Donnerstag, 2. April 2020
Das Rom der Antike war unserer Zeit schon sehr ähnlich - Strabo spornt unsere Phantasie an.
Nach Manilius und Ovid konnte uns auch Strabo mit dem Wenigen was er in den Jahren 17 oder 18 + nieder schrieb nichts Näheres über das Leben, Wirken und Tun des Segestes in Ostwestfalen berichten. Wir erfahren von ihm lediglich, dass Segestes nicht die Ansichten des Arminius teilte, was sich aber eher minder dramatisch anhört und keinen Rückschluss auf einen tiefer gehenden Disput zulässt. Aber wir können aus seinen Zeilen heraus lesen, dass Segestes schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine andere Meinung vertrat als Arminius. Worauf sich diese Meinungsunterschiede bezogen hatten bleibt unklar, sie dürften wohl mit dem römischen Vordringen nach Ostwestfalen zu tun gehabt haben, was auch das Verhalten von Varus mit eingeschlossen haben dürfte. Segestes stand also nach Strabo in mancherlei Hinsicht im Widerspruch zu Arminius, was die Einschätzung der damaligen Lage anbetraf. Und dies soll der griechischen Übersetzung nach sogar schon „von Anfang an“ der Fall gewesen sein. Womit uns Strabo wieder einmal neue Denkaufgaben mit auf den Weg gibt, die sich in mehrere Gedankenketten aufsplitten lassen. Zu Beginn muss daher erst einmal die Frage gestellt und möglichst beantwortet werden, was Strabo unter der Begrifflichkeit des „von Anfang an“ verstanden haben könnte. Das Strabo sich dabei eindeutig auf Arminius bezog und er nicht den Namen seines Vaters nämlich Segimer nennt, weist darauf hin, dass sich schon zu diesem recht frühen Zeitpunkt die Machtfrage in Richtung Arminius gedreht, also verschoben hatte. Doch wie sollte man dies zeitlich einstufen, denn Strabo sagt uns dazu nicht genau was er unter „Anfang“ versteht. Es konnte natürlich und was auch plausibel wäre, zu einer Meinungsverschiedenheit beider nur gekommen sein, wenn sich Arminius auch in seiner Heimat aufhielt, wo sie beide in Kontakt zueinander standen. Der allgemeinen Theorie zufolge nahm neben Tiberius und Paterculus auch Arminius am Pannonischen Krieg teil, der etwa im Sommer 6 + urplötzlich ausbrach. Da diesem Krieg der unvollendete Markomannen Feldzug im Frühjahr 6 + voraus ging könnte man annehmen, dass Arminius mit weiteren germanischen Hilfstruppen bereits am Feldzug gegen Marbod beteiligt war, bevor er mit den Legionen den Schwenk nach Süden vollzog um mit in die Kämpfe in Pannonien einzugreifen. Er könnte aber auch wegen erhöhtem Truppenbedarf auf Anforderung von Tiberius direkt nach Pannonien aufgebrochen sein, ohne vorher gegen Marbod zu ziehen. Ob nun im zeitigen Frühjahr oder erst im Sommer des Jahres 6 +, so könnte Arminius in diesem Jahr etwa 23 Jahre alt gewesen sein. Er verließ seine Heimat im Verlauf des ersten Halbjahres 6 + und hatte sein Stammesgebiet seit dem, also einige Jahre nicht gesehen. Die Kämpfe in Pannonien endeten im Jahre 8 + für Rom siegreich und Arminius könnte demzufolge unmittelbar danach mit seinen Gefolgsleuten nach Ostwestfalen aufgebrochen sein und so hätte er ungefähr zwei Jahre für Rom gedient. In etwa der gleichen Zeit könnten sich möglicherweise auch die ersten römischen Legionen, die für den Dalmatinischen Krieg nicht mehr gebraucht wurden angeschickt haben wieder ihre alten Standort Quartiere am Niederrhein aufzusuchen. Das Arminius noch selbst im Dalmatinischen Krieg des Jahres 9 + kämpfte, schließe ich wegen der zu geringen Vorbereitungszeit für die Varusschlacht bzw. der zeitlichen Überschneidung aus. Aber Teile bzw. Vexillationen der drei varianischen Legionen wird man noch im Dalmatinischen Krieg gebraucht haben. In Anbetracht der Umgekommenen oder der Verletzten die der Kriegsschauplatz an der Donau forderte, dürften Varus für seine Schlacht wie in einem der letzten Abschnitte ausführlicher dargestellt im Herbst 9 + viele kampffähige Männer gefehlt haben. Als sich Arminius im Alter von etwa 23 Jahren im Jahre 6 + mit germanischen Hilfstruppen den römischen Legionen anschloss, konnte er noch nicht in einer führenden Position innerhalb der Cheruskersippe gewesen sein, da diese in der Zeit noch sein Vater Segimer inne hatte. Arminius war daher wohl vor dem Jahre 6 + auch noch kein angemessener Gesprächspartner für Segestes, der seinem Vater in etwa gleichrangig gestellt war. Zu einer ernst zunehmenden Führungsperson in der Nachfolge seines Vaters dürfte Arminius erst nach seiner Rückkehr aus Pannonien aufgerückt sein. Die frühen Anfänge von Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Segestes auf die sich Strabo bezog, könnten demnach erst nach seiner Rückkehr im Jahre 8 + aufgetreten sein. Eine Phase in der das Willkür Regime eines Varus erste negative Auswirkungen zeigte. Aber Strabo lässt nicht erkennen, dass diese voneinander abweichenden Meinungen und Ansichten zwischen Arminius und Segestes so weit gingen, dass aus ihnen ein offener Zwist wurde. Anderer Auffassung zu sein ist nichts Ungewöhnliches und in der Regel kein Grund um zu den Waffen zu greifen und auch nicht um so weit zu gehen annehmen zu können, es sei Verrat im Spiel gewesen. Zweifellos klingt aber alles bereits nach einem Vorspiel zu dem was noch kommen sollte. Aber Strabo konnte oder wollte uns in diesem Zusammenhang noch nichts über die vermeintlichen Warnungen eines Segestes an Varus berichten, weil er wie ich schlussfolgere davon keine Kenntnis hatte. Es werden lediglich Animositäten zwischen Arminius und Segestes deutlich, aber es lässt sich bei Strabo daraus kein Bezug auf die zentrale Figur des Varus und sein Verhältnis zu Segestes herstellen oder ableiten. So lässt sich dies natürlich erst Recht noch nicht der verklärenden Lyrik entnehmen, wie sie vor ihm Ovid an den Hof des damaligen Kaisers Augustus lancierte. Eine Fiktion die Ovid sich vermutlich in einer äußerst trübsinnigen und tiefsinnigen Stimmung zusammen reimte, woraufhin man seinem Gesamtwerk auch den Namen „Tristia“ gab. Dennoch verrät Ovid`s zu Papier gewordener dichterischer Wunschtraum in gewisser Weise verblüffende Ähnlichkeit zu dem, was uns Strabo später mit eigenen Worten beschrieb. So möchte man hinter seiner Tristia, die er nur wenige Jahre vor Strabo`s realem Triumphzug sehnsüchtig auf Rückkehr nach Rom dürstend, aus seiner Feder tropfen ließ in Teilbereichen schon fasst hellseherische Fähigkeiten erkennen. Und es lassen sich darin in Ansätzen schon fasst Spuren des wahren Triumphzuges entdecken, so wie er sich dann am 26. Mai 0017 tatsächlich zugetragen hat. Aber die phantasievolle Darstellungskunst des Ovid verwundert nicht, denn er wusste wie man in Rom Triumphzüge inszenierte und es bedurfte für ihn keiner besonderen Gabe daraus eine Vision erstehen zu lassen. Das staatstragende Großereignis von dem Ovid wohl am fernen Schwarzen Meer, wo er auch verstarb schon nichts mehr erfahren hat. So war es auch immer das nur scheinbar Identische oder Übereinstimmende was unser besonderes Erstaunen ausgelöst hat. Denn die Voraussetzungen zwischen beiden Überlieferungen konnten unterschiedlicher nicht sein. Hier der Traum, dort die Realität. Was aber Ovid seinen inneren Phantasmen nicht entlocken konnte gelang Strabo einige Jahre später, denn er stand wie man annehmen darf, in Rom selbst unter den Zuschauern. Und von ihm erfuhren wir sogar etwas über die Bedeutung jener Germanen, die er uns mit Namen überlieferte. Personen die an dieser für unsere heutigen Vorstellungen skurrilen und unsäglich zu nennenden Darbietung mitwirkten. Während er für die Menschen die zur Teilnahme erniedrigt und gezwungen wurden keine Namen hatte. Ein Ereignis in dem auch innenpolitische Tragweite, Brisanz und sicherlich kaiserliche Nabelschau mitschwang. Denn in den Wandelgängen wurden wie überall, unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Weichen der Diplomatie gestellt. Hier ging es nicht einzig nur um Germanien, hier trafen sich die „akkreditierten“ Größen der Zeit und wo auch über die weitere Verwendung von Germanicus die Entscheidung fiel. Aber im Triumphzug lag etwas Monströses, dass in uns bereits beim Lesen des Wenigen Gänsehautschauer hervorruft und uns damit schlagartig bewusst werden lässt, in welch graue und raue Zeiten der Zivilisation wir hier geistig zurück kehren müssen, wenn wir verstehen wollen. Wir möchten uns immer wieder dieses Spektakel vor Augen halten und stellen uns alles vor wie eine gigantische, scheinbar nie enden wollende bunt gemischte Parade und Glitzershow. Und alles klingt für uns, da wir von der Ausdruckskraft amerikanischer Monumentalfilme sträflich voreingenommen sind nach einem kolossalen Siegeszug. Geschundene Menschen wie sie durch die Straßen von Rom getrieben wurden und die Luft erfüllt war vom Geschrei