Montag, 19. August 2024
Die Crassusschlacht - Ein frühes Pendant zur Varusschlacht.
Paterculus wollte sich in einem separaten Werk ausführlich der Varusschlacht widmen. Entweder tat er es nicht, oder was er schrieb ist verschollen. Die Forschung bedauert daher, dass uns nichts dazu von ihm vorliegt. An Stelle dessen gibt es aber Anhaltspunkte die darauf hindeuten wo die Ursachen dafür gelegen haben könnten, dass es nur bei einer Ankündigung blieb und sein Werk nie Realität wurde. So umschrieb er die einzelnen Etappen der Schlacht wie im voraus gegangenen Kapitel dargestellt unter Zuhilfenahme römischer Kampfteilnehmer öffnete aber noch eine weitere Tür um unser Verständnis zu wecken in dem er in nahezu auffälliger Weise die Schlacht von Carrhae beschrieb. Damit könnte er seine Absicht verhüllt haben nicht unmittelbar auf die Varusschlacht eingehen zu müssen. Liest man seinen Bericht zur Crassusschlacht, dann können einem Bedenken kommen, ob es wirklich sein Bestreben war sich zu einem späteren Zeitpunkt nochmal mit Varus beschäftigen zu wollen. Sein Weltbild war in allen Punkten nicht mit dem des Cassius Dio vergleichbar und nicht nur weil dieser rund zweihundert Jahre nach ihm schrieb. Es lag ein zeitlicher Abstand dazwischen etwa vergleichbar mit einem Historiker, der sich erst in unseren Tagen literarisch mit der Schlacht bei Waterloo im Jahre 1815 auseinander gesetzt hätte. Und während man sich sicher ist, dass die Schlacht von Waterloo Europa veränderte, wollte man der Varusschlacht diesen Stellenwert nie zugestehen. Interessant bleibt aber die Feststellung, dass es im Gegensatz zur zahlreichen englischen Literatur keinen zeitnahen Bericht über den Verlauf der Schlacht bei Waterloo von offizieller französischer Seite gibt, die auch den Namen des dortigen Gasthofes „Belle-Alliance“ trägt. Möchte man nach Parallelen suchen, so werden sie an diesem Beispiel deutlich, denn sowohl die zeitnahen Nachfahren der „Grande Armée“ als auch die der Legionen XVII, XVIII und XIX wollten wohl um des schmaches Willen keinen unnötigen Nährboden liefern und vermieden es daher sich mit der Aufarbeitung zu beschäftigen. Der Ausgang der Varusschlacht von dem Augustus auf mündlichem Wege am 6. Oktober 9 + erfuhr war für das Imperium ein Desaster. Obwohl die Niederlage in den Köpfen noch lange nach hallte macht es den Eindruck, dass man das Thema unterschwellig und abseits öffentlicher Diskussion behandeln wollte und es vermied sich damit auseinander zu setzen. In Ostwestfalen hingegen geriet die Varusschlacht nie in Vergessenheit, fand aber am einstigen Austragungsort ihre Bestätigung auf schriftlicher Ebene erst nach 747 bzw. 748, als sich Abt Sturmius im Kloster Monte Cassino aufhielt. Von Italien aus überführte er wie man vermuten darf die Tacitus Annalen nach Fulda um sie dort später für die Abtei Corvey zu kopieren wo man sie zu interpretieren wusste. Paterculus schrieb seinen Bericht nieder als sein einstiger Weggefährte Tiberius zu dem er in enger Verbindung stand schon römischer Kaiser war aber die politischen Verhältnisse noch unter dem Eindruck der Varusniederlage standen, was seine literarische Bewegungsfreiheit einschränkte. Tiberius hielt sich wie auch Paterculus zur Zeit der Varusschlacht nicht im ostwestfälischen Spannungsgebiet auf trug aber als Befehlshaber von Germanien für alles was dort geschah unterhalb der kaiserlichen Ebene die Verantwortung und vermutlich hatte er auch an der Entsendung von Varus an die römische Ostfront seinen Anteil getragen. Zudem war er da er ihm wegen des Markomannenfeldzuges und dem folgenden Pannonienkrieg erhebliche Kampfkraft entzogen hatte mehr als nur indirekt für seine Niederlage verantwortlich. Vermutlich aufgrund seiner besonderen Beziehungen zu Tiberius vermied Paterculus es ihm gegenüber eine richtende Rolle zu den Ereignissen des Jahres 9 + einzunehmen. Seine Methodik verrät, dass er nicht wie ein Kriegsberichterstatter vom Format eines Cassius Dio auftreten wollte, dessen Schriften sich ein chronologischer Ablauf entnehmen lässt. Er setzte andere Prioritäten und schlug einen Weg Abseits davon ein in dem er auf den anfänglichen Befehlsnotstand der Legionäre am ersten Kampftag einging und im Anschluss daran den Mensch in den Vordergrund seiner knappen und heroischen Darstellungen stellte. Eine Vorgehensweise mit der er wie bereits beschrieben auf indirekte Weise den Hergang schilderte. Das Heer des Varus ließ er ehrenvoll zugrunde gehen, vermittelte uns aber keine klare Abfolge der Geschehnisse, geschweige denn Hinweise denen sich eine Örtlichkeit entnehmen ließe. Seine Niederschrift war unverfänglich verfasst und enthielt die zeittypische