Mittwoch, 1. Januar 2020
Die Demütigung von Kalkriese - Der Schlusspunkt 30 Jahre nach Drusus
Das Ereignis bei Kalkriese setzte möglicherweise ein Zeichen wie ein Fanal in die Zukunft, denn es könnte für den Beginn einer neuen Zeitrechnung gestanden haben. Ein Geschehen wie ein Resultat, dass das germanisch römische Verhältnis auf lange Zeit fest geschrieben haben könnte. In den langen Jahrzehnten danach erfahren wir nicht viel Neues, also historisch Verwertbares aus den Weiten nordöstlich des Rhein. Wir müssen auf Paterculus, Florus, Tacitus und Dio warten bis diese uns im Rückblick, zumindest auf die Varusschlacht bezogen neue Erkenntnisse verschaffen. Aber der Raum um Kalkriese verdunkelt sich wieder und es erscheint uns wie endlos bis sich die Forschung, wenn überhaupt auf schriftliche Quellen beziehen kann, die sich mit dieser Region beschäftigen. Aber nach der Varusschlacht die zur Wende führte, könnte das Gefecht bei Kalkriese den besagten Schlusspunkt gesetzt haben. Im letzten Beitrag beschrieb ich ein uns, man möge mich eines besseren belehren, bislang verborgen und unauffällig gebliebenes, aber vor allem unbeabsichtigtes Zusammenwirken zweier alter Historiker aus klassischer Zeit. Da der eine schon 23 Jahre tot war bevor der andere zur Welt kam und rund 125 Jahre zwischen ihren Geburten lagen, geraten sie nicht in den Verdacht im persönlichen Kontakt zueinander gestanden, geschweige denn sich ausgetauscht zu haben. Aber in der Summe und bei Abwägung ihrer Überlieferungen gaben sie uns nicht nur einen möglichen Hinweis auf die Ursache, die zu den Kampfhandlungen am Kalkrieser Berg führte, sondern bei Analyse der Fakten könnte man es schon fasst einen konkreten Fingerzeig nennen. Eine Denkvariante in etwa bzw. mindestens so belastbar wie die bisherigen Erklärungen die man zur Diskussion stellte. Damit verschafften sie uns indirekt auch eine neue Sicht auf das dortige Ereignis und die Dinge ließen sich in ein anderes Licht rücken. Aber dieser dadurch entstandene Blickwinkel ist nicht mehr der altgewohnte und vertraute mit dem man sich schon fasst angefreundet zu haben schien. Das uns diese beiden man muss sie schon Giganten unter den antiken römischen Historikern nennen, auf Basis ihres damaligen Wissenstandes in der Kombination betrachtet den Weg auf ein anders geartetes kriegerisches Zusammentreffen am Kalkrieser Berg aufzeigen, wirkt wie eine Auffrischung und hat angesichts der derzeit fest gefahrenen Debatte etwas elektrisierend an sich. Unerwartet erhellt es einen Pfad, den die Geschichtsforschung bislang nicht im Visier hatte, denn er verläuft nicht an jener Stelle an der die Historie es gerne gesehen hätte und wie wir es schon alle angenommen hatten. Denn bei näherer Bewertung dieser erstaunlichen und unabhängig voneinander entstandenen Hinweise müssen wir uns aus dem Betrachtungsfeld bisheriger Denkmodelle lösen und es verlangt auch etwas Mut sich auf die damit verbundenen veränderten Rahmenbedingungen einzulassen. Aber auch dies ist nicht mehr und nicht weniger als eine neue Theorie und man kann getrost auf dem Teppich bleiben. Trotzdem würde uns dies bei genauer Betrachtung zurück in eine Phase jenseits oder besser gesagt diesseits der Germanenkriege werfen, die man bislang außer acht ließ. Denn durch die neue Hypothese rücken nun urplötzlich die Jahre 17 + und 18 + in den Mittelpunkt bzw. den Vordergrund der Überlegung und da waren die Feldzüge des Germanicus bekanntlich schon ein oder zwei Jahre vorüber. Unter dem Vorbehalt meiner mit Argumenten gestützten Theorie, hätte nach den Aussagen Strabos zu urteilen Arminius auch noch im