und Gestöhn der Opfer und der Schaulustigen. Aber liegen wir überhaupt richtig, wenn wir uns an die Stelle der Zuschauer begeben und dabei an ein trunkenes, weinseeliges Tamtam denken, dass in scheinbar ungeahnter Dimension die Stadt fasst zum Bersten brachte und bei dem Brot im Überfluss ausgegeben wurde. Wir wissen es nicht, können es uns aber in etwa vorstellen, da uns römische Sitten und Gebräuche historisch gut überliefert sind. Hinzu kommt, dass die damalige Unterhaltungsbranche imstande war phantasiereich zu agieren, sich zu inszenieren und es für das Volk annehmlich zu gestalten. Viele Ausgrabungen und die im Imperium zahlreichen noch vorhandenen Arenen verdeutlichen uns noch heute sehr anschaulich was man vor 2000 Jahren unter Volksbelustigung verstand. Wir sehen förmlich vor unserem inneren Auge einen sich wabernden Menschenknäuel bestehend aus Germanen und deren Bewachern und vielleicht sogar enge Verwandte von Segestes mit voraus getragenem Namensschild in „latinisiertem Germanisch“. Und unter den besonders gequälten wohl auch unmittelbare Landsleute von Arminius, wie sie sich in schmachvoller Unterwürfigkeit gesenkten Hauptes fortzubewegen hatten. Hier kommt uns auch nochmal Ovid zu Hilfe, der uns mit seiner gekonnt ausformulierten Beschreibung ungewollt dabei half und unterstützte unser Vorstellungsvermögen zu schärfen. Aus der erhöhten Position einer Empore, alles genüsslich betrachtend wohnten Tiberius und Germanicus mit Lorbeeren bekränzt und in strahlender Siegerpose samt Hofstaat dem Spektakel bei. Mit auf der Tribüne auch Segestes von dem wir aber annehmen dürfen, dass er sich dabei in seiner Haut nicht sonderlich wohl fühlte. Denn Strabo beschreibt ihn etwas zwitterhaft. Es kommt bei ihm zum Ausdruck, dass er zum einen beim Triumphzug anwesend war. Das es für ihn aber unvermeidbar war sich dort auch mit seinen nächsten ungeratenen Verwandten zeigen zu müssen. Das dies aber nichts ehrenrühriges darstellte, seiner Ehre also keinen Abbruch tat. Strabo schob also einen unsichtbaren Riegel zwischen Segestes und dem mit unrühmlichem Makel behafteten Teil seiner Familie, insbesondere aber zu seiner Tochter und ihrem Sohn, dessen Vater Arminius war. Eine Szenerie die schwer in Worte zu kleiden ist und für Strabo zu einer literarischen Herausforderung wurde. Aber aus seinem rhetorischen Spagat wird deutlich, wie mühsam es auch für Segestes gewesen sein musste, diese Distanz für alle glaubhaft und sichtbar aufrecht erhalten zu können. Keiner durfte in diesen schwierigen Stunden an seiner Loyalität zweifeln. Denn sein Auftreten beim Triumphzug musste inhaltlich und äußerlich überzeugend zu den Hinweisen passen, die er damals an Varus gegeben haben wollte. Dem römischen Volk konnte es gleich sein. Denn es war für die Menschen kein ungewohnter Anblick und tags darauf begann für sie wieder der Alltag. Aber wie sah es zur gleichen Zeit in den Weiten Germaniens aus, dort lebte man vor 2000 Jahren abgeschnitten und isoliert von der mächtigen Kapitale Rom und erfuhr nichts vom bunten Treiben in der pulsierenden Hauptstadt des Großreiches in Mittelitalien. Das galt besonders für den aufreibenden Triumphzug über den uns nur Strabo berichtete. Die Uhren für die Raum übergreifenden Nachrichtenströme nach Norden tickten damals noch sehr langsam und standen zeitweise lange still. Antike Metropolen kannte man in Westfalen im Höchstfall nur vom Hörensagen und erst recht waren pompöse Veranstaltungen wie etwa dieser Triumphzug den man für Germanicus ausrichtete für die Germanen der Zeit unvorstellbar. Was aus der Mittelmeerregion an Informationen zu ihnen tröpfelte, dürfte auch vielfach als unglaubwürdig abgetan worden sein. Frei aber sinngemäß nach der alten Weisheit „Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich.“ könnte man diesen Satz auch darauf anwenden. So war auch vom Triumphzug für Germanicus in Ostwestfalen nichts zu spüren. Segestes entkam damals mitsamt einigen engen Familienangehörigen und Vertrauten und überließ im Frühjahr 15 + seinen alten Herrschaftsbereich Halsüberkopf möglicherweise anderen Fürstensippen vielleicht aber auch der seines Rivalen Segimer. Seit dem befand sich Segestes unter der Kontrolle von Germanicus und wer von den zurück Gebliebenen stellte danach schon viele Fragen nach seinem weiteren Verbleib oder was aus ihm wurde. Man könnte die Meinung vertreten, dass es auch sein Gutes hatte, dass man in Germanien von all den Dingen die im Zuge des Triumphzuges vor sich gingen lange Zeit nichts wusste und nichts derartiges ahnte, denn es hätte zu überstürzten und unkontrollierten Racheausbrüchen führen können. Einzig Arminius war wegen Frau und Kind persönlich vom Schicksal schwer getroffenen. Auch zu ihm wird die schmerzliche Nachricht zeitversetzt irgendwann durch gesickert sein. Aber er wird auch erkannt haben, dass er sich mit den Gegebenheiten des Verlustes beider abzufinden hatte. Aber die Schmach, die man ihm persönlich in voller Absicht damit antat, traf ihn sicherlich tief, als er davon erfuhr, so wie es uns auch überliefert wurde. Betrachten wir nun einmal das Ganze von dieser Warte aus, folglich aus der Sicht der Germanen, würden aber heutige Maßstäbe ansetzen. Man stelle sich vor, ein einfacher Germane aus dem Lipperland hätte sich seiner gewohnten Umgebung entrissen und konnte schon damals einen Flug nach Rom buchen, um sich das Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Er erkannte vielleicht Männer seines Stammes wie sie nun im Staub lagen und hätte dabei sicherlich nicht applaudiert. Im Gegenteil, Zorn wäre in ihm aufgestiegen und er hätte nach seiner Rückkehr aufgebracht über das Geschehene berichtet. Und dies hätte möglicherweise auch Konsequenzen gehabt bzw. zu Rebellionen geführt. Dafür fänden sich nach heutigen Sprachgebrauch so gehobene Worte wie die von einem zwischenstaatlichen Zerwürfnis, über das Überreichen einer Protestnote bis hin zur Einbestellung des Botschafters des beschuldigten Landes reichen würden, ganz so wie es die internationalen Regularien vorsehen. Insgesamt aber schon ein diplomatisches Reglement wie es sich auch schon im römischen Imperium in den frühen Grundzügen erkennen ließ. Wäre man in Germanien seinerzeit auf der Höhe unserer Zeit gewesen, so könnte dies das gängige Prozedere gewesen sein und mit etwas Phantasie beflügelt, wäre folgender Ablauf denkbar. Spinnen wir also den Faden weiter dann drifte ich mal etwas ins Humoristische ab und es klingt in etwa so. Radio Germania – Magna. Wir unterbrechen unser Programm „för ne wichtech“ Durchsage. - „Mer verston et nit, un mer könne et koom glöwe“. Wie wir „et eban hoeren möten“ wurde im „Winnemânôth för de“ Feldherr Germanicus in Rom „a risich Fira“ veranstaltet. Viele in „haptbandum“ vorgeführte Männer aus unseren „Gawi“ wurden in „cuoniouuidi“ gebunden am „groten Käsa“ vorbei geführt und hatten „ne mords Pinn“ zu erdulden. Wir im „franken“ Germanien sehen darin „open un ährlich jeseit ne“ Akt der offenen Provokation gegen all unsere Stämme und Sippen bis „danauf“ ans „suewische“ Meer. Das Ereignis beweist uns, „dat de“ Tiberius 16 + den Waffenstillstand „nit kundt jetan hätt“ um mit uns in Frieden leben zu wollen. „Vie möten us fürhten, datt he een un en anner mol“ unser Land mit Krieg überziehen wird, wenn er seine Legionen wieder aufgefüllt hat und über genügend Waffen und Pferde verfügt. Er hatte nie die Absicht unsere Würde zu achten und hat es trotz unseres Anerbittens abgelehnt auf den Triumphzug zu verzichten. Wir werden ein solches Verhalten der römischen Okkupationsmacht nicht dulden und zu gegebener Zeit in angemessener Weise reagieren. Und dazu kam es dann möglicherweise auch zu einem späteren Zeitpunkt, man griff in Germanien nochmal zu den Waffen und hielt sich an keine Vereinbarungen und Verträge mehr. Und fühlte sich daher auch nicht mehr an die einstige Zusage gebunden römische Schiffbrüchige unversehrt an den Rhein zurück kehren zu lassen. Womit sich ein weiterer Argumentationskreis zur Schlacht bei Kalkriese aufbauen ließe. Aber zurück zu Strabo, aber auch zu Ovid und zudem was sie noch zu sagen hatten. Strabo hingegen konnte Ovid etwas Reales entgegen halten. Er sah die zwei Machtmenschen wohl noch mit eigenen Augen, was bei Ovid ein unerfüllter Wunsch blieb. Aber nun hatte sich der Kaiser durch gesetzt, denn er verhinderte ein Jahr zuvor, dass die andauernden Feldzüge in Germanien, die das Imperium nahezu ausbluten ließen, ohne das sich ein Erfolg einstellen wollte, beendete. Wie überlieferte es uns Tacitus noch gleich in seinen Annalen 2,5-10, „Sein (Germanicus) Heer leide nicht so sehr durch das feindliche (germanische) Schwert, als durch die weiten Märsche und den Verlust an Waffen und Gallien sei der Lieferung von Pferden müde“.  