Mittwoch, 12. August 2020
Ein Schlüssel zur Varusschlacht - Wie er voluminöser kaum sein kann.
Die einzige Quelle die uns bekannt ist gibt es nicht schlüssig her. Das nämlich Varus seinen umfangreichen Tross, samt zahlreichem Anhang unter anderem bestehend aus Frauen, Kindern und auch Trossknechten mit in das Krisengebiet nahm. Cassius Dio überlieferte lediglich unter 56,20, (2), dass diese mit geführt wurden und sich dadurch der Marschzug in die Länge zog. Man übersetzte es mit der Umschreibung des "sich Auflösens der Marschordnung". Der Kontext in den es Dio einschob wirkt jedoch variabel und suggeriert dem Leser, Varus habe auch Zivilpersonen mit ins Gebiet der Aufrührer genommen. Dies wäre allerdings auch schon in den damaligen Zeiten unter strategischen Gesichtspunkten betrachtet ein äußerst unkluges Handeln und somit ein militärisch recht seltsamer und fragwürdiger Vorgang gewesen. Aus dem Hinweis von Cassius Dio spricht deutlich heraus, dass der zivile Teil auch für Varus zu einer Behinderung wurde. Auf diesen Schlussfolgerungen basiert auch die Grundannahme, dass Varus die Gesamtmasse aller Teilnehmer die das Sommerlager verließen in bzw. ab Brakel in eine militärische und eine nicht militärische Marschformation aufteilte. Den nicht wehrfähigen Personen samt Wagen und Lasttieren gab er infolge dessen und aus nach vollziehbaren Gründen den Befehl sich ausgestattet mit militärischem Geleit auf den direkten und somit kürzeren Weg nach Schwaney/Aliso zu begeben. Er selbst zog mit den Kampflegionen gemeinsam in die südlich von Brakel gelegenen Regionen zu den so genannten Aufrührern, wo er auf Bitten von Arminius als Friedensstifter gefragt war. Dahinter verbirgt sich aber noch eine weitere Theorie. Nämlich die, dass sich die Germanen verständlicherweise nun des zivilen Trosses mitsamt der persönlichen Habe des Feldherrn am zweiten Marschtag und das voll umfänglich bemächtigten. Dieser Raubüberfall fand also statt, noch bevor Arminius den Anschluss an Varus suchte um ihm während seines Marsches mit seinen Gefährten in den Rücken zu fallen. Seine Strategie setzte zweifellos voraus, dass die Inbesitznahme erfolgreich verlaufen sollte, vor allem aber lautlos bleiben musste. Es war wohl nicht nötig, dass er selbst bis zum Ende daran teilnahm, denn es standen ihm bekanntlich noch andere Aufgaben bevor. Die römischen Begleitmannschaften dürften den Schilderungen nach was die im Marschzug vorherrschende und beschriebene Unordnung anbetraf alle Mühe gehabt haben, dem Zug noch einen disziplinierten Ablauf zu geben, so dass es ihnen in dieser Phase nicht mehr gelang auch noch einen Feind erfolgreich abzuwehren. So wird man sich schnell dem Unabwendbaren gefügt haben, denn Arminius dürfte zudem in Überzahl erschienen sein um die Aussichtslosigkeit jeglicher Verteidigungsanstrengungen zu verdeutlichen und seine Männer zu schonen. Der Überfall auf diesen Werte Transport sollte sich also tunlichst an einer Stelle ereignet haben, die weit genug von der Zugstrecke des Varus entfernt zu liegen hatte um zu verhindern, dass Varus doch noch vorzeitig gewarnt werden könnte, aber noch nahe genug um die zu überbrückende Distanz für Arminius und seine Männer nicht unnötig anwachsen zu lassen, die man noch zurück legen musste um Varus einzuholen. Es musste also eine Örtlichkeit gewesen sein die es zu finden gilt, die diese Voraussetzungen zu erfüllen hatte, die aber vor allem auch Hinterhalt tauglich und Engpass artig gestaltet sein musste. Denn ein Ausbrechen der Wachmannschaften war zu verhindern. Sie musste aber auch weit genug vom voraus liegenden römischen Marschlager entfernt liegen, damit nicht die dortigen Wachmannschaften noch gewarnt und sich nicht durch Rauchzeichen oder Meldereiter bemerkbar machen konnten. Was übrigens auch für mögliche römische Streckenposten galt, die schon vorher auszuschalten waren. Es war hier folglich schon eine Generalstab mäßige Herangehensweise vonnöten, die man aber einem Arminius und seinen Anführern zutrauen darf. Und ein dafür geeigneter Streckenabschnitt lässt sich auch zwischen Brakel und Schwaney ausmachen. Um aber diese Theorie abzusichern und zu erhärten bedarf es noch einer grundsätzlichen Frage nach zu gehen. Nämlich der, wie es denn um das Vorhandensein eben jener römischen Straßenverbindung zwischen Lippe und Weser damals überhaupt bestellt war. Denn um regelmäßig tausende von Menschen und Güter samt schweren Karren und umfangreichen Maultier- und Eselskarawanen auf ihr fort bewegen zu können, bedarf es eines durch gehend stabilen und befestigten Untergrundes. Dazu hilft aber ein Blick in die Forschungen des verstorbenen Bauingenieurs Heribert Klabes weiter. Als er 1997 das Vorwort zu seinem Buch "Corvey eine karolingische Klostergründung an der Weser - Auf den Mauern einer römischen Civitas" verfasste, da lag es ihm wie er schrieb fern sich näher mit den möglichen Stationen und Örtlichkeiten der Varusschlacht zu beschäftigen. Sein Buch, dass dank Andreas Otte 2008 erneut heraus gegeben wurde, sollte lediglich Begründungen für seine Theorie liefern, dass das gesuchte Sommerlager des Varus an der Weser bei Höxter und dort möglicherweise in Corvey zu suchen ist. Viel weiter wollte er in das Thema Varus, was den möglichen Schlachtverlauf anbelangt, nicht mehr einsteigen. Er konnte allerdings nicht ahnen, dass seine Vorarbeiten in eine Hypothese münden könnten und würden mit deren Hilfe es gelingen kann, eine Theorie zum Verlauf der Schlacht zu entwickeln bzw. darauf aufzubauen. Denn auf Basis eines möglichen Sommerlagers an der Weser lässt sich auch erst ein dazu passendes Denkmodell entwerfen. Nämlich eine militärische Strategie zu entwickeln mit der man sich in die Fußstapfen von Varus hinein versetzen kann. Folglich seiner Zugrichtung folgend, die ihn zuerst von der Lippe an die Weser führte und ihn auf der gleichen Route auch wieder zurück bewegen ließ. Ob und wie oft er diese Strecke möglicherweise von Corvey nach Anreppen und zurück zurück legte, ist eine Frage von Theorien, Indizien oder Hochrechnungen. Die von Heribert Klabes auf Seite 42.) dargestellte Castra Linie ließ er erst in Holsterhausen beginnen und vergab dafür die römische Zahl I. Die Kette der Lager endete aus seiner Sicht in Höxter mit der Zahl XII. (12) Dem Lager Anreppen gab er die römische Zahl VIII. (8) Aber bei der Vergabe der Castra Zahl IX (9) tat er sich schwer bzw. war er sich unschlüssig, denn da irritierte ihn bei der Festlegung vermutlich unter anderem auch der Übergang in den Eggeabstieg. Er griff zu einer Quertheorie und fasste Aliso als Alsen, Neuenbeken und Paderborn zusammen und sah hinter einer dieser Punkte die Möglichkeit für die Verortung eines Castra IX (9). Aliso vermutete er westlich von Paderborn leicht Lippe abseitig an einem Zufluss der Lippe eventuell nahe dem Ortsteil Elsen. Er vermied es aber auf seiner Skizze auf Seite 47.) Aliso mit der Castra Zahl IX. (9) zu beschriften, sodass er in Aliso vordergründig betrachtet, eher kein römisches Marschlager erkannte. Die Zahl IX hingegen behielt er sich für ein mögliches römischen Marschlager bei Neuenbeken vor. Da aber Neuenbeken nicht an den römischen Hellweg angeschlossen war, sondern nördlich davon liegt, dürfte die Castra Zahl IX besser auf Schwaney zutreffen. Ein Lager X. vermutete er dann noch zwischen Neuenbeken und Brakel, da ihm die Distanz um sie an einem Marschtag bewältigen zu können offensichtlich zu groß erschien. Das Lager nach Neuenbeken zu verlegen schien ihm folglich plausibler zu sein, als es im Bereich der Eggekante in Schwaney zu verorten. Angemessener erscheint es Brakel als Castra X (10) zugrunde zu legen, da die Distanz von Brakel nach Höxter der Tagesetappe einer römischen Marschleistung entspricht. Man sollte aber auch bedenken, dass am römischen Hellweg eine Anzahl kleiner Rastplätze existierte die man nicht als Castra ansprechen sollte und die nur je nach bedarf vorübergehend genutzt werden konnten. Aber was haben wir schon an handfestem römischen Fundgut was sich zwischen Schwaney und Höxter vorweisen ließe um diese Marschzugtheorie zu verfestigen. Imperiale Relikte die eben nicht aus Streufunden oder kleinen Statuetten, Öllämpchen oder Münzen bestehen, sondern aus denen sich auch wichtige infrastrukturelle Maßnahmen ableiten lassen. Ein römisches Wegenetz zu entdecken ist bereits teilweise gelungen und römische Altstraßen können und konnten schon über Wagenspurrillen, Abstandsmaße und Bautechnik nachgewiesen werden. Um sie wieder zu finden sollte aus logischen und logistischen Erwägungen heraus die Spurensuche im letzten Lippelager Anreppen aufgenommen werden. Auch das Aufspüren eines römischen Hellweges zwischen Anreppen und Schwaney stellt interessante Herausforderungen an mögliche Grabungsteams in der Zukunft dar. Denn dieser Abschnitt ist anders geartet, als der weitere Verlauf ab Schwaney östlich. Bis Schwaney ist das Gelände zur Paderborner Hochfläche leicht ansteigend und ebenmäßig strukturiert und die Zugstrecke dürfte daher gradliniger verlaufen sein, zudem sie keinen größeren topographischen Hindernissen auszuweichen hatte. Das der Marschweg von Anreppen nach Osten auf Paderborn und Schwaney zu und nicht nach Norden verlief, ließ sich bereits aufgrund einer ergrabenen römischen Marschstraße nachweisen auf die man etwa 500 Meter östlich vom Römerlager Anreppen stieß. Dies schließt aber nicht aus, dass es sicherlich auch einen Weg von Anreppen nach Norden zum neu entdeckten Römerlager Sennestadt am Menkhauser Bach gab. Aber in der Theorie lässt er sich bereits nachweisen. Die gute alte und oft strittige Theorie, ohne die es nun mal nicht geht. Denn wenn man von A.) nach B.) kommen möchte und es lässt sich kein Weg nachweisen, dann muss sie herhalten um die Wissenslücke zu schließen. Wie hätte man auch anders als über einen Weg