Kritik an Varus und den Umständen. War vor allem aber im Sinne des Kaiserhauses loyal eingefärbt und stand damit ganz im Einklang mit seinem einstigen Vertrauten, der nun das kaiserliche Spitzenamt bekleidete und vor dem er literarisch betrachtet die schützende Hand ausbreitete. Hätte er sich deutlicher zum Schlachtverlauf positioniert wäre Tiberius möglicherweise noch zu Lebzeiten mit kritischen Nachfragen konfrontiert worden und seine und die eigene Person hätte Schaden nehmen können. Paterculus wurde dem gerecht in dem er sich auf die unterste Ebene der Schilderungen begab, da wo man kämpfte und starb aber nicht weiter oben, wo sich die Frage nach der Verantwortlichkeit gestellt hätte. Im Zusammenhang mit Paterculus darf man sich aber auch die Frage stellen, wie weit man gehen darf wenn man aus seinem Verhalten politisches Kalkül heraus lesen möchte. Paterculus sah sich der Korrektheit verpflichtet und so könnte es sowohl sein Bestreben als auch sein tieferer Beweggrund gewesen sein die Wahrheit über die Varusschlacht durch die Blume auszudrücken. Und vielleicht lässt sich dies neben der Darstellung menschlicher Schicksale auch am Beispiel der Crassusschlacht bei Carrhae darstellen auf die Paterculus in besonderem Maße einging. Möglicherweise sogar in derart deutlicher Weise, als dass er sich mit seinem Querverweis auf dieses Ereignis sogar verdächtig machte und damit das preis gab, was er bei der Varusschlacht vermeiden wollte. Er schrieb nicht ohne Grund, dass die Varusschlacht das furchtbarste Unglück nach der verlorenen Schlacht gegen die Parther im Jahre 53 - war stellte also beide Schlachten gegeneinander. Es war eine Schlacht die nahe dem heutigen Haran in der südöstlichen Türkei unmittelbar an der syrischen Grenze und und damit etwa 2800 km vom „Saltus“ entfernt stattfand. So stellte er auf diese Weise eine Verbindung über eine große Distanz her, wie er es auch schon mal an anderer Stelle tat, als er von einem „ad caput Juliae“ sprach, in dem die Forschung allerdings eine Quellenverderbtheit sehen möchte und statt „Juliae“ darin gerne „Lupiae“ lesen will da es dann besser zur Lippe gepasst hätte. Paterculus spielte jedoch damit schlicht und einfach auf den Julierpass an. Einen Stützpunkt an einer der wichtigsten Straßenverbindungen im römischen Reich, nämlich der ihm gut bekannten “Via Gemini” von Aquileia nach Emona dem heutigen Ljubljana. Eine Straße gut vergleichbar mit dem Helviusweg sozusagen die Via Helvius“ die bei Schwaney über die Egge führt und die wir heute deswegen vielleicht Hellweg nennen. Beides sind wie auch die “Via Gemini” bedeutende Passstraßen, wobei die “Via Gemini” schon unter Julius Cäsar begonnen, aber erst unter Augustus vollendet wurde. So dürfen wir bei Paterculus seine Tiefsinnigkeit nicht verkennen wenn er lateinische Namen wie den Julierpass erwähnt oder historische Begebenheiten miteinander vergleicht um damit der Varusschlacht ihren bedeutsamen Platz in der Geschichte zuzuweisen. So stellte er die letzten zwei großen Niederlagen des römischen Reiches auf eine Ebene und tat dies obwohl unter Crassus doppelt so viele römische Legionen als unter Varus aufmarschierten und auch der Verlust an Menschenleben in der vorderasiatischen Wüste höher gewesen sein dürfte. Es ist aber in diesem Zusammenhang angeraten auf die Person des Velleius Paterculus zu blicken. Denn noch vor allen anderen antiken Historikern war ihm daran gelegen, die ersten Quellen zur Crassusschlacht auszuwerten, wozu er offensichtlich bemächtigt war. Und dies tat er in einer seltsamen Ausführlichkeit wie wir sie uns im Falle der Varusschlacht von ihm gewünscht hätten. Paterculus stand der Crassus Schlacht zeitlich noch relativ nahe und brauchte nicht in Senatsakten stöbern wie man es bei Cassius Dio vermuten darf. Er war somit der römische Geschichtsschreiber schlechthin dem wir es verdanken auf gleich zwei antike Großschlachten eingegangen zu sein. Paterculus wurde etwa 33 Jahre nach der Schlacht von Carrhae geboren und soll sich auf Gaius Asinius Pollio ( 76 - bis 5 - ) gestützt haben, den er für seine Neutralität gelobt hatte. Diese Erwähnung ist um so beachtenswerter, als das sie zeigt wie wichtig es Paterculus war sich auf glaubhafte Personen zu beziehen, die sich der Neutralität verpflichtet sahen was auch die Glaubwürdigkeit und damit den Wert seiner Aussagen in Bezug auf die Varusschlacht steigert. Gaius Asinius Pollio der die Partherschlacht objektiv kommentierte, hatte keinen kaiserlichen Bannstrahl aus Rom zu befürchten, da Cäsar 53 - anders als Augustus bzw. Tiberius 9 + nicht in das Geschehen von Carrhae verstrickt waren und sich daher nicht zu Mitschuldigen