Maßnahmen konnten nach den Sachsenkriegen die 804 endeten bis zur Landschenkung an die Mönche von Corvey im Jahr 822 noch nicht aus dem Boden gewachsen sein zudem wren die entsprechenden Bautechniken zu der Zeit weder bekannt noch nötig. Feste Steinhäuser lassen sich zumal sich erst ab der Mitte des 10. Jhdt. nachweisen. Ein mit Gebäuden bestandener Handelsplatz an der prähistorischen Altstraße samt Furt, das germanische Nachnutzer fand wäre so bedeutend und attraktiv gewesen, dass diese Stätte auch zu Zeiten von Ptolemäus bekannt gewesen sein sollte. Denn für Ptolemäus der Bogadion an der Lippe bzw. Streontion an der Altstraße und weitere Handelszentren an den Flüssen erwähnte, hätte uns einen Ort an der Weser nicht grundlos verschwiegen oder unterschlagen. Es mag sein, dass für diesen Platz zu Varuszeiten da unfertig geblieben noch kein griechischer oder lateinischer Namen hinterlegt war oder der germanische Name nicht bekannt war, bzw. sich nicht eignete um ihn latinisiert wieder geben zu können. Und auch die Luftaufnahmen vom östlichen Stadtrand Höxters samt den Außenmaßen der Reichsabtei sprechen die gleiche Sprache. Und es erscheint gerade so wie ein Hinweis auf eines von vielen anderen historischen Schicksalen bis in unsere Zeit. Denn für den Stadtrat von Höxter und das Baudezernat der Stadt war damals die Errichtung eines neuen Gewerbegebietes im Osten der Stadt vordringlicher, als sich zuvor noch den archäologisch interessanten und zweifellos aufwändigen Untersuchungen eindeutiger Bodenstrukturen zu widmen, die erst durch die vorhandenen Luftaufnahmen erkennbar wurden. Damals wurde auch der Hinweis des Deutschen Archäologischen Instituts ignoriert, das zu der Auffassung gelangte, dass es sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um zwei römische Militärlager handelte. So wurde eine Chance vertan was zur Neuschreibung mancher Geschichtskapitel hätte führen können. Sicherlich gab es viele namenlose germanische Dörfer in der Region, zweifellos hätte aber ein Handelsplatz an der Weser samt antiker Bausubstanz eine überregionale Bekanntheit besessen. Aber möglicherweise konnte Ptolemäus den Namen auch nicht gewusst haben, denn als er nach 160 + verstarb kannte man nur die griechisch/römischen Ortsnamen für jene germanischen Siedlungen die sich bis in diese Zeit nach Rom durch gesprochen hatten und sich für Ptolemäus messbar machten. Und bekanntlich währte die Geschichte zum römischen Baugrund unter und über Corvey nicht lange und war eigentlich auch schon beendet noch bevor sie richtig beginnen sollte. Auch erhob niemand einen Anspruch auf die Vollständigkeit der "Magna Germania" denn Ptolemäus unterlag keiner Kontrolle. Schon unmittelbar nach der Varusschlacht aber in jedem Fall nach dem Jahre 16 + als man die Expansionspläne aufgab zerfiel das römische Erbe im Weserbogen von Höxter. Ein Prozess der nie zum Stillstand kommt und ein Name der nicht existierte konnte sich auch nicht durch setzen und auf altem Kartenmaterial erscheinen. Und den Namen "Villa Huxeri" wie man die Örtlichkeit in der "Notitia Fundationis Monasterii Corbeiensis II" im 9. Jhdt. nannte kannte Ptolemäus noch nicht.
26.08.2022

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