So lässt sich ein logistisches Desaster in Worte kleiden, wenn der Nachschub ausbleibt. Trotz alledem vertrat Tacitus aber andererseits auch die optimistische Meinung, dass Germanicus am Ende sogar hätte siegen können. Vergessen wir aber nicht, dass Tacitus dies erst lange Zeit danach und auf Basis eines völlig anderen Wissensstandes nieder schrieb. Strabo ist aber nun unbestritten der Mann, der uns das erste Licht in das Dunkle der illustren Teilnehmerschaft des 26. Mai 0017 brachte und der uns den Kontrast erkennen lässt, wodurch sich seine Darstellungen von den schillernden Metamorphosen des Ovid, die von ihm nur wenige Jahre zuvor verfasst wurden unterscheiden und abheben. Strabo der am 26.5.0017 vielleicht „nur mal so“ durch Rom schlenderte, wie man es annehmen könnte, überlieferte uns, wie nicht anders zu erwarten, alles nur in so weit, wie er es auch selbst wusste, beurteilte, beobachtete oder im Detail auch erst später erfuhr. Und sicherlich hatte und musste er auch diverse Dinge und Verläufe vielleicht auch nur aus profanen Gründen heraus weg gelassen, weil sie nicht sein Interesse weckten und ihm nichts bedeuteten, denn er wollte Fakten hinterlassen. Aber ungeachtet dessen, können wir ihn auch nicht ganz davon frei sprechen, wenn es darum geht ihn zu hinterfragen, was er wusste, was er uns wissen ließ, aber vor allem was er uns wissen lassen wollte. Denn er wusste sicherlich noch einiges mehr, was er uns aber verschwieg bzw. auch verschweigen musste. Ein ewiges Dilemma in das uns alle Historiker stürzen, ob wir sie Antik oder Neuzeitlich nennen. Denn eine neutrale Geschichtsschreibung gibt, gab und wird es auch nie geben. Da nutzen auch die vielen Staaten übergreifenden Schulbuchkonferenzen nichts. Und es ist wohl noch schlimmer als gedacht, denn selbst Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Historikeraussagen helfen oftmals nicht weiter, denn auch diese könnten tendenziell ausgerichtet und formuliert worden sein, so dass selbst das Hinzuziehen anderer Quellen weiteren und damit wieder neuen Schwachstellen Tür und Tor öffnet. Aber an irgend etwas wollen wir uns fest halten können und da müssen wir immer ganz tief hinter die Bühne und in die Requisitenkammer der Weltgeschichte blicken. Nämlich bis dort hin wo die Komparsen, Kulissenschieber und Statisten der Historie die wahren Berichte über Leid und Leben in der alten Zeit schrieben. Aber diese Stimmen bleiben für gewöhnlich stumm, da sich für ihr Alltagsleben kaum einer interessiert. Graphittiartige Hinterlassenschaften an den Wänden beispielsweise in den Katakomben des Collosseums in Rom bringen uns da schon eher auf die Spur jener Menschen die wir suchen. Haben wir denn jemals erfahren, wie halb tote und verstümmelte Römer oder Germanen medizinisch versorgt wurden, wo man sie achtlos liegen ließ und wie man mit ihnen umging, bis sie irgend wann qualvoll verendeten, ob erfroren, verbluteten, verdursteten oder Tiere sich über sie her machten. Hier war Krieg und Schlachten und hier starb man und hier endete auch sehr schnell das, was uns die Geschichtsbücher von der Varusschlacht zu berichten wussten. Und wenn sich Kaiser Augustus keine Überlebenden in Italien wünschte, so wollte er auch nicht, dass man in Rom erfuhr, wie erbärmlich es in Ostwestfalen, so wie in allen Kriegen zugegangen ist. In der Endphase, als der römische Generalstab versagte, die komplette Übersicht verlor, hilflos umherirrte, alles im Chaos der letzten Stunden versank und man sich nach und nach ins Schwert stürzte, abschlachten oder abführen ließ. Es waren die typisch grässlichen Stunden die Sieger und Verlierer immer völlig anders erlebten und natürlich auch später darstellten. Verlässliches aus der Zeit ist und wird bis in alle Zeiten immer Mangelware bleiben, aber man kann es sich vorstellen. Die entscheidenden Anekdoten könnten uns nur die Menschen liefern, die man nie befragte, weil sie sich nicht zeigten und deren Antworten für die große Weltgeschichte ohne Belang sind. Sie spiegelten die Wahrheit im eigentlichen Sinne wider die aber niemand wissen wollte, weil sie sich letztlich jeder denken konnte. Denn wenn das gleißende Kameralicht der Historienforschung erlosch besaßen oftmals die Menschen mehr Courage die man nie in blinkenden Rüstungen sah. Denken wir nur an die heutigen Geheimhaltungspflichten selbst in den modernen demokratischen Staaten und Gesellschaftsformen. Denn bei gewissen aktuellen und vor allem brisanten Ereignissen werden die genauen Verläufe auch oftmals erst lange nach dem Tod diverser Politiker zur Veröffentlichung frei gegeben. Was zu Misstrauen führt und Legendenbildung schürt, aber in Kauf genommen wird. Und das Veröffentlichen kann dann sehr lange dauern und das soll es auch nämlich bis sich später kaum noch jemand dafür interessiert als …., wer wohl, natürlich die trockene Historik. Die sich dann ihre Wahrheit oftmals zusammen basteln muss. Aber das hat System, ist Absicht, man nennt es Politik und Menschenführung, kennt aber auch noch viele andere und weniger schmeichelhafte Namen. Segestes überlieferte uns teilweise die Personennamen der Teilnehmer am Marschzuggeschehen des Jahres 17 +. Aber nicht für alle hatte er Namen parat und machte da einen Unterschied. Zweifellos war es ihm nicht möglich die Namen jener Gefangenen in Erfahrung zu bringen denen man Ketten oder Fesseln angelegt hatte. Sein besonderer Augenmerk galt dem unmittelbaren Anhang von Segestes. So verriet er uns Zusammenhänge über ihren Familienstand und ihre verwandschaftlichen Beziehungen untereinander, teilweise ihre Bedeutung und Funktion und noch etwas über ihren früheren Werdegang. Aber wir haben keine Vorstellungen davon wie und woher er sich sein Wissen erwarb. Er konnte nur den Eindruck wieder geben wie er sich vor seinen Augen abspielte, konnte vielleicht die eine oder andere Frage an diese oder jene Person im Umfeld oder andere Umstehende richten und bekam dann auch die dementsprechenden Antworten. So gelangte er wie auch immer zu der erstaunlichen Feststellung, dass „alle“ Germanen für die Niederlage des Varus büßen mussten. Wen er unter „alle“ verstand bleibt unklar. Dachte er an Personen oder an germanische Völker. Vermutlich meinte er die Germanen die Germanicus im Zuge seiner Feldzüge bekämpfte und was Strabo so aus der Ferne miterlebt hatte. Sein Hinweis auf „alle“ Germanen die büßen mussten kann sich daher vermutlich nur auf jene beteiligten Völkerschaften bezogen haben, die sich in einer Allianz gegen Germanicus und vorher gegen Varus zusammen geschlossen hatten um sich ihnen entgegen zu stellen. Andernfalls wäre es eine sehr mutige wie diffuse Aufzählung mit wenig Aussage – und Beweiskraft gewesen, denn die germanische Führungsriege bzw. die Hauptschuldigen an der Niederlage im Saltus konnte Rom nicht büßen lassen, denn sie ließen sich nie zur Rechenschaft ziehen und sie begaben sich bekanntlich auch nicht freiwillig in die Hände Roms. Die Germanen die Germanicus 17 + die Gelegenheit boten sich von ihm im Triumphzug präsentieren zu lassen, bestanden aus Gefangenen aber auch der Segestessippe samt Anhang. Auch jene Personen die sich einst erhofften als neue Führungsriege an der Weser von Germanicus installiert zu werden. Anführer, die man aber nicht so tief demütigte und nicht in einem Triumphzug zur Schau stellte. Aber auch eine ungenannte Zahl von Germanen erwähnt Strabo die aus völlig unterschiedlichen germanischen Stämmen und Völkern stammten und die als Gefangene deklariert wurden. Wie sollten es also „alle“, gebüßt haben. Ihr Auftritt am 26. Mai 0017 in Rom stand nicht für „alle“. Strabo`s Hinweis „alle“ bezog wohl eher auf jene Germanen, die Germanicus in Germanien in den vielen Jahren bekriegt hatte. So leitete er daraus ab, dass sie damit ihre Schandtaten gegen Rom zur Genüge gebüßt hatten. Ob man es so interpretieren kann, bleibt aber letztlich gleich, denn Strabo wollte verherrlichen und blieb uns in diesem Fall die von ihm gewohnte Präzision schuldig. Aber erstaunlicherweise konnte Strabo immerhin die erlauchtesten Personen unter den Germanen beim Namen nennen. Familienclanmitglieder die sich im Jahre 15 + hinter Segestes gestellt hatten um sich gemeinsam mit ihm und das bekanntlich nicht unbedingt aus freien Stücken heraus in die Hände von Germanicus zu begeben. Es würde sicherlich zu weit greifen anzunehmen, Segestes könnte gedanklich schon zu diesem Zeitpunkt Rückkehrpläne gehegt haben, wenn denn Germanicus dem Arminius Treiben ein Ende gesetzt hätte. Bei den Blutsverwandten des Segestes plus Corona handelte es sich allesamt um Personen aus dem Arminius gegenüber rivalisierenden