gemacht hatten, während Paterculus der Staatsräson wegen sein Wissen über die Hintergründe der Varusschlacht zurück hielt. Crassus hingegen war damals mit Cäsar und Pompeius über das Triumvirat gleich gestellt und somit für seine Niederlage selbst verantwortlich. Unterschätzen wir also Paterculus nicht der wusste was er tat besser gesagt was er schrieb bzw. was er nicht schrieb. Es waren zwei Ereignisse die Paterculus zusammen führte und stellte dabei einen von ihm wohl durchdachten Bezug her. So wäre es auch zu kurz gegriffen würde man seine Bezugnahme auf die Crassusschlacht als einen bloßen und unbedarft gemeinten Vergleich abtun. Man würde einem Paterculus nicht gerecht werden und sollte ihn nicht unterbewerten, wenn er sich nur dieser Thematik gewidmet hätte um die triste Erinnerung an sie wieder aufleben zu lassen, oder um damit die rein informelle Botschaft zu verbinden, dass die Varusschlacht der Crassuschlacht in nichts nach stand. Paterculus stand in jungen Jahren sogar selbst am nur rund 76 km von Haran entfernten Euphrat und konnte sich einen Eindruck von der kargen Landschaft und den dortigen Schlachtengegebenheiten verschaffen, dürfte sich also ein umfassendes Bild zu den Geschehnissen von Carrhae gemacht haben und ließ sich den Verlauf bei dieser Gelegenheit vor Ort erklären. Auf dieses Wissen stützend avancierte er später zu einem Mitkommentator der Varusschlacht. In beiden Fällen erkannte er, dass die Ursachen für die Niederlage darin lagen, dass man sich jeweils zu tief in feindliche Abhängigkeiten begeben hatte. Crassus vertraute dem gegnerischen Verräter da ihm die Tücken der Halbwüsten fremd waren während Varus, da er in Unterzahl war auf die kriegerische Unterstützung der Cherusker angewiesen war. Beiden römischen Heerführer war gemein dass ihnen der Verrat nicht auffiel, sodass sie den Weg in den Untergang blind antraten. Die Schlacht die nahe Carrhae verloren ging war vor der Varusschlacht die letzte große Schlappe die das Imperium hinnehmen musste und das er diese Parallele ohne Hintergedanken gezogen haben soll möchte man ihm daher nicht abnehmen. Alle anderen verlustreichen Schlachten waren älter wie etwa die an der Allia gegen die Kelten, an der Trebia gegen die Punier, die Schlacht bei Cannae bei der Hannibal sechzehn römische Legionen vernichtete oder die verheerende Niederlage der Heerführer Mallius Maximus und Caepio gegen die Kimbern und Teutonen. Die Clades Lolliana unterdessen zog er nicht heran da sie ihm ungeeignet erschien um sie mit der Varusschlacht zu vergleichen. Aber die Schlacht bei Carrhae/Haran fügte sich vortrefflich in seine Vorstellungen zum Untergang der Varusarmee, als dass hinter seiner Erwähnung nicht mehr gesteckt hätte. Sein Vergleich verriet auf den ersten Blick nicht die darin liegende Brisanz, sodass man ihn in seiner Zeit nicht missverstehen konnte. Alle Befehlshaber auch in neuerer Zeit haben sich bis in die unteren Hierarchien mit der Aufarbeitung einstiger Niederlagen, vor allem aber mit den Verfehlungen der jeweiligen Anführer beschäftigt um daraus ihre Lehren zu ziehen. Für Paterculus wäre es sicherlich angemessen ihn auf eine Leistungsstufe mit Vitruv oder Polybios zu stellen wodurch seine Lebensleistung mehr Gewicht bekäme. Als Militärexperte und Analytiker mit taktischem Denkvermögen wusste Paterculus sehr wohl um den Parallelverlauf beider Ereignisse und setzte weniger die Masse der bei Carrhae Umgekommenen in Vergleich zur Varusschlacht als vielmehr die Authentizität der Schlachtabläufe, vermied es aber den ihm nicht entgangenen nahezu identischen Verlauf beider Ereignisse zum Thema zu machen. Denn Crassus leistete sich damals in der Tat ein krasses frühes Gegenstück zur Varusschlacht. Carrhae war bis dato der Inbegriff römischer Schande so war es um so schlimmer, dass sich etwas derartiges nun unter Augustus wiederholen konnte. Vergleiche schienen beliebt zu sein, denn auch Florus bediente sich wie Paterculus daran, griff aber eine andere bittere römische Niederlage auf, in dem er auf die durch Hannibal verursachte römische Niederlage in der Schlacht von Cannae 216 - anspielte und nicht auf Carrhae in der der Parther Surenas die Oberhand behielt. Cannae hingegen war ein wesentlich älteres und unpassenderes Ereignis da es als eine klassische Kesselschlacht unter völlig anderen Voraussetzungen verlief als Carrhae 53 – und war daher auch nicht mit dem mehrtägigen Marschgefecht in Ostwestfalen vergleichbar. Florus war im Gegensatz zu Paterculus kein Militärexperte, sodass sich ihm der Zusammenhang zwischen der Varusschlacht und der Crassusschlacht nicht erschloss. Paterculus griff die Schmach von Carrhae auf die er