Dienstag, 20. April 2021
Wer stand Varus zur Seite als es ernst wurde - Mit Arminius bildete er ein Team
Der Reiz am Varus - Ereignis ist vielfältiger Natur. Er liegt nicht nur in seiner Einmaligkeit und Unvergleichbarkeit oder an der Unmenge von Ungereimtheiten und Irritationen, die es hinterließ und auch nicht an der Tatsache, dass es an Aktualität selbst nach über 2000 Jahren noch nichts eingebüßt hat. Es liegt wohl daran, dass sich unser Forschergeist nicht damit abfinden möchte, dass jede Generation das offene Rätsel um die Varusschlacht erneut ungelöst mit ins Grab nehmen muss. Möchte man sich an dieses Schwergewicht deutscher Urgeschichte heran wagen, so gehört dazu mehr als nur das Herausgreifen markanter Passagen wie sie uns die antiken Historiker hinterließen. Man muss sich damit beschäftigen wie ein "Historien Kolumnist" der die Schlacht wie eine tagesaktuelle Herausforderung begreift und der in ihr außer sie zu kommentieren und zu bewerten auch noch nach Facetten Ausschau hält, die sich dem verengten Blick der Jahrhunderte entziehen konnten, da man sie für hinreichend abgearbeitet hielt. Und dazu gehört auch die Frage wie sich das persönliche Umfeld in diesen komplexen Stunden zu Varus verhielt. Die Namen von Personen die bis zuletzt zu ihm hielten, man könnte sie auch Freunde nennen sind uns nicht bekannt geworden. Aber eines wissen wir dafür um so besser, nämlich das er nach seinem Tod nur noch Feinde hatte. Es wird an der Spitze damals einsam um ihn gewesen sein, denn es standen Entscheidungen an die ihm wohl niemand abnehmen wollte. Arminius könnte diese Phase genutzt haben und sich ihm in dieser Lage als Gefährte angeboten oder sich eingeschmeichelt haben. Es bleibt jedenfalls unklar wie es ihm gelingen konnte, den römischen Feldherrn in seinem Sinne gefügig zu machen. Blickt man also auf den Verlauf des Marschgefechtes wie es sich im Zuge der Recherche vollzogen haben könnte, dann lässt sich in groben Zügen erschließen, dass der Rückweg für Varus nach erledigter Mission nur durch den Saltus hätte führen können. Man hätte also demnach den 51. (581) Breitengrad der auch durch die Teutoburger Schlucht führt nicht weiter in Richtung Süden überqueren brauchen, sondern wäre unter Nutzung des prähistorischen "Oberen Bördenweges", der vom Saltus kommend an die Weser bei Höxter führt, in westlicher Richtung abgezogen. Varus darf man zugestehen, dass sein Wissen so weit gereicht haben sollte, dass er sich der Tatsache bewusst war, dass es ab Brakel nicht nur in die Marschrichtung Diemeltal gehen, sondern das er sich dort auch dem Grenzbereich seiner Einflußnahmemöglichkeiten nähern würde bzw. einer Region wo sein Respekt merklich zu schwinden begann. Und je weiter er sich in das Stammesgebiet der Vertragslosen begab, um so mehr wuchs auch seine Abhängigkeit von Arminius. Ein Grund mehr für Varus ihm voll vertrauen zu müssen. Denn um Misstrauen gegen die Cherusker aufzubauen wie es Segestes zugeschrieben wird, dürfte spätestens jetzt der Zeitpunkt überschritten gewesen sein. Denn sich in dieser Phase mit Arminius, mit dem er nicht nur verbündet war, sondern nun auch strategisch zusammen arbeiten musste zu überwerfen, konnte sich Varus selbst wenn er gewollt hätte, längst nicht mehr leisten. Und wie sich bei vielen Großen in allen Zeiten feststellen lässt, war es unter ihnen verbreitet in heiklen Lagen auch schon mal die Eigenverantwortung etwas abzutreten, zu vermeiden oder zu umgehen um ungünstigen Falls im Umkehrschluss die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen zu können. Aber wo sprachen sich Varus und Arminius ab, wo trafen sie ihre Entscheidungen, wo machte Arminius ihm die Gefahrenlage deutlich und wo einigte man sich auf die Vorgehensweise und die Marschrichtung. Blicken wir in die Überlieferungen dann war man sich am Vorabend nach dem Gastmahl einig, denn laut Tacitus griff man zu den Waffen bzw. trat unter die Waffen, womit Entschlusskraft zum Ausdruck kommt. Man brach demnach am Folgetag auf, denn am gleichen Abend hätte es die Tageszeit nicht mehr zugelassen. So verließ man das Weserlager in den Vormittagsstunden des nächsten Tages in Richtung Lippe. Aber aufs gratewohl geschah nichts. So musste man sich auch damals schon zusammen gesetzt haben, um den weiteren Verlauf festzulegen und das konnte nach dieser Überlegung nur in diesem Lager gewesen sein. Wo wäre da ernsthaft gefragt noch Platz für einen angeblich quertreibenden Segestes gewesen. Der logistische Apparat dreier Legionen plus Anhang forderte seinen planerischen Tribut und bestand aus zahlreichen kleinen und großen Entscheidungen und die wollten rechtzeitig getroffen sein, denn sie waren mit Vorlaufzeit verbunden. Zu sagen Varus befand sich nun in einer überzogenen Ausnahmelage wäre übertrieben, denn derartige Situationen kannte er zur Genüge und sie zu bewältigen gehörte in sein Metier und als er mit Arminius am Morgen das Lager verließ, wähnte er sich mit dem Germanen partnerschaftlich auf Augenhöhe. Er war der Feldherr hatte das letzte Wort und er bestimmte auch wer neben ihm ritt. Es ist fraglich, ob er es noch für nötig befand, seinen Generalstab in alle Einzelheiten mit einzubeziehen oder zu befragen, aber Kommandeure zu übergehen wäre unklug und könnte für ihn nachteilig sein, aber in groben Zügen gesehen, waren die Abläufe vorgegeben. Alles war nun gut durchdacht und entschieden und Varus dürfte sich der neuen Situation gewachsen gefühlt haben und seine Berater werden ihn eifrig, wenn nicht gar übereifrig darin bestärkt haben. Und natürlich verhielt er sich nach außen hin wie der Souverän der über die alleinige Machtvollkommenheit verfügte und konnte sich auch im Schoße seiner Offiziere sicher fühlen. Seine Wesenszüge lassen sich nur grob erfassen, aber Führungsnaturen gleichen sich und eine Bürokratenseele wie man sie ihm unterstellt, lässt sich nur schwer unterdrücken. Es würde vielleicht zu ihm passen, dass er all seine Entscheidungen auch gerne als die seinigen ausgab. Aber in dieser Lage in der sich Varus befand, schwebte auch der Geist einer besonders wachsamen Person über ihm. Es war der des großen Feldherrn Tiberius mit dem er sich jetzt stark verbunden fühlte, da dieser zur gleichen Zeit im Donaukonflikt stand. Tiberius in gewisser Weise auch Urheber seiner Misere, da er damals nichts unternahm um die Pläne der Provinzerschließung an der Weser bis nach dem Marbod Feldzug zurück zu stellen. Somit zählte Tiberius zum Mitverursacher und damit auch indirekt zu den Verantwortlichen, oder war sogar der Hauptverantwortliche für seine militärisch pikante Lage. Denn Tiberius war es, der die Truppen der Varus Armee schon frühzeitig um jene Soldaten dezimierte die er brauchte, um sie gegen Marbod zu führen. Tiberius, der Mann zwischen Varus und dem Kaiser war allgegenwärtig und nach heutigem Sprachgebrauch sein Vorgesetzter, denn Präsumtiv betrachtet galt Tiberius damals schon als der designierte Kaiser nach Augustus und wer wollte ihm widersprechen. Tiberius muss man demzufolge anlasten, dass er es war, der Varus Teile seines Heeres in unbekanntem Ausmaß und im Zuge der Ereignisse wie es das Schicksal wollte auch nicht nur für den ursprünglich angedachten Markomannenfeldzug entzog. Denn zwangsläufig musste er diese danach auch noch in den damals urplötzlich ausgebrochenen Pannonienaufstand führen, was nicht vorhersehbar war. Hätte Tiberius ihm die Truppen nach einem erwartungsgemäß erfolgreichen Marbod Feldzug wieder zugeführt, hätten sie Varus auch rechtzeitig wieder zur Verfügung gestanden und die Varusarmee wäre wohl unbesiegbar gewesen. Aber Varus hatte alle Entscheidungen von Tiberius zu respektieren gehabt. Und er hätte es auch gar nicht verhindern bzw. keinen Einfluss darauf nehmen können, denn die Entscheidung zur Reduzierung für den Markomannen Feldzug fiel am Rhein bereits im Frühjahr 6 +, also noch vor seiner Amtsübernahme. Einer seiner historisch dokumentierten kapitalen Irrtümer den ihm die Nachwelt auf ewig ankreidet war es seine Truppen im Feindesland, folglich im Rebellengebiet und wohlweislich nicht im Cheruskergebiet, nicht zusammen gehalten zu haben. Er beging der Rekonstruktion nach diesen Fehler in der Phase, als er wie vermutet auch auf Anraten von Arminius entschied, den Marschzug ab Brakel in einen zivilen und einen militärischen Teil aufzusplitten. Was man demnach als "nicht zusammen gehalten" bezeichnen könnte. Bis Brakel stand die Route fest und war Varus bestens bekannt. Aber am nächsten Tag wurde es ab Brakel ungewiss und die Wege erfahrenen Vertrauten von Arminius sollten von nun an die Leitfunktion bis zur Rebellenhochburg übernehmen. Und von diesem Moment an lieferte sich Varus dem Chefstrategen