Dienstag, 1. September 2020
Gab es eine „Schlacht“ an der Segestesburg verschwiegen und unterbewertet ? Analysen und Gedankenspiele
Die Jahrbücher des Tacitus weisen viel Substanz und Inhaltsreichtum auf. Aber manchmal lassen sie uns auch ratlos zurück. Denn das „Zwischen - den - Zeilen“ lesen müssen, verlangt so einiges von uns ab. So widmete er bedauerlicherweise nur das 56. Kapitel einem Feldzug, der in die Historie schlicht unter dem Namen „Chattenfeldzug“ eingegangen ist. So konnte die Nachwelt auch nicht anders und musste davon ausgehen, dass es sich hier tatsächlich nur um einen Feldzug gegen das Volk der Chatten gehandelt hat. Er fand im Frühjahr 15 + statt und Germanicus soll die Chatten unterworfen haben, wohl besser ausgedrückt, er trieb sie in die Flucht. Zur gleichen Zeit drang Aulus Caecina Severus der zweite Mann neben Germanicus von Westen aus mit einer nahezu identischen Masse an Legionären in Richtung Weser vor. Ihm unterstanden ebenfalls vier Legionen, also etwa 20.000 Römer plus 5.000 Soldaten bestehend aus Hilfstruppen. Aulus Caecina Severus war kein junger Mann mehr und könnte um diese Zeit schon Mitte fünfzig gewesen sein. Seine Führungsfähigkeiten als Feldherr galten als mäßig, denn der Überlieferung nach entging er im Jahre 7 + während der Donaukriege nur knapp einer Niederlage, obwohl er 5 Legionen unter sich hatte. Germanicus der im gleichen Krieg unter Tiberius selbst Führungsschwäche zeigte bzw. erfolglos blieb stand zu Caecina verließ sich auf ihn und nahm in auch mit zu seinen Germanien Feldzügen. Als die Varusschlacht statt fand war Caecina vermutlich Prokonsul in der römischen Provinz Africa. Im Herbst des Jahres 14 + nahm er unter Germanicus an dem hinterhältig eingefädelten Rachefeldzug gegen die Marser teil. Einen Stamm den man nach historischer Überlieferung nach dem Krieg für völlig aufgerieben hielt. Ein Stamm, der sich aber nur etwa sechs Monate später dem Imperium mit einer so starken Volksmasse entgegen stellen konnte, dass Caecina ohne Beisein von Germanicus nur ein glücklicher Sieg gelang. Hier wurde Caecina vermutlich bereits durch eine größere germanische Allianz bestehend aus mehreren Stämmen gestoppt, woraufhin ihm seine Ambitionen weiter nach Osten vorzustoßen vergingen und er mit seiner Armee im Frühjahr 15 + nicht mehr in Erscheinung trat. Man nannte den Sieg über die Marser glücklich, der sich aber bei genauem Hinsehen wohl eher als eine abgewendete Niederlage entpuppte. Rückwärtig betrachtet lässt dies wiederum den Sieg aus dem Vorjahr zweifelhaft erscheinen und der Kreis taciteischer Wahrhaftigkeit schließt sich. Vermutlich fuhr Arminius im Frühjahr 15 + bereits einen ersten taktischen Sieg im heran nahenden Zweifrontenkrieg ein. Und natürlich klingt hier die Darstellung eines „glücklichen Sieges“ gegen die Marser eher befremdlich. Aber im Zusammenspiel mit der Schlacht im Herbst des Jahres 14 +, muss man die Schlacht im Frühjahr 15 + unter völlig anderem Blickwinkel betrachten. Allein vor dem Hintergrund gesehen, mit welcher Heeresmacht es hier die Arminiusfraktion bereits aufnahm die Caecina im Frühjahr 15 + gegen ihn und seine Verbündeten antreten ließ, kündigt nicht nur einen germanischen Strategiewechsel an, sondern auch einen militärischen Reifesprung. Denn hierzu finden wir bei Tacitus keinen Hinweis darauf, dass die Germanen einen Hinterhalt legten, oder dass man ihn