von Anreppen nach Norden in Richtung Teutoburger Wald gelangen sollen, wenn es nicht eine begehbare Marschtrasse etwa über Lesterberg gegeben hätte. Eine Route die um 45 Grad verschwenkt  von der Ostroute nach Norden hin abweicht. Das beschwerliche Kernstück nämlich die Hangkante des seit prähistorischen Zeiten genutzten Altstraßenkorridors zur Weserfurt nach Höxter beginnt erst noch langsam abflachend am östlichen Ortsausgang von Schwaney und findet seinen vorläufigen Tiefpunkt um die Antoniusquelle samt Kapelle nahe der Suffel Mühle in der Klus am Flüsschen Oese. Zu allen Zeiten strebte man es an möglichst schnell ans Ziel zu gelangen und wollte Mensch und Tier nur den unbedingt nötigen Anstrengungen aussetzen und den Karren allzu großen Verschleiß ersparen. Und nicht anders dachte man auch zu Zeiten der römischen Antike. Sich bei der Suche nach der Wegeführung an der luftigen Ideallinie zu orientieren ist bedingt durch die natürlichen Gebirgsfalten, also den Hanglagen und Taleinschnitten aber auch aufgrund der Bodenbeschaffenheit ein Nullsummenspiel. Desto mehr man sich aber ihr annähern kann um so zügiger konnte die Reise vonstatten gehen. Wir wissen nicht wie sich die Vegetation der nach Osten abfallenden Egge vor 2000 Jahren gestaltet hat. Aber die "Alten" wussten es besser, sie richteten sich danach und nutzten eine Trassenführung die allen Belangen gerecht werden konnte und vor allem sollten sich an mehreren Stellen auch ergiebige Frischwasserquellen befinden. Kennt man ihren Verlauf oder lässt er sich rekonstruieren, dann fallen auch die Schnittpunkte ins Auge nach denen wir suchen. Möchte man also einen Bereich identifizieren wo Arminius seine erste Falle zuschnappen ließ, dann kommen wir nicht umhin diesen römischen Hellweg ausfindig zu machen. Wo passierte es, wo befand sich der optimale Streckenabschnitt und wo begegneten sich die urtümlichen germanischen Begehrlich-  vielleicht besser gesagt Begierlichkeiten, mit dem militärischem Geschick unserer Altvorderen. Anders als im Verlauf der Varusschlacht die beileibe nicht nur im Saltu Teutoburgiensi, sondern vor allem auf dem Weg dahin statt fand, brauchte man hier nur eine günstige Geländestruktur um den Sack zu machen zu können. Denn römischerseits wähnte man sich auch hier in völliger Sicher- und Ahnungslosigkeit. Ebenso wie Varus der noch völlig unbedarft zur gleichen Zeit etwa ein dutzend Kilometer weiter südöstlich zu den Rebellen unterwegs war, war man damals auch noch nahe dem heutigen Schmechten guter Dinge. Denn auch das Kampfgeschehen zwischen Brakel und Schwaney wurde im Vorfeld durch keine warnende Stimme aus dem Munde des Überläufers Segestes getrübt, da es sie vermutlich nie gab. Aber den Wegeverlauf des römischen Hellweges östlich ab Schwaney zu erforschen stößt bedingt durch den Eggeabstieg auf andere Suchkriterien, als einen Weg im flachen Land aufzuspüren. Bei genauer Betrachtung erscheint es jedoch dagegen unproblematischer zu sein, den Eggeabstieg zu lokalisieren, als die Altwege von Anreppen nach Bielefeld oder nach Schwaney ausfindig zu machen. Ganz zu Schweigen von den Hindernissen und Hinterlassenschaften anthropogener Überformung "auf deutsch" dem hinzu gekommenen Straßennetz und den zahlreichen Wohngebieten et cetera. Und auch bei der Suche nach dem alten Hellweg östlich ab Schwaney wurde Heribert Klabes richtungsweisend tätig bzw. fündig, in dem er uns die Forschungsergebnisse aus den Jahr 1848 noch einmal plausibel in Erinnerung rief. Eine antike Militärstraße die seinerzeit dort verlief, wo sie sich in den Kontext des Geschehens im Zusammenhang mit der römischen Ostexpansion einfügen lässt. In seinem Buch beschreibt er es anschaulich ab Seite 22.) als man begann die erste geschotterte Landstraße 828 über den Eggerücken zwischen Neuenheerse und Schwaney zu bauen. Es war das Jahr der "Deutschen Märzrevolution" in dem man fern vom Hambacher Fest und im engeren Sinne des Satzes "weit ab vom Schuss" in Ostwestfalen ein Stück römisch/germanischer Geschichte schrieb. So stieß man bei der Auskofferung des Straßenkörpers für die Packlage unerwartet in etwa 30 cm Tiefe auf eine aus großen vieleckigen Steinquadern zusammen gesetzte Decke einer Fahrbahn. Man kann sich in das Erstaunen, dass dies bei den Bautrupps und ihren Vorarbeitern auslöste gut hinein denken. Welchen Weg diese sensationelle Entdeckung dann nahm lässt sich schwerlich rekonstruieren. Aber der Hinweis auf den dort zuständigen Oberförster Knauth lässt den Verdacht zu das alles ohne sein Hinzutun nicht den bekannten Werdegang genommen hätte und das Wissen um diese prähistorische Straße nie an die Öffentlichkeit gelangt wäre. Er war es der sowohl pflichtgemäß seine Behörde informierte als auch den Militärhistoriker Friedrich Ludwig Hölzermann einen ausgebildeten Geometer und Numismatiker aus Salzuflen, der im deutsch französischen Krieg 1870 umkam, hinzu rief. Er war es auch der zu der Überzeugung gelangte, dass es sich bei den freigelegten Bauresten nur um eine Straße römischen Ursprung gehandelt haben kann. Man blickte um das 1848 auf eine Epoche zurück die noch von den Nachwirkungen der französischen Kriege geprägt war und wusste, dass man in diesem geschlossenen Waldgebiet weder unter Napoleon noch in den überschaubaren früheren Zeiten einen Straßenbau über die Egge voran getrieben hatte. Was noch im Bewusstsein der Menschen verankert war, war ihr Wissen über den Verlauf des ehemaligen westfälischen Hellwegs der hier südöstlich ab Schwaney ins Oesetal abstieg und dem die in der Nähe befindliche Straße "Hellweg" in Schwaney ihren Namen verdankt. Eine Altstraße die man ab dem Mittelalter zugunsten der Anbindung von Bad Driburg aufgab und das Damenstift Altenheerse sowie die kleinen Ansiedlungen zwischen Schwaney und Brakel an Bedeutung verloren. Antiken Funden noch dazu in Ostwestfalen stand man in den alten römischen Siedlungszentren am Rhein um diese Zeit verständlicherweise äußerst skeptisch gegenüber und hielt daher seine Darstellungen für wenig glaubhaft und für die Forschung nicht relevant genug um weitere Grabungen auszulösen. Wie dies Theodor Mommsen damals aufnahm oder wie er dazu stand, zumal er sich verstärkt der Örtlichkeit um Barenau verschrieben hatte ist nicht bekannt. Heribert Klabes tat rund 100 Jahre später das, was man sich von archäologischer Seite gewünscht hätte, denn er widmete sich diesen alten Berichten die ihm eine Basis für die "Corvey Theorie" dem Endpunkt des Hellweges boten und nahm nicht nur die Nachsuche auf, sondern gelangte auch zu verblüffenden Feststellungen und Überzeugungen. Was die Glaubwürdigkeitsdiskussion um Hölzermann anbelangt die Klabes später eindrucksvoll unter Beweis stellte, sei nur der folgende Hinweis auf das Bonner Jahrbuch LXII mit dem Hölzermann Fundbericht und der Korrekturhinweis von 1878 gestattet. Denn auch dort beschäftigte man sich, wenn auch nur in kurzen Texten mit den Erkenntnissen und Theorien von Hölzermann und diskutierte und besprach sie in den einschlägigen Zirkeln. Man ging darin auf die entdeckten Straßen Teilstücke ein die 1848 frei gelegt wurden, die noch nach preußischen Ruthen vermessen wurden, wobei eine Ruthe = 3,77 m entsprach. Zum einen wurde ein Stück von 20 Ruthen Länge gefunden, was etwa 75 m entspricht. Ein weiteres umfasste rund 1.500 Ruthen also 5.655 m. Möchte man hier vorsichtig spekulieren so liegt vermutlich auch hier wie bei der folgenden Straßenbreitenangabe ein Übertragungsfehler vor und es handelte sich nur um 150 Ruthen. Denn eine Distanz von über 5 km wird man 1848 um einer alten Römerstraße nachzuforschen schlecht frei gelegt haben. Denn Hölzermann gab seinerzeit die Straßenbreite mit 6 preußischen Fuß, was in etwa 1,73 Metern entspricht an. Dies betrachtete man aber eindeutig als zu schmal für eine römische Heeresstraße an und verwarf daher auch die römische Erklärung von Hölzermann. Aber dann meldete sich der in Westfalen begüterte Freiherr Heereman von Zuydtwyck zu Wort und stellte, da er selbst bei der Freilegung dabei war fest, dass man bei der Drucklegung irrtümlich die eins vor der sechs weg gelassen hatte, so dass die Fahrbahnbreite, er nannte sie damals Steinbahn demnach 16 und nicht 6 preußische Fuß maß, somit also etwa 4,64 Meter betrug. Man gelangte daher zu der Auffassung, dass dies die Sachlage sehr verändern würde. In den Bonner Jahrbüchern ist dann weiter zu lesen das bis dato weder in der Rheinprovinz noch in Westfalen eine Römerstrasse aufgefunden wurde, welche wie die beiden Stücke bei Neuenheerse ein Steinpflaster trägt. Ein "Oberstlieutenant" Schmidt leugnete sogar gänzlich das Vorkommen römischen Strassenpflasters sowohl außerhalb der römischen Ortschaften als auch diesseits der Alpen und überhaupt. Desweiterhin führte man aus, dass bei "unseren Untersuchungen auf der rechten wie auch auf der linken Rheinseite festzustellen war, dass die aus Erddämmen, mit oder ohne Steinmaterial, konstruierten Römerstraßen da, wo sie in gebirgiges Terrain treten, insbesondere, wo sie sich an steilen Bergwänden rampenartig hinauf ziehen, nicht mehr aus Dämmen bestehen, sondern ein zu ebener Erde gelegenes Steinpflaster, aus großen polygonen Steinen besitzen und ein solcher Fall scheint auch bei den Straßenresten von Neuenheerse vorzuliegen." Abschließend gelangte man noch zu der Feststellung die man aus heutiger Sicht der Forschung nur in Form einer Denkschrift warm ans Herz legen kann und da lautet " Wir können daher die fernere Untersuchung dieser Straße den dortigen Alterthumsforschern nur empfehlen, wobei man aber von der Meinung, als hätten die Römerstraßen in Westfalen in ihrer ganzen Ausdehnung aus Steinmaterial bestanden wird abgehen müssen, wenn man nicht vergeblich suchen will." Heribert Klabes hat es wörtlich genommen und es als Forschungsauftrag angenommen. Dazu hat er eine interessante