Fürstenhaus um Segestes, obwohl einige von ihnen unter dem konkreten Verdacht standen, sogar selbst auf Seiten von Arminius gegen Varus gekämpft zu haben. Möglicherweise sogar Segestes selbst. Strabo hat uns also schon mit wenigen Worten einen tiefen Einblick in die Geschehnisse vermitteln können. Mit der Strabo Wortwahl des „büßens aller Germanen“ ist also nicht unbedingt der Bußgang pardon Triumphzug der Gefangenen im Mai 0017 zu verstehen. Denn es ist schwerlich vorstellbar, dass ausgerechnet jene die Varusniederlage hätten büßen sollen, die im Jahre 15 + aus freien Stücken auf Rom zu gingen und um Hilfe baten, während die eigentlich Schuldigen für immer unbehelligt bleiben sollten. Zu dem erweckt Strabo noch den irritierenden Eindruck, als ob Segestes nur auf eine sich bietende Gelegenheit gewartet hätte, um sich angesichts der durch Germanicus drohenden Gefahr in den Schutz Roms zu begeben. Strabo stellte den Wechsel von Segestes ins Lager des Germanicus also wie eine Tat dar, die aus freien Stücken heraus geschah und sah dahiner keinen Zwang. Denn Strabo verlor damals kein Wort darüber, dass es nur dazu kam, weil die Segestesschanze von Arminius belagert wurde und er um sein Leben bangen musste. Strabo wollte also jeglichen Verdacht von Segestes lenken, er habe aus der Not heraus handeln müssen. Vielleicht lag dahinter wieder ein Hinweis verborgen, wie vorsichtig er mit der Person des Segestes umgehen musste um nicht in den Verdacht zu geraten, Rom habe sich mit ihm einen Pharisäer eingehandelt. Driftet man an dieser Stelle ins Spekulative ab, dann dürfte man sogar die Frage aufwerfen, ob Segestes jemals von Arminius in seiner Burg belagert wurde und nicht sogar dieses Szenario schon Teil einer umfassenden Strategie von ihm war indem er sich Germanicus gegenüber als ein rettungswürdiges Opfer präsentierte. Vielleicht „befürchtete“ es Segestes nur bzw. gab es nur vor, Arminius könne ihn angreifen. Vor dem Hintergrund, dass Arminius ausgerechnet in der Zeit, als Germanicus in Ostwestfalen bzw. Nordhessen mit starken Verbänden operierte auf die Idee gekommen sein sollte Segestes zu belagern, dann wäre das in der Tat ein recht unpassender Zeitpunkt gewesen. Aber der Herz zerreißende Entführungsfall „Thusnelda“ eröffnete, Jahrhunderte vor Romeo und Julia ein weitaus dankbares Spekulationsfeld in das sich noch vieles mehr hinein interpretieren ließ.(01.04.2020)

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Dienstag, 24. März 2020
Strabo - Der Mann der uns mit wenigen Worten viele Antworten gibt
Seine Vorgänger Ovid und Manilius schrieben ihres in einer Zeit nieder als Augustus der bis 14 + lebte noch Kaiser war. Aber Strabo schrieb schon unter seinem Nachfolger Kaiser Tiberius und er berichtete uns Interessantes über den Triumphzug der für den Feldherrn Germanicus am 26.5.0017 ausgerichtet wurde. Er berichtete also in einer Zeit bzw. unmittelbar aus einer Zeit heraus in der Germanicus seine militärischen Aktivitäten in Germanien sozusagen gerade erst beendet hatte bzw. beenden musste. Tiberius war für das Kriegsende verantwortlich, denn es war seine Entscheidung das Kämpfen zu beenden. Er vollzog diesen gewichtigen Schwenk in der Germanenpolitik, die vielleicht aus pazifistischer Sicht betrachtet die am weitest reichende Entscheidung war, die das Imperium je in Germanien getroffen hat. Sie führte auch dazu, dass Tiberius zukünftig auf einen offensiven Feldherrn in Germanien wie Germanicus es einer war, verzichten konnte. Tiberius hatte als Kaiser seinem Neffen Germanicus, dem Sohn seines Bruders Drusus zuvor drei Jahre lang bei seinem Treiben in Germanien zugesehen.Tiberius selbst kannte Germanien und seine Bewohner wie kaum ein anderer und er traf seine Entscheidung aus dieser Kenntnis und Erfahrung heraus. Die Karriere von Germanicus war vorgezeichnet, denn Kaiser Augustus hatte ihn als Nachfolger von Tiberius bereits zu Lebzeiten vorbestimmt. Man nimmt allgemein an, dass Germanicus Ambitionen hatte, die Nachfolge von Tiberius antreten zu wollen, bevor dieser es zulassen wollte, was wohl keiner weiteren Verdeutlichung bedarf. Wäre ihm ein umfassender Sieg in Germanien gelungen hätten ihn seine Legionen dabei möglicherweise unterstützt. Das Schema wäre für Rom nicht neu gewesen. Erfolgreiches eigenes agieren vielleicht in Verbindung mit fehlerhaftem Verhalten bei Tiberius und möglichen Widersachern in Rom hätte es beschleunigen können. Aber Tiberius zeigte unerwartete Stärke in Verbindung mit geschickter Taktik, präsentierte sich als Staatsmann und band damit Germanicus die Hände. Hätte Germanicus, wie es viele sehen wollten und manche erhofften auch noch nach 16 + in Germanien weiter kämpfen dürfen und das möglicherweise sogar letztlich siegreich, wäre in ihm für Tiberius möglicherweise ein potenzieller Rivale heran gewachsen, was nicht in seinem Sinne war. Man kann es bei Herrschenden oft beobachten, dass diese ungern im Volk beliebte Charismatiker über längere Zeit neben sich dulden und Germanicus soll einer von jenen gewesen sein. Aber als Kaiser hatte Tiberius Handlungsfreiheit, er beendete die fruchtlosen Bemühungen von Germanicus was sich mit seiner Erfolglosigkeit und dem hohen militärischen Aufwand gut begründen ließ. Er stellte die Grenzsicherung in den Vordergrund und gab ihr den absoluten Vorrang. Eine respektable und anerkennenswerte Entscheidung mit der er sich als Friedensstifter in die Tradition von Kaiser Augustus einreihte und sich beim Volk Ansehen verschaffte. Er schwächte damit den Nimbus von Germanicus in dem er ihn abberief, ebnete ihm aber gleichsam gönnerhaft den Weg für einen glorreichen Empfang in Rom. Aber die Ziele die sich Germanicus in Germanien gesetzt hatte und möglicherweise auch die, die er im Imperium verfolgt haben könnte, wurden von Tiberius durchkreuzt. Insgesamt betrachtet ein äußerst guter politischer Schachzug. Denn als neuer Kaiser hatte Tiberius staatsmännischer zu denken und andere Dinge ins Visier zu nehmen als weiterhin zermürbende Schlachten in einem endlosen Sumpf- und Waldland zu führen. Aber nach alledem was Germanicus letztlich für die Reputation des Reiches geleistet hatte, sollte man doch zu dem Schluss gelangen, dass man ihm trotz magerer Ausbeute einen Triumphzug zugestehen musste und ihn als gerechtfertigt ansehen könnte. Aber auch der schöne Schein wollte in Rom gewahrt sein und so scheute man wohl weder Kosten noch Aufwand damit der Triumphzug für alle sichtbar zu einem lebhaften und unvergesslichen Großereignis werden konnte. Auch Strabo muss es berührt haben. Obwohl er uns als ein aufmerksamer und gewissenhafter Mensch erscheint, wird der Triumphzug auch an ihm nicht spurlos, heute würde man sagen emotionslos vorüber gegangen sein. So hinterließ er sicherlich auch bei ihm einen bleibenden Eindruck und er dürfte noch seine Zeit gebraucht haben, bis er alle seine Wahrnehmungen gedanklich verarbeitet hatte. Es musste sich in ihm erst alles gesetzt haben bis er zur Feder greifen konnte. Ob man es aus seinen Zeilen heraus lesen kann ist schwer zu sagen. Aber im Gegensatz zu Ovid schrieb Strabo aus anderen Beweggründen heraus und er war daran interessiert einer ausgewogenen Sachlichkeit den Vortritt zu lassen. Es wird erkennbar, dass bei ihm das Bedürfnis stark war Fakten vermitteln zu wollen. Die distanzierte Nüchternheit eines Geographen und Historikers stand im deutlichen Kontrast zu einem entrückten römischen Dichter und Poeten. Strabo war ein Historiker wie man ihn sich wünscht. Er nannte viele der auftretenden Personen beim Namen, er setzte mit dem 26.5.0017 ein fixes Datum und er stellte klar, dass Arminius jetzt immer noch Krieg führen würde. Aber mit der exakten Alterfestlegung des kleinen Thumelicus erwies er uns einen weiteren großen Dienst. Denn präziser ließ sich das Wesentliche dieses denkwürdigen Tages kaum zusammen fassen. Strabo musste sich Notizen gemacht haben, denn auch die germanischen Namen und ihre Schreibweise ließen sich für ihn nicht leicht im Gedächtnis behalten. Wir kennen aus der Zeit namentlich keine zweisprachigen Germanen und sind auf Spekulationen angewiesen. Germanen dürften und das erst recht im eigenen Lande, vielleicht eine geringe Oberschicht ausgenommen des Schreibens unkundig gewesen sein. So der allgemeine Wissensstand. Aber in Rom könnte es gebildete Germaninnen oder Germanen gegeben haben die die Gefangenschaft und Sklaverei hinter sich lassen konnten und denen einen sozialer Aufstieg vergönnt war. Sie könnten auch eine sprachliche Vermittlerfunktion ausgeübt und übernommen haben. Strabo musste die Namen der germanischen Häupter also nicht unbedingt über ihren Klang verschriftet haben. Er hätte sie aber auch erst in der