Donnerstag, 26. Mai 2022
Die Varusschlacht - zweifellos ein mehrtägiges Gefecht - Florus und Tacitus bestätigen Cassius Dio.
Wer sich näher mit der Varusschlacht beschäftigt hat der weiß um den historischen Hintergrund das Cassius Dio sie als ein sich abwechselndes Ereignis bestehend aus Marsch- und Kampfgeschehen beschrieben hat, das sich über maximal 4 Tage hinzog. Und der weiß auch, dass Florus es rund hundert Jahre vor ihm anders darstellte, es nämlich wie einen ad hoc artigen Überfall auf ein Lager aussehen lässt, in dem Varus Recht sprechen wollte. Der Frage nachzugehen, ob es nun das eine oder andere war ist zur Aufarbeitung des Schlachtverlaufs unvermeidlich. Denn nur auf den ersten Blick betrachtet scheint es so, als ob sich daraus nicht ableiten lässt, wo die Varusschlacht statt fand. Aber das täuscht. Löst man jedoch den dahinter stehenden nur scheinbaren Konflikt der sich aus dem historischen Stoff ergibt, dann trägt dies dazu bei unser Wissen auch um den chronologischen Verlauf des Schlachtgeschehens detalliert darzustellen. Dies wiederum kann die Suche nach dem Schlachtfeld vereinfachen helfen, da es möglich wird auch auf diesem Weg die Position der einzelnen Stationen zu entschleiern und sie einzubetten ins Gesamtbild. Mit diesem Ergebnis in der Hand lässt sich der Aufbau rekonstruieren und man kann sich eine Vorstellung davon machen, wie sich alles einst zusammen gefügt hatte. In diesem aber auch noch im nächsten Kapitel soll versucht werden der Antwort einen großen Schritt näher zu kommen. Da Florus mit seiner Überlieferung unter den meisten Historikern eine Außenseiterposition einnimmt folgt zu Beginn dieses Kapitels auch als erstes sein Überlieferungstext. Er geht auf das Wesentliche derart minimalistisch ein, dass die Recherche zum Seiltanz wird. Es verdeutlicht uns auf krasse Weise, wie mager sich doch der geschichtliche Stoff darstellt, der uns zur Verfügung steht und der hier in Bezug zu Cassius Dio und Tacitus gestellt werden soll. Wenige Informationen die viele Rätsel hinterließen, aber dennoch über viel Aussagekraft verfügen. Informationen die ausreichen können den Weg des Feldherrn besser ausleuchten zu können. Aber legen Sie sich Chips in Reichweite denn es ist in diesem Fall ein überaus langes Kapitel nötig, da sich die ineinander greifenden Betrachtungsfelder schlecht strukturieren bzw. trennen lassen.

Zunächst der lateinische Originaltext auf den dann eine gängige Übersetzung folgt.

"Itaque improuidum et nihil tale metuentem ex inprouiso adorti, cum ille - o securitas! - ad tribunal citaret undique inuadunt; castra rapiuntur, tres legiones opprimuntur"

"Folglich griffen sie ihn (Varus), der nichts ahnte und so etwas nicht fürchtete, unvermutet losbrechend, von allen Seiten an, als er (Varus) - welch eine Selbstsicherheit - zum Tribunal rief, das Lager wurde geplündert und drei Legionen vernichtet". 

Hervor treten die Attribute:

Ein Varus, der nichts ahnte und nichts fürchtete
Ein Varus, der sich zu selbstsicher war.
Ein Varus, der erst noch zum Tribunal einladen musste.
Germanen, die unvermutet hervor brachen.
Germanen, die drei Legionen vernichteten.

Abgesehen von der Selbstsicherheit des Feldherrn die als gesetzt gilt, sind es Hinweise die sich nur auf den ersten Blick nicht mit der Darstellung von Cassius Dio in Einklang bringen lassen. Vielen nicht nur zeitgenössischen, sondern auch bereits verstorbenen Historikern, auch wenn ihnen die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den beiden Werken der antiken Historiker Cassius Dio und Florus bislang entgangen war oder sie daran zweifelten halten doch ungeachtet dessen die Darstellung zum Verlauf der Varusschlacht aus der Feder von Cassius Dio gegenüber jener von Florus für die glaubwürdigere. Und daran möchte auch der Verfasser nicht rütteln und der Cassius Dio Version in der Grundstruktur den Vorzug geben. Denn durch seinen Hinweis auf einen vierten Tag wie es die aufschlussreiche Analyse im letzten Abschnitt zeigte wird es erst möglich den Verlauf des gesamten Geschehens auch nach Tagen zu strukturieren und zu zerlegen und jeweils mit begründbaren Aktivitäten zu füllen. Und daran ändert auch die eigentlich nur marginale Abweichung im Bericht von Florus nichts. Im Gegenteil, sie wird sogar zu einem nützlichen Baustein innerhalb des Ablaufes. Und obwohl man das historische Gebäude da es Florus etwas zu extrem und rational auf den Punkt brachte ins Wanken bringen muss, so sind seine wenigen Worte doch unverzichtbar für den logischen Aufbau von Chronologie und Abfolge und tragen mit dazu bei unser Verständnis für diese historische Auseinandersetzung zu wecken. Setzt man nun die unterschiedlichen Informationen der drei für uns wesentlichen Historiker Cassius Dio, Florus und Tacitus an die vermeintlich dazugehörigen Positionen so lässt sich erkennen und transparent machen, was den Legionen an jedem einzelnen Tag nach dem Verlassen ihres Hauptlagers an der Weser bis zu ihrem Ende widerfuhr. Dadurch erscheinen uns ihre Verhaltensweisen und Reaktionen plastischer und nachvollziehbarer und es lässt sich auch heraus filtern, wo sich dank der Überlieferung von Florus und Tacitus Lücken schließen lassen. Dadurch offenbart sich auch menschlich Mentales und man kann ihre Lage hinterfragen und kann zu Antworten gelangen, welchen Gefahren die Varusarmee ausgesetzt gewesen sein musste, wie sie ihnen begegnete, was sie taten oder erlebten und warum sie sich für jene Handlung entschieden und nicht anders. Sei es für sie nun ein Marschtag, ein Kampftag, ein Mix aus beidem gewesen oder der nötigen Logistik geschuldet wie etwa dem rechtzeitigen Aufbau eines Nachtlagers, dem Zustand und der Instandhaltung der Waffen oder der Nahrungsversorgung. Aber auch Paterculus soll seinen Platz darin finden, denn seinem tapferen Lagerkommandanten darf man wohl mit jener Person gleich setzen, die sich um den Aufbau des "prima Vari castra"und seine Verteidigung verdient gemacht hat und auch der Moment als er beschrieb wie die Kavallerie samt Numonius Vala die Flucht ergriff lässt sich dank seiner Schilderungen zeitlich eingrenzen, denn es kann nur Angesichts des Untergangs in der Endphase also am zweiten Kampftag passiert sein, als für sie alles verloren schien. Aber mit an vorderster Stelle trug auch Tacitus der Schlachtfeldbeschreiber seines dazu bei, damit man den voraus gegangenen Schlachtenverlauf besser verstehen kann. Sein Bericht fügt sich gut in den viertägigen Kontext und trägt dazu bei eine immer noch gärende und gerne diskutierte klassische Definitionsfrage beantworten zu helfen die die Geschichtsfreunde seit rund 500 Jahren umtreibt und wie über der Schlacht zu schweben scheint. Und sie lautet bekanntermaßen, ob es nun so war wie Florus es nieder schrieb, bei dem man übrigens nach wie vor rätselt wer sich hinter diesem Namen verbirgt, oder es die in weiten Kreisen favorisierte Überlieferung von Cassius Dio war. In diesem und im folgenden Abschnitt soll wieder versucht werden dieser Thematik zu weiterer Klarheit zu verhelfen in dem es von unterschiedlichen Seiten betrachtet wird. Aber ungeachtet der Darlegung, dass Florus den Lagerüberfall nicht nur als das "High - Light" sondern darin sogar die gesamte Varusschlacht zu erkennen glaubte, brauchen wir ihn zur Aufklärung und Gedankenfolge, denn was sich hinter seinen Zeilen aufspüren lässt ist unersetzbar und das sagte uns kein Cassius Dio und auch kein Tacitus. Denn wir erkennen erst im Umkehrschluss seiner Überlieferung, dass die ganze Varusschlacht entgegen seiner Annahme kein kurzzeitig aufflammendes Ereignis in Form eines Überraschungsüberfalls war, der mitten in die Vorbereitungen zu einer Gerichtsverhandlung hinein platzte. Denn nach den Kämpfen auf dem Marsch dahin kam die Lagerattacke für Varus weder überraschend noch unvorbereitet. Und es war auch kein Überfall sondern die Fortsetzung der Gefechte bis an den Ort wo man nächtigen wollte. Es waren die ausklingenden Kämpfe am Abend des ersten Kampftages wie Cassius Dio es beschrieb, die sich zuletzt bis ins Lagerinnere erstreckten bevor man im Zuge der Dunkelheit voneinander abließ. Und auf diese Annahme stützend lassen sich die Zeilen von Florus auch erst richtig zuordnen denn es waren jene Kämpfe im Lager die Florus Überfall nannte. Und so lässt sich tatsächlich darüber streiten, ob man die letzten Kämpfe dieses Tages innerhalb eines noch im Aufbau befindlichen Notlagers einen Überfall nennen darf. So wird aber ein sich über mehrere, also maximal vier Tage erstreckender Verlauf im Zuge dieser Aufarbeitung immer überzeugender und es verbirgt sich darin auch die Antwort auf die Frage, was sich zumindest im Groben betrachtet an jedem einzelnen dieser vier Tage ereignete. Die Analyse die den Beweis für die Cassius Dio Variante erbringen soll ergibt sich unter anderem aus der folgenden Darstellung. Florus stellt es bekanntlich wie eine