Donnerstag, 19. Januar 2023
Die Varusschlacht wies den Weg zur Irminsul - Neue Spuren können uns auch ihren Ort finden lassen
Man könnte auch konstatieren, dass dies der Ort war an dem man für den Cheruskerfürst eine Gedenkstätte hinterließ. Verschmolzen aber hier Armin von dem wir aus der Antike dank Paterculus (2,117-118 (2) erstmals etwas in der Schreibweise „Arminius“ erfuhren und Irmin zu einer Person dann stellt sich die Frage warum man sie in den fränkischen Reichsannalen Irminsul und nicht Arminsul nannte. Und wenn wir nach dem Schmelzpunkt des Geschehens suchen, dann können wir bei Borlinghausen fündig werden wo nach dieser Theorie die Varusschlacht endete. Eine Erklärung könnte sein, dass die Irminsul auch nicht immer diesen Namen getragen haben muss, denn die fränkischen Chronisten des 8. Jhdt. könnten auch die mündliche Wiedergabe wörtlich verändert haben wenn sie nur dem Klang des Wortes folgten ihn also dem Volksmund entnahmen, darunter „Irmin“ verstanden und es so zu Papier brachten wie sie es heraus hörten. Die zwischen der Varusschlacht und der Zerstörung der Irminsul liegenden 765 Jahre decken eine lange Zeitspanne ab und die Suche nach der Entwicklung die der Name „Armin“ durch die Zeitgeschichte nahm stellt einen zusätzlichen Forschungszweig dar der helfen könnte eine Verbindungslinie von Armin zu Irmin zu erkennen. Seinen wahren Geburtsnamen werden wir nie erfahren, denn die römischen Besatzer neigten zu eigenen Namenskreationen und orientierten sich weniger an Ursprungsnamen. Denkbar ist auch das die Eltern dem Cheruskerfürst einst einen völlig anderen Namen gaben der weder Armin noch Irmin lautete und in Germanien erhielt sich nur sein römischer Rufname. Auffällig bleibt der Gleichklang beider Namen der auf eine Identität hinweist und dem innerhalb dieser Theorie nachgegangen wird. Es gilt also eine Erklärung zu finden warum man in Rom zum Anfangsbuchstaben „A“ neigte aus dem aber ein „I“ wurde und dem man im 8. Jhdt. in Sachsen, wenn ihn die Franken richtig verstanden hatten, den Vorzug gegeben hatte. Die etymologische Forschung tendiert aufgrund der germanischen Namen wie etwa Ermana oder Irmina dahin, darin die Synonyme für groß und allumfassend erkennen zu können und das die Namenswurzel des Arminius dem Germanischen entstammte und latinisiert wurde. Es entwickelten sich daraus zahlreiche unterschiedliche Schreibweisen die die Kontinuität einer auf Irmin aber nicht auf Armin basierenden Namenstradition bestätigen. So hatte sich die germanische Zunge das lateinische „A“ von Arminius nicht zu eigen gemacht und es ist kein Name aus der Antike bezogen auf unsere Breiten bekannt, wonach man einem männlichen Nachkommen diesen Namen gegeben hätte. Aber auch Bezüge zu den Hermionen wie die antiken Historiker Plinius und Mela eine germanische Stammesgruppe nannten und was auch einen Bezug zu der Bevölkerung der griechischen Stadt Ermioni verrät bzw. nicht auszuschließen ist. Der Name des 534 verstorbenen Thüringerkönigs Herminafridus auch Irmfrid genannt, den uns Prokopios von Caesarea, der letzte große Geschichtsschreiber der Antike der um 56o verstarb überlieferte berührte erstmals wieder eine auf Irmin beruhende Namenstradition. Wenn uns auch die Geschichte den Namen Irmin nicht als Rufnamen hinterlassen hat womit sich begründen ließe, dass er schon vor der Zerstörung der gleichnamigen Irminsul in Gebrauch war, so liegt mit dem Namen Irmfrid doch eine frühe Namensverwandtschaft vor. Gleiches gilt auch für die weiblichen Formen von Namen die sich auf Irmin beziehen lassen. So war der Name Irmina schon im frühen Mittelalter gebräuchlich und es hat ihn sowohl vor 772 als auch danach gegeben. Der Name „Irmin“ bzw. die Silbe „Irm“ war im damaligen Sprachraum bekannt und die