Abbildung auf der Seite 24.) seines Buches hinterlassen, die den Verlauf des römischen Hellweges über den Eggerücken erkennen lässt. Er erkundete eine Strecke von insgesamt rund drei Kilometern die er in Teilabschnitten frei legte und Messungen durchführte. Nach seiner Recherche stieg der römische Hellweg am Parkplatz Eiserweg, ortsausgangs Schwaney 5oo Meter östlich der Straße "Hellweg" nahe der alten Neuenheerser Landstraße zur Oese ab. Dort tritt er heute in die offene Feldflur ein und verbirgt sich dann unter dem Laub und den Erdschichten des Eggewaldes. Was die Details anbelangt, so sollte der Geschichtsfreund es erwerben. Aber der Fund der alten Römerstraße musste damals weite Kreise gezogen haben und es scheinen zumindest damals einige interessierte Altertumsforscher dem Aufruf gefolgt zu sein um sich näher mit der Grabungsstelle zu beschäftigen, denn der Fundortbewertung von Hölzermann und Klabes fügt sich noch ein weiterer nahezu vergessener Lagebericht an, der einige Jahre nach der Entdeckung abgefasst wurde und zusätzliche Details enthält. Das er noch erhalten ist, ist einem seinerzeit umstrittenen Hobbyhistoriker zu verdanken. In seiner ungünstigen Reputation lag wohl die Ursache, dass man sich mit einigen Abschnitten seiner Schriften auch nicht intensiver befasste. Es war der 1808 in Horn geborene lippische Landtagsabgeordnete, Heimatforscher und Amateurarchäologe Gotthilf August Benjamin Schierenberg, dem man Laienhaftigkeit und unwissenschaftliche Methoden nachsagte. Schaut man sich hingegen den umfänglichen Nachruf auf diesen Mann und sein Wirken an kann man auch zu der Auffassung gelangen, dass es daran lag, weil er einige Thesen entwickelte die nicht dem Zeitgeist entsprachen. In seinem Buch mit dem diesbezüglich unverfänglichen Titel "Der Taunus an den Lippequellen - Streifzüge in die alte Geschichte und Geographie Nordgermaniens" veröffentlicht 1853, äußert er sich nur innerhalb eines kleinen Abschnittes zu dieser fünf Jahre zuvor entdeckten Römerstraße. Er teilte darin dem Leser mit, dass er vor einigen Wochen von Veldrom nach Neuenheerse gewandert sei um sich die Reste einer alten Straße anzusehen die man dort schon vor einigen Jahren entdeckt hatte. Auf der Höhe des Gebirges sah er einen roh gepflasterten Weg den die dürftige Vegetation schon Fuß hoch mit Erde überdeckt hatte. Das Material der Straße bestand aus Sandsteinen wie es die nächste Umgebung lieferte. Steine die man wie es schien ohne sie weiter bearbeitet zu haben neben einander gestellt hatte. Es schien ihm, dass die Breite des Wege höchstens 1o Fuß betrug. Aber er war wenig geneigt es für eine Römerstraße zu halten. Man sagte ihm, dass bereits mehrere Strecken dieses Weges aufgefunden worden seien und das er an vielen Stellen tief mit Erde bedeckt sei. Dieser Umstand schien für ihn wiederum für sein hohes Alter zu sprechen. Aber von wesentlicher Aussagekraft darf man seine Bemerkung verstehen, wonach er sich allen Urteils darüber enthalten wollte, was für seine Neutralität und Sachlichkeit spricht. Er sah sich auch nach Spuren von Wagenrädern um da diese seinerzeit beschrieben wurden, konnte aber an den oben etwas abgerundeten Steinen keine entdecken, obwohl es sich um weiches Material handelte. Mit ihm Anwesende sagten, es würde sich dabei um eine Straße der Römer handeln. Dem Verlauf nach zu urteilen schien es ihm so, als würde die Straße in die Richtung zur Diemel führen in die auch die Eisenbahnlinie geht. In Neuenheerse sah er sich die Fundstücke an die man alle auf der Römerstraße oder am Trassenverlauf bergen konnte. Als da waren Hufeisen von denen man damals wohl zahlreiche gefunden hatte. Reitersporen, das Stück eines eisernen Streithammers, aber auch ein Schwert, dass sich in einem nahezu völlig oxidierten Zustand befand. Es maß von der Spitze bis zum Griff 19 Rheinländische Zoll und schien zweischneidig gewesen zu sein. Die Grifflänge betrug 6 1/2" Zoll und endete mit einem 2" Zoll dicken platt gedrückten Knopf also einem Knauf. Abschließend stellte er fest nicht behaupten zu können, dass die Sachen römischen Ursprungs sein sollen, von dem Schwert vermutete er es aber. Dieser Fundbericht enthält eine Reihe interessanter Hinweise die es zu analysieren gilt, sofern dazu nach so langer Zeit und auf Basis der Beschreibungen noch realistische Möglichkeiten bestehen. Was die Formgebung der Packlage und ihre Tiefe anbelangt, so decken sich seine Informationen mit denen von Heribert Klabes. Die Breite des Weges schätzte Schierenberg auf maximal 10 Fuß, was bei einem Fußmaß von 29 cm folglich 2,90 m entspricht. Heereman von Zuydtwyck hatte sie mit 16 Fuß = 4,64 m und Heribert Klabes mit 2,5o m angegeben. Man kann dem entnehmen, dass eine Reihe von Unwägbarkeiten zu den abweichenden Angaben geführt haben dürften. Etwa wo man die Maße aufnahm in welchem Zustand sich dort die Straße zeigte, bemaßte man sie in Kurvenbereichen oder wies die Straße einfach nur unterschiedliche Breiten auf weil es die damaligen Baumeister so wollten. So wie auch Klabes fand Schierenberg keine Fahrspuren wie sie von Hölzermann nach der Entdeckung beschrieben wurden. Schierenberg wird nicht den gesamten Bereich der Trassenfreilegung eingesehen haben und Hölzermann grub nicht da wo Klabes später suchte. Ob Fahrspuren vorhanden sind würde erst eine aufwändige Bodenuntersuchung ergeben. Das Schierenberg den Verdacht äußerte die Römerstraße würde in Richtung Diemel führen lässt Schlussfolgerungen zu. Zum einen ging er also nicht davon aus, dass es sich dabei um den alten Hellweg nach Corvey, sondern um eine Nordsüd Verbindung längst der Egge handeln würde. Zu dieser Überlegung konnte er nur gelangen, wenn er sich an dem Trassenstück aufhielt wo es noch nicht den scharfen Knick nach Osten vollzogen hatte. Zu den Funden. Kleine Hufeisen von Traglasttieren die man wohl in erheblicher Anzahl fand beschrieb bereits Hölzermann. Ein Vergleich der Aussagen von Klabes bestätigt jedoch, dass ihm die Informationen von Schierenberg nicht bekannt waren. Klabes ging davon aus, dass Hölzermann lediglich eine Trassenbreite von 5 Metern ausgrub und dabei schon auf eine stattliche Anzahl Hufeisen stieß, während Schierenberg berichtet, dass mehrere Teilstücke der alten Straße frei gelegt wurden, was auch zu einem erhöhten Aufkommen an Hufeisen geführt haben dürfte. Ebenso erwähnt Klabes keine Sporen, nicht das Stück eines Streithammers und auch kein verrostetes Schwert was sein Buch bestimmt um einige Überlegungen bereichert hätte. Allerdings konnte er noch über den Fund der Tränenkrüglein, die man als römischen Parfümbehälter identifizierte berichten, von denen Hölzermann und Schierenberg keine Kenntnis hatten. Die Funde geben aber in der Summe betrachtet das klare Bild ab, dass es sich hier um eine häufig frequentierte Straßenverbindung von Schwaney nach Corvey handelte. Eine Steinbahn die die Menschen damals zu Fuß und zu allen Zeiten nutzten und die auch von Lasttieren, Reitern und Waffenträgern begangen wurde. Und sie diente den Völkern seit Menschen gedenken als eine, wenn nicht die bedeutendste Ostwestverbindung im Nordwestdeutschen Raum. Unbefestigt seit Jahrtausenden, in Teilen befestigt demnach seit der Antike und weiter genutzt bis ins hohe Mittelalter blieb sie bis zum Iburg Abstieg noch lange eine wichtige Parallelstrecke und in Kriegszeiten dürfte es eine geheime und beliebte, weil versteckte und abkürzende Route war. Parfümutensilien, Reitersporen, als auch das Stück eines eisernen Streithammers sowie das Schwert sind verschollen während sich noch vergleichbare Hufeisen im Heimatmuseum Dringenberg befinden, sodass sich einiges der Datierung entzieht. Streit- bzw. Kriegshammer entstanden im 14. Jhdt. und wurden bis ins 16. Jhdt genutzt was einen Anhaltspunkt für die Nutzungsdauer der Straße bieten könnte. Die Schwertlänge von 19 Rheinländischen Zoll misst umgerechnet 48 cm und entsprach damit in etwa der Länge des römischen Gladius von 51 cm wie man ihn in auch Pompeji fand. Die Grifflänge gab Schierenberg jedoch mit 6 1/2" Zoll = 16,5 cm an, während für den Gladius nur eine Grifflänge von 8,5 cm genannt wird. Zum Vergleich bietet sich auch die sächsische Langsax von 49 cm Klingenlänge an. Diese Beschreibung würde auf das Saxmesser den Scramasax zutreffen der gleichermaßen von Franken und Sachsen benutzt wurde. Für ihn wird eine nahezu identische Klingenlänge von 48 Zentimetern und eine Grifflänge von 15 Zentimetern angegeben. Es ist bekannt, dass das gute römische Straßennetz noch weit bis ins Mittelalter genutzt wurde und der Kriegshammer weist auf die Nutzung der römischen Eggestraße noch bis in die Zeiten des Dreißigjährigen Krieges hin. Als der Kartograph Johannes Gigas zu Beginn des 17.Jhdt. für sein Kartenwerk, das in den Jahren zwischen 1620 und 1630 erschien recherchierte, da griff er auf den Wissensstand des 16.Jhdt. zurück und zeichnete den Verlauf des Hellweges bereits über Buke, Driburg, Herste und Istrup nach Brakel ein. Es dürfte die Zeit gewesen sein, als die römische Steinpflasterung schon längst mit Erde bedeckt war und nun auch die letzten Reste der auf gleicher Trasse geführten späteren Heerstraße von Schwaney über die Suffelmühle und Schmechten nach Brakel an Attraktivität verlor, in Vergessenheit gerieten und die Vegetation von ihr Besitz ergriff.

Der spätmittelalterliche Hellweg über die Egge
Ausschnitt aus der Karte von Johannes Gigas.
************************************
Für ihn schien es den alten ?Schwaneyer ?Hellweg? schon nicht mehr zu geben, obwohl er noch einem einem Vorwerk, dem Hellehof nahe dem Helleholz am Katzbach unter dem Namen ?Helle? einzeichnete und der sich etwa 1600 m nördlich der Antoniusquelle befand. ( blau gekennzeichnet der neue Hellweg über Driburg, rot die prähistorische und frühmittelalterliche Passage über den Netheberg ).


