Montag, 5. Oktober 2020
Zwei ungleiche Brüder Strabo und Ovid - Ein Sugambrer und ein Schamane zeitgleich in Rom.
Kontrovers und Paradox erscheint uns einiges an den Darstellungen von Strabo und Ovid. Aber besonders die Anwesenheit eines Sugambrers mit Namen Deudorix im Gefolge von Segestes wie er auch auf Strabo`s Triumphzug Liste stand, gibt uns in der Tat ein Rätsel auf. Wirkte er etwa selbst mit als die Stämme im Jahre 9 + gegen Varus antraten und entschloss er sich dann im Frühjahr 15 + die Seiten zu wechseln. Was waren seine Beweggründe sich Segestes anzuschließen und sich dann in die Hände von Germanicus zu begeben. Alles geschah vor dem Hintergrund, dass man in Rom ungute Erinnerungen an die Sugambrer hatte da man mit ihnen böse Erfahrungen machte und das lag nicht allein nur an der „Clades Lolliana“ die im Jahre 16 - oder 17 – statt fand und durch die Anwesenheit von Deudorix einem Sugambrer in Rom wieder wach gerufen wurden. Es war eine siegreiche Schlacht in der die germanischen Usipeter, Tenkterer aber auch die berüchtigten Sugambrer über den römischen Statthalter Lollius triumphierten. Der von den Germanen damals eroberte Adler der 5. Legion soll in ihrem Besitz geblieben sein, was den Stolz des Imperiums an einer verwundbaren Stelle traf. Die Anwesenheit eines Sugambrers in Rom wirft aber nicht nur die Frage auf in welchem Verhältnis Deudorix zu Segestes stand, sondern auch die Frage, wie die Sugambrer zu den Cheruskern standen. Vieles lässt sich denken, aber mit dem Erscheinen eines Germanen aus dem Stamm der Sugambrer anlässlich einer feierlichen Großveranstaltung konnte man im Rom des Jahres 17 + nicht rechnen. Denn was sollte damals im Jahre 15 + einen Sugambrer soweit nach Osten zu den Cheruskern verschlagen haben, dass sich dieser Segestes anschloss. Die Tatsache, dass ihn uns Strabo mit Namen und Herkunftsstamm hinterlassen hat, lässt viele Schlussfolgerungen zu. Aber die Gewissheit die aus dieser Information spricht zeugt auch von Strabos Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit, denn solche Details saugt man sich nicht aus den Fingern. Deudorix, den man sicherlich auch als einen Häuptling ansprechen darf, war der Sohn von Baitorix einem Sugambrerhäuptling. Mehr Argwohn in römischen Kreisen dürfte jedoch die Tatsache ausgelöst haben, dass der Angriffslustige Maelo sein Onkel war. Maelo der offensichtlich keine Gelegenheit ausließ den Rhein zu überqueren um sich römischen Besitz anzueignen und zu Brandschatzen war sicherlich in Rom kein unbeschriebenes Blatt. Aber die Anwesenheit eines Sugambrers im Beisein von Segestes lässt aufhorchen. Denn Deudorix war nicht mit den anderen Germanenhäuptern aus dem Hause Segestes verwandt mit denen er nun gemeinsam auf der Tribüne saß. Natürlich mit Ausnahme des chattischen Priesters Libes, den man als Gefangenen betrachtete und der sicherlich in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zu Segestes stand. Aber warum ein Sugambrer und was verband Segestes mit ihm. Was sich zumindest daraus schließen lässt, will man die Phantasie nicht zu weit dehnen, dann gab es eine gewisse Siedlungsnähe in der die Stämme der Sugambrer und der Cherusker zueinander standen. Denn man möchte nicht gleich annehmen, dass Deudorix aus privaten Gründen gezwungen war, sich nach Osten absetzen zu müssen. Es könnte die Stämme also keine allzu große Entfernung getrennt haben. Im Gegensatz zu den Chatten sind zwischen den Cheruskern des Segestes Clans und den im näheren Bereich siedelnden Marsern oder Bruktereren keine verwandtschaftlichen Beziehungen bekannt geworden. Aber zu den Sugambrern auch nicht. Ramis bestätigte die Verbindung der Fürstenhäuser untereinander, denn sie war eine chattische Fürstentochter und folgte damals ihrem Mann Sesithakos einem Cherusker. Dies stellt eine interessante Konstellation