Mittwoch, 4. August 2021
Ein trügerisches Wort "Marschauflösung" - oder : "Zivilisten setzt man keiner Gefahr aus"
Eigentlich kommt es einer simplen Feststellung gleich, dass man Personen die keine militärischen Pflichten zu erfüllen haben aus Krisengebieten fern hält. Aber was uns die Stimme des gesunden Menschenverstandes sagt war für die Forschung bislang kein Grund um es in Frage oder gar in Abrede zu stellen, denn für sie war es aufgrund des Quellenstudiums klar, dass Varus auf sie keine Rücksicht genommen hatte. Und auf den ersten Blick könnte man die Worte die Cassius Dio fand auch so interpretieren. Aber wie so oft haben zu einseitige Auslegungen keinen Anspruch auf ewige Gültigkeit auch wenn sie zu uns wie eingemeißelte Wahrheiten überkommen sind. Hält man den roten Faden zum Varusschlachtverlauf einmal in den Händen, dann beantworten sich viele Fragen wie von selbst und es schließt sich ein Kreis nach dem anderen. So summieren sich im Rahmen dieser Theorie auch die Argumente auf eine stattliche Anzahl mit der sich begründen lässt, warum Varus keine Zivilisten mit in den Gefahrenherd nahm. Denn statt dessen ließ er es zu bzw. ordnete an, dass man sie in einem abgekoppelten Marschzug samt Tross unter Einbeziehung ausreichender Begleitmannschaften auf direktem Wege zum Lippeoberlauf schickte. Man fasst diesen Geleitschutz für gewöhnlich mit dem Wort Abstellungen zusammen. Es sind sowohl die diversen Hinweise aus den Überlieferungen die diese Annahme rechtfertigen, als auch die Alternativlosigkeit hervorgerufen durch die pure Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit. Denn Varus musste in einer solch schicksalhaften Stunde eine derartige Entscheidung treffen da sie der Lage angemessen war. Eine Maßnahme die sich uns in ihrer Tragweite aber erst offenbart, wenn sich uns der gesamte Kontext erschließt. An geeigneter Stelle werden sie noch mal in kompakter Form aufgelistet. In diesem Kapitel kann nun ein weiteres Bindeglied geschlossen werden, dass die Fachwelt bislang außer Acht ließ. Es ist insofern eine Erkenntnis mit gesteigertem Wert, als dass sich mit ihrer Hilfe gleich zwei Schlussfolgerungen miteinander verbinden lassen. Nämlich zwei Verläufe die sich ergänzen. Zum einen das, was man schon fasst als Gewissheit bezeichnen darf, dass nämlich Varus keine Abstellungen in germanische Dörfer entsandte und zum anderen die, dass er keine Zivilisten mit zu den Aufrührer nahm und ihnen statt dessen die Gelegenheit gab das Etappenziel Aliso auf direktem Wege anzusteuern zu dürfen. Zwei faktengleiche Erkenntnisse die sich gegenseitig stützen, die miteinander verzahnt sind und in unmittelbarer Verbindung zueinander stehen. Aber beides wird erst augenfällig, wenn sich der Schlachtverlauf vor uns ähnlich wie auf einem Reißbrett ausbreitet. Das Schlüsselwort welches uns dazu die Tür öffnet, könnte man eine Übersetzungsdivergenz nennen. Und die Nadel konnte sich nur deswegen so lange im Heuhaufen verstecken, weil uns mißlicherweise bislang der Blick auf den Schlachtenkontext versagt blieb. Denn die Orientierungslosigkeit war immer ein Manko der Geschichtsforschung, wenn es um die Frage der Varusschlacht ging. Und anknüpfend an die schlagwortartigen Begriffe wie "Aliso", "Teutoburgiensi saltu" und "Abstellungen" müssen wir nun noch ein weiteres charakteristisches Wort hinzufügen, dass der Forschung immer wieder all zu leicht über die Zunge glitt aber offensichtlich nie Kopfzerbrechen auslöste. Wir kennen es alle zur Genüge, denn auch dieses Wort fällt immer wieder im Zusammenhang mit der Varusschlacht. Aber man erkannte in ihm bislang nicht den Bezug, in den es gehört hätte, da man das Wort in gewohnter Manier immer nur auf die zahlreichen Frauen und Kinder bezog, die im Tross mit marschierten. Es lautet "Marschauflösung" und es setzte sich daher in der Forschung