Samstag, 4. November 2017
Alle Wege führen nach Ostwestfalen
Neben dem Wegekorridor von der Wetterau an die Mittelweser den damals schon Tiberius mit dem Chatten Antabagius in recht kurzer Zeit zurück gelegt haben soll, war auch die Streckenführung vom Niederrhein bis Paderborn und darüber hinaus für marschierende Legionen über den berühmten Hellweg vorgegeben. In Ostwestfalen erreichte man nicht nur das Sprungbrett nach Osten, sondern konnte dort im Zusammenspiel mit der lichten Wetterau auch eine sinnvolle Zangenbewegung ansetzen um so die Kontrolle über die Mitte Germaniens an sich zu reißen. Ostwestfalen musste eingegliedert werden und dazu bedurfte es einer guten verkehrstechnischen Erschließung. Teilweise kerzengrade wie man römische Heerstraßen kennt, verbanden die von den Legionären ausgebauten Altstraßen die Zentren römischer Macht, erschloss man über sie neue Räume und nutzte sie sicherlich auch um tief in die Siedlungen und Sitze einheimischer Fürsten vorzudringen. Oftmals waren es aber auch nur jahreszeitlich nutzbare und mittelmäßige Bohlenwege oder Knüppeldämme die angelegt oder wieder hergerichtet werden mussten, um die Infrastruktur mehr recht als schlecht sicher zu stellen. Aber auch über die Ems die parallel dazu verlaufenden Wege, oder die Verbindungen ober – und unterhalb des Weser- und Wiehengebirges konnte man Ostwestfalen gut erreichen und natürlich auch über die Weser auf- und abwärts mittels Schiff. Man könnte auch sagen, alle Wege führten nach Ostwestfalen. Die späteren mittelalterlichen Siedlungszentren am Hellweg von Dortmund bis Salzkotten waren durch die an ihm errichteten Kirchen Leuchttürmen gleich, schon aus großer Entfernung am Horizont gut erkennbar. Das dem auch von den Legionen genutzten Hellweg schon frühere Verkehrsadern zugrunde lagen, dürfte als gesichert gelten. Doch was war zuerst da, der Hellweg oder die Siedlung. Ei oder Henne. Anfänglich werden es Wegeverbindungen aus dem vorgeschichtlichen Netz der Altstraßen gewesen sein, an denen sich dann ab der Jungsteinzeit den Herden folgend erste Rastplätze einstellten, die sich aufgrund geeigneter Geländeformationen anboten. Schätzungen gehen bei ihm von einem Alter von etwa 5.ooo Jahren aus. Die Hellwegtrasse könnte aber auch schon wie vorher angedacht nach dem Kälterückfall der Jüngeren Tundrenzeit ab 11.000 bis 10.000 – in nomadischen Zeiten begangen worden sein. In viel späteren Zeiten werden auch keltische oder germanische Siedlungen richtungsweisend gewesen sein und es bildete sich für diese Wege der Begriff Hellweg heraus, der zum einen auf helle lichte Wege aber auch auf Hallwege sprich Salzstraßen zurück geführt werden könnte. Dem folgte dann die Phase römischer Expansion, bevor es im frühen Mittelalter zur Bildung größerer Siedlungen bis zu den ersten Stadtgründungen kam. Die wie an einer Kette aufgereihten Hellwegstädte sind auffällige Landmarken in deren Mitte Kirchen das jeweilige Zentrum ältester städtischer Keimzellen bildeten. Zur römischen Strategie würde es passen, dass sich theoretisch auch an Stelle dieser Kirchen bereits frühere Vorgängerbauten aus römischer Zeit befunden haben könnten. So ist es denkbar, dass sich wie es bei den mittelalterlichen Burgen auch geschah am Hellweg zivile Ansiedlungen um ehemals römische Wach – oder Signaltürme gruppiert haben könnten, auf deren Fundamentresten sich dann später die christlichen Bauwerke erhoben. Dann wären es die römischen Wach- oder Signaltürme in den kleineren Kastellen gewesen, aus denen sich die Hellwegstädte entwickelten. Und Signaltürme waren nicht nur auf Erhöhungen wie dem Pike Hill am Hadrianswall beschränkt, sondern auch in den Ebenen ohne höhere Bezugspunkte waren sie wichtige Orientierungshilfen. Das römische Kastel Aduatuca verortete man auch erst bei Nideggen, nach dem man sich die Position alter Kirchtürme genauer ansah und sich dadurch eine gewisse Übereinstimmung bei der Wegeführung auftat. Es könnte sein, dass sich auch unter den heutigen Fußgängerzonen der Hellwegstädte teilweise römische Turmfundamente befinden, die sich bis an die Weser fortsetzen würden, was sicherlich kein abwegiger Gedanke ist. So wie es auch der mögliche Fund eines Turmfundamentes am Eggeabstieg östlich von Schwaney bestätigen könnte. In diesem Zusammenhang sei auch an die wie man vermutet Halbrömerin und Seherin Veleda vom Stamm der Brukterer erinnert, die in einem Turm an der dort noch schiffbaren Lippe lebte. Es gab also derartige Bauwerke