Samstag, 8. August 2020
Arminius sammelte seine Kräfte gegen Germanicus - waren sie mit den Belagerern der Segestesburg identisch ?
Und seine Kämpfer zusammen zu rufen war im Frühjahr 15 + bedingt durch das Vorrücken von Germanicus und Caecina auch das Gebot der Stunde und eine angemessene und plausible Gegenreaktion. Tacitus beschrieb es sehr ausführlich in seinem Jahrbuch 1.59 (1-6) wie Arminius durch die Gaue zog um zum Widerstand gegen Rom aufzurufen. Anders als von Tacitus im Zusammenhang mit den Chatten dargestellt, denen man nun nicht mehr helfen konnte oder wollte, wurde uns von einer möglichen cheruskischen Unterstützung für die Marser nichts überliefert. Nun aber galt die Priorität dem eigenen Territorium um es gegen die anrückenden Legionen zu verteidigen. Der Vorstoß von Germanicus zur Burg des Segestes kam für alle Germanen und nicht nur für Arminius sicherlich völlig unerwartet und fiel in eine Phase in der noch an der Abwehrfront und Strategie gegen Rom geschmiedet werden musste, Denn zu diesem Zeitpunkt hatten die Cherusker noch nicht die volle Kampfkraft gegen Germanicus zusammen gezogen. Was mag da im Kopf von Arminius vor sich gegangen sein. Germanicus tauchte auf Gesuch von Segestes urplötzlich im vermeindlichen Hinterhof des cheruskischen Stammensgebietes auf, griff sich ihn samt Anhang und setzte dann, warum auch immer seinen Kriegszug nach Norden gegen die Cherusker nicht mehr fort. Arminius rekapitulierte. Er wusste von der Existenz des zweiten Feldherrn Caecina der westlich von ihm stand, der ebenso viele Legionen mit sich führte wie Germanicus und er wusste vom Ausgang der Schlacht Caecinas gegen die Marser. Aber er war sich im Unklaren darüber, welche Schritte Caecina und Germanicus nun gegen ihn ergreifen würden und war unschlüssig wie er auf die Bedrohung im Falle eines Vorstoßes zu reagieren hätte. Gefahren die in den Weiten Ostwestfalens und Nordhessens verborgen lagen und sich für ihn noch nicht klar abzeichneten. Er war also nicht zu beneiden und man wollte nicht in seiner Haut stecken. Tacitus konnte sich die Brisanz der damaligen Lage auch aufgrund seiner lückenhaften Informationen nicht mehr vergegenwärtigen, zudem machten es ihm die räumliche und zeitliche Distanz zu den Ereignissen unmöglich. Was er dann in Anbetracht dieser diffusen Gemengelage verfasste, beruhte auf dem Wenigen was ihm vorlag. Für ihn schien dies aber stimmig geklungen und muss ihn überzeugt haben, sonst hätte er das Verhalten von Arminius wohl nicht so theatralisch aufgebläht beschrieben. Was aber an seiner Darstellung verwundert ist die Reihenfolge in der es es zu Papier brachte. Denn danach soll Arminius seine Männer erst zu den Waffen gerufen haben nachdem Germanicus die Befreiung abgeschlossen hatte und sich schon mit Segestes samt Tochter abgesetzt hatte. Für Tacitus war es offensichtlich keine Frage, dass einzig der Verlust seiner Frau ursächlich dafür war, dass Arminius erst durch die Tat des Germanicus in Rage und Wut versetzt, zum allgemeinen Widerstand gegen Germanicus aufrief und nicht schon vorher. Folglich erkannte er in Arminius auch an vorderster Stelle nicht den germanischen Feldherrn, der sich seiner Verantwortung bewusst zum Handeln gezwungen sah und den Abwehrkampf zu organisieren hatte, sondern den zornigen Ehemann. Aus der Sicht von Tacitus mag die Reaktion von Arminius schlüssig gewesen sein, denn er stützte sich in seiner Einschätzung der damaligen Lage in Germanien auf die Worte von Segimund die dieser gegenüber Germanicus