schnelle, sich kompakt zugetragene, also überfallartige Blitzaktion dar, wobei von ihm weder ein einziges noch mehrere Lager erwähnt werden und explizit als Nachtlager bezeichnet werden. Das sollte uns aber bei seinem damaligen nur mäßig vorhandenen Wissensstand auch nicht verwundern. Aber es wird dadurch immer deutlicher, dass wir in allen gedanklichen Ansätzen immer nur über ein Hauptlager sprechen. Dieses allein war das Schicksalslager in dem sich die römische Niederlage manifestierte und ultimativ abzuzeichnen begann. Und sie erreichte hier ihren Höhepunkt nach dem alle bereits einige Stunden Kampf im Sturm unter berstenden Baumkronen hinter sich hatten und so überschlugen sich im ersten Nachtlager die Ereignisse. Und genau hier setzte Florus seinen literarischen Schwerpunkt an, da sich hier innerhalb der Varusschlacht die entscheidende Wende vollzog. Denn ab hier gerieten die Legionen in den Sog des Untergangs. Es war nach Florus das von den Germanen überfallene "Gerichtslager", das Lager, das Cassius Dio am ersten Kampftag das "Notlager im Waldgebirge" nannte, das letztlich auch identisch war mit dem Lager, dem Tacitus den Namen "prima Vari castra" gab und es war auch das Lager, das nach Paterculus so tapfer von Eggius verteidigt wurde. Vier unabhängig voneinander schreibende Historiker denen zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichungen nicht bewusst war, dass sie sich über ihre wissentlichen Grenzen hinaus letztlich doch alle immer nur auf dieses eine Lager bezogen. So sollte man den Florus`schen Überfall auch nur ins Geschehen einschieben und ihn als eine zwar mit trag weiten Konsequenzen und Auswirkungen behaftete Episode begreifen, sie aber nicht zur allumfassenden Varusschlacht hoch stilisieren. Es waren die heftigen Kämpfe wie sie sich dort nach Cassius Dio am zweiten Marschtag ereignet haben dürften, als man unter erheblichen Mühen und feindlichen Attacken ausgesetzt das "prima Vari castra" unter extremen Bedingungen an der Stelle errichten musste, wo die Natur ihnen noch Platz dazu bot. Aber es war nur ein Aspekt des großen Ganzen, denn der Marsch ging am anderen Morgen weiter und es war auch nicht das Lager in dem Varus zu Gericht lud, denn zu diesem Lager kam es nie und es gab es nie. Zweifellos war es der komprimierte Höhepunkt der Clades Variana den man aber eingebettet in den Gesamtverlauf zu betrachten hat. Florus griff also wie man annehmen darf diesen bedeutsamen Kampf um das Lager auf, da es für ihn das Herausragendste unter mehreren Einzelaktionen gewesen zu sein schien oder weil sich ihm der große Zusammenhang nicht erschloss. Andererseits sollte man aber auch nicht die Überlegung ausklammern, dass die Germanen vielleicht schon am Abend des ersten Kampftages kurz vor dem Sieg gestanden haben könnten und dann wäre die Varusschlacht in der Tat auch schon hier zu Ende gewesen und Florus hätte gar nicht so falsch gelegen. Aber dazu kam es nicht, obwohl er in seiner Darstellung im Kern die totale Niederlage der Legionen hier im Waldgebirge begründete und es auch noch so drastisch kommentierte. Aber über das weiter reichende Wissen eines Cassius Dio betreffend der Vorgeschichte und dem was alles noch danach geschah, verfügte Florus nicht oder aber er verzichtete darauf es wieder zu geben, falls es ihm bekannt gewesen sein sollte. Und zwischen dieser unter Historikern immer noch schwelenden Uneinigkeit, die sich auch auf diesem Wege enträtselt oder sich zumindest als erklärbar bezeichnen lässt, lauert förmlich die Darstellung von Tacitus und was er zu berichten wusste. So bestätigt sich letztlich die Hypothese, dass Florus nur einen Abschnitt aus der Schlacht zur Gesamtschlacht erhob. Der Bericht von Tacitus beschäftigte sich damit seinen Lesern gegenüber zu dokumentieren was sich von Germanicus, Caecina und den damals beteiligten Legionäre sechs Jahre nach der Schlacht noch auf die Ereignisse zurück führen ließ und man oberirdisch wieder erkennen konnte, vor allem aber was die altgedienten Überlebenden unter den Anwesenden noch im Detail in Erinnerung hatten und was sie Germanicus gegenüber wie in einem theatralischen Schauprozess noch lebhaft nachstellen konnten. Man darf davon ausgehen, dass die Veteranen noch wussten was dort damals geschah und sie nicht zu jenen gehörten die schon auf dem Weg dahin und nach dem Einsetzen der ersten Kampfhandlungen die Flucht ergriffen hatten. Nur sie konnten anlässlich der Betrachtung des alten Lagerplatzes sagen, ob dort ein Lagerüberfall a`la Florus statt fand bei dem drei Legionen hinweg gefegt wurden, oder ob es der Schauplatz der Kämpfe vom ersten Kampftag a` la Cassius Dio war. Aber allein die Präsenz Überlebender vor Ort stellt schon unter Beweis, dass es außer dem Legionär der mit dem Adler flüchtete wie es Florus selbst schrieb noch andere Überlebende gab die diesem Inferno entkommen konnten. Und wo es Überlebende gab da gingen die Gefechte auch weiter. Da sich Florus das Geschehen nicht anders erklären konnte, ließ er aus seiner Unwissenheit heraus Varus schon bei dieser Attacke sterben, obwohl er nach Cassius Dio noch zwei Tage zu Leben hatte. Aber nach dem was Tacitus schrieb ließ sich den Worten der Überlebenden entnehmen, wo sie sich in eine letzte Zufluchtstätte suchten oder sich in eine Lagerecke retten konnten. Man muss es noch mal konstatieren dürfen, denn es gab sie also die Überlebenden und das nicht nur bei Florus sondern auch bei Tacitus und natürlich bei Cassius Dio oder Paterculus, jene die dem Desaster im "prima Vari castra" entgingen, die am Folgetag weiter marschieren und kämpfen konnten besser gesagt mussten. Folglich wieder ein starker Hinweis auf das von Cassius Dio geschilderte Mehrtagesgefecht und weniger für Florus der hier schon die drei Legionen untergehen sah, obwohl er selbst literarisch die Tür für Überlebende offen hielt der einigen die Flucht testierte. Tacitus blieb es nur übrig den oberflächlich gewonnenen Eindruck hundert Jahre später so zu schildern wie es die Überlebenden hinterlassen hatten und von ihnen könnte es mehr gegeben haben als man allgemein hin annimmt. Aber sein Werk hinterließ für die Nachwelt einen recht zwiespältigen Eindruck, denn aus einem Teil seiner Beschreibung über das Vorgefundene lässt sich zumindest auf den ersten Blick hin keine deutliche Aussagekraft ableiten. Und man darf es noch mal erwähnen, dass wir akzeptieren müssen, dass Tacitus zu unser aller Verdruss mit keinem Wort auf den Verlauf der Schlacht einging, so wie es Florus auf seine und Cassius Dio auf plausible Weise taten geschweige denn, dass sich seinem Rapport chronologisch fixierbare Abläufe hätten entnehmen lassen. So bemängelt die Geschichtsforschung seit jeher seine Beschreibung über die Begrifflichkeit einer Zufluchtstätte die man neuzeitlich mit dem Wort Notlager umschreibt und in das sich die Überlebenden noch zurück ziehen konnten, aber ohne das er klar zum Ausdruck brachte wo es sich befand und das öffnete die Tür in zwei Interpretationsrichtungen. Aber immer bemüht man sich dieses von ihm unklar definierte Notlager in den Kontext einer Mehrtagesschlacht zu überführen. Beschrieben es die Überlebenden nun als ein Notlager, dass sich innerhalb des größeren "prima Vari castra" befand, dass die Legionen am Abend des ersten Kampftages errichteten, oder sollte es sich dabei um das Lager handeln, das die Legionen erst am folgenden Tag abends, möglicherweise nahe Borlinghausen errichteten. Demnach das Lager das Cassius Dio indirekt erwähnte in dem er zum Ausdruck brachte, dass die Kämpfe auch noch einen vierten Tag kannten also ein drittes Lager bezogen haben mussten. Das im "prima Vari castra" gekämpft wurde steht außer Frage, ob es nun im Zuge dessen geschah wie Florus es ausdrückte oder wie es sich den Darstellungen von Cassius Dio entnehmen lässt. Aber an einem Ort müssen schließlich jene Legionäre die Nacht verbracht haben, die den Tag überlebt hatten und das war zweifellos das erste Varuslager, das "prima Vari castra". Tacitus war der einzige antike Historiker der dem von Varus erbauten Lager den Namen "prima Vari castra" gab. Es war ein Lager, das man unter den damaligen Bedingungen in Gänze schon als Notlager betiteln muss. Er nannte es das 1. Varuslager und er machte es spannend. Denn er irritierte wie bereits angedeutet die Forschergemeinde damit, dass er außer diesem umfänglicheren "prima Vari castra" auch noch von schwach ausgeprägten Wällen und Gräben sprach. Ein wallartiges Werk innerhalb des Lagers hinter dem sich die Überlebenden verschanzten und dem man den "Notnamen" Notlager gab. Aber wir vermissen bei ihm sehnlichst die eindeutige Klärung auf die Frage, wo sich denn genau dieses ziemlich erbärmlich beschriebene Notlager befand, das nur aus einem flachen eingestürzten Wall und einem davor befindlichen flachen Graben bestand durch den es sich vom übrigen Gelände abhob. Und dieses in der zähen