Freitag, 31. August 2018
Römische Lagerspuren mitten in Höxter ?
Versuch einer Rekonstruktion anhand von zwei bearbeiteten Darstellungen zur Lage zweier Lager im Stadtgebiet von Höxter auf Basis eines Luftbildes des Landesvermessungsamtes Bild Nr. 67/72-5-117 vom 24.4.72 aus dem Buch “Corvey” von Heribert Klabes, Seite 51. Vermutlich aufgrund mangelnden öffentlichen Interesses bzw. der geplanten Ausweisung zum Gewerbegebiet, wurden die 1995 durchgeführten Probegrabungen nicht mit der nötigen Akribie, folglich zu oberflächlich und zudem an der falschen Stelle durchgeführt. Das österreichische Institut für elektronische Bodenuntersuchungen Argis aus Graz ist davon überzeugt, dass es sich anhand der übermittelten Daten um ein bedeutendes römisches Kastell gehandelt haben muss. Die Außenkonturen der Lager und teilweise der Innenstrukturen konnten anhand des Luftbildes geortet werden, da die Vegetationsveränderung sichtbare Spuren bzw. Merkmale hinterließ. Sie zeigten sich in Form eines Vegetationsbandes, dass sich um die Lageraußengrenze legte und etwa 8 – 10 Meter breit ist. Der optische Unterschied zur übrigen Vegetation erklärt sich durch eine künstlich eingebrachte Tonschicht, auf die man im Zuge der Grabungen 1995 stieß, wobei man aber den Komplex des Lagertores verfehlte. Weitere Forschungsergebnisse liegen nicht vor. Diese Feststellung ist einer der Eckpfeiler meiner Theorie zum Verlauf der Varusschlacht. (31.08.2018)

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Die Varusschlacht fand im Nethegau statt

Der Marschzug der Varuslegionen führte aus der Richtung Höxter/Corvey bzw. aus der Region um die Nethemündung kommend durch den Nethegau, aber die folgenden Kämpfe breiteten sich nicht über diese gesamte Gaulandschaft aus sondern konzentrierten sich in der Konsequenz nur auf den eingeschlagenen Zugkorridor. Die Kämpfe setzten erst ab einem von den Germanen für geeignet gehaltenen Streckenabschnitt ein, sofern nicht der Zufall bzw. die Imponderabilien der Eigendynamik die Regie übernommen hatten. Zum Ende des mehrtägigen Marschgefechtes am letzten Kampftag mündete bzw. endete die Schlacht im schluchtartigen Anstieg des „Teutoburgiensi saltu“. Die Varusschlacht kennt jeder halbwegs an der Geschichte interessierte Mensch, aber wer kennt in Deutschland schon den Nethegau ? Hier kommt die Antwort. Denn er liegt genau genommen tief im Osten, da wo die Sonne damals nicht verstaubt war und zwar da, wo es viel besser ist als man glaubt, um den alten Grönemeyer Text einmal verändert zu formulieren. Grob gesagt erstreckt sich der Nethegau von der Egge bis zur der Weser und zwar dort, wo man schon nicht mehr so genau sagen kann, in welchem Bundesland man sich eigentlich befindet. Ist man noch in Nordrhein – Westfalen, schon in Niedersachsen oder eventuell vielleicht bereits in Hessen ? Aber man befindet sich im Nethegau und der liegt nun mal tief in Ostwestfalen und nicht in „Westwestfalen“ und gehört auch immer noch zum heutigen Bundesland Nordrhein – Westfalen, dass uns die einstige Besatzungsmacht Großbritannien am 23. August 1946 noch vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland in die Wiege gelegt hat. Zwischen den Osthängen des Eggegebirge im Westen, der Weser im Osten, der Diemel im Süden und eben der Nethe im Norden längst dem großen Hellweg befindet sich der unscheinbare und etwas verschlafen wirkende Nethegau. Und was den Ruhe suchenden Urlauber erfreut, mögen mir, was diese Beschreibung anbetrifft die Bewohner verzeihen. Was den Nethegau zu etwas Besonderem macht, ist seine grenzhistorische Undefinierbarkeit, da sich niemand sicher ist, ob es Karl dem Großen im Nethegau der früher auch Nitega, Netga oder Netago hieß überhaupt gelang, hier klare politische Gaugrenzen festzulegen bzw. ob hier jemals die fränkische Grafschaftsverfassung