wegen der gleichfalls hohen Verluste und ohne in Verdacht zu geraten auf eine Ebene mit der Varusschlacht stellen konnte die für ihn zum Inbegriff von Staatsversagen wurde. Den Verlauf der Crassusschlacht beschrieb er derart minutiös, dass er auf die Hergangsbeschreibung der Varusschlacht wegen der hohen Identizität verzichten konnte. So gelang es ihm unauffällig den Verlauf der Varusschlacht unter dem Deckmantel der Schlacht von Carrhae darzustellen. Wenn überhaupt, so wussten nur die wenigstens im militärischen Stab des Varus welche Fehler Crassus damals beging, als dieser man möchte fasst sagen ebenfalls die Ratschläge seiner Generäle ignorierte als es zum Schwenk kam. Auch Plutarch zog Parallelen zu Varus in dem er besonders die Gier des Crassus herausstellte, die man auch Varus nach sagte also in der Antike schon weit verbreitet war. Crassus pflegte ausgiebige Tischsitten und empfing ebenfalls bevorzugt die „Männer des Volkes“, eine Form der Kontaktpflege die auch von Varus überliefert ist ihm aber letztlich nicht half die Katastrophe abzuwenden. Im Gegenteil, seine Gegner erkannten dadurch erst seine Schwachstellen und wussten auch von seiner Vorgehensweise. Beide einte zudem rednerisches Talent und man nahm wohl ungern die Empfehlungen anderer entgegen. So werden auf diesem Weg dank Paterculus auch die Details zur Varusschlacht deutlich. Paterculus, der sich mit Schuldzuweisungen in Richtung Kaiserhaus zurück hielt hätte ungeachtet dessen auch keine Zensur zu befürchten gehabt. Ein Bannstrahl der aber andere hätte treffen können wenn diese deutliche Worte gefunden hätten. So wie es Cassius Dio indirekt den Kaisern Augustus oder Tiberius unterstellt hatte indem sie Einfluss genommen haben könnten. So konnte Paterculus schon wenige Jahre nach der Varusschlacht auf diese Weise ihren Hergang schildern ohne Ross und Reiter zu nennen. Wer sich schon mal mit dem Verlauf der Schlacht bei Carrhae beschäftigt hat, dem sind wie Paterculus auch die Parallelen zur Varusschlacht nicht entgangen. Paterculus brauchte daher auch keine Schilderung mehr über den Verlauf der Varusschlacht vermitteln, denn es reichte schon einzig das Wort „Carrhae“ fallen zu lassen und jeder der sich damit befasst hatte, wusste wie sich die Varusschlacht zugetragen haben dürfte da er beides miteinander verglichen hatte. Crassus führte ein weitaus größeres Heer bestehend aus etwa 40.000 Soldaten und diese zogen zunächst am Euphrat entlang und nicht an der Nethe. Dann vollzog Crassus den verhängnisvollen Schwenk wie es nach dieser Theorie auch Varus tat, als er den Hellweg im Raum Brakel verließ um nach Süden in das Gebiet der Aufständischen zu gelangen. Von einer einer Armee einen 90 Grad Kurswechsel vollziehen zu lassen ist immer mit logistischen Risiken und militärische Wagnissen verbunden, sodass es hinsichtlich dieses Manövers wie bei Carrhae auch zu Uneinigkeiten unter den römischen Offizieren gekommen sein dürfte. Aus dieser Richtungsänderung spricht cheruskische Strategie und auch der römische Feldherr Crassus ließ sich auf Anraten des armenischen Fürsten Abgaros von Osroëne dazu verleiten. Beide Feldherren verließen die ursprüngliche Route was in der Konsequenz in beiden Fällen im klassischen Hinterhalt endete. Und auch Crassus tat dies damals nach dem es ihm ein Mann nahe legte, der sich später wie der Cherusker als abtrünnig erweisen sollte. Daraus kann man schließen, dass es ähnliche Unstimmigkeiten über die Korrektur des Zugweges auch 9 + gegeben haben könnte, da es die Kommandanten der drei laut Marbod entleerten Legionen, ebenfalls kritischer sahen als Varus. So könnte an dieser Stelle im Text der Paterculus Überlieferung der Hinweis verborgen liegen, dass es auch im Jahre 9 + militärischen Sachverstand gab den Varus ignorierte, was auch nicht verwundern würde. Gegenteilige Auffassungen und Ansichten können Missstimmung auslösen was in Streit endet und sich auf einen Feldzug verheerend auswirken kann, da es die Disziplin untergräbt. Auch Abgaros gelang es damals Crassus davon zu überzeugen sich von anderslautenden Ratschlägen nicht umstimmen und verwirren zu lassen und ihm glauben zu schenken. In Germanien hingegen war es Arminius ein Stammeshäuptling der sich durchsetzen konnte und dazu riet aufgrund besserer Marschbedingunegn zunächst den Hauptweg zu nutzen diesen aber später zu verlassen. Im Nethegau gab es keine Wüste aber der Kurswechsel den Crassus vollzog führte ihn geradewegs in die Arme von Surenas, einem Feldherrn auf Seiten der Parther. Somit wird im Wissen um den Verlauf der Schlacht bei Carrhae deutlich, dass Arminius nicht allein die tragende Figur der Schlacht gewesen sein konnte