Aufarbeitung der Varusgeschichte immer Notlager genannte Lager hat es in sich und darf in der Diskussion um die Frage Lagerüberfall oder Mehrtagesgefecht nicht fehlen. Und durch dieses von Tacitus beschriebene Lager leisten seine Überlieferungen einen wesentlichen Beitrag zu der Frage, wo es sich befand und um was es sich dabei handelte. Über die Existenz dieses Lagers und was es mit ihm auf sich hatte werden im weiteren Verlauf zwei mögliche Erklärungen angeboten, von denen die eine die überzeugendere zu sein scheint. So könnte es sich bei diesem Notlager um das Lager gehandelt haben, dass die Legionäre erst am Abend des zweiten Kampftages, dem dritten Marschtag vermutlich nahe Borlinghausen errichteten und es somit zum entfernter gelegenen "prima Vari castra" in keiner Verbindung gestanden hätte. Dann wäre es das Lager gewesen, dass sich die Legionäre vom 3. auf dem 4. Tag bauten, als Numonius Vala und die Kavallerie bereits geflohen war, als man nach heftigen Kämpfen die Waldgebiete östlich von Borlinghausen erreicht hatte und nur noch wenige Kilometer vor dem "Teutoburgiensi saltu" stand. Diese Darstellung soll hier zunächst zur Diskussion gestellt werden. Des weiteren soll auf die andere Variante eingegangen werden, wonach es sich innerhalb des "prima Vari castra" befand. Es liegen also diese zwei Möglichkeiten zur Position des taciteischen Notlagers auf dem Tisch. Ein Lager dem man seit jeher den Namen Notlager aufdrückte, obwohl es diese Begrifflichkeit nicht rechtfertigt, da es sich schon in einem Notlager nämlich dem "prima Vari castra" befand. Tacitus vermied dafür aber die Bezeichnung Notlager. Aber letztlich handelte es sich bei allen Nachtlagern die von der Varusarmee nach Brakel errichtet wurden immer nur um Notlager. Dieses besondere Notlager jene letzte Zufluchtstätte schwebt in der Mitte der Lagertheorien lässt sich aber dank Cassius Dio genauer fixieren. Es war ein Lager, das sich wegen seiner sehr schwachen Konturen schon nach nur sechs Jahren kaum noch als ein geschützter Bereich erkennbar gab. Und so tritt hinsichtlich seiner Verortung ein neues, ein lateinisches Wort in den Vordergrund, das zum Schlüsselwort der sich gegenüber stehenden Theorien wird. Genau genommen können auf diesem Weg sogar zwei Fragen geklärt werden. Nämlich die ob es ein Lagerüberfall oder ob es eine Mehrtageschlacht war und zum Zweiten, wo es sich einst befand. Es sind zwei Überlegungen die aber letztlich beide ein Mehrtagesgefecht wie es Cassius Dio beschreibt nicht in Abrede stellen. Dieses Wort lautet "dein" und wird mit dem Wort "danach" übersetzt oder gleich gestellt. Es steht zwischen dem Hinweis von Tacitus, wonach die Gruppe um Germanicus zunächst auf das Händewerk dreier Legionen geblickt haben wollte und man dann "danach" auf das von Tacitus beschriebene Notlager mit dem "eingestürzten Wall und dem flachen Graben blickte. Die Altphilologie übersetzt das Wort "dein" zwar mit dem Wort "danach" aber viele Historiker möchten es auch als "unmittelbar danach" verstanden wissen oder es dahinter erkennen um einen direkten Bezug zwischen dem vermeintlichen "Dreilegionenlager", also dem großen Notlager "prima Vari castra" und diesem ominösen kleinen Notlager inmitten dessen herzustellen. Damit ließe sich nach Ansicht vieler Historiker auch die Erklärung ableiten, dass mit dem kleinen Notlager eigentlich nur ein Lager innerhalb eines größeren Lagers gemeint gewesen sein konnte, sozusagen ein "Lager im Lager". Also im übertragenen Sinne ein Ort den man aus der Not geboren als provisorischen Rückzugsplatz anlegte oder auch vorhandene Wallanlagen genutzt haben könnte die sich die Überlebenden noch mit letzter Kraft und im Zuge aller letzter Anstrengungen innerhalb des "prima Vari castra" schufen, von wo aus sie ihre letzten verzweifelten Verteidigungsbemühungen unternommen haben sollen und dann die Nacht verbrachten. Zweifellos eine denkbare und auch plausible Vision vielleicht aber vielleicht auch nur eine schöne Geschichte so, als habe es da noch einen verzagten Haufen Überlebender gegeben, der sich erhofft hatte sich aus einer kleinen notdürftig geschaffenen Erdaufhäufung heraus des Feindes erfolgreich erwehren zu können. Aber eine Vision die sich zu verdichten scheint. Die Möglichkeit aber, das es sich bei diesem Notlager auch um ein weiter entfernt liegendes Lager, also nicht um ein "Lager im Lager" gehandelt haben könnte verfolgten viele Historiker nicht weiter, da sie die Auffassung vertreten, dass es der Tacitus Hinweis nicht her geben würde und diese Aufarbeitung gibt ihnen auch recht. Möchte man es also im Sinne von Cassius Dio betrachten dann wäre es auch ein Argument für die Annahme, dass es dem letzten Lager der Varusarmee vor dem Saltus entsprochen hätte, aber diese Theorie lässt sich verwerfen da man ihr die Plausibilität nehmen kann. Der Frage, ob sich das besagte Notlager nun innerhalb des "prima Vari castra", oder einige Kilometer davon entfernt befand, soll hier trotzdem nach gegangen werden. Aber in beiden Fällen läuft es nicht darauf hinaus, damit die Florus Darstellung eines radikal vollzogenen Lagerüberfalls zu untermauern. Trotzdem ist es eine Diskussion die seit je den Nerv dieser ewigen Auseinandersetzung trifft und die man vielleicht vereinfacht "zwei gegen einen" nennen könnte. Nämlich Florus unter Zuhilfenahme der Tacitus Notlagertheorie gegen das was Cassius Dio hinterließ. Hinter dieser Annahme verbirgt sich wie dargestellt die Gegenthese, dass die Varusschlacht in Wahrheit eigentlich gar keine Mehrtagesschlacht war, dass sich Cassius Dio massiv geirrt haben musste, falschen Quellen aufsaß und sie statt dessen nur aus einem einzigen dafür aber heftigen Lagerüberfall bestand, so wie es eben Florus beschrieb. Möchte man also seine Zeilen so auslegen, dann war der Überfall nach Meinung von Florus eine kompakte Aktion gleich zu setzen mit der gesamten Varusschlacht. Für ihn war folglich der Überfall die ultimative Varusschlacht schlechthin und so beschrieb er den vermeintlichen Angriff auch. Aber das von den Überlebenden beschriebene "dein", also das "danach" Notlager beantwortet allein nicht die Frage, ob es nun für einen Lagerüberfall oder ein Mehrtagesgefecht spricht. Denn als Tacitus den Zustand dieses Lagers beschrieb formuliert er dies in dem er diesen "kaum hörbaren" leichten Sprung in der Wortwahl vollzieht aus dem Distanz spricht. Es ist dieses lateinische Wort "dein" das diesen Verdacht nährt. Es bedeutet zunächst "danach" als auch "dann" bzw. "darauf" oder "darauf hin". Erweitern ließe es sich noch mit den Worten "später", "irgendwo anders" aber auch "an anderer Stelle". Mit gutem Willen ließe es sich noch durch das Wort "unmittelbar" ersetzen oder erweitern und würde dann für das "Lager im Lager" sprechen. Aber häufig wird es auch mit den Worten "in einiger Entfernung" interpretiert. Dann stellt sich zunächst die Frage nach dem Bezug also dem "von wo aus". Und das ist der Hinweis von Tacitus auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen. Also da wo diese einst das "prima Vari castra" anlegten, da befand sich nach den Aussagen der Überlebenden demnach und maximal in einiger Entfernung dazu das besagte Notlager. "In einiger Entfernung" ist die weitest gehende Auslegung des Wortes "dein" und rechtfertigt nicht darin eine Distanz von mehreren Kilometern zu sehen. Trotzdem bleibt die Frage nach der Distanz, die sich hinter dem tückischen taciteischen Wort "dein" verbirgt und was sollte man unter "einiger Entfernung" verstehen. Und ohne Wortklauberei zu betreiben darf man doch sagen, das man Entfernung sowohl als nah als auch fern einstufen kann, denn man muss es relativ sehen. Hätte sich das taciteische Notlager noch innerhalb des "prima Vari castra" befunden, dann wäre uns Tacitus vielleicht noch den Hinweis auf eine bessere Entfernungsangabe schuldig gewesen. So aber lässt er es offen und uns rätseln, ob es sich irgendwo anders im Lagergelände oder sogar außerhalb des "prima Vari castra" befand. Hätte er den Aussagen der Überlebenden des Jahres 15 + ein "Lager im Lager" entnommen, dann hätte er dafür vielleicht ein anderes Worte gefunden als nur ein schlichtes "dein". Aber möglicherweise war es auch nicht nötig und das Wort "dein" barg keine Irritation und war nach damaligem Sprachgebrauch eine eindeutige Definition an der es nichts zu deuteln gab und es stand für "mittendrin". Um es noch mal mit dem Florus` schen Lagerüberfall in Verbindung zu bringen sei noch mal daran erinnert, dass auch er noch eine vokabularische Raffinesse für uns parat hielt. Denn aus dem Wort "citaret" bzw. "citare" ist das Wort "zitieren" also auch ablesen entstanden. Man kennt es vermutlich vom Wort Zettel, sodass man daraus schließen darf, dass die Gerichtsverhandlung noch gar nicht statt gefunden hatte, da man die streitenden Parteien erst noch zur Verhandlung zu zitieren hatte, also vorladen