in Sümpfe oder nasse Wälder lockte. Hier klingt es schon etwas nach einer offenen Feldschlacht die Caecinas Euphorie ein Ende bereitete und ihn im vollen Gallopp ausbremste. Da lässt die taciteische Interpretation, Arminius habe seine Truppe wegen Caecina auf dem Weg zu den Chatten rechtzeitig zurück gepfiffen schon an eine Verdunkelung der Realität denken. Leider fiel dieser Dissens keinem antiken Historiker vor oder nach Tacitus auf, aber er lässt vieles zum Verlauf der Kämpfe im Frühjahr 15 + durch blicken. Man möchte daher auch hier kritisch anmerken, was uns da die antiken Historiker noch so alles verschwiegen haben mögen, wenn es darum ging die Kriege des Germanicus erfolgreich erscheinen zu lassen. Denn um eine Schlacht gegen ein Germanenvolk wie die seinerzeit vertriebenen Marser „nur glücklich“ zu Ende führen zu können, einen Stamm, den man der Überlieferung nach doch schon 14 + vernichtend geschlagen haben will, scheint da mehr als fragwürdig zu sein. Wo Tacitus in seiner erkennbaren Wertschätzung für Germanicus nicht beschönigend eingreifen wollte, schien er auf die Interpretation der Hintergründe lieber verzichtet zu haben und wollte nicht näher auf sie eingehen, bzw. überließ es dem Leser, sich eine Meinung zu bilden. Aber im Frühjahr 15 + kam es neben der besagten „glücklichen“ Schlacht von Caecina gegen die Marser und den Kämpfen gegen die Chatten bzw. den Zerstörungen ihrer Wohnsitze noch zu einer weiteren Auseinandersetzung. Es waren die Kämpfe des Germanicus gegen das Volk der Cherusker die sich ihm in den Weg stellten, als er der Bitte von Segimund nach kam und sich nach Norden zur Segestes Burg aufmachte. Tacitus kommentierte die Auseinandersetzung im Jahrbuch 57 (3) äußerst, man möchte sogar sagen fasst verdächtig wortkarg. Auf Basis dieser mageren Überlieferungslage konnte auch kein zeitgeschichtlicher Historiker anders urteilen, als anzunehmen, dass es sich der Beschreibung nach bei diesem Gefecht gegen die Cherusker auch nur um ein kleines Gemetzel gegen übermütige Cherusker gehandelt haben konnte. Eher resultierend aus einem Mitnahmeeffekt und so erachtete man es daher auch als geringfügig. Aus diesem Grund ist auch an keiner Stelle von einem Cheruskerfeldzug, sondern nur von einem Chattenfeldzug des Germanicus die Rede. Und auch die Schlacht des Caecina gegen die Marser im gleichen Frühjahr 15 + ging nicht als der zweite Marserfeldzug des Germanicus in die Geschichte ein, sondern wurde nur beiläufig erwähnt. Und natürlich kann man als sicher annehmen, dass der Krieg im Frühjahr 15 + den Cheruskern galt. Die Territorien der Marser und Chatten wollte man schnell hinter sich bringen um dann ins Kernland der Cherusker vordringen zu können. Sorry, aber Tacitus wollte nicht, dass wir es so verstehen sollten. Seine Darstellung muss verwundern, da wohl jedem Historiker bewusst ist, über welch geballte Kampfkraft beide Heeresgruppen damals im Frühjahr 15 + verfügten. Denn Germanicus hatte wie auch Caecina etwa 30.000 Soldaten unter Waffen. Und dies waren zusammen gefasst ungefähr 60.000 römische Krieger einschließlich ihrer Hilfstruppen. Nach heutigem Sprachgebrauch traten damals vor rund 2ooo Jahren somit etwa vier hoch gerüstete römische Divisonen gegen die Speer werfenden Germanen an. Und diese gewaltige Militärmaschinerie dürfte nicht die Absicht gehabt haben, an der cheruskischen Stammesgrenze halt zu machen