Donnerstag, 4. Oktober 2018
Praeludium zur Varusschlacht - Arminius ritt weg - um zurück zu kommen.
Das die Varusschlacht im Jahre 9 unserer Zeitrechnung statt fand ist allgemeine Schulweisheit. Aber jetzt noch zu wissen an welchem Tag sie begann und überdies dann möglichst noch um wie viel Uhr, wäre schon etwas viel verlangt. Schließlich wissen wir noch nicht einmal genau, ob bei Waterloo am 18. Juni 1815 wie von Napoleon angeordnet die ersten Kanonenkugeln um 11 : 30 Uhr oder erst gegen 13 : 00 Uhr abgeschossen wurden. Nur wenige und nur minimal eingrenzbare Anhaltspunkte um nicht zu sagen vage Vermutungen liegen uns anhand diverser Konstellationen und Gedankenkonstruktionen zum Zeitablauf des Varus Ereignisses vor und werden daher auch immer noch ausgiebig diskutiert, aber viel Neues dazu wenn überhaupt, kann den Quellen bekanntlich nicht entnommen werden. Es gibt da allerdings eine besondere Begebenheit oder Ausnahme bzw. einen versteckten und unscheinbaren Anlass an dem man es, wenn auch nicht chronologisch, so doch zumindest hinsichtlich einer denkbaren Handlungsabfolge fest machen könnte. Und diese Stunde schlug bzw. Chance gewähren uns die Überlieferungen die uns zu den Dingen erhalten sind, die sich um das letzte Gastmahl bei Varus zugetragen hatten. Mit Betonung auf Gastmahl möchte ich da mal einhaken. Nur Tacitus hat es uns als ein „convivio“ hinterlassen. Darunter verstand man zu Cäsars Zeiten auch ein Gelage. Und was sich dahinter verbergen kann, kann sich jeder an seinen zehn Fingern abzählen. Ein Gastmahl also möglicherweise auch ein Gelage ist also keine X - beliebige Zusammenkunft, zumal nicht zu den damaligen Zeiten, in dieser Phase und vor dem Hintergrund einer gewissermaßen explosiven Lage, auch wenn sie vermutlich von Varus herunter gespielt wurde. Es war gerade deswegen schon etwas besonderes. Man lud passend zu den Verhältnissen die illustren Gäste jener Zeit samt ihrer Encourage zu Tisch. Und wenn ein Herr Segestes daran teilnahm, so waren seine Gegenspieler aus dem Fürstenhaus von Segimer nicht weit. Und sie konnten den Worten von Segestes ihre Sicht der Dinge dagegen halten und Varus war imstande sich beide Versionen im Beisein aller Teilnehmer anzuhören und sich die Glaubhafteste zu eigen machen, was er letztlich auch tat. Varus rühmte sich sicherlich seiner Richterfunktion und seiner damit verbundenen Erfahrung um die Sachverhalte gewichten zu können hatte auch seine römischen Berater bei sich und tendierte zu den Aussagen aus dem Hause Segimer. Alles andere was man jetzt den Konfliktparteien in den Mund legen möchte, wäre wohl zu viel des Guten. Das Gastmahl war an diesem Tag vergleichbar bzw. hatte den Charakter eines Abschiedsessens, vielleicht einer Feier aber wohl weniger eines gemütlichen Beisammenseins bevor man sich dann für einige Monate über den Winter voneinander trennte und sich nicht mehr sah. Eine Zeit in der Varus üblicherweise seinen Geschäften in den römischen Zentren am Rhein nachgehen musste. Denn dort hortete er seine Besitztümer, pflegte er seine Kontakte nach Rom, dort befand sich sein Anwesen und möglicherweise auch seine Ländereien. Somit sollte ein solches Gastmahl Eindruck machen und wurde mit allem erdenklichen zelebriert, was man damals so auf den Tisch stellte. Denn das gemeinsam verbindende Band wollte auch über die Zeit der Abwesenheit straff gehalten werden. Ein alljährlich denkwürdiges Ereignis, dass auch etwas an das berühmte Abendmahl, die Eucharistie von Jesus und seinen Aposteln erinnert, denn auch damals gab es eine Person die verdeckte Absichten verfolgte. Segestes hatte Varus schon häufiger vor der Gefahr eines drohenden Aufruhrs gewarnt und Varus wird den Segimerclan darüber unterrichtet haben. Die Warnungen des Segestes waren also für die Männer um Arminius auch nichts Neues. Und mit der Anzahl der Wiederholungen nutzen sich die Dinge ab, wenn nicht Belastbares hinzu kommt dass dies untermauern könnte. Und es blieb offensichtlich bei den bloßen Warnungen. Varus wird Segestes sicherlich auch gefragt haben, womit er seine Sorge begründet oder rechtfertigt. Und spätestens da hätte Segestes schon ein paar handfeste Dinge oder Beweise für seine Behauptungen auf den Tisch legen müssen die er offensichtlich nicht hatte. Es blieb wohl bei der üblen Nachrede ohne konkrete Fakten zu nennen. Und sein oberflächlicher Vorschlag, man möge doch alle in Ketten legen, gleicht eher einem Offenbarungseid der Unkenntnis. Wie auch hätte Varus ohne jegliche Anhaltspunkte zu haben diesem Anliegen oder Vorschlag statt geben sollen. Er hätte sich möglicherweise dann erst dem hohen Risiko ausgesetzt, dass seine Partner daraus ein Höchstmaß an Misstrauen ableiten können und die gesamte Zusammenarbeit wäre auf einem Nullpunkt angelangt und das kurz vor dem Abzug. Wann hätte Varus ihnen die Fesseln wieder abnehmen lassen sollen, etwa wenn er die Rheinbrücke bei Vetera hinter sich hatte ? Man stell sich vorher ein römischer Feldherr legt auf einen bloßen Verdacht hin die Führungselite eines germanischen Fürstenhauses in Ketten mit denen man einen langfristigen Bündnisvertrag geschlossen hatte. Man könnte es gegenüber den Arminius Kämpfern die gerade erst aus Pannonien zurück kamen und dort für Rom gekämpft hatten auch einfach absurd nennen. Und man könnte auch noch weiter bohren und sich der Frage widmen, ob es denn keine Germanen aus dem Hause Segestes gab, die sich in den Dienst der römischen Armee stellten oder stellen wollten. Was zählte in der damaligen Zeit mehr ? Verstehen wir aber die Lage, so müssen wir schon bekennen, was Varus denn in seinem Hauptlager bei Höxter auch von alledem hätte sehen können. Das Aufruhrzentrum lag rund 30 Kilometer Luftlinie entfernt und was sich dort zutrug entzog sich seiner Kenntnis, aber man würde es ja bald sehen können. Und Segestes verfügte sicherlich auch nicht über den nötigen Gesamtüberblick. Er konnte sich keine Vorstellungen darüber machen wie viel Kriegern es Segimer gelang unter die Waffen zu rufen. Auch germanische Koalitionen waren brüchig und wer wollte seine Hand dafür ins Feuer legen, dass auch alle Germanen die sich zum Kämpfe bereit erklärten auch später auf dem Schlachtfeld erscheinen würden. Trotzdem sprechen die häufigen Warnungen von Segestes dafür, dass schon seit geraumer Zeit Unruhe über dem Land lag und sich etwas zusammen braute. Da war also schon länger etwas im Gange, was sich zumindest vor den Augen der Germanen nicht mehr verbergen ließ und was ein Indiz dafür war, dass diese Schlacht keine Spontanaktion irgend welcher impulsiver Heißsporne war. Hier ist etwas von langer Hand angegangen worden. Aber die Dimension der zum Widerstand bereiten Germanen konnte wohl niemand abschätzen. Damit bestätigt sich auch in vielfacher Hinsicht, welch ein logistischer und diplomatischer Kraftakt dahinter stand, wenn die Gefahr für Segestes schon greifbar war und es die Spatzen schon nahezu von den Dächern pfiffen. Segestes aber trotzdem nicht in der Lage war Varus zu überzeugen. Bei dieser definitiv letzten sich bietenden Gelegenheit bekräftigte Segestes seinen Standpunkt und legte sich nochmal mächtig aber vergeblich ins Zeug, denn ein nächstes Ma(h)l würde es nicht mehr geben. Aber warum gelang es Segestes nicht Varus zu überzeugen. Allzu deutlich durfte er sich gegenüber Varus nicht ausdrücken, so musste er vermutlich bei einer vagen Darstellung bleiben, denn just zu dem Zeitpunkt als er mit Varus speiste, waren teile seiner Krieger seines eigenen Stammes bereits ins Kampfgebiet unterwegs und man könnte ihm den Vorwurf machen, warum es ihm nicht gelang diese zurück zu halten. Da sich wie ich schlussfolgerte seine Burg bei Einbeck – Vogelbeck befand, mussten seine Kämpfer wegen der Distanz bereits aufgebrochen sein und könnten auf dem Weg zur Wallstatt die Weser bei Beverungen überschritten haben. Denn die Tatsache, dass Stammesgenossen von Segestes im Jahre 15 + im Beisein von Germanicus der ihn vor Arminius retten musste, mit Waffen prahlten, die man in eben dieser Schlacht erbeutete, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass auch Krieger von Segestes gemeinsam mit den Männern von Segimer gegen Varus kämpften und Segestes auch dieses sehr wohl am Vorabend am Tisch des Varus gewusst haben muss. Denn es ist überliefert, dass man im Jahre 15 + im Hause des Segestes Beutestücke der Varusschlacht zusammen trug, die die Kämpfer des Segestes damals als Beuteanteil zugesprochen bekamen. Nun, da sie sich Germanicus ergaben, muss es für Segestes eine peinliche Darbietung gewesen sein, dass sich sogar seine Leute gegenüber Germanicus damit schmückten und sich rühmten sogar über Varus`sche Waffenbestände zu verfügen. Es war eine wahrlich schwierige Situation in die sich Segestes da bei Varus begeben hatte, denn man hätte ihm später über diesen Abend vorwerfen können, mehr gewusst als gesagt zu haben. Es ist strittig, ob Segestes durch die stabile Allianz der Cherusker gegen Rom nicht sogar selbst gezwungen war in der Varusschlacht eine Kampfeinheit führen zu müssen. Denn die Oberflächlichkeit der Wahl des Begriffes Krieg von Tacitus nährt diesen Verdacht. Zumindest muss er sich vorübergehend der Arminius Koalition angeschlossen haben. Letztlich könnte es also wiederum Segestes daher sogar recht gewesen sein, wenn es beim Gemetzel keine überlebenden Römer in der Varusschlacht gab, die später hätten die Wahrheit kennen bzw. darüber berichten können. Sechs lange Jahre später flog es dann doch noch in Vogelbeck auf als Germanicus dort auftrat, aber da hatten die Geschehnisse vieles überrollt bzw. in der Zwischenzeit hatten sich die Zeiten geändert. Aber die Geschichte vergaß sein Verhalten nicht und trägt es ihm sozusagen bis heute nach. Möglicherweise erschien es Varus so, oder es wurde ihm so von den germanischen Patrioten geschildert, dass es sich bei diesem entfernten Aufruhr in einer noch nicht gänzlich unter Kontrolle gebrachten Region um eine Zuspitzung handelte die für ihn von Provinz politischer Relevanz war, die es vor Ort und Stelle zu regeln galt bzw. die Varus zu beschwichtigen hatte, da sich die Streithähne untereinander nicht einig werden konnten und auch nicht gewillt waren sich gemeinsam zu Varus ins Hauptlager zu begeben um dort seinen Schlichterspruch in Empfang zu nehmen. Varus vertraute bekanntlich ganz auf seine Legionen die mit zu den Besten im Imperium zählten, so dass er den Dingen mit äußerster Gelassenheit gegenüber stehen konnte. Also müsste er sich eben notgedrungen auf den Weg zu jenen „Starrköpfen“ machen, der für ihn zudem auch keinen zu großen Umweg abverlangte. Soweit also die vordergründige einseitige Erklärung wie sie aus dem Munde Arminius/Segimer zu verstehen wäre und mit der sich Varus geistig auseinander zu setzen hatte und die natürlich den Warnungen von Segestes konträr gegenüber stehen. Das man unter einem letzten Gastmahl wie ich es zuvor schilderte kein Frühstück versteht klingt allemal plausibel. Ob man sich zu einem derartigen Gastmahl um die Mittagszeit trifft, dass nach römischem Verständnis vermutlich zwischen 11 und 12 Uhr läge schien ebenfalls ungewöhnlich zu sein. Es stellt sich also die Frage, zu welcher Tageszeit man zum letzten Gastmahl platz nahm. Streichen wir mal das Frühstück, denn ein Gastmahl ist kein karges Frühstück, zumal man es in den Morgenstunden nicht gemeinsam mit höher gestellten germanischen Fürsten einnehmen würde, selbst wenn Segestes und die anderen in Corvey übernachtet haben sollten. Halten wir aber trotzdem auch noch ein Mahl um die Mittagszeit für möglich. Vorstellbar ist aber eigentlich eher, dass man unter einem und ganz besonders unter diesem Gastmahl an ein gemeinsames Abendessen denkt. Und nach einem vorabendlichen Gelage das sich auch länger hin gezogen haben dürfte, bricht man dann auch nicht mehr mit den Legionen an den Rhein bzw. in einen Unruheherd auf. Von dem Zeitpunkt dieses Gastmahls hängt es also ganz besonders ab, wann man dieses aufhob bzw. verließ und auseinander ging um dann „unter die Waffen zu treten“, wie es übersetzt wird. Denn ein unter die