Fuß fassen konnte. Als sicher ist wohl anzunehmen, dass im Nethegau die Herrschaftsbezirke traditionell nicht durchgängig verliefen und durchsetzt waren von alten überkommenen Grenzverläufen innerhalb derer sich die Zuständigkeitsbereiche nicht deutlich von einander trennen ließen. Die späteren so genannten Immunitätsbezirke der Klöster und Abteien, Pfalzabgrenzungen oder Rittergüter erschwerten die Zuordnungen und sogar einzelne Personengruppen hatten sich territoriale Ansprüche bewahren und sichern können. Ihre Ursprünge hatten diese mittelalterlichen Überschneidungen in der besonderen Lage des Nethegaus. Denn diese geologisch/topographische Nische sorgte zum einen abseits der Altstraßen für eine gewisse Abgeschiedenheit, machte die Region aber eben wegen der prähistorischen Wegeverbindungen links der Weser und über die Weser hinaus zu einem überregional bedeutsamen Interessensgebiet. Denn wer den Nethegau und die Weserfurt beherrschte, war seit alters her ein Machtfaktor an der Mittelweser. So mag der Nethegau der Lage wegen noch oder schon zum cheruskischen Einfluss- und Siedlungsgebiet gehört haben, als dieser Stamm noch im Mittelpunkt der römisch germanischen Auseinandersetzungen stand. Nach dem Zusammenbruch dieses Stammes und der Verschiebung der Machtverhältnisse wechselte er wie ein Flickenteppich von den germanischen in die sächsischen Hoheitsansprüche über, von wo aus er dann in die fränkische Epoche einmündete. Erst der katholischen Kirche gelang die Auflösung vieler ehemaliger Besitzungen und sie stellte später über ihre Konfession die Einheit her, die sich bis heute anhand vieler kraftvoller und traditionell christlicher Gebräuche erhalten hat. Aber auch durch den großen Einflussbereich des Bistums Paderborn verdeutlicht wird. Auch um die von der römischen Kaiserzeit geprägten Jahrtausendwende bildete der Nethegau ein flächiges Grenzgebiet also einen Schmelztiegel, den sich viele Stämme teilten und in das topographisch bedingt viele Stammesgebiete hinein ragten. Ich denke dies waren von Westen gesehen die Brukterer die noch die Paderborner Hochfläche besiedelt haben dürften, von Südwesten die Marser die sich ab dem westlichen Diemeltal im Verbund mit den entkommenen Sugambrern, ausbreiteten und von Süden ab der Warburger Region die Chatten, bzw. von der Weser nach Osten die dortigen cheruskischen Stammensgebiete und letztlich von Norden vermutlich auch die ersten Siedlungsinseln der Angrivarier oder auch der Fosen. Und irgendwo im Nethegau musste man sich grenztechnisch einig geworden sein. In den Grenzgebieten zu der cheruskischen Nethegau Enklave machten folglich mehrere germanische Stämme Bleiberechte geltend, haben aber letztlich unter sich die Grenzziehungen abgesehen von den zeitgemäßen Konflikten festgelegt und sich anhand der Gebirge, sowie der Fluß- oder Bachläufe bzw. deren Einzugsgebieten geeinigt. Das aus dieser Gemengelage kein einheitlicher und erst recht kein zusammen hängender Herrschaftsbezirk erwachsen konnte ist naturgegeben. Nach dem es Arminius mit taktischem Geschick gelang die Legionen vom „Rechten Weg“ abzubringen, fällt jener in sich geschlossenen und kesselartigen Gaulandschaft eine Schlüsselfunktion im gesamten Geschehen um die Varusschlacht zu. Durch diese alte germanische und später sächsische Gaulandschaft zwischen Weser und Eggegebirge führte der letzte Weg der drei Legionen bis er sich auflöste und erodierte. Die Armee durchschnitt diesen Nethegau von Nordost nach Südwest und seine Auswirkungen erfassten die ganze Region bis sie in der Schlucht, man kann sie sicherlich ohne zu übertreiben schon Todesschlucht nennen, endgültig aufgerieben wurde. Im Nethegau finden sich noch heute sowohl eingekerbte enge Täler oder Talkessel, als auch Bereiche in denen sich versteckt liegende Dolinen ausbreiten und am Osthang des