Arminius unwiderruflich aus. Er dirigierte ihn mittels seiner Männer Schritt für Schritt in den Hinterhalt, während er selbst zu diesem frühen Zeitpunkt in etwa parallel dazu noch mit den Abstellungen beschäftigt war bzw. eine möglichst reibungslose Trossübernahme zu überwachen hatte. Aber ab Brakel war es nun nicht mehr die allen geläufige und befestigte Strecke wie man sie zwischen Anreppen und Höxter hergerichtet hatte. Denn jetzt marschierte Varus zu den Heimstätten der Rebellen durch unwegsames Terrain. Und er hatte nun auch jene Truppenteile nicht mehr bei sich, die er an diesem Tag als Geleit für den Tross abstellte. Diese Kenntnis um die Zugaufteilung entzog sich Cassius Dio, denn dieser Verlauf ließ sich im Detail seinen Vorlagen nicht entnehmen. Er schloss diese Wissenslücke in Form einer gerafften Darstellung und vollzog den literarischen Sprung wie es sich im Abschnitt 19. (5) nachlesen lässt. Eine Methode, die sich auch im Zusammenhang mit dem "verschluckten" ersten Marschtag bei ihm feststellen lässt. So ließ Cassius Dio Arminius zunächst noch mit Varus gemeinsam das Lager verlassen, ließ ihn dann seine germanischen Kämpfer mobilisieren, ließ ihn dann die römischen Mannschaften des zivilen Trosses ausschalten um dann im Anschluss daran noch Varus anzugreifen. Man sollte sagen, dass das etwas zu viel war für einen einzigen Tag. Und wer dabei auf die Uhr geschaut hatte der konnte schnell erkennen, dass die Germanen nicht fliegen konnten. Folglich eine chronologisch unrealistische Abfolge aus der Not heraus geboren, da seine Quellen diesen Zeitbedarf nicht mehr schlüssig hergaben. Und ebenso musste Cassius Dio im Hinblick auf die Marschzugaufteilung literarisch improvisieren, denn auch dazu konnte er nichts näheres berichten, da keine römischen Überlebenden diesen unvermeidbaren Strategiewechsel überlieferten. Cassius Dio stieß auch auf diese Überlieferungslücke und er steckte in Erklärungsnöten da er sich mangels Ortskenntnis der Bedeutung der Drehscheibe Brakel wo sich der Zug aufspaltete nicht bewusst war. Er suchte möglicherweise sogar selbst nach einer Begründung dafür, warum sich Varus in dieser kritischen Phase von einem Teil seiner Streitkräfte trennte, fand sie aber nicht und schuf sich eine Erklärung in Form räuberischer germanischer Aktionen auf Proviantzüge und andere nebulöse Maßnahmen. Denn es schien eine für alle ebenso rätselhafte wie unerklärlich erscheinende Entscheidung gewesen zu sein, die Varus da in einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt getroffen hatte, indem er seine eigenen Kampftruppen schwächte. So rätselte Cassius Dio mit, denn es ließ sich dafür kein nachvollziehbarer Grund für diesen von Varus ergangenen Befehl seinen Quellen entnehmen. So bemühte er möglicherweise seine persönlichen Vorstellungen und zog Motive heran, die ihm zwar plausibel erschienen, die aber eher nach einem mageren Versuch klingen nach Gründen für das Verhalten von Varus zu suchen. Denn irgendwelche Geländepunkte zu bewachen, Räuber dingfest zu machen oder Lebensmitteltransporte zu geleiten nährt auch einen anderen Verdacht. Nämlich den, dass Cassius Dio Zentralgermanien mit Mittelitalien verwechselte, wo derartige Polizeiaktionen möglicherweise nötig waren. Denn welche Lebensmitteltransporte sollte es in Ostwestfalen gegeben haben, die es zu bewachen galt. Welche Transporte sollten da von a nach b unterwegs gewesen sein, während Varus mit seinem gesamten, sich in der Regel selbst versorgenden Marschzug auf dem Weg an den Rhein war. Möchte man wie Cassius Dio ebenfalls die Phantasie bemühen könnten es Transporte gewesen sein die unterwegs nach Anreppen waren um dort die weitere Versorgung der Legionen sicher zu stellen. War man also möglicherweise auf Zulieferungen angewiesen. Oder wollte Cassius Dio darauf anspielen und sich eine Erklärung dafür liefern, dass sich die Gesamtlage schon so konfliktträchtig zuspitzte, dass ihm dies alles nötig erschien. Dann hätte sich Varus allerdings schon in einem Hexenkessel befunden und man hätte ihm raten sollen, so schnell wie möglich Ostwestfalen zu verlassen, statt noch ein weiteres Aufrührergebiet aufzusuchen. Cassius Dio könnte also der Denkweise verfallen sein, dass da wo eine Varusschlacht ausbrechen konnte, auch kleinere Scharmützel möglich sind. So weit seine mögliche Annahme. Aber es klingt schon etwas an den Haaren herbei gezogen und nicht so, als ob dies der wahre Grund dafür war, dass Varus sich auf diese Weise in voller Absicht geschwächt haben soll. Ebenso abstrus ist die Vorstellung sich die Bewachung von Geländepunkten oder das Festnehmen von Räubern vorzustellen, aber es könnte so in die Visionen von Cassius Dio über Germanien gepasst haben. Vielmehr dürften sich dieser Theorie nach dahinter die germanischen Argumente verborgen haben die man Varus geschickt auftischte, damit dieser so viel wie möglich an militärischem Personal für den Tross abgab. Cassius Dio wäre demzufolge also der Auffassung gewesen, dass die Aufrührerregion nicht der einzige Krisenherd in der damaligen Zeit war, sondern es auch an anderer Stelle Versuche gab, die römische Vormachtstellung zu untergraben. Insgesamt betrachtet war es für ihn ein Ringen, um die Plausibilität der Varusentscheidung seinen Lesern begreiflich zu machen. Anderen Übersetzungen zufolge sollten sogar schwache Gemeinwesen geschützt worden sein und bitte, um was für ein schwaches Gemeinwesen sollte es sich gehandelt haben, was die Germanen nur mit römischer Unterstützung hätten schützen können und wollen. So sollte man dahinter nichts anderes vermuten, als die verzweifelte Anstrengungen eines Cassius Dio um Erklärungen. Also ein verschwommenes Konstrukt unterschiedlicher Begründungen für die Schwächung der Kampftruppe aufzubauen, bevor diese zu den Rebellen zog. Aber die Egge war nicht der Apennin und Cassius Dio war vermutlich zu stark auf italienische Gegebenheiten fixiert um sich in die Lage in Germanien hinein denken zu können. So kommt zwar zum Ausdruck, wenn auch fragwürdig, wofür Varus die Abstellungen frei gab, aber nicht wann er sie zur Verfügung stellte. Denn Cassius Dio trifft im Abschnitt 19.(1) keine zeitliche Aussage dazu, wann man Varus um sie bat und wann er sie abstellte. Eine Frage die viele Historiker später dazu verleitete anzunehmen Varus könne die Abstellungen schon Tage oder gar Wochen vor dem Ausmarsch beauftragt haben in die germanischen Regionen auszuschwärmen. Nach dieser Theorie gab er ihnen jedoch die Anweisung nicht schon Tage oder Wochen vorher, sondern entschied es erst im Zuge seiner Rückmarschstrategie. Justament in dem Augenblick, als ihn die Germanen darum baten Soldaten zur Bewachung des zivilen Trosses abzustellen, also relativ kurzfristig und vielleicht sogar erst am Morgen des zweiten Marschtages. Für Cassius Dio war es aus verständlichen Gründen nach über 200 Jahren nicht mehr möglich alle diese konträr und im Widerspruch zueinander stehenden Abläufe miteinander plausibel in Verbindung zu bringen. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, da er von der Marschaufteilung die am 25.9.0009 in Brakel statt fand in seinen Unterlagen nichts vorfand. Aber Varus und sein Generalstab konnten wie dargelegt aus strategischen Gründen gar nicht anders entscheiden, als sich auf Anraten der Germanen und aufgrund eigener Überzeugungen für eine Aufteilung zu entscheiden. Es war das Gebot der Stunde aber mehr noch das der Logik im logistischen Sinne. Denn es gab für die römische Heeresführung keine Alternative als das Aufsplitten des Marschzuges. Auch ein weiterer Grund dafür ist einfach zu finden, denn er liegt nicht nur in der Strategie, sondern ist auch in der Geländeformation, also der Topographie der Landschaft zu suchen. Den Varusplan zu Ende denkend erwartete dieser zweifellos einen erfolgreichen Ausgang der Verhandlung mit den Rebellen. Das es ihm folglich gelingen würde, den dortigen Aufruhr in überschaubarer Zeit, wie auch immer zu befrieden. Aber es gab auch noch zahlreiche andere Gründe dafür warum Varus die Zivilisten, seinen Beamtenstab und die vielen anderen Mitreisenden nicht mit in den Unruheherd nehmen wollte. Aber Cassius Dio wäre nicht Cassius hätte er uns die Gründe dafür nicht wieder auf seine besondere Art der Verschriftung, also hinter den Zeilen offenbart. Denn wieder hat er die Auflösung des Rätsels um die Abstellungen im wahrsten Sinne des Wortes unauffällig und vernebelt in seinem Vermächtnis hinterlassen. Denn die Lösung um die Frage lag in seiner Überlieferung. Genau genommen lag sie verborgen im Dickicht der Übersetzungsproblematik. Aber sie war doch nicht so gut getarnt und von der Geschichtsschreibung und seiner Auswertung