fand, als auch die spätere Darstellung von Segestes. Denn danach sprach für ihn alles nach Weibesentführung, Rache und Ehrenrettung, aber nicht nach militärisch Notwendigen. Nach Tacitus konnte dies alles nur Thusnelda bewirkt und entfacht haben und nur sie konnte den Grund dafür geliefert haben, dass Arminius dem blinden Jähzorn verfiel. Die germanischen Tugenden die Tacitus in seiner Germania ausführlich beschrieb, ließen für ihn nur diese eine Erklärung zu. Sie war für ihn der Antrieb das Arminius seine Männer zusammen trommelte und nicht die weitaus realistischere unmittelbar bevorstehende römische Bedrohung seines Herrschaftsgebietes und dessen notwendige Verteidigung. Das Nahe liegende übersah er, dass nämlich Arminius staatsmännisch denken und handeln musste, in dem er zuvorderst die Front gegen Germanicus zu stabilisieren hatte. Tacitus schien es ausgeblendet zu haben, da ihm seine Quellen keinen tiefen Blick ins germanische Hinterland werfen ließen, wo sich im Rücken Roms völlig andere Prozesse vollzogen. Er konnte nur auf dem Wissen basieren was die Überläufer berichteten. Aber in die germanischen Befehlsketten hatte Arminius die Segestes Sippe sicherlich nicht mehr hinein blicken lassen, geschweige denn sie daran beteiligt, so dass nur Halbwissen Rom und später Tacitus erreichte. Nach dem Germanicus mit der Vereinnahmung der Familie von Segestes und dem vorgeschalteten Befreiungskampf einen militärischen Teilerfolg erzielen konnte, erwartete Arminius noch im gleichen Frühjahr entweder einen von zwei Seiten vorgetragenen Angriff oder einen massierten gemeinsamen Einmarsch aller Legionen aus nur einer Stoßrichtung in seine Territorien, die nun auch das vergrößerte Stammesgebiet von Segestes mit umfassten. Vor diesem Hintergrund stand Arminius nicht mehr viel Zeit zur Verfügung und er konnte die Generalmobilmachung auch nicht erst angegangen sein, als sich Germanicus schon wieder mit Segestes auf dem Rückweg befand. Arminius müsste früher gehandelt haben und den allgemeinen Notstand bereits ausgerufen haben als sich die konkrete Gefahr eines römischen Angriffs abzeichnete. Und das war als sich Germanicus und Caecina schon auf getrennten Wegen seinem Stammesgebiet unaufhaltsam annäherten. Es ist also gut vorstellbar, dass Tacitus den zweiten Gedankenschritt vor dem ersten machte. Er ließ also Arminius erst nach dem Absetzmanöver des Segestes seine Männer mobilisieren und nicht schon vorher, was mehr strategischen Sinn ergeben hätte. Man kann nicht beurteilen wie kurzfristig man sich damals im Rahmen einer Mobilmachung mit Verpflegung eindecken konnte, ob die wehrfähigen Cherusker schon auf ihren Schwertern schliefen, also wie viel Zeit nötig war, bis die Krieger aus allen Regionen an den diversen Sammelplätzen zur Heeresschau eintrafen. Denn auch dafür wird es in Germanien verstreut liegende „Marsfelder“ gegeben haben, wo man sich traf und der Heereszug langsam anschwoll. Der Wettlauf mit dem Imperium begann für die Cherusker nach dem Marserkrieg 14 + und ging im Frühjahr 15 + in die nächste Runde. Aber es lässt sich hier in der Analyse möglicherweise wieder die seltsame Methodik der römischen Geschichtsschreibung erkennen wonach man, wie es auch bei Cassius Dio erkennbar wird, eigene Zeitabläufe definierte. Zeitlicher Versatz wodurch der Forschung beinahe auch der friedvoll verlaufende erste Marschtag des Varus nach dem Sommerlager entgangen wäre. So kommt den antiken Historikern eine hohe Bedeutung für unser Gesamtverständnis zu. Um die