... newer stories
Mittwoch, 4. August 2021
Ein trügerisches Wort "Marschauflösung" - oder : "Zivilisten setzt man keiner Gefahr aus"
ulrich leyhe, 18:28h
Eigentlich kommt es einer simplen Feststellung gleich, dass man Personen die keine militärischen Pflichten zu erfüllen haben aus Krisengebieten fern hält. Aber was uns die Stimme des gesunden Menschenverstandes sagt war für die Forschung bislang kein Grund um es in Frage oder gar in Abrede zu stellen, denn für sie war es aufgrund des Quellenstudiums klar, dass Varus auf sie keine Rücksicht genommen hatte. Und auf den ersten Blick könnte man die Worte die Cassius Dio fand auch so interpretieren. Aber wie so oft haben zu einseitige Auslegungen keinen Anspruch auf ewige Gültigkeit auch wenn sie zu uns wie eingemeißelte Wahrheiten überkommen sind. Hält man den roten Faden zum Varusschlachtverlauf einmal in den Händen, dann beantworten sich viele Fragen wie von selbst und es schließt sich ein Kreis nach dem anderen. So summieren sich im Rahmen dieser Theorie auch die Argumente auf eine stattliche Anzahl mit der sich begründen lässt, warum Varus keine Zivilisten mit in den Gefahrenherd nahm. Denn statt dessen ließ er es zu bzw. ordnete an, dass man sie in einem abgekoppelten Marschzug samt Tross unter Einbeziehung ausreichender Begleitmannschaften auf direktem Wege zum Lippeoberlauf schickte. Man fasst diesen Geleitschutz für gewöhnlich mit dem Wort Abstellungen zusammen. Es sind sowohl die diversen Hinweise aus den Überlieferungen die diese Annahme rechtfertigen, als auch die Alternativlosigkeit hervorgerufen durch die pure Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit. Denn Varus musste in einer solch schicksalhaften Stunde eine derartige Entscheidung treffen da sie der Lage angemessen war. Eine Maßnahme die sich uns in ihrer Tragweite aber erst offenbart, wenn sich uns der gesamte Kontext erschließt. An geeigneter Stelle werden sie noch mal in kompakter Form aufgelistet. In diesem Kapitel kann nun ein weiteres Bindeglied geschlossen werden, dass die Fachwelt bislang außer Acht ließ. Es ist insofern eine Erkenntnis mit gesteigertem Wert, als dass sich mit ihrer Hilfe gleich zwei Schlussfolgerungen miteinander verbinden lassen. Nämlich zwei Verläufe die sich ergänzen. Zum einen das, was man schon fasst als Gewissheit bezeichnen darf, dass nämlich Varus keine Abstellungen in germanische Dörfer entsandte und zum anderen die, dass er keine Zivilisten mit zu den Aufrührer nahm und ihnen statt dessen die Gelegenheit gab das Etappenziel Aliso auf direktem Wege anzusteuern zu dürfen. Zwei faktengleiche Erkenntnisse die sich gegenseitig stützen, die miteinander verzahnt sind und in unmittelbarer Verbindung zueinander stehen. Aber beides wird erst augenfällig, wenn sich der Schlachtverlauf vor uns ähnlich wie auf einem Reißbrett ausbreitet. Das Schlüsselwort welches uns dazu die Tür öffnet, könnte man eine Übersetzungsdivergenz nennen. Und die Nadel konnte sich nur deswegen so lange im Heuhaufen verstecken, weil uns mißlicherweise bislang der Blick auf den Schlachtenkontext versagt blieb. Denn die Orientierungslosigkeit war immer ein Manko der Geschichtsforschung, wenn es um die Frage der Varusschlacht ging. Und anknüpfend an die schlagwortartigen Begriffe wie "Aliso", "Teutoburgiensi saltu" und "Abstellungen" müssen wir nun noch ein weiteres charakteristisches Wort hinzufügen, dass der Forschung immer wieder all zu leicht über die Zunge glitt aber offensichtlich nie Kopfzerbrechen auslöste. Wir kennen es alle zur Genüge, denn auch dieses Wort fällt immer wieder im Zusammenhang mit der Varusschlacht. Aber man erkannte in ihm bislang nicht den Bezug, in den es gehört hätte, da man das Wort in gewohnter Manier immer nur auf die zahlreichen Frauen und Kinder bezog, die im Tross mit marschierten. Es lautet "Marschauflösung" und es setzte sich daher in der Forschung immer wie selbstverständlich an dieser Stelle fest und erschien immer wieder in diesem Sinn und Zusammenhang. Wie konnte es auch anders sein. Nämlich in der Weise, als dass diese zivilen wohl besser gesagt sich unzivilisiert benehmenden Marschteilnehmer das Zuggeschehen frohgemut so stark beeinflussten und verzögerten, dass es ihnen dadurch gelang, die gesamte Rückzugsordnung so empfindlich zu stören und wodurch man mit ihnen so seine liebe Not hatte. Und auch das Wort "Marschauflösung" wurde somit zu einem geflügelten Wort, das viele Historiker lasen und doch nicht lasen bzw. sich ihnen seine eigentliche Bedeutung besser gesagt die