Jahr 18 + gekämpft haben können. Und auf Basis der Zeilen von Tacitus hätte auch in diesem Jahr 18 + noch der Gefangenenaustausch der Gestrandeten des Jahres 16 + angestanden haben können. Fazit dessen wäre die Schlussfolgerung, dass beide Aussagen, wenn man sie denn inhaltlich miteinander vernetzt das neuartige Szenario eines möglichen germanischen Raubüberfalls unter der Führung von Arminius auf einen römischen Lösegeld Konvoi ergeben würde und denkbar erscheinen lässt. Und dies könnte sich was geographisch sehr nahe liegend ist auch in der Niewedder Senke zugetragen haben. Ein lukrativer Wertetransport auf der einen Seite, der auf Basis einer realistischen Hochrechnung auch recht ansehnlich und umfangreich ausgefallen sein könnte und mit dem man nun beabsichtigte die gefangenen Römer aus der Gefangenschaft zurück zu kaufen. Ihn könnten gewisse germanische Stämme bereits im Auge gehabt haben, um ihn an besagter Stelle und das schon vor dem Erreichen seines Endzieles abzufangen. Es ist aber auch denkbar, dass der Gefangenenaustausch unerwartet scheiterte und nicht vereinbarungsgemäß verlief, da die Bedingungen oder Voraussetzungen dafür von einer der beiden Parteien nicht zufriedenstellend erfüllt wurden. Um es deutlich auszudrücken, man geriet sich im kritischen Moment in die Haare. Diese Kolonne marschierte folglich und so ganz gegen manche vorherrschende und lieb gewonnene Ansicht nach Osten und drang somit von Westen her in die Niewedder Senke ein, passierte bzw. stieß auf den dortigen Hellweg „Unter dem Berge“ und blickte dabei auf den südlich davon gelegenen Kalkrieser Berg. Möglich ist auch, dass man im entdeckten römischen Marschlager in der Engstelle auch eine geplante oder ungeplante Rast eingelegt hatte. Das Kampfgeschehen brach dann aber, wie es das Wort „Überfall“ trefflich zum Ausdruck bringt, für die römische Kolonne plötzlich, also überfallartig über sie herein. Und das es hier etwas zu rauben gab, dass hatte sich bereits hinlänglich herum gesprochen. Viele Varianten die ihre Eigendynamik entwickelten und die ein ursprünglich aus humanen Gründen ersonnenes, abgesprochenes und daher friedliches Aufeinandertreffen in einen Kampf ausarten ließen, was dann in einen mit Waffen ausgetragenen Konflikt führte, lassen sich ohne große Phantasie zu entwickeln ausmalen. Letztlich geriet die Lage völlig außer Kontrolle und die Ereignisse überschlugen sich. Soweit die Annahme. Es ist denkbar, dass es sich bei diesem Gefecht auf lange Sicht gesehen um die letzte größere Auseinandersetzung gehandelt haben könnte, die zwischen den beiden ungleichen Völkern statt fand. Zwei Kulturen die beide noch ihre Zeit brauchten, um sich aus ihrer einst heftigen militärischen Verstrickung, Umklammerung und Spirale der Gewalt heraus zu winden. Eine von Tiberius 16 + für viele unerwartet getroffene Entscheidung die einen Irrweg beendete, die aber auch aus der Not heraus geboren wurde, da der notwendige Nachschub aus dem Hinterland ins Stocken geriet und die Mittel fehlten bzw. die Ausgaben stiegen. Ein Krieg vom Imperium angezettelt, der einst die Völker gegeneinander aufbrachte als man in Rom noch meinte, neue Provinzgründungen auch in Germanien nach dem Vorbild Galliens im Handumdrehen umsetzen zu können. Die feindliche Gesinnung steckte um die Jahr 17 + und 18 + noch tief in den Knochen der leidtragenden Völker Germaniens und man war noch weit von der Normalität entfernt. Kalkriese war demnach auf der historischen Agenda ein Spätgeschehen, das sich aber dem Kontext nach noch den ausklingenden augusteischen bzw. tiberianischen Germanenkriegen zuordnen ließe. Ein