Namensgeschichte kennt zahlreiche Variationen. Ein gutes Beispiel liefert die Triererin „Irmina von Oeren“ die entweder 704 oder 710 + verstarb. Weitere Beispiele liefern Namen wie Irmgard oder Irmtrud die auch immer in der Schreibweise Ermgard, Ermina oder Ermtrud verbreitet sind. Neben Hermine ist auch noch ein weiterer Name mit direkten Bezug zu Irmin bekannt, nämlich Iremine. Und auch wenn heute nur noch wenige Ehepaare ihrer Tochter den Namen Iremine oder Iremina geben da er vielleicht zu antiquarisch klingt, so gibt es ihn tatsächlich. So lassen sich bei Durchsicht der verfügbaren Hinweise noch erstaunlich viele weibliche Iremine und Iremina Vornamen, wie sie in früheren Zeiten wohl häufiger gewesen sein dürften entdecken. Und auch in den Vereinigten Staaten haben sich derartige Namensrelikte erhalten. So eine Hannah Iremine Williamson, oder eine Iremine Parzych aus Easthampton, eine Iremine Seay aus Virginia und eine Iremine Botten aus New York ist darunter. Ebenso eine Ungarin mit Namen Iremine Csorba die in Erie USA lebte. Und auch im österreichischen Frankenmarkt lebte eine Iremine S. deren Nachname jedoch nicht überliefert ist. Ebenso kann man in Deutschland fündig werden. Da gab es etwa eine Iremine Schatz und eine Iremine Spindler. Aber ein ganz besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der Iremine Katharina Manns. Denn sie verkörperte und trug im Namen noch ihre altgermanisch oder fälische Urheimat wie kaum eine andere. Wie wir wissen griff Karl der Große zum Mittel der Zwangsumsiedelung in dem er die Widerborstigsten unter den heidnischen Sachsen in andere von den Franken beherrschte Regionen deportierte. Einen Großteil der Sachsen siedelte er in die Region Neuwied um, wo noch ein Stadtteil Engers der an die Angrivarier erinnert existiert. Und nahe Limburg an der Lahn hat sich auch noch der Name Engersgau erhalten. Und diese Iremine Katharina Manns war gebürtig aus eben jenem Engers und sie verstarb am 7. April 1974 in Altenkirchen. Sie war was die Namenstradition anbelangt eine überlebende Urgestalt, sozusagen ein onomastisches Fossil für das Vorhandensein des Namens Irmin, Iremin bzw. Iremine mit einem direkten Bezug in den Nethegau bei deren Vorfahren es sich um die einst Deportierten gehandelt haben könnte und man über die Namenstradition die Erinnerung wach hielt. Aber nicht nur Iremina steht wie sich zeigen wird für diese namentliche Verbundenheit zur einstigen ostwestfälischen Heimat. Da, wo einst eine Säule an ihren Namensvetter Irmin erinnerte. Und auch eine Iremina gibt das Namenskataster aus dem Jahre 1803 aus Kiel her, denn darin begegnet uns eine Caroline Lucia Iremina Klotz, sowie eine Iremina Phul, geboren  am 25. 10. 1744 in Hüttersdorf und eine Iremina Cecile Linden ist aus Wisconsin überliefert aber auch noch eine Iremina Schairer. Folglich eine Vielzahl unerschütterlicher Beweise für die Langlebigkeit also die Tradition des Namens Irmin in der Schreibweise Iremin. Wurde dadurch erkennbar, dass sich hinter Irmin eine Person verbarg so tritt nun die Erinnerung an ihn was die Örtlichkeit anbelangt in den Vordergrund. Denn es gibt außer der Realität seiner namentlichen Existenz noch weitere Hinweise wonach sich in Irmin eine menschliche Gestalt erkennen lässt, für die man eine Säule errichtete, denn aus Götternamen machte man zumindest damals noch keine Personennamen. Und die Anhaltspunkte die für den Standort der Irminsul sprechen, konzentrieren sich auf einen überschaubaren Bereich. Die verborgene Pforte in den „Teutoburgiensi saltu“ nahe der späteren Irminsulstätte strebte auch Varus an und er hätte dazu die heute auf dieser Strecke liegenden Orte Peckelsheim und Borlinghausen passieren müssen. Es waren auch zu seiner Zeit schon bewohnte Landschaften