Waffen treten suggeriert, dass man diese nicht nur zur Zierde anlegt. Allerdings gurtet man nach einem Gastmahl zu dieser herbstlich vorgerückten Stunde keine Waffen mehr um, wenn man denn darunter einen zügig folgenden Waffengang verstehen möchte. Wäre es so gekommen, dann hätte die Auseinandersetzung mit den Germanen schon fasst in der Dunkelheit statt finden müssen. Diese Überlegungen sprechen also zuvorderst für einen Aufbruch am folgenden Tag. Wobei hier auch die Frage aufkommt, wer von den Bankett Teilnehmern unter die Waffen trat bzw. diese an sich nahm. Vermutlich befand sich die Waffenkammer der Römer in der Nähe des Speisesaals bzw. die Waffen hingen direkt hinter ihren Bänken an der Wand. Die Römer und die Leute um Segimer nahmen sie an sich um sich damit zurück zu ziehen und um sie am nächsten Tag griffbereit zu haben und auch Segestes der nach dem Gastmahl wohin er auch immer ritt, hatte seine Waffen in Griffweite aufgehangen, aber er brauchte sie für den folgenden Tag nicht um damit zu kämpfen. Fand das Gastmahl als Mittagsmenü statt, so hätte sich der Marschzug an den Rhein erst am frühen Nachmittag in Bewegung setzen können, wodurch man die Marschzeit Tageslicht bedingt hätte einkürzen müssen. Wäre man trotzdem los gezogen so hätte man unter diesen Bedingungen das erste Marschlager wohl erst in der herein berechenden Dämmerung bzw. der Dunkelheit erreicht, was man sicherlich vermieden hätte. Diese Überlegungen sind von strategischem Wert, denn sie dienen und tragen zur Errechnung der Kampftage bei, die nach unterschiedlicher Auffassung mal mit drei Tagen und mal mit 3 1/2 Tagen oder sogar 4 Tagen angesetzt werden. Aus anderer Sicht betrachtet könnte man auch die folgende Überlegung aufgreifen. So warf man sicherlich in Germanien auch die römischen Bräuche nicht vollends über Bord und hielt sich wohl auch im Norden an die mediteranen Tischsitten und somit die Essenszeiten. Den Überlieferungen nach begann die römische Hauptmahlzeit, was dann mit dem Gastmahl gleichzusetzen wäre, also die „Cena“ relativ früh am Tag etwa zwischen 15 und 16 Uhr und gern ließ man diese in einer „comissatio“, also einem Trinkgelage ausklingen, um wohl nicht zu sagen ausarten. Einem Gastmahl, dass wie bezeugt später zu solch einer Bedeutung gelangte und während dem man sich über vieles, aber eben auch über Bedrohungsfaktoren, Vorsorgemaßnahmen bis hin zu möglichen Kampfszenarien etc. unterhielt kann man schon einen streckenweise explosiven Verlauf zuschreiben. Die Gemüter könnten sich erhitzt, man kann sich sogar an den Kragen gegangen sein, wird sich aber auch wieder beruhigt haben. Aber eines wird deutlich, denn nach einem sich bis in die Abendstunden hinziehenden derartigen möglicherweise auch fülligen und alkoholisierten Gastmahl kann man, wenn auch nicht ganz nüchtern zwar immer noch unter die Waffen treten, aber bestimmt nicht mehr um sie anzulegen, sondern eher um sie nur an sich zu nehmen in die Schlafkammer zu gehen und um sich dann auf einen Marsch für den nächsten Morgen vorzubereiten. Diesem Hinweis zu entnehmen, man hätte sich sofort oder nahezu umgehend nach dem Gastmahl in ein Schlachtengetümmel gestürzt, dürfte daher abwegig sein. So lassen sich aus der Überlieferung von Tacitus im Hinblick auf Gastmahl, Warnung und Waffenverhalten zweierlei Dinge ableiten. Zum einen, dass man unmittelbar nach diesem Gastmahl noch nicht zu einem Marsch aufbrach und zum anderen, dass es im Zusammenhang mit diesem Gastmahl zu keinem Lagerüberfall auf eben dieses Hauptlager kam. Denn zu welchem Zeitpunkt hätte der Lagerüberfall statt finden sollen, wenn er denn das Varus`sche Hauptlager betraf ? Ist es etwa vorstellbar, dass während sich innerhalb des Hauptlagers noch Varus mit Segimer und Segestes stritt, wer denn nun recht haben möge, vor den Palisaden die Germanen schon geduldig lauerten, wann sie denn nun endlich das Lager überrennen konnten ? Wann hätte also der von Florus geschilderte Lagerüberfall auf einen wie Tacitus schreibt „nichts ahnenden“ Varus erfolgen sollen, der so ahnungslos nicht war, da er kurz zuvor eine erneute Warnung von Segestes zu hören bekam ? Und doch, Varus war in der Tat im entscheidenden Moment zwar nicht ahnungslos, sondern völlig unvorbereitet als ihn dann später tatsächlich der von Florus geschilderte Lagerüberfall traf. Dies sei nur rekapituliert, wenn man denn die Auffassung vertreten möchte, im Zuge des Gastmahles hätte es einen Überfall auf das Hauptlager an der Weser gegeben, so wie man es gerne und oft aus den Zeilen von Florus ableiten möchte. Des Verständnisses wegen hier noch mal kurz ein break, denn es hat in der Tat einen Lagerüberfall, in etwa so wie ihn Florus beschreibt auf Varus gegeben, aber eben nicht im Hauptlager an der Weser und im Zusammenhang mit dem überlieferten Gastmahl und dem folgenden Schritt zu den Waffen. Wann auch, etwa kurz nachdem Segestes das Gastmahl verließ und er sich schon einen Weg durch die wartenden, mürrisch drein schauenden und waffenstarrenden Germanen bahnen musste ? Und noch etwas sollte bei der Florus Variante in Bezug auf das Gastmahl bedacht sein. Denn nach Florus wurde Varus von den Germanen gegriffen während er die Streithähne zu sich vor seinen Richterstuhl rief. Sollte sein verheerender Richterauftritt denn nach jenem Gastmahl statt gefunden haben, als Segestes ihn warnte ? Wohl weniger und so fand der Überfall wohl, wie ich schlussfolgere in einem anderen Lager aber nicht dort statt. Und die Überlieferung, dass man nach dem Gastmahl „zu den Waffen ging, bzw. unter die Waffen trat“ stammte schließlich auch nicht aus der Feder von Cassius Dio der das Mehrtagesgefecht beschreibt, sondern von Cornelius Tacitus, der sich zum weiteren Verlauf der Schlacht gar nicht geäußert hatte. Dies ließ C. Dio wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen, denn auch C. Dio berichtete, dass Varus den Mahnern keinen Glauben schenkte und meinte damit wohl ebenfalls Segestes. Die Hinweise von Tacitus zur Varusschlacht fanden bedauerlicherweise ihren frühen Schluß mit dem mageren Hinweis, dass Segestes wegen der Einmütigkeit der Cherusker sogar in den „Krieg“ mit hinein gezogen wurde. Da der erwähnte Krieg mit der Varusschlacht auf lange Jahre beendet war es also mit den Cheruskern bis 15 + keinen Waffengang mehr gab, stellt sich natürlich die Frage ob Segestes nicht am Ende sogar gezwungen war in der Varusschlacht selbst zum Gegner Roms zu werden. Aber wie ich noch darstellen werde, passt Florus, Tacitus und Dio in allen Punkten sehr gut zusammen, wenn man den Weg in den richtigen Kontext antritt. Das Drehbuch der weiteren Ereignisse lief im Kopf von Varus wie ein Film ab und wurde möglicherweise an diesem Abend geschrieben bzw. endgültig verabschiedet, aber die Abendstunden waren auch noch nicht der Beginn der Varusschlacht, denn die sollte erst am übernächsten Tag beginnen. Bei vorsichtiger Betrachtung dieser entscheidenden letzten Stunden, wird das menschliche Vorstellungsvermögen arg strapaziert und muss mit einer Portion Phantasie und Einfühlungskraft angereichert werden, wodurch es sich schon fasst wie ein Historienroman anhört bzw. sich ihm annähert. Das Angenehme an einer digitalen Niederschrift beruht auch auf der Tatsache, dass sich Geschichtsschreibung die sich wie hier praktiziert zwischen Quellenanalyse, Phantasie und Einfühlungsvermögen bewegt auf die Auflistung von Quellennachweisen gut verzichten kann und gut ohne sie auskommt, denn Historienromane wie diese Darstellung benötigen bekanntlich keine Quellennachweise. Die Wege und Tore der Recherche sind für jedem Interessenten der antiken Geschichte weit geöffnet. Als dann möglicherweise am Morgen des sagen wir mal 24.9.0009 Varus mit seinem Marschzug aufbrach, befand sich Arminius mit seinen Schwertgenossen wie uns von C.Dio überliefert ist, noch unter ihnen. Dann trennte er sich von der Hauptmacht bzw. man entließ ihn, was einen Unterschied gemacht haben könnte. Vermutlich musste er sich militärisch korrekt die Genehmigung holen den Zug verlassen zu dürfen. So ließ er sich eventuell zurück fallen, ritt voraus bzw. sonderte sich mit seinen Vertrauten, wohl an einer vorher festgelegten Landmarke ab und Arminius wird die Örtlichkeiten, wann man ihn von der Truppe frei stellte selbst mit bestimmt haben können. Über welchen Zeitraum bzw. wie viel Kilometer Arminius den Marschzug begleitete, neben Varus ritt oder ihm nur im Abstand folgte ist nicht bekannt. Cassius Dio schien die scheinbare beiläufige Erwähnung, dass Arminius anfänglich noch gemeinsam mit den Legionen ritt, wichtig gewesen zu sein. Dies mag Gründe gehabt haben. Zum einen sollte es gegenüber Varus Vertrauen erweckend sein, einen zuverlässigen Mitstreiter bei sich zu wissen, zum anderen aber auch darauf hinweisen, dass auch dieser gemeinsame Ritt schon zur Strategie des Arminius zählte und Dio wollte damit die perfide Absicht und Hinterlistigkeit die dahinter stand heraus stellen. Für uns könnte es aber auch Hinweis gebend dafür sein, dass sich dieser gemeinsame Marsch oder Ritt noch über eine lange Strecke hingezogen haben könnte, während dem keinerlei Misstrauen auf Seiten der Römer auf kam, geschweige denn Kampfhandlungen statt fanden. Denn einen gemeinsamen Ritt von nur wenigen Kilometern oder nur ein gemeinsames Verlassen des Hauptlagers hätte man wohl nicht explizit erwähnt. Der erste Marschtag dürfte demnach völlig also ohne jegliche Kämpfe verlaufen sein. Die Trennung wird aber zu einem Zeitpunkt statt gefunden haben, den man germanischerseits für taktisch geeignet hielt. Von wo aus Arminius zum Beispiel zügig und ohne große Zeitverluste jene Region erreichen konnte, in der bereits seine Truppen in Bereitstellung standen und wo man ihn erwartete. Auch diese Treffpunktmarkierung bedurfte einer vorherigen Absprache, denn an diesem Tag musste der Zufall nahezu völlig ausgeschaltet werden. Arminius stieß wie verabredet auf seine Männer und die Pläne zur Vernichtung der dort verstreuten bzw. unterwegs befindlichen römischen Abstellungen wurden, wenn es nicht schon vorher geklärt war ausgetauscht. Aber wieder müssen wir versuchen tief einzutauchen in die alte Welt und die Geschehnisse in jenen Tagen. Wie wankelmütig oder unzuverlässig, oder gar jähzornig hätte sich ein möglicherweise unberechenbarer Varus noch plötzlich präsentieren können. Was wäre, wenn der Segestes Warnruf in seinem Kopf nicht verhallt wäre und sich Varus dann doch noch in letzter Minute eines anderen besann. Wie stand es um seine Entschlusskraft einen einmal vereinbarten und eingeschlagenen Weg auch bis zu Ende zu gehen. War er darin darin glaubhaft oder musste man ihm noch zutrauen, dass er noch während seines Zuges von den Hauptlagern in Richtung Westen seine Meinung überdachte und das Gebiet der Aufrührer links liegen ließ. Diese Gedanken müsste Arminius und sein Stab gehabt haben, deswegen dürften sie bzw. er beim gemeinsamen Gastmahl auch auf jede seiner Regungen und Gesichtsmimik genau geachtet haben. Selbst wenn Varus ein unwohles Gefühl überkommen hätte, so wäre auch ein adhoc artiges kurzzeitiges Umsteuern mit Gesichtsverlust verbunden gewesen. Aber auch dann wären für alle erkennbare und sichtbare Vorbereitungen zu treffen und erforderlich gewesen, so dass man von germanischer Seite noch hätte reagieren können. So hätte es schon eines schlüssigen Anlasses für Varus bedurft um plötzlich doch noch das Aufrührergebiet auszusparen. Arminius wird ihn auch über die gesamte Zeit des Marsches im Auge behalten haben. Und so wird er einen Zeitpunkt für das sich Loslösen von der Truppe gewählt haben, zu dem er sich relativ sicher sein konnte, dass Varus dem richtigen von ihm vorgegebenen Pfad auch noch nach seinem Fortgang folgen würde. Nicht auszudenken, die Germanen hätten die Abstellungen nieder gemacht und Varus hätte dann, da er sich anders entschied noch über seine ganze Restarmee verfügt und sie unbeschadet und wohlauf nach Anreppen geführt. Dann wäre alles umsonst gewesen und in der Folge hätte vieles einen anderen Verlauf genommen, die Varusschlacht wäre ausgefallen und ein