antiken Zeiten besser zu verstehen möchte man schon fasst zu einem Hilfsmittel greifen in dem man sich eines Rasters bedient, mit dem sich die Historiker dem jeweiligen Geschehen zuordnen lassen. Es über die Ereignisse zu legen um zu versuchen sie auf diese Weise zu kategorisieren. Fallen uns immer zuerst die Cäsaren, Gaufürsten oder die Schlachtenlenker ins Auge, denn sie prägten die jeweiligen Epochen und sind den Menschen seit der Schulzeit ein Begriff, so steht die nicht minder bedeutsame Berichterstattung darüber leider zu oft im Dunkeln. Und das obwohl die beiwohnenden Zeitzeugen und mit gewissen Abstrichen auch die willigen Biographen, vor allem aber die später in Erscheinung tretenden Geschichtsschreiber den Ereignissen noch relativ nahe standen und ihnen zumindest eine in etwa gleich wichtige Bedeutung zukommen sollte. Denn sie waren es letztendlich, die maßgeblich mit darüber entschieden was wir, die interessierte Nachwelt später erfahren sollte und glauben durfte. Die längst verblichenen Helden die in den Schreibstuben Roms und anderswo wirkten und auf die wir uns dennoch gerne verlassen und berufen möchten. Cäsar und teilweise auch Augustus bildeten da noch Ausnahmen, denn sie waren beides Protagonisten und gleichzeitig auch die Biographen ihrer eigenen Taten. Jeder antike Historiker nutzte die ihm vorliegenden Texte auf seine Art, ließ Manuskripte unbeachtet und wendete sich dafür anderen Informanten zu um später alles nach eigenem Gutdünken zu gewichten, aber wovon sie sich letztlich leiten ließen nahmen sie mit ins Grab. Der Geschichtsschreibung ist die eine Wahrheit fremd, sie wird immer parteiisch sein, subjektiv unterwandert, befangen oder beeinflusst wirken. Auch Tacitus sichtete seine Quellen und analysierte sie. Er wog das Gelesene ab und zog daraus seine Schlüsse. Verunsicherte ihn der Text, war seine Auswahl begrenzt oder konnte er ihn nicht zufriedenstellend bewerten, dann ergänzte er ihn und gab seinen persönlichen Eindruck wieder. Gelangten aber bereits seine Quellen zu schwammigen Aussagen und verrieten Unsicherheit, dann steckte er in der gleichen Notlage wie wir heute auch. Er musste sich für eine Form der Interpretation entscheiden, und es stand im frei, ob er den Inhalt seiner Hauptquelle zusätzlich kommentieren oder im Original übernehmen wollte. Ob es sich so oder anders zutrug, ließ sich für ihn nicht befriedigend beurteilen und mit der Zeit die zwischen Ereignis und Verschriftung verging stellten sich zusätzliche Probleme ein. Hätte man es nicht mit der lebendigen Geschichte zu tun, würde man sich etwa der Erforschung der Naturgesetze oder der Mathematik widmen, käme es uns der Mensch nicht so oft in die Quere, was vieles vereinfachen würde. So wird nicht deutlich, ob schon der oder die Verfasser auf die sich Tacitus stützte bereits mangels Wissen eine zögerliche und vorsichtige Bewertung abgeben mussten und Tacitus daher seine eigenen Quellen in Zweifel ziehen musste. Wir wissen also nicht, wann, ob und warum Tacitus aus diesem oder jenem Grund zur dritten Person wechselte, möglicherweise misstraute er bereits seinen uns verborgen gebliebenen Quellen, die er uns nicht preis gab. Sie zu kennen würden wir uns natürlich wünschen. So greift er zum Mittel der Umschreibung. Er macht es, in dem er die Reaktion von Germanicus, nach dem ihn die Reiterschar um Segimund antraf und bei ihm zwecks Befreiung vorstellig wurde in die nebulösen Worte kleidet. So „schien es ihm“ den Preis oder die Mühe wert gewesen zu sein, es sich