um zurück zu marschieren. Und auch die Legionäre werden es so gesehen haben, denn ihr Sold wurde nach Kriegen und möglichst erfolgreichen Schlachten gemessen und man wollte nicht schon vorher eine Kehrtwende vollziehen. Beide Armeekeile hatten Kämpfe sowohl gegen die Chatten als auch gegen die Marser hinter sich die den Schilderungen zufolge als erfolgreich und folglich nicht sonderlich verlustreich galten. Warum verspürte man also urplötzlich kein Interesse daran weiter zu kämpfen. Immer voraus gesetzt die antike Historie hat uns reinen Wein eingeschenkt. Im Normalfall glaubt man eher jenem Personenkreis, der als Erster berichtet hatte, was in unserem Fall nur auf den nüchternen Geographen Strabo zutreffen würde. Seine Quelle ist jedoch mäßig, was das Verhalten von Segestes damals in Germanien anbetraf und sie versiegt völlig, wenn es um den Vorstoß von Germanicus und Caecina im Frühjahr 15 + geht. In dieser Zeit als Strabo schrieb, ließ Tacitus kraft oder dank späterer Geburt noch eine lange Zeit auf sich warten. Aber in Anbetracht der Ausgangslage kann man es schon wagen, eine provokante Frage aufzuwerfen und versuchen ihr nachzugehen. Nämlich die theoretische Möglichkeit aufzugreifen, ob es die von Tacitus geschilderte Belagerung von Segestes durch Arminius, in der Form wie er sie uns überlieferte, überhaupt gegeben hat. Eine Schlussfolgerung daraus könnte dann sein, dass Segestes gar nicht bedroht war und er die Bedrohung durch Arminius nur ins Feld geführt hat, um die Dramatik in seinem Sinne zu schüren, denn um diese Zeit hatte man in den cheruskischen Gaulandschaften östlich der Weser größere Probleme als gegen Bergfestungen anzurennen. Auf diese Weise konnte sich Segestes als treuer Römerfreund besser in Positur stellen und sein Verhalten erschien glaubhafter. Aber wie und warum konnte es überhaupt zu einem Gefecht zwischen Germanicus und dem cheruskischen Volk kommen, dass Tacitus die „Belagerer“ nannte, weil sie Segimund so betitelte. Zweifellos ist es denkbar, dass diesen „Belagerern“ doch entgangen sein könnte, dass Segestes eine kleine Gruppe unerkannt und unbeobachtet an ihnen vorbei zu Germanicus schleuste um ihn herbei zu bitten. Schlechter vorstellbar hingegen ist es allerdings, dass das spätere Anrücken der Germanicus Armee den Cheruskern, immerhin maximal vier Legionen plus Hilfskräfte den vermeindlichen Belagerern, nicht rechtzeitig aufgefallen sein soll. In der Folge müsste man es schon sehr übermütig nennen, sich diesem gewaltigen Heer, egal auf welche Weise auch immer sich entgegen stellen zu wollen um Widerstand zu leisten. Ein Kräftemessen, das dann für die Cherusker in eine Niederlage hätte münden können, denn es kam eine relativ ausgeruhte Armee auf sie zu. Es sei denn, die Cherusker hatten sich gut vorbereitet und fühlten stark genug um sich dem römischen Feind zu stellen. Sie wussten, dass die Marser und das im Verbund mit Brukterern, Sugambrern oder anderen, Caecina am Weitermarsch gehindert hatten und Arminius konnte nun seine Kräfte samt Verbündeten gegen Germanicus antreten lassen. Das Aufeinandertreffen dürfte dann allerdings nach den germanischen Spielregeln verlaufen sein. Was spielte sich also damals wirklich im Umfeld der Segestesburg ab. War es wirklich für Germanicus ein Kinderspiel Segestes zu befreien. Und auch da gibt es eine Reihe von Strategiespielen. Nämlich die zuvor beschriebene