neuer Flächenbrand im Jahre 10 + hätte wohl bevor gestanden. Marschlager 1 nach Corvey deckte sich in etwa mit der Stelle „X“, also mit jenem Punkt, von wo aus Varus dann ins Herz des Widerstandsgebietes vorgestoßen sein müsste, als auch mit jenem Raum aus dem Arminius mit schnellen Hufen in die Bereitstellungsräume seiner Mannen geritten sein könnte. Aber nun muss ich mich noch mit einem sehr heiklen Punkt auseinandersetzen, denn wie stand es um die Abstellungen die die Germanen vorher anforderten. Wo befanden sie sich, aus wie viel Kämpfern bestanden sie und die Frage, ob es Römer oder Hilfsvölker waren, oder ob sie sich aus gemischten Verbänden von Römern und Hilfsvölkern zusammen gesetzt haben könnten. Denn unter der Berücksichtigung, dass diese Abstellungen mit in die Stärke der Varuslegionen eingerechnet werden, läuft diese Überlegung darauf hinaus sich vorstellen oder errechnen zu können, auf wie viel Krieger Varus später bei vollem Verlust der Abstellungen hätte verzichten müssen. So ist nach C. Dio die Rede davon, dass die Germanen „viele“ römische Hilfskräfte anforderten. Eine leider ungenaue Darstellung, denn was sind schon „viele“ ? Zumindest dürfte klar sein, dass diese „vielen“ aus germanischer Sicht im günstigsten Falle nicht mehr an der Varusschlacht teilnehmen konnten und die Legionen entsprechend schwächten. So sollen sie die Aufgabe gehabt haben, Gegenden sprich Örtlichkeiten zu bewachen und sollen die Cherusker vor Räubern bewahrt haben und Proviantkolonnen hätten sie schützen müssen. Jedes einzelne dieser von den Cheruskern vorgetäuschten Manöver bzw. gründe um den Legionen Kampfkraft zu entziehen, würde es verdienen auf ihre wohl eher unverhohlene da fehlende „Sinnhaftigkeit“ hin analysiert zu werden. Sparen wir uns also zu fragen, welche Proviantkolonnen denn in Cheruskien unterwegs waren und wer denn die Räuber gewesen sein sollen die die Germanen bedrohten. Aber offensichtlich ging die germanische Rechnung auf. Ebenso wenig wissen wir und werden es nie erfahren, wie hoch der Anteil seiner eigenen cheruskischen „Auxiliareinheit“, bestehend aus den alten Kampfgefährten von Pannonien und den neuen jungen Kriegern war, die er teils schon bei sich und die er teils in der Deckung gehalten hatte. Es ist aber denkbar, dass es sich bei den Germanen die er noch zusätzlich zur Verstärkung herbei rufen wollte auch um Mitglieder anderer Stammesverbände gehandelt haben könnte. In dem Moment an dem Arminius die Legionen verließ und um es mal theatralisch auszudrücken einen letzten Blick auf seine ehemaligen Weggefährten warf, schlüpfte er auch physisch in die Rolle des Feindes und streifte sein diplomatisches Zwangskostüm ab. So gab er noch im symbolträchtigen Wegreiten einen unhörbaren aber ultimativen Befehl für den Beginn des militärischen Teils der Aktion „Varusschlacht“. Von nun an wurden alle in irgendeiner Form beteiligten Stämme, die kleinen Dorfgemeinschaften und alle Siedler der Region via Stafette nach dem Prinzip Lauffeuer informiert, dass es nun ernst werden würde und das nicht nur im Aufenthaltsgebiet der römischen Abstellungen. Die interessante aber vor allem rätselhafte Tatsache, dass Varus in dieser Zeit überhaupt noch Abstellungen in den germanischen Siedlungen stationiert hatte mag von der Unbekümmertheit zeugen, mit der er die Gefahrenlage einschätzte und in die er dann hinein schlitterte und den Aufrührern vorher sogar noch seinen hohen Besuch ankündigen ließ. So gelöst und selbstsicher wie Varus den Anschein hinterließ, so unbekümmert verrichteten auch die römischen Abstellungen ihre Arbeiten nämlich ohne von der schwebenden Gefahr zu wissen bzw. sich ihrer bewusst sein zu können. Und sicherlich waren die Abstellungen auch nicht aus jenen Regionen heraus von den Germanen abgerufen worden bzw. dort tätig gewesen, in denen Varus nun die Aufrührer mäßigen wollte, also im südlichen Nethegau nahe dem Saltus. Denn dann hätten die Kämpfe mit mit den Abstellungen wie ein Frühwarnsystem für die Legionen gewirkt. Frühestens am späten Nachmittag oder Abend dieses fiktiven 24.9.0009, könnten dann auch die ersten Schwerthiebe auf jene von römischer Seite abgestellten Legionäre nieder gegangen sein, die sich nichtsahnend unter den Germanen aufhielten, deren Transporte begleiteten oder anderweitige Pionierdienste leisteten, bzw. für den Wegeausbau eingeteilt waren. Es muss Ihnen wie ein Blitz aus heiterem Himmel vorgekommen sein, als sich plötzlich Freunde als Feinde erwiesen. Wie bereits von mir spekuliert, wird man abseits vom späteren südlich von Höxter liegenden Kampfgebiet, die Bausoldaten und die römischen Polizeikräfte aus strategischen Gründen nicht suchen brauchen, sondern eher nördlich der Hellweg West/Ost Trennachse im befriedeten ruhigeren Teil des okkupierten Gebietes, also im Großraum Marienmünster oder Nieheim. Waren sie in kleinere Einheiten zerstreut und zersplittert unterwegs, so war ihre Verteidigungsfähigkeit und Kapazität begrenzt und sie ließen sich dort besser ausschalten, aber wir kennen ihre jeweilige Mannschaftsstärke nicht. Von den nun einsetzenden überraschenden Kampfhandlungen im heutigen Raum Ostwestfalen könnten aber auch jene Römer betroffen gewesen sein, die sich ebenfalls noch völlig unwissend beispielsweise auf einem routinemäßigen Versorgungs Rückweg durch den Horner Engpass nach Anreppen bewegten oder eine Strecke über den Eggehöhenweg gewählt haben, der sie zuerst ins Standlager Aliso/Schwaney führte. All diese sich im Umkreis oder Großraum bewegenden römischen Transportkolonnen waren nun gefährdet mit in die Kämpfe verwickelt zu werden, wenn sie nicht rechtzeitig die schützenden Kastelle Aliso oder Anreppen erreichen konnten. Denn wenn noch nicht einmal Varus besondere Vorkehrungen traf, wie sollten dann erst andere römische Kleinzüge oder Wachtposten eine Notwendigkeit darin gesehen haben sich auf Angriffe einzustellen. So glimmte in Ostwestfalen am Vorabend der Varusschlacht nach dem römischen Immensum Bellum, als die Legionen nur verbrannte Erde hinterließen erneut die Lunte die zu einem Flächenbrand anwachsen sollte und wieder einmal würde eine ganze Region im Feuer stehen und das auch nicht nur da, wo Varus mit seinen Legionen unterwegs war. Auch der recht ominös erscheinende Asprenas mit seinen zwei „flüchtigen“ Legionen sei an dieser Stelle erwähnt. Er könnte theoretisch über seine Verbindungsoffiziere von den Warnungen des Segestes früher erfahren haben als man vermutet. Er könnte sie sogar ernster genommen haben als Varus. Man kann der Sachlage nach vielleicht auch unterstellen, dass sein Gespür für den drohenden Konflikt ausgeprägter war und ihn einige Informationen möglicherweise sogar detaillierter erreicht hatten bzw. zu seinen Ohren kamen. Es könnte sogar eine Erklärung dafür sein, dass er sich rechtzeitig um die nötige Distanz zu den Varuslegionen bemüht hatte und er seine Legionen wie es heißt zum Rhein retten konnten. Auch das Rätselraten um seinen Standort beim Ausbruch der Varusschlacht hält unvermindert an. Am Kampfgeschehen um die Varusschlacht waren wie überliefert Cherusker und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wegen der bei ihnen gefundenen Legionsadler auch Chatten, Marser und Brukterer beteiligt. So stellt sich natürlich die Frage, warum die in den Folgejahren massiv auftretenden Angrivarier, da sie nördlich der Cherusker siedelten, nicht auch schon 9 + als ebenfalls eine den Cheruskern sehr nahe stehende Fraktion an den Kämpfen mit beteiligt gewesen waren bzw. in dem Zusammenhang genannt wurden. Das römische Aufmarschgebiet an der Weser grenzte auch an ihre Siedlungsgebiete. Meine Erklärung dafür ist, dass sich die Angrivarier möglicherweise an der Ausschaltung der Abstellungen beteiligten, aber wegen der Distanz zum südlichen Nethegau nicht an der Varusschlacht unmittelbar teilnehmen wollten. Denn wie sich die Bekämpfung der so genannten Abstellungen im Detail zugetragen haben könnte, entzieht sich unserer Kenntnis. Ob es Arminius mit seinen Mannen allein bewerkstelligte, alle verstreuten Abstellungen noch kurz vor Beginn der Varuskämpfe zu vernichten um dann noch im Eiltempo ins Nethetal zu gelangen, um dort aus rückwärtiger oder seitlicher Position heraus die Legionen wie auch immer anzugreifen ist fraglich. Es könnten einzelne germanische Kommandoaktionen gewesen sein, die die Position der Abstellungen kannten, da sie sie schließlich angefordert hatten und diese nieder ringen konnten. Es ist auch zu berücksichtigen, dass man damals römischerseits gar keine Unterteilung machen konnte, welcher Germanenstamm nun wann und wo gegen sie im Einsatz war und welcher nicht. Stämme, Sippen lebten eher wie ein Flickenteppich miteinander oder untereinander, wer wollte da schon Zuordnungen machen wollen. So war es aus römischer Sicht später auch kaum mehr nachvollziehbar, welche Stämme es letztlich waren, die ihre Abstellungen vermutlich im Großraum zwischen Horn, Steinheim, Marienmünster, Lüchtringen bis nordwestlich Höxter im Vorfeld der Varusniederlage bezwangen. So könnten dies auch schon gut und gern Angrivarier gewesen sein. Man kann hinter der pauschalen Aussage von C. Dio auch schließen, dass es sich um unterschiedliche germanische Stämme handelte, die die Legionäre anforderten. Wer kannte damals schon die einzelnen Grenzverläufe. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich in dieser ersten Phase bereits Teilstämme der Angrivarier den Kämpfen gegen die Abstellungen angeschlossen hatten, denn man wusste es in Rom nicht besser zumal nur wenige Überlebende berichten konnten. Es dürfte ja sogar muss insgesamt betrachtet schon eine gewisse Zeit in Anspruch genommen haben, bis es den Germanen gelang die besagten Abstellungen denn es waren ja „viele“ zu bezwingen. Schließlich konnten meines Erachtens die Männer um Arminius auch erst am zweiten Marschtag mit in die Varusschlacht eingreifen, als sich Varus laut C. Dio bereits in schwer passierbaren Waldgebieten befand. Dieser Hinweis lässt den Schluss zu, dass sich die Legionen, bevor Arminius sie verließ möglicherweise auch noch auf besser ausgebauten Wegen wie zum Beispiel dem römischen Hellweg befunden haben könnten. Denn Arminius griff sie ja erst zu einem Zeitpunkt an, als sich diese bereits über schwieriges Terrain bewegten bzw. dort marschierten, wo er sie hin beordert hatte. So wage ich an dieser Stelle mal den Versuch einer „minutiösen“ Ablauffolge. Arminius begleitete also den Convoi bis in den Raum des ersten Marschlagers. Für die mögliche Wegstrecke bzw. übliche Tagesetappe von 21 Kilometern auf einer gut nutzbaren Trasse wie dem Hellweg und einer Aufbruchzeit morgens gegen 9 Uhr sowie einer allerdings wegen des umfangreiches Trosses am ersten Tag verlangsamten durchschnittlichen Marschgeschwindigkeit von etwa drei Kilometer pro Stunde, hätte man das erste Lager nach etwa sieben Stunden gegen 16 Uhr erreicht haben können. Kurz vor der Ankunft am ersten Marschlager ritten Arminius und seine Männer also davon bzw. bogen nach rechts ins Oberwälder Land ab, um dort auf die Kämpfer zu treffen bzw. sie zusammen zu rufen. Als Varus am Morgen des 25.9.0009 vom ersten Marschlager mit seinen Kampflegionen aufbrach, hatten die Germanen nahezu parallel dazu schon vor Sonnenaufgang damit begonnen die Abstellungen anzugreifen. Arminius nahm anfänglich daran teil, verließ aber nachdem sich die Aktion als ein Erfolg abzeichnete die Region und wandte sich mit den ihn begleitenden Kriegern in Richtung Varusarmee. Er erreichte diese, als sie bereits in den kritischeren Bereich der Wegstrecke vorgedrungen waren, traf sich dort mit seinem Vater und beide beobachteten das weitere Geschehen. Ließe sich eventuell aus dieser Überlegung eine Chronologie ableiten ? Zum Beispiel der Dreisatz: Arminius verließ die Legionen am ersten Marschtag gegen 15 Uhr als man sich kurz vor dem ersten Marschlager befand, er half anfänglich bei der Niederschlagung der Abstellungen ab den frühen Morgenstunden des zweiten Marschtages noch selbst mit, wofür er 6 Stunden brauchte, wie viel Kilometer hatte Varus in dieser Zeit