dar, wenn man bedenkt, dass Germanicus noch kurz zuvor die Siedlungen ihres Heimatstammes den Chatten verwüstete. Trotzdem wechselte sie, da vermutlich machtlos und abhängig, auf die römische Seite über. Aber grundsätzlich verwundert dies nicht, denn offensichtlich existierte innerhalb aller germanischen Fürstenhäuser der Zeit in Germanien sowohl eine pro als auch eine kontra Fraktion gegenüber Rom. In Anbetracht der Theorie, dass Segestes in Vogelbeck nahe Einbeck seinen Stammsitz hatte, bedarf es noch folgender Analyse. Denn wenn Cherusker und Sugambrer nicht weit voneinander ihre Siedlungsgebiete hatten, wäre es interessant zu wissen, wo sich damals der Siedlungsraum der Deudorix - Sugambrer befand. Wie man weiß wurde wegen ihres aufrührerischen Verhaltens auf der „schäl Sick“ wo die Sickambrer, pardon die Sigambrer siedelten, ein großer Teil der Sugambrer im Jahre 7 – von Tiberius in die Region westlich von Xanten und Kleve zwangsdeportiert. Einem weiteren Teil von ihnen war es möglich gewesen, in ihrem ehemaligen, nun vom Rhein abgerückten Siedlungsgebiet sesshaft zu bleiben. Er lässt sich möglicherweise noch in einem schmalen Sprachkorridor, der so genannten niederländischen Varietät östlich von Köln aufspüren. Einem Siedlungsgebiet, das sich dialektisch zwischen Duisburg mittig durch das Wupper Tal bis an die Sieg nachweisen lässt. Aber einer weiteren Abspaltung der Sugambrer gelang noch rechtzeitig gemeinsam mit den Marsern die Flucht nach Osten. Dieser marsisch/sugambrische Mischstamm verblieb demnach nicht im zugewiesenen und vermutlich vom Imperium geduldeten Siedlungskorridor und konnte sich auch der Zwangsumsiedelung entziehen. Unberührte Siedlungsgebiete im Osten dürften sowohl für Marser, als auch für Sugambrer sicherlich nicht beliebig zur Verfügung gestanden haben und man musste sich mit dem Land begnügen, was die dort bereits ansässigen Stämme akzeptieren konnten. Regionen mit minderwertigen Böden die andere Stämme verlassen hatten oder nicht wollten, könnten für sie zur Notlösung geworden sein. Viele Orte im Sauerland bis ins Waldeck angefangen von Altena über Grevenbrück bis Wirmighausen/Waldeck berufen sich auch auf die Sugambrer als ihre älteren Vorfahren. In Grevenbrück leistete man es sich sogar bar jeglicher Spurenlage eine Skulptur des Sugambrerfürsten Maelo im Orte aufzustellen. Da die Lebensbedingungen in den waldreichen Mittelgebirgslagen unwirtlich waren, wird man sich längst der Tallagen auch um Schmallenberg und Kirchhundem angesiedelt haben. Möglicherweise erstreckten sich ihre neuen Siedlungsgebiete noch bis in die Übergangsregionen hinein wie sie sich auch am Oberlauf der Diemel oder an der Itter und um Korbach anboten. Aber auch der Nordrand des Sauerlandes, wo sich aufgrund der Tallagen große Städte auch bis heute nicht bilden konnten. Östlich davon stießen die Neuankömmlinge bereits an die südlichen Wohngebiete der Cherusker nahe dem Nethegau und näherten sich den nördlichen Gauen der Chatten an. Man besetzte folglich eine Landschaft von wo aus man auch Kontakt zu den Segestes Cheruskern an der Leine aufnehmen konnte. Und hier vor den Wohngebieten der Chatten und Cherusker endete wohl zwangsläufig ihr neues Zuhause. Es ist überliefert, dass die Marser aufgrund eines bei ihnen aufgefundenen Legionsadler und der gezielten Racheaktionen des Germanicus unstrittig als Teilnehmer der Varusschlacht fest standen. Man kann aber auch die Ansicht vertreten, dass die gemeinsam mit den Marsern geflüchteten Sugambrer aufgrund ihrer Vorgeschichte für Rom zum roten Tuch wurden. Und ihr Name daher aus den Annalen und Erinnerungen ausgelöscht wurde, denn dem Imperium entkommene Germanenstämme wie die Sugambrer duldete man nicht mehr in der späteren Geschichtsschreibung. Strabo schien 18 + der letzte Berichterstatter gewesen sein, der