bzw. auffordern musste zu kommen. Man also nach der Darstellung von Florus die Gerichtsverhandlung erst noch im Begriff war vorzubereiten, man also noch dabei war die streitenden Parteien vor den Richterstuhl zu "zitieren". Sie hatte also seinen Vorstellungen zufolge oder seinem Informationsstand nach noch gar nicht begonnen, als bereits der Überfall geschah. Die Aufrührer hatten bildlich betrachtet noch gar nicht Platz genommen als bereits der Sturm auf das Lager los brach. Was aus Florus Sicht möglicherweise auch Sinn machte, denn keine germanischen Stammesführer hätten sich auf ihrem Territorium in ein waffenstarrendes römisches Lager begeben um dort einen missliebigen Richterspruch zu empfangen. Ein Urteil das theoretisch in eine Gefangennahme der Rädelsführer hätte münden können. So könnte die Florus Darstellung dahin greifen, dass sich im Lager auch keine Germanen befanden, die die Legionen hätten von innen heraus angreifen können. Und so vermischte Florus aufgrund seines kargen Wissenstandes die Zusammenhänge zwar nicht nach Belieben, so aber doch auf willkürliche Weise oder vielleicht, weil sie nur in dieser Version seinen Vorstellungen entsprachen. Annahmen die dann aber Cassius Dio rund hundert Jahre später nicht mehr bestätigte und die Nachwelt zum Umdenken brachte, die aber Florus noch nicht zur Verfügung standen, denn für ihn war damals alles anders. Man weiß, dass man im Imperium menschlichem Leid distanziert gegenüber stand und so lässt es sich auch seinem Rapport entnehmen, denn oberflächlicher, kürzer und nüchterner, aber mit dem üblichen Seitenhieb auf Varus lässt sich eine Schlacht in der Tausende umkamen nicht mehr darstellen. Florus machte literarisch betrachtet kurzen Prozess und man merkt es seinen Ausführungen an. Es war für ihn Nebensache und mit Detailrecherche hielt er sich nicht lange auf oder wollte sich nicht damit belasten. Aber eines Dichter würdig war das von ihm Abgelieferte nicht. So konzentrierte er sich nur auf das unmittelbare Geschehen was zu seiner Zeit rund hundert Jahre nach der Schlacht noch dem allgemeinen Wissenstandes entsprochen haben dürfte. So dürfen wir nicht vergessen, dass den Menschen in Italien die Schlacht zwar immer ein Begriff war, man aber für lange Zeit nur wenig bis nichts von ihrem Verlauf wusste, zumal die überlebenden Zeugen nicht in ihre italienische Heimat zurück kehren durften. Darüber hinaus könnten Augustus und Tiberius die wesentlichen Informationen zurück gehalten haben, da sie aufgrund ihrer Fehlentscheidungen zu tief in das Debakel in Ostwestfalen verstrickt waren. Jene, denen die Flucht gelang werden wohl ihren "Wehrdienst" in den Rheingarnisonen fortgesetzt haben, bis Germanicus sie ab 14 + wieder brauchte. Florus ließ den Überfall "vielsagend" in den Sümpfen der Region ausklingen. Und weil man es schlicht nicht wusste gibt er uns auch keinen Hinweis dazu, wie lange der Überfall, so wie er ihn dargestellt hatte und die Folgekämpfe im Sumpf gedauert hatten. Aber einen umfänglichen Angriff auf das römische Bollwerk was die Nachwelt Lagerüberfall nannte und wie es in dieser Form die Unterstützer der Florus Überlieferung in der Tacitus Version zu erkennen glauben, lässt sich den Schilderungen von Tacitus nicht entnehmen. Denn der Tacitus Darstellung nach zu urteilen erkannte Germanicus im "prima Vari castra" gar kein Lager, das von den Germanen im Zuge eines Angriffs an einem Tag komplett überrannt wurde. Er blickte lediglich auf die noch schwach erkennbaren Ausmaße, Umrisse, Absteckungen oder Dimensionen wie man es nennen möchte und möglicherweise einige Bodenverwerfungen die man am Tag der Begehung als Notlager identifizierte und so beschrieb Tacitus auch später das Wenige. Dies sagt aber nichts darüber aus, ob die Germanen es in Gänze erfolgreich erstürmt hatten. Germanicus blickte im Beisein der alten Kampfteilnehmer die wie man nun schlussfolgern darf auch in den Bereich des "prima Vari castra", in den sich die Überlebenden nach den Kämpfen zurück gezogen hatten und wo sie schliefen. Er blickte auf eine Freifläche mit unterschiedlichen hohen Wölbungen und Vertiefungen an der Stelle, wo sich sechs Jahre zuvor das Lager befand in dem die Legionäre körperlich gezeichnet von den Kämpfen die Nacht verbracht hatten, bevor sie es am Folgetag verließen. Und was hätte Tacitus auch schreiben sollen. Ein geplündertes Lager, hier und da noch Knochenreste und vom Boden halb verdeckte Trümmerreste was man eben nach sechs Vegetationszyklen noch sehen kann. Mehr wird Germanicus nicht vor Augen gehabt haben über das Tacitus später hätte berichten können. Aber sein Bericht geht weiter. Denn nach dieser Theorie gingen die Überlebenden von einst samt Germanicus und Caecina nach dem sie 15 + das "prima Vari castra" in Augenschein genommen hatten auf dem gleichen Weg nicht zu Fuß zurück, sondern stiegen wieder in ihre Sättel und ritten zu den Örtlichkeiten wo es zur Knochenbestattung kommen sollte. In die Region wo die letzte Großschlacht am 3. Marschtag tobte und zahlreiche unbestattete Skelette hinterließ. So gelangte man nach der Schlachtfeldvisite auch dahin, wo sich die Überlebenden dieser Kämpfe vor dem Untergang ihr letztes Lager errichteten. Es müsste sich nahe Borlinghausen zumindest aber in die Nähe davon befunden haben, wenn man dieser Theorie folgen möchte. Aber das Lager, welches Varus und seine Männer am Abend nach der verheerenden Schlacht im "Wald der nassen Wurzeln" für die Nacht vom 3. auf den 4. Tag errichtete war nicht das besagte "dein"
- danach" Lager mit dem flachem Graben und niedrigen Wall gewesen so wie Tacitus es hinterließ, dies lässt sich dem Verlauf nach in Abrede stellen. So kamen sie auch auf dem Rückweg durch das einst von Cassius Dio bezeichnete Offenland am Nordrand der Börde und müssten längst des Oberen Bördenweges beim Vorbeireiten wieder auf die bleichenden Knochen jener Legionäre gestoßen sein, die von den Soldaten her rührten die dort ihr Leben gelassen hatten, als sie am Morgen nach dem Verlassen des "prima Vari castra" erneut in Kämpfe verwickelt wurden. Betrachtet man den Ablauf, also das vier Tage andauernde Gesamtgeschehen bestehend aus einem Tag für den konfliktfreien Anmarsch bis Brakel, zwei Tagen an denen gekämpft wurde und dem ausklingenden 4. Tag nach dem es zu keinem weiteren römischen Nachtlager kam, da die Varusschlacht nicht aus fünf Tagen bestand. So spricht daraus die zwingende Notwendigkeit dass Varus drei Nachtlager errichtet haben musste. Möchte man sich in der Tiefe der Gedanken verlieren, dann könnte man noch theoretisieren, ob das taciteische Notlager nicht sogar ein drittes Nachtlager gewesen sein könnte. Auf das Brakeler Lager wäre dann zunächst das erste Varuslager gefolgt, also das "prima Vari castra" und eine weitere die dann die letzte Nacht gewesen wäre hätte dann im darin integrierten Notlager statt gefunden. Demnach hätte Varus also zwei Mal innerhalb des "prima Vari castra" übernachtet und die Schlacht wäre kein viertägiges, sondern nur ein dreitägiges Ereignis gewesen. Dann hätte die Schlacht um das "prima Vari castra" zwei Tage getobt und wäre nach dem dritten Tag und dem zweiten Marschtag zu Ende gewesen, denn einen dritten Marschtag hätte es dann nicht mehr gegeben. Aber unter der Prämisse betrachtet, dass Cassius Dio von vier Tagen mit den dafür nötigen Aufbruchszenarien aus den jeweils zuvor bezogenen Nachtlagern spricht, bedeutet dies die Existenz von drei vor allem aber von drei entfernt auseinander liegenden Lagern. Es wäre ein schwer nach vollziehbares Gedankenspiel das man sicherlich verwerfen darf. Aber unter dem taciteischen Notlager innerhalb des "prima Vari castra" sollte man sich wohl kein geschlossenes und umwalltes Lager vorstellen, sondern eher eine Nische oder Zufluchtstätte. Solange jedoch die Frage nicht völlig geklärt ist wo sich das "dein" Notlager befand darf man natürlich auch immer noch schlussfolgern, dass Germanicus das von Tacitus beschriebene Notlager erst später, danach bzw. "dein" also auch an einer anderen folglich weiter entfernt befindlichen Stelle gesehen haben könnte, aber natürlich auch innerhalb des "prima Vari castra". Befand es sich innerhalb des "prima Vari castra" dann würde dies bedeuten, dass das Tacitus Notlager mit flachem Graben und flachen Wall nicht identisch war mit dem Lager, dass die Legionen nach Cassius Dio für die Nacht vom 3. auf den 4. Tag vermutlich nahe Borlinghausen errichteten, worauf auch die Argumentationslinie dieser Theorie hinaus läuft.

Aber wie ausführlich besser gesagt ungenau drückte sich Tacitus nun aus.

Dazu zunächst der Originaltext mit anschließender Übersetzung und Kommentierung.

"prima Vari castra lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant; "DEIN" semiruto vallo, humili fossa accisae iam reliquiae consedisse intellegebantur: medio campi albentia ossa, ut fugerant, ut restiterant, disiecta vel aggerata".