am zweiten Marschtag ins Aufstandsgebiet bereits zurück gelegt ? Mit dem Ergebnis dann auch zu wissen, wann die Legionen in die ersten Kämpfe verwickelt worden sein könnten. Aber so abwegig ist diese Dreisatz Theorie gar nicht, wie sie auf den ersten Blick anhört. Wenn nämlich Varus im Morgengrauen des 24.9.009 aufbrach, Arminius ihn tatsächlich gegen Nachmittag erst verließ und dann auch erst am nächsten Tag der Kampf mit den Abstellungen begann, dann waren er und seine Germanen auch nicht mehr imstande Varus schon am gleichen, also ersten Marschtag anzugreifen. Arminius konnte Varus folglich aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit gar nicht mehr an diesem ersten Tag an griffen haben, dem Tag an dem Varus morgens sein Weserlager verließ und griff demnach erst am zweiten Marschtag dem 25.9.0009 ins Kampfgeschehen ein. Damit verlief der erste Marschtag reibungslos, was sich auch in die Kette der Marschlager Theorien nahtlos einreiht. Das muss aber nicht bedeuten, dass nicht am zweiten Marschtag bereits vereinzelte übermütige Germanen erste vorsichtige Attacken noch aus der Ferne vorgetragen, gegen die Legionen führten und ohne auf die Ankunft von Arminius zu warten. Es spricht aber auch einiges dafür, dass die Germanen unter der Führung von Segimer erst die Anwesenheit von Arminius und seinen Männern auf dem Schlachtfeld abwarteten, bevor sie die Legionen ernsthaft an griffen. Es ist aber davon auszugehen, dass Arminius nur Teile seiner Männer abstellte und auch Kommandoeinheiten unter fremder beispielsweise angrivarischer Führung gegen die Abstellungen agieren ließ und er sich selbst schon früher etwa um die Mittagszeit des 25.9.0009 auf den Weg zu den Varus Legionen machte. Letztlich entscheidend aber war, dass er im richtigen Moment zur Stelle war als man schockiert zur Kenntnis nehmen musste, dass die vermeintlichen Untertanen nun plötzlich als Feinde vor ihnen standen und ihre verheerende psychologische Wirkung entfalteten. Man erkannte also offensichtlich auch Arminius und seine Männer ganz schnell, als diese wie aus dem Nichts heraus unvermittelt das Schlachtfeld betraten. Alles ist schon ein wichtiger Hinweis, wenn man den gesamten Ablauf rekonstruieren möchte, denn dass würde dafür sprechen, dass der zweite Marschtag der Tag war, an dem die eigentlichen Kämpfe unter den sich stetig verschlechternden Wetterbedingungen gegen den Varuszug begannen. Aber auch ein Blick über den Tellerrand der möglichen Kampfplätze im Zusammenhang mit der Varusschlacht bzw. den Kämpfen mit den Abstellungen muss gestattet sein. Hoch gehandelt wird dabei immer die Region nahe Horn und Berlebeck. Dort befindet sich auch ein Flurstück mit dem viel sagenden Namen Wintfeld bzw. Winnfeld oder auch Schnepfenflucht genannt. Hierzu berichtete 1582 schon der Lemgoer Heimatforscher Hamelmann, dass auf dem Wintfeld in früheren Zeiten zahlreiche Funde von menschlichen Gebeinen sowie verschiedene römische Waffen und Trossteile bis hin zu augusteischen Münzen gemacht wurden. Die Münzen habe er 1556 noch selbst gesehen. Ob Hamelmann bereits Kenntnis von den entdeckten Tacitus Annalen hatte bzw. in dieser Zeit eine römische Münze bestimmen konnte ist fraglich. Aber im Kontext betrachtet scheint es unstrittig zu sein, dass sich auch besonders hier Örtlichkeiten befanden, wo es zu Kämpfen zwischen Römern und Germanen kam. So könnte in der Tat eine dieser besagten römischen Abstellungen auf dem Rückzug auch an jenem Platze angegriffen worden sein. Ob diese Münzen nun VAR Gegenstempel trugen oder nicht ist natürlich nicht überliefert. Spekulationen, dass es sich hier auch um die Überreste der Vala Schwadronen handeln könnte, müssen in Zweifel gezogen werden, da auf dem Winnfeld auch viele Kopfnägel von Trossrädern gefunden wurden. Einzelne Exemplare der Kopfnägel fanden sich sogar noch zusammen verklumpt mit Eisenresten eines Trossrades. Numonius Vala und seine Schwadronen waren damals aber sicherlich nicht mitsamt eines Trosses soweit nördlich vom Saltus auf der Flucht. Aber hier müssen wir noch mal auf die Fakten blicken. Kaum anzuzweifeln ist, dass sich auf dem Winnfeld Kämpfe zugetragen haben, die aufgrund der Funde in dieser Region auf eine germanisch römische Auseinandersetzung schließen lassen. Die Reste aufgepflügter menschlicher und wohl unbestatteter Gebeine zeugen von einem voraus gegangenen Kampf. Es müssten die Reste gefallener Römer gewesen sein denn, wären es Germanen gewesen, so wären diese traditionell von ihren Stammensgenossen wie überliefert ist, beigesetzt worden. Wenn es denn augusteische Münzfunde gewesen sein sollten, so sprechen diese aber auch für Kämpfe während oder nach der Regierungszeit von Kaiser Augustus zwischen 27 - bis 14 + bzw. auch weit darüber hinaus. Die römische Expansionsphase bot germanischen Straßenräubern die es bekanntlich bzw. wie überliefert ist auch gab, immer wieder Gelegenheit auch römische Kolonnen anzugreifen um Beute zu machen. Sollte es sich aber um Abstellungskämpfe im Zuge der Varusschlacht gehandelt haben, so müsste dann der Treck vom Winnfeld in Richtung Anreppen unterwegs gewesen sein, da auch diese Verbände letztlich zur Lippe oder zum Rhein unterwegs waren. Wäre der Verband in Gegenrichtung also nach Norden gezogen, wäre der Überfall noch in die Expansionsphase also die der Landerschließung gefallen. Aus der einen Variante könnte man demnach schlussfolgern, eine römische Kolonne wurde im Zuge der Abstellungskämpfe aufgerieben und aus der anderen wäre dies möglicherweise bereits ein herber Verstoß gegen den Bündnisvertrag mit den Cheruskern gewesen. Allerdings wären es dann keine den Cheruskern zuzuordnenden Straßenräuber gewesen, denn wer hätte sich von ihnen gewagt vor dem Jahre 9 + also defacto noch in Friedenszeiten einen römischen Marschzug in Richtung Norden anzugreifen. Ob die Germanen im Zuge des Immensum bellum zwischen 1 + und 5 + derartige Angriffe ausführten ist aber ebenso wenig auszuschließen wie der Angriff auf eine Marschkolonne im Zusammenhang mit dem Aufmarsch der römischen Legionen während der Rachefeldzüge ab 15 + und 16 +. So gesehen hilft uns ohne erfolgreiche und somit auswertbare Nachgrabungen dieser sehr alte Fund letztlich leider keinen Schritt weiter und die gute alte Schaufel müsste es lösen helfen. Hinsichtlich der Tatsache bzw. der Frage, warum sich die, für die germanischen Siedlungen abgestellten Legionäre zum Zeitpunkt des Abmarsches noch nicht in der Marschkolonne des Varus befanden vertrete ich die Auffassung, dass Varus es wohl nicht für nötig hielt anlässlich eines aus seiner Sicht vielleicht nur unterschwelligen und routinemäßigen „Aussentermins“ seiner Gerichtsbarkeit gleich alle verfügbaren Legionäre für den Umweg zusammen zu ziehen. Eine andere Erklärung könnte wie ich bereits schrieb die gewesen sein, dass jene Abstellungen aus den beschriebenen Räumen schneller von ihren jeweiligen Positionen aus die Lager an der Lippe erreichen konnten, als sich vorher noch einem Umweg nach Süden hätten aussetzen zu müssen, um sich dem entfernter marschierenden Varuszug anzuschließen. Aber die besondere Erwähnung der gezielten Kampfeinsätze gegenüber den in den Dörfern stationierten und von den Germanen angeforderten Römern sollte sicherlich nicht den Unterhaltungswert seines Berichtes steigern helfen. Warum fand er also Eingang in die Geschichtsbücher ? Sollte dieser Hinweis schon einen ersten Anhaltspunkt dafür liefern, dass hier eine von vornherein personell geschwächte und nicht voll einsatzfähige Armee in einen Kampf zog und daher leichter zu besiegen war ? Sollte damit gar das sich bewundernswert positiv entwickelnde Vertrauensverhältnis zwischen Germanen und Römern herausgestellt werden, womit die Sorglosigkeit von Varus zusätzlich begründet wurde, in dem er es sogar noch riskieren konnte in dieser Situation seine Kontingente an der langen Leine zu führen ? Es mag noch eine Reihe anderer Gründe gegeben haben, warum sich zum Zeitpunkt seines Abmarsches Legionäre außerhalb der strengeren Militärdisziplin im Lande aufhalten durften. Waren die Legionäre mit der Aufgabe mit der man sie beauftragt hatte etwa nicht rechtzeitig fertig geworden, sollten, konnten oder wollten sie sich daher wenn überhaupt erst später in die Kolonne einfügen. Vielleicht war Ihnen auch die Aufgabe zugedacht gewesen, später mit den germanischen Hilfsvölkern und hier vor allem den Cheruskern die Nachhut zu bilden, so dass eine Verspätung nicht weiter ins Gewicht gefallen wäre. Einen mit Tross langsam marschierenden Marschzug noch einholen zu können dürfte für berittene Einheiten auch mit Verspätung kein großes Problem bedeutet haben. Man könnte sogar soweit gehen und annehmen, dass sich die Legionäre bemühten Abstellungen bilden zu dürfen um dem tristen Lagerleben zu entkommen, man kann sogar spekulieren, dass sich die abgestellten Legionäre bewusst von der Hauptmacht fern hielten, weil ihnen die Lage suspekt schien. Vielleicht waren es gerade diese römischen Legionäre aus den Abstellungen, die sich nach der Varusschlacht noch eines langen Lebens erfreuen durften, da man sie widerstandslos aufgriff und als Sklaven übernahm. Spekulationen kennen eben keine Grenzen. So lässt die Überlieferung viele Schlüsse zu. Fanden nicht auch gerade erst die Festivitäten zu den beiden angenommenen kultischen Großereignissen wie des Kaiser Augustus Geburtstags und des Equinox ihren Abschluss ? Wir wissen auch nicht wie es um die Disziplin bestellt war und so wäre es den Legionären auch nicht zu verdenken, wenn diese es mit dem Aufbruch auch nicht so eilig gehabt hätten. Vielleicht hatten die Cherusker dabei auch schon etwas „nachgeholfen“ und könnten sie ihrer Verteidigungskraft beraubt oder diese eingeschränkt haben. Das Unbrauchbar machen von Waffen wäre da noch ein einfacher weg gewesen. Varus jedoch zu lange auf ihr Erscheinen warten zu lassen, wäre aber wohl von ihm bzw. seinen Kommandeuren keinesfalls toleriert worden. Schließlich war letztlich doch ein gewisser Ernst der Lage dadurch erkennbar, da Arminius vorgab aufgrund der gemeldeten Unruhen doch sicherheitshalber weitere Streitkräfte der Bundesgenossen hinzuziehen zu wollen und was man ihm auch abnahm. Aber aus welchen Stämmen könnten sich die hier gemeinten zusätzlichen germanischen Hilfskräfte zusammen gesetzt haben ? Waren es die Dulgubiner in denen man gerne einen Stamm sieht, der rechts der Weser zum cheruskischen Stammesverbund zählte oder waren es schon die im Nordwesten von Höxter siedelnden Angrivarier oder waren es immer nur Cherusker. Sich eine Situation vorstellen zu müssen, bei der die germanischen Auxiliartruppen bei Varus pünktlich zur Stelle gewesen wären, sich also wie vereinbart den Legionen angeschlossen hätten und den Anschluss an die Legionen somit rechtzeitig gefunden hätten, aber die eigenen Legionäre aus den Abstellungen auf sich warten ließen, wäre undenkbar. Wir wissen nicht wie umfangreich man sich die erwähnten römischen Abstellungen im Lande vorzustellen hat und wie weit sie auseinander gezogen waren. Es könnten schon einige hundert oder gar tausend gewesen sein. Die Maßnahme diese römischen Reiter- und wohl auch Fusslegionäre noch vorher Kampfunfähig zu machen und es zudem noch sehr kurzfristig durch germanische Einheiten umzusetzen muss demnach eine taktische Meisterleistung gewesen sein. Denn wäre es auch nur einem einzigen berittenen römischen Legionär gelungen die Flucht aus der Tiefe der germanischen Provinz zu schaffen, sich nach Aliso oder zu Asprenas durchzuschlagen, oder es wäre ihm sogar möglich gewesen die ziehenden Varuslegionen noch in der Nacht oder am frühen morgen des 25.9.0009 zu warnen, so hätten sich diese sofort in eine Verteidigungsformation begeben und es wäre eine Alarmlage ausgerufen worden. Damit wäre der ganze Plan von Arminius und Segimer schon frühzeitig nichtig geworden, man kann wohl sagen zum Scheitern verurteilt gewesen. Welche ausgefeilte Strategie muss daher Arminius angewendet haben, um das hohe Risiko einer Vereitelung zu diesem sehr frühen Zeitpunkt auszuschließen. Einen Plan dessen