Ob auch Publius Quinctilius Varus in einem Wagen oder hoch zu Ross den Netheberg in Richtung Sommerlager passierte wissen wir nicht aber die Indizien mehren sich. Das umstrittene Sommerlager wo Varus residierte und wo Paterculus unter II/118 (1,2) schrieb, dass er sich dort weniger als Feldherr  einer Armee sah, sondern eher wie ein Stadtprätor der dort mitten in Germanien römisches Recht auf einem Forum verkündete. So müsste oder könnte es in Höxter schon etwas Stadt ähnliches, also in Stein Errichtetes gegeben haben, wo sich Varus derart aufführte. Vergessen wir in diesem Zusammenhang nicht, dass das Imperium in dieser Zeit schon zu weit aus umfänglicheren baulichen Leistungen imstande war, als nur eine Straße über ein ostwestfälisches Mittelgebirge zu bauen. Es sei nur an die "Via Julia Augusta" erinnert die über die Alpen führte und mit deren Bau bereits unter Kaiser Augustus begonnen wurde. Die Überlieferungen lassen den Rückschluss zu, dass man die Arbeiten an der Eggestraße schon auf Befehl von Drusus unter Lucius Domitius anging. Aber was den römischen Steinweg anbelangt so verdichten sich auch hier die Indizien, dass nicht nur Varus diese Strecke nutzte. Sondern auch der Tross mit seinen Wertsachen sowie Frauen und Kindern diesen Weg am zweiten Marschtag nach dem Sommerlager im Jahre 9 + eingeschlagen haben könnte. Aber warum sollten die Arminen als sie ihn in ihren Besitz nahmen ihn noch solange begleiten, bis er schon den Netheberg erklommen hatte. Der anstrengendste Teil der gesamten Route, wo sie beim zurück legen von 1860 Metern einen Höhenunterschied von 125 Metern zu überwinden gehabt hätten. Warum sollten sie sich also dem Steilanstieg aussetzen, wo es doch in der engen Tallage bequemer vor allem aber zielführender war die römischen Begleitmannschaften auszuschalten. Waren hier mit Begleitmannschaften möglicherweise die römischen Abstellungen gemeint, die die Germanen anforderten, da sich der Überlieferung nach Räuber und Gesindel in der Region aufgehalten haben soll. Wollte man Varus verängstigen, damit er sich um seine Habe sorgte und er daher die besagten Abstellungen für den zivilen Tross bereit stellte. Und wollte man zusätzliche Legionäre Varus auf diese Weise entziehen um sie hier nahe dem Gradberg besser bekämpfen zu können, damit sie Varus im Saltus später fehlten. Waren im Tross eventuell sogar schon stattliche germanische Hilfskräfte integriert. die dann mit den römischen Geleitschutzmannschaften leichtes Spiel hatten. Verlängern wir nun die von Heribert Klabes angedachte Römerstraße nach dem sie die moderne Landstraße nahe dem Eggeweg nach Osten querte. Und hier wird auch erkennbar, dass sich die römischen Bauingenieure schon sehr wohl nach der Ideallinie richten wollten und ihre Qualitäten überregional zu denken zu nutzen wussten, auch wenn es nicht immer gelang. Denn vom Fixpunkt Parkplatz Eiserweg bis zur Suffel Mühle wich man an dieser Stelle "nur" rund 56o Meter von der nördlich verlaufenden Luftlinie ab. Klabes lässt die Römerstraße enden bevor sie den Wald des Netheberges etwa da verlässt, wo sich der Flurname "Unterm Gericht" und der Name Galgenberg erhalten hat. Am Wegekreuz oberhalb des Nethegartens sieht das heutige Auge allerdings weder eine Römerstraße noch erkennt man einen Feldweg der nach Osten führt. Und auch "TIM online/2" gewährt keinen guten Blick in die unteren Bodenschichten. Und die heutige landwirtschaftliche Nutzung erkannte auch kein Erfordernis mehr darin diese alte Zuwegung zu erhalten, so wie sie noch auf der preußischen Uraufnahme von 1836 - 1850 ersichtlich ist. Ebenso wurde auch die mittelalterliche Zuwegung des Hellweges über pflügt. Er verlief aus Richtung Schwaney durch das Bodental kommend nach Osten, wo er noch den Namen Landdrostenweg trägt und vereinigte sich "Unterm Gericht" südlich des Mittelberges mit der alten Römerstraße. Man darf also annehmen, dass das Bodental eine feuchte Senke in römischen Zeiten schlechter passierbar war und man sich daher für die südliche Variante entschied. Auf gemeinsamer Trasse strebten sie dann beide auf den Kattenborn, eine sicherlich sehr alte Quelle etwa 600 Meter unterhalb der Gewanne "Unterm Gericht" zu. An dieser Stelle könnte man auch noch einen etymologischen Faden ergreifen, denn bekanntlich nannte man die Chatten auch Katten. Und was den in der Nähe befindlichen Höhenrücken mit dem Namen "Künikenberg" anbelangt, so klingt auch dieser sehr verdächtig nach dem mittelhochdeutschen Namen "Künic" für König. Da man in Sachsen jedoch keine Könige kannte, fällt eine Herkunftsanalyse schwer. Auch hier verraten die Hohlwegsbündel die Altstraßen, so dass sich der Abstieg in Richtung Antoniuskapelle und Klusquelle gut nachvollziehen lässt. An der heutigen Suffel Mühle etwa 11oo Meter westlich des Gradbergsteilhanges, war der erzwungene Besitzerwechsel des varianischen Beute- und Gesindezuges längst vollzogen. Die Sklaven, Frauen und Kinder traten ihren Gang in die germanischen Dörfer an und gingen einem ungewissen Schicksal entgegen. Aber dem Raubgut standen auch noch unruhige Zeiten bevor, denn nun begann vermutlich ein Beutegeschacher im Zuge eines uns unbekannten Verteilungsschlüssels, was man gar nicht nach vollziehen möchte. Aber von diesen schönen Edelmetallen und anderem Tant wird Germanicus sechs Jahre später sicherlich auch noch einiges in der Burg des Segestes an der Leine erblickt haben. Aber Ludwig Hölzermann und Heribert Klabes trugen ihres dazu bei, dass es zwischen Schwaney und Höxter auch noch Massives zu finden gibt, was einst römische Bausoldaten hinterließen. Keine Münzen oder Statuetten dafür aber viele Quadratmeter schwer gewichtige Straßenpflasterung an dessen Auffinden warum auch immer heute scheinbar niemandem mehr gelegen ist. Da gerade diese Hinweise einen Schlüssel zur Varusschlacht in sich tragen ist es bedauerlich, dass man diese historische Chance vertut und historisches Wissen im Boden ruhen lässt. Aber wer weiß vielleicht hat es auch sein Gutes. (12.08.2020)

... link


Samstag, 8. August 2020
Arminius sammelte seine Kräfte gegen Germanicus - waren sie mit den Belagerern der Segestesburg identisch ?
Und seine Kämpfer zusammen zu rufen war im Frühjahr 15 + bedingt durch das Vorrücken von Germanicus und Caecina auch das Gebot der Stunde und eine angemessene und plausible Gegenreaktion. Tacitus beschrieb es sehr ausführlich in seinem Jahrbuch 1.59 (1-6) wie Arminius durch die Gaue zog um zum Widerstand gegen Rom aufzurufen. Anders als von Tacitus im Zusammenhang mit den Chatten dargestellt, denen man nun nicht mehr helfen konnte oder wollte, wurde uns von einer möglichen cheruskischen Unterstützung für die Marser nichts überliefert. Nun aber galt die Priorität dem eigenen Territorium um es gegen die anrückenden Legionen zu verteidigen. Der Vorstoß von Germanicus zur Burg des Segestes kam für alle Germanen und nicht nur für Arminius sicherlich völlig unerwartet und fiel in eine Phase in der noch an der Abwehrfront und Strategie gegen Rom geschmiedet werden musste, Denn zu diesem Zeitpunkt hatten die Cherusker noch nicht die volle Kampfkraft gegen Germanicus zusammen gezogen. Was mag da im Kopf von Arminius vor sich gegangen sein. Germanicus tauchte auf Gesuch von Segestes urplötzlich im vermeindlichen Hinterhof des cheruskischen Stammensgebietes auf, griff sich ihn samt Anhang und setzte dann, warum auch immer seinen Kriegszug nach Norden gegen die Cherusker nicht mehr fort. Arminius rekapitulierte. Er wusste von der Existenz des zweiten Feldherrn Caecina der westlich von ihm stand, der ebenso viele Legionen mit sich führte wie Germanicus und er wusste vom Ausgang der Schlacht Caecinas gegen die Marser. Aber er war sich im Unklaren darüber, welche Schritte Caecina und Germanicus nun gegen ihn ergreifen würden und war unschlüssig wie er auf die Bedrohung im Falle eines Vorstoßes zu reagieren hätte. Gefahren die in den Weiten Ostwestfalens und Nordhessens verborgen lagen und sich für ihn noch nicht klar abzeichneten. Er war also nicht zu beneiden und man wollte nicht in seiner Haut stecken. Tacitus konnte sich die Brisanz der damaligen Lage auch aufgrund seiner lückenhaften Informationen nicht mehr vergegenwärtigen, zudem machten es ihm die räumliche und zeitliche Distanz zu den Ereignissen unmöglich. Was er dann in Anbetracht dieser diffusen Gemengelage verfasste, beruhte auf dem Wenigen was ihm vorlag. Für ihn schien dies aber stimmig geklungen und muss ihn überzeugt haben, sonst hätte er das Verhalten von Arminius wohl nicht so theatralisch aufgebläht beschrieben. Was aber an seiner Darstellung verwundert ist die Reihenfolge in der es es zu Papier brachte. Denn danach soll Arminius seine Männer erst zu den Waffen gerufen haben nachdem Germanicus die Befreiung abgeschlossen hatte und sich schon mit Segestes samt Tochter abgesetzt hatte. Für Tacitus war es offensichtlich keine Frage, dass einzig der Verlust seiner Frau ursächlich dafür war, dass Arminius erst durch die Tat des Germanicus in Rage und Wut versetzt, zum allgemeinen Widerstand gegen Germanicus aufrief und nicht schon vorher. Folglich erkannte er in Arminius auch an vorderster Stelle nicht den germanischen Feldherrn, der sich seiner Verantwortung bewusst zum Handeln gezwungen sah und den Abwehrkampf zu organisieren hatte, sondern den zornigen Ehemann. Aus der Sicht von Tacitus mag die Reaktion von Arminius schlüssig gewesen sein, denn er stützte sich in seiner Einschätzung der damaligen Lage in Germanien auf die Worte von Segimund die dieser gegenüber Germanicus fand, als auch die spätere Darstellung von Segestes. Denn danach sprach für ihn alles nach Weibesentführung, Rache und Ehrenrettung, aber nicht nach militärisch Notwendigen. Nach Tacitus konnte dies alles nur Thusnelda bewirkt und entfacht haben und nur sie konnte den Grund dafür geliefert haben, dass Arminius dem blinden Jähzorn verfiel. Die germanischen Tugenden die Tacitus in seiner Germania ausführlich beschrieb, ließen für ihn nur diese eine Erklärung zu. Sie war für ihn der Antrieb das Arminius seine Männer zusammen trommelte und nicht die weitaus realistischere unmittelbar bevorstehende römische Bedrohung seines Herrschaftsgebietes und dessen notwendige Verteidigung. Das Nahe liegende übersah er, dass nämlich Arminius staatsmännisch denken und handeln musste, in dem er zuvorderst die Front gegen Germanicus zu stabilisieren hatte. Tacitus schien es ausgeblendet zu haben, da ihm seine Quellen keinen tiefen Blick ins germanische Hinterland werfen ließen, wo sich im Rücken Roms völlig andere Prozesse vollzogen. Er konnte nur auf dem Wissen basieren was die Überläufer berichteten. Aber in die germanischen Befehlsketten hatte Arminius die Segestes Sippe sicherlich nicht mehr hinein blicken lassen, geschweige denn sie daran beteiligt, so dass nur Halbwissen Rom und später Tacitus erreichte. Nach dem Germanicus mit der Vereinnahmung der Familie von Segestes und dem vorgeschalteten Befreiungskampf einen militärischen Teilerfolg erzielen konnte, erwartete Arminius noch im gleichen Frühjahr entweder einen von zwei Seiten vorgetragenen Angriff oder einen massierten gemeinsamen Einmarsch aller Legionen aus nur einer Stoßrichtung in seine Territorien, die nun auch das vergrößerte Stammesgebiet von Segestes mit