also für ihn lohnen würde, Segestes in seiner Burg aufzusuchen. Genau geschrieben steht es unter Tactius 1,57 (3) „Germanico pretium fuit convertere agmen“ bzw. auch „es hat sich für Germanicus gelohnt seinen Heereszug umzudrehen“. Mit dieser Form der Interpretation öffnete Tacitus Tür und Tor für viele Spekulationen. Denn was verleitete Germanicus letztlich dazu die Entscheidung zu treffen ein Wendemanöver mit seinem Heereszug einzuleiten und wie verlief sein Abwägungsprozess der dem voraus ging. Warum marschierte Germanicus also nicht in die cheruskische Herrschaftsgebiete ein auch ohne das ihn eine Abordnung aus dem Hause Segestes vorher dazu „einlud“, denn er bewegte sich bereits in relativer Nähe zu den südlichen Stammesgrenzen der Cherusker. Das Wendemanöver einzuleiten war für die Geschichtsschreibung die Bestätigung dafür, dass er sich sowohl für die Rettung von Segestes entschieden hatte, als auch der Hinweis, dass er bereit war dafür sogar zu kämpfen. Es hatte also alles gut gegeneinander abgewogen, bevor er seinen Befehl gab. Was bei seiner Entscheidung letztlich überwog und ob auch die reine Machtdemonstration mit eine Rolle spielte sei dahin gestellt. Aber woraus bestand die Quelle des Tacitus aus der er seine Schlussfolgerungen zog. Gar aus einem Legionär mittleren Dienstgrades, der noch nicht einmal Zutritt in das Befehlszelt von Germanicus hatte. Ein Informant, der lediglich die Tatsache beschrieb, dass er den Befehl zu einer Kehrtwendung bekommen hatte. Es könnte also auch so gewesen sein, dass die Beweggründe zu Segestes zu reiten auch ganz andere waren als die, die Tacitus oder andere Quellen darin sahen. Zum Beispiel seine Macht in dieser Situation zu zeigen, in dem er urplötzlich mitten im Cheruskergebiet erschien und dies eindrucksvoll durch strategische Stärke und Flexibilität unter Beweis stellte. Dies könnte für ihn bereits Grund genug gewesen sein zurück zu reiten. Und die Rettung des Segestesclans war demnach nur das Nebenprodukt einer reizvollen militärischen Herausforderung, der er sich nicht verweigern wollte. So könnten Tacitus bereits einfachste Quellen oder Zeugenaussagen gedient haben die ihm im Zuge seiner Recherchen in die Hände fielen und ihm Anhaltspunkte für das Geschehene lieferten. Und plötzlich war es auch keine heroische Rettungstat mehr um einem germanischen Römerfreund zur Seite zu stehen, sondern der Versuch die militärische Stärke des Gegners zu testen. Aber auch diese Gedankengänge helfen nicht dabei das Varusschlachtfeld besser verorten zu können, sie verdeutlichen lediglich das Dilemma die Quellenlage zu interpretieren. Es ist also mitnichten eine belastbare Faktenlage auf wir uns hier erneut mangels anderer Historiker stützen müssen. Soweit wir wissen, musste sich aber Germanicus einem Gefecht mit den arminiustreuen Cheruskern stellen. Ein Gefecht, das der Überlieferung nach keine großen Ausmaße annahm und das Tacitus seinen Vorlagen entnehmend Germanicus gegen die Belagerer zu führen hatte. Die Belagerer für die Tacitus sich auf die lateinische Begrifflichkeit für „Volk“ entschied. Nun ließe sich daraus auch folgender Hergang ableiten. Man könnte annehmen, dass Arminius den Chatten Unterstützung zugesagt hatte wie es Tacitus andeutete, aber auch, dass er seine Männer anwies dort lediglich Grenzsicherung zu betreiben. Aus welchen Regionen zwischen Weser, Leine, Solling und Harz, den angenommenen Stammesgebieten der Cherusker diese Kämpfer kamen und sich auf Weg in Richtung Süden zu den Chatten aufgemacht