Sonntag, 14. Mai 2023
„Das Geheimnis der Varusschlacht“
War einmal. Ein Mysterium, dass man zumindest auf Basis dieser halb theoretischen und halb faktenbezogenen Analyse als gelöst betrachten darf zumal sich auch die Argumente zu häufen beginnen und sich immer neue Bezüge finden lassen die es untermauern. So auch der Beowulf Epos in dem die erste europäische Drachengeschichte beschrieben wird und auf den noch näher einzugehen sein wird. Nur auf wenige Worte im Beowulf Epos gründet sich der Verdacht, dass der darin vorkommende Barde einen Bezug zur Varusschlacht herstellen wollte, aber mit ihnen lässt er sich bereits gut begründen. Und wenn dem so war, dann wären dies die ersten Hinweise aus nicht antiker Quelle über den Widerstand der Cherusker gegen Varus gewesen. Der Barde sprach sie in Dänemark aus aber nieder schrieb man sie in England von wo aus das Wissen auch einst auf dem Wasserweg nach Dänemark gelangt sein konnte und wofür spricht, dass man für Beowulf ein Seefahrergrabmal errichtete. Und wer das vom Barden geäußerte Wissen damals in der heutigen Region London verbreitete waren wie man es auch erwarten darf die Festlandsachsen und somit die Nachfahren der Cherusker die das letztlich noch spärlich vorhandene Wissen des einstigen Geschehens an ein von Vortigern beherrschtes keltisch/römisch geprägtes Südengland weiter gaben von woher es der Barde erfuhr. Es passierte um das Jahr 449 und geschah damit in der frühesten dokumentierten Phase sächsischer Besiedelung als man noch weit davon entfernt war die Region Angelsachsen zu nennen. Bevor sich im weiteren Verlauf die inhaltlichen Zusammenhänge des Beowulf Epos mit dem Varusereignis verdeutlichen lassen sei noch mal auf das innerhalb der Geschichtsforschung stimulierende Reizwort „Varusschlacht“ eingegangen. Häufig verbindet man es mit dem markanten Leitsatz „Das Geheimnis der Varusschlacht“, obwohl jedem Interessierten klar ist, dass die real statt gefundene Schlacht als solches kein Geheimnis dar stellte, sondern damit immer nur der unbekannte Austragungsort gemeint war. Viele wegweisende Bruchstücke um den Schlachtverlauf nachstellen zu können, haben uns so manche längst verstorbene Historiker von der Antike bis in die Neuzeit hinterlassen denen hier nachgegangen wurde um den Verlauf eingrenzen zu können. Ebenso haben umfangreiche Bodenfunde zur römischen Infrastruktur dazu beigetragen das Kerngebiet der Schlacht zu umreißen und es kristallisierten sich die möglichen Stätten der Mehrtagesschlacht heraus die sich über die Egge hinaus noch gut nach Osten verfolgen lassen. Damit gerät auch die Landschaft des Nethegau die eine Übergangszone zwischen Egge und Weser darstellt in den Focus der Betrachtung und fällt in den neuzeitlich gebildeten Suchhorizont mit dem Namen „Lippische Varusschlacht Theorie“. Wurde also schon ohne das man sich der mühsamen Suche nach den Hinweisen widmete, als Präferenzregion definiert. Anhaltspunkte über die römische Geschichte Ostwestfalens lassen sich aber nicht nur der historischen Literatur entnehmen oder von Bodenfunden ableiten. Ein Bündel von Spuren erhielt sich auch in unvermuteten und scheinbar abwegigen Nischen außerhalb der üblichen Schemata. Und da man als Geschichtsforscher auch im Ungesagten schürft und fündig werden kann, wenn man sich ein Gespür für das Unterschwellige bewahrt hat bereichert es die Analyse. Um im Altbekanntem ein Geflecht zu erkennen, aus dem ein Zeigefinger in Richtung Nethegau ragt bedurfte es umfangreicher Recherche. Beispielgebend ist etwa das Ptolemäische Streontion, dass sich als Brakel identifizieren lässt. Es lag in römischen Zeiten am Helvius, der seinen Namen vermutlich einem römischen Baumeister oder Architekten verdankt und den man später Hellweg nannte. Etwa da wo Varus sein letztes Lager nach dem ersten Marschtag noch unter friedlichen Vorzeichen aufschlug nachdem ihn Arminius verlassen hatte und bevor er am nächsten Tag auf dem Weg ins „prima Vari castra“ erstmals von den Germanen angegriffen wurde. So verbirgt sich hinter Streontion möglicherweise die spätere Hansestadt Brakel, zumal sie wie das Drehkreuz einer Region fungierte und dort immer schon eine wichtige Bedeutung besaß. Und Tagesetappenabstände wie man sie gerne zu Anhaltspunkten römischer Okkupationsschritte heran zieht und wie sie besonders zwischen Anreppen und Corvey deutlich werden, spielten auch nicht erst in römischen Zeiten eine Rolle, sondern orientieren sich seit Menschengedenken am Physischen, also Menschenmöglichen. Das von Ptolemäus erwähnte Streontion bei dem es sich nicht um das nahe Bad Driburg handeln konnte, da im dortigen Kessel in antiker Zeit anders als bei Brakel keine bedeutende Militärstraße entlang führte. Und in Brakel, dass auch schon vor der Zeitenwende und der römischen Okkupationswelle ein keltisch/germanisches Zivilisationszentrum gewesen sein dürfte, könnten sich auch noch lange römerzeitliche Gebäude erhalten haben die damals von durchziehenden Legionen errichtet, aber auch von Händlern genutzt wurden und die man später nach Bedarf instand setzte. Denn nicht zu vergessen, die Legionen hatten kein Interesse mehr daran, dass dazu nötige Werkzeug nach der Varusschlacht einzusammeln und es wechselte den Besitzer. Es waren Mannschaftsunterkünfte vielleicht auch mehr aber immer nur Holzbauten die man in der Antike Baracca nannte und worauf sich das Wort Brakel gestützt haben könnte. Eine mögliche Erklärung, wenn man davon absehen möchte, dass das Wasser des Bruchtbaches Namensgeber der Stadt war. Das die römische Tangente vom Lippeoberlauf über Paderborn, wo man mitten in der Stadt kürzlich auf Amphorenscherben stieß ihren weiteren Verlauf östlich von Schwaney immer noch erkennen lässt, um dann nahezu gradlinig über Brakel zur Weserfurt zu führen, trug maßgeblich dazu bei Brakel auch als den Abzweigort der Varuslegionen zu definieren. Auch das sich Varus dem Warburger Hellweg folgend später im Raum Borlinghausen vor der Egge nahe dem „Teutoburgiensi saltu“ jener Örtlichkeit genähert hatte, wo man im Gedenken an die „Drachenschlacht“ eine Erinnerungssäule für den Sieger errichtete, fügt sich nahtlos in diese Theorie zum Varusschlachtverlauf. Da sich die aus den Federn der antiken Historiker bekannten geologischen Anhaltspunkte ebenfalls dieser Theorie beugen, darf man das „Geheimnis der Varusschlacht“ vor diesem Hintergrund als gelöst betrachten. Allerdings konnte der Boden die wünschenswerten Militaria aus plausiblen Gründen noch nicht freigeben. Denn man suchte bislang nicht danach und Zufallsfunde stellten sich nicht ein. (14.05.2023)