umfassten. Vor diesem Hintergrund stand Arminius nicht mehr viel Zeit zur Verfügung und er konnte die Generalmobilmachung auch nicht erst angegangen sein, als sich Germanicus schon wieder mit Segestes auf dem Rückweg befand. Arminius müsste früher gehandelt haben und den allgemeinen Notstand bereits ausgerufen haben als sich die konkrete Gefahr eines römischen Angriffs abzeichnete. Und das war als sich Germanicus und Caecina schon auf getrennten Wegen seinem Stammesgebiet unaufhaltsam annäherten. Es ist also gut vorstellbar, dass Tacitus den zweiten Gedankenschritt vor dem ersten machte. Er ließ also Arminius erst nach dem Absetzmanöver des Segestes seine Männer mobilisieren und nicht schon vorher, was mehr strategischen Sinn ergeben hätte. Man kann nicht beurteilen wie kurzfristig man sich damals im Rahmen einer Mobilmachung mit Verpflegung eindecken konnte, ob die wehrfähigen Cherusker schon auf ihren Schwertern schliefen, also wie viel Zeit nötig war, bis die Krieger aus allen Regionen an den diversen Sammelplätzen zur Heeresschau eintrafen. Denn auch dafür wird es in Germanien verstreut liegende „Marsfelder“ gegeben haben, wo man sich traf und der Heereszug langsam anschwoll. Der Wettlauf mit dem Imperium begann für die Cherusker nach dem Marserkrieg 14 + und ging im Frühjahr 15 + in die nächste Runde. Aber es lässt sich hier in der Analyse möglicherweise wieder die seltsame Methodik der römischen Geschichtsschreibung erkennen wonach man, wie es auch bei Cassius Dio erkennbar wird, eigene Zeitabläufe definierte. Zeitlicher Versatz wodurch der Forschung beinahe auch der friedvoll verlaufende erste Marschtag des Varus nach dem Sommerlager entgangen wäre. So kommt den antiken Historikern eine hohe Bedeutung für unser Gesamtverständnis zu. Um die antiken Zeiten besser zu verstehen möchte man schon fasst zu einem Hilfsmittel greifen in dem man sich eines Rasters bedient, mit dem sich die Historiker dem jeweiligen Geschehen zuordnen lassen. Es über die Ereignisse zu legen um zu versuchen sie auf diese Weise zu kategorisieren. Fallen uns immer zuerst die Cäsaren, Gaufürsten oder die Schlachtenlenker ins Auge, denn sie prägten die jeweiligen Epochen und sind den Menschen seit der Schulzeit ein Begriff, so steht die nicht minder bedeutsame Berichterstattung darüber leider zu oft im Dunkeln. Und das obwohl die beiwohnenden Zeitzeugen und mit gewissen Abstrichen auch die willigen Biographen, vor allem aber die später in Erscheinung tretenden Geschichtsschreiber den Ereignissen noch relativ nahe standen und ihnen zumindest eine in etwa gleich wichtige Bedeutung zukommen sollte. Denn sie waren es letztendlich, die maßgeblich mit darüber entschieden was wir, die interessierte Nachwelt später erfahren sollte und glauben durfte. Die längst verblichenen Helden die in den Schreibstuben Roms und anderswo wirkten und auf die wir uns dennoch gerne verlassen und berufen möchten. Cäsar und teilweise auch Augustus bildeten da noch Ausnahmen, denn sie waren beides Protagonisten und gleichzeitig auch die Biographen ihrer eigenen Taten. Jeder antike Historiker nutzte die ihm vorliegenden Texte auf seine Art, ließ Manuskripte unbeachtet und wendete sich dafür anderen Informanten zu um später alles nach eigenem Gutdünken zu gewichten, aber wovon sie sich letztlich leiten ließen nahmen sie mit ins Grab. Der Geschichtsschreibung ist die eine Wahrheit fremd, sie wird immer parteiisch sein, subjektiv unterwandert, befangen oder beeinflusst wirken. Auch Tacitus sichtete seine Quellen und analysierte sie. Er wog das Gelesene ab und zog daraus seine Schlüsse. Verunsicherte ihn der Text, war seine Auswahl begrenzt oder konnte er ihn nicht zufriedenstellend bewerten, dann ergänzte er ihn und gab seinen persönlichen Eindruck wieder. Gelangten aber bereits seine Quellen zu schwammigen Aussagen und verrieten Unsicherheit, dann steckte er in der gleichen Notlage wie wir heute auch. Er musste sich für eine Form der Interpretation entscheiden, und es stand im frei, ob er den Inhalt seiner Hauptquelle zusätzlich kommentieren oder im Original übernehmen wollte. Ob es sich so oder anders zutrug, ließ sich für ihn nicht befriedigend beurteilen und mit der Zeit die zwischen Ereignis und Verschriftung verging stellten sich zusätzliche Probleme ein. Hätte man es nicht mit der lebendigen Geschichte zu tun, würde man sich etwa der Erforschung der Naturgesetze oder der Mathematik widmen, käme es uns der Mensch nicht so oft in die Quere, was vieles vereinfachen würde. So wird nicht deutlich, ob schon der oder die Verfasser auf die sich Tacitus stützte bereits mangels Wissen eine zögerliche und vorsichtige Bewertung abgeben mussten und Tacitus daher seine eigenen Quellen in Zweifel ziehen musste. Wir wissen also nicht, wann, ob und warum Tacitus aus diesem oder jenem Grund zur dritten Person wechselte, möglicherweise misstraute er bereits seinen uns verborgen gebliebenen Quellen, die er uns nicht preis gab. Sie zu kennen würden wir uns natürlich wünschen. So greift er zum Mittel der Umschreibung. Er macht es, in dem er die Reaktion von Germanicus, nach dem ihn die Reiterschar um Segimund antraf und bei ihm zwecks Befreiung vorstellig wurde in die nebulösen Worte kleidet. So „schien es ihm“ den Preis oder die Mühe wert gewesen zu sein, es sich also für ihn lohnen würde, Segestes in seiner Burg aufzusuchen. Genau geschrieben steht es unter Tactius 1,57 (3) „Germanico pretium fuit convertere agmen“ bzw. auch „es hat sich für Germanicus gelohnt seinen Heereszug umzudrehen“. Mit dieser Form der Interpretation öffnete Tacitus Tür und Tor für viele Spekulationen. Denn was verleitete Germanicus letztlich dazu die Entscheidung zu treffen ein Wendemanöver mit seinem Heereszug einzuleiten und wie verlief sein Abwägungsprozess der dem voraus ging. Warum marschierte Germanicus also nicht in die cheruskische Herrschaftsgebiete ein auch ohne das ihn eine Abordnung aus dem Hause Segestes vorher dazu „einlud“, denn er bewegte sich bereits in relativer Nähe zu den südlichen Stammesgrenzen der Cherusker. Das Wendemanöver einzuleiten war für die Geschichtsschreibung die Bestätigung dafür, dass er sich sowohl für die Rettung von Segestes entschieden hatte, als auch der Hinweis, dass er bereit war dafür sogar zu kämpfen. Es hatte also alles gut gegeneinander abgewogen, bevor er seinen Befehl gab. Was bei seiner Entscheidung letztlich überwog und ob auch die reine Machtdemonstration mit eine Rolle spielte sei dahin gestellt. Aber woraus bestand die Quelle des Tacitus aus der er seine Schlussfolgerungen zog. Gar aus einem Legionär mittleren Dienstgrades, der noch nicht einmal Zutritt in das Befehlszelt von Germanicus hatte. Ein Informant, der lediglich die Tatsache beschrieb, dass er den Befehl zu einer Kehrtwendung bekommen hatte. Es könnte also auch so gewesen sein, dass die Beweggründe zu Segestes zu reiten auch ganz andere waren als die, die Tacitus oder andere Quellen darin sahen. Zum Beispiel seine Macht in dieser Situation zu zeigen, in dem er urplötzlich mitten im Cheruskergebiet erschien und dies eindrucksvoll durch strategische Stärke und Flexibilität unter Beweis stellte. Dies könnte für ihn bereits Grund genug gewesen sein zurück zu reiten. Und die Rettung des Segestesclans war demnach nur das Nebenprodukt einer reizvollen militärischen Herausforderung, der er sich nicht verweigern wollte. So könnten Tacitus bereits einfachste Quellen oder Zeugenaussagen gedient haben die ihm im Zuge seiner Recherchen in die Hände fielen und ihm Anhaltspunkte für das Geschehene lieferten. Und plötzlich war es auch keine heroische Rettungstat mehr um einem germanischen Römerfreund zur Seite zu stehen, sondern der Versuch die militärische Stärke des Gegners zu testen. Aber auch diese Gedankengänge helfen nicht dabei das Varusschlachtfeld besser verorten zu können, sie verdeutlichen lediglich das Dilemma die Quellenlage zu interpretieren. Es ist also mitnichten eine belastbare Faktenlage auf wir uns hier erneut mangels anderer Historiker stützen müssen. Soweit wir wissen, musste sich aber Germanicus einem Gefecht mit den arminiustreuen Cheruskern stellen. Ein Gefecht, das der Überlieferung nach keine großen Ausmaße annahm und das Tacitus seinen Vorlagen entnehmend Germanicus gegen die Belagerer zu führen hatte. Die Belagerer für die Tacitus sich auf die lateinische Begrifflichkeit für „Volk“ entschied. Nun ließe sich daraus auch folgender Hergang ableiten. Man könnte annehmen, dass Arminius den Chatten Unterstützung zugesagt hatte wie es Tacitus andeutete, aber auch, dass er seine Männer anwies dort lediglich Grenzsicherung zu betreiben. Aus welchen Regionen zwischen Weser, Leine, Solling und Harz, den angenommenen Stammesgebieten der Cherusker diese Kämpfer kamen und sich auf Weg in Richtung Süden zu den Chatten aufgemacht haben könnten, wissen wir nicht. Kamen sie aber aus den Gauen nördlich von Einbeck etwa zwischen dem Ith und dem heutigen Hildesheim, so ist nicht auszuschließen, dass sie bei Ihrem Ritt oder gar Fußmarsch der sie möglicherweise letztlich bis in die Region am Gudensberg führen sollte, auch zwangsläufig die Burg des Segestes an der Leine passieren mussten, denn dieser Fluss war für sie die klassische Zugtrasse nach Nordhessen. Möglicherweise sollten sich ihnen im Raum Einbeck den fundhistorisch belegbaren Siedlungskammern dieser Zeit weitere Krieger anschließen um das Kontingent aufzufüllen und zu verstärken. So ließen sich folgende Szenarien spekulativ bewerten. Sie erfuhren in Vogelbeck, dass Caecina die Marser schlug, wodurch sie zögerten weiter vor zu rücken. Segestes könnte sich aber auch geweigert haben Kämpfer seiner Sippe Arminius zu unterstellen und wollte sie nicht in den Marschzug integrieren. Man begrub also den Plan weiter zu ziehen blieb im Raum Vogelbeck, beriet sich dort über die weitere Vorgehensweise und wartete auf Nachricht von Arminius. Und das geschah natürlich ohne Segestes. Das cheruskische Expeditionskorps lagerte demnach noch an der Leine, bzw. nahe des Segestes Herrschaftssitzes als Germanicus eintraf um Segestes ins Imperium zu geleiten. So könnte es im Zuge dessen zu einem Aufeinandertreffen gekommen sein, was Germanicus erwartete vielleicht auch erhoffte, aber die Cherusker aufgrund der noch unausgereiften Lage vermeiden wollten. Frontale Schlachten mit Rom vermied man in Germanien, so muss man sich fragen wie sich die Germanen den zahlreichen Legionen, also einer Großmacht gegenüber in Position gestellt haben sollen. In den aufgeweiteten Leineniederungen wird sich kaum ein Hinterhalt und auch kein Saltus finden lassen, wo sich die Cherusker hätten zum Kampf stellen wollen. Nach bekannter germanischer Kampfmethodik ist es also fraglich wie sich das Duell entwickelt haben könnte und welche Ausmaße es annahm. Die Cherusker könnten zwar schon über einen kampfkräftigen Verband verfügt haben, zumal Tacitus ihm die Bezeichnung Übermacht gab, ob man sich aber bereits eine größere Auseinandersetzung mit Germanicus liefern wollte oder aus taktischen Gründen erlauben durfte ist fraglich, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. In dieser Zeit bestand die Taktik von Arminius aufgrund der militärischen Großwetterlage wohl aus purer Defensive. Nach der taciteischen Darstellung also der