haben könnten, wissen wir nicht. Kamen sie aber aus den Gauen nördlich von Einbeck etwa zwischen dem Ith und dem heutigen Hildesheim, so ist nicht auszuschließen, dass sie bei Ihrem Ritt oder gar Fußmarsch der sie möglicherweise letztlich bis in die Region am Gudensberg führen sollte, auch zwangsläufig die Burg des Segestes an der Leine passieren mussten, denn dieser Fluss war für sie die klassische Zugtrasse nach Nordhessen. Möglicherweise sollten sich ihnen im Raum Einbeck den fundhistorisch belegbaren Siedlungskammern dieser Zeit weitere Krieger anschließen um das Kontingent aufzufüllen und zu verstärken. So ließen sich folgende Szenarien spekulativ bewerten. Sie erfuhren in Vogelbeck, dass Caecina die Marser schlug, wodurch sie zögerten weiter vor zu rücken. Segestes könnte sich aber auch geweigert haben Kämpfer seiner Sippe Arminius zu unterstellen und wollte sie nicht in den Marschzug integrieren. Man begrub also den Plan weiter zu ziehen blieb im Raum Vogelbeck, beriet sich dort über die weitere Vorgehensweise und wartete auf Nachricht von Arminius. Und das geschah natürlich ohne Segestes. Das cheruskische Expeditionskorps lagerte demnach noch an der Leine, bzw. nahe des Segestes Herrschaftssitzes als Germanicus eintraf um Segestes ins Imperium zu geleiten. So könnte es im Zuge dessen zu einem Aufeinandertreffen gekommen sein, was Germanicus erwartete vielleicht auch erhoffte, aber die Cherusker aufgrund der noch unausgereiften Lage vermeiden wollten. Frontale Schlachten mit Rom vermied man in Germanien, so muss man sich fragen wie sich die Germanen den zahlreichen Legionen, also einer Großmacht gegenüber in Position gestellt haben sollen. In den aufgeweiteten Leineniederungen wird sich kaum ein Hinterhalt und auch kein Saltus finden lassen, wo sich die Cherusker hätten zum Kampf stellen wollen. Nach bekannter germanischer Kampfmethodik ist es also fraglich wie sich das Duell entwickelt haben könnte und welche Ausmaße es annahm. Die Cherusker könnten zwar schon über einen kampfkräftigen Verband verfügt haben, zumal Tacitus ihm die Bezeichnung Übermacht gab, ob man sich aber bereits eine größere Auseinandersetzung mit Germanicus liefern wollte oder aus taktischen Gründen erlauben durfte ist fraglich, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. In dieser Zeit bestand die Taktik von Arminius aufgrund der militärischen Großwetterlage wohl aus purer Defensive. Nach der taciteischen Darstellung also der Leichtigkeit mit der Germanicus das Kontingent bezwungen haben soll, spricht alles allerdings eher nach einem kleineren Geplänkel und mehr geben die Quellen auch nicht her. Im Zuge dieser Betrachtung gibt es allerdings auch eine andere Überlegung auf die ich in einem weiteren Kapitel noch eingehen möchte. Betrachtet man es also aus dieser Perspektive, so wurden die cheruskischen Hilfskräfte nicht zur Belagerung entsendet, wie Tacitus es ableitete, die die Absicht hatten die Segestesburg zu erobern und kamen auch nicht um Thusnelda ihrem Vater zu entreißen. Sondern sie waren identisch mit dem chattischen Hilfskontingent bzw. einer ersten Sammlungsbewegung in Erwartung einer größeren Schlacht. Also Kämpfer, denen Arminius andere Aufgaben zugewiesen hatte, als eine Wallburg zu erobern. Aber bei Segestes befand sich seine Tochter, eine schwangere Frau die in ihrer Situation andere Probleme hatte und die um ihr Ungeborenes besorgt war und die sich nicht den Gefahren aussetzen wollte, den römischen Legionen zu entkommen und gezwungen sein