und es leitende Germanen gab die Varus erwarteten. Arminius ritt am ersten Tag davon um seine Männer zu sammeln und erschien erst wieder mitten im Schlachtengetümmel, was sich auf die Moral der Legionäre niederschmetternd ausgewirkt haben dürfte. Da Arminius in dieser Phase der Schlacht nicht überall gleichzeitig sein konnte, dürfte war er demnach auch nicht der alleinige Drahtzieher und Regisseur im Geschehen gewesen sein. Es weist hingegen darauf hin, dass sich in dieser alles entscheidenden Phase andere erfahrene Häuptlinge auf das Herannahen von Varus vorbereiteten und der vermeintlich zuverlässige Arminius die Rolle des Chaos stiftenden einzunehmen hatte. Obwohl in der Historie seine Helfer namenlos blieben und man sie nur pauschal als die übrigen Häupter bzw. die Obersten bezeichnete und auch der Name Segimer nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Kämpfen fiel, wird viel über die Bedeutung seines Vater Segimer spekuliert der zwar aus römischer Sicht im Schatten seines Sohnes stand in dem man aber aus germanischer Sicht den eigentlichen Sieger sah da der Plan von ihm stammte und man ihn daher auch in der frühesten Sage, dem Beowulf unter dem Namen Sigemund zu würdigen wusste. Und während der junge Arminius mit dem Schwert in der Hand den Angriff anführte, könnte es der Vater gewesen sein, der die Legionen am zweiten Kampftag mit anderen Hundertschaften und Stammesfürsten vor dem „Teutoburgiensi saltu“ empfing und er den germanischen Surenas abgegeben haben könnte. Paterculus brauchte uns also gar nicht mehr zu sagen, wer damals auf germanischer Seite den römischen Feldherrn im Aufstandsgebiet empfing, da es auf der Hand lag. So darf man dem Hinweis entnehmen, dass es auch Varus 9 + mit zwei Gegenspielern zu tun hatte von denen der eine ste Präsenz zeugt und der andere verdeckt agierte. Arminius mit dem er in engem Kontakt stand, der ihn beriet und möglicherweise sein Vater der voraus geeilt war um die Kämpfe zu lenken bis Arminius seinen Part übernahm. Ein Zusammenspiel, das die bedeutende Rolle von Segimer hervor hebt, der nach dieser Theorie dem cheruskischen Fürstengeschlecht der Wälsungen entstammte. Dem weisen Vater, dem man damals in Germanien im Gegensatz zu Arminius auch die größere Aufmerksamkeit entgegen brachte. Der Mann der unter dem Namen Sigemund in die germanische Sagenwelt eingegangen ist und der Ururgroßvater von Odin war. So bildete die vor Carrhae eingefädelte Strategie der Parther das unfreiwillige Drehbuch für die Varusschlacht die auch bei Varus erfolgreich verlief. Hätten in der römischen Generalität Personen vom Verlauf von Carrhae gewusst, wären diese früher skeptisch geworden. Auch Surenas der Militärstratege der Parther wie möglicherweise auch Segimer soll sich gegenüber dem Römer Crassus bis zum entscheidenden Zeitpunkt geschickt im Verborgenen gehalten haben und hatte jedes Treffen mit ihm bewusst vermieden um nicht in Verdacht zu geraten. Ein Hinweis darauf, dass sich auch Segimer sprich Sigemund in der antiken Literatur so rar machte und so erfahren wir vielleicht erst wieder auf diesem Weg von Paterculus, dass es damals auch unter den Cheruskern eine oder mehrere Personen gab denen es gelang sich ebenfalls bis zuletzt vom Tisch des Varus fern zu halten. Noch am Vorabend soll Segestes Varus gegenüber die fragwürdige Angabe gemacht haben in dem er nur Arminius als den gefährlichsten Widersacher bezeichnete so, als ob es nur ihn gegeben hätte. Eine Anspielung darauf, da die Aussage von Segestes stammt eines Mannes, dem man es in seiner damals prekären Lage anlässlich seines Triumphzuges im römischen Exil als Schutzbehauptung auslegen kann, besser gesagt darf man es aus Gründen der Reputation auch als Notlüge bezeichnen. Dazu wurden bereits diverse Kapitel veröffentlicht die diese Annahme untermauern helfen. „Segestes, wie man ihn auch sehen kann - Es ist nie so wie es aussieht“ vom 11.10.2020 und „Germanen und Römer in Lauerstellung – Segestes wurde zum Souffleur der Geschichtsschreibung – seine und unsere Fehleinschätzungen“ vom 25.9.2020. Paterculus hatte von Arminius eine überaus gute Meinung und man scheint sich sicher, dass er ihn aus seiner gemeinsamen Zeit in Pannonien persönlich kannte, da er ihn als Kämpfer für Rom bezeichnete und ihn als Begleiter betitelte. Frühestens 7 + bzw. 8 + dürfte Arminius aus dem pannonischen Aufstand der 8 + endete in seine Heimat zurück gekehrt sein. Arminius könnte um diese Zeit etwa 25 oder 26 Jahre alt gewesen als er von seinem Vater in die Vorbereitungen zur Revolte eingeweiht wurde. Da Arminius nicht imstande gewesen wäre in der kurzen Zeit von seiner Ankunft bis zur Varusschlacht die