den Namen Sugambrer noch verwendete. So dauerte es ein halbes Jahrtausend bis ihn Bischof Remigius um das Jahr 500 anlässlich der Taufe Chlodwig I, wieder aussprach. In den beschriebenen Siedlungsgebieten des nördlichen Sauerlandes und des angrenzenden Waldeck stiegen die Sugambrer etwa zwischen 7 - als man einen Teil von ihnen deportierte bis ins Jahr 9 + dem Jahr der Varusschlacht erneut zu einem ernst zunehmenden Widersacher gegen Rom und zu einem einflussreichen Stamm innerhalb der Germanen auf. So lässt sich schlussfolgern, dass sie unter dem Namen Marser auch an der Varusschlacht teilnahmen. Eine Schlussfolgerung des Verfassers beruht darauf, dass Arminius den römischen Feldherrn Varus mithilfe eben jener abgewanderter Sugambrer köderte, indem Arminius sie Varus gegenüber als die Aufrührer betitelte. Neben den Cheruskern gab es in dieser Zeit kaum einen anderen Germanenstamm als wie die besonders kampfesfreudigen und widerspenstigen Sugambrer, die dem Imperium mehr Probleme bereiteten als sie. So könnte dieser in räumlicher Nähe zur Südegge liegende Siedlungsbereich die Sugambrer auch zu Gegnern von Varus werden lassen. Obwohl dies die antiken Historiker an keiner Stelle erwähnten um nicht der römischen Staatsräson zu missfallen. Denn dieser Stamm sollte als getilgt gelten. Ebenso erfolgreich praktizierte man es später in Rom auch noch mit einem anderen wehrhaften Germanenstamm, was jedoch ein eigenständiges Kapitel beansprucht. Um zu versuchen das neue Siedlungsgebiet der einst aus der breiten Region östlich von Köln geflüchteten Sugambrer zu definieren, könnte man also auch das Waldecker Land in die Betrachtung mit einbeziehen. Karl der Große setzte dort um das Jahr 813 die frankentreuen Esikonen ein, die ihre Besitztümer im Ittergau, dem alten Gau „Nitherga“ hatten. Und Esiko besaß auch Ländereien im sächsischen Leinegau. Einer Landschaft in der sich vermutlich der Fürstensitz von Segestes in Vogelbeck befunden haben könnte und der rund 95 Kilometer Luftlinie von Dorfitter im „Gau Nitherga“ entfernt liegt. Eine für die damalige Verhältnisse recht große Distanz die auf eine Zerissenheit hindeutet aber auch ältere Verbindungen anzeigen und was Besitzansprüche, Traditionen oder Privilegien umfassen könnte. Weitere Hinweise die die Theorie stützen könnten, dass es auch noch traditionelle Kontakte zwischen dem „Sugambrergau Nitherga“ an der Itter bis in die alten Siedlungsgebiete des Bergischen Landes gegeben haben könnte, da wo sie einst ansässig waren, bevor man sie mit Gewalt vertrieb sind möglich, da es Anhaltspunkte dafür geben könnte. Es ist schwer zu sagen, ob man den Bogen so weit spannen darf, aber als sich der verschuldete Wilhelm III, Herzog von Berg der auf Schloss Burg an der Wupper residierte 1505 nach Gläubigern umsah war es Graf Philipp II von Waldeck der ihm aushalf und Wuppertal – Beyenburg mit seinen Besitztümern als Pfand annahm. Dies gestattet natürlich keine Linienziehung aus alten Traditionen heraus, aber es war die Faktenlage. Hinzu kommt eine gewachsene Affinität zwischen den Bewohnern des Waldecker Landes und Wuppertal, dass man auch als die heimliche Hauptstadt des Waldeck bezeichnet hat. Man begründete dies immer mit der Tatsache, dass die aufstrebende Textilindustrie in Wuppertal mit Beginn der Garnnahrung 1527 massiven Bedarf an Arbeitskräften hatte. Aber verschüttet geglaubte Verbindungen können langlebiger sein als man denkt und so gab es vielleicht noch einen alten Anker der beide Regionen mit einander verband. Denn warum fühlten sich ausgerechnet die Menschen im Waldeck`schen angesprochen ihren neuen Lebensmittelpunkt nach Wuppertal (zurück) zu verlegen um also dafür rund 120 Kilometer nach Westen auszuwandern. Was aus anderen östlichen Regionen nicht überliefert ist. Aber da gibt es noch den Fluss - oder Bachnamen Itter