Eggegebirges lauern Felsenmeere, Quellaustritte und Quellsümpfe. Wenn man mit der Landschaft vertraut ist, allesamt gute Plätze für jedwede Art überraschend vorgetragener Attacken. Zudem besteht der Untergrund um Brakel aus Muschelkalk in dem sich schwere stau nasse Böden bilden können. Und wer je nach Regenfällen über lehmige Tonböden ging, dem ist gut bekannt wie problematisch sich darauf die Fortbewegung gestaltet. Jegliches Schuhwerk ist da hinderlich und es soll ja während der Kämpfe zu starken Regenfällen gekommen sein. Es muss alles in allem von Arminius und seinem Vater eine weise Strategie gewesen sein, sich genau für diese Dramaturgie entschieden zu haben, zumal auch der Wettergott mitgespielt hatte. Die Anmarschtrasse zog sich unter Vermeidung von Anstiegen bis zum Saltus durch ein welliges Hügelland mit heute nicht mehr nachvollziehbaren geomorphologischen und hydrologischen Elementen und Phänomen und der damit verbundenen Vegetation. Zahlreiche heute nicht mehr vorhandene oder drainierte Bachläufe die bis in den Raum Peckelsheim in die Nethe, Taufnethe und andere Bäche entwässerten begünstigten die Bildung von Sumpf- und Moorzonen deren Zwischenstadien und führten zu erschwerten Marschbedingungen. Auch heute noch befinden sich in der Region markante Restbestände 200 bis 300 Jahre alter Buchen und noch älterer Eichen die die frühere Vegetation erahnen lassen. Die historischen Überlieferungen zur Unwegsamkeit nehmen hier konkrete Gestalt an. Wie sah die Region zwischen Egge und Weser vor 2000 Jahren aus und in welcher Epoche entstand der Name Nethe ? Römischen Ursprungs ist der Name nicht. Das „th“ im Namen Nethe könnte zeigen, dass hier die zweite Lautverschiebung zum „d“ nicht statt fand. Aber es lassen sich darauf auch sprachlich andere Verwandtschaften aufbauen und auch Worte wie Nether rücken ins Blickfeld. Nether wie Netherland also ein Wort für eine Region der Niederungen. Das aus der englischen Sprache bekannte Wort Nethermoor für Niedermoor deutet ebenfalls in die Richtung einer Sumpflandschaft, aber auch der englische Flussname Netherbeck, den man gut und gerne mit Nethebach übersetzen könnte. Auch nicht weit im Osten des Nethegau gibt es einen ähnlich klingenden Fluß, aber mit dem Namen Nette, einem Nebenfluss der Innerste. Nette bzw. Nethe wird gleich gesetzt mit einem Flachlandfluß und ist wohl wortverwandt mit den Flußnamen Nidda und Netze. Insgesamt betrachtet eine niederschlagsbegünstigte Region in der man tunlichst auf den Wegen, falls es sie nach stärkeren Regenfällen noch gab bleiben sollte. Netherland steht aufgrund dieser Bedingungen für die Unwirtlichkeit schlechthin und somit auch im Urbegriff für die Bezeichnung Niemandsland. Also ein Land das von vielen Stämmen beansprucht wird, aber doch keinem gehört und was sich auch niemand einverleiben darf bzw. andererseits jeder in Anspruch darf, aber auch nicht groß daran interessiert sein kann. Kaum nutzbare Sumpflandschaften wurden daher oft zu Grenzregionen oder Marken, man klammerte sie aus und überließ sie sich selbst bzw. dem Regime der Natur. Vermutlich war auch damals der Nethegau in weiten Teilen eine unattraktive Region und nur regional landwirtschaftlich nutzbar, zumal Hungersnöte auch bis in die historisch jüngere Zeit überliefert sind. Nach dem Verlassen des oder der Sommerlager an der Weser zog Varus auf dem Hellweg, und natürlich nicht über die Höhenlagen westlich von Höxter, aus dem Großraum Corvey zuerst durch die Weser/Netheaue in die Richtung des heutigen Amelunxen. Ab hier in etwa auf der Höhe der nethebedingten uralten Weserfurt öffnete sich das Land bzw. der Nethegau und es standen ihm zwei Zugwege in die Aufrührerregion, also in die Richtung des „Teutoburgiensi saltu“ zur Verfügung, die Arminius schon für ihn im Vorfeld „präpariert“ haben könnte. Er hätte zum