Folgezeit nach Befragen weiterer Personen, also von anderer Seite her erfahren haben können und schrieb sie entsprechend später für die interessierte Nachwelt nieder. Sein Hang fixe zeitliche Bezüge zu hinterlassen was den noch jetzt Krieg führenden Arminius, den genauen Tag des Triumphzuges, sowie das exakte Alter des Thumelicus, aber auch die vielen Namensnennungen anbelangt lassen den Schluss zu, dass er einige Fakten erst noch selbst zeitversetzt nach recherchieren musste. Er sie also keinesfalls schon am 26.5.0017, oder kurze Zeit danach alle hätte zusammen getragen haben können. Ließe sich daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass Strabo seinen gesamten Wissenstand den er unmittelbar nach dem 26.5.0017 noch nicht besessen haben dürfte erst nach und nach komplettiert haben könnte. Möglicherweise erfuhr er vieles erst Monate nach dem 26.5.0017 und vielleicht sogar erst im Jahre 18 +. Zum Beispiel, dass Arminius immer noch kämpfen würde. Und ähnlich verhielt es sich auch mit seinem Kenntnisstand über das Alter des Thumelicus. Aber bei der Aufarbeitung gilt es natürlich eines zu bedenken. Das nämlich ein Arminius, der nach Strabo selbst „jetzt“ noch gekämpft hatte, es theoretisch auch noch im Jahre 18 + und natürlich noch darüber hinaus und sogar bis zu seinem Tode gegen seinen Erzfeind Rom getan haben könnte. Denn es ist kaum vorstellbar das Arminius, sollte er sich noch körperlich dazu imstande gesehen haben ein Mann war, der sein Schwert an der Wand verrosten lässt, nur weil es in die Strategie von Tiberius passte. Aber wie ging es mit Segestes weiter. Da man im römischen Machtzentrum aus politischen Gründen und Kalkül die Darstellung von Segestes im Jahre 17 + gerne teilte, war es auch der Wille der Obrigkeit seine Version zu akzeptieren und nicht opportun am Wahrheitsgehalt zu zweifeln. Die Staatsraison gab den Ton vor, dass Segestes damals alles in seiner Macht stehende getan hatte, um Varus die Niederlage zu ersparen aber seine Rufe leider ungehört verhallten. Sollte Strabo doch schon mehr gewusst und daran gezweifelt haben, so dürfte er aus taktischen Gründen bei dieser Gemengelage auch gut beraten gewesen sein, das Kapitel „Segestes“ völlig auszuklammern und nur vom Treuebruch der Cherusker zu sprechen. Es sind also mehrere Varianten denkbar, wenn man nach Erklärungen sucht, warum Strabo diese Details in seiner Niederschrift aus ließ. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass Strabo nicht wusste was Segestes auf Befragen in Rom verlauten ließ. Erst die Historiker die auf Strabo folgten waren da mitteilsamer, ihnen standen die Quellen offen und sie konnten auf den Wissensstand aus dem Munde von Segestes zurück greifen. Und das taten sie. Alle schenkten sie seinen Worten uneingeschränkten Glauben. Das überaus große Interesse und eine seltsame Form von ungewöhnlicher Aufmerksamkeit mit der sich die vier Historiker die über Segestes berichteten seinen Ausführungen widmeten wirft natürlich weitere Fragen auf, mit denen ich mich der Reihe nach noch beschäftigen möchte. Gemeint sind Paterculus, Tacitus, Florus und Dio die sich alle über Segestes äußerten. Aber die wie ich meine Notlügen des Segestes passten auch noch Jahrhunderte später gut in die politische Landschaft und fanden Platz in den Seelen der Menschen eines gedemütigten Imperiums. Und so verbreiteten sie sich wie von selbst von Generation zu Generation und wurde immer glaubhafter. Die Geschichten um einen Mann, der sogar sein eigenes Volk für Rom verriet. Aber wir wissen auch wie man in Rom wirklich über Segestes dachte. Denn nach Plutarch drückte es einst auch Kaiser Augustus mit den Worten aus. „Ich liebe den Verrat, aber Verräter lobe ich nicht“. Somit war Strabo der Reihenfolge nach der dritte Varusschlacht – Bezeuger noch der Mann, der völlig unbedarft, ob wissentlich oder ahnungslos zwischen die Stühle des damaligen Kenntnisstandes geriet und zum letzten Historiker einer Ära wurde, die das von Segestes gesagte nicht verwertete. Damit schließt sich der Kreis der Argumentation und lässt den Rückschluss zu, dass erst mit dem Eintreffen von Segestes in Rom auch neues Wissen zur Varusschlacht in die Palatinischen Bibliotheken Eingang fand. Strabo war im Mai 17 + ein Passant der dem Triumphzug zusah, wie er an ihm vorbei zelebrierte. Ein Römer dem es so erging wie vielen anderen auch die von der Neugier getrieben dabei war. Es war vielleicht auch nur der pure Zufall, dass er in diesem Moment am Puls der Zeit verweilte. Aber er war auch Forscher, war allen neuen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen und sah sich an diesem Tag zum Geschichtsmensch berufen, der die quirlig nach oben gespülten Neuigkeiten aufarbeiten aber auch hinterfragen wollte. Mit dem bloßen Zuschauen wollte er es nicht bewenden lassen. Obwohl sein eigentliches Metier die Geographie war spürte er doch das Besondere dieses ereignisreichen Tages. Ich vertrete daher die Ansicht, dass er damals keinen Quellenzugang in die Interna der damaligen palatinischen Schaltzentrale hatte bzw. ihm dieser Einblick nicht gewährt wurde. Zugang in die Akten dessen was Segestes als seine Überlebenstaktik ausspielte. Strabo wusste zum Zeitpunkt seiner Niederschrift nicht, dass Segestes dem Tribunal gegenüber nur vorgetäuscht hatte für Rom seinen eigenen Stamm an Varus verraten zu haben. So konnte Strabo Varus auch kein Fehlverhalten unterstellen, denn Varus brauchte keine Warnung von Segestes in den Wind schlagen bzw. ignorieren, da es sie nie gegeben hat. Aber erwarten wir an dieser Stelle auch nicht zu viel an Detailkenntnissen von Strabo als die, die er uns schon erfreulicherweise hinterlassen hatte. Segestes sah übrigens kein Risiko darin im Verhörraum alles auf eine Karte zu setzen. Er konnte es sich erlauben. Denn in Rom hatte er keine unliebsamen Mitwisser oder Zeugen zu fürchten, da alle vom „Teutoburgiensi Saltu“ acht Jahre zuvor verschluckt wurden. Aber Segestes sah sich gezwungen bei der Befragung überzeugend wirken zu müssen. Er musste sich förmlich ereifert und hinein gesteigert haben, um mit dem berühmten Brustton der Überzeugung vorgeben zu können, damals sein Bestes gegeben zu haben um Varus und das sogar noch am Vorabend vor dem Verlassen des Hauptlagers gewarnt zu haben. Der „treue“ Segestes, dem es gelang und das sogar noch zu seinen Lebzeiten in Rom gefeiert zu werden, vor allem aber schaffte er es zu überleben. Obwohl als Verräter unbeliebt, baute man Segestes im propagandistischen Sinne für die Nachwelt auf. Und die Welt der Historie hatte später keine andere Wahl, als es so zu übernehmen. Letztlich aber setzte Segestes sich seine Krone selbst auf in dem er sich mangels anderer Zeitzeugen die es besser gewusst hätten, zum Bewahrer der römischen Interessen in Germanien aufschwang. Er täuschte allen eine Heldenfigur vor und die Tür zum römischen Olymp blieb ihm nur verschlossen, da er unbegreiflicherweise auf einen scheinbar unbelehrbaren und stoischen Varus stieß. Aus römischer Sicht schrammte er damit nur knapp an der Unsterblichkeit vorbei. Gleich wie man es nennen oder bewerten möchte, aber so könnte die Methode Segestes, nämlich die eines nur vorgespielten bzw. vorgetäuschten Verrates funktioniert und Eingang in die Geschichtsbücher gefunden haben. Eine Warnung die alle Geschichtsbücher bewahrten, die aber nie das Licht der Realität erblickte. Letztlich machte aber Segestes auch nichts anderes als es Ovid in seiner misslichen tristen Lage und viele andere auch taten. Denn man handelte wohl damals wie heute auch immer noch in erster Linie im eigenen Interesse, vor allem wenn es um Leib und Leben ging. Und wem von beiden wollte man dies aus menschlicher Sicht betrachtet auch verdenken. Keine Stimme wurde in Rom laut, die ihn als einen Verräter an seinem eigenen germanischen Volk verteufelt hätte. Man sah in ihm einen Sympathieträger und ein im Einvernehmen mit Rom handelndes Werkzeug. Alles andere hätte nach einer Zuneigung für Arminius, die Germanen also den Feind klingen müssen. Erst Tacitus war der Historiker der sich nach dem viele Jahre vergangen waren wagte, Arminius als den Retter Germaniens zu bezeichnen und dem Feind von damals Achtung zu zollen. Aber so kurz nach dem Debakel im Saltus wandelte man schnell auf dem schmalen Grad eines Landesverräters, wollte man etwas anderes behaupten. Alles passte damals ausgezeichnet in die Sicht der Dinge und warum sollte man das Volk in der Folgezeit auch etwas anderes glauben lassen als das, was ihnen plausibel und glaubhaft erschien. All das erhob den Germanen Segestes in den Rang einer besonderen Person, die sich in Rom in diesen Tagen von allen übrigen Germanen ab hob. Aber auch noch eine anderer