Waffengang der sich etwa sieben Tagesmärsche gemessen vom kürzesten Abstand zum Rheinufer der damaligen römischen Reichsfeste Vetera entfernt vollzog der aber die Unberechenbarkeit jener misstrauischen Zeiten unterstrich. Und in eben diesem Jahre 18 + oder ein Jahr zuvor hätte es auch noch mal Ernst werden können, obwohl man im Imperium bereits hoffte auf politisches Tauwetter setzen zu können. Um meine Theorie noch weiter mit Inhalt zu füllen, könnte sich der besagte Marschzug im römischen Kommandozentrum Vetera/Xanten gebildet und sich von dort aus auf direktem Wege über Dingden/Römerrast nach Kalkriese in Bewegung gesetzt haben. Andererseits wissen wir aber auch, dass lange Überlandmärsche aufgrund der damaligen Wegezustände die schlechtere Alternative waren und an die technische Substanz gingen. Nach Möglichkeit Flüsse zu nutzen, war daher immer das Gebot der Stunde und man hätte sich auch unter Nutzung der vorhandenen und ausgebauten Kanäle vom Rhein zur Ems aufmachen können. Aber der vereinbarte Übergabeort gab letztlich die Zielrichtung vor und so musste man sich mit dem Lösegeld und den weiteren Tauschobjekten den Siedlungsgebieten des neu gewonnenen aber fremd gebliebenen Handelspartners auch zwangsläufig annähern. Die Stammesgebiete der Angrivarier werden je nach dem wen man befragt, oder welcher Theorie man folgen möchte in der norddeutschen Tiefebene um die Mittelweser oder im Werrekessel vermutet. Sie sollen jedoch in westlicher Richtung die Territorien der Ampsivarier eines germanischen Stammes der die Emsauen besiedelte, berührt haben. Aber bei genauem Hinsehen stoßen wir möglicherweise auf ein besseres Lagebild. Da man dem Namen nach die Ampsi- oder Amsivarier auf ein bzw. ihr Siedlungsgebiet an der Ems zurück führt und die Angrivarier als ihre östlichen Nachbarn galten, könnten die Wohnsitze der Angrivarier auch noch relativ weit nach Westen ausgegriffen haben bzw. vorgeschoben gewesen sein. Der im 2. Jahrhundert lebende Claudius Ptolemäus überliefert uns den Siedlungsraum der „Angrivary“ südlich der Chauken und westlich der Weser. Dazu passt auch noch eine Übersichtskarte aus dem Jahr 1000, aus der die Siedlungsgebiete der sächsischen Stämme nach den Sachsenkriegen hervor gehen. Bramsche - Kalkriese gehörte um diese Zeit zum Herzogtum Westfalen, aber der heutige Ort Stemwede – Drohne, obwohl er sich nur 14 Kilometer östlich von Kalkriese befindet, lag bereits im sächsischen Herzogtum Engern. Eben jenes Engern, dass sich in etwa deckungsgleich über die ehemaligen Stammesgebiete der Angrivarier gelegt haben soll. Eine detaillierte Sprachuntersuchung könnte in diesem Grenzraum vielleicht noch Aufschluss über jetzt noch existierende Dialektunterschiede geben. Denn auch heute noch verläuft eine nachvollziehbare alte Isoglosse in Nordsüdrichtung östlich von Bohmte, die dabei hilfreich sein könnte. Sie trennt den Sprachraum in einen westlichen Teil, in dem das so genannte Nord - Niedersächsische gesprochen wird und in einen östlichen Landstrich in dem das Ost - Westfälische und demnach das engrisch/angrivarische gesprochen wird. Wollte man Sprachhistorisch betrachtet im Kontrast zum Ost – Westfälischen Sprachraum auch einmal einen West – Westfälischen Sprachraum definieren, so könnte man diesen dann in die Regionen möglicherweise östlich des Rheins ins Westmünsterländische, aber sprachlich auch noch in die Gebiete westlich des Niederheins legen. West – Westfälisch würde dann demnach sowohl im linksrheinischen Klever Land als auch im rechtsrheinischen Emmerich, Rees oder Bocholt gesprochen. Dann besäße man möglicherweise auch noch einen