Vorbereitungen zu stemmen, dürfte in der Konsequenz Segimer wie damals auch Surenas den wesentlichen Anteil am Ausgang der Schlacht gehabt haben. Wir wissen nicht in welchem Verhältnis Vater und Sohn zueinander standen, aber Paterculus nannte den Vater von Arminius „princeps gentis eius“ was mit „Erster seines Stammes“ übersetzt wird aber der Zeitpunkt dürfte damals für ihn gekommen sein, langsam die Zügel aus der Hand zu geben. So könnte auch Segimer dem es durch seine Überzeugungsarbeit gelang die anderen Sippenältesten und Stammesoberhäupter auf einen Kampf gegen Rom einzuschwören und zu mobilisieren der eigentliche Held der Varusschlacht gewesen sein, was sich auch wie angesprochen mit der germanischen Sagenwelt in Einklang bringen lässt. Arminius hätte dann die Rolle zugestanden die einst Abgaros bei Carrhae inne hatte, dem es gelang Crassus glaubhaft zu machen in Gänze auf seiner Seite zu stehen. Und wie Arminius so ritt auch Abgaros in dem Wissen davon, dass Falle und Betrug nicht offenkundig werden würden und beide sollten Recht behalten, denn sowohl Crassus als auch Varus hatten den falschen Ratgebern vertraut was ihren Gegnern zum Sieg verhalf und auch Arminius hatte, als er Varus am ersten Tag verließ bereits eine größere Anzahl seiner Krieger im Gefolge und die Geschichte kennt in beiden Fällen zwei Personen. Die die im Hintergrund wirkten und die die nach außen die List verschleierten. Folglich eine Arbeitsteilung ohne die es auch 9 + nicht funktioniert hätte. Arminius fehlte wie dargestellt nach seiner Rückkehr die Zeit alle Vorbereitungen zu treffen und er konnte nicht über die Schlachtfelder, die Marschrouten, oder zu seinen Kampfrotten geflogen sein um alles zu inspizieren, alle einzuschwören und hätte auch nicht in Windes Eile die wichtigen Stammesfürsten von seinen Plänen überzeugen können. Er konnte nicht gleichzeitig kontrollieren, lenken, steuern, Befehle erteilen, und zudem noch Varus Ruhe und Frieden vortäuschen und ihn in Sicherheit wiegen. Er mag talentiert gewesen sein, zaubern konnte er nicht und jeder germanische Dickschädel wollte auch damals schon überzeugt sein, bevor er die Waffe in die Hand nahm. Schließlich verließ Arminius noch mit Varus gemeinsam das Lager und ritt mit ihm auch noch gemeinsam eine größere Wegstrecke bevor er sich von ihm trennte um seine Männer zu sammeln. Kann dieser Hinweis von Paterculus nur ein bloßer Zufall gewesen sein in dem er diese Gelegenheit nutzte um an die gewaltige Niederlage von Carrhae zu erinnern oder geschah es mit Absicht und er machte die Generationen nach ihm bewusst auf diese augenscheinliche Duplizität der Ereignisse aufmerksam. Unterschätzen wir also bitte nicht die geistige Flexibilität jener Menschen und insbesondere nicht die jenes Mannes, auch wenn dieser schon 2000 Jahre vor uns die Welt verließ. Ging es Paterculus wie im voraus gegangenen Kapitel dargestellt als er detailliert auf die vier römischen Varusschlacht Teilnehmer einging möglicherweise gar nicht um diese, sondern mehr darum der Nachwelt auch auf diese Weise einen deutlichen Bezug zwischen diesen beiden verlorenen Schlachten herzustellen. Wollte er einfach nur zum Ausdruck bringen, „schaut auf Carrhae und ihr wisst genau welchen Fehler Varus beging in dem er keine Lehren daraus zog“. So reichte ihm auch nur dieser eine Hinweis und er brauchte keine weiteren Worte verlieren um auch den Verlauf der Varusschlacht darzustellen. Während Crassus hingegen in eine deckungslose Wüste geriet, stolperte Varus förmlich ins Gegenteil, nämlich in versumpfte germanische Niederungen und regennassen Urwald. Aber spätestens als berichtet wurde, dass Crassus nur „meerähnliche Wogen von unzähligen Wüstensandhaufen, die das Heer einhüllten“ sah, sollte er bemerkt haben, dass man ihn auf eine falsche Fährte gelockt hatte. Und nach den ersten Lanzenwürfen wird auch Varus erkannt haben, dass man ihn in einen Hinterhalt manövrierte hatte denn von einem Volk, das mit ihm einen Zwist am grünen Tisch eines Tribunals beilegen wollte war weit und breit nichts zu sehen. Bis auf den Vegetationsunterschied bzw. Breitengrad beider Schauplätze stimmte nahezu alles was uns Paterculus damit sagen wollte überein. Es war deutlich genug und bedurfte daher auch keines Gesamtwerkes über die Varusschlacht mehr aus seiner Feder. Den römischen Feldherr vor Carrhae hinderte keine Vegetation und er konnte gegenüber Varus auch in Kampfaufstellung übergehen was ihm aber letztlich nicht half, da die Parther ihn mit dem größten Teil ihrer Armee aus versteckter Position hinter gestreckten Sanddünen auflauerten. Zudem lockten sie einzelne römische Verbände vom Hauptheer weg um sie besser