überwuchert, als dass sie sich vor unserer Analyse verbergen konnte. In einem der nächsten Kapitel soll auch dieses Thema aufgegriffen werden. Und dann können wir uns besser vorstellen wie es zu den geschichtswissenschaftlichen Fehldiagnosen in Sachen "Abstellungen" kommen konnte. So wurden schon in mehreren Kapiteln Argumente dafür detailliert vorgestellt, aber es sollen noch weitere folgen. Aber ein gewichtiger Grund wird auch der gewesen sein, dass der umfangreiche Begleittross nicht imstande war problemlos den unbefestigten auch damals schon von Hohlwegen zerrissenen "Teutoburgiensi saltu" erklimmen zu können. Ein Anstieg wie er für die schwergewichtigen römischen Ochsenkarren unbenutzbar war und wovon man sich auch heute noch gut überzeugen kann. Denn im Gegensatz zum römischen Hellweg zwischen Brakel und "Aliso" war dieser von der Natur steiler und eingekerbter geformte Schluchtweg für ein Befahren mit größer dimensioniertem Gefährt nicht vorgesehen und im Vergleich zum Netheberg zwischen Gradberg und Schwaney für diese Fahrzeuge daher unpassierbar. Maximal könnten ihn germanische Kleinstgefährte befahren haben aber vordringlich wird man den Passweg wie in Gebirgen üblich mit Lasttierkolonnen begangen haben. Warum hätte man sich diesen gefahrvollen Aufstieg damals auch überhaupt zumuten sollen, zumal Regenereignisse das Vorhaben zum völligen Scheitern hätten verurteilen können. Letztlich lag hier nicht der einfacher zu erklimmende Netheberg vor ihnen, den man dem zivilen Tross vorbehielt. So opferte Varus zahlreiche eigene Männer für den Geleit, verzichtete somit auf Kampfkraft, riskierte ein ungünstiges Kräfteverhältnisse und trat den Marsch in Unterzahl an. Männer die ihm, wie sich zeigen sollte, später bei den Aufrührern misslich fehlen sollten. Aber die Legionäre die den zivilen Tross zu begleiten hatten gerieten am Vormittag des ersten Kampftages, dem zweiten Marschtag zwangsläufig im Bereich der einzigen Engstelle im Zuge der Gradbergumrundung in das überfallartige Gefecht mit den Germanen. Und so könnte man in Varus eher einen durch die von Arminius erzeugten Sachzwänge Getriebenen sehen, der ihm blind folgte, sich im Team mit seinen Offizieren zu entscheiden hatte und nicht viel Entscheidungsspielraum besaß. Letztlich wurden sie alle von der Dynamik weiterer sicherlich auch unkalkulierbarer Ereignisse mitgerissen und wie man es sich gut vorstellen kann. Aber zurück ins Sommerlager wo es in seinem Stabsgebäude in den Tagen vor dem Ausmarsch auch sicherlich turbulenter zuging als für gewöhnlich. Viele Interessensvertreter jener Zeit mit lauteren und unlauteren Absichten im Gepäck dürften sich bei Varus die Klinke in die Hand gegeben haben. Unter ihnen wohl auch ein zaghaft und unterwürfig auftretender Segestes, da er von alledem wusste. Vielleicht kann man ihm sogar noch die eine oder andere eher sibyllinische und halbherzig vorgetragene Äußerung zutrauen. Konkret wurde er jedenfalls nicht und durfte es auch nicht, da die Wahrscheinlichkeit nach allem was er wusste hoch war, dass die Germanen einen Sieg davon tragen konnten. Was war Varus für ein Mensch. Rekonstruktionsversuche auf Basis unseres Wissensstandes zu seinen menschlichen Zügen unter Einbeziehung der Handlungszwänge in denen er steckte, lassen einen kleinen Einblick in sein damaliges Milieu zu. Und aus der Vielstimmigkeit seines Umfeldes heraus hatte er nun zu entscheiden. Nun spielte es auch keine Rolle mehr, was er einst in Syrien tat, wie lange seine Familientradition zurück reichte und wie reif seine Leistungen im Zusammenhang mit seinen früheren militärischen Aktionen waren. Nun war er vielleicht das erste Mal in seiner gesamten Laufbahn ernsthaft heraus gefordert und auf sich allein gestellt. Seine persönlichen ihm nahestehenden Berater, die Legionskommandeure, aber auch die Anführer der germanischen Auxiliareinheiten, vielleicht auch Botschafter von Marbod, oder die Abgesandten anderer germanischer Stämme waren darunter. Teilweise Krieger die sich auch selbst in gespaltenen Lagern bewegten. Nämlich Stämme in denen man die römischen Besatzer noch positiv bewertete, aber auch Stämme die Rom kritisch gegenüber positioniert waren, dies aber nicht zur Schau stellten. Aber allen voran stand ihm Arminius zur Seite, dem er voll vertraute. Und natürlich auch die anderen Häupter aus dem Arminius treuen cheruskischen Fürstenhaus. So mangelte es Varus nicht an Gesprächspartnern und Delegationen die ihm alle im Vorfeld des allherbstlichen Rückzuges ihre Aufwartung machten. Wie sollte er unterscheiden können, wer zu ihm hielt und wer nicht. Es lässt sich nachempfinden und fasst erahnen, wie es in diesen Stunden um ihn stand. Im weiteren Verlauf des Internet Buches möchte ich versuchen Antworten auf die Frage zu geben, in welche Lebenslage ihn das Schicksal geführt hatte. Denn bei näherer Betrachtung wird deutlich, wie eingeschränkt handlungsfähig und eingebunden Varus hinsichtlich seiner eigenen Entschluss - und Entscheidungskraft war, als es um die Frage der Marschstrategie ging. Seine Anordnungen konnte er nur aus den wenigen verbliebenen Möglichkeiten heraus treffen, die ihm als Befehlshaber noch vergönnt waren. Und als Feldherr konnte er sich auch nicht hinter die gängige Praxis des Befehlsnotstandes zurück ziehen, da er in Ostwestfalen der Ranghöchste war. Varus gab sich seine Befehle selbst und die Verhältnisse im Jahre 9 + waren für ihn alles andere als gut zu durchschauen. Er bewegte sich auf einem glatten Parkett sich widerstreitender Interessen und er sollte und musste bei alledem den Überblick behalten. Er konnte sich von dem was ihn erwartete kaum ein eigenständiges Bild machen, konnte nicht viele neutrale Meinungen abgreifen und war daher meist auf die Ratschläge und Empfehlungen jener angewiesen, die bis zu ihm vordrangen, zu ihm vordringen durften, die man also zu ihm vordringen ließ. Erschwerend hinzu kamen noch die Probleme, die er mit seiner eigenen Selbsteinschätzung und Wahrnehmung der Realität hatte. Aus diesem Grund war er vermutlich noch besonders empfänglich und anfällig für die Dinge die man ihm zutrug, da sie ihm eigene Entscheidungen abnahmen. Alle Vorgänge und Berichte die uns über die Geschehnisse zum Verlauf der Varusschlacht bekannt wurden haben eines gemeinsam. Alle konnten sie immer nur auf bereits Vollzogenem, auf Taten und Ergebnissen also Resultaten beruhen. Darauf basierend müssen wir unsere Rückschlüsse ziehen. Wie die Entscheidungen damals zustande kamen entzieht sich unserer Vorstellungskraft. Personen bezogen lassen sich nur vage Äußerungen von Zeitgenossen zu einem verschwommenen Bild verdichten. Über taktische Überlegungen gleich welcher Art die man im Vorfeld anstrengt haben musste, schweigen die Historiker oder deren Quellen. Was uns noch visionär unterstützt sind die minimalen Beschreibungen einer Landschaft und einer langen Karawane bestehend aus Menschen, Karren und Zugtieren die durch sie hindurch zieht bis sie sich irgendwann im Schlachtenlärm auflöst. Das Phantombild eines Kampfgeschehens, dass sich wie ein Bühnenbild nur für wenige Stunden aus dem Untergrund erhob, um dann wieder für ewige Zeiten im Boden zu versinken. Aber es bietet uns eine Grundlage um darauf ein Faktengerüst aufbauen zu können. Und dies hilft uns der Wahrheit über die Abläufe des Marschgefechtes etwas näher zu kommen. Denn einen Flussverlauf oder ein Sumpfgebiet verändert die Natur nicht in, aus menschlicher Sicht betrachtet kurzen Zeiträumen und erst recht keinen Gebirgszug oder eine Schlucht. Einst offenes Gelände spricht für fruchtbaren Boden und dazu gehörige Siedlungskammern. Verborgen im Untergrund lassen sie sich noch nachweisen. Die Fundstellen früher Besiedlung aus dem Neolithikum oder der keltischen Hallstattzeit und das nicht nur im Raum Willebadessen - Peckelsheim. Der Nethegau war immer schon eine belebte Region in der man allerdings die kurzlebigen Fußspuren römischer Zivilisation mit der Lupe suchen muss, zumal dann wenn der Regen sie schon nach wenigen Schauern weg geschwemmt hat.(20.04.2021)

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Mittwoch, 7. April 2021
Wenige Tage vor der Varusschlacht. Die letzte Versammlung der Cherusker. Meldereiter berichten über die aktuelle Lage, alle Blicke sind auf Segimer gerichtet. Die Waffen hat man schon in der Hand. Segestes lässt sich gerade davon überzeugen doch mit zu machen. Die Entscheidung ist gefallen und die ersten Germanen brechen bereits auf. Reliefausschnitt von der Mark-Aurel-Säule (frei interpretiert)

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Varus und sein Ringen, dass Richtige tun zu wollen - Wir müssen uns auf eine komplexe Stimmungslage einlassen.