kleinen Anhaltspunkt der darauf hindeuten könnte, wie weit das Imperium seinerzeit seine rechtsrheinischen Fühler ausgestreckt haben könnte, denn da könnte sich ebenfalls eine Sprachgrenze befunden haben. Dann wären die südlichen Bereiche des Nord Niederfränkischen Sprachraums in etwa identisch mit einem West - Westfälischen. Aber im engrischen Urdialekt östlich der Ems müssten die Sprachwurzeln des Angrivarischen verborgen liegen und wir müssten sie dort suchen und auch noch finden können. Einen sprachgeographischen Mittelpunkt für ein sich derart lang in Nordsüdrichtung erstreckendes Engern ist nicht möglich. Was in der Tat auch ein Erschwernis darstellt, um das Stammesgebiet der Angrivarier umreißen zu können. Aber auch damals fühlte man sich schon einem ethnischen weil sprachlich verbundenen Raum „zugehörig“ und identifizierte sich damit. Der römische Marschzug bewegte sich also ab Bramsche, ob er dahin nun hauptsächlich auf dem Wasser- oder dem Landweg gelangte mag dahin gestellt sein, in östlicher Richtung vor. So rückte man schon langsam und wäre dann später unvermeidbar in ein von Angrivariern, also den späteren Engern beanspruchtes Siedlungsgebiet vorgestoßen. Ein Gebiet, dass zwar nur wenige Kilometer östlich von Kalkriese begann, in dem sich aber selbst heute noch dialektisch betrachtet ein anderer Zungenschlag heraus hören lässt. Denn Angrivarien begann den Spuren der Sprachforschung folgend schon bei eben jenem Stemwede – Drohne etwa 14 Kilometer östlich von Bramsche - Kalkriese. Zwischen beiden Orten dehnten sich einst die großflächigen und heute noch in Relikten anzutreffenden Moorgebiete der Ems- und Weserstämme aus, die durch dieses Unland voneinander abgetrennt waren. Die Wohngebiete der Angrivarier erstreckten sich bis an die Hunte die ihnen als westlicher Grenz- bzw. Orientierungsfluss gedient haben könnte, was auch durch die Karte aus dem Jahr 1000 noch in etwa seine Bestätigung findet. Die Kalkrieser Region passt daher räumlich vorgelagert und streckenmäßig betrachtet gut in einen möglichen Korridor in dem sich der Gefangenenaustausch vollzogen haben könnte. Und was sollte auch einen überschaubaren römischen Marschzug anderes dazu bewogen haben können sich in eine derartige Region zu verirren, als hier auf ein Gegenüber mit ähnlich gelagerten Interessen zu stoßen. Und wollte man von Vetera aus ins Kernland der Angrivarier aufbrechen, so bot sich ihnen als die beste Alternative von Westen her anrückend, auch immer nur die Route nördlich des „Kalcrisi“ an, wie man den Berg in althochdeutscher Sprache genannt haben könnte. Denn der direkte Landweg von Xanten über die Dörenther Klippen und durch Engter nach Kalkriese wird seinerzeit nicht karrentauglich gewesen sein. Nach der Überlieferung von Tacitus waren die Angrivarier erst kurz zuvor von den Römern vermutlich für ihre „Untaten“ die sie im Jahre 16 + begangen hatten, begnadigt worden. Man kann annehmen, dass dies eine Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit war. Es beruhte auf den gegenseitigen Interessen, also nach dem Methode „eine Hand wäscht die andere“. Denn es war eine Vertrauensbasis zu schaffen, da man mit einem soeben noch verfeindeten Germanenstamm kein Geschäft hätte abwickeln können. So werden die einst gegnerischen Angrivarier auch nicht über Nacht zu romtreuen Vasallen konvertiert, dürften aber einer „Vermittlungsprovision“ gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein. Hier trafen und hier mussten sich zwei Parteien im gegenseitigen Einvernehmen in der Mitte getroffen haben. Man muss kein Prophet sein um nicht auch spekulieren zu