Angriffvariante. Also die, dass Arminius südlich der Segestesburg bereits ein relativ großes Heer zusammen gezogen hatte, dass er nun nach Partisanenmanier einsetzen konnte. Seine Hundertschaften die er zurück hielt als für ihn erkennbar wurde, dass es im Chattenkrieg nicht mehr nötig war, sie in den Süden zu beordern. Oder die Möglichkeit, dass sich die arminiustreuen Cherusker ihrer Hilflosigkeit gegen die gewaltige Germanicus Armee schnell bewusst waren und das sie ihnen schnell unterliegen würden. Die sich dann nur ein Geplänkel lieferten um sich dann zu zerstreuen, wie es der germanischen Methodik und Mentalität in aussichtslosen Gefahrenlagen entsprach. Die Quelle deutet an, dass Arminius selbst nicht an den Kämpfen an der Segestesburg beteiligt war. Es erscheint glaubhaft zu sein, da es für ihn in dieser Zeit zwei Fronten zu beobachten galt und er zu zwei Verteidigungsabschnitten Kontakt zu halten hatte. Aber wie heftig fiel dieses Gefecht an der Segestesburg letztlich aus. Eine erste Quellenanalyse will uns glauben machen, es wäre kaum nennenswert und von keinem hohen strategischen Wert gewesen. Aber was, wenn die Auseinandersetzung gar nicht so unbedeutend war, wie es uns Tacitus vermittelt hat. Denn es fand immerhin Erwähnung in seinem Jahrbuch und das stellt eine gewisse Bedeutung heraus. Für die beschriebene germanische Entsatzarmee der Cherusker, die man zusammen gezogen hatte und die aus römischer Sicht betrachtet oder aus Wunschdenken heraus zu den Chatten unterwegs gewesen sein soll, liegen uns keine Größenangaben vor. War es nur eine handvoll Wage- oder Übermütiger oder besaßen sie schon eine Schlagkraft die auf Germanicus bedrohlich wirken konnte. Kannte Germanicus ihr Potenzial schon bevor Segimund ihn erreichte oder machte erst Segimund ihn darauf aufmerksam und konnte auch Angaben zur Kampfkraft der Cherusker machen. Und als Germanicus seinen gesamten Heereszug, den „Agmen“ wendete, so tat er dies in dem Wissen um einen bevorstehenden Kampf. Es ist also vor diesem Hintergrund durchaus denkbar, dass dieses Gefecht auch größere Ausmaße angenommen haben könnte, als man es uns überlieferte und diese Realität im Zuge der Geschichtsschreibung unterbewertet wurde. Je heftiger der Kampf an oder vor der Segestesburg ausfiel, je mehr bestimmte dies auch die weitere strategische Vorgehensweise von Germanicus, nachdem er sich wieder für den Abzug entschied. Sollte es für ihn das berühmte „blaue Auge“ gegeben haben, könnte er sogar fluchtartig die Cheruskergaue an der Leine verlassen haben. Nun ist es unstrittig, dass Germanicus in diesem Frühjahr 15 + keinen weiteren Kampf mehr mit den Cheruskern oder anderen Stämmen suchte und auch Caecina nicht und man dann gemeinsam oder auf getrennten Wegen mit Segestes plus Sippe zurück an den Rhein zog. Man könnte schlussfolgern, die Erklärung warum Germanicus die Kämpfe im Frühjahr 15 + so unverhofft abbrach läge im Gefecht an der Segestesburg versteckt. Und möglicherweise könnte er auch froh gewesen sein, noch glimpflich von der Leine zurück gekehrt zu sein und wollte daher auch keinen weiteren Angriff mehr gegen die Cherusker im Frühjahr 15 starten. Hätten wir es also dort eventuell mit einer jener unterdrückten Schlachten mit möglicherweise peinlichem Ausgang zu tun, wie es so einige in der Zeit gegeben haben dürfte. Das es zu einem Kampf kam wissen wir von Tacitus. Und das Tacitus