auch an der Lippe. Die Weser selbst weist bedingt durch den Zulauf der Nethe und deren Sedimentablagerungen im Bereich zwischen Godelheim und Fürstenberg bzw. zwischen Amelunxen und Wehrden seichte Durchgangsmöglichkeiten auf, die wie man so schön sagt, seit Menschengedenken als „halbtrockene“ Furt genutzt werden. Diese Furt fixiert den direkten Fernweg von Paderborn über den Solling ins Leinetal und weiter zum Harz. Dieser Hellweg steigt südöstlich von Bad Driburg vom Eggekamm ab. Römische Marschlager wurden bei Brakel, Bembüren und Holzhausen verortet. Während ein mögliches Lager nahe Brakel – Sudheim nahe der Nethe aber noch auf der Hellwegtrasse liegt, sich ein weiteres nordöstlich Brakel befinden soll, wurden zwei weitere Lager nördlich von Brakel lokalisiert die der Erforschung harren. Dies deutet darauf hin, dass es sowohl von Corvey, als auch von den Nethelagern, oder von der vermutlich keltischen Schiffsanlegestelle bei Wehrden gegenüber von Fürstenberg Wegeverbindungen in Richtung Anreppen gab, die sich bei Amelunxen trafen. Bei Corvey wurden Spuren bzw. Holzreste eines Weserbrückenschlages nach Osten entdeckt und es besteht auch der Verdacht, dass bereits in der römischen Kaiserzeit dort eine Brücke existierte. Wenn bereits 152 Jahre vor der Varusschlacht Kelten stabile Brücken über die Mosel schlagen konnten, wie es sich zwischen dem luxemburgischen Stadtbredimus und dem Rheinland - Pfälzischen Palzem nachweisen ließ, so waren nicht nur Römer versiert im Brückenbau und es dürfte für sie kein großes technischen Problem gewesen sein die Weser bei Corvey zu überbrücken. Zumal sie in Corvey nur eine Zwischenstation zur Elbe bzw. zur Bernsteinstraße sahen. Die Marschlager Bembüren und Holzhausen weisen auch auf einen, wenn auch beschwerlicheren Auf - bzw. Eggeüberstieg bei Altenbeken hin. Zwischen Corvey und Anreppen liegen 56 km. Zwischen Bembüren und Corvey sind es 29 km und zwischen Bembüren und Anreppen 27 km.
Die Marschlager Bembüren und Holzhausen weisen auch auf einen, wenn auch beschwerlicheren Auf - bzw. Eggeüberstieg bei Altenbeken hin. Zwischen Corvey und Anreppen liegen 56 km. Zwischen Bembüren und Corvey sind es 29 km und zwischen Bembüren und Anreppen 27 km. Bembüren wäre demnach eine geeignete Rastetappe zwischen den zwei wichtigen römischen Stützpunkten Corvey an der Weser und Anreppen an der Lippe. Aber bekanntlich war die Verbindung über den alten Hellweg Godelheim - Brakel - Bad Driburg - Schwaney - Paderborn für Trossfahrzeuge leichter passierbar, während man die Route über Bembüren eher als eine schnellere Verbindung möglicherweise für berittene Einheiten ansehen kann. Hellweg genannte Altstraßen sollen für hell und breit stehen und der bekannteste unter ihnen ist der Hellweg in Nordrhein - Westfalen auf dem die Bundesstraße 1 verläuft, die erst 1788 zur Chaussee ausgebaut wurde. Man geht davon aus, dass dieser Weg wegen Fehlens jeglicher anderer befestigter Strecken in jener Zeit die Hauptverbindung vom Rhein zur Weser darstellte und sie führte auch damals schon über Bad Driburg und Brakel nach Höxter und nicht über den beschwerlicheren Abstieg bei Altenbeken. Den Marschlagern Bembüren und Holzhausen fiel folglich auch damals eher die beschriebene Funktion eines Schnellweges zu, während Varus sein Heer meiner Ansicht nach über Schwaney und Brakel nach Höxter geführt hatte. In diesem Zusammenhang fällt die erhebliche Konzentration an kleineren und größeren Marschlagern östlich des Eggekammes und der Weser ins Auge die über die Luftbildarchäologie aufgespürt und teilweise auch mit Funden bestätigt werden konnten und nun auf weitere tiefgreifendere wissenschaftliche Untersuchungen warten. Es gibt Hinweise auf Lager in unterschiedlichen Größen die auch noch oberirdisch erkennbare Reststrukturen aufweisen. Sie befinden sich außer in und bei Corvey oder bei Brakel auch noch bei Peckelsheim, Sommersell, Feldelse, Godelheim, Wehrden, Amelunxen, Lüchtringen und Holzhausen. Die auffällige Häufung kleinerer und größerer Anlagen spricht für einen römischen Siedlungsschwerpunkt in Ostwestfalen und damit für die große Bedeutung die man in Rom diesem Raum auf cheruskischem Herrschaftsgebiet damals beimaß. Römische Artefakte gefunden an Wegeverbindungen, auf Äckern, im Uferschlamm oder im Umfeld von Lagern die sich in öffentlicher Hand bzw. in Museen, in Privatbesitz oder an nicht zugänglichen Orten befinden, sollten nach Möglichkeit vor diesem Hintergrund neu bewertet werden.