und den findet man zwar auch noch einmal am Neckar und auch einmal in Niedersachsen. Aber man findet ihn auch im Bergischen Land etwa 10 Kilometer südwestlich von Wuppertal – Elberfeld und gleich zwei Mal im Waldeck, wo sie als Nebenflüsse von Eder und Diemel bekannt sind. Im 13. Jahrhundert schrieb sich die Rheinnahe Itter noch „Itre“ und man vermutet ihren Ursprung im Indogermanischen. Sollte dies eine Theorie rechtfertigen, dass die Itter nahe Wuppertal bereits zu Sugambrerzeiten diesen Namen trug und sie ihn in ihre neue Heimat ins „Gau Nitherga“ mitnahmen. Aber nun lebten die abgespaltenen Sugambrer zusammen in einem aus vielen Stämmen bestehenden Überschneidungsraum, einer Berührungszone der vier germanischen Stämme von Marsern, Chatten, Cherusker und Brukterer. Dort bildeten sie sich wieder die besagte Eigenständigkeit heraus und könnten wie dargestellt auch unweit von Segestes gesiedelt bzw. mit einem Kontingent möglicherweise auch an der Varusschlacht teilgenommen haben. Nach Strabo sollen die Sugambrer sogar an oder nahe der Weser gesiedelt haben, was sich mit einem Siedlungsgebiet am Oberlauf der Diemel noch vereinbaren ließe. Er schloss es vermutlich daraus, dass ein Sugambrer dem Triumphzug im Beisein des Cheruskers Segestes beiwohnte. Und die rebellischen Sugambrer waren immer schon Durchsetzungsfähig und blieben über die Jahrhunderte betrachtet ihrer Stammesgeschichte treu. Somit war der Sugambrer Deudorix der Abstammung nach auch ein greifbarer Vorfahre des späteren Frankenkönigs Chlodwig dem Ersten, der ebenfalls aus sugambrischen Geblüt stammte. Aber der besagte Deudorix, der das Privileg hatte dem Treiben im Mai 17 + zusehen zu dürfen, war auch der Sohn des Sugambrerfürsten Baitorix und damit ein Neffe jenes berüchtigten Sugambrers Maelo. Er wird aber, folgt man diversen Theorien auch als der bevorzugte Wunschkandidat nämlich der perfekte Schwiegersohn von Segestes gehandelt, dessen stiller Wunsch es gewesen sein könnte, ihm die Hand seiner schwangeren Tochter Thusnelda zu geben. Ein Gedanke den man wohl unter den „Blaublütigen“ aufgrund ihrer Schwangerschaft verwerfen darf. Aber Segestes dürften in dieser Zeit auch andere Sorgen geplagt haben, als Heiratspläne für seine Tochter zu schmieden. Die Wahrscheinlichkeit könnte daher größer gewesen sein, dass Deudorix aus ganz anderem Grunde am Hofe des Segestes weilte, als dieser den erhofften und herbei gebetenen Besuch von Germanicus bekam. Deudorix mögen die gleichen Beweggründe getrieben haben wie Segestes. Denn in seinem anzunehmenden Herrschaftsgebiet möglicherweise an der oberen Diemel oder westlich davon gelegen, tobte im Frühjahr 15 + Caecina gegen die Marser und damit wohl auch gegen Teile der Sugambrer und Germanicus der gerade in Nordhessen wütete und danach die Region verließ konnte auch für ihn zur Gefahr werden. Sollte er zur romfreundlich gesinnten Fraktion der Sugambrer gezählt haben hatte er sich dem Kampf seines Volkes eher nicht angeschlossen. Er hätte dann die Absichten seines Freundes Segestes geteilt bzw. setzte auf einen furiosen Siegeszug der Römer gegen die Arminen, in dessen Sogwirkung auch er dann wieder hätte nach Germanien zurück kehren können. Hinzu könnte gekommen sein, dass Deudorix als ein Neffe nur der Bruderlinie des mächtigen Maelo entstammte, so das er sich die Machtübernahme über den Maelo Clan erhoffte. Folglich musste das Herz von Kaiser Tiberius und vor dem auch schon das von Germanicus sehr groß gewesen sein, wenn man diesem Mann Asyl gewährte. Aber es gehörte überall zur römischen Clientelpolitik Adelsschichten zu gewinnen die sich in Abhängigkeit begeben wollten. Was hätte also sonst einen Sugambrer veranlasst haben sollen, sich später unter den Ehrengästen des 26. Mai 0017 wieder zu finden. Denn eigentlich wollten doch er und Segestes im Jahre 17 + schon die unumstrittenen Regenten in ihren Heimatregionen sein und nicht im fernen Rom sitzen oder in Gallien einen Ruhesitz beziehen. So war der ehrenvolle Platz im Kreise der Segestes Familie eher den gescheiterten Bemühungen des Imperiums geschuldet, dem es nicht gelang Germanien zu unterjochen. Deudorix ein Mann dem vielleicht in der Heimat die Stammesführerschaft versagt blieb und sich mit Segestes darin einig war, noch rechtzeitig gemeinsam die weiße Fahne zu hissen, bevor Germanicus vollendete Tatsachen schuf. Vielleicht lag seine Absicht auch darin zu verhindern, dass Germanicus sein angestrebtes Herrschaftsgebiet, den in Betracht gezogenen Gau Nitherga zerschlug. Deudorix mit der verdächtigen keltisch/germanischen Endung im Namen wird zwar im Triumphzug im gleichen Atemzug mit der Segestes Familie genannt, aber nach den Festivitäten findet er wie so viele andere auch keine weitere Erwähnung mehr. Wagen wir aber noch einen Sprung ins 11. Jahrhundert, denn im „Nitherga Gau“ dem „Itter Gau“ im Waldeck begegnet uns später auch der Esikone Graf Dodiko. Ein Name mit dem sich auch die Onomastik beschäftigen könnte um möglicherweise Ursprünge zur Namenstradition eines Deudorix heraus zu arbeiten. Der Tatsache, dass Deudorix offensichtlich ohne familiären Anhang und verwandtschaftliche Verbundenheit Segestes folgte deutet zumindest darauf hin, dass über geordnete Interessen beide zusammen führten. Beide standen in Gegnerschaft zu Arminius und ihnen stand Rom näher als die germanische Sache so strebten es beide an einer römischen Abhängigkeit den Vorzug zu geben. Ovid hingegen stellte sich die Teilnehmer des Triumphzuges aus dem Exil heraus nur mit geschlossenen Augen vor. Ihm erschienen sie alle nur in seinen kühnsten Träumen, Visionen und verschwommenen Zügen vom „was wäre wenn“. Namensnennungen von Teilnehmern musste er, anders als Strabo es schon konnte weglassen und auf Phantasienamen verzichtete er. Am Ovid Triumphzug nahmen Silhuettenhaft nur jene Germanen teil, die sich in die unmittelbaren Ereignisse der Varusschlacht einbinden ließen, so wie er sie alle in seinen Träumen gegen Varus kämpfen sah. Bei Ovid finden wir weder Hinweise oder Rückschlüsse auf den Stamm der Cherusker noch auf cheruskerfremde Kämpfer anderer Germanenstämmen geschweige denn Angaben zu den Germanicus Feldzügen, da er von ihnen vermutlich auch noch gar nichts wusste, denn er soll im Jahr des Triumphzuges 17 + verstorben sein. Bei Strabo wird allerdings eine, ich nenne sie mal vermeintliche Trennlinie zwischen schlechten und guten Germanen sichtbar, denn er rückt die vorgenannte Gruppe jener Germanen die Rom gegenüber in offener Feindschaft standen von jenen Germanen ab, die Rom in Freundschaft verbunden waren. Machte also einen Unterschied zwischen den Germanen die man in den Kriegen gefangen nahm und den Überläufern aus dem Hause Segestes. So zählt er auffällig zahlreich die Stammesangehörigen vieler unterworfener Völkerschaften auf. Zudem nennt Strabo gefangene Kämpfer aus den Stämmen der Chauken, Ampsivarier, Brukterer, Usipeter, Cheruskern, Chatten, Kattuariern, Lander und Tubanten. Stämme, von denen einige gar nicht an der Varusschlacht beteiligt waren, aber möglicherweise an den Folgeschlachten gegen Germanicus teil nahmen. Ob einzelne Kämpfer aus diesen Stämmen auch gegen Varus kämpften, dürfte für Strabo als er etwa 18 + schrieb, nicht mehr nachvollziehbar gewesen sein. Denn kein Gefangener wird sich freiwillig dazu bekannt haben auch schon gegen Varus mitgekämpft zu haben. Möchte man hinter dem Personenkreis den uns Strabo real nennt, jene Germanen entdecken deren aussehen und gebaren uns schon Ovid so plastisch beschrieben hat, dann tun sich zwei Welten auf, die sich nie miteinander verbinden lassen. Strabo hat und brauchte die Metamorphosen des Ovid nicht als Vorlage