Schwer vorstellbar, aber der Nethegau war damals für einige Jahre so was wie der militärische Nabel Mitteleuropas. Wir hingegen fühlen uns heute so, als säßen wir in der ersten Reihe und betrachten seelenruhig von einem postantiken, aber vor allem bequemen Podest aus, wie der Beginn der Varusschlacht immer näher rückt. So blicken wir visionär auf die Rheinrückkehrer und sehen, wie sie sich nichts ahnend auf ihren militärischen Exkurs zu den Rebellen vorbereiten. Man bibbert förmlich mit ihnen, da man weiß was sie erwartete. So sollte sich bestätigen, das sich selbst die eingespielteste Routine schnell in Dramatik verwandeln kann, denn Garantien auf einen Sieg gab es zu keiner Zeit. Der damaligen Atmosphäre nachzuspüren, zu versuchen sie einzufangen und die einstigen Entscheidungsprozesse zu erkennen bleibt selbst den Spürsinnigsten unter uns verwehrt, aber der Versuch ist gestattet. Die letzten Stunden komprimiert zu betrachten um es mit den damaligen Möglichkeiten abzugleichen und die Auslegungsspielräume auszuschöpfen erfordert das Zurückstellen unserer inneren Uhr und das nicht nur auf die Winterzeit. Ausgerüstet mit dem frischem Wissen von Cassius Dio im Rücken wird aufs Neue unser Vorstellungsvermögen angespornt. Und gerade in diesem Moment tritt wieder ein ganz besonderer Aspekt besser gesagt ein klassischer Makel in den Vordergrund, dem die Geschichtswissenschaften kaum Beachtung schenken. Nicht, weil es sie nicht interessieren würde oder weil es so unbedeutend wäre, vielmehr muss der Grund dafür an einer besonders deprimierenden und pikanten Stelle gesucht werden, denn er offenbart unser Nichtwissen darüber wie sich Römer und Germane damals sprachlich verständigten. Und noch etwas. Was wissen wir eigentlich über die Existenz oder die Bedeutung keltischer Dolmetscher. Dazu liegen uns ebenfalls keine Erkenntnisse vor, unsere Vorstellungen sind zu "druidenhaft" und mit schleierhaftem Wissen möchte sich keine seriöse Wissenschaft ernsthaft auseinander setzen. Unsere Annahmen reichen von lateinisch sprechenden Germanen über germanisch sprechende Römer bis zu einigen vielleicht sogar beide Sprachen beherrschenden Kelten. Aber sie könnten die damalige Szenerie geprägt haben. Und Kelten könnten somit sogar die Konversation gelenkt und damit beeinflusst haben. Aber der mit Abstand größte Teil aller am damaligen Konflikt beteiligten wird einer schweigenden Mehrheit angehört haben, weil er die Sprache seines Gegenübers nicht konnte. Und alles wurde noch zusätzlich durch die Vielzahl regionaler Dialekte erschwert. Befehle gingen durch viele Münder und fremdartige Zungen, führten zu Verwirrung und der Kreis jener die bei allem den Überblick behielten wird verschwindend gering gewesen sein. Wie kommunizierte man also untereinander an der Weser. Das Volk der Cherusker sprach protogermanisch, urgermanisch, gemeingermanisch oder westgermanisch. Und die Vielzahl von Bezeichnungen die man ihrer Sprache gab verrät elementares Unwissen. Die Cherusker entstammten dem umfänglichen Kulturkreis dem man den Namen Jastorf - und Harpstedt - Nienburger Gruppe gab, waren in der Nachfolge gleichsam deren Bestandteil und somit Grenzstamm dieser Großgemeinschaft, denn sie besiedelten den südlichen Rand ihres Verbreitungsraumes. So unterlagen die Cherusker zwangsläufig stärker den Strömungen und Einflüssen aus dem Norden und Osten Germaniens, da sie bekanntermaßen weder aus dem Süden noch von Westen aus nach Ostwestfalen zuwanderten. Aber sie trugen auch die Kultur ihrer autochthonen Vorfahren in sich. Und diese bestand aus der keltischen Ur - Bevölkerung deren Wohngebiete bis an den Nordrand der Mittelgebirge reichten, bevor der Blick in die Weiten der norddeutschen Bucht fiel. In ihren Siedlungsgebieten zwischen Egge und Harz traf man weit vor der Jahrtausendwende aufeinander, verschmolz miteinander und schuf die Basis unserer heutigen ostwestfälisch/südniedersächsischen Dialekte. Das nicht nur die Kelten in zugewanderten Völkern aufgingen, wenn diese dominanter auftreten, gehört zu den normalen Prozessen der Menschheitsgeschichte und man könnte vereinfacht sagen, so sprachen auch die Cherusker. Und es gibt auch einen möglichen Hinweis darauf, dass die keltische Zunge bei der Kommunikation geholfen haben könnte und dabei als Vermittler zwischen den beiden Kulturblöcken auftrat. Nach allem was sich recherchieren lässt, siedelte der Stamm der Cherusker nördlich der bekannten Sprachgrenze, die heute immer noch unübersehbar - besser gesagt unüberhörbar Deutschland teilt und diese alte Trennlinie markiert. Geht man der Frage nach wie man in Varuszeiten der Sprachlosigkeit zwischen den Kulturen begegnete und die damit verbundenen Probleme überwand, dann nähert man sich unter Einbeziehung der keltischen Ureinwohnerschaft auch unweigerlich jenem Themenkreis an, wo es um die Forschung nach den Ursachen und Zeitabläufen dieser Lautverschiebung geht. Denn es war wohl eher eine germanisch/keltische, denn eine sächsisch/fränkische und noch weniger eine hochdeutsch/althochdeutsche Sprachbarriere. So stieß das Verbreitungsgebiet der vor römischen Kulturen, in diesem Fall der "Jastorf - und Harpstedt - Nienburger Menschen" und so mit auch das der Cherusker in etwa dort auf den angrenzenden Sprachraum, wo heute die Diemel fließt. Daraus lässt sich ableiten, dass es den Kelten südlich der Diemel und des Haarstrangs noch längere Zeit gelang, sich eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber den germanischen Einflüssen zu erhalten und sich ihrer Südexpansion entgegen zu stellen bzw. sich beharrlich zu behaupten. Ein Prozess der sich über die Generationen betrachtet vor allem in Ost- und Südwestfalen bzw. Nordhessen vermutlich eher gelassener vollzog. Und hier im Spannungsfeld älterer Traditionen wandelten seinerzeit auch die Römer in einem stammesgeschichtlich undefinierbaren Terrain, denn wir wissen von Cassius Dio, dass man sich in Rom nie so recht im Klaren darüber war wann man es mit Kelten und wann mit Germanen zu tun hatte bzw. wo und wie sich ihre Siedlungsgebiete und Stämme abgrenzten. Nördlich der Diemel lagen die Dinge anders und auch noch Clothar I schien sich 556 nicht über diese Sprachgrenze hinweg in den Norden vorwagen zu wollen und begnügte sich mit dem Versprechen sächsischer Tributzahlungen. Den Nethegau kannte man am römischen Rhein bislang nur als eine notwendige Zwischenstation zur Weser. Mit den Provinzialisierungsplänen sollte sich dies jedoch ändern. Denn nun lernte man unter Varus die dort lebenden Menschen auch persönlich näher kennen. Nun waren sie auch nicht mehr die Gegner von einst, sondern quasi über Nacht zu neuen Bündnispartnern heran gewachsen. Im heutigen Nethegau der schon östlich von Schwaney beginnt und bis an die Weser reicht betrat Rom ein unbekanntes Mischgebiet. Sie brauchten diese Route um zur Weser zu gelangen und sahen darin einen Korridor, den sie wie selbstverständlich in ihre neue Provinz integrierten. Hatte man es aus römischer Sicht betrachtet hier vielleicht noch mit einem friedfertiger geprägten Menschenschlag wie etwa den Ubiern zu tun, war man noch im keltischen Einzugsgebiet, oder hatte man es bereits mit den ungestümeren Nord- oder Elbgermanen zu tun. Die Cherusker hatten diese Einflüsse in sich aufgesogen, werden sich aus vielen Mentalitäten zusammen gesetzt haben. Lebensweisen wie sie unter allen Grenzvölker zu finden sind, was sie zum einen zu Flexibilität zwingt und zum anderen auch unberechenbar machte, wie sie noch zeigen sollte. Es fällt jedoch auf und es ist sicherlich kein Zufall, dass sich die wissenschaftlicherseits fiktiv gezogene Südgrenze der vor römischen Kulturen in groben Zügen sowohl an den Mittelgebirgen orientierte, als auch zur nahen Benrather Sprachgrenze fasst parallel verläuft. Etwas versetzt und erst nach den Geschehnissen um die Varusschlacht soll dieser These nochmal nach gegangen werden. Denn diese Thematik öffnet die Tür in das fragwürdige Kapitel, ob die Falen und Altsachsen die Nachfahren der Cherusker und Angrivarier waren. Denn dafür bieten sich interessante und noch wenige beachtete Begründungen und Anhaltspunkte, die in späteren Abschnitten separat aufgegriffen werden. Damit ließe sich vielleicht sogar eine weitere Oese in der langen Kette von Beweisführungen schließen wonach die Varusschlacht im Nethegau statt fand und wofür der Titel dieses Internet Buches steht. Denn auch Kelten könnten dabei eine Rolle gespielt haben. Aber zurück in den allseits vermuteten Hexenkessel, also in die Zeit vor dem Verlassen des Sommerlagers. Wir bilden uns ein, während der Stunden vor dem Ausmarsch habe eine explosive Stimmung geherrscht und die blanke Hektik regiert, aber es spricht einiges dafür, dass man sich trotz aller Informationen, Gerüchte und Halbwahrheiten einen kühlen Kopf bewahrte. Aber was