immer wie selbstverständlich an dieser Stelle fest und erschien immer wieder in diesem Sinn und Zusammenhang. Wie konnte es auch anders sein. Nämlich in der Weise, als dass diese zivilen wohl besser gesagt sich unzivilisiert benehmenden Marschteilnehmer das Zuggeschehen frohgemut so stark beeinflussten und verzögerten, dass es ihnen dadurch gelang, die gesamte Rückzugsordnung so empfindlich zu stören und wodurch man mit ihnen so seine liebe Not hatte. Und auch das Wort "Marschauflösung" wurde somit zu einem geflügelten Wort, das viele Historiker lasen und doch nicht lasen bzw. sich ihnen seine eigentliche Bedeutung besser gesagt die Konsequenz die man daraus hätte ziehen sollen nicht erschloss. Und auch die, die es lasen und studierten führte es in die Irre und verleitete sie zu diversen falschen Schlussfolgerungen und Fehleinschätzungen, da man es immer nur in diese eine nur vermeintlich richtige Richtung deutete. Und es passte augenscheinlich doch auch alles sehr gut zusammen, so dass kein Experte am Kontext des heillosen Durcheinanders am ersten Marschtag seine Zweifel hatte. Vor ihrem inneren Auge paradierte immer der gesamte Marschzug, es prägten sich ihnen die Bilder ein und dass bunte Treiben erschien ihnen überaus plausibel und so schuf man sich eigene Vorstellungen, und Realitäten. Soweit zu Einführung und Vorrede um damit den Leser auf das Folgende besser einstimmen zu können, aber warten Sie bitte noch etwas. Und letztlich handelte auch Cassius Dio genau so wie wir es heute auch täten bzw. taten, denn er schlug den gleichen Weg ein und schrieb es auch so nieder, wie er es sah, vor allem aber wieder so, wie er es sehen wollte. Aber Cassius Dio gelangte auch nur möglicherweise zu der gleichen Auffassung und scheinbar unvermeidbaren Erkenntnis wie wir heute, dass es nämlich ein chaotischer erster Marschtag gewesen sein musste. Denn seine Quellen verrieten ihm vermutlich auch noch eine andere nämlich eine zweite Erklärungsversion oder Variante. Und so klopfte er wie wir es schon kennen, das Geschehene so wie es ihm zur Bearbeitung vorlag in gewohnter Manier auf seine Plausibilität hin ab. Und das natürlich auf seine Methode, denn im Detail wusste er ja gar nicht, was rund 160 Jahre vor seiner Geburt in Ostwestfalen passierte. So wurde das Resultat seiner Analyse zum Ausgangspunkt und Baustein unseres Geschichtsverständnisses und er fand dafür ein griechisches Wort, dem wir das Wort "Marschauflösung" gaben. Wir würdigen seine Bemühung die Schlacht für die Nachwelt lebendig gemacht zu haben, müssen uns aber davor hüten dem blind zu folgen. Denn nur wenn wir den eingetretenen Pfad verlassen, können wir auch neue Erkenntnisse erwarten. Dazu gehört auch wie bereits rekonstruiert das Aufspüren des "verlorenen" Marschtages, wodurch sich erst eine Beweiskette schließen ließ die wesentlich dazu beitrug auch die anderen Rätsel zu lösen. Und auch dazu war das Verlassen des Pfades nötig, denn auch dies gelang nur bei genauem Hinschauen und nach rechnen. Nur so wurde es überhaupt erst möglich die Schlacht auf 3 1/2 Marschtage zu begrenzen von denen sich aber nur 2 ½ Tage als Kampftage identifizieren lassen. Und nun soll es auch noch um die angebliche Mitnahme von Frauen und Kindern ins Schlachtgeschehen gehen. Eine These, die immer noch viele Anhänger hat, die man aber stark in Zweifel ziehen darf. So kann man auch bei Betrachtung der Darstellung über die Marschauflösung aus der Feder von Cassius Dio bei genauem Hinsehen zu anderen Interpretationen gelangen. Im Zuge der Nachbearbeitung lassen sich neue logische Schlussfolgerungen in den Ablauf bringen, was zu einer weiteren Klarstellung darüber verhilft, was damals geschah. Nämlich die bedeutsame Erkenntnis, dass sich Varus am zweiten Marschtag im Zuge seiner Truppenrückführung für die Trennung des Zuges entschied. Er