seines realen Triumphzug heran zu ziehen, denn seine Kenntnislage stand bereits auf stabilen Füßen, als die des Wunschdichters, Träumers und Verfassers trauriger Epen nämlich Ovid. Ungeachtet dessen hat das dichterische Talent von Ovid und damit die Zeit in der er lebte und aus der er berichtete sein Phantasiewerk für eine gegenüberstellende Analyse unentbehrlich gemacht, und auch aus ihm eine ernst zu nehmende Gestalt der historischen Auseinandersetzung werden lassen. Nicht umsonst hat die Historie ihn an die vorderste Stelle gesetzt. Ihm also den Spitzenplatz eingeräumt als Erster wenn auch nur indirekt über die Varusschlacht berichtet zu haben. Wofür auch immer er es dann literarisch verwendete, denn seine Absichten haben wir durchschaut und es wird zur Zweitrangigkeit. Aber seine Metamorphosen waren daher alles andere als nur ein Randwerk in der Betrachtung der Varusschlacht. Für Strabo besaß die Bedeutung der zahlreichen eingefangenen und versklavten Stammeskrieger jedenfalls nicht den nötigen Stellenwert und ihr Bekanntheitsgrad reichte nicht aus, um sich auch noch nach ihren Namen zu erkundigen, oder sie sich zu merken. Sie dienten dem Feldherrn Germanicus als schmückendes Beiwerk und nur dem einen Zweck den Triumphzug auf eine optisch imponierende Zahl Gefangener anwachsen zu lassen. Strabo bezeichnet die Familienmitglieder des Segestes und damit offensichtlich auch noch den Familien fremden Deudorix als vornehm. So könnte man den Eindruck gewinnen, dass alle Personen und wohl auch die des Segestes Clan für Germanicus nicht mehr als nur einen, wenn auch präsentierfähigen, so aber doch letztlich nur bequemen „Beifang“ darstellten. Und bei weitem keine dem Imperium gleich gestellte und erst recht nicht eine auf Augenhöhe angesiedelte germanische Fürstenfamilie. Möglicherweise versuchte Segestes noch die Hand über seinen Familienclan zu halten, aber der Ehefrau des schlimmsten Römerfeindes konnte und wollte man in Rom wohl nicht den nötigen Respekt erweisen. Ebenso nicht einem Segimund der schon einmal die Fronten gewechselt hatte wie es ernst wurde, als er auf die Seite des Arminius überwechselte. Und sicherlich auch nicht den anderen Personen einschließlich eines Deudorix. Aber wir haben es noch mit einer sonderbaren Parallele zu tun. So fällt wie auch schon im Ovid Gedicht auf, dass erneut aber dieses Mal bei Strabo wieder von einem Priester in den Reihen der Germanen die Rede ist. Ovid beschrieb ihn noch als blutrünstigen Schlächter, der die besiegten Römer den Göttern opferte, während Strabo seinen Priester nur einen Chatten nannte und seinen Namen mit Libes angibt. Es ist aber in der Tat eine erstaunliche Duplizität der Darstellungen sowohl bei Ovid als auch bei Strabo erkennbar, was diesen einen bzw. beide Priester im jeweiligen Triumphzug anbelangt. Germanische Gottesdiener müssen in der Antike folglich eine feste Größe gewesen sein und waren ein Begriff für alle antiken Historiker, die sich mit dem germanischen Brauchtum zu Zeiten von Kaiser Augustus oder Tiberius beschäftigten. Denn besser als an diesen zwei Beispielen lässt es sich in so früher Zeit aus keiner anderen historischen Überlieferung heraus lesen, welchen hohen Stellenwert sie hatten. Es gab sie also demnach doch, die Schamanen, Opfer, Druden- oder Zauberpriester und sie sind kein Hirngespinst kruder, druider Mirakulix Geschichten. Wurden sie in Triumphzügen mitgeführt, so galten sie für Ovid als Feinde die man auf Kriegszügen dingfest machen musste. Aber Strabo rückte sie wie es auch deutlich wird schon recht nahe an die germanische Führungsschicht heran, denn sie gehörten schließlich zu deren unmittelbaren und vertrautem Personenkreis. Möchte man nun Ovid`sche Traumwelten mit Strabo`scher Realität verbinden, so könnte man sich die Frage stellen, warum nicht damals auch ein