"Hier das erste Lager des Varus; der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes deuteten auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen hin. "IN EINIGER ENTFERNUNG davon bzw. DANACH " befand sich ein nur halb aufgeworfener Wall mit niederem Graben, sichtlich der Lagerplatz eines schon angeschlagenen Restes. Auf der Fläche dazwischen sahen sie die bleichenden Gebeine, zerstreut liegend oder aufgehäuft, je nachdem ob sie flohen waren oder Widerstand leisteten".

Und Tacitus war sich wohl sicher, dass von Germanicus Gesehene korrekt nieder geschrieben, ausgedrückt und beschrieben zu haben und ließ seinen Lesern keinen Interpretationsspielraum. Und über die Nachwelt zerbrach sich Tacitus auch nicht den Kopf. Darauf ob sie nun in einem "dein" ein anderes, allein stehendes, isoliertes oder ein weiter entfernt liegendes Lager" erkennen sollte, oder ob sie es als ein "Lager im Lager" verstanden. Tacitus ging nicht darauf ein. Für ihn war das "dein" ein eindeutiges "danach oder dann". Etwa in dem Sinne, als dass die Betrachter des Schauplatzes nur eine geringfügige Kopfdrehung machen brauchten etwa die Blickrichtung wechselten und dann sahen sie schon die notdürftige Schanzanlage. Da erinnerten sie sich, dass dieser Platz damals vielen Überlebenden als letzte Zufluchtstätte diente und wohin sich diese zurück zogen, wenn sie nicht sogar damals selbst dabei waren. Tacitus sollte einen schriftlichen Bericht vor Augen gehabt haben, denn Augenzeugen gab es zu seinen Zeiten längst nicht mehr höchstens noch betagte "Ohrenzeugen". Darauf basierend entschied er sich für die Wortwahl "dein" und er sollte diesen Eindruck den Hinterlassenschaften von Germanicus selbst oder den damals Anwesenden entnommen haben. Nach dieser Theorie sah Germancius also den Zufluchtsort nicht erst, nachdem er sich schon einige Kilometer vom "prima Vari castra" entfernt hatte und im Raum Borlinghausen agierte, sondern ließ ihn sich von den Überlebenden im ersten Varuslager zeigen. Bei einem Vergleich der Florus Überlieferung mit dem Text von Cassius Dio müsste man aufgrund seiner gerafften Darstellung und so schnell wie es nach seiner Schilderung gemäß abgelaufen sein soll eigentlich schlussfolgern, dass den Legionären keine Zeit mehr für das Schaufeln zusätzlicher "Notlager" Schutzanlagen blieb. Da man aber mit dem Schanzen der hauptsächlichen Wallanlagen schon begonnen hatte bevor sich die Kämpfe auch innerhalb des Lagers ausbreiteten bzw. fortsetzten dürften diese fertig gestellt sein existierten also bereits. Folglich war es möglich, dass es auch auf Basis der Florus Überlieferung den Legionären gelang sich innerhalb des Lagers eine mehr oder weniger Schutz bietende Wallanlage zu suchen die sie nicht erst mitten im Kampfgetümmel hätten schaufeln brauchen. Ein Aspekt der erkennen lässt, dass auch in diesem Fall Florus mit Tacitus und Cassius Dio kompatibel ist. Männer die wohl nur weil sie eine gute Deckung fanden auch überleben konnten. Männer die wie Florus schreibt nicht nur im Lager kämpften, sondern auch in den Sümpfen der Umgebung. Und nach sumpfigen Regionen brauchte man zwischen Schweckhausen und Borlinghausen nicht lange suchen. Und diese kämpften nicht nur an dem Tag als man sich im "prima Vari castra" am Abend des zweiten Marschtages gegen die Germanen zur Wehr setzen musste, sondern waren auch noch an den zwei Folgetagen dem 3. und 4. Tag nach dem Abzug aus diesem Lager in weitere Gefechte verstrickt. Denn dazu hatte Cassius Dio berichtet, dass die Legionen auch nach dem Abzug wieder Verluste hinzunehmen hatten und am gleichen Tag noch im "Wald der nassen Wurzeln" nahezu aufgerieben wurden. Dazu folgen aber im nächsten Kapitel noch einige aufschlussreiche Analysen. Es sind dies die Abläufe und Verstrickungen auf die es hinzuweisen gilt und die im Rahmen der Betrachtung nicht aus dem Auge zu verlieren sind und die Geschehnisse kompatibel machen. Florus verfügte zwar nicht über das nötige Hintergrundwissen eines Cassius Dio und konnte es sich daher nur so vorgestellt haben wie er es auch berichtete. Und ebenso erging es auch Tacitus auch er war Opfer dessen was sich hundert Jahre nach der Schlacht noch darüber finden ließ. Auch Florus wird davon überzeugt gewesen sein, dass die Varusschlacht diesen von ihm dargestellten Verlauf genommen hat und demnach auch relativ schnell zu Ende ging. Ein Makel der ihm gegenüber Cassius Dio vor der Geschichte die Minuspunkte einbrachte. Florus wusste also im Gegensatz zu Cassius Dio auch nichts von der Existenz eines dritten noch folgenden Kampftages, eines weiteren Nachtlagers oder gar eines vierten Tages und auch nicht, dass sich Varus erst später das Leben nahm und er nicht im Zuge des Überfalls umkam. Aber es zeichnet sich ab, dass sich das von Tacitus beschriebene "dein" Notlager innerhalb des "prima Vari castra" befand. Das es aber außer diesem Notlager noch ein weiteres gegeben haben musste, nämlich das von Cassius Dio überlieferte, das die Legionäre vom 3. auf den 4. Tag errichteten wird nun auch deutlicher. Und Tacitus konnte letztlich nichts anderes wieder geben als das was Germanicus 15 + und seine Begleiter sahen und daraus lässt sich ein germanischer Überraschungsangriff so wie ihn Florus beschrieb nicht ableiten. Also kein zerstörerischer Kraftakt bei dem die von Varus mitgeführten drei Legionen in kurzer Zeit komplett vernichtet worden wären. Germanicus sah lediglich eine Freifläche an der Stelle wo sich sechs Jahre zuvor das "prima Vari castra" ausbreitete. Er blickte auf eine Lichtung von der man annahm, dass das was sich dort an Abgrenzungen noch oberirdisch erkennen ließ, das Werk dreier Legionen gewesen sein musste. Man kann die Nennung von drei Legionen auch als eine grundsätzlich logische Grundannahme ansehen oder verstehen, denn diese militärischen Kräfte hatte man ursprünglich Varus unterstellt, wieviel davon er letztlich in die Schlacht führte konnten die antiken Historiker ihren Vorlagen nicht entnehmen. Es war in Rom nie die Rede von Sollstärke, oder was Marbod einst mit "vacuas" also entleert meinte, was vorher abgestellt wurde, oder was man dieser Theorie folgend ab Brakel auf einem anderen Weg zur Lippe marschieren ließ. Es war eine fixe und allen bekannte Größe die in der Antike mehrfach zum Ausdruck kam. Aber vom bloßen Anblick auf eine "Walllandschaft oder Trümmerwüste" allein konnte man damals derartiges nicht mit letzter Sicherheit festgestellt und es wohl nur gemutmaßt haben. Nach dieser Theorie endeten die Kämpfe zunächst am 2. Marschtag im "prima Vari castra" und über deren Intensität lässt sich nichts sagen. Tacitus erwähnte keine Kampfspuren im Lager, denn davon fand sich nichts in seinen Vorlagen, was eindeutig darauf hinweist. Aber es spricht natürlich auch nichts dagegen, dass die Überlebenden auch noch im Lager gekämpft hatten bevor sie sich für die Nacht schutzsuchend hinter ein vorhandenes Wallteilstück gelegt haben könnten. Die Überlebenden werden Germanicus berichtet haben, dass schon viele ihrer Kameraden während des Marsches dahin und später bei den Kämpfen vor und im Lager umkamen. Es war die bittere Wahrheit die allen Teilnehmern bekannt war und die man nicht wiederholen brauchte. Germanicus und seine Reiter verfolgten an diesem Tag auch nicht mehr die einst blutige Spur zurück in Richtung Brakel. Dahin wo die Legionen her kamen bevor sie im Fahlenbruch das "prima Vari castra", errichteten. Das Lager, dass man auch schon aufgrund der ungünstigen Lage ein Notlager nennen muss. Hätte Germanicus auch einen Ritt in Richtung Brakel gewagt, dann wäre er wohl auch nördlich des Fahlenbruches immer noch auf Skelettteile und Reste vom Kampf gestoßen von denen Cassius Dio berichtet hatte. Denn dort hatten die Germanen schließlich begonnen plötzlich aus ihren Verstecken hervor brechend und auf schmalen Pfaden den Angriff zu eröffnen. Aber Germanicus ersparte sich diesen Abstecher vielleicht um nicht noch weiter in feindliches Gefilde zu geraten, zumindest berichtete Tacitus nichts darüber. Er verzichtete darauf diesen Sachverhalt darzustellen oder er las einfach nichts dazu. Und auch niemand hinterfragte später soweit man weiß die Details seiner Darstellung, also das was ihm von Germanicus, seinem Biographen oder anderen Teilnehmern übermittelt wurde. Es wurden keine Fragen danach laut, wo denn die Männer damals genau verstarben und aus wieviel Legionären, die drei Legionen am Abend des ersten Kampftages überhaupt noch bestanden oder wieviel von ihnen am anderen Morgen noch auf den Beinen waren. Rund 100 Jahre, also fasst vier Generationen nach der Schlacht interessierte es nicht mehr und keiner wollte und konnte noch wissen, ob das "was man so sagt" stimmen würde. Tacitus ging nicht auf diese triste Erkenntnis ein, der Zeitgeist war längst darüber hinweg gegangen und vom alten Elend wollte erst recht niemand mehr etwas wissen. Tacitus und Florus brachten es zu Papier und sie stellten ostentativ fest, dass