aber die Orte existierten vor 2000 Jahren noch nicht. Was aber damals schon vorhanden war, war der seit frühester menschlicher Besiedlung genutzte Weg zum Saltus, der sich in neuerer Zeit „Oberer Bördenweg“ nennt. Mangels Alternative musste auch Varus ihn genutzt haben, verließ folglich nahe Peckelsheim den Nordrand der Börde und tauchte in die bewaldeten Gegenden westlich von Löwen ein. Hier vor der Egge endete dieser Theorie nach sein Weg und damit auch sein Leben. Und hier ist wieder unser Spürsinn gefragt und es gilt alle Register zu ziehen um die alten Fährten frei zu legen und sich die Örtlichkeiten näher zu betrachten. Zarte verdeckte und verschüttete Hinweise die sich deuten, verdichten und verbinden lassen. Die Kartographie und die Dorfnamenkunde unterstützte immer schon die Suche nach dem Einstigen und in Gestalt der „Irminsul“ könnte sich dort noch ein magischer Ort mit kulturhistorischem Hintergrund verbergen. Vor Wahrhaftigkeits- und Unfehlbarkeitsansprüchen muss man sich allerdings hüten, was aber nicht daran hindern sollte nach Zusammenhängen zu suchen um Worten und Begriffen auch andersartige Bedeutungen und ungewohnte Erklärungen zu entlocken. Auch für das Umfeld von Borlinghausen gilt wie überall, dass sich lange zurück liegende Ereignisse zwangsläufig auch aus dem Bewusstsein der Generationen verabschiedet haben. Ungeachtet dessen, machen aber viele Faktoren diese Region zu einem Zentrum des Interesses was nach Aufarbeitung ruft. Der Focus ist auf Borlinghausen gerichtet, denn hier liegt der Saltus nicht weit, hier hauchte Varus sein Leben aus, hier feierte Arminius seinen Triumph und hier dürfte auch die „Irminsul“ gestanden haben. Und dies waren in der Tat zwei große Ereignisse die auch Bezugspunkte hinterlassen haben sollten. Zu Hilfe kommt dabei das Borlinghauser Heimatbuch, dass der Lehrer Fritz Lippert, der im Jahre 1908 an die Grundschule Borlinghausen entsendet wurde verfasste und das um 1965 in Druck ging. Dank seiner Vorarbeit leistet es einen wichtigen Beitrag und gewährt interessante Einblicke in viele Jahrhunderte Ortsgeschichte. Das Internet und die darin enthaltenen digitalisierten historischen Schriften zur schnelleren Recherche standen ihm zu seiner Zeit zum Studium noch nicht zur Verfügung trotzdem versuchte er von den alten Erzählungen noch so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen. Die alten Parzellennamen erfasste und verortete er soweit er sie kannte, aber woher er sie im Einzelnen nahm lässt sich nicht nachvollziehen. Er fügte sie in einen Lageplan und gab diesen seinem Buch „Borlinghausen - Heimatgeschichte der Landschaft und des Dorfes in Wort und Bild“ bei, bemühte sich Erklärungen zu finden und trug zudem zahlreiche Begebenheiten zusammen, die sich über die Jahrhunderte ereigneten und sein Werk bereicherten. Und darunter waren auch Namen und Bezeichnungen die nachdenklich machen. Flur- oder Parzellenbezeichnungen klingen in den Ohren von Heimatforschern häufig verführerisch, regen die Phantasie an, können uns Zusammenhänge vermitteln, sie uns aber auch nur vorgaukeln und sich objektiv betrachtet schnell als tückisch und somit trügerisch erweisen. Trotzdem wäre es töricht, ließe man sie völlig außer Acht und würde nicht versuchen sie für historische Kombinationen zu nutzen. Denn wie anders sollte eine eingesessene Bevölkerung die Ereignisse aus ältesten Zeiten verarbeiten, wenn sie sie nicht in Flurnamen bewahrt hätten und sie damit am Leben erhielten zumal sie auch der Orientierung dienten. In Flurnamen spiegelt sich vieles wider und man vergab sie aus vielfältigen Gründen und Anlässen. Aber sie dienen zuvorderst der Kenntlichmachung von Orten um Mitmenschen den Weg dahin oder ihre Lage zu weisen. Um Besitzansprüche zu definieren