Dienstag, 20. November 2018
Der zweite Marschtag begann nach dem Verlassen des Marschlagers Brakel
Man könnte sich hier auch für einen anderen griffigeren Titel entscheiden, so zum Beispiel für, „Die Auflösung der Varusschlacht“. Denn die hier gewählte Überschrift deutet bereits unübersehbar die Lösung eines der vielen Geheimnisse um die Varusschlacht an. Denn sie gibt hier unweigerlich den klaren und unverstellten Blick frei auf die Viertagesmarsch – Bewegung der drei Legionen nach der Überlieferung von Cassius Dio. Diese Strategie und damit verbunden auch die Richtigkeit der Cassius Dio Variante konnte ich aber erst in diesem Abschnitt offen legen, nachdem ich die vielen Trümmer der Irrwege zur Seite geräumt hatte und vorher Schritt für Schritt alle mühselig anmutenden Wege abgegangen bin. Dazu gehört selbstverständlich die Corvey - Höxter Vorarbeit von Heribert Klabes, wo alles seinen Ausgang nahm. Die in sich geschlossene Logik der gesamten Topographie Ostwestfalens einschließlich der Erkenntnis um die Lage des „Teutoburgiensi saltu“, weil es ihn nur einmal und nur an einer Stelle in dieser Ausprägung in Ostwestfalen gibt. Und natürlich das dazugehörige unweit gelegene Kastell Aliso. All dies mündet in den Masterplan „Clades Variana“. Wer aus dem Gefüge der Hypothese auch nur ein Puzzleteil entnimmt, verliert schnell den Überblick samt der Logik und er riskiert den Kontext. Damit stünde er wieder am Anfang der Bemühungen, weil ihm das geistige Bindeglied verloren gegangen ist. Den Muster artigen Ablauf der Varusschlacht zu rekonstruieren gelingt also nur dann, wenn man alle Bausteine in die richtige Reihenfolge legt. Hat man dann die nun säuberlich beschrifteten Bausteine vor sich liegen, ist es wie immer ganz einfach. Denn dann ist es nämlich der erste Marschtag der die Legionen von Höxter nach Brakel führt. Der Tag der uns wie verloren vorgekommen ist weil er versteckt an keiner Stelle auftaucht oder sichtbar wird. Ihn bzw. diese Zeitlücke entdeckt man erst dann, wenn man sich die Chronologie der Abläufe näher anschaut. Dann versteht man auch, dass ein Arminius kein Zauberer war, dem alles an einem einzigen Tag gelingen konnte, selbst wenn er in seinem Vater eine große Unterstützung hatte. So habe ich ihm denn seine Bettruhe am Abend des ersten Marschtages gegönnt, wenn er sie denn genutzt hat. Es war demnach noch der Ereignis arme und friedlich verlaufende „Schönwettertag“ mitsamt den Frauen und lärmenden Kindern. Ihm folgte nun der unselige zweite Marschtag an dem sich das Wetter änderte und aus dem sich der erste Kampftag entwickeln sollte, der dann ins erste Marschlager des Varus führen sollte. Aber wieder zurück zum Geschehen. Es ist anzunehmen, dass es eine geeignete Verbindung vom römischen „Wasser Hellweg“ ab dem Römerhafen Anreppen zu einem römischen „Land Hellweg“ gab, der von Westen kam und in Richtung Osten weiter führte. Man stieß bekanntlich bei Anreppen auf die Spuren eines solchen römischen Weges, der diese These stützt. Und da, wo man auf den mittelalterlichen Hellweg in der Region um Paderborn - Balhorn stieß, war auch der römische Hellweg nicht weit. Ebenso dürfte es in Brakel gewesen sein. Auch in Brakel lagen der mittelalterliche und der römische Hellweg nicht weit auseinander. Römische Hellwege bevorzugten die trockenen Höhen und werden die sumpfigen Nethe Auen gemieden haben wie wir von den Römerstraßen zwischen Metz und Trier wissen. Im Süden von Brakel, wo sich im Karree der Straßen „Zum Königsfeld“, „Königsstraße“ und „Am Königshof“ auch schon die Karolinger und vor dem andere nieder ließen, bot das Gelände auch schon 800 Jahre früher gute Bedingungen für einen passablen Marschweg um ohne nasse Füße zu bekommen durch die Brakeler Märsch nach Osten zu gelangen. Brakel und seinem Umland fällt meiner Meinung nach in zweierlei Hinsicht eine große Bedeutung zu. Zum einen liegt Brakel unmittelbar an der West Ost Verbindung aus grauer Vorzeit und ist wegen seiner Lage genau in der Mitte zwischen Schwaney auf der Paderborner Hochfläche und der Weser bei Höxter der ideale Standort für ein Marschlager. Brakel war das erste Drehkreuz in alle Himmelsrichtungen nach dem Eggeabstieg. Nach Brakel in östlicher Richtung fiel erst wieder Amelunxen eine vergleichbare Bedeutung als Drehkreuz zu. Die „Villa Brechal“ war die Keimzelle von Brakel, existierte schon 836 und wurde im Zusammenhang mit der Überführung der Gebeine des Heiligen Vitus erstmals erwähnt. Der Name Brechal wird etymologisch auf Bruch, Brachland oder Sumpfgelände zurückgeführt, was im Zusammenhang mit der Nethe