chattischer Priester an den Ritualtötungen nach dem Ende der Varusschlacht auf den Altären der Cherusker im Saltus mit gewirkt haben könnte. Denn Chatten sollen ebenfalls zu den Gegnern von Varus gezählt haben und Libes könnte einer von ihnen gewesen sein. Germanische Priester gehörten demzufolge immer zur traditionellen Kriegsbeute römischer Feldzüge, fanden in antiker Zeit Beachtung, wurden möglicherweise auf Triumphzügen standardmäßig mit vorgeführt und zur Schau gestellt. Erschwert wird die Interpretation der Strabo Überlieferung insofern, als dass nicht klar ersichtlich wird, ob Strabo den chattischen Priester Libes mehr auf der Seite der Segestes Familie oder auf jener der vorgeführten Gefangenen sah. Saß Libes also auf der Tribüne oder musste er das Schicksal mit den gefesselten Germanen teilen. Strabo stellt es so dar, als ob der Name Libes lediglich fiel, aufgeführt bzw. genannt wurde. Den Satz vollendet Strabo aber mit dem Hinweis auf die anderen Personen aus den unterworfenen Völkern. Und dies waren die Gefangenen, aber nicht der ehrenwerte Segetesclan. Man kann daraus schließen, dass sich demnach der chattische Priester nicht in der Segestes Burg aufhielt, als dort Germanicus erschien um sie zu „befreien“. Mit der Präsentation eines Dieners der einem fremden Gott huldigte, ließ sich auch die Schwäche der feindlichen Götter untermauern und die römischen Götter erfuhren dadurch ihre eigene Aufwertung. Beim Priestervergleich blitzte also doch noch mal ganz zaghaft eine bereits verworfene, nebulöse und unwirklich zu nennende Ähnlichkeit zwischen den beiden seltsamen Triumphzügen auf. Der „Strabo“ Priester Libes war ein Chatte und bei Ovid nahm der Priester die Rolle eines Racheengels über die besiegten Römer ein. Ritualhandlungen waren also aus den damaligen Zeiten nicht weg zu denken. Warum sollte sich nach der Varusschlacht im heutigen Sinne gedacht, nicht auch ein chattischer Priester schuldig gemacht haben, in dem er die Cherusker nach der Schlacht dabei unterstützt hatte, die gefangenen Römer zu Ehren ihrer Götter zu opfern. So wie es Tacitus berichtet hatte. Libes wurde von Strabo zwar in einem Atemzug mit den germanischen Fürsten genannt, aber bei genauem Hinsehen fällt auf, dass Strabo in ihm mehr die Beute sah, denn er brachte ihn mit dem Triumph in Verbindung. Und rückte ihn wie dargestellt in die Nähe der vorgeführten Gefangenen aus den diversen germanischen Stämmen. Demnach schonte man ihn nicht, sondern setzte ihn auf die Sklavenliste. Spinnt man den Gedanken weiter kommt man unwillkürlich auch an den Punkt zu fragen oder zu kombinieren, wie ein unmittelbarer Teilnehmer der Varusschlacht aus dem Stamm der Chatten noch sechs Jahre nach der Schlacht in römische Hände gelangt sein könnte. Es scheint aber plausibler zu sein, dass Libes in römische Gefangenschaft geriet, als Germanicus die chattischen Wohngebiete verwüstete und ihn schon mit sich führte bevor er zur Segestes Burg aufbrach. Als Ersatz für chattische Fürsten die ihm nicht in die Hände fielen könnte er ihm recht gewesen sein. Im Umkehrschluss klingt aber alles nur so, als sei der Priester im erträumten Teilnehmeraufgebot des Ovid der gleiche gewesen wie der Chatten Priester mit Namens Libes, den Strabo erwähnt, so wie er 17 + an Kaiser Tiberius vorbei zu paradieren hatte. Defacto aber lagen Kontinente zwischen beiden Triumphzügen. Letztlich standen aber beide Triumphzüge, wenn auch zeitversetzt zu Papier gebracht, also sowohl der reale Triumphzug für Germanicus, als auch der nur als Wunschtraum in Szene gesetzte Triumphzug des Ovid in letzter Konsequenz in Zusammenhang mit der Varusschlacht. Während Ovid mit seiner Darstellung seine Rückkehrabsichten und Hoffnungen bekräftigen wollte, sollte der Triumphzug des Jahres 17 + das Scheitern von Germanicus nach drei Jahren Germanenkriegen, als