und sie geltend zu machen waren sie immer schon von Bedeutung, aber man erfand sie nicht über Nacht, sie bürgerten sich ein. Man trug sie zunächst über den Volksmund weiter bis sie irgendwann auch Eingang in die ersten verschrifteten Kartenwerke früher Schreibstuben und Ämter fanden. Umfassende Chroniken zur Geschichte oder Urkunden und das möglichst mit Siegel, blieben oft nur den namhaften Städten vorbehalten. Aber auch nur dann, wenn sie nicht im Zuge von Kriegs – und Nachkriegskatastrophen oder wie in Köln geschehen aufgrund von Schlamperei beim U-Bahnbau, durch den Brand historischer Rathäuser wie in Saarburg passiert oder dem Brand in der Anna Amalia in Bibliothek in Weimar der Forschung entzogen werden. Erfreulicherweise erfreuen sich Parzellenkarten keines Eigenwertes und bleiben dadurch auch bei Raubzügen verschont. So scheinen alte Flurnamen gegenüber so manch einem wertvollen Bodenfund die langlebigere Variante zu sein möchte man die Vergangenheit erforschen. Vor allem dann wenn sich ein Bodenfund nach Jahren im Museumskeller mangels ordnungsgemäßer Lagerung keiner Örtlichkeit mehr zuweisen lässt werden sie um so wertvoller. Auch von der ins Visier genommenen Region die gespickt ist mit vielsagenden Flurnamen wünscht man sich historische Wegweiser in Form von Bodenfunden mit denen sich die Vergangenheit auftun lässt. Aber vereinfacht ausgedrückt findet der, der nicht sucht auch nichts. Inmitten unterschiedlichster Parzellennamen stechen auch Bezeichnungen hervor, denen sich eine überregionale Bedeutung entnehmen lässt. So ist es etwa der Begriff „Mark“ der dem wachen Auge nicht entgehen kann. In altsächsischer Zeit nannte es sich „Marka“, war ein Territorium stellte im mittelalterlichen Europa das Grenzgebiet eines Reiches dar steht aber auch für Feldmark. Auf der Parzellenkarte ist es unmittelbar oberhalb des Peckelsheimer Weges eingetragen hinter dem sich der „Obere Bördenweg“ verbirgt. Denn in Verbindung mit dem Markweg, der östlich davon exakt auf den „Oberen Bördenweg“ zuläuft und sich mit ihm verbindet bringt er die Grenzlage der Region deutlich zum Ausdruck. Hier hatte die alte Trennlinie zwischen dem sächsischen Nethegau und dem fränkisch dominierten sächsischen Hessengau sowohl in der Bezeichnung Markweg als auch im Parzellennamen überlebt. Mit „Mark“ gekennzeichnete Regionen waren sicherheitspolitisch relevant und wurden im fränkischen Reich da eingerichtet, wo hohe Gefährdungslagen gegeben waren. Karl der Große hatte die Marken um die Wendezeit vom 8. zum 9. Jhdt. eingeführt um besonders jene neuralgischen Zonen zu sichern die sich da erstreckten wo man das Reich in einstmals feindliche Gebiete hinein, wie in diesem Fall in das der Sachsen erweiterte. Bezeichnend für die Eroberungspolitik der Karolinger war die Schaffung der „Spanischen Mark“ im heutigen Katalonien und die „Dänische Mark“ zwischen Eider und Schlei. Es waren die Ländereien die von den Markgrafen regiert wurden und die daher im höchsten Ansehen standen. An der Pforte zum Sachsenreich zwischen Diemel und Nethegau und der neuen fränkischen Ostgrenze könnte Karl der Große erstmals eine Schutzregion definiert haben wo man frühzeitig auf Abschreckung setzte und gleichfalls einen Verteidigungswillen ausdrückte. So schlug möglicherweise hier die Geburtsstunde einer neuen Militärdoktrin nämlich der Marken die später zum Inbegriff mittelalterlicher Ostkolonisation wurden. Diese Grenze zog man wie sich recherchieren lässt scharf an der Stelle vorbei, wo dieser Theorie nach die Irminsul stand. Und auch wenn dort seit 772 keine Säule mehr stand, so wollte man den sächsischen Widerstand vielleicht auch nicht beschwören oder heraus fordern und achtete in der Anfangsphase darauf diese symbolisch belastete Örtlichkeit