ihn also am zweiten Tag morgens aufteilte bzw. splittete. Und hier vermischen sich nun die zwei Geschehensabläufe die sich auf den ersten Blick immer wie zwei unterschiedliche und voneinander abweichende Handlungen zeigten. Nämlich die Begrifflichkeit der "Abstellungen" und die der "Marschauflösung" die aber bei genauer Betrachtung eine Identität erkennen lassen. Wer sich zum Thema Varusschlacht noch nicht in die Untiefen besser gesagt Abgründe dieses Ereignisses vorgewagt hat, der stellt an den Anfang meistens zwei grundsätzliche Fragen. Die erste bezieht sich darauf, wo sie denn nun stattgefunden hat und die zweite, warum man im Boden bislang noch keine Grabungserfolge vorweisen kann. Und die Römerfreunde sind ungeduldig geworden, zumal man die Fundorttheorie Kalkriese diesbezüglich als abgeschlossen betrachten darf. Solange man allerdings nicht weiß wo man den Spaten ansetzen soll ist alles vergebliche Liebesmühe. Im Zuge dieser Theorie war man gezwungen mehrfach feststellen zu müssen, dass die Chance etwas handgreiflich Nachweislichen zur Varusschlacht aufzufinden noch geringer ist als man es ursprünglich annahm. Denn Ort und Verlauf der Varusschlacht lässt sich nur auf Basis von Indizienverdichtung eingrenzen, bleibt also vermutlich auf ewig betrachtet auf dem Niveau einer Hypothese. Schon vieles was der Theoriefindung diente und damit zur Erhellung der Vorgänge beitrug stimmt allerdings zuversichtlich. Denn es blieb nicht nur dabei die Bedeutung eines Segestes im zähen Spiel um die Deutung der Hintergründe und seiner Gestalt völlig neu aufzurollen und zu entlarven denn andere Seitenlinien steuerten Klärendes bei. So haben wir uns auch die Frage zu stellen, wie wir mit dem Hinweis umzugehen haben, dass sich zumindest anfänglich zahlreiche Zivilisten im Marschzug von der Weser an den Rhein aufhielten. Denn da wo sich ein Tross mit Frauen und Kindern entlang bewegte sollte auch etwas im Zuge des Überfalls in den Boden gelangt sein. So könnte man doch eigentlich erwarten früher oder später auf derart nicht militärische Funde vom Kinderspielzeug bis zur Haarklammer stoßen zu können. Aber weder das Eine noch das Andere kam an jener Engstelle am Gradberg ans Licht, wo sich der Theorie nach der Tross der germanischen Übermacht nahezu kampflos ergab. Gestattet man sich aber einen wissenschaftlichen Fehltritt und versucht sich in Rekonstruktion kann es verständlich werden. Denn in einem Nadelöhr wie der Gradberg Umrundung die sich beidseitig abriegeln lässt ist auch jede Form von Gegenwehr nahezu zwecklos, da das Gelände kein Ausbrechen zulässt. Hier gab sich der Tross samt Geleit dem Unvermeidlichen hin und umfängliche Kampfspuren sind dort nicht zu erwarten. Aber es gab sie die Utensilien wie sie nur Frauen oder Kinder mit sich führen und sie fanden sich auch. Was aber für alle Funde gleichermaßen zutrifft ist die bittere Wahrheit, dass sie nicht sagen können an welchem Tag sie zu Boden fielen oder vergraben wurden. Trotzdem lässt ein Fund aufhorchen. Heribert Klabes beschrieb ihn ausführlich in seinem Buch "Corvey" auf Seite 27. Es sind die so genannten "Tränenkrüglein". Parfümbehälter die man häufig als Grabbeigabe entdeckte und denen man daher diesen Namen gab. Es waren drei kugelförmige Ton Fläschchen, acht Zentimeter hoch und sechs Zentimeter im Umfang die ein Landwirt auf dem Netheberg rund 3 Kilometer westlich des Gradberges Mitte des 20. Jhdt. fand. Die Funde wurden um 1960 in der Hauptschule Neuenheerse ausgestellt sind allerdings heute verschollen. Man kann also lediglich sagen, "immerhin" da war mal was, aber das ist eigentlich auch schon alles, was auf römische Frauen in der Egge hinweisen könnte, wenn es nicht doch eine spätere Handelsware war. Man darf jedoch anmerken, dass derart kleine Gefäße auch nicht unbedingt zum attraktiven Diebesgut germanischer