auch seine misslungene Rache an den Varusbezwingern in Germanien kaschieren helfen, denen er letztlich nie habhaft werden konnte. Der von Strabo beschriebene Festakt für Germanicus wurde letztlich zu einem Triumphzug „light“ und hatte mehr den Charakter einer Pflichtübung, als einer Siegesfeier. Möchte man es vereinfachen, so finden wir in den beiden Triumphzügen sowohl dem von Ovid als auch dem von Strabo die gewünschten Bezüge zur Varusschlacht die uns bei der Aufarbeitung hilfreich sein können. Nämlich bei der Bewertung, dass der Auftritt des Segestes im Jahres 17 + zu einem Paukenschlag der Geschichte wurde, mit dem ein neues Kapitel der Varusschlachtforschung aufgeschlagen wird. Denn es kam mit Segestes eine Wahrheit ans Licht, die sich nur auf den ersten Blick wahrhaftig anhörte. Nämlich die Frage beantworten hilft, ob der hier erstmals erwähnte Segestes mit seinen Aussagen in Teilen die Varusforschung möglicherweise aus Eigennutz in die Irre geleitet und damit die Historie auf den Kopf gestellt hat. Strabo könnte auch von den Metamorphosen, also den verschrifteten Wunschträumen über das unbekannte Wissen des Ovid zur Varusschlacht gewusst und damit auch die Beschreibung des fiktiven Triumphzuges aus der Feder des Ovid gekannt haben. Er könnte Ovid im Wissen darum, dass es später zu einem realen Triumphzug kam dem er selbst beiwohnte, belächelt und darin die Ironie der Geschichte gesehen bzw. Ovid für seine hellseherischen Talente bewundert haben. Denn erst Strabo ließ uns die wahren Details wissen. Details die uns die Suche nach der Schlachtenregion zwar nicht erleichtern helfen, die aber dazu beitragen Segestes und das Wesen der Zeit besser einstufen zu können. Segestes der wie ich apostrophiere Varus eben nicht warnte und damit eine erhebliche Mitschuld an seinem Untergang trug. Denn er hätte Varus in der Tat auch warnen können, wenn er es gewollt hätte. Um sich der Tragweite dieser Überlegungen bewusst zu werden muss man annehmen dürfen, dass es möglicherweise nie eine Varusschlacht gegeben hätte, wenn Segestes ihn tatsächlich auf die drohende Gefahr hin gewiesen hätte. Nun aber gilt meine Aufmerksamkeit wieder uneingeschränkt Segestes dem germanischen Insider im Dunstkreis des Palatins. Er hatte nun dank seiner Strategie die gefährliche Nagelprobe überstanden und sie vielleicht auch nur wegen seiner geschickten Argumentationskette überlebt. Es ist für ihn noch mal gut ausgegangen oder wie der moderne kölsche Germane sagen würde „Et hät no mo jot jejange“. Man kreidete ihm nicht die langjährige verdächtig friedliche Nachbarschaft zu Arminius an, die immerhin sechs Jahre währte. Man blendete bei der römischen Inquisition auch aus, dass er es sogar zuließ, dass seine Tochter Thusnelda noch im Sommer oder Frühherbst des Jahres 14 + von seinem Widersacher Arminius geschwängert wurde. Und man stellte auch keine weiteren Fragen mehr, warum die räumliche Nähe beider Konfliktparteien in den langen Jahren keine Nachteile für Segestes mit sich brachte. Eine „angebliche“ Feindschaft die erst im Jahre 15 + aufbrach als sich justament wieder Römer in kriegerischer Absicht auf Ostwestfalen zu bewegten. Die Spatzen pfiffen es damals vom Dach, dass die Zeiten rauer werden würden und es stieg die Gefahr für den einfachen Germanen aber auch die hohen Fürsten der Cherusker um ihr Leben bangen zu müssen. Denn in Ostwestfalen war bekannt, was man in Rom unter Rache nehmen bzw. sie auszuüben verstand. Möglicherweise getrieben von der nackten Angst, die Legionen würden in Bälde verwüstend über Ostwestfalen den Leinegau aber auch über die Siedlungen der Sugambrer her fallen und Segestes und seinen Anhang aber auch Deudorix töten oder abführen, da auch er in die Varusschlacht hätte verstrickt sein können, ließ alle den rechtzeitigen Schwenk vollziehen. (05.10.2020)