vernichten zu können. Varus wollte diesen Fehler vermeiden in dem er so wie Paterculus es beschrieb unter Gewaltandrohung seinen Legionären verbot schon zu Beginn der Kämpfe zum Gegenangriff über zu gehen. Was aber auffiel ist, dass sich Paterculus einen Hauch zu viel der Varus`schen Fehlentscheidung widmete. Wohl wissend, dass abgespaltete Kampfgruppen Gefahr laufen schnell überwältigt werden zu können. Und obwohl dies aus der Sicht von Varus der richtige Befehl war, ließ es Paterculus bei ihm nicht durch gehen. So verurteilte er Varus wider besseres Wissens dafür und setzte sein militärisches Ehrgefühl dagegen um kein gutes Haar an ihm lassen zu müssen. Crassus wurde während der Kämpfe schwer verletzt und ließ sich von einem Diener töten, was Varus wie man liest noch selbst übernahm. In der Nacht ließen auch die Parther vom Gegner ab und die Römer entschlossen sich in dieser verzweifelten Lage zur Flucht, ließen ihre Verwundeten zurück aber nur wenigen gelang ein Durchbruch nach Syrien. Auch im „Teutoburgiensi saltu“ gab es Einheiten, die die Lage erfassten und die Flucht dem Kampfe vorzogen und sich nicht um die Fußsoldaten scherten oder um die Verletzten kümmerten. Die Schande von Carrhae prägte daraufhin mehr als drei Jahrzehnte lang die Beziehungen zwischen Parthern und Römern und erst am 12. Mai 20 vor Christus, also 33 Jahre später soll es Augustus auf diplomatischem Weg gelungen sein, die Feldzeichen und die noch lebenden Gefangenen von Carrhae zurück zu bekommen. So musste er sich damals die verloren gegangenen Legionsadler bzw. Feldzeichen förmlich zurück erbetteln, was ihm erst nach langem Mühen und unter Preisgabe römischer Machtansprüche am Euphrat gelang, dann aber von ihm wie ein Sieg gefeiert wurde. Augustus war auf dieses Ergebnis trotzdem so stolz, dass er diesen Tag zum Staatsfeiertag erklären ließ und der Tag sogar noch bis ins vierte Jahrhundert in Erinnerung blieb und durch ein Fest mit Zirkusspielen gefeiert wurde. Ein Beispiel wie man auch schon in diesen Zeiten mit der ungeliebten Wahrheit und der unerbittlichen Realität sein Spiel trieb. Der abgeschlagene Kopf des Crassus wurde übrigens wie es so Sitte war dem König in diesem Fall dem der Parther übergeben und bei den Cheruskern wollte man wohl Marbod mit dem Kopf des Varus für eine germanische Allianz günstig stimmen. Aber die größte Ehrverletzung wurde den Römern von jenem Abgaros von Osroëne angetan, denn er täuschte die Römer in dem er, ganz so wie Arminius es auch vorgab auf ihrer Seite zu stehen. Ein Hinweis darauf, dass Ehrverletzung Treue- und Vertragsbruch auch bei Carrhae wie später bei den Cheruskern schwerer wog als Niederlagen und menschliche Schicksale. Obwohl alle es nutzten schien Verrat in Verbindung mit Betrug, was die einen heute Whistleblowing nennen in dem man sich auf verwerfliche Weise Vertrauen erschleicht, das Schändlichste zu sein, was die Klaviatur der Kriegsführung zu Tage bringen kann. So verwundert es nicht, dass auch an den Cherusker dieser Vorwurf lange haften blieb und sogar noch bis heute als Name ihres einstigen Volkes fest im Sprachgebrauch verankert ist. Auch Abgaros hatte sich wie Segimer, der sogar mit seinem späteren Gegner noch einen Vertrag geschlossen hatte, noch vor der Schlacht den Römern gegenüber noch zum Frieden verpflichtet und wechselte dann analog zu Arminius in der heißesten Phase des Gefechtes die Fronten und stellte sich plötzlich unvermittelt gegen Crassus. Abgaros von Osroëne hatte seinen Part erfüllt, alles vorbereitet, arrangiert und eingefädelt und stand während dessen immer in ständigem Kontakt mit Surenas. So wie es wohl auch Arminius mit seinem Vater hielt. Und so war es Abgaros von dem auch der Name Ariamnes überliefert ist, der die römischen Legionen in ihrer Achtlosigkeit nichts ahnend in die Arme von Surenas trieb. Übrigens ganz ähnlich, wie es auch die sächsische Armee im Zuge ihres Frontenwechsels in der Völkerschlacht bei Leipzig vollzog. Ein Akt der auch in dieser Schlacht mit all seinen Konsequenzen zu einer massiven Demoralisierung unter den napoleonischen Truppen führte Es lässt sich daher gut nachvollziehen, was auch die römischen Legionen im Nethegau verspürten als ihnen ein einstmals treuer Verbündeter mit seinen gut ausgebildeten Kämpfern und ausgestattet mit besten römischen Waffen unerwartet die Gefolgschaft verweigerte. Wie Abgaros hielt sich anfänglich auch Arminius geschickt zurück und wie Crassus übersah auch Varus die Anzahl der Feinde. Abgaros griff die Römer die sich in die entgegen gesetzte Richtung orientierten unvermittelt an ihrer entblößten Rückseite an und die folgende Verwirrung und Orientierunglosigkeit