römische Niederlagen kaschierte und zu schmeichelhaften Siegen umdeutete, wird aus seinen Jahrbüchern erkennbar. Das man aber ganze Schlachten verschwieg und sie zu harmlosen Scharmützeln abstufte wäre allerdings etwas Neues. Eine möglicherweise all zu verlustreiche Schlacht gegen die Cherusker deren Ausgang uns die Quellenlage der antiken Historiker aus guten Gründen verschwieg. Die aber möglich erscheint, da darin eine plausible Begründung für das vorzeitige Abrücken von Germanicus aus Germanien liegt. Eine Schlacht die man vielleicht sogar schon zu den Großen hätte zählen dürfen, ja müssen. Denn allein nur Germanicus brach mit immerhin vier Legionen plus 10.000 Mann Hilfstruppen in Mainz auf. Eine Armee, die er nach den Kämpfen mit den Chatten, die übrigens ebenfalls als harmlos dargestellt wurden noch nahezu komplett in die Schlacht gegen die Cherusker an der Segestes Burg hätte werfen können. Es muss also immer noch eine beachtliche Streitmacht gewesen sein, über die Germanicus verfügte, hätte er sie vollständig antreten lassen können. Sie wird kriegsübliche Abgänge gehabt haben, denn auch die Kämpfe gegen die Chatten und die Unwägbarkeiten forderten ihre Opfer, zudem ist von Rückstellungen zur Wegesicherung die Rede. Aber sie war nicht so dezimiert, wie einst die drei Varuslegionen denen Tiberius vorher große Teile ihrer Kampfkraft entzog. Und theoretisch könnten diese Soldaten auch auf ein ansehnliches Kontingent an germanischen Kämpfern gestoßen sein, denn die Cherusker hatten über fünf Jahre Zeit gehabt, sich auf diesen Schlagabtausch vorzubereiten. Ob nun auf Germanicus oder auf Caecina, die Cherusker warteten in der Tiefe des Raumes geschützt durch den Solling um sich im richtigen Moment sowohl einer römischen Süd- als auch eine Westarmee entgegen stellen zu können. Denn letztlich war schleierhaft, dass man mit 60.000 Soldaten auf halben Weg stecken bleibt und einen Feldzug mitten im zur Neige gehenden Frühjahr abbrach um im Sommer noch mal wieder zu kommen. Was sollte sonst die Ursache gewesen sein. Verliefen die Kämpfe an der Segestesburg für Germanicus zu verlustreich, da sich ihm zu viele Feinde entgegen stellten, ließen die Germanen wieder die Natur für sich kämpfen, versuchten ihn die Cherusker zu tief ins Land zu locken, was er wegen des Risikos scheute. Hatte er logistische Probleme oder war es der alt bekannte Wettergott, der sich gegen sie verschworen hatte. Erkannte er die Aussichtslosigkeit und begnügte sich mit dem Trostpreis Segestes und seinen Clan bei sich zu wissen. Oder häuften sich gleich mehrere ungünstige Umstände, die ihn zwangen den Rückzug anzutreten, ohne das er einen nennenswerten militärischen Erfolg gegen die Cherusker erzielen konnte. Es musste sich an der oberen Leine eine Situation eingestellt haben, die für uns undurchsichtig bleibt und Germanicus zu diesem unerwarteten Schritt veranlasst hat. Betrachtet man die Lage könnten ihn in der Tat einige Faktoren gebremst haben. Die Einheiten die er der Überlieferung nach auf dem Weg durch Hessen zurück ließ waren waren doch beträchtlich. Es gab mehr Verluste gegen die Chatten als eingeräumt wurde. Die Kampfkraft der Cherusker überraschte ihn, denn Arminius erkannte, dass Caecina die Ambitionen vergangen waren gegen ihn vorzurücken, so konnte er gegen Germanicus auch auf die Männer setzen, die er für eine mögliche Schlacht gegen Caecina zurück