Dienstag, 6. November 2018
Welchen Weg schlugen die Legionen in die Stammesgebiete der Aufrührer ein ?
Warum auch immer, aber der Nethegau lag noch nie im Betrachtungsraum einer möglichen Varusschlacht. Er wurde bei allen Überlegungen ausgespart und in allen Theorien ließ man ihn außen vor. Der Suchhorizont „Nethegau“ war für die Forschung nicht attraktiv genug. Hermanns Denkmal, Dörenschlucht, Teutoburger Wald all das hatte der Gau zwischen Egge und Weser nicht zu bieten und jeder Historiker blickte daran vorbei. Das nur wenige Geschichtsforscher diese Landschaft ernsthaft auf dem Schirm hatten, kam der Mentalität der Menschen an der Nethe sicherlich entgegen. Nun aus dem Schatten der Geschichte getreten, gewinnt die Geologie, die Bodenqualität aber auch die Niederschlagsdaten bis hin zu Vegetation und Tierwelt an Bedeutung. So sollen auch diese Vorgaben bei der weiteren Betrachtung nicht aus dem Blickwinkel geraten. So auch bei der Analyse der möglichen und Varus im Herbst 9 + zur Verfügung stehenden Zugtrassen. Von Höxter aus ins Aufstandsgebiet der Germanen, dass sich meiner Ansicht nach vor dem „Teutoburgiensi saltu“ ausbreitete, bot diese alte Gaulandschaft an der Nethe damals nicht sehr viele Alternativen und so treten auch nur zwei geeignete Varianten in den Vordergrund. Immer entschieden über diese beiden von mir identifizierten Anmarschrouten die Geländeneigungen und der schon vorgegebene Verlauf der auch damals schon vorhandenen und genutzten Altstraßen aus vor römischer Zeit. Aber es war nicht nur allein eine Frage der Befahrbarkeit und damit der besten bzw. schnellsten Verbindung, es entschieden in dieser Zeit vor allem die strategischen Gesichtspunkte welchen Weg man letztlich einschlagen würde. Bis nach Amelunxen, dort wo sich Varus entscheiden musste, da sich dort die Wege trennten folgte man noch der großen prähistorischen Altstraße die zwischen dem Brunsberg auf der rechten und der Nethe auf der linken Seite verlief und die die Weserfurt nördlich der Nethemündung mit dem Oberlauf der Lippe verband. Erst in Amelunxen angekommen, war es den Legionen möglich eine Auswahl zwischen den zwei Alternativen zu treffen, also für welche Streckenvariante man sich nun im weiteren Marschverlauf entscheiden wollte. Nutzte der Varuszug ab Amelunxen die Trasse in Richtung Südwest über Natingen auf direktem Weg zu den Rebellen, oder gab er der Route den Vorzug, der sie zuerst ins westlich liegende Brakel und dann ins Aufstandsgebiet führte. Die Altstraße von Amelunxen über Drenke in den Raum Peckelsheim gehörte auch noch zum bekannten und erschlossenen Wegenetz und führte weiter in die Warburger Börde, aber auch in den „Teutoburgiensi saltu“. Denn bei Natingen befand sich das Warburger Wegekreuz, an dem der Bördenweg nach Westen zur Eggeschlucht dem Saltus und letztlich zum Rhein abzweigt. Dieser Bördenweg leitet dann später weiter westlich in den Haar- oder Herßweg über, während ab Natingen der andere Weg über Borgholz nach Warburg weiter führt. Es zweigt aber auch noch eine Altstraße nach Osten zur Weser ab, die aber hier nicht im Rahmen der Betrachtung liegt. Im Namen Herßweg oder Hersweg erkannten die Heimatforscher schon früh einen mögliche Namensursprung in der Form, als das sie darin den Heruskerweg, also den Cheruskerweg sehen wollten. Schon im Jahre 1451 nannte man diesen alten Herßweg "via regia dicta hersewech" oder auch „antiqua via“. Sollte es diese sprachliche Verbindung tatsächlich geben, so wäre dies auch kaum verwunderlich, sondern recht nahe liegend und daher auch keine große Überraschung. So hätten die Legionen folglich bei Amelunxen den gut ausgebauten und häufig genutzten Hellweg verlassen haben können. Hätten also nicht den Weg in Richtung Brakel eingeschlagen, der vermutlich schon mit Signaltürmen, aber vor allem mit einem engmaschigen Netz an Marschlagern ausgestattet war und hätten ihn statt dessen gegen eine schlechtere und unwegsamer ausgebaute Strecke eingetauscht. Aber sollte Varus so gehandelt haben ? Werfen wir trotzdem einen Blick auf diese mögliche Zuwegung über Drenke und Borgholz in den südlichen Nethegau. Er windet sich in Richtung Peckelsheim zwischen Nethe und Weser liegend und folgt teilweise einem Höhenrücken, besaß aber den Vorteil, dass er teilweise auf einem Höhenrücken verläuft, der eine bessere Weitsicht und damit mehr Sicherheit zumindest dort bot, wo sich waldfreie Abschnitte befanden. Allerdings mit dem großen Nachteil verbunden, dass man sich gegenüber der Amelunxer Netheaue bei Drenke bereits auf einer