zunächst nicht ins fränkische Territorium einzuverleiben in dem später die frankenfreundlichen Hiddi oder Esiko das Sagen hatten. Insbesondere in der Abgeschiedenheit des Nethegau, das sich wie eine Nische hinter den Wetterkamm der Egge und die Weser schob konnten sich alte Flurnamen als besonders langlebig erweisen und als Sachwalter der Vergangenheit mit weit aus geschichtsträchtigeren Zentren mithalten und der Wissenschaft somit gute Dienste erweisen. Erschwerend mag im Einzelfall hinzu kommen, dass man so manche Bezeichnung vorher auch schon mal verschlüsseln musste und sie mit Verschwiegenheit zu behandeln hatte, wenn man es sich mit der klerikalen Obrigkeit nicht verscherzen wollte. Wie beständig und geradezu zäh auch älteste Erinnerungen in der Volksseele haften bleiben können zeigt sich auch an einem Kirchenbau des Mittelalters im entfernten Köln und einer Zeit in der die Prozesse noch von Langlebigkeit gekennzeichnet waren. Gemeint ist die Kirche „Groß Sankt Martin“. Zu Zeiten des Imperiums um das Jahr 200 floss mitten durch die Stadt ein Rheinarm und bildete eine Insel die später verlandete. Als Bruno von Sachsen, ein Sohn König Heinrich des Ersten von Sachsen und seiner Frau Mathilda aus dem „Hause Widukind“ im 10. Jahrhundert genau an der Stelle der einstigen Rheininsel die Kirche Groß St. Martin erbauen ließ, nannte man diese Kirche noch im 11. Jahrhundert in Erinnerung an die dort zu Römerzeiten befindliche Insel „St. Martinus in insula“. Wen verwundert es da noch, wenn die Germanen in den Jahren nach der Schlacht eine Erinnerungssäule errichteten, die dann auch noch bis 772 bestand hatte und noch länger vorhanden gewesen wäre, wenn Karl sie nicht zerstört hätte. Und das waren im Vergleich zur antiken Rheininsel „nur“ rund 750 Jahre. Und was das rheinische Gedächtnis bewahrte, war sicherlich auch in Ostwestfalen möglich. Aber auch andere Namensfindungen scheinen unauslöschlich gewesen zu sein. So beginnen wir im Süden des Betrachtungsraumes, denn dort findet sich auf den Parzellenkarten von Borlinghausen auch das bereits erwähnte Wort „Twistenholz“. Man gab diesen Namen einem Waldgebiet, dass nur wenig östlich der Borlinghauser Eiche lag. Und dem Germanisten fällt schnell die Verbindung zum erdgeborenen zweigesichtigen germanischen Gott Tuisto ins Auge, denn Twist im Sinne von Zwist und Streit gab es zu allen Zeiten. Und auch in und um Borlinghausen wurde in den Jahrhunderten viel gestritten. Aber das Wort Twist im Sinne von Streit ist einem älteren Wortstamm zugehörig. Denn im Altsächsischen verband man das Wort Twist oder Zwist nicht mit streiten, zanken oder kämpfen, sondern benutzte dafür das noch heute ähnlich lautende Wort „strid“ bzw. „stridan“ für streiten. Im Mittelniederdeutschen wurde daraus „strit“ „striden“ oder „stridin“ und „Stridhugi“ stand im altsächsischen für Streitgedanke und Kampfesmut bzw, „stridig“ für streitbar bzw. streitsüchtig. Ähnliches trifft auch für das Wort Twist bzw. Zwist zu, wenn man es mit kämpfen in Verbindung bringen möchte. Denn auch das verband man bei den Altsachsen nicht miteinander. Die Altsachsen verwendeten dafür das Wort „kamp“ das für das Wort „Feld“ aber auch für „Kampf“ steht und nicht das Wort Zwist. Für die Kampfstätte oder den Kampfplatz nutzten die Sachsen das Wort „Kampstad“. Hinzu kommt noch, dass das aus dem Altsächsischen stammende Wort „badu“ für Kampf aus dem germanischen „badwo“ oder „badwaz“ für Kampf und Streit hervor ging. Also ebenfalls nicht auf Twist aufbaut. Im Englischen hat es sich vermutlich im Wort „Battlefield“ für Schlachtfeld erhalten. Daraus ließe sich schlussfolgern, dass das Waldgebiet den Namen „Twistenholz“ schon in vorsächsischer Zeit bekam und somit in einer Zeit als dort bereits Falen und davor