können, dass dies möglicherweise auch zum Missfallen anderer germanischer Stämme geschah, die in diesen Handel nicht eingebunden waren. Ihnen blieb somit der Profit verwehrt und ihr Interesse wuchs die Pläne durchkreuzen zu wollen. Der Wertetransport zu den Angrivariern tangierte zuvor zwangsläufig auch die Siedlungsgebiete diverser anderer germanischer Anrainerstämme wie möglicherweise die der Ampsivarier oder Brukterer. Vielleicht aber auch noch anderer kriegsbedingter „zerpflückter“ Reststämme, die aus den Zwangsdeportationen oder den innergermanischen Konflikten und Zwistigkeiten zwischen Rhein und Ems hervorgingen und hier eine neue Bleibe fanden. Und möglicherweise könnten auch noch andere Völker wie die immer noch starken Cherusker nicht davon erbaut gewesen sein, dass man sich annäherte und die Angrivarier nun mit anderen germanischen Nordstämmen kooperierten. Eine ungute Phalanx, die sich da für die Cherusker hätte auftun können. Möglicherweise könnten sich diese neuen Entwicklungen und vielleicht sogar zukünftige Allianzen auch für andere östliche Stämme bis in den Elbraum hinein als bedrohlich erweisen, denn man konnte sich nicht sichern sein, dass sich daraus nicht auch eine längere Zusammenarbeit ergab, die letztlich ihre Territorien bedrohen könnte. Denn eine römische Kriegsflotte wieder aufzurüsten bei gleichzeitiger Begnadigung eines germanischen Stammes und zudem noch einer Kooperation mit diesem zum Zwecke des Gefangenenaustausches, also einer vorsichtigen Annäherung klingt verdächtig und lässt an einem ernsthaften und dauerhaften römischen Friedenswillen zweifeln. Denn bekanntlich waren römische Verträge nie ein Akt der Sympathie, sondern nur ein begrenztes Zweckbündnis um eigene Interessen zu wahren und möglicherweise auch um alte Hegemonieansprüche neu entstehen zu lassen. Also eine höchst anrüchige Sache, die da im Gange zu sein schien, folglich ein Geschäft, dass den Argwohn so mancher Germanenstämme geweckt haben könnte und möglicherweise auch den des Arminius, der ja bekanntlich immer noch kämpfen musste wie uns Strabo sagte. Zumal in dieser Zeit auch niemand wusste wie lange sich Kaiser Tiberius an seinen Waffenstillstand gebunden fühlte. Es war eine Zeit, in der die Glut des Krieges noch lange nicht ausgetreten war und eine Zeit in der man sich in Germanien besann den Begriff eigener Bündnispoltik zu buchstabieren um ihn neu zu definieren. Übersehen wir hier auch nicht die Generationsverschiebungen wie ich es schon an anderer Stelle anklingen ließ. Denn es drängten kampfesmutige junge Männer nach die an den Germanicusschlachten und erst recht der Varusschlacht noch nicht nicht teilgenommen hatten, aber nun zeigen wollten was in ihnen steckte. Eine geomilitärische Lage die unter vielen Historikern auch berechtigterweise die Vermutung aufkommen ließ, Arminius wollte sich aus eben jenen Gründen zum Germanenkönig aufschwingen um gegenüber dem Imperium ein stärkeres Gegengewicht aufzubauen und eine gesteigerte Wehrhaftigkeit in die Waagschale legen zu können , was dann zu seiner Ermordung geführt haben könnte. Übrigens möglicherweise ein Ansinnen mit Langzeitwirkung. Denn noch im Jahre 919 beugte ein Mann einer derartigen Gefahr im Sinne einer Wiederholungstat bzw. Duplizität vor. Denn es ließ den Sachsenherzog und späteren König Heinrich den Ersten bei dem ähnlichen Gedanken erschaudern und er verzichtete vielleicht auch aus der Erinnerung seiner Vorväter und der Mentalität seiner Stammesgenossen heraus in Fritzlar auf die Königssalbung sowie die Königskrönung. Seinen weisen und ablehnenden Worten lässt es sich entnehmen. Aber