es vor dem Untergang einmal drei Legionen waren und damit war der Sache genüge getan. Erst Cassius Dio weckte, was auch immer ihn dazu verleitet haben könnte weitere rund hundert Jahre nach Tacitus und Florus das Interesse für die die alten Ereignisse und Hintergründe, sammelte die Informationen, bereitete sie auf und wurde zum einzigen Historiker der sich in antiker Zeit detaillierter zum Schlachtverlauf äußerste. Aber das Notlager mit dem flachen Wall und Graben, dass Tacitus beschrieb, das sah Germanicus innerhalb des "prima Vari castra" im Fahlenbruch. Und es war sicherlich kein Lager so wie wir es uns im herkömmlichen Sinne vorstellen. Ein Lager unter dem man sich einen rundum Schutz vorzustellen hätte. Es war nur eine Nische eben ein notdürftiger Lagerplatz möglicherweise an einer Stelle wo die Wälle des "prima Vari castra" aufgrund ihrer Höhe den Überlebenden des ersten Kampftages noch ein Minimum an Sicherheit garantieren konnten. Aber das letzte Notlager das Varus in der Nacht vom 3 auf dem 4. Tag bezog war ein anderes und es befand sich einige Kilometer westlich davon. Dort wo man auf die Schädel der Getöteten stieß weil man sie an die Bäume genagelt hatte. Man sah es erst nachdem man die Ebene dazwischen auf der verstreut die bleichenden Gebeine lagen hinter sich gelassen hatte. Auch dort zeigten es die Überlebenden von damals dem Feldherrn Germanicus und dort berichteten sie ihm auch anschaulich von den germanischen Gräultaten. Denn im "prima Vari castra" sah man keine Schädel an Bäumen, denn dort war die Schlacht noch nicht zu Ende und dort bestattete man auch nicht die Knochen. Doch Stopp. Was hatten die Germanen mit den verletzten oder nicht mehr gehfähigen Legionären angestellt die sie am Morgen nach dem Abzug der Restlegionen noch im Lager antrafen ? Hatte man eventuell sie geopfert und die Überlebenden sahen doch noch ihre Schädel an den Bäumen und das auch im "prima Vari castra". Man muss sich die nötige Argumentationshilfe also wieder bei Cassius Dio holen, denn nach der Schlacht im "prima Vari castra" waren die von ihm dokumentieren vier Tage noch nicht vorbei, also ging die Odyssee des Varus danach noch mindestens 1 ½ Tage weiter. So zerschlagen oder aber bestätigen sich im Zuge dieser Betrachtung manche neuzeitliche Interpretationen und Auslegungen hinsichtlich der Position des taciteischen Notlagers. Die Kombinationen die man zur Rechtfertigung der Florus Darstellung anstellte stimmten nur insoweit, als dass sich das taciteische Notlager tatsächlich an irgendeiner Stelle, aber immer innerhalb des "prima Vari castra" befand. Aber damit allein lässt sich nicht bestätigen, dass hier einst die ganze Varusschlacht tobte und danach zu Ende war. Hinzu kommt, dass Szenarien kaum denkbar oder überliefert sind und sich in der Darstellung nur schwer nachvollziehen lassen, wonach Germanen ein Dreilegionen Lager im Handstreich genommen hätten, bzw. dazu imstande gewesen wären und selbst dann nicht, wenn es nur von Rumpflegionen besetzt gewesen wäre. Es mag auf einem menschlichen Grundbedürfnis beruhen Vorstellungen zu entwickeln wenn sich aus einem Text auch andere Interpretationen ableiten lassen oder denkbar sind um einem imginärem Wunschbild zu folgen. Auch dem Unmöglichen Raum zu geben steht bekanntlich nicht unter Strafe. Eine Theorie die allerdings schnell im Sande verläuft, da man bei dieser Rechnung andernfalls nicht auf die für eine Viertageschlacht nötigen drei im überzeugenden Abstand voneinander liegenden Nachtlager stößt. So deutet vieles darauf hin, dass es sich bei diesem Notlager mit flachen Wall samt Graben nicht um das Lager handelte, dass die Legionäre am Abend des dritten Marschtages nahe Borlinghausen anlegten. Diese Verwirrung verdanken wir Tacitus dessen Überlieferung sich nicht klar die Distanz zwischem dem "prima Vari castra" und dem letztes Lager nahe Borlinghausen entnehmen lässt. Zu rekapitulieren wäre, dass wir bei Florus nichts von einem Notlager lesen in das sich die dezimierten Reste zurück gezogen hätten, für ihn wurden die drei Varuslegionen in einem so genannten Gerichtslager komplett hinweg gefegt. Er sagte auch nichts dazu, dass es noch Überlebende gab, die dieses Lager anderntags verließen und vorher ihr "technisches Mobiliar" verbrannten, so wie wir es bei Cassius Dio lasen. Aber die Fakten sprechen dafür und indirekt schloss Florus es auch nicht aus, dass es Überlebende gab, denn er schilderte die Episode eines Geflüchteten dem es zuvor noch gelang einen Adler von einem Banner zu reißen. Aber insgesamt lassen sich bei Florus keine Anhaltspunkte dafür finden mit denen sich die Überlieferung von Tacitus stützen ließ. Im umgekehrten Sinne gibt es aber auch bei Tacitus keine Hinweise darauf mit denen sich der Florus Bericht untermauern ließe. Aber beide zusammen gefasst kommen dem sehr Nahe und sind im Wesentlichen deckungsgleich mit dem was Cassius Dio rund 1oo Jahre später wusste und nieder schrieb. Und sollte es tatsächlich das "Lager im Lager" gegeben haben, was sich nun hinreichend zu bestätigen scheint und worin die Überlebenden Schutz suchten, dann dürfte dies auch eine Bestätigung dafür sein, dass es zu Kämpfen im Lager und auch vor dem Lagerbereich kam. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Germanen das "prima Vari castra" zwar erstürmten und es auch darin zu Zweikämpfen kam, dass es ihnen aber nicht gelang sich dauerhaft innerhalb des Lagers zu behaupten und möglicherweise wegen der Dunkelheit oder der Gegenwehr wieder von ihm ablassen mussten. Florus stand demnach mit seiner Überlieferung wieder auf der Kippe zwischen Halbwissen und Realität. Und da Florus auf pauschale Weise schrieb, dass "nichts blutiger war als jene Katastrophe in Sümpfen und Wäldern" so hebelte er indirekt seine eigene Überlieferung wieder etwas aus, wonach mit dem Lagerüberfall die Varusschlacht zu Ende war und alle umkamen, denn demnach könnte sie danach auch noch maximal 1 ½ Tage weiter gegangen sein. Aber vielleicht sollte man auch diesen Hinweis von ihm nicht so wörtlich nehmen, denn gekämpft wurde sicherlich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Lagers. Aber so ließ es sich von Florus seinen Lesern gegenüber auf vereinfachte Weise besser veranschaulichen. Und wer um das Jahr 120 + wissen wollte was damals geschah hatte zumindest eine grobe Vorstellung davon. Zählt man sich zu jenen, die für die Varusschlacht immer noch die Florusversion - und nicht die des Cassius Dio zugrunde legen möchten, dann bedeutet dies letztlich nichts anderes, als Cassius Dio zu unterstellen, ob bewusst oder unbewusst falsche Nachrichten verbreitet zu haben oder fehlerhaften Quellen aufgesessen zu sein. Eine Argumentation der sich hier auf plausible Weise einiges entgegen halten lässt. Denn Cassius Dio beschrieb nachvollziehbar eine mit Unterbrechungen statt findende Marschschlacht, was nicht den Anschein weckt, als wäre es eine beliebige Erzählung in Form einer Unterhaltungslektüre. Er widmete sich den Phasen in denen man Lageraufbau betrieb, Lager die man wieder verließ und den dazwischen liegenden Aktivitäten. Zeiten während denen man es mit den Unbillen der Natur zu tun bekam oder die man mit Marschieren und letztlich Kämpfend verbrachte. Und Cassius Dio hängte dem sogar noch einen vierten Tag an und es lässt sich kein Anlass finden warum man seine Darstellung in Frage stellen sollte. Er hatte sicherlich nach den langen Jahren auf dem Parkett römischer Varusforschung keine inhaltliche Rivalität mehr von anderer Seite zu befürchten. Seine Worte wirken authentisch, was ihn von dem Verdacht befreit, er habe sich möglicherweise in Kenntnis der Florus Überlieferung bewusst von ihr absetzen wollen. Somit wäre sowohl Tacitus als auch Florus die Basis entzogen zu Cassius Dio eine abweichende historische Position eingenommen zu haben und viele Historiker könnten sich auch noch über die Gräber hinweg in Einigkeit die Hände reichen. Eine scheinbar eintägige Großschlacht der Germanen die nahezu gigantische Ausmaße angenommen haben müsste und in der das gesamte Varusheer wie im Rausch komplett vernichtet worden sein soll, hätte demnach nicht statt gefunden. So erkennt man den starken Widerspruch der zwischen dem Überfall auf Gerichtslager und einer sich über vier Tage und über viele Kilometer hinziehenden Marschbewegung liegt, die in ihrem Verlauf von zwei Großschlachten und einem weniger intensiven Schlagabtausch nach dem Verlassen des "prima Vari castra" geprägt war. Und es wird deutlich, dass sich hinter dem Überfall auf das vermeintliche Gerichtslager nur die erste dieser zwei Großschlachten verbarg die nach Cassius Dio am zweiten Marschtag ausbrach und und an diesem Tag im "prima Vari castra" ihr Ende fand. Florus hingegen lässt sich also nicht der Vorwurf machen, er habe grob fehlerhafte Nachrichten verbreitet, er hatte es höchstens zu halbherzig und oberflächlich also zeitgemäß dargestellt. Denn das "prima Vari castra" wurde im Zuge der Kämpfe am ersten Kampftag in der Tat auch mit tangiert, aber es wurde nicht in Gänze überrannt und es wurde auch nicht alles Leben darin ausgelöscht. Florus stellt es nur wie eine kurzzeitige Einzelaktion dar, obwohl es ein wesentliches militärisches Merkmal der Marschschlacht gewesen sein dürfte. So hinterlässt seine Niederschrift mehr den Eindruck, als ob es ihm stark an Wissen darüber mangelte was damals vorging, oder es nicht bis zu ihm durch drang. Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung zum Florus Bericht, denn in der Brust des antiken Menschen schlug ein Herz, dessen Schlag uns fremd ist, was deren Lebensbedingungen und Bildung anbetraf. Welche Bevölkerungsschichten erreichten überhaupt die Werke der antiken Geschichtsschreiber und wie standen diese zur Historie längst vergangener Zeiten. So könnte das Motiv von Florus ähnlich wie auch das von Tacitus darin bestanden haben, nur jene Leserkreise erreichen zu wollen, die am genauen Hergang der Schlacht nach rund hundert Jahren nur noch wenig Interesse zeigten. Ihnen wird man keine langen Abhandlungen zugemutet haben und es kam vielleicht zu ihren Zeiten schon mehr auf Schlagzeile und Quote, statt auf saubere Recherche und klare inhaltliche Aussage an. Das Varus die Absicht hatte bei den Aufrührern einen Gerichtstag einzuberufen und bei dem Versuch zu schlichten oder wieder für Ruhe zu sorgen scheiterte und man ihm auf diesem Wege eine Falle stellte, wusste man in Rom auch noch 1oo Jahre danach, aber damit erschöpfte sich schon das Interesse und ihre Wißbegierigkeit und Varus war bei ihnen nur noch als Karikatur präsent und stand Symbolhaft für die Unfähigkeit eines Feldherrn. Dazu passte, dass es sich nach dem Vorstellungen von Florus bei dem überfallenen Lager auch nur um dieses Gerichtslager gehandelt haben konnte. Das es 9 + in Ostwestfalen allerdings gar nicht erst zu einer Gerichtsverhandlung kam, da ihr der germanische Angriff zuvor kam, was ein Gerichtslager nicht nur überflüssig machte, sondern ihm auch jeglichen Sinn entzog war in Rom längst kein Gegenstand mehr für ernsthafte Überlegungen. So war dies alles im Rom des Jahres 120 + als Florus schrieb weder im Bewusstsein der meisten Menschen, noch war es für sie von Belang. Es gab wohl nach so langer Zeit nur noch wenige Wissensdurstige und das selbst innerhalb der römischen Oberschicht nicht, die an der Florus Darstellung Anstoß nahmen und mehr von alledem wissen wollten. Florus kannte wie alle zwar den Grund mit dem man Varus in den Hinterhalt lockte, aber das Geschehen in die richtige Reihenfolge zu setzen war ihm nicht vergönnt. Und das sich ihm die Germanen schon auf dem Weg zum Gerichtslager entgegen stellten und die Schlacht eröffneten und es dann nur noch für ein Notlager reichte war ein so komplexer Vorgang in dessen Tiefe er nicht eindrang. Sein Kenntnisstand beschränkte sich darauf, dass die Germanen ein Lager überfielen und um was sollte es sich dabei auch anders gehandelt haben, wenn es nicht das Gerichtslager war von dem alle sprachen so wie es sich nach der Schlacht in den Straßen Roms herum gesprochen hatte. Seine Kenntnis endete da wo die von Cassius Dio einsetzte. Ihm war bekannt, dass in diesem Lager zwar gekämpft, es aber nicht überrannt und darin auch kein Varus mehr zu Gericht sitzen wollte weil es nicht mehr möglich war. Und Cassius Dio entnehmen wir auch, dass es nicht das letzte Varuslager war, sondern das noch eines folgen sollte. Und so entdecken wir darin auch Tacitus als Gewährsmann für die Darstellung einer Mehrtagesschlacht und nicht der eines Lagerüberfalls. Denn auch er stellte klar, dass es sich dabei um das erste Lager von Varus handelte, nämlich das "prima Vari castra" war auf das noch mindestens ein zweits Lager folgen sollte. Und das Lager was noch folgte, war das Notlager, dass Varus für die Nacht vom 3. auf den 4. Marschtag anlegte wie es sich Cassius Dio entnehmen lässt. Damit wird wieder deutlich, dass das "dein" Lager in das sich die Überlebenden zurück zogen mit dem ersten Varuslagers identisch ist. Das nächste Lager kam bei ihm nicht mehr zur Sprache, er deutete mit der Bemerkung "prima" nur die Existenz eines weiteren eines "secundus" Lagers an und das es kein "tertia" Lager mehr gab ist bekannt. So war Tacitus da er von einem Folgelager ausging auch bewusst, dass die Varusschlacht nicht im "prima Vari castra" endete. Und wenn sich die Schlacht noch über die Kämpfe im "prima Vari castra" hinaus gezogen hat und ein weiteres Lager nötig war, so lässt sich daraus erschließen, dass dazwischen wieder ein Marschweg gelegen haben muss. Eben der Marschweg der in die letzte Großschlacht mündete, wo sie dann endete und wo man den Knochenberg auftürmte. Damit schließt sich erneut ein Glied womit Tacitus eindeutig auf die Cassius Dio Linie einschwenkt. Möchte man die Trennlinie in den Tacitus Überlieferungen zwischen dem Besuch des "prima Vari castra" und dem letzten Akt der Schlacht nahe Borlinghausen identifizieren, so könnte man sie da ziehen, wo Tacitus von den benachbarten Hainen also jenen Waldgebieten spricht in denen man später auf die Altäre der Germanen stieß und wo man die Tribunen und Centurionen hinrichtete. Und hier ging auch die Berichterstattung der Überlebenden weiter die im "prima Vari castra" geendet hatte. Hier an der letzten Station nahmen sie den Faden wieder auf und berichteten über das Ende der Schlacht. Da wo die Legaten fielen, wo die Germanen die Legionsadler raubten, wo Varus sich tötete und sie von den Germanen verhöhnt wurden. Allesamt Ereignisse die am letzten Tag statt fanden, sich aber nicht mehr im Bereich des "prima Vari castra" zutrugen. Das "prima Vari castra", das Varus noch verteidigen, in dem er sich noch über Nacht behaupten und es am nächsten Morgen mit seinen restlichen Truppen verlassen konnte lag vom Endschauplatz etwa 9 Kilometer entfernt. Cassius Dio rückte die unscharfen Darstellungen von Florus und Tacitus in ein verständliches Licht und stellte den Zusammenhang her. Und Cassius Dio gelang es vermutlich im 3. Jhdt. Jene Bevölkerungsschichten zu gewinnen, die wieder an der Aufarbeitung der alten Geschehnisse interessiert waren. Wer die Tacitus Jahrbücher aufmerksam gelesen hat weiß, dass es neben der unklaren Bedeutung des von ihm verwendeten lateinischen Wortes "dein", dass die Forschung immer schon ins Grübeln brachte auch noch andere Worte von ihm gibt, mit denen sich die Altphilologie seit jeher schwer tut. Diese lauten "medio campi" und es sind Worte die immer mit den Wallanlagen in Verbindung gebracht werden und hinter denen sich die Überlebenden schutzsuchend niederließen. Mit diesen zwei Worten erklärt Tacitus wo Germanicus die bleichenden Gebeine der getöteten Legionären sah, nämlich "medio campi". Die Lage dieses Ortes beschreibt uns Tacitus, dass sie sich zwischen den geschanzten Wallanlagen der drei Legionen und einer etwa halbhohen schwachen Verschanzung befand. Eine Wallnische die den Überlebenden als Schutz diente. Die Knochen entdeckte man also mitten im "prima Vari castra" . In der Übersetzung bietet uns dazu die Altphilologie als Erklärung unter anderem"auf der Ebene dazwischen" an. Obwohl das Wort Ebene irritiert und wohl eher als Freifläche gedeutet werden sollte, sah man demnach die Skelette noch eindeutig innerhalb des "prima Vari castra". Was die Worte "medio campi" anbelangt so darf man anmerken, dass im lateinischen Sprachraum auch Bauernhöfe die sich inmitten von Feldern befinden in "medio campi" genannt werden. Auch das Innere des "prima Vari castra" als Feld zu bezeichnen wäre zwar nicht das geeignete Wort um damit die Innenfläche eines einst befestigten römischen Militärlagers zu bezeichnen, aber Feld im Sinne von Freifläche findet häufig Verwendung und es lässt keine andere Deutung zu als dass sich die Knochen im "prima Vari castra" befanden. So waren es folglich nicht die Knochenreste jener Getöteten vom Morgen nach dem Abzug aus diesem Lager als es erneut zu Gefechten kam. Die Skelette jener Gefallenen die Germanicus und seinen Reitern zwar vom Pferd aus aufgefallen sein dürften, als sie den Oberen Bördenweg entlang ritten waren demnach nicht die, die Tacitus als in "medio campi" befindlich beschrieb. Die Tacitus Skelette stammten von den Kämpfen im Lager und das im Lager gekämpft wurde, darüber hatten alle drei antiken Historiker übereinstimmend berichtet. Was also schon für das "Notlager" gilt, gilt folglich auch für die Skelettteile und so sollte man das "Notlager" des Tacitus nicht mit dem Lagerplatz vom 3. auf den 4. Tag verwechseln. Es gab Skelettteile zwar aufgrund der weitläufig statt gefundenen Gefechte grundsätzlich überall da, wo einst gekämpft wurde, aber die die Tacitus beschrieb lagen innerhalb des "prima Vari castra". Man sah den Körpern anhand ihrer Kleidungs- und Uniformreste auch noch nach sechs Jahren an, dass es Römer und keine Germanen waren. Ihre Überreste befanden sich demnach sowohl im ersten Lager des Varus