Höhe von über 2oo Metern und damit rund 1oo Meter höher als am Ausgangspunkt befand. Und bei Rothe und Natingen hätten sie sogar eine Höhe von etwa 300 m überqueren müssen, was einen Anstieg erforderlich gemacht hätte. Nur zum Vergleich, der höchste Berg der Egge ist der Velmerstot mit etwa 464 Metern. Die alternative Route von Brakel über Hampenhausen von Norden aus betrachtet und links der Nethe in den Raum Peckelsheim hingegen verläuft gleichmäßiger und flacher. Grundsätzlich betrachtet wäre es Varus natürlich möglich gewesen, sich sowohl für die eine als auch die andere Variante zu entscheiden, aber es gab eine Reihe von Vorteilen und Argumenten die den Ausschlag dafür gaben und wie ich meine, den Abzweig bei Brakel in den Raum Peckelsheim gegenüber der Strecke um Natingen zu bevorzugen. Den Konzentrationsraum einer fiktiven Verschwörer - Szene hatte ich aufgrund einer Vielzahl von geographischen, völkerkundlichen und historischen Hinweisen in den Großraum von Peckelsheim gelegt. Diese abseits des vom Imperium behaupteten Kerngebietes liegende Region erfüllte alle Bedingungen die Arminius brauchte um erfolgreich zu sein. So folgten und erfüllten Segimer und Arminius schon hinsichtlich der Anmarschroute ihren Plan der nötig war, um die Legionen wie gewünscht zu leiten und um zu dirigieren. So hatten die Cherusker auch was die Route anbelangt Varus bereits unmerklich das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Ich rekapitulierte bereits, dass sich der römische Hellweg von Höxter nach Anreppen in einem recht guten eben Hellweg artigen Ausbauzustand befand. Er dürfte folglich auch zwischen Amelunxen und Brakel über eine weitaus bessere Straßendecke verfügt haben, als die seltener genutzte Altstraße von Amelunxen über Drenke nach Natingen. Die eben mäßigere Befahrbarkeit des Hellweges wird auch ein Grund dafür gewesen sein, warum Arminius den Feldherrn davon überzeugte den zügigen Weg über Brakel einzuschlagen. Ein weiteres Argument dafür zuerst Brakel anzusteuern ist die Eroberungslage die das Imperium bis zum Jahre 9 + in Ostwestfalen umgesetzt bzw. hinterlassen hatte. Man hatte bereits einen Korridor von Anreppen längst dem Hellweg bis zur Weser unter Kontrolle gebracht sowie die sich nördlich davon angrenzenden und ausbreitenden germanisch/cheruskischen Stammesgebiete, die über Marienmünster und Nieheim hinaus wohl bis an die Werre bei Detmold etwa 33 Kilometer Luftlinie von Brakel entfernt reichten. Rom nannte bekanntlich immer nur Teile des Landes „sein eigen“, so wie sie es gerade erobert hatten und der südliche Nethegau gehörte „noch“ nicht dazu. In diesen großräumigen nördlich von Brakel liegenden Landschaften waren meiner Theorie nach auch die römischen Abstellungen unterwegs. Gebiete die also fest im Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich von Varus lagen. Sie lagen im Stammesgebiet der vertragstreuen Cherusker und im Grenzgebiet zu den Angrivariern. Die Landstriche südlich von Brakel waren für Rom in diesen Zeiten noch uninteressant sollten aber irgendwann integriert werden und konnten daher solange noch ihr Nischendasein führen bzw. fortsetzen. Da die Männer um Arminius am Tag nach dem Abzug aus Höxter auf seinen Befehl hin die Abstellungen nieder kämpften, lag es auch im Interesse von Arminius die Legionen bis Brakel zu friedlich zu begleiten. Denn von Brakel aus konnte er auch relativ kurzfristig die Bereitstellungsräume in denen seine Männer ihn erwarteten erreichen. Anhand des häufig anzutreffenden Tages Marschabstandes bzw. der Distanz vom Sommerlager Höxter aus bis nach Brakel von etwa 2o Kilometer kann davon ausgegangen werden, dass sich in Brakel in der Nähe zur Nethe ein heute überbautes römisches Etappenlager befunden haben könnte. Zur Strategie der Cherusker gehörte es an diesem ersten Marschtag die Legionen unbeschadet bis ins Marschlager Brakel zu führen. Die Strecke war nicht nur für die Legionen gut und nahezu ohne Steigungen zu bewältigen, sie war auch für die vielen den Zug begleitenden Frauen und Kinder eine angenehme erste Marschetappe während der niemand Verdacht schöpfte. Dieser erste Marschtag der völlig unblutig und wie beschrieben auch wie im Frieden verlief, hob die Moral und die Stimmung aller Beteiligten auf römischer Seite. Der ungestörte und planmäßige Verlauf bestätigte allen Teilnehmern bis in die Offiziersklasse, dass man Arminius unbesorgt trauen konnte und niemand sah eine Veranlassung, an der bisherigen Vorgehensweise zu rütteln oder irgendwelche Zweifel zu hegen. (8.11.18)