Cherusker siedelten. Der dem Gott Tuisto geweihte prähistorische Wald der Steingräber den auch schon Tacitus unter der Bezeichnung „Tuisconem“ erwähnte. Eine Schlussfolgerung die einen älteren Ursprung verrät und den Verdacht nährt, dass hier schon in früheren Zeiten die Menschen einen Grund sahen die Region in die Nähe eines ihrer Götter zu rücken. Da man in Tuisto auch einen Kriegsgott sah liegt der Gedanke nahe, dass dort auch gekämpft worden sein könnte. Das germanisch/fälische Wort Twist im Wort Twistenholz dürfte sich in diesem Raum auch noch bis in die Sachsenzeit erhalten haben, die Wortstämme könnte man aber auch noch lange parallel zueinander benutzt haben. So wie wir es heute auch noch machen wenn wir Zwist mit Streit gleich setzen, obwohl sich die Worte nicht ähneln. Aber am Rande interessierte sich Fritz Lippert auch etwas für Varus, denn auf Seite 83 zitiert er einen Dr. Müller – Weimar dem auch schon mal der Verdacht kam, Varus könne in Borlinghausen Station gemacht haben. Allerdings lässt er ihn aus dem Süden kommend und in den Norden ziehen, indem er ihn aus Richtung Bonenburg und dann über Borlinghausen weiter nach Driburg marschieren sah. Immerhin. Karl der Große machte keine halben Sachen. Zu seiner Strategie einer "Karolingischen Renovatio" gehörte es auch den einst heidnischen Orten das Christentum und das bekanntlich und wenn nötig auch gegen den Willen der Bevölkerung aufzupflanzen oder überzustülpen. So lebten Menschen mit heidnischem Gedankengut solange gefährlich bis die Zeit die Erinnerungen an ihre einstigen „Ungedanken“ verweht hatte. Aus christlicher Sicht waren es „Ungedanken“ wie auch der Name eines noch heutige existenten Ortes lautet der sich unmittelbar neben der Büraburg, dem fränkisch christlichen Bollwerk an der Eder gegen die hessischen Heiden befindet. Unsere Hoffnungen ruhen also auf den alten Flurnamen und sie sollen uns nicht enttäuschen. Und nach dem heute noch bewaldeten Twistenholz fällt unser Blick auf den nördlich davon und heute unbewaldeten Höhenrücken nahe dem „Oberen Bördenweges“ und somit der möglichen „varianischen“ Zugstrecke. Und die Flurnamengeschichten die damit verbunden sind gestatten uns vielleicht auch noch ein Einblick in die Methodik der einst umstrittenen aber letztlich erfolgreichen fränkischen Bekehrungsstrategie. Bei allen Recherchen half aber immer ein bewährter Verbündeter. Es ist der Volksmund dem wir viele der hinterlassenen Namen zu verdanken haben. So sollte man sich auf den Spuren der alt eingesessenen Flurnamen zurück bewegen und sie zur Klärung heran ziehen. Ein steiniger Weg, aber wo sonst könnte man noch fündig werden, wenn wir selbst das Analysieren von Parzellennamen wegen dem Risiko Fehlinterpretationen aufsitzen zu können ausschließen würden. Greifen wir aber danach, dann besteht noch die Möglichkeit sowohl auf die einstige Kultstätte zu stoßen als auch darauf, was dort später geschah aber vor allem wie man vorging um dort unmittelbar nach der Zerstörung neue Tatsachen im Sinne christlicher Dynamik zu schaffen. Es einfach nur ungewöhnlich zu nennen, würde es nicht annähernd treffen, sollten sich an dieser Stelle tatsächlich noch über Flurbezeichnungen Begriffe erhalten haben, aus denen dieser religiöse Bezug spricht. So lassen sich der Karte im Betrachtungsraum diverse Parzellennamen entnehmen mit denen man sich ernsthaft beschäftigen sollte, wenn man der angesprochenen Historie näher kommen möchte. Bewegt man sich weiter nach Norden dann erweckt zunächst die Eintragung „Kreuzricke“ die Aufmerksamkeit. Möchte man ihr auf den Grund gehen, dann muss man das Wort zerlegen. „Ricke“ kommt in etymologisch unterschiedlichen Schreibweisen vor die von rihhi über ric, rici, rick, bis recke reichen. Wobei das altsächsische