Raubzüge gezählt haben dürften. Aber keine Theorie kommt ohne einen plausiblen Unterbau aus, auf dem sie wachsen kann. Zum Varusereignis wurzelt vieles in dem Wissen, dass uns Cassius Dio hinterließ. Er hatte sicherlich recht damit als er uns überlieferte, dass Varus wie im Frieden viele Wagen und Lasttiere, aber auch nicht wenige Frauen, Kinder und Trossknechte mit sich führte. Denn für Varus herrschte zum Zeitpunkt des Ausmarsches Ruhe an der Weser und auch an der Route die über Aliso zur Lippe führte. Aber Cassius Dio verriet uns nicht wie lange sie Varus begleiteten bzw. begleiten durften. Bei näherer Betrachtung kann sich seine Aussage wohl nur auf die erste und angenehme Etappe seiner Marschstrecke nach dem Verlassen des Sommerlagers beziehen und die endete für Varus in Brakel. Also der Streckenabschnitt von Höxter nach Brakel auf einer für den damaligen Verkehr tauglichen Römerstraße der ersten Ausbaustufe. Aber in Brakel am Mittelabschnitt der Nethe angekommen, sah die Welt schon anders aus und die Lage bedurfte vermutlich aus der Sicht von Varus der Neubewertung. Denn dieses Mal war es ein Rückmarsch, der nicht mit mit jenen der Vorjahre vergleichbar war, denn die Anzahl der zivilen Teilnehmer dürfte über die Jahre angestiegen sein. Und so hatte Cassius Dio natürlich auch vollkommen recht mit seiner Einschätzung, dass das Mitführen dieses Personenkreises zu einer Auflösung der Marschordnung führte bzw. mit dazu beitragen musste. Und es lässt sich auch gut nachvollziehen, was Cassius Dio damit zum Ausdruck brachte, wenn man die Hintergründe besser kennt und sich rekonstruieren lässt, wo sich der Marschzug am ersten Tag entlang bewegte. Da war man allseits guter Dinge und marschierte auch in lockerer Formation und Atmosphäre. Ob dadurch allerdings bereits die Disziplin in Frage gestellt war, sei dahin gestellt. Man wird auch heiter gewesen sein bald wieder in der Zivilisation anzukommen. Hinter einer möglicherweise überschwänglichen Ausgelassenheit schon Gründe erkennen zu wollen, die jegliche Marschordnung missen ließen wäre übertrieben. Konzentration und Anstrengung werden es verdrängt haben und die Armee sorgte für die nötige Disziplin. An die Stelle der griechischen Worte wie sie Cassius Dio schrieb setzte die Wissenschaft seit jeher die zwei plausibel scheinenden Worte "Auflösung und Marschordnung". Für Cassius Dio so wie er es in seinen Quellen las, verbarg sich dahinter jedoch nicht unbedingt ein Tross der sich wie außer Rand und Band verhielt. Er könnte darin auch einen anderen Hinweis erkannt haben, aber einen Hinweis dem er nicht nach der langen Zeit nicht mehr auf den Grund gehen konnte, da sich ihm der Kontext nicht erschloss. So hat er mit seiner Darstellung auch etwas anderes zum Ausdruck gebracht haben können als das, was wir heute darin sehen möchten oder daraus gemacht haben. Denn er wollte damit möglicherweise etwas anderes deutlich machen aber nicht das, was wir uns bislang darunter vorgestellt haben und es in unserer fest gefahrenen Denkungsweise immer so interpretieren wollen. Denn die Marschkolonne musste beileibe kein chaotisches, zerfahrenes oder zerpflücktes Wirrwarr oder das Bild eines Menschenknäuels geboten haben, dass sich nur noch mit der Peitsche beherrschen ließ und zum Marsch angetrieben werden musste. Cassius Dio kannte größere Marschzüge aus eigener Anschauung und hätte auch andere Worte finden können. Es war kein ungeordneter Zug vergleichbar mit einer lang gezogene Menschenkette innerhalb der die Karren nicht dicht an dicht zueinander aufschlossen. Er bestand auch nicht aus einem Treck der dazwischen zu viel Platz ließ, weil es die Frauen und Kinder mit ihrer Nachlässigkeit übertrieben haben könnten, so wie man es im westfälischen Dialekt ausdrückt "gedrömmelt" haben könnten. Vergessen wir nicht, es stand allen eine über zwanzig