könnte mehrfach flüchten zu müssen oder gar unmittelbar in Kämpfe verwickelt zu werden. Kämpfe in die möglicherweise ihr Ehemann auf kurz oder lang geraten und in denen er auch umkommen könnte. Aber da die Geschichte von Männern geschrieben wurde, kommen derartige Überlegungen bekanntlich zu kurz. In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant zu wissen, ob Thusnelda noch eine Schwiegermutter hatte, die eine maßgebliche Rolle gespielt haben könnte. Es mag in dieser Situation für die junge unerfahrene Thusnelda eine sehr schwere Entscheidung gewesen sein, wem sie sich zuwenden bzw. folgen sollte. Und wenn sie bei ihrem Vater bleiben wollte, so hätte Arminius dies auch respektieren können. So kann man es auch sehen. Das die Geschichtsschreibung schon in antiken Zeiten daraus einen Belagerungsring samt Befreiungsaktion machte kann man den späteren Historikern nicht verdenken, denn es könnte alles dicht beieinander gelegen haben. Und zweifellos passte die Theorie einer Belagerung auch besser in die Strategie eines Segestes mit der er sich besser als Opfer darstellen konnte. Und ob nun Germanicus gegen eine zusammengewürfelte Horde von Belagerer, oder gegen jene kämpfte die sich ihm entgegen stellen wollten, wird für ihn gleichbedeutend gewesen sein. Er traf auf einen Feind den es zu besiegen galt, der eigentlich ihn angreifen wollte und dem er nun auf halben Weg entgegen kam. Ein germanischer Feind der möglicherweise noch zurück schreckte, da er sich nicht stark genug fühlte wäre für ihn ein angenehmer Gegner gewesen. Es kann also damals ein Konglomerat aus vielem gewesen sein, aber Segestes suchte sich das für ihn beste Argument heraus um der Gefahrenlage zu entkommen. Aber all das klingt wahrlich nicht nach dem, was uns Strabo mit wenigen Worten hinterlassen hat. Denn nach Strabo der dem alten Geschehen hundert Jahre näher stand als Tacitus soll Segestes nach einer „günstigen Gelegenheit Ausschau“ gehalten haben um dann zum Überläufer zu werden. Anders ausgedrückt, hätte sich ihm diese günstige Gelegenheit nicht geboten, wäre er wohl zwangsläufig in Ostwestfalen geblieben und auch weiterhin im großen Herrschaftsbereich der Cherusker und dort von den anderen Fürsten geduldet worden. Und das klingt dann nicht mehr so, als ob Germanicus gerade noch so im richtigen Augenblick auf der Bildfläche erschienen wäre, um Segestes vor dem Schlimmsten zu bewahren. Nämlich dem Mann in die Hände zu fallen, bei dem es sich sowohl um seinen größten Widersacher handelte, als auch um den des Germanicus. Ein Mann mit Namen Arminius. Eine „günstige“ Gelegenheit zum Seitenwechsel zu nutzen hört sich also völlig anders an, als ein Hilfegesuch in höchster Not an Germanicus abzusetzen, damit dieser ihn im letzten Moment aus der feindlichen Umklammerung befreit. Aus einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben (Tacitus) eine günstige Gelegenheit zu machen (Strabo), klingt in der Tat nach einem erheblichen Unterschied. Und Strabo könnte gegenüber Tacitus der Glaubhaftere gewesen sein, aber es offenbart uns die zwei unterschiedlichen Sichtweisen der beiden Historiker. So wird es wohl eher der günstigen Gelegenheit nämlich der Anwesenheit von Germanicus der vielleicht nur ein oder zwei Tagesmärsche von seiner Residenz entfernt zu verdanken gewesen sein, dass sich Segestes für diese Form des Frontenwechsels entschied. Und so darf man rätseln, ob es die Bedrohung wirklich gab und wenn, ob sie wie zuvor dargestellt, den Namen Bedrohung rechtfertigt. Aber auch