einen den Hellweg nach Brakel mit späterem Schwenk nach Süden nehmen, oder die Route ab Amelunxen direkt nach Süden auf Peckelsheim zu bevorzugen können. Beide Alternativen wird Arminius mit seinen Männern durch gespielt haben. Auch südlich von Amelunxen, kreuzten sich bei Natingen die Marschrouten aus vier Himmelsrichtungen. Alle alten überlieferten Schreibweisen von Natingen beginnen mit „Nat“ was auch auf eine feuchte oder versumpfte Region hinweisen kann. Dort befand sich auch damals schon ein bekanntes Drehkreuz an dem sich seit Menschengedenken her die völkerverbindenden und Raum übergreifenden Altstraßen trafen. Denn sowohl ein alter Hellweg von Brakel nach Warburg als auch der Bördenweg von der Südegge nach Höxter begegneten sich in Natingen. Und auch noch ab Natingen könnte Arminius immer noch den gut gläubigen Varus davon überzeugt haben zuerst die Rebellen „erfolgreich“ zu bekämpfen um danach den noch relativ bequemen Eggeaufstieg anzusteuern, der später in den Saltus mündete und dann zur Lippe weiter führte. Betrachtet man die schroffe Egge zwischen dem alten Burg- bzw. dem Bördenweg nahe Borlinghausen bis zum nördlicher gelegenen Brakeler Hellweg der nach Schwaney hinauf führt, so bietet die Egge über eine Luftlinie von etwa 15 km gerechnet wie beschrieben keinen geeigneten Aufstieg mehr, der als Fluchtweg auch für bewaffnete Legionäre und römische Karren hätte dienen können. Denn die Egge ist ein langgestreckter, verkehrshemmender und nahezu paßloser Nord - Süd verlaufender Schichtkamm mit steilem Abfall nach Osten aus harten Sandsteinen der „Unteren Kreide“. Es führte zwar ein Weg von Willebadessen durch das Hellebachtal hoch zum heutigen Gut Bülheim auf den Eggekamm der den Eggehöhenweg kreuzt, aber er dürfte ungeeignet und der Einstieg unbekannt gewesen sein. Dieser nahe einem Bachtal verlaufende Weg hatte nie die Bedeutung eines strategisch bedeutsamen Hellweges und dürfte damals lediglich von der einheimischen Bevölkerung als Fuß- oder Fluchtweg genutzt worden sein. Hier fällt zudem die Egge westlich von Willebadessen besonders steil ab und erscheint streckenweise wie eine Wand. Selbst für Flüchtende geschweige denn Reiter dürfte man ohne ortskundige Führung diesen nassen Steilhang in alten Zeiten nicht erklommen haben können. Nur das Nadelöhr des Bördenpasses nahe der „Alten Burg“ blieb und bot sich als Gelegenheit an, Varus im Zuge seines Marsches ein letztes und entscheidendes Bein zu stellen. Militärstrategisch betrachtet aus Sicht der Germanen eine erste Wahl. Der Bördenpassaufstieg führt hier sehr nahe an der besagten alten Volksburg vorbei. Sie liegt auf einer Sandsteinkuppe und ist noch heute in jeder Jahreszeit gut zu sehen und sie ist von den alten Wällen einer einstigen Volks-, Flieh- oder auch Teutoburg umgeben. Vermutlich vergab ihr der Volksmund den Namen „Alte Burg“ schon lange bevor innerhalb dieser alten Wallanlagen die Stammburg der Borlinghauser Linie derer von Spiegel errichtet wurde, die die alten Vorgängeranlagen nutzte und ab dem 15. Jhd. verfiel. Unweit befinden sich auch die Reste der vortrefflich gelegenen Behmburg, also einer Baumburg. So wurde die Karlsschanze östlich von Kleinenberg schon genannt, bevor man ihr den Namen Karlsschanze gab und bei der es sich vermutlich auch um eine alte Volksburg handelte. Der alte Bördenweg stellte eine weithin bekannte und genutzte frühgeschichtliche Hauptwegeverbindung von der Weser zum Rhein dar. Und sie dürfte sich auch noch um das Jahr Null in einem für die römischen Legionen und ihrem Tross recht gut befahrbaren weil genutzten Zustand befunden haben, um nicht nur zum Sintfeld und Soratgau auf die Paderborner Hochfläche zu gelangen. Diesen Aufstieg kannten die Legionen und deren Erkundungstrupps oder Arminius rief sie ihnen im Zuge seiner Regieführung wieder in Erinnerung. Der