die alten Germanen östlich des Rhein gab es immer noch. Sie waren allerdings unter Heinrich dem Ersten nun die neuen alten Germanen. Denn sie besannen sich ihrer alten eigentlichen Stammesnamen und sie mieden die ihnen einst von fremden Völkern auferlegte Sammelbezeichnung Germanoi, Germanos oder Germani mit der sie sich noch nie identifizierten oder verwendeten. Folgerichtig nannten sich wieder so oder immer noch wie sie es gewohnt waren nämlich Sachsen und Engern. Wobei allerdings die Geschichte für die Westfalen, Falen und Ostfalen Namenshistorisch betrachtet eine andere Entstehungsgeschichte vorsah auf die ich noch eingehen möchte. Keine Frage also, dass der Überfall auf die lukrative Fracht auch eine gute Gelegenheit bot die Fronten zu klären, sodass hier noch mal Arminius seine bewährten Strategien anwenden konnte um auf diesem Wege und vielleicht sogar gegen die Interessen der Angrivarier gerichtet wieder an der Vergeltungsspirale zu drehen auch um alte Rechnungen zu begleichen. Bündnisse und politische Ränke zu schmieden hatte er gelernt. Bei Bedarf Zwist und Argwohn zu sähen und zu nutzen gehörte mit dazu. Bei positiven Verlauf hätte es für Rom zum Testfall werden können, ob sich in Germanien Signale zeigten, worauf sich neue Bündnisse aufbauen ließen. Nach dem Motto, was damals mit den Cheruskern nicht gelang, geht vielleicht im zweiten Anlauf mit den Angrivariern. Aber im Inferno von Kalkriese wurde alles wieder zunichte gemacht, der Funken erlosch fürs Erste und die Zeit wurde auf Gefriertemperatur zurück gestellt. Das Experiment war zu Ende. Vergessen wir auch nicht, das Silius nach seinem massiven aber unbefriedigenden Vorstoß im Herbst 16 + immer noch Ambitionen verspürt haben könnte bei Tiberius zu erreichen, dass dieser seine Anordnungen widerrief, denn auch Tacitus äußerte sich was dies anbelangt später kritisch über den Befehl von Kaiser Tiberius. Ein erfolgreicher Geschäftsabschluss mit den Angrivariern hätte also allemal dazu beitragen können, dass man in Rom neu nachgedacht haben könnte. Vielleicht hätte man sogar einen neuen mutigen Schritt nach vorne ins Auge fassen können in dem man gemeinsam mit den Angrivariern die Weser kontrollieren bzw, sie als neue Ostgrenze ins Visier nehmen könnte. Man kann sich vorstellen, dass die wertvolle Auslösung wie auch immer sie sich zusammen gesetzt haben könnte, zuerst an einer zuvor vereinbarten Stelle den Angrivariern übergeben werden sollte. Diese dann im Gegenzug die Garantie für die Weitergabe zu den anderen Stämmen übernahmen und in dieser Phase die Gefangenenübergabe statt finden sollte, oder man die Schiffbrüchigen im Grenzgebiet ihrer Fesseln entledigte und sie frei setzte. Bei diesem Austausch hätten tunlichst auch Gesandte der Stämme anwesend sein müssen, die bis dato im Besitz der Gefangenen waren und die ein Interesse daran haben mussten, direkt in den Genuss des zugesprochenen Anteils zu kommen. Aber man kann sich auch noch etwas anderes vorstellen. Denn wie es historisch dokumentiert ist, waren unsere Vorfahren mehr für ihr doppelzüngiges Verhalten und weniger für Zuverlässigkeit und Vertragstreue berüchtigt. In Kalkriese hätten also auch ganz andere germanische Konstellationen, Bündnisse oder Zweckgemeinschaften nach den Werten, die man ihnen auf den Präsentierteller legte Zugriff nehmen können. Es kommt aber auch noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu der bei der bisherigen Debatte um die Schlacht bei Kalkriese erstaunlicherweise wenig Beachtung und Einfühlungsvermögen fand. Ein Begleitaspekt auf den ich im nächsten Abschnitt eingehen möchte (01.01.2020)