in dieser Zusammenfassung erkennen wir wieder an vielen Stellen interessante Merkmale und Auffälligkeiten. Nämlich die Ur - Handschrift eines Segestes, sehen aber auch die Unterschiede in den Schriften zwischen Tacitus und Strabo. Werfen wir aber auch noch den Blick auf eine weitere Alternative die in zusätzliche Theorien münden würde. Germanicus wusste vom cheruskischen Kontingent was zu den Chatten unterwegs war und sah darin eine gute Gelegenheit sich ihm entgegen zu stellen um es auszuschalten. Aber eine größere Schlacht gegen die Cherusker um den Sitz des Segestes geben die antiken Quellen nicht her. Aber wer von beiden, Strabo oder Tacitus kann nun die Wahrheit für sich beanspruchen bzw. kam ihr am Nächsten. Strabo der es wie einen kühnen Schachzug von Segestes darstellt, der aber über die Befreiungsaktion des Germanicus wiederum kein Wort verlor, oder Tacitus der es wie eine Rettung in letzter Sekunde aussehen lässt und wofür sogar die Legionäre des Germanicus zur Waffe greifen mussten. Und wie so oft, steht uns außer diesen beiden Herren Tacitus und Strabo wieder einmal kein dritter Historiker zur Gegenprüfung zur Verfügung, dessen Darstellung wir noch mit ins Kalkül ziehen könnten. Wo sind die Kriegstagebücher von Germanicus abgeblieben, denen man hätte entnehmen können, ob es nun so war wie Strabo schrieb oder mehr wie es Tacitus etwa 100 Jahre später formulierte. Sollte es sie jemals gegeben haben sind sie verschollen. Aber die Bedeutung der Zeilen die uns Tacitus hinterließ soll damit nicht infrage gestellt werden, denn Tacitus berichtete vieles über die Feldzüge des Germanicus auch ohne das wir wissen woher er seine Kenntnis nahm. Waren sie ein Gemisch aus vielen Quellen, fügte er sie so zusammen, wie es später auch Cassius Dio nach bestem Wissen und Gewissen tat in dem er aus den vorliegenden Informationen versuchte einen schlüssigen Erzählstrang zu entwickeln. Blätterte auch Tacitus unterschiedliche Akten durch deren Verfasser wir nicht kennen, formte er sie, machte er sie passend und bildete er darauf basierend eine eigenständige Reihenfolge und stellte dann einen verständlichen Bezug her. Man könnte es fasst annehmen. So hatte er demnach auch Kenntnis über den Verlauf, aber nur soweit er ihn den Papieren der Gespräche mit Segestes entnahm. Musste aber auch auf Aussagen anderer Zeitzeugen zurück gegriffen haben können. Zeitzeugen die man zwar zu den Germanicus Feldzügen befragen konnte, deren Wissen aber nicht bis zur Varusschlacht zurück reichte. Denn dazu blieben im Frühjahr 15 + noch alle Zungen stumm. Bis auf eine, die des Segestes. Und erst im Sommer 15 + war es letztlich das qäulende Gewissen der Legionäre was uns den Stoff lieferte, römische Veteranen die nämlich ihren verstorbenen Kameraden noch einen letzten Dienst erweisen wollten. Ein Anliegen oder ein Wunsch bzw. eine Idee auf die Germanicus selbst nicht kam, hätten es die Legionäre nicht angesprochen. So hat wohl vieles aus den Mündern auch der einfachen Soldaten Eingang in die Chroniken der Weltgeschichte gefunden, Bruchstücke und kleine Anekdoten, die uns dann einen wichtigen Pfad zum Varusschlachtfeld wiesen. Was hätten wir also ohne jene Alt Legionäre gemacht die Caecina den Befehl von Germanicus einbrachten nun die unbehbaren Sümpfe zum Schlachtfeld wieder herzurichten. Caecina, der noch im Frühjahr 15 + gar nicht so weit weg vom Varusschlachtfeld gegen die Marser kämpfte. Caecina der auch da schon ungefähr gewusst haben könnte, wo Varus starb (08.08.2020)

... link