aus nördlicher Richtung kommende Eggekammweg endet am ostwestlich verlaufenden Bördenweg und bildet dort nur wenig oberhalb der „Alten Burg“ ein Wegedreieck. Etwa 300 Meter südlich der „Alten Burg“ am Saltus, befindet sich rund 2 Kilometer westlich von Bonenburg der 407 Meter hohe Mittelberg. Aber nur 700 Meter auf den Mittelberg folgt in südlicher Richtung der 415 Meter hohe Varenberg, der damit nur 49 Meter niedriger ist als die höchste Eggespitze nämlich der 464 Meter hohe Preußische Velmerstot. Namensursprüngen auf den Grund zu gehen wie etwa diesem Varenberg oder auch dem Varusberg bei Himminghausen verleiten zum Wunschdenken. Zweifellos hatte die Varusschlacht auch Auswirkungen, was die frühen Namensgebungen beeinflussten und betrafen. Während es Tacitus darauf an kam den Austragungsort der Schlacht zu definieren, könnten die Germanen und ihre Nachfahren mehr die Person des unterlegenen Varus in den Vordergrund gestellt und weniger den germanischen Sieger mit einer Örtlichkeit verbunden haben. Dies lässt auch immer wieder die Frage aufkommen, warum man eine Schlacht nach Varus einem Verlierer benennt, denn von Arminiusschlacht ist selten die Rede. Letztlich war es wohl ein germanischer Viererbund dem Varus seine Niederlage zu verdanken hat und es gab Rivalitäten und jeder Stamm leistete seinen Beitrag zum Erfolg. Heute unbekannte Stammesfürsten waren sicherlich damals ebenfalls maßgeblich am Sieg beteiligt in dem jeder seinen Part übernehmen musste. Wer wollte da schon einen einzigen Stammesfürsten aufs Siegerpodest erheben. Es mag in jener Zeit in der Seele der Leute gelegen haben vielen geologischen Phänomen varusbezogene Namen zu geben, aber nicht alle werden sich auch über die Zeiten erhalten haben. Schließlich wollte sich jede Region mit dem Namen oder den Ereignissen schmücken und sie für die Nachwelt kenntlich hinterlassen und bewahren. Wie ich schon ausführte hatte die Schlacht aber vor allem der Ausgang für Mitteleuropa eine enorme Bedeutung gehabt und selbst in entferntesten Regionen hat sie noch Phantasien entfaltet, geweckt und beflügelt. Wann man dem gallorömischen Ausgrabungsgebiet nahe dem saarländischen Ort Tholey den Namen „Wareswald“ gab ist mir nicht bekannt, aber man könnte versuchen es zu ergründen, denn auch bis in den Südwesten könnten die Ereignisse ausgestrahlt haben. Der Name Varus wird diversen dialektischen Veränderungen unterworfen gewesen sein und könnte später viele Formen angenommen haben. Man spekuliert sogar ihn mit den nordischen Namen Fafner, Fabni, Fafni, Favni, Fafnir, Vavni, Fafner in Verbindung zu bringen. Vares statt Varus kommt dem noch recht nahe, aber wann diesem Berg in der Südegge dieser Name in den letzten Jahrhunderten verliehen wurde, lässt sich wohl nicht recherchieren. Es sollte aber möglichst in die Zeit vor der Auffindung der Tacitus Annalen zurück verfolgt werden können, um ihn für die Forschung brauchbar zu machen. Als einen kleinen Exkurs in die Welt der Spekulation könnte man auch noch den folgenden Schwenker werten. 20 Jahre vor dem Untergang der Varuslegionen geschah die Schlacht von Arbalo. Drusus kam mit einem blauen Auge davon und schlug die Germanen auf dem Rückweg von der Weser an den Rhein noch rechtzeitig zurück, bevor am Ende noch sie als Sieger in die Geschichte eingegangen wären, Aber wer weiß schon wie die Schlacht wirklich ausging, denn es wurden viele Zweifel laut. Historiker vermuten aufgrund etymologischer Verbindungen über die Worte Ar-balo zu Schwarzerle, dass sie im Schwarzbachtal stattgefunden haben könnte. Und hoffentlich kannten die Römer 9 + diesen nahe dem Bördenpassweg verlaufenden Aufstieg von der Diemel zur Paderborner Hochfläche nicht doch noch zu gut, denn es hätte sie skeptisch machen können. Andernfalls hätte Arminius sie erst noch davon überzeugen müssen, dass