Realisierung er und sein Vater schon seit langer Zeit verbissen verfolgt hatten kurz vor der Umsetzung platzen zu lassen, hätte nicht nur ihr persönliches Ende bedeutet. Daher nochmal die Frage, wo befanden sich die verteilten römischen Legionäre die es auszuschalten galt und das alles nur wenige Stunden vor den ersten Kampfhandlungen am Varuszug und wie ließen sie sich und konnte man sie unauffällig und komplett nieder machen ? Waren die Legionäre über viele Germanendörfer oder andere Standorte verteilt gewesen, so hätten die Germanen auch genau wissen müssen, wo sich die einzelnen Gruppen befunden haben. Einzelne Legionäre die in Germanien individuell unterwegs waren sind schwerlich vorstellbar. Auch beritten sollten sie gewesen sein, denn es waren Distanzen zu überbrücken. So bestand die latente Gefahr, dass sich Legionäre einzeln oder in Gruppen unbeobachtet der Vernichtung hätten entziehen können. So weit so gut, aber es gibt noch eine weitere Variante die sich in den Ablauf der Geschehnisse am 24. und 25.9.0009 einfügen ließe. Man stellt sich nach der Beschreibung von C. Dio gerne vor, die Abstellungen müssten sich in kleinen Gruppen kreuz und quer verteilt im ganzen Stammesgebiet der Cherusker und möglicherweise auch darüber hinaus aufgehalten haben. Es kann aber auch anders gewesen sein. Denn die so genannten Abstellungen, also die abgestellten Legionäre oder Hilfsarbeiter könnten sich zu dem Zeitpunkt, als die Germanen auf sie trafen oder schon vorher auf wenige überschaubare Einsatzgebiete, Projekte bzw. Schwerpunkte konzentriert haben, wo man sie relativ schnell lokalisieren einkreisen und ausschalten konnte. Abwegiger erscheint mir die Vorstellung, sie hätten sich bereits in einem kleineren Lagerkomplex im Großraum der germanischen Dörfer also in der Umgebung des heutigen Höxter gesammelt bzw. zurück gezogen. Es kämen dafür zwar mehrere per Luftbild geortete Bodenstrukturen infrage, wo sich Lager befunden haben könnten, in denen sich auch eine gewisse Anzahl Legionäre außerhalb der Hauptlager aufgehalten haben könnten. So zum Beispiel angrenzend an den Ort Lüchtringen nördlich von Höxter gelegen, wo man Hinweise auf Lager entdeckte die schon eine geeignete Größendimension aufwiesen. Um aber den Anschluss an die abziehenden Legionen nicht zu verlieren, ist es schwer vorstellbar, dass es sich bei den abgestellten Legionären oder Hilfskämpfern um Infanterie gehandelt hat, sondern eher um Reiterei. Die Überlieferung berichtet, dass drei Alen an der Varusschlacht beteiligt waren. Eine Ala bestand im Heereswesen der Kaiserzeit aus 500 bis 1.000 Reitern und zählte zu den nicht römischen Auxiliartruppen, wurde also beispielsweise aus Kelten oder Germanen gebildet. Hinzu kam die rein römische Kavallerie die bei drei Legionen aus etwa insgesamt vierhundert hauptsächlich Aufklärungs - und Meldereitern bestanden haben könnte. Setzten sich die Abstellungen wegen der Distanzen nur aus Berittenen zusammen, könnten sie sich auch aus reinen Hillfsvölkern und keinen Römern mit Bürgerrecht zusammen gesetzt haben. Das würde wieder die Diskussion in die Richtung eröffnen, wie feindlich man sich unter den Germanen gesonnen wäre, man sprach schließlich die gleiche Sprache. Hätten sich auch Unberittene also Infanterie zum Zeitpunkt des Abmarsches noch in den weit verstreuten germanischen Dörfern befunden um dann von dort in Eilmärschen noch den Anschluss an den Marschzug suchen zu müssen ? Einer römischen Legion wurde eine Kavalleriestärke von 120 Mann, was vier Schwadronen a` 30 Reutern entspricht zugeordnet. Nach Cassius Dio kommandierte Varus „viele“ Legionäre an die Abstellungen ab, er überliefert uns aber nicht, dass Varus Auxiliareinheiten also Soldaten aus Fremdvölkern zu den Abstellungen abkommandierte und ob es Reiter oder Infanterie war. Hier würde sich meine Theorien spalten. Wären es nicht römische Alen gewesen, wären sie zwar zu Pferde sehr mobil in Germanien unterwegs gewesen, es wären dann aber keine römischen Kavalleristen gewesen, denn Dio schreibt explizit Legionäre und nicht Hilfsvölker. Und die römische Kavallerie die in erster Linie Aufklärungszwecken zu dienen hatte wird er nicht allein in die Abstellungen beordert haben, obwohl man sie sich eingeschränkt auf Polizeifunktionen in Innergermanien vorstellen kann. Reine Polizeifunktion, Kontrolle oder Bewachung wäre also denkbar, dann hätten man sie aber nicht für Instandsetzungsarbeiten wie Brückenbau etc. eingeteilt. Ob sich allerdings die germanischen Verbände gegen Abstellungen bestehend aus der römischen Kavallerie gestellt hätten, denen auch die Flucht hätte gelingen können würde mich in eine schwierige Spekulationsfalle führen. Römische Infanterie könnten sich folglich immer unter den auch germanischen auxiliaren Abstellungen befunden haben und das auch mit einer begrenzten Anzahl an Soldaten der römischen Kavallerie zum Schutz. Die Theorien lösen jedoch nicht die Frage, wieviel Soldaten, ob sie nun aus Fremdvölkern bestande n oder aus Römern im Zuge der Kämpfe mit den Abstellungen, möglicherweise auch alle umkamen. Bei diesen vorher von der Cheruskern außer Gefecht gesetzten Kämpfern dürfte es sich aber faktisch um größere Einheiten mit erheblicher Mannschaftsstärke gehandelt haben, denn es waren ja ganz schön „viele“ wie Dio uns freundlicherweise überlieferte. Und diese fehlten allesamt an den darauf folgenden Tagen in der eigentlichen Varusschlacht. Wäre die Anzahl der Legionäre die im Vorfeld umkamen für den Schlachtverlauf unerheblich und zu vernachlässigen gewesen, so wären uns vermutlich auch nicht diese Kämpfe mit den Abstellungen überliefert worden. Sollten sich also sowohl römische Fusslegionäre oder zu Fuß kämpfende Kelten oder Germanen, als auch Berittene abseits vom Varuszug bei den Abstellungen aufgehalten haben, die dann den Varuszug nicht mehr erreichten, so stellt sich immer wieder neu die Frage, warum sich zum Zeitpunkt des Rückmarsches überhaupt noch Militär des Imperiums in den germanischen Dörfern aufhielt. Konnte Varus tatsächlich auf diese abgestellten Einheiten die uns als „viele“ überliefert wurden während seines „Ortstermins“ bei den Aufrührern problemlos verzichten, warum zog er diese eigenen Männern nicht rechtzeitig zusammen und bevorzugte statt dessen die germanischen Kräfte der Bündnisgermanen die ihm von Arminius zur Verstärkung angeboten wurden ? Vermutlich konnte er sich sowohl als auch entschieden haben, da er letztlich keine Gefahr witterte. So war auch hier das Vertrauen von Varus offensichtlich wieder so grenzenlos, dass er auf seine eigenen Soldaten zugunsten der germanischen Kämpfer verzichtete und sie bei den Dörfern beließ. Aber alle in Germanien abgestellten Kontingente einte, gleich wo sie sich aufhielten, sie durften nicht mehr in Kontakt zu Varus treten können. Das war die zentrale Aufgabe die das germanische Bündnis zu erfüllen hatte. Und es gelang ihnen offensichtlich erfolgreich, gleich ob es in einem Kesselgefecht oder in Einzelaktionen statt fand. Denn es wurde nicht bekannt, dass Varus während er sich auf dem Zug befand weitere Warnungen entgegen nahm bzw. grundsätzlich seine Zugrichtung änderte oder zu einer anderen Strategie überging, da er noch im letzten Moment Warnungen von den Entkommenen aus den Abstellungen erhielt. Da uns die ersten Attacken auf die Römer als völlig überraschend dargestellt werden, kann es definitiv zu keiner Warnung gekommen sein, es sei denn man hat sie nicht bis zu den unteren Kadern durchgesteckt. Auch hier wieder ein weites Feld für Vermutungen, Annahmen etc. auch kurz Spekulationen genannt. Letztlich war es aber unerheblich, ob sich noch entflohene Soldaten der Abstellungen dem Marschzug anschließen konnten oder nicht, denn im Zuge des Marschgefechtes wurde ein möglicherweise noch vorhandenes gegenseitiges Gleichgewicht durch die Realitäten der Umstände aufgehoben, so dass es nicht mehr von Belang war, ob es den entsendeten Arbeits- oder Polizeilegionären noch gelang, sich in den Zug zu integrieren oder nicht, denn zu diesem Zeitpunkt sprachen auf beiden Seiten bereits die Waffen und schafften ihre eigenen Fakten. Die drei durch strukturierten Varus Legionen verfügten theoretisch über insgesamt 12 Schwadronen a` 30 Reiter und Teile von ihnen könnten zur Kontrolle der Alen bzw. der Auxiliareinheiten mit zu den Abstellungen abkommandiert worden sein was, wenn sie alle umkamen letztlich die an der Varusschlacht beteiligten Legionen schwächte. Bei durchschnittlich angesetzten 750 Reitern pro Ala hätte es sich insgesamt um etwa 2.250 Kämpfer gehandelt haben können die in diese Gefechte verwickelt wurden. Auf alle diese 2.250 Reiter konnte Varus sicherlich nicht verzichten, so dass er auch nur Teile von ihnen als Abstellung frei gegeben haben dürfte. Insgesamt betrachtet, stellt sich aber besonders für alle an den Varusschlacht Kämpfen beteiligten seien es Reiter, Alen, Fußkämpfer, Römer, oder Hilfsvölker wie Kelten oder Germanen immer die Frage ihrer Loyalität zu Rom. Ob sich nun innerhalb der Marschformation berittene und nicht berittene Söldner oder unzufriedene Römer befanden, die schon zu Beginn der Marschschlacht abtrünnig wurden und zu den Germanen wechselten, bleibt unklar. Germanen oder Kelten aus anderen Regionen nördlich der Alpen werden es gewesen sein, die sich dann je nach Solidarität für die eine oder andere Seite entschieden haben mögen. Andere könnte man wie zum Beispiel den Ampsivarier Boiocalus in Ketten gelegt haben um sie nicht in die falsche Richtung entkommen zu lassen. Unter Umständen hatte Arminius ein passiv und in seinem Sinne destruktives Verhalten der germanisch/keltisch geprägten Alen aber auch schon in seinen Plan mit einkalkuliert bzw. hatte er sie vorher ausgehorcht. Möglicherweise war die Attacke auf die Abstellungen auch schon ein kluger Schachzug der vielleicht ohne großen Aufwand oder vielleicht sogar überhaupt nicht statt gefunden hat, da man sich schon vorher größtenteils in der Sache einig war bzw. sich kampflos ergab. Gleich wie man es bewerten mag, diese wie Cassius Dio schreibt „vielen“ Kämpfer mit unbekannter Anzahl standen Varus jedenfalls später nicht mehr zur Verfügung. Und auch noch weitere Legionäre außer der Rumpfbesatzung des Standlagers Aliso standen, wie ich an späterer Stelle noch begründen werde Varus nicht mehr zur Verfügung. Nachdem Arminius diese Aufgabe im Zusammenspiel mit seinem Vater und seinen Bundesgenossen mit Bravour zum Abschluss brachte, konnte er den nächsten Schritt machen. Aus dem rückwärtigen Bereich des Marschzuges oder von den Seiten könnten es dann auch schon seine Männer gewesen sein, die die ersten Attacken auf den hinteren Tross und die dort marschierenden aber Rom treuen Hilfsvölker anführten. Er wusste nur zu gut wie man es anstellen muss, um einen Marschzug und die Tiere vor den Karren in Verwirrung zu bringen, ohne sich dafür groß anstrengen zu müssen. (3.10.2018)

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Sonntag, 23. September 2018
Publius Annius Florus bestätigt Cassius Dio - Die Auflösung eines Widerspruchs oder die Beerdigung eines Paradoxon