wissen wir und was lässt sich über die Menschen sagen denen noch nicht bewusst war, dass sie am Abend vor dem Ausmarsch schon hart an der Grenze einer Schlacht standen. Verständlicher wird vieles im Zuge der Recherche, denn nach Lage der Dinge herrschte im Lager aufgrund der nicht ergangenen Segestes Warnung eine mögliche Gelassenheit. Denn wir finden bei Cassius Dio die besten Hinweise dafür, dass es sich bei dem in die Geschichtsbücher eingegrabenen Segestes, dem vermeintlich großen Verräter, nur um eine unscheinbare und unauffällige Hintergrundfigur der Geschehnisse handelte, die aber letztlich stumm blieb. Und so konturlos - und bedeutungslos wie Segestes bei Cassius Dio erscheint könnte man sogar auf den Gedanken kommen, Segestes habe den ganzen Geschehnissen vor der Schlacht im römischen Lager an der Weser noch nicht einmal beigewohnt. Denn das Cassius Dio es noch nicht einmal für nötig befand der Leserschaft seinen Namen zu hinterlassen ist schon befremdlich wo er doch angeblich so bedeutungsvoll gewesen sein soll. Denn mit seinem Fingerzeig darauf, dass es mehrere Personen waren die Varus zur Vorsicht rieten und nicht nur der eine uns allen bekannte Segestes, raubte er ihm gänzlich seinen geschichtlich hinterlegten Nimbus der germanische Unhold schlechthin gewesen zu sein. Wäre es allein nur nach Cassius Dio gegangen und es lägen uns nur seine Schilderungen vor und wir hätten von Paterculus, Tacitus oder Florus nichts über Segestes erfahren, dann hätte es einen Segestes in der antiken und germanistischen Literatur nie gegeben. Zwei Fakten die uns an vielem Zweifel lassen müssen, was man vor Cassius Dio über Segestes nieder schrieb. Damit bricht auch automatisch ein Großteil unserer Visionen in sich zusammen die wir uns über die umtriebige Zeit vor dem großen Ausmarsch gemacht haben. So musste die Forschung bislang davon ausgehen, Varus habe die Warnung von Segestes vernommen, habe sie aber verworfen. Ebenso wie man annehmen durfte, das Varus auch das Angebot von Segestes kannte sich freiwillig in Fesseln zu begeben, er es aber ablehnte. Und genauso mussten wir annehmen, Varus habe gewusst, dass sich hinter Arminius der als allgewaltig beschriebene germanische Rädelsführer verbarg, aber darüber ungläubig hin weg sah. So waren es demnach allesamt Annahmen die Cassius Dio ausräumte da es bei ihm keinerlei Erwähnung fand und keine Bedeutung hatte. Episoden von denen Cassius Dio selbst nichts wusste oder wovon bei ihm nichts zu lesen ist. Und dazu kam dann noch ein Segestes, der bei ihm noch nicht einmal namentlich im Text seiner Annalen auftaucht. Auch mit dem zeitlichen Abstand und den Augen eines Cassius Dio gesehen klingt es so, wie es sich bereits hinlänglich enthüllen und begründen ließ. Denn auch Cassius Dio zeichnet uns ein Bild demnach es die "Segestinischen Prophezeiungen" damals gar nicht gegeben hat. Ein Kartenhaus errichtet auf den schwindelhaften Aussagen eines Mannes der im eigenen Interesse handelte, das aber mangels Beweislage in Rom akzeptiert wurde. Die Bestätigung dafür lässt sich den Konsequenzen entnehmen. Varus organisierte auf umsichtige Weise den großen Ausmarsch. Da er über die nötige Einsicht in die Lage verfügte und sich des Problems bewusst war, folgte er auch dem Ruf des Arminius und nahm die Aufforderung, er möge doch Kraft seiner Würde die Funktion eines Friedensstifter bei den Aufrührern übernehmen an. Er teilte wie sich rekonstruieren lässt den Marschzug auf um überflüssige Güter und gefährdete Zivilpersonen nicht dem Umweg und auch nicht den Kampfhandlungen auszusetzen und stellte zu deren Geleit zudem eine Anzahl Soldaten ab. Im Sommerlager zeigte sich das Leben und Treiben vor dem Auszug von seiner unaufgeregten Seite, das eingespielte Verhalten von Normalität, welches dem Betrachter ein Bild wie im tiefsten Frieden bot. Genauso wie es auch die antiken Historiker zum Ausdruck brachten. Aber alle Geschichtsschreiber haderten letztlich mit der Realität des Faktischen, denn keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass es tatsächlich so gewesen sein sollte. Da doch alle wussten, was später folgen sollte, standen sie kopfschüttelnd vor einer Wand der Ratlosigkeit. So mussten sie sich die Frage stellen, warum man denn zum Teufel vorher im Kreise des Feldherrn von einem derartigen Desaster nichts erfahren haben wollte. Ob nun von Segestes oder von anderen. Immer wieder ging es ihnen durch Kopf und Gemüt wie alles passieren konnte. Und das niemand etwas von der Ernsthaftigkeit der Bedrohung gewusst haben sollte klang für sie völlig unglaublich. Somit tat sich in der Gedankenwelt aller antiken Schreiber ein schwer überbrückbares Rätsel auf. Ein Zwiespalt für den Segestes den optimalen Nährboden für die nach Erklärungen dürstende römische Gesellschaft abgab. So konnte man sich auf diese Weise bequem das Unerklärliche, erklärlicher machen. Nun aber liegt uns die Überlieferung von Cassius Dio vor und aus seinen Worten lässt sich ableiten, dass man Segestes nach dem was ihm zur Auswertung vorlag alles andere war, als der herausragende, geschweige denn ernsthafte Ratgeber oder zuverlässige Berater des römischen Feldherrn. Und so verließ Varus das Sommerlager eben nicht in dem Bewusstsein, dass es zu mehrtägigen und umfangreichen Auseinandersetzungen kommen würde. Nach Cassius Dio blieb ihm nun nichts übrig, als lediglich der Ratschlag einiger namenloser Besorgter, man möge doch wegen des Aufruhrs alle weiteren Schritte mit Umsicht und Bedacht angehen. Eine völlig normale Reaktion unter Menschen. Alles war bei Varus der nüchternen Betrachtung gewichen, dass es lediglich galt eine mittlere Stammesfehde zu beenden und darum dieses möglichst auf dem Wege der Rechtsprechung zu erreichen. Sich unter diesen eher gemäßigt anhörenden Voraussetzungen eine Vorstellung darüber zu machen wie sich die kritischen Stunden oder letzten Tage vor dem Abzug gestalteten, setzt trotzdem ein hohes Maß an Gespür für die alten Zeiten voraus. Es ist allerdings mangels Livebild oder Abhöranlage um in die längst vergangenen Töne hinein zu horchen die maximale Herausforderung an unsere inneren Sensoren. Die DNA soll zwar auch Erinnerungen speichern können, aber es dürfte schwer fallen sie zum Reden zu überreden. Gelänge es halbwegs, dann böte sich uns ein vielleicht ein gemischtes Bild geprägt von Offenherzigkeit aber auch Intrige. Denn List und Tücke blühte nicht nur im Zentrum des Imperium Romanum, die provinzielle Boulevardpresse war noch nicht erfunden und Enthüllungsplattformen standen der Welt noch bevor. Trotzdem gewährten uns die antiken Schreiber und das auch schon mal in teils deftiger Form, immer mal wieder Einblicke in die römische Lebensweise, auch Dekadenz genannt. Aber am nordöstlichsten Zipfel römischer Militärpräsenz im tiefsten Germanien herrschte Frontatmosphäre. Von dort drang nicht viel nach außen und Tote können bekanntlich nicht sprechen. Wie dankbar wären wir für aufschlussreiche Gesprächsmitschnitte, schriftliche Protokolle oder Tagebücher von Dialogen aus altgermanischen Zeiten um uns ein besseres Bild machen zu können. Wie könnten sich die letzten Zwiegespräche angehört haben, wer führte sie miteinander, wie edel unterwürfig oder niederträchtig verliefen sie, wie arglistig und hinterrücks wurden sie geführt, wie mögen sie geklungen haben, in welcher Sprache oder in welchem Dialekt unterhielt man sich, wie drückten sich die Menschen aus und welches Vokabular kam zur Anwendung. Alles Fehlanzeige und wir rätseln weiter wie man kommunizierte. Haben wir mal einen antiken Historiker aufgespürt, den wir zum Textvergleich heranziehen könnten, so lässt das nächste Problem nicht lange auf sich warten. Denn der tragische Fall der keltischen Heldin Boudicca offenbart uns bei alledem noch eine weitere historische Misere. Nämlich einen permanenten Erklärungsnotstand, den uns die antiken Geschichtsschreiber leider zu oft hinterließen. Denn während sich Boudicca die britannische Königin und Heerführerin laut Tacitus nach ihrer Niederlage gegen Rom vergiftet haben soll, konnte Cassius Dio der sich rund 100 Jahre später mit ihr befasste nur berichten, dass sie erkrankte und später verstarb. Tacitus besaß also mehr Detailwissen als Cassius Dio. Und das, obwohl wir oft die Ansicht vertreten, dass der später Schreibende auch über mehr Kenntnis verfügt haben sollte. Mitnichten könnte man in diesem Fall meinen. Beides birgt natürlich keinen Widerspruch in sich, aber warum erwähnt Cassius Dio, der lange nach Tacitus lebte nichts von Gift. Warum übernahm also der jüngere Cassius Dio nicht das offensichtliche Mehr an Wissen, was die Aufzeichnungen des älteren Publius Cornelius Tacitus her gaben. Kannte er am Ende gar nichts von alledem was Tacitus schrieb, lagen ihm andere Berichte vor, aus denen Gift als Ursache nicht hervor ging. Oder