Wort „riki“ für Einfriedung steht. Etwa für einen Zaun, ein Gebüsch einen Gebüschstreifen oder eine Dornenhecke womit sich ein Raum kennzeichnen, aber auch schützen ließ, um damit einen Weideplatz zu befrieden aber auch um einen Bezirk zu umranden. Bezieht man die erste Silbe Kreuz mit ein, dann bekommt auch die Zweitsilbe „ricke“ einen Sinn. Es begegnet uns auch in der Schreibweise „Krüs“ wo das Sprichwort „Elk hed sin Krüs“ gleichbedeutend mit „jeder hat sein Kreuz zu tragen im Sinne von Ungemach“ verbreitet ist. Im Schwyzerdeutsch nennt es sich “Chrüz”, in Mittelhochdeutsch „Kriuze“ und in Niedersachsen zeugt noch eine Bezeichnung von dieser Schreibweise die sich „ Ubben Krüß“ nennt und auf ein Flurkreuz hinweist. So ist die Bezeichnung „Krüis“, der im Volksmund benutzte Name aus dem das Wort Kreuz wurde. Und sakrale Kreuzes wie Wege – Flur- oder Sühnekreuze sind seit dem 13. Jhdt. überliefert und finden sich auch im Nethegau vielerorts, so auch im Betrachtungsgebiet östlich von Borlinghausen. So ist eine „Krüisricke“ also eine „Kreuzhecke“ zunächst mal kein Wegekreuz da Kreuze die sich am Wegesrand befinden nicht „eingeheckt“ sind. Zu dem Zeitpunkt als man diesem Stück Land den Namen „Kreuz oder Krüishecke“ gab, könnte man damit eine Hecke in Kreuzform zum Ausdruck gebracht haben, da sich etwas derartiges seinerzeit dort befand und womit man es kennzeichnen wollte. Etwa einen kultischen Weihezwecken vorbehaltenen Ort an den man einst um eine Hecke pflanzte und sich ein Holzkreuz an deren Spitze befand. Aber diese „Kreuz Hecke“ war nicht mehr dazu gedacht eine heidnische Gedenkstätte zu kennzeichnen, denn mit der Einführung des Christentum befand sich dort keine „Irminsul“ mehr, sondern ein Symbol, dass der christlichen Lehre folgte. Ein Kreuz das sich möglicherweise an jener Stelle befand wo zuvor die Irminsul stand. Die Bewohner der Umgebung sollten ihren Weg aus heidnischen Zeiten zur Sul nun als einen Kreuzweg verstehen und ihn unter Wahrung der neuen christlichen Traditionen antreten. So konnten sie unter veränderten Voraussetzungen ihren Gewohnheiten treu bleiben und immer noch jenen Ort aufsuchen wo nach der Niederlegung der Irminsul nun ein Feldkreuz als Fanal des neuen Glaubens sicht- und greifbar auf sie wartete. Auch in Borchen könnte ein derartiges Kreuz gestanden haben. Da wo heute eine Straße mit Namen Kreuzricke nach Osten führt die an einer Marienstatue endet. Einem Ort der vor der Christianisierung ebenfalls den Menschen als Begegnungsstätte gedient haben könnte und dem man wann auch immer es geschah christliche Symbolik verlieh auch ohne das sich dort eine Irminsul befand. Alle Glaubensrichtungen zeichnen sich durch eine besondere Nähe zur Natur aus und auch Gottesdienste unter freiem Himmel blicken auf lange Traditionen zurück. Und der Grund warum man sich vor hunderten von Jahren entschied ausgerechnet an dieser Stelle nordöstlich von Borlinghausen "christentümliches" vorzeigen zu wollen liegt auf der Hand. Sollte man es in der ersten Phase der Missionierung getan haben, dann könnte es schon zwischen 775 und 782 passiert sein, also in einer Zeit, als es in dieser Region noch keine Ortschaften im heutigen Sinne gab. Dorfähnliche fälisch/sächsische Hofansammlungen wie etwa Wohnstallhäuser dürften schon in relativer Dichte vorhanden gewesen sein und einige davon bildeten später den Kern größerer Siedlungsgemeinschaften in denen sich christliches Leben entfaltete. Aber den Franken war bewusst, dass kaum eine Region im heutigen Ostwestfalen seit der Zerstörung der Irminsul konfliktträchtiger war als jene und folglich stellt die Rekonstruktion der Geschehnisse danach eine besondere Herausforderung dar. Sich also über 1250 Jahre nach den Ereignissen eine Vorstellung davon zu