Unverkennbar kommt im Titel meiner Internet Veröffentlichung „Die Clades Variana – Vom Sommerlager in den Untergang“ bzw. meines E-Books bzw. Digitalbuches bei genauem hinschauen unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Überschrift sozusagen bereits Programm ist denn sie nimmt meine Positionierung vorweg. Es spricht daraus im Kern vollumfänglich meine fakten - und Theorie bezogene Herangehensweise an die Vorgänge im Zusammenhang mit der Varusschlacht auf Basis eines Mehrtagesgefechtes im Verlauf eines Marschzuges. Ich nahm den roten Faden wenn nicht schon weit aus früher, so doch letztlich in Höxter auf und ließ die Kämpfe meiner Auffassung nach im Inferno einer Waldschlucht westlich von Borlinghausen enden. Nach dem Bekanntwerden beider auf den ersten Blick völlig von einander abweichender und gegensätzlicher Schriften nämlich den Aussagen von Cassius Dio die auf einer Mehrtagesschlacht und jenen von Publius Annius Florus die auf einer Lagerschlacht beruhen, musste es aus inhaltlichen Gründen und mit der falschen Brille betrachtet zwangsläufig auf einen Bruch zwischen diesen beiden antiken Positionen hinaus laufen, die sich im Laufe der Zeit zu Philosophien hoch schaukelten. Eine im Kontext nur scheinbar fehlende Komptabilität der beiden historischen Aussagen mündete letztlich in einen noch bis heute andauernden Konflikt. Ausgelöst durch einen bislang schier unüberbrückbaren, unüberwindbaren und somit unerklärbaren Gegensatz führte er zu den unterschiedlichsten Auslegungstheorien. So suchte man immer schon lieber nach den Widersprüchen in den Aussagen der beiden Antagonisten statt nach ihren Gemeinsamkeiten. Vielleicht war es auch in Teilen nur dieser starren Denkungsweise der beiden sich unversöhnlich gegenüberstehenden Historikerlager zu verdanken, dass die Varusschlacht ihren Reiz nicht verlor. Und seither stolpern alle interessierten Freunde der römisch/germanischen Geschichte immer wieder über diesen gleichen historischen Fallstrick und es konnte über die Jahre zu keiner plausiblen bzw. für alle befriedigenden Deutung kommen und niemand erkannte den Königsweg. Denn warum sollte der eine mit Namen Cassius Dio es so und der andere Namens Publius Annius Florus es anders berichten und wer von beiden sollte ernsthaftes Interesse an einer Widersprüchlichkeit gehabt haben. Wie war es also wirklich, was trug sich zu, denn es kann wie immer nur eine Wahrheit geben. Man kann an diesem Beispiel gut erkennen, wie hartnäckig sich doch eine überkommene Diskussion halten kann, wenn sie nur lange genug andauert, von namhaften Personen vertreten und befeuert wird und keiner sich wagt mit neuen Überlegungen aus der Deckung zu treten und sie anzutasten, obwohl sie sich bereits selbst überlebt hat und eigentlich in die Mottenkiste der historischen Irrtümer gehört. Für mich ist es unstrittig, dass beide antiken Autoren zum Schlachtverlauf schlussendlich in sich übereinstimmen, denn beide schließen sich nicht gegenseitig wie so oft gemutmaßt wird aus, sondern sie bestätigen sich sogar auf fruchtbare Weise in ihrer Kernaussage, dass ein mehrtägiges „Marschgefecht“ statt gefunden hat. Denn sowohl die Schilderung aus der Feder des antiken Historikers Cassius Dio, als auch die von Publius Annius Florus sind passend und klingen dem Verlauf nach angemessen, wirken nicht nur deckungsgleich sondern sind es, ergänzen sich sogar und ermöglichen damit auch noch eine überfällige Lücke zu schließen bzw. tragen dazu bei einen bislang verdeckten Erklärungsnotstand in den Aufzeichnungen von Cassius Dio zu beseitigen. Aber damit nicht genug, denn die Übereinstimmung beider Historiker bestätigt auch meine Basistheorie des gesamten Schlachtverlaufs im Nethegau. Denn gemeinsam bieten uns beide Historiker damit eine plausible weil nachvollziehbare Verkettung der Ereignisse an, die jedoch nur dann erkennbar und schlüssig wird, wenn man bereit ist den ausgetretenen Weg zu verlassen, der uns in die uralte Sackgasse geführt hat. Der Lagerschlachtüberlieferung von Florus, will man sich denn darunter ein stabiles gut befestigtes und ausgebautes Sommerlager vorstellen muss man deutliche eine Absage erteilen. Will man darin etwa ein wehrhaftes, erhaben errichtetes und gut positioniertes Aliso, oder vielleicht sogar schon fasst ein in der Entstehung begriffenes oder im Endausbau befindliches Winterlager sehen, so darf man aus militärisch/logistischen Gründen diesen Gedanken nicht weiter verfolgen, man würde sonst die Gesamtlage im Zuge einer Truppenrückführung im Herbst 9 + verkennen. Einen Einstieg in die komplexe Thematik der Varusschlacht ließe bzw. lässt sich über viele Wege finden, denn Türen dazu gibt es genügend. Man konnte nach überkommender Tradition sowohl die Dio Überlieferung aufgreifen und bei ihr anfangen, als auch die von Florus oder Tacitus zuerst in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen und die jeweils andere zum Maßstab der Glaubwürdigkeit heranziehen. Wer nun den Schauplatz der gestreckten Varusschlacht aufspüren will, der muss wissen, wo er suchen soll und er kann, ja er muss sich dafür sogar beiden Überlieferungen parallel und aufmerksam zu wenden. Will man nur auf der Basis des Dio Nachlasses dem Schlachtverlauf und der Örtlichkeit auf die Spur kommen, so kommt man an einer plausiblen Erklärung zur Zugrichtung und seiner Zielsetzung, also dem Anfang und Ende der Marschstrecke nicht vorbei. Möchte man der Florus Schrift folgen, bedarf es zudem noch der Lokalisierung eines römischen Lagers am richtigen Platze. Fehlen aber für beides die materiellen also greifbaren Funde, so muss man sich eng an diese zwei alten schriftlichen Quellen, also an diese beiden von Florus und Dio, aber auch noch an die der anderen Historiker halten, die sich in ihrer Aussage aber nicht so deutlich festlegen, wie dies Florus oder Dio taten. Wir können uns außer Florus und Dio heute im Wesentlichen zum Ablauf der Schlacht nur noch mit zwei weiteren antiken Historikern intensiv auseinander setzen, da sich die anderen möglichen Historiker oder Zeitzeugen in ihren Aussagen noch schwerer fassen lassen. Als da wären Velleius Paterculus ein Zeitgenosse, aber kein unmittelbarer Teilnehmer der Varusschlacht dafür aber bezeichnenderweise der Erste, der nach der Schlacht zur Feder griff. Ihm folgte zeitversetzt Publius Cornelius Tacitus mit seiner Schilderung über die Auffindung der tragischen Stätten nur sechs Jahre nach der Varusschlacht. Während uns die beiden zuletzt genannten nämlich Paterculus und Tacitus allerdings kaum etwas über den Hergang der Schlacht hinterließen, so sind ihre Annalen doch überaus hilfreich für die Gesamtanalyse. Florus und Dio stehen sich aber in ihren Überlieferungen für die Nachwelt, dies aber nur bei oberflächlicher Betrachtung diametral gegenüber. Dem versuche ich nun Abhilfe zu schaffen. So sind stehen im Vordergrund Florus und Dio um deren schriftliches Erbe bei Florus in lateinischer Sprache und bei Dio in griechischer Sprache über die abseits von den berühmten anderen Protagonisten wie Augustus, Varus, Tiberius oder Drusus bzw. den magischen Orten wie „Aliso“ oder dem „Teutoburgiensi saltu“ seit hunderten von Jahren ein stiller dafür aber umso hartnäckiger Glaubenskrieg ausgefochten wird. Und obwohl viele Jahrzehnte zwischen den Aufzeichungen von Florus und jenen von Dio ins Land gingen, so stehen sie sich beide doch wie in einem Fernduell um die alten Geschehnisse im Zuge der Varusschlacht nach Ansicht vieler Historiker heillos konträr gegenüber. Es wurde also in der Tat Zeit diesen alten gordischen Knoten zu zerschlagen. Der akribische Dio mag oder müsste sogar zumindest noch von Florus gewusst, also von ihm gehört haben, aber Florus konnte nicht ahnen, dass auf ihn mal ein Cassius Dio folgen würde, der den Schlachtverlauf auch, aber eben auf eine andere Weise wieder geben würde. Es wäre interessant sich nun die Frage zu stellen, warum Dio mit dem Marschgefecht gegenüber Florus eine neue aber dafür umso ausführlichere Variante ins Spiel brachte, aber uns im Gegensatz zu Florus die Details des Lagerüberfalles verschweigt bzw. nur umschreibt und warum Florus andererseits nicht genauer auf die Gefechtsabläufe einging, die sich vor und nach dem Lagerüberfall ereigneten, so wie es Dio nieder schrieb. Anders gefragt, warum übernahm bzw. integrierte Dio nicht einfach die Version des Lagerüberfalls seines Historiker Vorgängers Florus in seine Darstellung, sondern beschrieb den Verlauf der Mehrtagesschlacht ohne auf die Florus` sche „Ausführlichkeit“ des Lagerüberfalls einzugehen. Was natürlich viele Gründe gehabt haben kann. So könnte Dio die Aufzeichnungen von Florus zum einen gar nicht gekannt haben, er könnte sie aber auch gekannt, aber nicht geglaubt bzw. akzeptiert haben und er könnte aus seiner Sicht betrachtet auch über bessere, umfangreichere weil authentischere Quellen verfügt haben, als sie Florus besaß. Es könnte aber auch so gewesen sein und wie ich es favorisiere, dass Cassius Dio die Aufzeichnungen von Florus zweifellos sehr gut kannte, sie für zutreffend hielt und genau deswegen nicht übernahm bzw. wiederholen brauchte. Denn sie standen ja letztlich gar nicht im Widerspruch zu seinen eigenen Schilderungen und sie vertrugen sich mit einem Mehrtagesgefecht gut, waren also deckungsgleich und stimmten damit überein. So konnte er gut darauf verzichten sie in seinen sowieso kurz gehaltenen Nachlass mit einzubauen. Er vermied es folglich die älteren Worte von Florus noch einmal zu übernehmen und zu integrieren, da der Lagerüberfall im Imperium schon lange die Runde gemacht hatte, für niemanden etwas neues, also hinreichend bekannt war. Aber eben auch weil sie inhaltlich bereits in seinen Schilderungen, zumindest ansatzweise zwar etwas verschüttet aber doch eindeutig zum Ausdruck kamen. Es gab also demnach gar nicht diesen großen vielfach beschworenen und hoch gekochten Widerspruch zwischen den Darstellungen des Florus und jenen von Dio wie sie uns die vielen recherchierenden Historikergenerationen so gerne auf ewig ins Stammbuch geschrieben hätten. Dio verfasste jedenfalls seine eigene Version und er publizierte sie ruhigen Gewissens, weil er sie für eine zutreffende und ausführliche Darstellung hielt und weil seine zudem die Florus Darstellung auch nicht ausschloss bzw. sie intergraler Bestandteil war. Doch, einen Grund könnte Cassius Dio gehabt haben, um auf die Beschreibung der Lagerüberfallszene zu verzichten bzw. nicht näher darauf einzugehen. Denn sie war definitiv wie man auch aus seinem Nachlass zweifelsfrei entnehmen kann, der ultimative Höhe - und damit der Wendepunkt der gesamten Varusschlacht. So sparte er sich auch aus auf diesen Lagerüberfall näher einzugehen, weil er nun möglicherweise an jener Kampf entscheidenden Stelle anlangte, an der es vermutlich eben wegen der überaus katastrophalen Auswirkungen um diesen Überfall auch die meisten für ihn schwer nachvollziehbaren Widersprüche in seinen Quellen und von allen Seiten gab. Hier überschlugen sich die Ereignisse und die Augenzeugenberichte drifteten auseinander. Er bevorzugte es daher diese Details weg zu lassen, um sich nicht in alle möglichen „wenn und aber“ hinein ziehen zu lassen die von den Menschen über diese besonders kritischen Stunden zu hören waren und von denen sie natürlich allesamt „wahrheitsgemäß“ Zeugnis ablegten. Um sich nicht auf das Glatteis der vielen sich überkreuzenden Darstellungen zu begeben übte er Verzicht und ließ die Florus Darstellung stehen und für sich reden. Dio macht in diesem Fall einen Sprung und hinterlässt uns ein Plausibilitätsvakuum, dass schon vor Dio für uns dank Florus geschlossen werden konnte. Vergessen wir an dieser Stelle auch nicht die warnend kritischen Worte von Dio, als er alle aufhorchen ließ in dem er bemerkte, dass damals so vieles unbeweisbar ausgesprochen wurde und er für die Richtigkeit nicht den Kopf hinhalten wollte. Im Zusammenhnag mit den chaotischen Verhältnissen der Lagerüberfalles würde seine Aussage Sinn machen. Dio galt ungeachtet dessen als ein zuverlässiger Historiker der hohe Ansprüche an sich selbst stellte und der aufgrund der langen Zeit die nach der Schlacht verging auch eine andere Sicht von den Dingen und auf die Dinge hatte und sich diese leisten konnte. Die folgenden Schilderungen die auch meiner Gesamttheorie zugrunde liegen, basieren daher folglich auch auf der Annahme, dass sich vom Grundsatz her die Dio`sche Mehrtagesschlacht zugetragen hat und es keinen Überfall auf ein römisches Legionslager im besten Sinne eines gut zu verteidigenden Sommerlagers gab. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt bzw. daran erinnert, dass Florus lediglich über einen Lagerüberfall geschrieben hat, ohne das er erwähnte in welchem Ausbauzustand und wo es sich befand und vor allem wie breit seine Wälle, wie stark seine Palisaden waren und von wie vielen Legionären es verteidigt wurde. Cassius Dio hingegen überliefert uns also als einziger antiker Historiker und leider auch mit viel zu knappen Worten, die Darstellung bzw. den Ablauf der mehrere Tage andauernden Kampfhandlungen. Von den Römern wurden sie „militum actio” genannt, also eine heftige Auseinandersetzung in der man offensiv zur Tat schritt um den Gegner zu zermalmen. Die Kämpfe entwickelten sich für die römische Seite unerwartet im Verlaufe einer für gewöhnlich unspektakulären und allherbstlichen Truppenrückführung an den Rhein. Ihr Ende fand das Schlachtgeschehen am dritten oder wie manche Historiker auch vermuten am vierten Marschtag abseits von der gewohnten Zugtrasse auf qualitativ bedenklichem Untergrund. Die Phantasie vieler Geschichtsfreunde wurde vom auslegerischen Florus/Dio Konflikt angeregt und beflügelte oder steigerte je nach dem worin sie die Wahrheit erkannten oder erkennen wollten unter ihnen die Lust an der rhetorischen Auseinandersetzung. Aber es sind mir keine Analysen oder glaubhafte Theorien bekannt, welche die Darstellung von Dio als auch die von Florus miteinander plausibel verbinden und in Einklang bringen, obwohl beide Überlieferungen nahtlos ineinander greifen und übergehen und dies doch für uns alle augenscheinlich ist, da wir es in Papierform auf der Hand liegen haben. So führen Zweifler an Florus unermüdlich ins Feld, dass er eben nur ein schöngeistiger Dichter war, der alles in einem monumentalen und überzogenen Stil verfasste. Ihm wäre es nur darauf angekommen die römische Welt positiv erscheinen zu lassen und er habe zudem öfter geographische und chronologische Fehler gemacht. Florus soll ähnlich wie Tacitus zu viele Interpretationsspielräume hinterlassen haben und auch eine Version gewählt haben, die der damaligen Epoche und Elite auf Basis der Senatsakten gefälliger erschien. Und Historiker die an Cassius Dio hadern, stellen seine historischen Darstellungen in Frage und in Abrede, weil sie mit jenen des älteren Florus angeblich nicht kompatibel sein sollen. So als ob man noch mal die Zeit zurück drehen könnte um beide post mortem zu einer übereinstimmenden Überlieferung aus einem Guß bewegen könnte. Obwohl sich die Florus Aussagen wie ein fehlendes Glied gut in die Dio Überlieferungen einfügen lassen was vielen entging. Besonders kreidet man aber Cassius Dio seine ureigenen Zweifel an den Geschehnissen an. So brachte er zum Ausdruck, dass damals so vieles gesagt wurde, was die hohen Staatsfunktionäre und vielleicht sogar der Kaiser selbst hören wollte. Er sagt sogar, dass man über Vorgänge berichtet habe, die sich gar nicht zugetragen hätten und umgekehrt wäre vieles passiert, was nie bekannt gemacht wurde. Und nahezu alles würde man anders nach erzählen, als es sich wirklich ereignet habe. Kein Mensch würde also die Wahrheit wissen, es sei denn er wäre selbst dabei gewesen. All dies passt, wie ich es bereits zuvor kurz angerissen hatte vortrefflich auf die Zustände die zur Zeit des Lagerüberfalls herrschten. Ich hatte bereits vorweg genommen, dass speziell dies ein Grund dafür gewesen sein könnte, warum Dio auf die Lagerüberfallsituation nicht näher einging. Hier dürfen wir aber auch nicht außer Acht lassen, dass die Schlacht wahrlich ein Großereignis war und es dazu naturgemäß viele unterschiedliche Sichtweisen, aber auch heftige Einzelschicksale gab, die sicherlich alle vor dem Hintergrund eines Gemetzels betrachtet untereinander nicht unbedingt einen Sinn ergaben, was den Perfektionisten Dio zu dieser Äußerung greifen ließ. Aber es muss ja doch letztlich Aufzeichnungen gegeben haben, denen er vertrauen bzw. auf die er sich stützen konnte und wollte. Denn er berichtet auch, dass er sich letztlich doch gezwungen sah, dass weiter zu geben, was man sich so erzählte und was öffentlich wurde, ob es nun ganz falsch oder halb richtig war. Er tat es, auch wenn es in dem einen oder anderen Fall einen anderen Ablauf genommen hat, aber er riskierte es letztlich da es den gesamten Kontext seiner Aufzeichnungen nicht zerstörte, nur schwach beeinflusste oder verfälschen konnte. Er konnte nach der verstrichenen Zeit seit der Schlacht vermutlich viele Quellen einsehen und selektierte sie je nach Glaubwürdigkeit. So sah er sich letztlich verpflichtet bzw. sogar gezwungen den Schilderungen der ihm zugänglichen Vorlagen zu folgen, die eine mehrtägige Auseinandersetzung zum Inhalt hatten. Es stellt sich nun die Frage, woher er noch rund 2oo Jahre nach der Schlacht überhaupt von den unterschiedlichen und von ihm kritisch hinterfragten und von ihm in Zweifel gezogenen Darstellungen wissen konnte. Es klingt so, als ob es nicht nur zwei oder gar mehrere Senatsakten gegeben hätte, die er einsehen konnte sondern auch noch zahlreiche andere Schriften und auch die Äußerungen des kleinen Mannes von der Straße kannte. Woher wusste er es sonst oder wer trug es ihm zu, was man sich in der großen Gerüchteküche auf den Straßen Roms 2oo Jahre vor seiner Zeit so alles erzählte. Es musste doch letztlich alles irgendwo aufgeschrieben und hinterlassen worden sein, auch wenn es für ihn noch so widersprüchlich schien oder es gab übereinstimmende Legenden der Altvorderen die sich hartnäckig hielten und an denen er obwohl sie nicht protokolliert waren nicht vorbei kam. Gab es in den Senatsakten und wo sonst noch zwei oder mehrere Schilderungen, so könnte er sich für die Version oder die Versionen entschieden haben, die ihm als die Glaubwürdigsten erschienen, da sie aus unterschiedlichen vielleicht auch aus unabhängigen augusteisch/tiberianischen Historikerfedern stammten. So mag sich vieles was Dio einsah gegenseitig also auch mehrfach bestätigt haben. Vermutlich wusste er auch noch mehr und kannte auch dem Namen nach noch jene Personen, die es damals niederschrieben und er konnte entscheiden und selektieren und sich ein Bild machen bzw. sich ein Werturteil und eine Vorauswahl erlauben, wem er mehr glauben schenken wollte und wem besser nicht. Möglicherweise oder besser gesagt sicherlich befand sich unter den Schriften die ihm vorlagen auch jene des Historikers Florus, die er auf seinen Wahrheitsgehalt abklopfte. Zu vielen Hinterlassenschaften konnte sich Florus noch kein Gesamturteil erlauben, da er sich wegen der Nähe zum Ereignis noch keinen vollumfänglichen Überblick verschaffen konnte, dafür waren aber seine Informanten noch nicht so lange tot. Trotzdem war er zu einer Aussage fähig, die er sich sicherlich nicht aus den Fingern gesaugt hatte. Florus veröffentlichte seine Geschichte Roms im Jahre 120 +. Seine Aufzeichnungen endeten aber schon in dem Jahr in dem die Varusschlacht geschlagen wurde. Dies lässt den sicheren Schluss mindestens aber den Verdacht zu, dass Florus über das Jahr 9 + hinaus keine neuen Erkenntnisse mehr in seine Geschichtsschreibung einfließen ließ. Verlor er die Lust oder warum entnehmen wir seiner Veröffentlichung 120 + beispielsweise nichts über die Germanicus Feldzüge oder den Bataveraufstand. So wurden die Geschehnisse um die Varusschlacht zum letzten Kapitel seiner Geschichtsschreibung über das Imperium. Er soll sich dabei auf die Berichte älterer Chronisten wie Livius, Lucan, Seneca dem Älteren und Tacitus gestützt haben. Seine Lagerüberfalldarstellung entnahm er folglich auch einem älteren Bericht vielleicht von einem jener zuvor genannten Personen, die keinen negativen Ruf genossen bzw. wie andere auch als relativ vertrauenswürdig galten. Die Aussagen von Florus zur Lagerschlacht gewinnen dadurch zwangsläufig auch an zusätzlicher Glaubwürdigkeit. Dio stand zweifellos eine weitaus größere Palette an Informationen einschließlich der Senatsakten zur Verfügung. Darunter könnten sich auch noch verschollene Schriften befunden haben von deren Existenz wir gar nicht erst erfuhren die aber auch noch Florus eingesehen haben könnte. Wo C. Dio allerdings wie er selbst schrieb, seine persönliche Meinung mit einflocht, wissen wir nicht, denn diese vielsagenden Textstellen hat er nicht für uns gekennzeichnet. Sollten ihm aber zu arge Ungereimtheiten in seinen Vorlagen aufgefallen sein, so soll er für diese als guter Historiker geeignete, verständlichere und überzeugende Begriffe als glaubhafte Darstellungen gewählt haben. Und wie ich ihn in Verdacht habe, hat er möglicherweise auch Passagen weggelassen. So wie es in etwa auch später Luther bei der Bibelübersetzung tat, damit ihn die Deutschen auch richtig verstanden. Dio hat eventuell zu milderem Vokabular gegriffen hätte vieles „blutiger“ schildern können und mag auch das eine oder andere entschärft haben, um es noch wie aus einem Guß erscheinen zu lassen. Seinen eigenen Glaubwürdigkeitsanspruch wird er sich aber letztlich nicht selbst zerstört oder untergraben haben, er nahm die Dinge ernst und er hätte andernfalls vermutlich gar nicht erst mit der Berichterstattung über diese Epoche begonnen. Im Gegenteil, die Erwähnung seiner Vorgehensweise unterstreicht eher noch sein Bestreben nach Korrektheit, denn er fühlte sich der Geschichte verpflichtet. Letztlich sollte man bedenken, was übrigens auch für Florus galt, dass sie beide auch auf die Überlieferungen des Varus Ereignisses ganz hätten verzichten können, denn zwingen konnte man sie wohl beide nicht dazu. Man mag gar nicht daran denken, was man in 200 Jahren über den Fall der Berliner Mauer denkt und schreibt. Vieles an historischem Wissen wäre also für immer verschollen geblieben, hätten Dio und Florus sich nicht berufen gefühlt zur Feder zu greifen. Als die Erkenntnis noch nicht gereift war, dass sich Dio und Florus in ihren Schriften nicht ausschließen, musste man es zwangsläufig dem neutralen Leser überlassen zu entscheiden, welche Beschreibung der sich gegenüber stehenden Varianten gestimmt haben könnte. Und natürlich standen sich bis dato auch die Überlegungen gegenüber, dass nur jene von beiden die Richtige gewesen sein konnte, die den Ruf des Imperiums nicht all zu sehr schädigte. Und das schlechteste Szenario von beiden, wäre dann im Vergleich zueinander die Überlieferung gewesen, bei der sich die Legionen von einem übermächtigen oder vielleicht auch nur besseren Gegner in einem Lager hatten einschnüren lassen, um sich dann den erstaunlich gut ausgerüsteten Waffen tragenden Germanen, die in großer Zahl vor den Palisaden erschienen, blind und kampflos zu stellen bzw. ihnen unbedenklich den Zugang in ihr Lager zu gestatteten um sich dann mit Mann und Maus wehrlos niederschlagen zu lassen. Oder einer Mehrtagesschlacht zu folgen bei der den Legionen nur der Vorwurf hätte gemacht werden können, sich wie damals schon Lollius in einen Hinterhalt hinein gelockt haben zu lassen. Eben ein Missgeschick oder Unglück wie Cäsar diese antike Niederlage bei Aduatuca lapidar beschreibt. Beide Überlieferungen wären für die Kraft strotzende römische Landstreitmacht und die angeblich Beste die Rom zur Verfügung stand, kein Ruhmesblatt gewesen. Und schon gar nicht für eine glorreiche und überlegene Taktik im Angesicht des Feindes, aber vor allem nicht vor den Augen der späteren bissigen Chronisten. Ob Dio oder Florus, Rom sah vor dem Hintergrund dieser verlustreichen Niederlage immer schlecht aus, gleich aus welchem Blickwinkel man den Verlauf auch heute noch betrachtet. Die starken Hinweise darauf, dass die Florus`sche Lagerüberfallszenerie zudem noch ins Dio` sche Marschgefecht passt, lässt der hypothetischen Frage nach Ruhm und Ehre oder Schande und Versagen für das Imperium letztlich gar keinen Spielraum mehr. Denn die aus beiden Federn geschilderten Ereignisse verdichten sich auf Basis meiner Theorie zu einem einzigen Negativbild in den tristesten Farben, was jegliche Debatten einer wohlwollenden Suche nach römischer Reputation in gleich welcher Form verstummen lässt. Fazit, es gab definitiv keinerlei Einflussnahme des römischen Kaisershauses auf die Berichterstattung der Ereignisse im Teutoburgiensi saltu und alles was zu sagen war, durfte auch ausgesprochen bzw. nieder geschrieben werden. Gleich welcher antike Historiker die Feder schwang es drohten ihm offenbar keine Repressalien. So blieb es das was es war, nämlich die besonders stümperhafte und peinliche Schmach für eine Weltmacht, sich von einer drittklassigen Zivilisation in einen Hinterhalt noch dazu mit (Segestes) Ansage gelockt haben zu lassen. Cassius Dio war ein griechischer Historiker der in einer hoch gestellten und gebildeten Beamtenfamilie aufwuchs und wie viele seiner Landsleute auch wie wir wissen, den segensreichen römischen Frieden die Pax Romana lobte und schätzte, sich also auch kraft innerer Überzeugung wie ein lupenreiner Römer fühlte.  