der Eggeaufstieg nicht dort lag, wo sich einst die Schlacht bei Arbalo ereignete, wenn sie sich denn dort zugetragen hätte. Zumal einige Historiker bei Kleinenberg auch den Standort des berühmten Drususaltars dem heute Zuckerberg genannten Hügel, vermuten, den ich allerdings weiter nördlich verorte, da ich eine andere Erklärung für diesen Hügel habe. Eine Erinnerung an Arbalo hätte die sehr abergläubischen Römer sicherlich äußerst argwöhnisch machen können. Vielleicht liegt aber gerade deswegen hier schon der Schlüssel dafür, das sich die Schlacht von Arbalo woanders und eben nicht im Schwarzbachtal ereignete. Trotzdem bleibt das Schwarzbachtal für die Arbaloereignisse im Raum um das Kloster Hardehausen einer heißer Tipp, denn auch der Aufstieg durch das Schwarzbachtal war eine der drei möglichen Passagen das Eggemassiv von der Weser her kommend in Richtung Westen passieren zu können. Geeignete und unaufällige Hinterhalte um ganze Marschzüge in Partisanenmanier anzugreifen waren rar und wenn es sie denn in Ostwestfalen gab, so war man gefeit, bereitete sich vor oder vermied sie um die Risiken auszuschließen. Zwischen die Externsteine oder in die Dörenschlucht, die hinreichend bekannten klassisch zu nennenden Hinterhaltpassagen hätte sich im Jahre 9 + wohl kein Römer mit klarem Verstand hinein locken lassen um dahinter einen Aufstand nieder zu werfen. Da mussten und ließen sich die Germanen schon etwas besseres einfallen. Fahren wir aber fort. Der hier in trefflicher geographischer Lage eingefurchte Bördenpassweg zur Paderborner Hochfläche ließ sich aus germanischer Sicht durch geeignete Sperrmaßnahmen aber vor allem ungestört und unauffällig auch recht schnell unpassierbar machen, wie wir noch sehen werden. Und noch heute hat der Eggegebirgsverein so seine Probleme den Burgweg begehbar zu halten, wie ich selbst feststellen konnte bzw. musste. Es kann voraus gesetzt werden, dass Varus und seine Offiziere Kenntnisse von diesem südlich liegenden heute Burgweg genannten Eggeaufstieg zum Bördenweg besaßen. Ohne dieses Wissen hätte man von Seiten der Römer dem schicksalhaften Umweg schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus sicherlich nicht zugestimmt. Nach erfolgreicher Bereinigung der als Aufstand beschriebenen innergermanischen Unruhen möglicherweise sogar unter Einsatz von Waffen oder aber einer segensreichen Rechtsprechung, wozu Varus ja letztlich auch herbei gerufen wurde, sollten die Legionen dann eben diesen Rückmarschweg, der letztlich auch wieder zu den Lippelagern führen würde, einschlagen. Aber es kamen, außer den unvorhersehbaren späteren schlechten Wetterverhältnissen auch noch andere für die Germanen begünstigende Faktoren hinzu. Zum einen war die Zielmarke bekannt, denn unter den beteiligten umliegenden Stämmen kannte jeder Germane die Alte Volksburg auf dem Sporn des Eggekamms, der die Wegekreuzung kontrollierte und die hier einem Alleinstellungsmerkmal gleich kam. Zudem dürfte die Volksburg auch in Verbindung mit den aufragenden Felswänden wie dem Hardehauser Klippenmassiv samt den vermoosten Opfersteinen und anderen Ritualplätzen um diese Jahreszeit 9 + im Rahmen der Herbstsonnenwende auch eine nicht unwichtige Bedeutung als Versammlungsort gespielt haben. Zum anderen aber berührten sich um diese geographische Landmarke herum die Herrschafts- oder Interessensgebiete aller vier beteiligten Varusschlacht Stämme, so dass sich hier die Auseinandersetzung auf Territorien ereignen würde, die alle Stämme als ihre ureigenen Hoheitsgebiete gleichermaßen betrachtet haben könnten was sie verteidigungsbereiter machte, da sie dort alle zusammen stießen. Und wenn wir uns die ehemaligen germanischen Stammesgebiete in dieser Region heute, also 2ooo Jahre später ansehen, so hat sich dort im alten Kerngebiet der Varusschlacht auch grenzhistorisch