war schon Tacitus der, der falsch informiert war. Kalamitäten die sich nicht durchdringen lassen, sodass man sich am Ende die Frage stellen muss wie spitz unsere Lanze sein müsste, um diese historischen Nebel durchstechen zu können. Auch auf die Varusschlacht bezogen kann man schon den Eindruck gewinnen, dass Cassius Dio nichts von dem Wissen seiner Vorgänger, explizit dem von Tacitus besaß oder nicht davon profitierte bzw. profitieren wollte. Hätte Cassius Dio die Überlieferung von Tacitus genutzt, dann hätte er doch auch die Geschehnisse um das Auftürmen der Knochen, woran sich Germanicus sogar selbst beteiligte, mit in seinen Mehrtages Schlachtenbericht einflechten können. Eine Frage die wir uns auch in Bezug auf die Schriften des Florus zum Lagerüberfall stellen müssen, denn da erfahren wir auch von Florus Details, die Cassius Dio später nicht erwähnte. Das rätselhafte Auslassen von Ereignissen und Beschreibungen über das ältere Historiker noch verfügten, das aber vom jüngeren antiken Historiker Cassius Dio weg gelassen oder nicht genutzt wurde wirft die immer gleichen Fragen nach der Quellenlage auf. Wie war das also mit den als höchst aufschlussreich gehandelten Senatsakten, wenn doch die Vorgänger von Cassius Dio das eine oder andere doch besser gewusst zu haben schienen als er. Alles bietet viel Raum für Spekulationen und Hypothesen, wenn man es auf die Ungereimtheiten zum Verlauf der Varusschlacht herunter brechen möchte. Als eine Gewissheit sollte man voraus setzen dürfen, dass sich Varus seiner Verantwortung immer bewusst war und sich bemühte mit den Germanen eine geeignete Zugroute abzustimmen, die ihn auf dem besten Weg zu den Aufrührern führte. Und genauso können wir davon ausgehen, dass Varus die genaue Örtlichkeit des fiktiven Aufruhrs, also das Stammesgebiet der Rebellen gar nicht oder nur sehr vage kannte. Denn das Verheimlichen dieser Details gehörte bereits zur Strategie des Arminius. In dieser Phase muss es des Öfteren zu unmittelbaren Gesprächen zwischen Arminius und Varus gekommen sein, denn Varus wusste nicht wo er hin zu marschieren hatte, war auf Arminius angewiesen und musste sich ihm anvertrauen. Über die Häufigkeit in der Varus und Arminius miteinander in Kontakt standen und worüber sie sprachen schweigen alle Quellen. Aber das Verhältnis muss weitaus intensiver gewesen sein, als es uns der historische Lesestoff verrät. Abgesehen von den gemeinsamen Treffen an der Weser und den Tischrunden im Sommerlager war es wohl auch Arminius selbst, der ihm den Scheinaufruhr als Köder unterschob und dazu waren einvernehmliche und vertrauliche Gespräche unabdingbar. Des Weiteren bot Arminius ihm schließlich seine und die Unterstützung seiner Männer an, wozu man sich ebenfalls abzustimmen hatte. Letztlich verließ man gemeinsam das Sommerlager und ritt Seite an Seite was sicherlich auch nicht stumm und ohne Wortwechsel verlief zumal Arminius im Gegensatz zu den vielen anderen Germanen etwas lateinisch sprach. Und das ihn Arminius dann an einer Wegekreuzung verließ um zu seinen Männern zu reiten geschah sicherlich auch nicht ohne vorherige Absprache mit Varus. Und natürlich wollte Varus von Arminius auch wissen, wann dieser gedachte und das vermutlich am Folgetag, wieder Anschluss an ihn zu finden. Daraus wird deutlich wie nahe sich beide nicht nur in den letzten Stunden standen, eine Zeit in der ein Segestes zur völligen Bedeutungslosigkeit verkam und daher bei Cassius Dio auch keine Erwähnung mehr fand. Varus ging in dieser Zeit eng auf Arminius ein und folgte seinen Ratschlägen ganz so, wie es sich aus allem Überlieferten heraus lesen lässt. Quellen an denen sich keine Zweifel fest machen lassen. Hätte Segestes die Kämpfe noch ernsthaft verhindern wollen, dann hätte gerade in diesen Momenten seine Anwesenheit vieles ändern können. Varus beugte sich Arminius im vollen Vertrauen zu, denn Arminius war für ihn nicht nur der Mann in dem er eine militärische Stütze hatte. Arminius war auch Bestandteil der gesamten Operation und er war für Varus immer zugegen und erreichbar. Was für Arminius zweifellos wichtig war, da er Varus im Auge behalten musste um notfalls umdisponieren zu können. Arminius besaß sicherlich Männer die auch dann, wenn er bei Varus weilte schnellen Rittes die neuesten Erkenntnisse an die anderen Stammesführern weiter geben konnte um sich auszutauschen. Denn Arminius war für beide Parteien der entscheidende Mittelsmann in seiner Doppelfunktion als romtreuer Germane. Varus brauchte ihn nun mehr denn je. Arminius musste und konnte gegebenenfalls besänftigend und beschwichtigend auf die Aufrührer einwirken, konnte aber auch ein Machtwort sprechen und bot sich Varus an, an der Aufklärung und Ursachenforschung dieses fiktiven Konfliktes mitzuwirken. So zumindest der suggestive Hintergrund der nötig war um Varus von seinem Plan voll überzeugen zu können. Und so stand er Varus in jener Zeit näher als jeder andere. Varus war also wahrlich auf einen Mann wie Arminius in diesen Stunden in höchstem Maße angewiesen und das war beiden bewusst. Und dem Wenigen was sich seinem naturell entnehmen lässt, wollte und durfte er Arminius in dieser sensiblen Phase sein Vorschlagsrecht sicherlich nicht streitig machen und es besser wissen wollen. Im Gegenteil er wollte alles so anordnen wie es Arminius für richtig hielt und man könnte sich vielleicht sogar die Frage stellen, wer denn der Feldherr war. Er ließ sich von Arminius führen und letztlich verführen nahm von ihm auch Empfehlungen und das vermutlich auch bereitwillig entgegen und delegierte manches an ihn weiter. Schließlich waren es seine germanischen Ortskundigen, die ihm den Weg zu den Aufrührern weisen mussten. Seine Verstärkung gab ihm das Gefühl von Sicherheit und das Machtwort von Arminius zählte bei den vermeintlichen Rebellen möglicherweise sogar mehr als sein eigenes. Wo sich das Zentrum bzw. der Siedlungsraum der Rebellen befand war letztlich unerheblich, denn für die Germanen war bekanntlich der Weg das Ziel. (07.04.2021)

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Sonntag, 28. März 2021
Cassius Dio besaß die bessere Quelle - Aber unser Kombinationstalent ist gefragt
Cassius Dio verfügte wie kein anderer antiker Historiker vor ihm über die zusammen hängenden Kenntnisse und damit aus unserer Sicht über die begehrte Gesamtübersicht zum Schlachtverlauf. Er schilderte uns das Geschehen fasst wie aus einem Guß, zwang uns aber gleichzeitig jedes seiner Worte auf die analytische Goldwaage legen zu müssen um auch seine Botschaften dahinter verstehen zu können. Andererseits vermissen wir bei ihm aber jene kurzen Episoden wodurch das große Ereignis erst an menschlicher Würze gewinnt. Nämlich die berührenden Berichte über die Verhaltensweisen und Reaktionen einzelner, ob sie nun an der Schlacht selbst teilnahmen oder erst sechs Jahre nach der Schlacht die Region aufsuchten. Aber es gibt sie die Überlieferungen die uns einen kleinen Einblick in die Gefühlswelt einiger Protagonisten gewähren, sie verraten uns aber zugleich auch etwas über das Innenleben der jeweiligen Historiker. Beschreibungen wie sie Paterculus, Tacitus und Florus zum Geschehen beisteuerten. Oftmals waren es von ihnen nur eingestreute Halbsätze, insgesamt aber Anhaltspunkte die für die Rekonstruktion und unser Verständnis hilfreich wurden. Um nur das als widerwärtig dargestellte Verhalten von Numonius Vala (Paterculus), die verzweifelte Flucht des blutverschmierten Legionärs samt Legionsadler (Florus) oder die tiefe Betroffenheit des Germanicus angesichts der Knochenbestattung (Tacitus) heraus zu greifen. So musste Cassius Dio der über all dies nichts schrieb sein Wissen einer oder anderen Quellen entnommen haben. Sollten ihm die Schriften von Paterculus, Tacitus und Florus vorgelegen haben so nutzte er sie, warum auch immer, nicht. Vielleicht weil sie sein Konzept störten oder ihn diese Details nicht interessierten. Vielleicht aber auch nur, weil er nicht bei ihnen abschreiben wollte. Wollen wir dem Ursprung seines Wissens auf den Grund gehen, dann stoßen wir auf einen viel zitierten Hinweis, den man schon als nahezu überstrapaziert bezeichnen muss. Eine bedeutsame Quelle die man im Zusammenhang mit seiner politisch hohen Position und den sich daraus abzuleitenden Kompetenzen sehen kann. Mit der Kombination aus beidem lässt sich vieles begründen und rechtfertigen und es bietet uns eine Hilfestellung, wenn wir seiner Glaubwürdigkeit einen Maßstab anlegen möchten. Vielleicht ist auch nur der Wunsch der Vater des Gedanken mit dem wir Cassius Dio zum Allwissenden in Sachen Varusschlacht hoch stilisieren möchten und was schon fasst mythische Züge annimmt. Aber die Faktensammlung und deren Analyse spricht für sich und somit auch für ihn. Denn aufgrund seines gehobenen Standes und Ansehen als römischer Senator