erleichterten dem Feind das Abschlachten der Römer, so dass einige in ihre eigenen Schwerter fielen und sogar irrtümlich von ihren eigenen Kameraden getötet worden sein sollen. Als die römischen Legionäre von den Parthern fortwährend von allen Seiten gleichzeitig angegriffen wurden und ihre Schilder sie behinderten waren sie so eng eingeschlossen, dass ihnen der Bewegungsraum genommen war. Aufgrund der Anzahl der Leichen konnten sie keinen sicheren Fuß mehr fassen und fielen immer wieder über sie. So ist es eine Darstellung die der des Cassius Dio gleicht als man sich sich auch dort beim letzten Gefecht gegenseitig im Weg stand. Der Wald in Germanien war in dieser Zeit umfänglicher und schwer zu durchdringen und auch im Nethegau wussten die Römer nicht wo der Feind sie erwartete. Wege existierten nicht aber ständig taten sich ihnen weitere Hindernisse auf denn hinter jedem gestürzten Baum konnte Gefahr lauern und auch ihnen war der Einsatz von Waffen nicht mehr möglich. In Germanien war es ein Kampf im durch die Nässe glatt gewordenen Unterholz während es bei Carrhae die Hitze, der Durst und der aufgewühlte Staub waren, zumal die Schlacht Anfang Juni statt fand. Und so erzählten es auch die Überlebenden von Carrhae später, dass dies mit die Ursache dafür war, dass viele liegen blieben, obwohl sie eigentlich unverwundet waren. Cassius Dio greift gleichbedeutend die Unbillen des Wetters auf, dass sich gegen Rom verschworen hatte. Mit Einbruch der Nacht wichen bei Carrhae die Parther aus Sicherheitsgründen zurück, da sie keine Verschanzungen nutzten was sich auch mit dem Verhalten der Germanen deckt. Man kann also den Eindruck gewinnen, als ob Paterculus mit seiner Andeutung zwar die Schlacht bei Carrhae heran zog, dabei aber die Kämpfe zwischen Brakel und Borlinghausen im Auge hatte. So glich die Schlacht bei Carrhae was das Legen und Einfädeln des Hinterhaltes anbelangt der Varusschlacht nahezu bis ins Detail und die einstigen Vorgänge hätten auch dem in Syrien stationierten Varus nicht fremd gewesen sein dürfen. Ob Augustus es allein zu verantworten hatte oder es Tiberius war, der sich für Varus als Statthalter verwendet hatte bleibt unklar. Beiden wurde jedoch die Personalentscheidung schmerzlich bewusst und man musste sich eingestehen, dass es ein zweites Carrhae Trauma nun auch unter ihrer Herrschaft gab. Paterculus schrieb es in einer Zeit als in Tiberius ein Mitverantwortlicher für das damalige Desaster das höchste Amt bekleidete. So bestand immer noch die Gefahr, dass man in der Varusniederlage auch sein Versagen sehen konnte was Paterculus vermeiden musste. Als sich nach Paterculus mit Tacitus erstmals wieder ein römischer Historiker den Ereignissen zuwandte. Obwohl auch ihm mehr bekannt gewesen sein dürfte, verlor auch er kein Wort über den Hergang der Schlacht und ging in seinen Annalen nur auf das ein, was sechs Jahre danach am Ort der Niederlage passierte. Offensichtlich wollte man das alte Tabu des Mitverschuldens bis in seine Zeit hinein immer noch noch nicht brechen. Später oder fasst parallel zu Tacitus griff auch Florus das Thema auf. Seine Darstellungen waren politisch nicht mehr relevant zumal man ihm dem Dichter im damaligen kaiserlichen Hause keine historische Bedeutung mehr zuschrieb und in den Jahren auch das Interesse an der Varusschlacht abgenommen hatte. Er  entwarf aufgrund noch vorhandener Aufzeichnungen, die Detailkenntnis verrieten aber auch Erklärungslücken offenbarten angereichert durch seine Vorstellungskraft eine dem Volk von Rom leicht vermittelbare Schlachtenabfolge und stellte ein Lager in den Vordergrund in dem man zu Gericht sitzen wollte, da dieses schließlich der Hauptgrund für das Verlassen der Ursprungsroute war. Als dann nach großem zeitlichen Abstand Cassius Dio sich der Dinge annahm, gehörten die einstigen Vorsichtsmaßnahmen und Befindlichkeiten längst der Vergangenheit an. Er fragte nicht mehr nach Verantwortlichkeiten und berichtete ungezwungen über das was er für korrekt hielt und was ihm an seinen Vorlagen unglaubwürdig erschien veränderte er eigenhändig wie er selbst sagte. So konnte er zeitversetzt und ungestraft über 200 Jahre nach der Schlacht den wohl tatsächlichen Verlauf wieder geben und einen übersichtlichen Kontext herstellen der der Wahrheit am Nächsten kam. Auch daran hat sich bis in unsere Tage nichts geändert, denn auch heute noch bleiben politisch brisante Sachverhalte oft solange verschlossen bis die ehemaligen Protagonisten und verantwortlichen Drahtzieher keine Rede und Antwort mehr stehen können, da sie sich nicht mehr zur Verantwortung ziehen lasen. (19.08.2024)

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