Blickwinkel ist vonnöten, möchte man nichts auslassen. Denn was wäre die Kehrseite all dessen gewesen, denn dann hätte alles völlig anders ausgesehen. Segestes hätte also sein eigenes Volk nicht verraten, hätte vor dem Tribunal nicht gelogen, also nicht zur Notlüge gegriffen um seine eigene Haut zu retten bzw. sich besser aus der Affäre zu ziehen. Wie hätten wir Segestes vor diesem Hintergrund dann zu werten und zu begreifen gehabt. Etwa als einen Mann der trotz erheblicher Skrupel an der richtigen Handlungsweise seines eigenen Volkes dann letztlich doch zu ihm stand, weil er beim Thing überstimmt wurde, er sich zu seinem Volk hingezogen fühlte, sich von seinen Stammesgenossen überzeugen ließ und sich dann in den Krieg gegen Rom aber gegen seine inneren Überzeugungen hätte hinein ziehen lassen. Er hätte somit oberflächlich zwar treu zur germanischen Sache gestanden und hätte sich auch von Seiten seiner Landsleute nichts vorwerfen lassen brauchen, wäre dann aber wiederum in Rom verharmlost ausgedrückt, nicht gut gelitten gewesen. Aber er begab sich in die Hände von Germanicus nichts ahnend, dass in diese Entscheidung einmal nach Rom führen würde. Damals im Jahre 15 + wuchs auch für ihn und besonders für seine schwangere Tochter die Gefahr gemeinsam mit dem Helden Arminius untergehen zu müssen. Denn Rom und Germanicus sinnte nach Rache und in Germanien wusste man, was dies bedeutete und diese Rache hätte dann auch ihn und seine Anverwandten in den Tod reißen können. Den Fürsten Segestes der damals doch nicht so römerfreundlich handelte wie man dachte, denn er wechselte noch rechtzeitig ins Lager Roms über um vielleicht am Tag X Arminius beerben zu können. So könnte es gewesen sein, denn nur so ließe es sich erklären, dass die gegnerischen Germanen den Fürsten Segestes in all den vielen Jahren nach dem Ende der Varusschlacht bis ins Jahr 15 + in Ostwestfalen unbehelligt ließen und man ihm nichts antat. Segestes war nicht zu beneiden. Hätte er damals in Rom Standhaftigkeit gezeigt, wie wäre es ihm ergangen. Es hätte für ihn viel Mut bedurft um zu seinem wahren Verhalten zu stehen. Aber er wäre dann bei der Wahrheit geblieben und die lautete Varus nicht gewarnt zu haben. Es wäre für ihn ein schwerer Spagat gewesen, es dem Tribunal glaubhaft zu machen, ohne dass es für die römischen Advokaten nach einer faulen Ausrede geklungen hätte. Er hätte sein Haupt sehr tief senken und ein Plädoyer für seine loyale Gesinnung abgeben müssen. Jener Treue gegenüber Rom, der er sich seit der damaligen Vertragsunterzeichnung zwischen Cheruskern und Römern immer verpflichtet sah. Aber in der damals aufgeheizten letztlich von Varus verursachten Stimmung des Jahres 9 + konnte er nicht anders, als der Strategie der Arminius Cherusker zu folgen. Es hätte schlimm enden können und es bestand für ihn die Gefahr eines äußerst riskanten Ausganges. Und was das für ihn bedeutet hätte, kann man sich vorstellen. Aber selbst wenn er sich so ehrenhaft verhalten hätte wie im Umkehrschluss dargestellt, wird es für seine Büste im urdeutschen „Heldentempel“, der Wallhalla von Donaustauf nicht mal für eine Nische im Keller gereicht haben. Dieser Überlegung zu folgen nähme natürlich zu starke hypothetische Züge an. Aber Strabo müsste man auf dieser Basis noch der ihm voraus gehenden Historikerriege Ovid/Manilius zurechnen. Drei kaum greifbare Persönlichkeiten die sich aber in einem einig schienen. Denn keiner von ihnen erwähnte, dass Varus von Segestes gewarnt wurde. (24.03.2020)

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Montag, 16. März 2020
Griff Segestes zur Notlüge ? - Seine Warnungen an Varus sind infrage zu stellen - Strabo wusste von alledem nichts
Am Samstag dem 9. November 2019 stellte ich das Kapitel „Strabo lüftet einen Vorhang - Der Tag des Triumphes für Germanicus“ ins Internet ein. Dieses Kapitel findet gemeinsam mit dem vorherigen Abschnitt nun seine Fortsetzung. Aber Segestes, der hier neben Strabo eine der damals unmittelbar handelnden Personen darstellt wird uns auch noch die nächste Zeit beschäftigen. Denn seine Auslassungen bilden eine der wesentlichen Grundlagen auf denen meine Theorien zu den Ursachen der Varusniederlage basieren. Hinter der Front in einem uns unbekannten römischen Militärlager am Rhein, vielleicht aber auch in der bereits zivil geprägten Ansiedlung, dem heutigen Köln darbte und schmachtete nun der Segestesclan in der Erwartung zukünftiger Entwicklungen vor sich hin. Sie mussten sich also wo auch immer zwangsläufig in Geduld üben. Segestes hatte sich bekanntlich mit Teilen seiner Familie vor allem aber mit seiner hoch schwangeren Tochter schon im Frühjahr 15 + als man die Fronten wechseln musste, in die Obhut von Germanicus begeben und wartete seit dem auf die weiteren Anweisungen bzw. auf sein zukünftiges Schicksal. Und er musste lange ausharren, denn erst nach über einem Jahr, vermutlich im Spätherbst 16 + traf Kaiser Tiberius in Rom die weitreichende Entscheidung den Krieg gegen die Germanen einzustellen, wodurch auch für die Sippe des Segestes die triste Phase des Warten ein Ende hatte. Was Segestes in der Zeit bei Laune gehalten haben könnte wäre eine interessante Perspektive gewesen, die er gesehen haben könnte. Und günstigenfalls hätte sich für ihn daraus sogar ein Karrieresprung ergeben können. Denn schließlich stand für ihn auch noch die Möglichkeit im Raum, dass Germanicus ihn, nachdem er den angestrebten Sieg über Arminius errungen hatte, zum neuen Cheruskerfürsten ernennen könnte. Denn Germanicus musste auch für die Zeit nach Arminius planen. Segestes verbrachte die Zeit folglich in Ungeduld, der frommen Hoffnung und Erwartung irgendwann das Erbe von Arminius antreten zu dürfen. Ein Ziel, das er vielleicht schon länger im Auge hatte und Bestandteil seines Plans war, als er sich 15 + in die Arme von Germanicus warf. Aber dann kam doch wider erwartend alles anders, denn nach dem Willen von Tiberius hatten sich sowohl seine Ambitionen als auch die von Germanicus in Germanien endgültig zerschlagen. Tiberius machte ihre Träume zunichte und Germanicus musste umdisponieren. Denn nun waren endlich die Würfel gefallen. Irgendwann und irgendwo musste also ein reitender Bote aus Rom Germanicus erreicht haben um ihm mitzuteilen, dass Tiberius das Kriegsende befohlen hat. Der unermüdliche und vielleicht auch noch siegessichere Germanicus stand im Herbst 16 + noch selbst an der Lippe im Kampf gegen die Marser und sah sich seinem Ziel näher kommen. Die fortgeschrittene Jahreszeit zwang ihn allerdings wie so oft, seinen Eroberungszug viel zu früh beenden zu müssen um in die Winterlager einzurücken. So könnte ihn die Nachricht von Tiberius im Spätherbst auch im Winterlager erreicht haben, denn es bestand sicherlich nicht die Notwendigkeit, dass ihn die Kuriere des Kaisers erst in Germanien suchen mussten. Es war vermutlich eine für ihn schockierende Nachricht mit der er nicht gerechnet hatte, wie man es aus der Einschätzung der damaligen Lage bei Tacitus entnehmen könnte. Mit der Botschaft einher gehend wird man, um ihn zu beschwichtigen auch mitgeteilt haben, dass man nun für ihn einen Triumphzug in Rom veranstalten würde. Es entwickelte sich daraus das Ende seiner aktiven Dienstzeit als Feldherr. Germanicus trat ab, verließ die Front und diente dem Imperium noch eine begrenzte Zeit vermutlich in der Funktion eines Militärattaches im mittleren Osten. So könnte er bereits im Winterlager den Alpenzug für das Folgejahr geplant haben und es ist infolgedessen denkbar, dass man sich entschied, die Überquerung nach der Schneeschmelze 0017 anzugehen. So bekam die Segestes Sippe nun von einem möglicherweise verbitterten Germanicus die Anweisung sich reisefertig zu machen. Aber Segestes wusste von diesem Moment an auch was ihm selbst bevor stehen würde. Denn statt mit römischer Rückendeckung in die germanische Heimat zurück kehren zu können erwartete ihn nun ein völlig anderes und unbekanntes Schicksal. Er hatte voll auf die römische Karte gesetzt, konnte aber nicht mit der Entscheidung von Tiberius rechnen. Von nun an war aber auch Germanicus für ihn wohl nicht mehr der gütige Retter von einst, sondern entwickelte sich zu einem berechnenden Feldherr der ihn zu seiner eigenen Ruhmesfeier nur noch zur Präsentation und als schmückendes Beiwerk brauchte bzw. missbrauchte. Einen Triumphzug den er der Vollständigkeit halber auch noch mit einer Anzahl anderer Germanen die er gefangen nehmen ließ anreicherte und man wird sie an den Ketten am Körper voneinander unterschieden haben. Drei antike Passverbindungen über das Gebirge sind bekannt und man wird sich für die entschieden haben, die um diese Jahreszeit geboten schien. Aus dem Rheintal