halten musste und was etwas an den Fall „Sorge“ im II Weltkrieg erinnert. Germanicus befand sich tief in Feindesland was wie angedeutet auch seine gesamte Versorgungslage erschwerte. So waren es zwei große feindliche Blöcke, die sich irgendwo an der Leine gegenüber gestanden haben könnten. Eine Schlacht die möglicherweise einen anderen Verlauf genommen hat und die auch ein anderes Ende fand, als Tacitus es uns überlieferte, bzw. er wiederum seinen Quellen entnehmen konnte. Und vergessen wir auch nicht, Arminius wusste wohl recht gut über seine Informanten, was im Römerlager vorging und welche Bewegungen der Feind machte. Und Arminius lernte auch aus den Erfahrungen des Jahres 14 + wie Germanicus kämpft noch bevor er sich ihm stellen musste. Er wusste, was Germanicus ein Jahr zuvor anrichtete, er war selbst römischer Ritter und er wäre ein schlechter Germanenfürst gewesen, würde er keine Vorkehrungen treffen. Es dürfte ihm klar gewesen sein, welche Ziel- bzw. Stoßrichtungen Caecina und Germanicus letztlich hatten und so rief er seine Männer zu den Waffen und sie kamen. Und so findet man es auch an zwei Stellen in den Jahrbüchern von Tacitus beschrieben, nämlich unter 57 (1) und 59 (1). Denn aus den darin dargestellten Verhaltensweisen von Arminius lässt sich eine plausible Erklärung für das Geschehen im Vorfeld der Kämpfe des Jahres 15 + ableiten. Tacitus berichtete auf Basis der Segestes Aussage, dass Arminius zum Krieg riet also die Germanen zum Kampf rief, sie überzeugte und mit heutigen Worten gesprochen die Generalmobilmachung anordnete. Und es fiel ihm leicht, da er wegen seiner Tapferkeit viele Befürworter fand. Dies dürfte Segestes beeindruckt haben. Diesen plausiblen Zusammenhang verband vermutlich Tacitus mit dem zornigen Verhalten mit dem Arminius auftrat um seine Gefährten zu überzeugen sich zur Wehr zu setzen. Begründet hatte Tacitus sein Auftreten mit der Entführung seiner Frau. So könnte sein Ritt durch die Gaue eher darauf hinaus gelaufen sein dem Zweck zu dienen die Männer zu moblisieren, als seinem persönlichen Kummer im Zusammenhang mit Thusnelda Ausdruck zu verleihen. Seine Rundreise hatte also den Stellenwert die Schlacht an der Leine gegen Germanicus bzw. Caecina vorzubereiten. Den Verlust seiner Frau als Grund vorzuschieben wie es Tacitus machte, aber ohne dass er uns sagte wie er darauf kam, war demnach nicht der Hintergrund seiner aufwändigen Bemühungen Kämpfer zu rekrutieren. Bei dem guten Ruf den er genoss wäre es zudem für ihn leicht gewesen schnell eine Truppe zusammen zu stellen die seine Frau zurück geholt hätte, dazu hätte es keiner großen Kampagne bedurft. Seine Überzeugungsarbeit bei den Stammesführern diente lediglich dem Ziel eine schlagfertige Armee zusammen zu stellen und nicht seine Schmach zu befriedigen. So hätten wir es hier mit einer zusätzlichen Variante zu tun. Dann war es kein zaghaftes Kontingent, was abgeschreckt durch den Caecina Erfolg gegen die Marser auf dem Weg zu den Chatten inne hielt und es war auch keine Horde ungezähmter cheruskischer Belagerer. Dann war es ein nicht unerhebliches Gefecht, dem sich Germanicus an der Leine stellte und bei dem er auf größere cheruskische Kräfte stieß als er erwartet hatte, denn Segimund wusste nicht, wie viel Männer sich bereits in den Wäldern des Solling sammelten. Und dann würde auch die Wortwahl von Tacitus passen, denn er benutzte das