und Konsul billigt ihm die Geschichtsforschung seit jeher zu, dass ihm Recht und Privileg zustanden Einblick in die behüteten Senatsakten nehmen zu dürfen. Sozusagen ins Allerheiligste imperialer Dokumentationsbürokratie, nämlich die bibliographische Schatzkammer der kaiserlich römischen Geschichtsschreibung schlechthin. Und die Freiheit darauf zugreifen zu dürfen sollte man ihm auch nicht absprechen, denn er verfügte über diese weit reichende Berechtigung und war offensichtlich auch nur dadurch imstande gewesen den Hergang der Mehrtagesschlacht zumindest in groben Zügen nachvollziehen und darstellen zu können. Und er brachte es unter der Regentschaft vieler nach Varus zeitlichen römischen Kaiser zu Papier. Herrscher, für die die Varusschlacht so weit zurück lag, dass sie sie vielleicht schon gar nicht mehr für wahr hielten. Zeitlich entrückte Dimensionen ähnlich weit, wie es für viele damals auch die Punischen Kriege waren. So darf man sich nach so langer Zeit auch wieder die grundsätzliche Frage stellen was Cassius Dio angetrieben haben könnte, dass fasst Vergessene noch mal zu hinterfragen. Paterculus und Tacitus gelang diese Zusammenfassung noch nicht einmal Ansatzweise, während uns Florus immerhin eine Phase des Geschehens heraus griff und sie uns schilderte. Nämlich jene Kämpfe, wie sie sich im zweiten Marschlager nach Brakel dem "Prima Vari Castra" zugetragen haben könnten. Dieses von Florus stammende Wissen stellt damit eine Einmaligkeit und Besonderheit dar, wie wir es in der Abfolge bei keinem anderen Historiker so detailliert lesen konnten. Und selbst Cassius Dio hinterließ uns dazu nicht jene Details wie es Florus tat. Sollte Cassius Dio sein Wissen den Akten aus dem inneren Zirkel des Machtapparates entnommen haben, so las er darin auch noch manches andere, aber auch manches nicht, weil es nicht drin stand. So las er möglicherweise auch nicht, dass der Statthalter Varus von einem Germanen namens Segestes auf die drohende Gefahr hingewiesen wurde. Dafür las er aber, dass Varus von mehreren Personen gewarnt wurde. Es ist in der Tat ein brisanter Satz, den uns da Cassius Dio auf die warnenden Stimmen bezogen da hinterließ und uns ins historische Gewissen schrieb, dessen Ausmaß und Bedeutung sich auf den ersten Blick kaum erschließen lässt. Denn hätte uns nur dieser eine wortgetreue Bericht von Cassius Dio vorgelegen und nichts anderes, dann hätte sich die Geschichtsforschung auch nie mit der Warnung des Cheruskers Segestes beschäftigen brauchen und wir müssten uns einem völlig anderen Sachverhalt und einer geänderten Ausgangslage stellen. Eine Situation die wir uns bislang gar nicht vorstellen wollten, aber auch nicht mochten. Denn heute wie damals auch wollten die Menschen mit ihrem leichten Hang zur Theatralik immer schon gerne einem Mann wie Segestes Platz und Raum in ihren Visionen einräumen. Denn es war ja eigentlich schon immer allen klar, dass es sich auch hier bei Cassius Dio, wenn auch ohne Namensnennung nur um Segestes den Verräter gehandelt haben konnte. Aber seit Cassius Dio müssen wir umdenken und dürfen es nun grundsätzlich infrage stellen. Führen wir uns aber diesen Satz aus einer angemessenen Distanz zu Gemüte, dann lesen wir möglicherweise etwas völlig anderes in ihm und dann lässt sich der Satz auf eine ganz andere Weise interpretieren. Nämlich eine Analyse die völlig ohne den Germanen Segestes auskommt. Denn Cassius Dio las über das Präludium der Schlacht in den Senatsakten und darin stellte sich möglicherweise die Geschichte vom großen Verrat völlig anders dar. Da Cassius Dio von "allen" spricht, so lässt dies aber auch den Schluss zu, dass es zwei abweichende Varianten zum Geschehen gibt. Aber die Version von Cassius Dio wäre die, die sich den Vorstellungen dieser Theorie anpassen ließe. Lesen wir also diesen bedeutsamen Satz noch einmal völlig unbedarft, so als ob wir den Namen Segestes noch nie gehört hätten und tilgen mithin auch seine Untat aus der Geschichtsschreibung. "Stelle mer uns also ma janz dumm". Heinrich Spoerl der Drehbuchautor der Feuerzangenbowle wird es mir verzeihen. Segestes war demnach ein Fürst der Cherusker, er war der Schwiegervater von Arminius und er war später der Mann der sich Germanicus ergab, aber er war kein Verräter. Varus handelte folglich aus der Position einer vermeintlichen Stärke heraus, wie es nur ein Unwissender tun konnte, der weit und breit keine Gefahr erkannte, da sie ihm keiner deutlich machte. Aber durch die neuerlich entstandene Situation, nämlich die plötzliche Nachricht die ihm aus der Aufrührerregion zugetragen wurde auch ohne das es einen Segestes gab, sah er sich gezwungen seinen Plan zu ändern. Er musste also den herbstlichen Rückzug anders gestalten und organisieren, als er es ursprünglich vorgesehen hatte. So stand er in seinem Befehlsgebäude, beriet sich mit seinen Generälen und diskutierte mit ihnen den militärischen Teil des Rückmarsches zum Rhein samt Abstecher zu den Rebellen. Was aber die Rebellion ausgelöst hatte und wogegen sie letztlich gerichtet war, wird weder bei Cassius Dio noch bei irgend einem anderen Historiker deutlich, da alles letztlich von den Ereignissen überrollt und dies für alle an Bedeutung verlieren musste. Denn erst nach der Schlacht wusste jeder Mann, dass es gar keinen Aufruhr gab, dafür aber einen Hinterhalt. Aber von Florus ableitend und ihn hier hinzuziehend wird erkennbar, dass sich Varus mit der Absicht trug die Rebellen aufzusuchen um sich bei ihnen um eine Lösung des Konfliktes am grünen Tisch, also ohne Waffeneinsatz zu bemühen. Es schwebte ihm dem begnadeten Rechtspfleger möglicherweise eine Schlichtungsverhandlung in Form einer jener "allseits beliebten" Gerichtssitzungen vor. Das aufrührerische Volk siedelte Abseits und in gewisser Distanz zum üblichen und bekannten Marschkorridor von Corvey in Richtung Rhein, was einen Umweg erforderlich machte, bevor man wieder auf die Lippe traf. Varus musste also eine Region aufsuchen. die noch nicht in seinen Herrschaftsraum, also den neuen Siedlungsschwerpunkt, der neuen "Korridor" Provinz am Weserufer integriert war. Wo Germanen lebten, mit denen man auch keinen Vertrag geschlossen hatte. Stämme mit denen man auch keine Bündnisse schließen wollte weil man sie nicht brauchte, da sie außerhalb römischer Interessen lebten. Stämme, deren wirtschaftliches Umfeld für Rom zu diesem Zeitpunkt noch uninteressant war oder keine Bodenschätze wie Blei aufwies. Stämme über deren Strukturen, Machtgefüge und innere Angelegenheiten nur die einheimischen Germanen Kenntnis besaßen, aber kein Römer. Die Lage war für Varus klar, er hatte eine aus seiner Sicht schlagkräftige Armee um sich gesammelt und konnte zudem auf die Unterstützung cheruskischer Hilfstruppen bauen. Wo war also das Problem. So konnte er sich in der Tat wie Cassius Dio es auch anschaulich beschrieb, völlig sicher gewesen sein und brauchte auch kein Unheil befürchten, denn was sollte schon passieren. Aber letztlich zog man in ein Rebellengebiet in dem eine unklare Lage herrschte. Varus schilderte man, besser gesagt gaukelte man möglicherweise vielfache Gründe für den Aufruhr vor, Arminius musste es im Detail offen lassen und im Römerlager dürfte man gerätselt haben was dort wirklich vor sich ging. Stritten sich da nur germanische Stämme untereinander, waren römische Belange betroffen oder gar bedroht, wie hoch war deren Anzahl und wie stark waren sie. Aber auch wie es um das dortige Kräfteverhältnis stand. Gab es auch dort wie es sie scheinbar in allen Fürstenhäusern gab, eine Rom zugeneigte Partei oder nur Rom gegenüber kritische Stimmen. So mag sich dies alles seinem Wissen entzogen haben und Varus kam nicht ohne Arminius aus. Zumal dieser auch ihrer Sprache mächtig war. So ist es insgesamt betrachtet ein normaler Prozess gewesen, dass sich bei einer derartigen Militäraktion auch vollmundige Stimmen zu Wort meldeten, die auf mögliche Gefahren hinweisen, man kennt das. Ein nicht unüblicher Verlauf wie er vor jedem kriegerischen Ereignis im Sinne einer Abwägung statt findet und sogar statt finden muss. Denn es galt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, die nötigen Voraussetzungen einzuleiten und die erforderlichen Entscheidungen zu treffen und sie den Unterführern bekannt zu geben und sicherlich waren an der Strategiefindung auch seine Kommandanten beteiligt. Dazu gehörte im Vorfeld auch der eindringliche Befehl an seine Männer sich durch germanische Hitzköpfe auf dem Weg zu den dortigen Anführern nicht irritieren zu lassen. Also auf keinen Fall voreilig zu den Waffen zu greifen um keinen Germanen ernsthaft zu erzürnen, solange man sich nicht darüber im klaren war, was bei dem rebellierenden Stamm wirklich vor sich ging. Eine weitere vorkehrende Maßnahme könnte es gewesen sein, den störenden, weil umfänglichen zivilen