als auch zum Ende des Marschzuges wo die zweite Großschlacht tobte und wo man später die Knochen auftürmte. Aber der Hügel den man damit errichtete befand sich nicht in der Nähe des weiter vom Saltus entfernt befindlichen "prima Vari castra", sondern wie sich nach Cassius Dio entnehmen lässt in der Region wo die Endschlacht ausgetragen wurde. Man sah Knochenreste folglich überall da, wo einst das Varusheer entlang zog und wo es unter ihnen zu Verluste kam, denn die Germanen waren offensichtlich nicht daran interessiert die getöteten Legionäre später mit Erde zu bedecken. Aber es lässt sich auch damit nicht rechtfertigen, dass das "Lagerüberfall Großereignis" gleichbedeutend mit der gesamten Varusschlacht war so wie es Florus vermittelt hatte. Diverse Historiker die dem Gedanken zugeneigt sind Florus könne doch der Überbringer der wahren Geschehnisse des Jahres 9 + gewesen sein, sei entgegen zu halten, dass sich auf dieser Basis schwer eine Gegenthese zu Cassius Dio positionieren und untermauern lässt. Für Florus und Cassius Dio die uns berichteten waren es vordringlich die schlachtbedingten Gemetzel, während Tacitus sechs Jahre danach nur noch von skelettierten Knochen schreiben konnte und diese schienen allgegenwärtig gewesen zu sein. Sie lagen im "prima Vari castra" müssen sich längst der Marschroute befunden haben und lagen natürlich gehäuft da, wo die Germanen zum Ende hin die zahlenmäßige Oberhand gewonnen hatten wie Cassius Dio schrieb und wo man die Reste der Legionen am letzten Kampftag widerstandslos nieder strecken und an ihnen ihre Ritualwut ausließ. Zwischen dem ersten Varuslager und dem letzten Varuslager lagen sie verstreut auf einer Distanz von etwa 9 Kilometer abschnittsweise auch in konzentrierter Form, je nachdem wo die Germanen den Marschzug nach dem Abzug aus Schweckhausen attackiert hatten. Und natürlich sah man sie da, wo die zweite Großschlacht im "Wald der nassen Wurzeln" getobt hatte, sich also der Untergang abzeichnete. Auf Basis dieser Überlegung muss der Versuch scheitern, der Mehrtagesschlacht Darstellung den Boden entziehen zu wollen die sich nach Cassius Dio über insgesamt vier Tage erstreckte. So reduzierten sich die Argumente die für einen massiven Überfall auf ein Gerichtslager ins Feld geführt werden. Möchte man jetzt immer noch geneigt der Tacitus Darstellung im Sinne von Florus zu folgen und dem Lagerüberfall Sympathie abzugewinnen, dann sollte man auch bedenken, dass beide Historiker mit dem was sie schrieben immer von drei noch komplett existierenden, also hoch gerüsteten römischen Elitelegionen sprachen. Legionäre die sich demnach äußerst professionell hinter Wall und Graben verschanzt hatten, die außer ihren Waffen noch über das nötige Baumaterial verfügten. Legionäre die offensichtlich keine Verluste zu beklagen hatten und mit Palisadenpfählen ausreichend versorgt waren, die also ihren Ballast nicht schon unterwegs aufgeben mussten und daher imstande waren ein optimales Lager im Sinne von uneinnehmbar errichten zu können. Die also auf keinen einzigen Ochsenkarren verzichten brauchten, weil dieser schon im Zuge der Kämpfe auf der Strecke geblieben wäre. Ein Verlauf der hundert Jahre später von Cassius Dio auf den Kopf der Realität gestellt wird. Varus verfügte nach den Aussagen von Tacitus und Florus zum Zeitpunkt der Lagerverteidigung demnach noch über die immense und geballte Verteidigungs- also Schlagkraft von drei Legionen und mehr woraus die Forschung auf Basis der Quellen eine Gesamtzahl von 15.000 bis 20.000 Mann hoch rechnete woraus sie allerdings nie bestanden. Stichwort; "vacuas". Aber darauf beruhte immer noch ihre fälschliche Annahme als sie schrieben, dass drei Legionen umkamen. Glauben wir ihnen also trotz vieler Widersprüche, dann hätten die Germanen um diese hoch gerüstete Berufsarmee noch dazu in einem vom ersten Hammerschlag an durch geplanten "Polybios" Lager mit Mann und Maus vernichten zu können über schätzungsweise 30.000 kampffähige und kräftige germanische Männer ausgestattet mit guten Waffen verfügt haben müssen. Aber diese Männer hätte weder das alte Germanien noch eine noch so fruchtbare Warburger Börde hervor bringen können. Über die Anzahl sich gegenüberstehender Heere bei innergermanischen Großschlachten vor der Zeitenwende ist nichts bekannt geworden aus denen man hätte ableiten können über welche Wehrfähigkeit die Germanen im Jahre 9 + verfügten bzw. bevölkerungsmäßig imstande gewesen wären um sie aufzubieten. Wohlweislich gilt das nur für das Jahr 9 + während Arminius später gegen Germanicus die massive Unterstützung von Angrivarier und Elbgermanen hinter sich hatte Großschlachten für die die Varussschlacht eher den Stellenwert einer Generalprobe hatte. Die Keltenschlachten von Alesia und Bibracte unter Cäsar bieten sich nur schwerlich zum Vergleich an, da auch damals Römer in diesem Fall gegen Kelten kämpften und sich nicht Kelten untereinander bekriegten. In Germanien lebte seinerzeit auch keine Bevölkerung die sich unauffällig darauf hätte vorbereiten können und die über die technischen und taktischen Voraussetzungen verfügte und die Fähigkeiten besessen hätte ein römisches drei Legionenlager zu erstürmen. Die Varusschlacht war einige Nummern kleiner als etwa die Schlacht bei Idistaviso oder am Angrivarierdamm und sie war eine Geheimoperation, während die Germanicus Schlachten kein Versteckspiel mehr kannten. Obwohl sich die Texte von Tacitus und Florus inhaltlich und das recht unaufgeregt nun in eine Mehrtagesschlacht integrieren lassen bleibt die Frage offen, warum uns Cassius Dio einen plausiblen Bericht hinterließ aber Tacitus und Florus nicht. Vorzugsweise lässt es sich wohl mit der zeitlichen Distanz und der allgemeinen Interessenslage begründen, mit der der Grieche und "Nichtrömer" Cassius Dio unbelastet über die alten Geschehnisse berichten konnte und später auch durfte, da 200 Jahre danach alles stark an Bedeutung verloren hatte. Hier ließe sich abgewandelt sagen, dass sich alle drei Überlieferungen einschließlich Paterculus völlig unproblematisch zu einem einzigen Handlungsstrang verschmelzen lassen, da das eine das andere nicht ausschließt. Hilfreich für die Analyse war der fortwährende Textabgleich vergleichbar mit einem Faktencheck in dem man nach den schlüssigen Verbindungen der Historiker untereinander Ausschau halten musste um das Kompatible zu sichten und heraus arbeiten zu können und danach brauchte man nicht lange suchen. So lässt sich im Lagerüberfall aus der Feder von Florus ohne Mühe ein integrales Element der Mehrtagesschlacht erkennen. Denn der Überfall auf ein römisches Gerichtslager auf den Florus einging war letztlich eines der herausragenden und prägnantesten Ereignisse in der Mitte der Mehrtagesschlacht. So verwundert es auch nicht, dass es gerade die Kämpfe um das "prima Vari castra" waren, worunter man im Imperium immer nur das Gerichtslager verstand, was damals bis in die Zeiten von Tacitus und Florus die antike Welt bis ins Mark erschüttert hatte. Das sich ein Naturvolk erdreistete die römische Zivilisation an ihrer ehrenhaftesten und empfindlichsten Stelle wie etwa der Unantastbarkeit der Rechtsprechung zu treffen und sie zudem auf dem Höhepunkt ihrer Macht bloß stellte, ihre Vorherrschaft missachtete, zudem noch siegreich war und ihre Taten ungesühnt bleiben sollten war bitter und das der italienische Aberglaube das Ereignis bis in unsere Tage bewahrt, lässt ihre Tragweite erkennen. Und da sich Schicksal nachträglich nicht korrigieren lässt wurde vieles in späterer Zeit gedreht und gewendet bis der wahre Kern auf der Strecke blieb und erst einem Cassius Dio gelang es für Abhilfe zu sorgen. Das schmachvolle Resultat der Schlacht wurde zum Eklat erhoben was besonders an Menschen die der Dichtkunst nahe standen haften blieb. Während Ovid die Schlacht für seine persönlichen Zwecke instrumentalisierte um durch Schmeichelei zu erreichen, dass der Kaiser seine Verbannung aufheben würde, vermisste man bei Florus in diesem Zusammenhang in Gänze das dichterische Element. Aber es ließ sich damit noch Jahrzehnte nach der Schlacht in Rom mit wenigen Zeilen Rage und Empörung, Trauer und Wut verbreiten vor allem, wenn es gerade in die politische Lage passt. Florus griff diesen einen hoch sensiblen Akt heraus, reduzierte und komprimierte die ganze Varusschlacht auf diese eine Episode und ersparte es sich auf die vielen Begleitumstände einzugehen, so wie es ihm später der Geschichtsschreiber Cassius Dio abnahm. Zu überlegen ob Florus oder Tacitus doch mehr über die Details wussten es uns aber verschwiegen ist müßig und brächte uns noch weiter in die Grauzone spekulativer Geschichtsforschung.
Aber das Resümee kann nur lauten:
"Lagerüberfall ja - Mehrtagesgefecht" ja.
Aber nicht:
"Lagerüberfall oder Mehrtagesgefecht"
sondern:
"Lagerüberfall und Mehrtagesgefecht"
- oder:
"Mehrtagesgefecht einschließlich Lagerüberfall". (26.05.2022.)

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