Wort „agmen“, dass dem lateinischen Sprachgebrauch zufolge für Heereszug steht. Germanicus nahm demnach keine kleine Reiterschar auf schnellen Wegen mit, sondern erschien mit seiner gesamten Armee vor der Burg von Segestes. Eine Armee der sich auf dem Weg dahin die Cherusker in den Weg stellten. Aber was wäre, wenn man nun irgendwo im Leinetal auf eine mehrere Hektar große Fläche stoßen würde, wo sich gehäuft römische Militaria fände. Es wäre gar nicht auszudenken, denn dies könnte in einen Museumskomplex „Kalkriese II“ münden, dabei war es „nur“ die vergessene oder verschwiegene Schlacht auf dem Weg zur Segestesburg im Frühjahr 15 +. Eine von jenen dubiosen Schlachten wie die des Caecina gegen die Marser die bekanntlich als „glücklich endend“ überliefert wurde, oder wie einst auch die glückliche Schlacht unter Drusus bei Arbalo und vielleicht sogar die Schlacht „An den langen Brücken“ unter dem unglücklichen Caecina. So wurde möglicherweise auch die Schlacht des Germanicus gegen die „Segestes Belagerer“ von den Chronikern unwissentlich herunter gespielt. Aber das Wort „fortun“ für Glück fiel letztlich in keinem Zusammenhang mit einer römischen Schlacht vielleicht war es auch unüblich das Wort „fortunare“ in diesem Zusammenhang zu verwenden. Schlachten mit Glück zu gewinnen kann auch bedeuten, dass man sie wegen Mut und Einsatzwillen für sich entschied und dann war es schon nicht mehr der glückliche Zufall oder Umstand, der die Weichen stellte, sondern die Kraft des Durchsetzungsvermögens, also das Glück des Tüchtigen. Denn die Göttin Fortuna stand auch für das Schicksal. Das Fehlen des Wortes „fortunare“ in allen Überlieferungen könnte vielleicht hinweisgebend dafür sein, dass fasst alle Schlachten in Germanien ohne „fortunare“ verliefen und man oftmals gerade noch so mit heiler Haut eine Schlacht beendete. So war es für Rom scheinbar nie ein leichtes Unterfangen in Germanien zu kämpfen und erst recht nicht das Geschehene dann noch als Sieg überzeugend zu präsentieren. Aber zurück ins vermeintliche Vogelbeck, der Residenz von Fürst Segestes. So würde vieles den Verdacht erhärten, dass auch Segestes im Jahre 15 + eine Entscheidungsschlacht in seiner unmittelbaren Umgebung erwartete und befürchtete. Segestes konnte sich denken, dass Germanicus im Verbund mit Caecina nach seinem Sieg über die Chatten jetzt nur noch ein Ziel kannte und es lautete „Arminius“. Denn das Germanicus nun sein Heer in Richtung Norden marschieren ließ schien ihm so klar gewesen zu sein, wie es die Spatzen vom Dach pfiffen. Aber Germanicus hatte ein Problem, anders ausgedrückt, ohne Gegner keine Schlacht. Marschierte er also nach Norden und Caecina nach Osten könnte daraus ein Feldzug in den leeren Raum werden. Ein Jahr zuvor im ersten Jahr der Revanche fiel er überraschend über die Marser her, traf auch viele von ihnen an und konnte verheerend wüten, da sie ungewarnt waren. Das war nun vorbei, denn danach wusste man an der Weser was folgen würde. Die Schlacht gegen die Marser war ebenso eine Überraschungstat wie die Vernichtung der Varuslegionen. Aber im Jahr 15 + gab es keine Germanen mehr die sich überraschen ließen, denn 15 + war das Jahr der Taktik. Des sich gegenseitigen Belauerns, des vorsichtigen Abwägens der Kräfte. Keine unbedachten Vorstöße die die Kämpfer schwächten und erst recht keine Frontalschlachten gegen im Nahkampf überlegene römische Gegner. Die