bei Basel nach Süden vorstoßend könnte man, sollte diese Verbindung schon existiert haben, auch über Augusta Raurica dem heutigen Kaiseraugst/Augst über Olten und Zürich geritten sein. Man schwenkte dann später vor Mailand in die Via Claudia Augusta ein die in die Via Cassia mündete, sodass man durch die Porta Flaminia die Mauern von Rom passiert haben könnte. Während der Reise wurde Segestes Meile um Meile seine Lage bewusster. Denn im Zuge der für ihn unübersehbaren, da infrastrukturell belebten und gut ausgestatteten Regionen und dem landwirtschaftlichen Fortschritt erkannte er, welche Macht nun der Mann besaß, den er vielleicht sogar selbst einmal in jungen Jahren persönlich begegnet sein könnte. Nämlich als dieser im Jahr 4 + an den Lippequellen sein Winterlager aufschlug, bevor er im folgenden Jahr die Langobarden an der Elbe besiegte. Ein Lager das ich im Raum Schwaney verorte. Nun war der Onkel von Germanicus der römische Kaiser Tiberius und er war seit dem Jahr 14 + Herrscher über ein Imperium. Und wer einem derartigen kulturellen Wechselbad ausgesetzt ist wie Segestes, der ist sich seiner heiklen Lage im Klaren und hatte sich tunlichst im ureigenen Interesse auch den neuen Begebenheiten anzupassen und zu beugen. Nun war er nicht mehr der Trumpf im Ärmel von Germanicus und Garant für ein willfähriges Cheruskervolk, sondern geriet in die gestrengen Mühlen einer Großmacht und seine Haut zu retten bekam für ihn oberste Priorität. Die Stunde der Wahrheit rückte für ihn näher und er musste sich auf die diverse Fragen vorbereiten die man ihm stellen würde. Fragen die ihm in Ostwestfalen erspart geblieben wären und wo er sich nicht hätte rechtfertigen brauchen. Was er nach seinem Eintreffen in Rom dann im Zuge der Gespräche den römischen Beamten berichtete erfuhren bzw. protokollierten zuerst die, die ihn nach jenen vergangenen Vorkommnissen im Nethegau befragten. Aus welchem Personenkreis sich dieser zusammen gesetzt haben könnte wissen nur die alten Mauern des Palatin. Von den antiken Geschichtsschreibern die auf diesem Wissen später ihre Überlieferungen aufbauten kennen wir zwar einige, aber nicht alle. Darunter finden sich der zeitlichen Reihenfolge nach so prominente Namen wie Paterculus, Tacitus, Florus und Dio aber nicht Strabo. Denn er wurde oder konnte damals bezogen auf Segestes noch nicht deutlich werden, da er von den Dingen die sich hinter den verschlossenen Türen ereigneten keine Kenntnis hatte. Aber nur dank Strabo ist es überhaupt erst möglich diese Gedankenkette schlüssig aufzubauen. Die Kette die mit der von Tacitus beschriebenen „Rettung“ des Segestes im Jahre 15 + ihren Anfang nahm und die mit der Erwähnung von Strabo als ein Teilnehmer beim Triumphzug 17 + endete. Aber alle Historiker die auf Segestes Äußerungen später Bezug nahmen, übernahmen zwangsläufig den jungfräulichen Gesprächsinhalt aus den Verhören mit ihm. Sie ließen uns folglich alle in dem Glauben, es hätte sich damals zwischen dem Saltus, Aliso, dem Hauptlager und der Weser auch alles so zugetragen wie Segestes es in seiner Not zum Besten gab. Wer wollte den Historikern auch den Vorwurf machen seinem Gesagten nicht genügend misstraut zu haben. Und wer konnte später auch erwarten, dass sich alles was von Segestes in dieser Form in die Welt gesetzt wurde, auf ewig in die Geschichtsbücher einbrennen würde. Wider besseres Wissens übernahmen oder mussten es alle übernehmen. Und dies gilt auch für alle späteren Geschichtswissenschaftler bis hinein in unsere Tage und ab dem Zeitpunkt an dem die verschollenen Schriften der antiken Historiker aufgefunden werden konnten. Sie hatten es alle als Realität zu betrachten und hinzunehmen, wollten sie nicht an den ehernen Grundfesten der damals in Stein gemeißelten Glaubwürdigkeit des Palatin rütteln. Denn sie konnten alle dem nicht viel entgegen halten, weil es keine andere Ursprungsquelle und keine andere Alternative außer Segestes gab. Von Segestes erwartete man nun in Rom, dass er die letzten noch bestehenden alten Wissenslücken und verborgenen Geheimnisse erläutern bzw. schließen würde. Und dazu bedurfte es mehrerer Gespräche, einer guten Vorbereitung und einem angemessenen Verhörgeschick, denn es galt zudem sprachliche Barrieren und diese möglicherweise mittels Dolmetscher aber auch andere Verständnisprobleme zu überwinden. Man kann sich vorstellen, wie sich ein „Beinahe Delinquent“ in einer Vernehmung verhält in dem es um sehr viel ging, um nicht zu sagen vielleicht sogar um seinen Kopf. Über die Inhalte wird das Verhörtribunal keine Öffentlichkeit informiert haben und nur ein handverlesener Kreis Vertrauter bzw. das Kaiserhaus werden von seinen Aussagen erfahren haben. Denn Segestes wurden und mussten schließlich auch einige peinliche Fragen gestellt werden. Und die Antworten die er darauf gab lesen wir auch nur zu einem geringen Bruchteil in den Annalen der vier großen antiken Historiker jener Zeit. Zum Beispiel warum sich denn die Männer aus seiner eigenen Sippe im Jahre 9 + auf die Seite von Arminius schlugen und sich nicht gegen ihn stellten. War sein Durchsetzungsvermögen, er war immerhin ein Fürst der Cherusker so schwach, dass er dies nicht hätte verhindern können. Ein Verhalten das in sich betrachtet nicht zu einem treuen Römerfreund, wie es immer hieß passen will. Aber er musste sich auch ein gutes Argument dafür einfallen lassen, warum ihn die Arminius Cherusker nach dem Ende der Varusschlacht bis ins Jahr 15 + hinein unbeschadet ließen. Wie sich aber nun aus dieser Theorie erschließen lässt, konnten ihn nach der Varusschlacht letztlich die Männer der Segestes/Arminius Sippe deswegen unbehelligt lassen, weil er sich nichts gegen sein Volk hatte zu Schulden kommen ließ. Er war also in Germanien nach 9 +, möchte man es so ausdrücken gut gelitten. Aber genau diesen indirekten Vorwurf machten ihm auch die Beamten und Segestes hatte sie nun vor dem Tribunal glaubwürdig zu entkräften. Segestes hatte wie wir wissen jenen die ihn aushorchten natürlich auch den Hergang und die Ausgangslage im Vorfeld der Schlacht zu schildern und zu erklären. Und in diesem Moment offenbarte sich erst das ganze Dilemma in dem Segestes steckte. Denn man erwartete von Segestes, dass er die Pläne des Arminius gegenüber Varus in voller Gänze bis ins Detail und das absolut überzeugend hätte aufdecken müssen. Nämlich das er Varus ultimativ vor dem drohenden Unheil warnte um ihn davor zu bewahren. Es war eine Frage mit der er rechnen musste und auch gerechnet hat. Daher konnte er in diesem Moment auch dem hohen Hause der „Interrogatoren“ eine Argumentation seiner Verhaltensweise anbieten, auch wenn diese mächtig wackelte. Seine Antwort bestand darin ihnen mit voller Überzeugung darzulegen, dass er sich doch Varus gegenüber sogar selbst als Geisel angeboten habe und Varus den Vorschlag gemacht hatte, er möge es auch mit Arminius und den anderen so handhaben. Aber warum sollte Varus Segestes in Ketten legen lassen, wo der doch auf seiner Seite stand und von dem ihm keine Gefahr drohte. Diese Erklärungen erscheinen daher bei genauerem Hinsehen wie der letzte, ein aus der Verzweifelung heraus geborener Versuch gewesen zu sein, mit dem er sich endgültig von jedem Verdacht befreien wollte, nicht alles erdenkliche getan zu haben. Es war die Antwort auf die Frage die er kommen sehen musste und für die er keine bessere Erklärung finden konnte, als sich die Geschichte von eben dieser nebulösen „Inkettenlegung“ am Vorabend der Schlacht einfallen zu lassen. Und warum übrigens sollte Segestes dies auch alles erst und noch so kurzfristig am Vorabend der Schlacht Varus angeboten haben. Ebenfalls eine Darstellung die Verdacht schöpfen lässt, wie händeringend und schon fasst flehend Segestes in Rom sein panischen Bemühen um Reputation glaubhaft machen wollte. Aber alles nutzte den drei Legionen damals nichts, denn Varus tat es einfach ab. All die Argumente die Segestes vortrug klingen wie ein wahnwitziges und in der Praxis nicht umsetzbaren Ringen um Erklärungen. Hilfloses lamentieren was man ihm in Rom nur abnehmen konnte, da man sich dort nicht in die Verhältnisse im Nethegau am Vorabend der Schlacht hinein denken konnte und es keine gegenteiligen Aussagen gab. Die Bredouille in der Segestes in diesem Augenblick saß war perfekt und er steckte in der Argumentationsfalle bei der die Glaubwürdigkeit seiner ganzen Person auf dem Spiel stand. Das er sich wie Tacitus es berichtete vor dem Ausbruch der Varusschlacht sogar noch gezwungenermaßen selbst auf die Seite von Arminius schlug, muss für das Tribunal unentschuldbar geklungen haben. Denn wie hätte er es denn in diesem Moment angestellt haben sollen Varus zu warnen, wenn er doch selbst