fasst nichts verändert. Kleinenberg auf der Egge gehört dem Kreis Paderborn an, den ich dem Einflußgebiet der Brukterer in der Westfälischen Bucht zuordne. Marsberg liegt im Hochsauerlandkreis und damit im Geltungsbereich von Marsern und möglicherweise auch Sugambrern. Borlinghausen wurde dem Kreis Höxter angeschlossen und könnte noch Cheruskerland gewesen sein. Und Wrexen im Kreis Waldeck - Frankenberg liegend stand zweifellos unter chattischer Hoheit. Hier ist also die Zeit stehen geblieben wie man auch den alten Grenzsteinen am Burgweg schön entnehmen kann. Aber wieder zum Thema zurück, denn es könnte in der Tat hier auch der Begriff Netherland in der Interpretation eines Niemandslandes zutreffen. Der alte Pass durch die Südegge, der nur wenige hundert Meter nördlich der Alten Burg entlang führt und die Behmburg, deren Anhöhe sich etwa 3,5 km nördlich dieses Passes befindet, nehmen den geschichtsträchtigen Bördenpassweg förmlich in ihre Mitte. Diese Fluchtburgen konnten durch Feuerzeichen auch schon in vorgeschichtlicher Zeit überregional Kontakt zu anderen Höhenburgen und Stämmen möglicherweise über Marsberg bis hin zu den Sugambrer aufgenommen haben. Doch zurück zur Alten Burg am Eggepass. Sie könnte also als Landmarke den Nordostpunkt des Stammesgebietes der Marser genauso gut gekennzeichnet haben, wie er gleichzeitig auch die westlich zur Weser anschließende cheruskische Einflusssphäre berührt haben könnte. Aber auch die Stammesgrenzen der nördlicher im Kerngebiet der Münsterländer Bucht siedelnden Brukterern, deren Südostgrenze bei Kleinenberg nahe dem bewaldeten Eggeabbruch gesucht werden könnte, trifft den Hotspot des Geschehens um die Varusschlacht. Genauso die südöstlich lebenden Chatten, die in der Großregion, dem alten sächsischen Hessengau dialektisch nachweisbar sind und erst später von den Sachsen bis etwa Fritzlar abgedrängt wurden. Hier traf und verabredete sich sozusagen eine Allianz gegen Rom die sich vielleicht schon seit Jahrhunderten kannte und respektierte, auf relativ begrenztem Raum. Insgesamt betrachtet ein von der Geographie begünstigtes räumliches und gebirgiges Widerstandsnest, deren enge Grenzziehungen und Flußverläufe zu den Nachbarstämmen zudem noch durch zahlreiche Fluchtburgen gekennzeichnet waren. Es gab für sie keinen besseren Ort der zu einem prähistorischen und martialischen Ehrenkodex damaliger Verhältnisse besser gepasst hätte, als dieser am Südwestrand des Nethegaus. Die rituelle Lage verbunden mit dem Aufruf von Arminius und Segimer genau hier an den Kampfeswillen aller zu appellieren war sicherlich ein sehr wichtiger Umstand den die Cheruskerfürsten nutzten um die nötige Zustimmung für den diplomatischen und später militärischen Kraftakt zu bekommen. Denn hier lagen ja die heiligen Haine und Altäre der germanischen Götter die nun unmittelbar von römischer Kultur und Zivilisation und den zahlreichen ihnen unbekannten Göttern aus dem Mittelmeeraum bedroht waren und die später zur Schlachtbank umfunktioniert wurden, wenn sie es mittels Opfertieren nicht immer schon waren. Den Abstieg nahe der Alten Burg und der etwa 8 ha großen Behmburg, der später Karlschanze genannten Anlage, wohl ebenfalls eine alte Fluchtburg, könnte man auch als eine zu überwindende Einkerbung im Sinne eines Überweges oder Überganges vom ebenen Münsterland über die Hohe Egge und in die Warburger Börde und das Wesertal bezeichnen. Man könnte diesen beschwerlichsten Teil des römischen Rückweges durch eine Waldschlucht nicht nur angesichts zweier nahe beieinander liegender Wallburgen und der im weiteren Umfeld befindlichen anderen alten Wallanlagen wie dem Gaulskopf aus der Sicht der Eroberer aber auch ganz einfach „Teutoburgiensi saltu“ bezeichnen, wie ich es bereits begründet hatte. (31.8.2018)

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