Kilometer lange kräftezehrende Marschetappe bevor, da wollte man im Zeitrahmen bleiben, da wollten alle so schnell wie möglich vorwärts kommen, zumal in Brakel angekommen, ihnen immer noch ein weiter Weg bevor stand. Die gestrengen Offiziere der römischen Militärpolizei hätten allemal eingegriffen und etwaige Eskapaden und Unregelmäßigkeiten schnell beendet und zu verhindern gewusst. Zweifellos wird mal ein Rad oder eine Achse gebrochen sein, aber damit hatte man Routine und brauchte keinen ADAC. Es mag zwar eine gelöste Stimmung geherrscht haben aber "aufgelöst" hat sich am ersten Marschtag bzw. was auf dieser Vermutung beruhen könnte vermutlich gar nichts. Denn der ins deutsche übersetzte Begriff "Auflösung" dürfte wohl eine andere Botschaft enthalten haben. Die Forschung übersetzt seine in altgriechisch überlieferten Zeilen komplett mit den Worten "Sie führten auch wie im Frieden viele Wagen und Lasttiere mit, ferner folgten ihnen nicht wenige Kinder und Frauen und zahlreiche Trossknechte, auch dies trug zur Auflösung der Marschordnung bei". Da mag man sich zunächst die Frage stellen, aus welchem Grunde das Mitführen dieses Personenkreises etwas mit einer Marschauflösung zu tun haben sollte oder hätte dazu führen sollen. Möchte man "dies trug zur Auflösung der Marschordnung bei" aber mit anderen Augen lesen oder interpretieren, dann wäre es übersetzungstechnisch gar nicht so abwegig, wenn man sagen würde, dies "FÜHRTE" statt dies "TRUG" zur Auflösung der Marschordnung bei. Man fragt sich natürlich im ersten Moment, wo denn der Unterschied zwischen "führte und trug" liegen soll. Aber es gibt ihn. Denn der Marschzug löste sich nicht schon während dem Marsch auf wie man immer dachte, sondern es mündete in eine Marschauflösung, aber erst am Ende des Marsches nach dem man in Brakel eintraf. Da erst löste sich der Marschzug auf, da man ihn anderntags auf unterschiedlichen Wegen weiter führen ließ. Im diesem Sinne hätte uns Cassius Dio, immer die Akzeptanz der Übersetzung voraus gesetzt den Hinweis gegeben, dass sich der Marschzug nicht zerstob bzw. sich nicht in seine Einzelteile zerlegte, sich also nicht aufgelöst hätte, dass man ihn aber letztlich in zwei Züge aufteilte. So ließe sich aus dem Wort "Marschauflösung" auch eine "Splittung des Marschzuges" im Sinne einer Teilung und keine "Auflösung der Marschordnung" im Sinne einer Unordnung ableiten. Demzufolge hätte es Cassius Dio seiner Vorlage zwar aus seiner Sicht betrachtet richtig entnommen, hat es also korrekt mit den Frauen und Kindern in Verbindung gebracht, hat es aber nicht bis zu Ende ausführen können, da er das Ende nicht kannte. Er musste es daher zweideutig wieder geben und überlies es der Nachwelt wie sie es sehen wollte. Zum einen so, wie wir es uns immer vorgestellt hatten nämlich das heillose Durcheinander im Zuge der Varusschlacht mit dem die Germanen dann leichtes Spiel hatten, oder die Zugaufteilug in zwei Marschzüge ab Brakel. Und wenn Cassius Dio von der Teilung etwas gelesen hätte, dann hätte er es auch zum Ausdruck gebracht, dass nämlich der mit vielen Zivilpersonen besetzte gesamte Marschzug eben aus diesem Grunde morgens ab Brakel aufgeteilt im Sinne von aufgelöst wurde. Nach dem was er uns über die skurrilen Abstellungen in den Dörfern der Germanen berichtete dürfen wir nun annehmen, dass er von der Marschaufteilung am Brakel keinen blassen Schimmer hatte. Denn dann hätte er wohl berichtet, dass man nicht umhin kam den Frauen und Kindern den Zug zu den Rebellen zu ersparen. Ohne das infrage stellen der vorherrschenden Abstellungstheorie und jetzt auch die Existenz einer Marschaufteilungsthese wäre diese Auslegung bzw. Interpretation der Cassius Dio Übersetzung vermutlich nicht ans Licht gekommen. Als Fazit lässt sich sagen Cassius Dio schrieb, wenn auch in altgriechisch "auflösen", meinte