Kämpfe gegen die Chatten hatten Germanicus deutlich gemacht wie es sich anfühlt, wenn der Feind in die Wälder entschwindet und man ihm nicht habhaft wird. Östlich der Weser konnte man keinen germanischen Widersacher einkesseln wie es immer links des Rheins möglich war, wo das Imperium allgegenwärtig die Fläche beherrschte Hier hab es nur Stoßrichtungen und die Hoffnung, dass sich der Feind zeigt. Man konnte ihre Wohnstätten vernichten was die Zivilbevölkerung ebenfalls in die Sümpfe und Wälder flüchten ließ, konnte ihnen die Lebensmittel rauben, wenn man sie fand, ihr Vieh töten. Aber im Frühjahr konnte man noch keine Felder abbrennen, denn da wuchs noch nichts. Unter diesen Umständen präventive Erfolge zu erzielen war kaum möglich. Germanicus stand nun an der Südgrenze des cheruskischen Stammesverbundes und forschte nach germanischen Truppenkonzentrationen. Vermutlich besser ausgedrückt er schlich um das cheruskische Territorium und suchte nach einer günstigen Einfallgelegenheit. Wo stand der Feind, wie viele Kämpfer zählte er und welche Waffen hatte er. Nahezu starr und unbeweglich verharrte er nun abwartend in einem Raum südlich der Diemel. Mit zwei Säulen „Cheruskien“ zu erobern war eine Möglichkeit, es gemeinsam mit Caecina anzustrengen die zweite Variante. Aber das Jahr war noch jung und er hätte noch viel Zeit gehabt, seine Pläne umzusetzen. Aber wir wissen nicht wie Germanicus vorgegangen wäre oder entschieden hätte, wäre ihm nicht die Segimund Delegation entgegen geritten. Und erst durch diese Situation öffnete sich ihm die ersehnte Bresche, denn nun wusste er wo er den Feind stellen konnte und das Wissen um die cheruskische Kampftruppe erfuhr er erst aus dem Munde von Segimundus. Wir erlebten also einen Segimund der auf Anweisung seines Vaters die räumliche Nähe von Germanicus nutzte, einen Germanicus der dem Ruf folgte aber unwissend war, dass Arminius die Zeit nutzte um noch weitere Kämpfer an die Leine zu ordern. Und wir blicken auf Segestes, der nun in der Hoffnung auf diese Weise den groß angelegten Racheplänen der Römer, die sich nun auf sein Herrschaftsgebiet zu konzentrieren schienen geschickt und rechtzeitig entgehen zu können. So kam die Anwesenheit von Germanicus den „Segestianern“ entgegen. In dieser Phase als Segimund auf Germanicus traf war es noch zu keinen militärischen Handlungen von Seiten der Legionen gegen die Cherusker gekommen, so dass das Treffen mit Segimund dadurch nicht zusätzlich belastet wurde. Fazit dieser Ereignisse. Germanicus lernte im Frühjahr 15 + die erste Lektion im Umgang mit den Cheruskern, einem Feind, den er bislang nur vom Hörensagen kannte. Einem Stamm, der genug Zeit hatte sich auf dieses Duell vorzubereiten. Der über einen vitalen charismatischen Heerführer verfügte, dem die nach wachsenden Generationen zuströmten. Junge Männer die ihm nach eiferten und deren Waffen wie schon einmal Gefahr liefen zu korrodieren. Sie brannten auf die längst fällige Auseinandersetzung, da sie 9 + noch keine Waffen führen konnten. Ein Stamm in dessen Reihen noch die erfahrenen altgedienten Recken standen, die die Varusschlacht überlebt hatten. Und die nun Schulter an Schulter mit der heißblütigen Jugend die Herausforderung annahmen. Im Frühjahr 15 + sammelten sie ihre erste Kampferfahrung und der Punktsieg blieb an der Weser. (1.09.2020)

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