Leichtigkeit mit der Germanicus das Kontingent bezwungen haben soll, spricht alles allerdings eher nach einem kleineren Geplänkel und mehr geben die Quellen auch nicht her. Im Zuge dieser Betrachtung gibt es allerdings auch eine andere Überlegung auf die ich in einem weiteren Kapitel noch eingehen möchte. Betrachtet man es also aus dieser Perspektive, so wurden die cheruskischen Hilfskräfte nicht zur Belagerung entsendet, wie Tacitus es ableitete, die die Absicht hatten die Segestesburg zu erobern und kamen auch nicht um Thusnelda ihrem Vater zu entreißen. Sondern sie waren identisch mit dem chattischen Hilfskontingent bzw. einer ersten Sammlungsbewegung in Erwartung einer größeren Schlacht. Also Kämpfer, denen Arminius andere Aufgaben zugewiesen hatte, als eine Wallburg zu erobern. Aber bei Segestes befand sich seine Tochter, eine schwangere Frau die in ihrer Situation andere Probleme hatte und die um ihr Ungeborenes besorgt war und die sich nicht den Gefahren aussetzen wollte, den römischen Legionen zu entkommen und gezwungen sein könnte mehrfach flüchten zu müssen oder gar unmittelbar in Kämpfe verwickelt zu werden. Kämpfe in die möglicherweise ihr Ehemann auf kurz oder lang geraten und in denen er auch umkommen könnte. Aber da die Geschichte von Männern geschrieben wurde, kommen derartige Überlegungen bekanntlich zu kurz. In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant zu wissen, ob Thusnelda noch eine Schwiegermutter hatte, die eine maßgebliche Rolle gespielt haben könnte. Es mag in dieser Situation für die junge unerfahrene Thusnelda eine sehr schwere Entscheidung gewesen sein, wem sie sich zuwenden bzw. folgen sollte. Und wenn sie bei ihrem Vater bleiben wollte, so hätte Arminius dies auch respektieren können. So kann man es auch sehen. Das die Geschichtsschreibung schon in antiken Zeiten daraus einen Belagerungsring samt Befreiungsaktion machte kann man den späteren Historikern nicht verdenken, denn es könnte alles dicht beieinander gelegen haben. Und zweifellos passte die Theorie einer Belagerung auch besser in die Strategie eines Segestes mit der er sich besser als Opfer darstellen konnte. Und ob nun Germanicus gegen eine zusammengewürfelte Horde von Belagerer, oder gegen jene kämpfte die sich ihm entgegen stellen wollten, wird für ihn gleichbedeutend gewesen sein. Er traf auf einen Feind den es zu besiegen galt, der eigentlich ihn angreifen wollte und dem er nun auf halben Weg entgegen kam. Ein germanischer Feind der möglicherweise noch zurück schreckte, da er sich nicht stark genug fühlte wäre für ihn ein angenehmer Gegner gewesen. Es kann also damals ein Konglomerat aus vielem gewesen sein, aber Segestes suchte sich das für ihn beste Argument heraus um der Gefahrenlage zu entkommen. Aber all das klingt wahrlich nicht nach dem, was uns Strabo mit wenigen Worten hinterlassen hat. Denn nach Strabo der dem alten Geschehen hundert Jahre näher stand als Tacitus soll Segestes nach einer „günstigen Gelegenheit Ausschau“ gehalten haben um dann zum Überläufer zu werden. Anders ausgedrückt, hätte sich ihm diese günstige Gelegenheit nicht geboten, wäre er wohl zwangsläufig in Ostwestfalen geblieben und auch weiterhin im großen Herrschaftsbereich der Cherusker und dort von den anderen Fürsten geduldet worden. Und das klingt dann nicht mehr so, als ob Germanicus gerade noch so im richtigen Augenblick auf der Bildfläche erschienen wäre, um Segestes vor dem Schlimmsten zu bewahren. Nämlich dem Mann in die Hände zu fallen, bei dem es sich sowohl um seinen größten Widersacher handelte, als auch um den des Germanicus. Ein Mann mit Namen Arminius. Eine „günstige“ Gelegenheit zum Seitenwechsel zu nutzen hört sich also völlig anders an, als ein Hilfegesuch in höchster Not an Germanicus abzusetzen, damit dieser ihn im letzten Moment aus der feindlichen Umklammerung befreit. Aus einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben (Tacitus) eine günstige Gelegenheit zu machen (Strabo), klingt in der Tat nach einem erheblichen Unterschied. Und Strabo könnte gegenüber Tacitus der Glaubhaftere gewesen sein, aber es offenbart uns die zwei unterschiedlichen Sichtweisen der beiden Historiker. So wird es wohl eher der günstigen Gelegenheit nämlich der Anwesenheit von Germanicus der vielleicht nur ein oder zwei Tagesmärsche von seiner Residenz entfernt zu verdanken gewesen sein, dass sich Segestes für diese Form des Frontenwechsels entschied. Und so darf man rätseln, ob es die Bedrohung wirklich gab und wenn, ob sie wie zuvor dargestellt, den Namen Bedrohung rechtfertigt. Aber auch in dieser Zusammenfassung erkennen wir wieder an vielen Stellen interessante Merkmale und Auffälligkeiten. Nämlich die Ur - Handschrift eines Segestes, sehen aber auch die Unterschiede in den Schriften zwischen Tacitus und Strabo. Werfen wir aber auch noch den Blick auf eine weitere Alternative die in zusätzliche Theorien münden würde. Germanicus wusste vom cheruskischen Kontingent was zu den Chatten unterwegs war und sah darin eine gute Gelegenheit sich ihm entgegen zu stellen um es auszuschalten. Aber eine größere Schlacht gegen die Cherusker um den Sitz des Segestes geben die antiken Quellen nicht her. Aber wer von beiden, Strabo oder Tacitus kann nun die Wahrheit für sich beanspruchen bzw. kam ihr am Nächsten. Strabo der es wie einen kühnen Schachzug von Segestes darstellt, der aber über die Befreiungsaktion des Germanicus wiederum kein Wort verlor, oder Tacitus der es wie eine Rettung in letzter Sekunde aussehen lässt und wofür sogar die Legionäre des Germanicus zur Waffe greifen mussten. Und wie so oft, steht uns außer diesen beiden Herren Tacitus und Strabo wieder einmal kein dritter Historiker zur Gegenprüfung zur Verfügung, dessen Darstellung wir noch mit ins Kalkül ziehen könnten. Wo sind die Kriegstagebücher von Germanicus abgeblieben, denen man hätte entnehmen können, ob es nun so war wie Strabo schrieb oder mehr wie es Tacitus etwa 100 Jahre später formulierte. Sollte es sie jemals gegeben haben sind sie verschollen. Aber die Bedeutung der Zeilen die uns Tacitus hinterließ soll damit nicht infrage gestellt werden, denn Tacitus berichtete vieles über die Feldzüge des Germanicus auch ohne das wir wissen woher er seine Kenntnis nahm. Waren sie ein Gemisch aus vielen Quellen, fügte er sie so zusammen, wie es später auch Cassius Dio nach bestem Wissen und Gewissen tat in dem er aus den vorliegenden Informationen versuchte einen schlüssigen Erzählstrang zu entwickeln. Blätterte auch Tacitus unterschiedliche Akten durch deren Verfasser wir nicht kennen, formte er sie, machte er sie passend und bildete er darauf basierend eine eigenständige Reihenfolge und stellte dann einen verständlichen Bezug her. Man könnte es fasst annehmen. So hatte er demnach auch Kenntnis über den Verlauf, aber nur soweit er ihn den Papieren der Gespräche mit Segestes entnahm. Musste aber auch auf Aussagen anderer Zeitzeugen zurück gegriffen haben können. Zeitzeugen die man zwar zu den Germanicus Feldzügen befragen konnte, deren Wissen aber nicht bis zur Varusschlacht zurück reichte. Denn dazu blieben im Frühjahr 15 + noch alle Zungen stumm. Bis auf eine, die des Segestes. Und erst im Sommer 15 + war es letztlich das qäulende Gewissen der Legionäre was uns den Stoff lieferte, römische Veteranen die nämlich ihren verstorbenen Kameraden noch einen letzten Dienst erweisen wollten. Ein Anliegen oder ein Wunsch bzw. eine Idee auf die Germanicus selbst nicht kam, hätten es die Legionäre nicht angesprochen. So hat wohl vieles aus den Mündern auch der einfachen Soldaten Eingang in die Chroniken der Weltgeschichte gefunden, Bruchstücke und kleine Anekdoten, die uns dann einen wichtigen Pfad zum Varusschlachtfeld wiesen. Was hätten wir also ohne jene Alt Legionäre gemacht die Caecina den Befehl von Germanicus einbrachten nun die unbehbaren Sümpfe zum Schlachtfeld wieder herzurichten. Caecina, der noch im Frühjahr 15 + gar nicht so weit weg vom Varusschlachtfeld gegen die Marser kämpfte. Caecina der auch da schon ungefähr gewusst haben könnte, wo Varus starb (08.08.2020)

... link


Samstag, 1. August 2020
Segestes fürchtete sich in seiner Burg - aber mehr vor seinen Freunden......
....... als vor seinen Feinden. Und so galt seine Sorge auch eher den anrückenden römischen Legionen des Germanicus, als dass er eine Gefahr hinter den angeblichen cheruskischen Belagerern sah, die ihm nur als willkommener Vorwand dienten. Vieles könnte man Segestes vielleicht vorwerfen, soweit man sich einbildet seinen Charakter zu kennen, aber einen fehlenden Realitätssinn wird man ihm wohl nicht nachsagen können. Denn das Taktieren und Lavirieren zwischen und hinter den Fronten lag ihm wie man weiß und das musste in jenen Tagen auch eine der Grundvoraussetzungen dafür sein, um alt werden zu können. So setzten ihn seine Informanten auch schon frühzeitig über die wachsende militärische Bedrohung und die Gewalttaten der Legionen in Kenntnis, die sich an seiner Südgrenze ereigneten. Ihre Zielrichtung ließ sich nun nicht mehr verheimlichen, wodurch für ihn die Stunde der Entscheidung immer näher rückte. Es mögen sich in den Jahren Antipathien, Animositäten und Differenzen zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn aufgebaut haben und Segestes könnte sich Arminius gegenüber auch aus Gründen des Altersunterschiedes überlegen gefühlt haben, was insgesamt zur Rivalität beigetragen haben dürfte. Aber auch die möglicherweise freiwillige Anwesenheit von Thusnelda rechtfertigt in dieser brisanten Lage noch keine Belagerung, wenn römische Legionen schon vor der Haustür stehen. Sich aber Arminius zu beugen falls man ihn belagert haben sollte um dann für ihn in einer Schlacht gegen Rom zu sterben, zumal seine Pläne bereits weiter viel griffen war für Segestes keine Option. Und die Überlieferungen von Strabo und Tacitus untermauern diese Theorie auf die ich noch eingehen möchte. Er kannte alle Großen und Mächtigen seiner Zeit von Drusus über Tiberius bis Germanicus, möglicherweise auch Augustus, sowie Marbod und natürlich Varus und fasst alle germanischen Fürsten im Großraum, sowie zahlreiche römische Legionskommandeure persönlich. Das machte aus ihm einen nicht zu unterschätzenden und mit allen Wassern gewaschenen Stammenslenker heute würde man sagen Innenpolitiker. Aus der Tiefe der Vergangenheit wirkt er auf uns diplomatisch geschmeidiger, besaß weder die widerborstigen Gene eines Arminius und er war auch kein Hellseher, obwohl er Gefahren gut einschätzen konnte. Hätte er damals voraus sehen können, dass Arminius einmal als Sieger und wohl nicht nur „am grünen Tisch“ die Kriegsschauplätze des Jahres 16 + verlassen würde, so wäre manches anders gelaufen und der krönende Abschluss im Mai 17 + in Rom hätte vermutlich ohne Segestes statt gefunden. Aber in Germanien beherrschte im Frühjahr 15 + Pragmatismus und Überlebenswille sein Verhalten und vieles spricht für sein nüchternes Kalkül. So malte er die Zukunft was auch nicht verwundert, für Germanien in schwärzesten Farben. Er hatte sich bei den vielen politischen Verwerfungen seiner Zeit bislang seine relative Selbstständigkeit bewahren können, war vermutlich auch schon in die politischen Ränkespiele unter dem römischen Konsul Ahenobarbus 1 + verstrickt und wusste wann es Zeit war