damit aber "aufteilen". Mithin wird daraus eine Aufgabenstellung die ich gerne an die Übersetzungsexperten der Altphilologie weiter geben möchte. Sollte man dieser Annahme folgen können, dann hätte man auch einen historischen Hinweis dafür gefunden der dafür sprechen würde, dass Varus entsprechend gehandelt hätte. Nämlich den, dass er den Marschzug auflöste in dem er ihn aufteilte ihn also in zwei Teile teilte. Denn darunter ließe sich auch eine synonyme Verwandtschaft zum Begriff Auflösung im Sinne von aufsplittern oder entflechten, auseinander fallen oder aufheben verstehen. Man stellte also und das spätestens am ersten Marschtag von der Weser nach Brakel fest, dass es mehr Sinn ergeben würde, die bisherige Marschordnung aufzulösen sie also in der ursprünglichen Formation aufzugeben, zu verlassen in dem man den Zug halbierte. Es ist aber anzunehmen, dass man zu dieser Überzeugung bereits früher gelangte. Aber wir können auch noch auf eine weitere Übersetzung der Schriften des Cassius Dio zurück greifen. Darin entschied man sich für die folgende Traduktion.  "Darüber hinaus folgten ihnen nicht wenige Frauen und Kinder und ein großes Gefolge von Bediensteten - ein weiterer Grund für ihren Fortschritt in verstreuten Gruppen". Tauscht man Fortschritt gegen Weitermarsch aus, dann erweckt diese Übersetzung den Eindruck, als ob sie noch einen Schritt weiter geht als die erste Variante. Denn die hier gewählten Worte sprechen sich noch deutlicher für die Plausibilität einer Marschzugaufteilung aus. Auch diese Übersetzung lässt sich bezogen auf die Theorie einer Marschaufteilung anwenden. Denn die Tatsache zahlreiche Zivilisten mitführen zu müssen, machte im Verlauf der FORTSCHREITENDEN Marschbewegung die Entscheidung nötig ihn zu VERSTREUEN. In diesem Fall könnte man für das Wort aufteilen auch das Wort verstreuen einsetzen. Zwei Übersetzungen die für eine übersetzungstechnische Parallele sprechen. Was nun die logistischen Führungsqualitäten des römischen Feldherrn Varus anbetrifft, so hat die Historie darüber sowohl ein eindeutiges, als auch vernichtendes Urteil gefällt. Das dies vermutlich auf einer tendenziösen Fehleinschätzung der Geschichtsforschung beruht lässt sich nicht nur damit begründen, dass es gegen jegliche militärische Praxis verstoßen hätte, Zivilpersonen in Regionen zu schleusen die zum Kriegsschauplatz hätten werden können. Auch das Versorgungsproblem wie zuletzt dargestellt, lässt es als Posse erscheinen, dass Varus den gesamten zivilen Tross mitgenommen haben soll. Und natürlich dürfte es auch sein inniger Wunsch gewesen sein, seine persönlichen Barschaften und Wertsachen auf sicherem Weg an die Lippe zu wissen. Aber was geschah mit den Zivilpersonen. Ihnen stand ein für uns heute schwer zu rekonstruierendes Schicksal bevor. Versetze man sich in den römischen Geleitschutz, die so genannten Abstellungen wie sie samt ihren Schutzbefohlenen gerade nördlich von Dringenberg die Hangkante des südlichen Ausläufers des Gradberges folgten, wie sie sich unvermittelt einer großen Anzahl germanischer Kämpfer gegenüber sahen. Germanen die sie dort nicht erwarteten und deren Stammeszugehörigkeit sie nicht nicht erkennen konnten. Anfänglich mögen sie darin noch einen friedlichen Charakter vermutet haben, der aber schnell schwand. Bei derartig vielen Kriegern wurde ihnen klar, dass an Widerstand nicht zu denken war. Hier kam es also möglicherweise auch zu keinen Gefechten. Der komplette Zug änderte lediglich seine Richtung, Gefangene wurden in Fesseln gelegt und die Wertgegenstände könnten relativ lautlos den Besitzer gewechselt haben. Für die Germanen stand an diesem Tag noch zu viel auf dem Spiel, als dass sie sich zu lange am Gradberg hätten aufhalten wollen, denn der schwerste Teil lag noch vor ihnen (04.08.2021)

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