Aue dem Märschland südlich von Brakel und dem darin entwässernden Bach der den Namen Bruch trägt einen Sinn ergibt. Hellweganbindung und Tagesetappe sprechen für Brakel auch als Wendepunkt in der Varusschlacht. Dieses in topographisch bester Lage errichtete Marschlager war auch der Ausgangspunkt für den Weiterzug am Morgen des zweiten Marschtages, wo auch immer es sich in oder bei Brakel befunden haben könnte. Die immer an der Spitze voraus marschierende Pionierlegion die jeweils für den Aufbau des ersten Lagers zuständig war, hatte sich in Brakel auch als erste der drei Legionen bereits in den frühen Morgenstunden den Marschvorbereitungen gewidmet. Die einschlägige Forschung sagt, dass außerhalb befriedeter Gebiete jede Nacht unter Zuhilfenahme der Palisadenpfosten die teilweise getragen werden mussten, ein Marschlager zu errichten ist. Es ist in den Überlieferungen keine Rede davon gewesen, dass unter Varus Erkundungstrupps oder eine Vorhut voraus geschickt wurde, um im möglicherweise sogar feindlich besetzten Gebiet schon vor dem Eintreffen einen Platz für die Errichtung eines Marschlagers zu erkunden. Also noch bevor die anderen Soldaten und Legionen die Örtlichkeiten erreichten. Man marschierte folglich geschlossen los, um sich dann am frühen Abend zu orientieren und zu entscheiden, wo man die Nacht verbringen wollte. Man konnte bei diesem heiklen Auftrag keine genaue Örtlichkeit ansteuern, da man weder Ziel noch Marschdauer kannte.Wie Arminius dem Feldherrn, da er beim Auszug aus Brakel selbst nicht mehr mit ihm ritt die Region beschrieb, in die er zu ziehen hatte, wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, ob Arminius den Legionen des Varus Germanen an die Seite gab, die die Wege kannten. Möglicherweise wäre für sie daraus ein Himmelfahrtskommando geworden. Auch das ist uns also unbekannt geblieben. Man könnte noch soweit spekulieren, dass man Varus sagte, die dem Imperium wohl gesonnenen Germanen im Rebellengebiet würden ihm entgegen reiten um dann mit ihm die Örtlichkeiten des Tribunal - Marschlagers zu besprechen. So wird es letztlich für uns ein Geheimnis bleiben, wie es um den geographischen Wissensstand der Römer zur Region um Peckelsheim stand. Gut werden sie die Region jedenfalls nicht gekannt haben. In der Nähe von Schweckhausen nordöstlich von Peckelsheim gibt es allerdings wallartige Bodenstrukturen die archäologisch zwar erfasst und gesichert wurden, aber nicht näher erkundet bzw. ausgewertet wurden. Möglicherweise handelt es sich dabei auch nur um ein kurzzeitig genutztes Kleinlager einer römischen Polizeistreife oder Hilfstruppe. Dies könnte zumindest belegen, dass kleinere römische Einheiten die Bereiche bereits durch striffen hatten und man unter Varus auch vom Vorhandensein kleinerer Lagerstrukturen gewusst haben könnte. Obwohl nicht üblich, könnte man auch versucht haben diese aufzufinden, um für eine neuerliche Nutzung wieder herzurichten. Die Lagerkommandanten, die Praefectus Castrorum waren die dritthöchsten Offiziere einer Legion und standen dem Legatus auch als Planer zur Verfügung. Sie ritten auf dem Marsch bei der Vorhut einer jeden Legion und suchten dann am Abend eines jeden Marsches einen geeigneten Ort zur Erbauung des Marschlagers aus. Da immer nur ein Praefectus Castrorum auch bei mehreren Legionen für den Marschlageraufbau zuständig war, könnte es einer der uns namentlich bzw. historisch überlieferten zwei Präfekten gewesen sein, der die Verantwortung für die Auswahl und den Bau des ersten Varus Lagers des „Prima vari castra“ trug. War es Caedicius der Tüchtige der vielleicht noch der Schlacht entrinnen konnte und uns später als Praefectus Castrorum von Aliso überliefert wurde. Und der dann so klug agierte, dass es ihm gelang, noch viele Entkommene aus der Schlacht und später aus dem Lager Aliso zu retten. Oder war es Eggius der Mutige, der vermutlich im Kampf fiel, oder war es vielleicht auch sein möglicher Nachfolger Ceionius der zuletzt in naiver Unkenntnis der germanischen Mentalität noch unter widrigsten Bedingungen eine bereits aussichtslose Kapitulation anbot, als es schon keine Hoffnung mehr gab ? Die Marschkolonne setzte sich nun in Brakel in Bewegung und die Nachhut samt Tross verließ bedingt durch die Länge der Kolonne zeit verzögert als Letzte das Marschlager an der Nethe. Vom Zeitpunkt des Ausmarsches hing es zweifellos auch ab, wie lange sie sich am ersten Tag der Germanen zu erwehren hatten, wann die Dunkelheit einbrach und wann sie in etwa mit der Errichtung des ersten Marschlagers begonnen haben könnten.(20.11.2018)

... link