zum indirekten Teilnehmer am Kampfgeschehen wurde bzw. sich in den Krieg hinein ziehen ließ, so wie es die antike Historie berichtete. Hätte er wie auch immer man es sich vorstellen möchte, sich etwa hinter den eigenen Linien verstecken sollen oder hätte er das Risiko eingehen sollen sich von den Legionären seines Freundes Varus auf dem Schlachtfeld töten zu lassen. So wird ihm irgendwann der glänzende Einfall gekommen sein sich einen geschickten Ausweg aus dem Dilemma zu suchen. Um also im Verhör bestehen zu können gab er, ohne das er es wirklich tat vor, Varus auf die ihm bevor stehende Gefahr hingewiesen zu haben. Nur so konnte er noch seine Haut retten. Da Varus ihm dann nach eigenen Aussagen die Glaubwürdigkeit versagte und seine Warnung abtat, war er gezwungen seine Rolle auf Seiten der Arminius Cherusker zu Ende zu spielen. Wie er dies tat darüber schweigen die Quellen. Zeugen seiner nie statt gefundenen Warnung hatte er bekanntlich nicht zu befürchten und so ließ sich diese Szenerie eines von ihm aus den Fingern gesogenen Dialoges und ohne das es Konsequenzen für ihn gehabt hätte, entwerfen. Die Faktenlage die durch das nachfolgende Desaster im Saltus Bestätigung findet spricht dafür, dass Varus da er nicht vorgewarnt war, den Marschzug also völlig unvorbereitet angetreten hatte. Im vollen Glauben nichts befürchten zu müssen, genügend Soldaten gehabt zu haben und von den Cheruskern unterstützt zu werden, stolperte er blindlinks in die ihm gestellte Falle und traf keinerlei weitere militärische Vorkehrungen. Denn es war ja nur eine harmlose Gerichtsverhandlung von denen er in Germanien schon viele absolviert hatte. Er ritt also nichts ahnend vom Sommerlager in den Untergang. Segestes verdrehte in Rom den Sachverhalt in seinem Sinne und erfand die für Rom plausible Argumentationskette nämlich Varus im Vorfeld gewarnt zu haben um so einer möglichen Bestrafung für seine Passivität zu entgehen. Sein Plan ging bekanntlich auf, man glaubte ihm, wollte ihm glauben und musste ihm glauben. Segestes könnte dadurch vielleicht sogar um Haaresbreite geschickt der Kerkerhaft entgangen sein. Aber nicht etwa deswegen, weil seine Erklärungen so gut und glaubhaft waren, sondern auch weil man Segestes damals nicht fallen lassen wollte um sich selbst keine Blöße zu geben. Man konfrontierte ihn möglicherweise auch mit der provokanten Fragestellung was denn geschehen wäre, wenn sich Germanicus im Jahre 15 + gar nicht nach Ostwestfalen aufgemacht hätte um Rache an den Cheruskern zu nehmen. Hätte Segestes dann wie im tiefsten Frieden in seiner Residenz vermutlich in Vogelbeck an der Leine sein schönes Leben weiter geführt, Thusnelda wäre dann mit Arminius glücklich verheiratet gewesen und er hätte sich mit ihm arrangiert. Und in der Tat und bei Licht besehen, könnte es auch dazu gekommen sein, wenn Germanicus keine Rachepläne gehegt hätte und nicht in Ostwestfalen einmarschiert wäre. Segestes konnte nicht anders, er sah sich gezwungen damals den Senat zu täuschen und ihm die Geschichten von der Warnung aufzutischen und er kam damit auch durch. Strabos Vorgänger auf der Liste der Varusschlacht Berichterstatter waren Ovid und Manilius, ihnen war ein Mann namens Segestes noch nicht bekannt. Aber wie verarbeitete Strabo, der Segestes vom sehen her gekannt haben könnte und ihn sogar erwähnte das Wissen seiner Zeit, wenn es um die Ursachen ging die zur Niederlage in der Varusschlacht führten. Strabo tat das einzig richtige, denn er er brachte den „Verrat“ nur in einen Zusammenhang mit dem Verhalten der Germanen in der Varusschlacht. Und dem ist kein Bezug zu Segestes zu entnehmen und auch keine Hinweise darauf das dieser Varus gewarnt haben will. Für Strabo war die Sachlage klar, die Germanen hatten die Verträge verraten wodurch die Legionen vernichtet werden konnten. Dieser Darstellung lässt sich nicht entnehmen, dass sich dahinter noch mehr verbarg, es also noch ein Vorspiel eines gewissen Segestes dazu gab. Es war wie es auch jeder wusste damals eben in erster Linie ein germanischer Verrat an den Verträgen im Spiel und auf Segestes kam man erst rund sieben Jahre später zu sprechen. Segestes wurde demzufolge zu einer relativ uninteressanten Randperson denn sein Verhalten, ob er nun Varus warnte oder auch nicht, schien damals für alle für den Ausgang der Schlacht unmittelbar nach dem Jahr 9 + unerheblich gewesen zu sein. Wie sich der genaue Hergang im Zuge der verräterischen Tat vollzog bleibt bei Strabo natürlich offen. Da er aber in diesem Zusammenhang weder Segestes erwähnte noch ihn als den Verräter bezichtigte und dies weder wollte noch durfte, konnte er wie es auch alle anderen bewerteten auch nur in den Germanen die Verräter gesehen haben. Denn wer den Vertrag brach war in diesem Fall der germanische Stamm der Cherusker zu dem auch Segestes gehörte aber ihn selbst als Einzelperson sprach man in Rom vom Vorwurf des Vertragsbruches frei. Mitgefangen mit gehangen galt für Segestes nicht. Und dies obwohl er sich damals auf die Seite der gesamtgermanischen Sache schlug. Eine höchst fragwürdige Angelegenheit und in der Tat eine Gratwanderung. So ist die von Strabo gewählte Formulierung aus seiner Sicht nachvollziehbar. Alle bedeutenden späteren antiken Verbindungspersonen die nach dem Jahr 17 + anhand ihrer Quellen über Kenntnisse zur Varusschlacht verfügten und darüber berichteten, wie Paterculus, Tacitus, Florus und Dio thematisierten das Besondere aber auch das Rätselhafte am Verhalten von Segestes. Ob sie es nun einen Verrat von ihm nannten wie die einen sagen, oder ob sie es als hilfreiche Warnung darstellten die von Varus völlig ignoriert wurde. Nur Strabo ging nicht explizit auf die Person und die Rolle ein die Segestes inne hatte, er nannte es einfach nur einen Verrat der Germanen und ohne dabei den Namen Segestes fallen zu lassen. Natürlich wusste man in Rom und das auch schon vor dem Mai 0017, dass bei der Varusschlacht Verrat in welcher Form auch immer im Spiel war. Und natürlich konnten nach römischem Selbstverständnis die Germanen auch Varus nur deswegen bezwingen, weil man Verrat an ihm beging, ihn also im guten Glauben ließ, dass ihm nichts geschehen würde und was man nun mal schlicht und einfach Verrat nennt. Aber wie es sich zugetragen haben soll, war in Rom nicht nachvollziehbar. Denn zum Verrat gehörten immer zwei. Der der den Verrat beging und der der sich verraten ließ. Das die Germanen Varus verraten hatten war also unbestritten. Und wenn Strabo von Verrat spricht, so konnte er zu so früher Stunde und als einfacher Zuschauer in Rom auch nichts über die Details und das Verhalten wissen, das damals Segestes an den Tag legte. Strabo war also auch nicht bekannt, dass Segestes den Feldherrn Varus vor dem germanischen Angriff gewarnt haben wollte. So waren ihm also die verzweifelten Anstrengungen und Bemühungen von Segestes sich in Rom ins rechte Licht zu rücken auch noch nicht bekannt gewesen. Sonst wäre auch er wie später seine historischen Nachfolger wohl auch näher auf das umstrittene Verhalten von Segestes eingegangen, aber er beließ es beim „Verrat“. Bis zum Zeitpunkt seiner Niederschrift könnte also Strabo nichts über die Details der Verstrickungen eines Segestes in die Varusschlacht gewusst haben, er wusste nur, dass man Varus verraten hatte. Der Reihenfolge nach schmiedeten also die Germanen zuerst ihren verräterischen Plan, woraufhin dann Segestes diesen Verrat an Varus verraten haben soll, wenn man es also mal so darstellen möchte. So blieb es beim Verrat der Germanen, aber der angeblich von Segestes vorgegebene „Gegenverrat“ blieb bei Strabo unerwähnt. Begäbe man sich tiefer in den spekulativen Bereich hinein, so könnte Strabo auch schon mehr über Segestes gewusst haben, ohne aber darauf eingegangen zu sein. Strabo kann man nach Ovid und Manilius an die chronologisch dritte Stelle der ersten „Schlachtenbezeuger“ setzen. Aber wie zuvor zum Ausdruck gebracht, noch ohne das er gleich in welcher Art Bezug auf den im Raum stehenden Verrat des Segestes nahm. Die römischen Quellen nach Strabo drückten es unterschiedlich aus, denn sie wollten es auch wie eine Warnung, also eine dezentere Art in Form einer freundschaftlichen Geste verstehen. Eine Interpretation die erkennen lässt, das man sich nicht so ganz schlüssig war, wie man die Worte von Segestes bewerten sollte. Für alle durfte und dürfte Segestes natürlich kein Verräter im negativen Sinne gewesen sein, er stand auf römischer Seite und es sollte nicht der geringste Schatten eines Makels auf ihn fallen. Aber er lieferte uns eine von mehreren Erklärungen dafür, warum Varus in die Niederlage schlitterte.(16.03.2020)

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