Tross, samt Beamten und sonstigen kriegsuntauglichen Personen, aber womöglich auch Sklaven, denn das war ein lukrativer Geschäftszweig des Imperiums von der militärischen Aktion abzukoppeln. Zur Sprache gekommene zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen hielt Varus jedoch für übertrieben und überzogen, da er sein militärisches Potenzial für ausreichend hielt. Erfahrene Legionäre auch aus den Zeiten des Immensum Bellum könnten ihn darauf hingewiesen haben, dass sich dort im Bereich der Südegge nahe der Diemel damals auch Völker angesiedelt hatten die im Zuge der Deportationen unter Tiberius dahin ausgewichen, also geflohen waren und daher nicht gut auf das Imperium zu sprechen waren. Denn in diesem Raum vermutet man die neuen Wohngebiete der Marser und die sich ihnen angeschlossenen Sugambrer. Varus hingegen vertraute auf seine Stärke und setzte sich auch über derartige Bedenken hinweg und das zu einer Zeit, als er schon vom Aufruhr wusste. Aber auch eine zweite Variante, die ebenfalls auf Segestes verzichten kann, könnte sich hinter den Worten von Cassius Dio verbergen. Varus fühlte sich in der Tat sicher, denn die Sommermonate verliefen äußerst ruhig, friedlich und zufriedenstellend. Daran hatten bekanntlich die Germanen ihren Anteil, da sie ihn in Sicherheit wogen und sich gerne von seinen Richtersprüchen "beglücken" ließen und eine trügerische Ruhe bewahrten. Ein Hinweis darauf, dass der Tag der Entscheidung bereits von langer Hand vorbereitet gewesen sein könnte. Die Atmosphäre knisterte, wurde aber von Varus als solche nicht wahr genommen. Den Schriften Cassius Dio ließe sich entnehmen, dass es Römer aus der Umgebung von Varus gab, die ihr Ohr stärker im Lager der Germanen hatten als andere und sie berichteten schon zu früher Stunde etwas anderes, denn sie warnten ihn und versuchten ihm bereits vor dem Abzug zum Rhein einen gewissen Ernst der Lage zu verdeutlichen. In diese schon vorher als kriselnd und Besorgnis erregend beschriebene Stimmungslage hinein platzte nun die plötzliche Warnung von Arminius oder anderer Germanen, dass sich im südlichen Nethegau Aufrührer zusammen geschlossen hätten. Für die römischen Herrscher verbargen sich dahinter außer Kontrolle geratene Auswüchse und die bekannte überschäumende Erregung der germanischen Urbevölkerung. Man kannte dies von ihnen und es galt wieder Ruhe herzustellen. Eine von Varus schon mehrfach angewendete Spezialität. Man bedenke auch, dass es hier Germanen waren, die Varus in diesem Fall sogar vor ihren eigenen Landsleuten warnten. Eine heikle Lage die für jeden Menschen ob er nun antiker oder neuzeitlicher Herkunft ist ungewohnt und unüblich klingen muss. Varus musste also den Eindruck gewonnen haben, dass die Cherusker ihm gegenüber über alle Maßen so loyal eingestellt waren, dass sie sich in diesem Fall sogar an die Seite Roms stellten und sich gegen ihr eigenes Volk mit Varus verbündeten. Aber dazu gesellt sich noch ein anderer Betrachtungswinkel. Nämlich der, wie glaubhaft es doch die Cherusker angestellt haben mussten um ihm dem Feldherrn Varus vermitteln zu können warum sie sich, die ebenfalls Germanen waren nun einem etwas weiter entfernt siedelnden Germanenstamm im südlichen Nethegau als Vermittler anbieten wollten, sich als Partner darzustellen, der nötigenfalls sogar dazu bereit war für Rom und Varus auf die eigenen Landsleute einzuschlagen. Wie diffuse und unübersichtlich musste Varus das Beziehungsgeflecht innerhalb der einzelnen Germanenstämme vorgekommen sein, wenn er sich davon überzeugen ließ. So gestattet dies auch einen Blick auf das gesamte Gefüge des Zusammenlebens der unterschiedlichen Germanenstämme in einem doch recht überschaubaren Siedlungsraum. Ging man denn tatsächlich im Römerlager davon aus, dass jeder Germanenstamm mit dem nächsten im Zwist lag, sodass es Varus völlig normal erschien, dass die Cherusker ihm näher standen, als anderen Germanenstämmen obwohl sie gleicher Abstammung waren. Und natürlich gehörte auch dies zum gut durchdachten Plan von Arminius, denn er konnte vorgeben, dass es zum Kampf bei den Aufrührern schließlich nur im äußersten Notfall kommen sollte. Nämlich erst dann, wenn schlussendlich alle angestrebten Schlichtungsbemühungen von Varus erfolglos bleiben würden und auch erst dann, wenn die Germanen dort völlig unerwartet die Waffen gegen Rom erheben sollten. Und dieses gesamte Zusammenspiel innerhalb unseres historischen Wissenstandes wie es sich aus den Berichten der vier antiken Geschichtsschreiber erschließen lässt ermöglicht uns auch erst diesen Verlauf plastisch nachvollziehen und ihn mit Leben erfüllen zu können. Denn demnach unterschätzte Varus möglicherweise ein über Generationen gewachsenes Zusammengehörigkeitsgefühl, das unter den damaligen Stämmen herrschte, die alle in Rom den gemeinsamen Feind sahen. Ob die Aufrührer nun in Arminius mehr den Feind, den Freund oder den Schlichter sahen, zeigt die heikle Lage in die Varus schlitterte und wie schwer es für ihn war, alles richtig zu bewerten. Wie brisant sie war und wie abhängig er nun von den mit ihm befreundeten Cheruskern war. So konnte sich Varus auch zu keiner Zeit vorstellen, wie es denn nur möglich sein könnte, dass es unter diesen Bedingungen überhaupt zu einer Allianz mehrerer Stämme gegen ihn kommen konnte. Stämme eines Volkes die er nun alle für untereinander zerstritten halten musste, die sich dann aber verbünden würden, um sich im Zuge einer Schlacht gegen ihn zu stellen. Aus seiner Sicht eine absurde Vorstellung. Ein Argument dass Varus auf seiner Seite verbuchen konnte, denn wer hätte ihn denn angreifen sollen, wenn die Stämme schon in sich uneins waren. Er sah keine Bündnisgefahr gegen sich, verfolgte die Taktik "divide et impera" und wusste zudem seine germanischen Bündnisgenossen und seine Legionen hinter sich. Betrachtet man nun also die Überlieferungen von Cassius Dio, wie er sie möglicherweise den Senatsakten entnahm, so existierte neben den Aussagen wie wir sie von Paterculus, Tacitus und Florus her kennen noch diese eine wichtige vierte Variante. Eine Interpretation in der ein Segestes nicht vorkommt, weil er sich gar nicht unter denjenigen befand, die Varus gewarnt hatten und von denen er zu erhöhter Vorsichtsmaßnahme aufgefordert wurde. Es lässt sich daraus schließen, das zuerst Paterculus und dann Tacitus und Florus der Informationsschiene folgten wie sie 17 + von Segestes in Rom verbreitet wurde. Cassius Dio wiederum hatte die unverfälschten Originalberichte vor sich aus denen klar und sachlich und ohne das von Segestes Beigemischte erkennbar wurde, welche Stimmung in Germanien an den Vortagen der Schlacht und nach Eingang der Nachricht von rebellierenden Germanen herrschte. Wenn Varus von vielen Personen auf die Gefahr hingewiesen wurde, dann waren es auch keine Einzelpersonen und es war erst recht kein Zwiegespräch mehr zwischen Varus und Segestes. Man sorgte sich und die kritische Lage wurde von mehreren Personen geschildert unter denen sich dann theoretisch auch Überlebende der Schlacht befunden haben könnten, jene die Germanicus später die Schlachtzentren zeigen konnten und die ihre Berichte in Rom erst zeitversetzt einbrachten. Vor diesem Hintergrund klingen die Überlieferungen von Cassius Dio mit Abstand plausibler, als dass was Paterculus, Tacitus und Florus lange Zeit vor ihm berichteten. Gleich ob man nun in Segestes den geschickten Spieler und Taktiker erkennen möchte in dem Paterculus, Tacitus und Florus noch den ehrenhaften Germanen sahen oder Dio, der auf Segestes als Person gar nicht einging. Der Sachverhalt und das Ergebnis bleiben das gleiche. Varus war gewarnt, setzte sich über die wohl gemeinten Ratschläge hin weg und verließ sich auf seine gut ausgebildete Militärmaschinerie. Den Germanen hingegen gelang es Varus in den bekannten Hinterhalt zu locken, denn er sah die Hauptgefahr nur im unmittelbaren Stammesgebiet der Aufrührer, konnte aber nicht ahnen, dass die eigentliche Gefahr schon früher einsetzte, nämlich in dem Moment als sich ihm Arminius schon am zweiten Marschtag auf dem Weg dahin in den Rücken warf bzw. sich ihm entgegen stellte. Es entwickelte sich ein Szenario dessen Verlauf und Ausgang letztlich für beide Seiten unvorhersehbar sein würde. Die Auswirkungen und die Tragweite die diese Schlacht haben würde waren unmittelbar danach nebensächlich, denn man lebte im Jetzt. Ursächlich für die Niederlage waren eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren. Auch herbei geführt durch diverse miteinander verkettete Aktionen. Vorteile die auf einer guten germanischen Bündnispolitik beruhten plus einer Portion günstiger Begleitumstände. So war die Niederlage die logische Konsequenz aus alledem. Und Segestes ? Ja, wer war eigentlich Segestes ? (27.03.2021)

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