die Zeichen des Himmels richtig zu deuten. Denn nun bewegte sich die römische Front scheinbar unaufhaltsam wie eine Lawine auf ihn und sein Herrschaftsgebiet zu. Durch sie fühlte er sich nicht nur bedroht, sondern war es auch. Geostrategisch betrachtet sah er sich urplötzlich mitten im Zentrum imperialer Kriegspläne. Lagen doch die Ostgrenzen des römisches Reiches für ihn seit seiner Geburt, etwa um das Jahr 30 - immer am Rhein, so konnte er sich im Hinterland an der Leine über die Zeiten sicher fühlen. Die lange Anmarschstrecke die die Legionen durch die westfälische Bucht zu bewältigen hatten, die schroffe Egge, dann die Weser samt ihren Niederungen und der waldreiche Solling boten ihm Schutz. Und bei Bedrohung konnte er sich zur Not auch in den Harz mit seinen zahlreichen zerklüfteten Schluchten zurück ziehen, der nur nur 20 Kilometer von Vogelbeck entfernt begann. Als man Segestes mit dem römischen Bürgerrecht hofierte, anders ausgedrückt köderte waren die Zeiten andere. Da hatte die Varusschlacht noch nicht die Stimmung getrübt und die neuen Realitäten waren noch nicht absehbar. Aber nun ist Segestes schon lange, besser gesagt zu lange den Beweis schuldig geblieben mit dem er sich für die alte Ehrung hätte erkenntlich zeigen können. Sechs Jahre hätte er Zeit gehabt mit dem Imperium in Kontakt zu treten um alte Verbindungen aufzufrischen. Sein ängstlichen Verhalten spricht dafür, dass er es unterließ. Im Frühjahr 15 + konnte und musste daher auch Germanicus die einstige Würdigung als überholt betrachten und konnte sich sogar die Frage stellen, ob man sie ihm damals überhaupt zurecht zuteil werden ließ. Aber Germanicus kannte die Methode wie Rom sich seine Vasallen heran zog und wusste, dass man derartigen Auszeichnungen keine große Bedeutung beimessen brauchte. So könnte es nicht nur Germanicus gesehen haben und man sah in ihm mehr den Germanen als den „Halbrömer“. Als Römerfreund ist er soweit man es weiß, seitdem nicht mehr auffällig in Erscheinung getreten. Mit seiner Entscheidung das Lager zu wechseln hielt er sich lange zurück, was ihn verdächtig machte. Mit einer frühzeitigen Ergebenheitsadresse an Germanicus, hätte er das Blatt schon eher wenden können. Etwa zu dem Zeitpunkt als dieser mit seinen Legionen die Wetterau gerade hinter sich gelassen hatte. Folglich musste Germanicus in Segestes zunächst einmal den potenziellen Feind sehen und so hätte er ihn, der immerhin auch der Schwiegervater seines größten Widersachers Arminius war, wohl auch im Ernstfall behandelt, folglich schonungslos. Augenfällig war es schon, wie Segestes im Zuge seiner Reputationsrede die Gegenseite eindringlich daran erinnern musste, besser gesagt darauf pochte wie er doch immer treu und fest zu Rom gestanden hatte. Und dazu musste er sich 15 + auch die Mär von seiner an Varus ergangenen Warnung einfallen lassen, um sich seine letzten Chancen zu wahren. Mit dem unglaubwürdigen Status eines selbst ernannten Römerfreundes stand ihm nun bald ein kritischer Seiltanz in Form eines Kotau vor Germanicus bevor. Das war die Ausgangslage einer gänzlich neuen Situation, in der sich Segestes im Frühjahr 15 + wieder fand. Und damit ging eine bittere Erkenntnis einher. Denn nun lief er Gefahr sogar selbst und das noch dazu völlig ungewohnt von Süden her nicht nur bedroht, sondern auch bald angegriffen werden zu können. Segestes war noch ein junger Mann, aber wohl schon stolzer Vater als Drusus vermutlich über das zu seiner Zeit gegründete Höhenkastell Hedemünden zwischen 11 - und 9 - durch das Leinetal nach Norden zog um vielleicht in Wilkenburg die ersten römischen Spuren zu hinterlassen. Dabei kann einem Legionär möglicherweise die 1994 gefundene Bronzemünze des ersten Nemausustyps nahe der Vogelsburg aus der Tasche gefallen sein. Seitdem kam kein römischer Feldherr mehr aus dieser Richtung. Und selbst während des „Immensum Bellum“ der von 1 + bis 5 + andauerte gab es keine römischen Vorstöße aus dem Süden, was der aktuellen Lage eine deutlich kritischere Note verlieh, als alles bisherige. Segestes wurde nun verständlicherweise unruhig, denn er ahnte die Gefahr und so sah er sich gezwungen zu handeln, wollte er sich wieder schadlos halten. So bot ihm die von Strabo beschriebene „günstige Gelegenheit“ im letzten Moment den Anstoß, um den drohenden zukünftigen kriegerischen Auseinandersetzungen geschickt zu entrinnen. Damit gelang es Segestes noch rechtzeitig den schon auf ihn gerichteten römischen Spieß umzudrehen und er suchte nur noch nach einer geeigneten Brücke auf der es sich gut den heiklen Gang ins Imperium antreten ließ. Da passte das Kontingent der Cherusker, dass als Unterstützung der Chatten dienen sollte möglicherweise gut in sein Konzept und er gab diese Germanen als eine Gefahr für sein eigen Leib und Leben aus. Er machte aus ihnen Germanen, die ihn angeblich bedrohen würden, so dass sich auf dieser Basis ein Germanicus als willkommener Retter aufschwingen konnte und sein Ansinnen die Fronten zu wechseln wirkte vor diesem Hintergrund umso glaubhafter. Worauf ich aber noch näher eingehen möchte. Obwohl es vermutlich gar nicht die ureigene Aufgabe und Bestimmung der Cherusker war die Herausgabe von Thusnelda zu erkämpfen, denn sonst hätten sie dieses aufgrund der geschilderten Übermacht gegen die Verteidiger wohl auch geschafft. Diese Theorie soll mit eine Basis für die Überlegung bilden, dass Segestes weniger glaubwürdig als eigennützig handelte und daher sind auch seine angeblichen Warnungen an Varus mit der gebotenen historischen Vorsicht zu genießen. Träfe diese Hypothese zu, würde sich auch der Verlauf der Varusschlacht schärfer abzeichnen, denn dann hätte ein nicht gewarnter Varus seinen Marsch in den Untergang völlig blauäugig angetreten und konnte daher auch um so leichter bezwungen werden. Aber zur Stärkung dieser Hypothese möchte ich mich in den folgenden Kapiteln noch mit den abweichenden Äußerungen der anderen römischen Historiker näher auseinander setzen, die sich zu der Frage wie Varus gewarnt worden sein soll, ebenfalls geäußert haben. Die cheruskischen Krieger rotteten sich jedenfalls wie bereits in der Theorie dargestellt in der Region an der unteren Leine nur in der Absicht zusammen abzuwarten und möglicherweise auf Verstärkung zu hoffen, da man nun mit einem römischen Vorstoß in ihr Kernland rechnen musste. Segestes sah sich unverhofft im Brennpunkt der Geschehnisse und nutzte wie argumentiert diese Gemengelage aus um es Germanicus gegenüber wie eine Bedrohung aussehen zu lassen. Eine Gefahr für seine Person, die es aber de facto nicht gegeben haben muss. Denn die cheruskischen Kämpfer hatten es nach meinem Dafürhalten nicht auf ihn abgesehen, da man diese Kampftruppe für größere Aufgaben abkommandiert hatte, aber nicht um eine schwangere Frau zurück zu bringen. Aber man sollte den Faden auch in die Bereiche des Möglichen spannen. Also noch mal von vorne. Tacitus hatte folglich seine Quellen in dergestalt interpretiert, als ob eine Belagerung statt gefunden hat. Denn Segimund soll es gegenüber Germanicus bei dem Zusammentreffen so zum Ausdruck gebracht, also gesagt haben. Zeugen die diesen Gesprächsverlauf dokumentierten bzw. bestätigen könnten und die es sicherlich gegeben haben dürfte, kennen wir nicht. Und selbst wenn es damals von Anwesenden römischen Kommandeuren aus dem Stab des Germanicus so protokolliert worden wäre, wir hätten nie erfahren, ob Segimund die Wahrheit sagte, oder ob er nur der Anweisung seines Vaters blindlings folge leistete. Und selbst das ist infrage zu stellen, denn es besteht auch die Möglichkeit, dass es Segimund gar nicht sagte und es nur die Protokollanten überlieferten um die Handlungsweise von Germanicus der Nachwelt gegenüber angemessener begründen zu können. Nach der Devise „Traue keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast“, könnte man abgewandelt sagen „Traue keinem antiken Historiker, gleich ob er dabei oder nicht dabei war“. Aber verlassen wir uns nun im Rahmen dieser Theorie darauf, dass Segestes nicht geflunkert hat, seine Burg tatsächlich belagert wurde und Segimund es korrekt Germanicus berichtete. Aber Segimund sprach auch von einer Übermacht. Und da wird man schon nachdenklich und gerät ins Grübeln, denn was wollte man oder er in diesem Zusammenhang mit „Übermacht“ zum Ausdruck bringen. Vermutlich wollte Segestes über seinen Sohn Druck auf Germanicus ausüben, dass dieser nicht lange nachdenken und sich schleunigst auf den Weg machen sollte, bevor es zu spät sein könnte. Germanicus folgte bekanntlich der Bitte und ritt zur Burg des Segestes um ihn zu befreien. Er tat es allerdings ohne Segimund, denn den hatte man schon mal als Geisel zurück gehalten. Dann kam es also zu einer Auseinandersetzung zwischen Germanicus und den belagernden Cheruskern im Umfeld der Burg. Nun sollte man sich die Belagerung die im Zuge dieses Exkurses als glaubhaft eingestuft wird, näher betrachten. Dazu muss man aber zunächst in die Vorgeschichte zurück greifen. Vergegenwärtigt man sich die Lage in der Burg des Segestes die von einer Übermacht an cheruskischen Kämpfern umringt war, so müsste es in diesen Stunden ziemlich spannungsgeladen und turbulent zugegangen sein. Vor den Wällen möglicherweise eine dicht gedrängte grölende Menschenmasse, die gerade mit dem Versuch beschäftigt war sich ins Innere der Burg vorzukämpfen, aber von den Verteidigern noch gerade zurück gedrängt werden konnte. Oder wie sollte man es sich vorstellen ? Eine Belagerung entsteht nicht aus dem Nichts heraus und bahnt sich an. Es könnten untätige Cherusker mit oder ohne Auftrag von Arminius gewesen sein, die nun über die Stränge schlugen und die Phase im Raum Einbeck inne halten zu müssen nutzen wollten um Thusnelda der Obhut ihres Vaters zu entreißen. Und natürlich hätte er seine Tochter auch ohne Gegenwehr übergeben können, aber er handelte wohl eher nach dem Motto „Nur über meine Leiche“. Segestes und seine Männer beobachteten von der Wallkrone aus, dass sich der Belagerungsring um sie immer enger zog. So beriet er sich im engsten Kreis seiner Sippe und man entschied sich Segimund zu Germanicus zu senden um ihn um Hilfe zu Bitten. Aber von diesem Augenblick an reden wir über ein sehr schmales Zeitfenster und das immer unter der Prämisse betrachtet, dass es diese Belagerung tatsächlich gegeben hat. Dieser Hypothese nach hatte Segestes seinen Fürstensitz auf der Vogelsburg bei Vogelbeck, aber wir kennen nicht die Struktur und die Verteidigungsfähigkeit dieser prähistorischen Anlage in den ersten Jahrzehnten nach der Zeitenwende, zumal sie in den folgenden Jahrhunderten zahlreiche Umbauten erfahren haben dürfte. Fliehburgen in Höhenlagen in denen die Gaufürsten ihren Sitz hatten orientierten sich in der Bauweise an den von der Geologie vorgegebenen Strukturen. Die Vogelsburg gehört nach Ansicht von Dr. Geschwendt zu den eindrucksvollsten Anlagen aus frühgeschichtlicher Zeit in Niedersachsen. Die baulichen Reste befinden sich auf einer 262 Meter hoch gelegenen Bergkuppe am östlichen Leineufer und ihre ersten Bauspuren sollen mindestens in die Phase zwischen 150 – bis 0 -/+ zurück reichen, während Keramikfunde noch weit aus älter sind. Der Hauptzugang in die Doppelwallanlage befand sich im Nordosten, wo er auch stärker gesichert war. Um den Moment