Aber letztlich war er auch immer noch geprägt von der hohen Kultur seiner alten Heimat im griechischen Bithynien. Cassius Dio wurde 66 Jahre alt und verfasste sein Werk trotzdem noch in seiner eigenen, nämlich griechischen Sprache. Er fühlte sich der römischen Kultur ungeachtet dessen sehr verbunden. So hinterließ er der Nachwelt dennoch eine kritische Niederschrift, die erhebliche Zweifel an der richtigen Kriegstaktik Roms in der Varusschlacht schürte. Diese offene Selbstkritik an „seinem“ Imperium spricht daher eher für die betonte Ehrlichkeit seiner Darstellung, als dass sie Nahrung für gegenteilige Spekulationen bieten würde und unterstreicht damit die Offenheit mit der jeder Historiker mit Rom ungefährdet ins Gericht gehen durfte. Denn auch in seiner Zeit hätte der amtierende Kaiser noch Mittel und Wege gefunden um kritische Berichterstatter, auch wenn sie sich zu längst vergangenen Taten äußerten, zum Schweigen zu bringen. Dio schrieb viel. Würde man ihn in Frage stellen, so muss man bedenken, dass uns auch sehr viele andere Schriften von ihm überliefert wurden, die von zahlreichen auch sehr kritischen Historikern der Nachwelt dann wieder gerne und nahezu widerspruchslos akzeptiert wurden und werden. Vereinfacht gesagt, lehnt man Dio ab, so sollte man vielleicht immer den ganzen Dio betrachten und nicht unbedingt die Selektion an jenen Stellen betreiben, wo sie nicht ins eigene persönliche Konzept passen. Wann war er nun glaubhaft war und wann nicht aber wer so selbstkritisch wie er mit seinem eigenen Werk umgeht, der hat es verdient, dass man in dem, was er zu Papier brachte auch die Essenz einer Glaubwürdigkeit erkennen sollte. Wer will es entscheiden. Weltgeschichtliche Niederlagen wie es die Varusschlacht auch schon für die damalige Zeit war, könnten aber einen zeitgenössischen Chronisten auch einen Dio immer verführt haben verfügbare Quellen anders zu bewerten. Cassius Dio aber war immerhin römischer Senator und durfte daher auch das Staatsarchiv für seine Aufzeichnungen und Recherchen nutzen. Was hätte ihm in seiner Position eine tendenziöse Form der Darstellung in der damaligen Zeit für zusätzliche Vorteile verschafft, die er nicht schon hatte. Und was hätte ihn dazu bringen können, die Ereignisse in den Kontext einer Mehrtagesschlacht zu setzen, statt auch die ihm sicherlich gut bekannte Lagerüberfalltheorie des älteren Florus zu übernehmen. Heute wissen wir, dass Dio den Lagerüberfall des Florus bereits „diskret“ in seiner Mehrtagesschlacht verarbeitete ohne aber Florus explizit zu erwähnen. Einem Florus dem man übrigens zu unrecht unterstellt die Varusschlacht als eine einzige Lobeshymne auf das Kaiserhaus abgefasst zu haben. Sowohl Dio als auch Florus waren treue römische Staatsbürger und keinem von beiden lag etwas daran, das Imperium zu beschädigen. Florus als auch Dio können auch noch in der heutigen Zeit auf eine stolze Anhängerschaft verweisen und diese müssen sich nun einer Theorie stellen, die den ewigen Disput beider Lager aufhebt. Man möchte nicht in iherer Haut stecken. Obwohl für mich Florus als auch Dio absolut glaubhafte Gestalten der schreibenden Zunft sind, möchte ich doch noch mal in die Frage nach der Gewissenhaftigkeit von Cassius Dio einsteigen. Cassius Dio äußerte sich bekanntlich mit kritischen Worten zur Glaubwürdigkeit seiner eigenen Quellen. Und genau diese kritischen Worte werden immer wieder heran gezogen und stehen immer im Mittelpunkt aller modernen Quellenanalysen, wenn es um seine Person als gewissenhafter Historiker geht. Und sie werden leider grundsätzlich dazu verwendet seine Darstellungen zu erschüttern oder als absurd darzustellen. Das Fazit seiner Zweifler lautet immer, Dio vertraute doch noch nicht einmal seinen eigenen Quellen. Doch wie genau hat sich Dio eigentlich, der als ein bedeutsamer Historiker gilt und sich durch besondere Sorgfalt auszeichnet, überhaupt dazu geäußert. Er stellte ungehemmt und unzensiert fest, dass sich die Kultur der offenen Diskussion seit dem Jahr 27 – mit Beginn des Prinzipats, also der Kaiserzeit grundlegend verschlechtert hat. Alles was in den Jahren davor noch vom Senat ganz offen vor dem Volke und unter den Augen des Volkes ausgetragen wurde, war mit der Machtübernahme von Augustus plötzlich ganz anders. Vieles war vom Misstrauen gegenüber dem jeweiligen - mit Betonung auf jeweiligen - Herrscherhaus geprägt, war nicht mehr nachprüfbar und spielte sich nur noch hinter vorgehaltener Hand ab. Zweifellos hatte das Imperium um 50 – noch nicht die Ausdehnung wie später in der Kaiserzeit und es wurde schwieriger die Bevölkerung in die gesamtstaatliche Abläufe mit einzubeziehen, so wie man es immer gewohnt war. Das Reich wuchs und wuchs und es wurde schwieriger es zu verwalten. Dio, der sich auch auf zahlreiche Quellen auch außerhalb der Senatsakten stützen konnte, bedauerte diese Veränderung, denn es wurde für ihn immer schwieriger sichere Quellen für sein Geschichtswerk aufzutun. Wenn Cassius Dio zurück schaut, blickte er immerhin auf die Regierungszeiten von über dreißig römischen Kaisern zurück. Zweifelt er also seine Quellen an, so dachte er dabei sicherlich nicht nur an die Dinge, auf die er sich für seine Darstellung von der Varusschlacht bezog, sondern es störte ihn vermutlich genauso sehr, dass er in seinem achtzigstes und letzten Buch in dem er über die Zeit von 222 + bis 229 + in der Regierungszeit des  Severus Alexander schrieb, ebenso auf zahlreiche Ungereimtheiten stieß, die er dann mit seinem Talent überbrücken musste, was ihm wohl widerstrebte, bei ihm Skrupel auslöste und ihm Probleme bereitete. Seinen denkwürdigen Hinweis nun so auszulegen, als dass Augustus oder Tiberius mit starken Bezügen zur Varusschlacht Wahrheiten über den Verlauf der Schlacht unterschlugen, greift da sicherlich zu kurz, denn es folgten danach noch viele Kaiser wie Nero, Caligula, Commodus oder Caracalla, die es zum Leidwesen von Dio mit der Wahrheit nicht so genau genommen haben dürften. Liegen uns denn derart kritische Aussagen bzw. Zweifel von Florus über sein eigenes Werk oder seine Quellen vor bzw. sind uns diese bekannt ? Nein, das ist nicht der Fall, denn auch Florus hat sich ordnungsgemäß verhalten und das Wissen seiner Zeit auf Basis seiner Quellen verbreitet aber diese nicht in Frage gestellt. Vielleicht weil er sie für zuverlässig hielt und weil zu seinen Lebzeiten die Quellen noch frischer und näher am Geschehen sprudelten ? In den folgenden Abschnitten werde ich nun Zug um Zug versuchen den Beweis anzutreten, dass sich Florus und Dio im Sinne der Geschichtsforschung ergänzen und diese Übereinstimmung dabei hilft, vor unserem inneren Auge die Varusschlacht wie eine transparente und lebendige filmische Darstellung erscheinen zu lassen die mit vielen Irritationen aufräumen kann. Führt man nun die Überlieferungen der Herren Dio und Florus mit den anderen gewonnenen Erkenntnissen zu einem Gesamtbild zusammen, ließe man die Schlachtenabfolge darauf basieren, so dass man dazu mit dem Kopf nicken könnte, so hätte die Schlacht den folgenden Verlauf genommen haben können.

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Sonntag, 23. September 2018
Sommerlager und Marschgefecht - Übernommene Wortkreationen aus dem 19. Jahrhundert
Die Geschichte um die Varusniederlage ist seit dem die alten Schriften von Tacitus vor rund fünfhundertfünfzig Jahren 1455 von Enoch von Ascoli in Bad Hersfeld angekauft und damit zuerst für die Fachwelt des „Heiligen Stuhls“ entdeckt wurden und sich jene von Velleius Paterculus dann 1515 dazu gesellten lebendig und sie ist es bis heute geblieben. Immer wieder wird sie bei uns aufgrund neuer Bodenfunde und attraktiver musealer Gestaltungsideen wach gehalten und durch gelungene plastische Darstellungen und Präsentationen im Zusammenwirken mit medienwirksamer Zurschaustellung und im Einklang mit der nötigen Vermarktung in Erinnerung gerufen. Bereichert durch aufhorchende Kombinationen und Theorien, behält die alte Schlacht ihre Aktualität auch dann, wenn man manchmal meint, dass sie im Zeitgeschehen etwas Unterzugehen droht. Aber ein offensichtlich nie enden wollender Wunsch die Details der Ereignisse zu ergründen, drängte oftmals das überlieferte Kernwissen an den Rand und ließ die Aufarbeitung des Varus Ereignisses nach dem Jahre 9 + zu einem eigenständigen Komplex innerhalb der Geschichtsforschung werden. Auf der einen Seite die bedeutende Schlacht im Nebel der Vergangenheit und auf der anderen Seite all das, was man aus ihr machte und was aus ihr für Blüten trieben. Ein kaum mehr zu überschauender Wust an Interpretationsbemühungen, in dem sich viele Berufs- und Hobbyhistoriker wie auch ich, nach Herzenslust austoben dürfen. Um sich innerhalb der vielen Erklärungsnöte die die Varusschlacht umso spannender macht, einen Überblick zu verschaffen, kreierte die Forschung und das besonders die des 19. Jahrhundert ihre eigenen Begriffe um den darin verborgenen Untiefen auf die Schliche zu kommen. So haben sich seit dem viele Bezeichnungen einen festen Platz innerhalb der Forschungslandschaft erobert, die zu Selbstläufern wurden. Ein Produkt dieser Zeit war es auch dazu überzugehen einem Lager des Varus, dass man dank Cassius Dio in der Nähe der Weser vermutete den Stempel “Sommerlager” aufzudrücken, statt es bei dem Namen Kastell zu belassen. Ebenfalls auf Basis des antiken Historiker C. Dio nannte man dann die Kämpfe die auf dem Zug zum Rhein statt fanden, entweder Marschgefechte oder Mehrtageschlacht. Damit waren neue Begriffe geboren, die zu Streitfällen wurden und ihre eigene Interpretationsgeschichte entfalteten, die zu neuen Vorstellungen und Phantasien heran reiften und wieder andere Theorien und Auslegungen nach sich zogen, obwohl diese Wortschöpfungen in dieser Form von den antiken Historikern nie verwendet wurden. Nach C. Dio lockten die Cherusker Varus an die Weser, wo er dann seine Niederlassung begründete, die man dann in Sommerlager umtaufte. Sommerlager weil man schlussfolgerte, dass man ein Lager, welches man im Herbst verließ folglich nur den Sommer über genutzt haben konnte. Das man darin möglicherweise auch eine Besatzung für den Winter zurück ließ, geriet dabei aus dem Blickwinkel. Als Varus auf dem Rückzug in den Hinterhalt der Germanen marschierte überlieferte und C. Dio auch kein ununterbrochen andauerndes Gefecht. Eine Mehrtagesschlacht, die schon am ersten Tag nach dem Abzug aus dem Weserlager begann fand nicht statt. Bis zum Untergang im Teutoburgiensi saltu gab es lediglich diverse Kampfhandlungen, die an einem bestimmten Punkt einsetzten, sich verstärkten wieder abschwächten, dann Höhepunkte erfuhren und letztlich in eine Niederlage mündeten. Trotzdem arrangierte man sich im Laufe der Zeit mit diesen neuen Wortfindungen und unterschied später mit ihrer Hilfe auch die Gegenthese zum Schlachtenverlauf von Cassius Dio, nämlich dem Überfall auf ein römisches Lager, wie es uns deutlich von Florus beschrieben wurde. Auch dieser Lagerüberfall ist historisch konkreter Natur, da er sich teilweise auch aus den Schriften anderer antiker Historikern erschließen lässt. Mit Sommerlager und Marschgefecht gab man den möglichen Abläufen Namen, aber ohne deren Sinn und ihre Berechtigung zu hinterfragen und vor allem ohne sie mit Florus kompatibel zu machen. Man kann die beiden Worte so wie ich es auch tat zweifellos übernehmen und stehen lassen, sollte sich aber immer darüber im Klaren sein, dass beides künstliche Wortschöpfungen späterer Zeitgenossen waren, die aus der Not heraus geboren wurden, um sich die Dinge besser erschließen zu können. Es blieben daher Begriffe übrig, die nicht unbedingt zutreffen bzw. die tatsächlichen Begebenheiten auch nicht wortgetreu widerspiegeln müssen. (22.9.18)

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