machen wie es die frühe Mission anging die aufgebrachten Falen an das Christentum heran zu führen und zu befrieden setzt Gespür und Belesenheit voraus. Die karolingische Gauneuordnung war auch von strategischer Natur, denn den Gau der den fränkischen Interessen im Zusammenhang mit der fruchtbaren Börde zu dienen hatte, nämlich den „sächsischen Hessengau“ ließ man unmittelbar südlich der „Irminsul Gedenkstätte“ enden, so als wolle man im Nethegau zunächst eine gewisse sächsische Selbstbestimmung dulden. Eine Politik die nach wenigen Jahren auslief, die dann aber einer konsequenteren Vorgehensweise wich was in Deportationen und die Schaffung straffer vor allem kirchlicher Verwaltungsstrukturen mündete. Aber nach dem Jahr 775 in dem die Brunsburg in fränkische Hände fiel begannen im südlichen Nethegau die religiösen „Aufräumarbeiten“ zuerst und dazu gehörte auch die Zentralisierung missionarischen Wirkens. Unweit der einstigen Irminsulstätte und nahe Peckelsheim könnte sich der Ort befunden haben, wo die Voraussetzungen gegeben waren und der sich eignete um ihn zu einem frühen pastoralen Mittelpunkt ausbauen zu können. Damit ist der nahe liegende Ort Löwen gemeint. Bereits stärker besiedelt, ließ er sich für die neue christliche Lehre nutzen. Hier bot man den Bauernschaften der Region unweit der Irminsulstätte die nun ihrem einstigen Kult abschwören mussten einen neuen Glaubensanker an. Es war die Zeit, als nicht nur das Dorf Borlinghausen noch nicht existierte und die Bewohner aus diesen Regionen den „Löwener Kirchweg“ nutzten, der sie mit dem neuen Stützpunkt der eingeführten Zwangslehre verband. Begründen lässt es sich mit der günstigen Lage der Siedlung am Nordwestrand der fruchtbaren Warburger Börde und der Tatsache, dass sich dieser Ort bereits im fränkisch dominierten südlich angrenzenden „sächsischen Hessengau“ befand und nicht mehr im sächsischen Nethegau, wo sich dieser Theorie nach einst die Irminsul erhob. Hinzu kommt die Argumentation wie die fränkische Mission ihren Fortgang nahm und da war es der irische Mönch und Würzburger Frankenapostel Kilian der sie im 8. Jahrhundert voran brachte und bezeichnenderweise war es auch Kilian der zum Schutzpatron der gleichnamigen Kirche in Löwen wurde in dem man sie ihm weihte. Das man im Boden romanisches Mauerwerk aus dem 9. Jhdt. frei legen konnte lässt sie zu einer der ältesten Kirchen in Ostwestfalen werden, was diese Theorie zusätzlich bestärkt. So könnte Löwen schon in einer frühen Phase der fränkischen Missionsarbeit als Keimzelle und Sprengel mit Pfarreifunktion auserkoren worden sein. Und auch der Name „Taufnethe“ für einen Nethezufluss der nahe Löwen entspringt deutet auf die sakrale Bedeutung im Zuge dieses christlichen Ritus zu Zeiten der Sachsenmission hin. Diese in frühchristlicher Zeit ergriffenen und erkennbaren organisatorischen Maßnahmen gehören in den Kontext der lokalisierbaren Irminsulstätte und können mit dazu beitragen die Argumentation hinsichtlich ihrer Positionierung zu stützen. Ein Holzkreuz errichtet an sensibelster Stätte inmitten der in geistlicher Umerziehung stehenden Einheimischen wird in dieser Frühphase keinen leichten Stand, besser gesagt Bestand gehabt haben und die Strahlkraft christlicher Symbolik dürfte in der Anfangsphase auch nicht von langer Dauer gewesen sein und erst mit zunehmender Christianisierung hätte man sich wohl nicht mehr gewagt sie anzutasten. Aber man gewöhnte die Bevölkerung zunächst an das neue Holzkreuz auf einer Anhöhe zwischen Borlinghausen und Löwen, begann sie aber bei fortschreitender Missionsarbeit umzugewöhnen. Es dürfte eine bittere Zeit für die im Zuge der Sachsenkriege ausgedünnte Region gewesen sein, wo die Schwertmission der Karolinger so viel Groll hinterließ. (19.01.2023)