des Verlassen der Reiterschar um Segimund rekonstruieren zu können kommt der Frage eine Bedeutung zu, ob die Delegation dabei von den Belagerern beobachtet wurde, oder ob es ihnen gelang unbemerkt in Richtung Germanicus aufzubrechen. Man darf nun rätseln wie die Reiterschar um Segimund die Bergfestung verlassen hat. Waren die Hänge zur Kuppe baumfrei, dann ließ sich die Wallburg von allen Seiten kontrollieren. Benutzte man dafür den Hauptzugang musste man durch die Reihen der Belagerer. War der Anstieg zum Fürstensitz mit Bäumen bestanden und gab es Notausgänge und versteckte Fluchtwege so war es für Berittene riskant die Wälle auf derartigen Pfaden zu verlassen. Es bei Dunkelheit zu wagen ein Pferd zu besteigen um dann schnellen Rittes ein Ziel zu erreichen ist riskant. Und auch wenn Pferde bei Dunkelheit besser sehen als Menschen dürfte ein Nachtritt wenn nicht Selbstmord, so zumindest ein Wagnis gewesen sein. Man könnte also davon ausgehen, dass keine Geheimhaltung möglich war und die Entsendung einer Delegation an Germanicus nicht ohne Wissen der Belagerer statt gefunden hat. Und ab diesem Moment tickte die Uhr und das sowohl für die Eingeschlossenen, als auch für die Belagerer. Denn beide Parteien standen nun vor der Frage wieviel Zeit diese Aktion kosten würde. Die Reiterschar musste eine Wegstrecke unbekannter Distanz zurück legen. Sie musste Germanicus finden und es waren zudem noch überzeugende Gespräche mit ihm zu führen. Germanicus musste dann entscheiden, sich vielleicht auch mit Caecina absprechen um dann nach Norden aufzubrechen. Hier stößt man aber noch unzweifelhaft auf eine gewisse Unlogik. Dadurch, dass Segimund eine Schilderung lieferte, mit der er eine germanische Übermacht zum Ausdruck brachte und die Lage auf Messers spitze stand war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Germanicus umsonst zur Burg des Segestes aufbrach. Denn er hätte bei seiner Ankunft nur noch auf die rauchenden Trümmer einer einstiges Segestesburg blicken können, aus der die Arminen bereits alle Bewohner nach Norden abgeführt hatten. Das Germanicus trotzdem aufbrach ist bemerkenswert und erweckt daher eher den Anschein einer Machtdemonstration mit ungewissem Ausgang oder den Willen einen Kampf riskieren zu wollen. Es lässt aber auch Zweifel an der geschilderten Übermacht der Arminen zu. Aber zurück zur vermeindlichen Realität. Unter günstigen Bedingungen ließe sich also für Hin- und Rückritt ein Zeitfenster von drei Tagen öffnen. Das bedeutet, die Eingeschlossenen mussten drei Tage durchhalten und die Belagerer hatten drei Tage Zeit um die Belagerung erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Es standen sich nun eine Verteidigerschar in einer möglicherweise gut befestigten Wallanlage und eine Übermacht cheruskischer Belagerer gegenüber. Schenken wir Tacitus glauben und tragen wir einer wahrheitsgetreuen Darstellung Rechnung, dann hingen die Tage an der Vogelbecker Vogelsburg an einem seidenen Faden. Wen konnte Segestes aufbieten der ihm bis zuletzt die Treue hielt und der vor allen Dingen sein Leben für Thusnelda auf`s Spiel setzten wollte. Hinzu kam noch, dass er nun auch noch auf die Kämpfer verzichten musste, die mit Segimund zu Germancius unterwegs waren. Auf wie viel Cherusker konnte sich Segestes überhaupt stützen die bereit waren mit ihm die Burg verteidigen zu wollen. Männer auf die später gemeinsam mit Segestes ein Übertritt ins Imperium folgte. Aber Männer über die uns Strabo nichts berichten konnte und wollte, denn seine Aufzählung im Rahmen des Triumphzuges 17 + umfasst keine einfachen namenlosen germanischen Mitstreiter von Segestes die dann mit ihm auf der Tribüne in Rom platz nehmen durften. Männer die noch zwei Jahre zuvor mit ihm gemeinsam die Burg gegen die Arminen verteidigt hatten. So spricht es für eine überschaubare Schar an Cheruskern, die sich da zur Wehr setzte und es unterstreicht die Strategie des Segestes die Belagerung nur vorgetäuscht zu haben um sich auf diese Weise eine goldene Brücke zu Germanicus aufbauen zu können. Allemal eine Episode mit vielen Fragezeichen. Man sollte annehmen die Belagerer, zumal sie als Übermacht dargestellt wurden, hätten die wenigen Tage genutzt um alles auf eine Karte zu setzen. Sollte es also tatsächlich Aufgabe und Auftrag dieser historisch überlieferten „Übermacht“ an arminiustreuen Germanen gewesen sein Thusnelda zu befreien, so gelang es ihnen letztlich nicht die Burg des Segestes in der verbleibenden Zeit sozusagen im Sturmangriff in Besitz zu nehmen, denn Segestes konnte schließlich befreit werden. Werfen wir nochmal einen Blick auf die Methodik einer Belagerung. Wie hätte man sie sich überhaupt vorzustellen. War es eine dichte und undurchdringliche Kette die Segestes mit seinen Männern nicht hätte durchbrechen können, da sich unter den Belagerern auch noch zusätzlich seine eigenen Männer befunden haben sollen. Denn der Hinweis, dass sich auch seine eigenen Stammensgenossen unter den Belagerer befanden lässt aufhorchen. Denn dies kann man den taciteischen Worten „adversus vim popularium“ entnehmen. In deutscher Sprache bedeutet es etwa er wurde „Volk“ belagert bzw. von „dem Volk zugehörigen“ belagert. Und ein Volk ist gemischt und setzt sich aus der Gesamtheit aller Stammesgruppen der Cherusker zusammen. Und so könnte man darunter auch Männer verstehen die zum Segestesclan gehörten. Sein eigener Stamm war also geteilt in Freund und Feind, folglich stand nicht sein gesamter Stamm geschlossen hinter ihm und verteidigte mit ihm seinen Fürstensitz. Und das dem so sein könnte, ist auch nicht aus der Luft gegriffen, denn dies belegt eine Übersetzung aus der sich der Hinweis auf die Anziehungskraft und das Talent eines erfolgreichen, rhetorisch fähigen und taktisch klug agierenden Mannes wie Arminius heraus lesen lässt, der sie alle faszinierte und auch die Kämpfer aus dem Segestesclan magisch mit anzog. Wer sich der Aura von Arminius entziehen konnte blieb bei Segestes, aber es deutet darauf hin, dass ihm da nicht viele Männer gefolgt sein dürften. Um seine Verteidigungsfähigkeit war es also nicht zum Besten bestellt. Aushungern wollte man Segestes wegen seiner Tochter sicherlich auch nicht, aber man sollte auch die Fortifikation frühgermanischer Wallburgen nicht unterschätzen. So stellt man sich dennoch die Frage wie ernsthaft man diese Belagerung einstufen soll, wenn sie unter diesen Voraussetzungen nicht gelang. Entweder war die Übermacht doch nicht so groß wie Segestes über seinen Sohn verlauten ließ bzw. Tacitus es darstellte, oder die Burg war wie dargestellt sehr gut zu verteidigen, bzw. man ging nur halbherzig ans Werk. Und dann geschah das Seltsame. Denn Segestes entschied sich für die heikle Vorgehensweise Germanicus sozusagen über die Köpfe der feindlichen Belagerer hinweg direkt aufsuchen zu lassen um ihm sein Anerbitten mitzuteilen. Und in dieser Form der Kontaktaufnahme zwischen ihm und Germanicus muss man sicherlich mehr ein gewagtes Unternehmen sehen vielleicht sah er darin auch seine letzte Chance und es war alles andere als ein gut durchdachtes Manöver. Aber es weist trotzdem auf einen abgebrühten Schachzug des Taktikers Segestes hin auch in dieser schwierigen Lage noch nicht aufzugeben. Oder den Mut der Verzweiflung die Gunst der Stunde verpassen zu können. Auf Segimund und die anderen, die den Auftrag von Segestes auszuführen hatten wird es wie ein Himmelfahrtskommando gewirkt haben. Denn ein Ritt zu Germanicus hätte für sie im ungünstigen Fall auch in der römischen Gefangenschaft enden können. Denn letztlich war ihnen bewusst, dass sie auch als Geisel dienten, wenn etwas Unvorhergesehene eintreffen könnte bzw. Segestes vielleicht sogar Arglistiges im Schilde führte. Germanicus hat, wie es überliefert ist seine Entscheidung gut abgewogen. Und dazu gehörte eine realistische Einschätzung der Lage. Wie also könnte sich Germanicus außer der Geiselnahme noch abgesichert haben bevor er ins Lager des Segestes aufbrach. Zweifellos war Caecina nicht mehr weit und der Korridor zur Segestesburg berührte auch keine Gaue bzw. kein Stammesgebiet der Arminen konnte also nicht als Provokation aufgefasst werden. Und während Germanicus vermutlich noch zögerte und grübelte, musste Segimund etwas nachhelfen und tischte ihm die Belagerungszenerie auf. Dadurch war Segimund aber auch gezwungen ihm klare Angaben darüber zu machen mit welchen germanischen Kräften aus der Arminius Sippe Germanicus im Umfeld der Segestesburg zu rechnen hatte. Denn davon hing jetzt ab, wie viel Männer Germanicus mitnehmen musste um in keinen Hinterhalt zu geraten. Allerdings lässt sich der Übersetzung der Hinweis entnehmen, dass er seinen ganzen Heereszug drehen ließ. Segimund berichtete ihm wie befohlen, schätzte die Anzahl als überschaubar ein, musste aber das Risiko abgeschwächt darstellen. Denn andernfalls hätte Germanicus möglicherweise auf diese Stippvisite völlig verzichtet, denn in eine ungeplante Schlacht wollte er sich nicht verwickeln lassen. Schließlich hatte er sich schon bevor Segimund kam abgesetzt und seine Pläne die Cherusker im Alleingang von Süden aus anzugreifen, also ohne Caecina hinzu zu ziehen, bereits aufgegeben. Germanicus könnte für die Aktion auch auf genügend schnelle berittene Einheiten zurück gegriffen haben, unter denen sich kampfbereite Männer befanden die im Ernstfall auch schlagkräftig genug waren mit kleineren cheruskischen Ansammlungen fertig zu werden und keine Fusslegionäre die zu unflexibel und deren Anmarsch zu zeitraubend gewesen wäre, wogegen aber die Überlieferung spricht. Und über allem schwebt die Frage, ob das cheruskische Kontingent, dass man als Übermacht darstellte nicht auch für Germanicus ein Wagnis hätte bedeuten können. Segimund gelang es jedenfalls einen überzeugenden Auftritt hinzulegen und das Ansinnen seines Vaters geschickt vorzutragen, denn Germanicus reagierte wie erhofft und ließ seine Kräfte nach Nordosten zurück reiten bzw. marschieren. Bei einem Marsch ist allerdings davon auszugehen, dass die römische Entsatz Armee wohl mehr als drei Tage dafür benötigt hätte. Germanicus muss also die Risiken gut abgewogen und sie zu seinen Gunsten ausgelegt haben, sonst hätte Segestes vergeblich auf seine Befreiung bzw. seinen Seitenwechsel gewartet. Am 26.5.0017 durfte Segestes aber dann dank Germanicus in Rom doch noch seinen großen Tag erleben, aber über seinen weiteren Werdegang schweigt die Historie bis auf den kleinen Hinweis, dass man ihn in Gallien untergebracht haben könnte. Segimund überbrachte im Beisein der Gesandten brav die Botschaft seines Vaters an Germanicus. Und dieser erfuhr möglicherweise auch erst in diesem Moment etwas über die Existenz einer Schar kampfbereiter Cherusker die an der oberen Leine standen und auch davon, dass sich Segestes mit einem kleinen Teil der Cherusker vom Gesamtstamm abspalten wollte. Informationen über die er vorher keine Kenntnis besaß. Diese Erklärung würde zweifellos einer bislang geltenden historischen Auffassung entgegen stehen. Nämlich der, dass Germanicus seinen Frühjahrszug 15 + nur deswegen antrat, da er von den Stammeskonflikten zwischen den Cheruskerfürsten schon in seinem Mainzer Kastell Kenntnis hatte und davon profitieren bzw. deswegen den Zwist für sich nutzen wollte. (01.08.2020)

... link