Konsequenz die man daraus hätte ziehen sollen nicht erschloss. Und auch die, die es lasen und studierten führte es in die Irre und verleitete sie zu diversen falschen Schlussfolgerungen und Fehleinschätzungen, da man es immer nur in diese eine nur vermeintlich richtige Richtung deutete. Und es passte augenscheinlich doch auch alles sehr gut zusammen, so dass kein Experte am Kontext des heillosen Durcheinanders am ersten Marschtag seine Zweifel hatte. Vor ihrem inneren Auge paradierte immer der gesamte Marschzug, es prägten sich ihnen die Bilder ein und dass bunte Treiben erschien ihnen überaus plausibel und so schuf man sich eigene Vorstellungen, und Realitäten. Soweit zu Einführung und Vorrede um damit den Leser auf das Folgende besser einstimmen zu können, aber warten Sie bitte noch etwas. Und letztlich handelte auch Cassius Dio genau so wie wir es heute auch täten bzw. taten, denn er schlug den gleichen Weg ein und schrieb es auch so nieder, wie er es sah, vor allem aber wieder so, wie er es sehen wollte. Aber Cassius Dio gelangte auch nur möglicherweise zu der gleichen Auffassung und scheinbar unvermeidbaren Erkenntnis wie wir heute, dass es nämlich ein chaotischer erster Marschtag gewesen sein musste. Denn seine Quellen verrieten ihm vermutlich auch noch eine andere nämlich eine zweite Erklärungsversion oder Variante. Und so klopfte er wie wir es schon kennen, das Geschehene so wie es ihm zur Bearbeitung vorlag in gewohnter Manier auf seine Plausibilität hin ab. Und das natürlich auf seine Methode, denn im Detail wusste er ja gar nicht, was rund 160 Jahre vor seiner Geburt in Ostwestfalen passierte. So wurde das Resultat seiner Analyse zum Ausgangspunkt und Baustein unseres Geschichtsverständnisses und er fand dafür ein griechisches Wort, dem wir das Wort "Marschauflösung" gaben. Wir würdigen seine Bemühung die Schlacht für die Nachwelt lebendig gemacht zu haben, müssen uns aber davor hüten dem blind zu folgen. Denn nur wenn wir den eingetretenen Pfad verlassen, können wir auch neue Erkenntnisse erwarten. Dazu gehört auch wie bereits rekonstruiert das Aufspüren des "verlorenen" Marschtages, wodurch sich erst eine Beweiskette schließen ließ die wesentlich dazu beitrug auch die anderen Rätsel zu lösen. Und auch dazu war das Verlassen des Pfades nötig, denn auch dies gelang nur bei genauem Hinschauen und nach rechnen. Nur so wurde es überhaupt erst möglich die Schlacht auf 3 1/2 Marschtage zu begrenzen von denen sich aber nur 2 ½ Tage als Kampftage identifizieren lassen. Und nun soll es auch noch um die angebliche Mitnahme von Frauen und Kindern ins Schlachtgeschehen gehen. Eine These, die immer noch viele Anhänger hat, die man aber stark in Zweifel ziehen darf. So kann man auch bei Betrachtung der Darstellung über die Marschauflösung aus der Feder von Cassius Dio bei genauem Hinsehen zu anderen Interpretationen gelangen. Im Zuge der Nachbearbeitung lassen sich neue logische Schlussfolgerungen in den Ablauf bringen, was zu einer weiteren Klarstellung darüber verhilft, was damals geschah. Nämlich die bedeutsame Erkenntnis, dass sich Varus am zweiten Marschtag im Zuge seiner Truppenrückführung für die Trennung des Zuges entschied. Er ihn also am zweiten Tag morgens aufteilte bzw. splittete. Und hier vermischen sich nun die zwei Geschehensabläufe die sich auf den ersten Blick immer wie zwei unterschiedliche und voneinander abweichende Handlungen zeigten. Nämlich die Begrifflichkeit der "Abstellungen" und die der "Marschauflösung" die aber bei genauer Betrachtung eine Identität erkennen lassen. Wer sich zum Thema Varusschlacht noch nicht in die Untiefen besser gesagt Abgründe dieses Ereignisses vorgewagt hat, der stellt an den Anfang meistens zwei grundsätzliche Fragen. Die erste bezieht sich darauf, wo sie denn nun stattgefunden hat und die zweite, warum man im Boden bislang noch keine Grabungserfolge vorweisen kann. Und die Römerfreunde sind ungeduldig geworden, zumal man die Fundorttheorie Kalkriese diesbezüglich als abgeschlossen betrachten darf. Solange man allerdings nicht weiß wo man den Spaten ansetzen soll ist alles vergebliche Liebesmühe. Im Zuge dieser Theorie war man gezwungen mehrfach feststellen zu müssen, dass die Chance etwas handgreiflich Nachweislichen zur Varusschlacht aufzufinden noch geringer ist als man es ursprünglich annahm. Denn Ort und Verlauf der Varusschlacht lässt sich nur auf Basis von Indizienverdichtung eingrenzen, bleibt also vermutlich auf ewig betrachtet auf dem Niveau einer Hypothese. Schon vieles was der Theoriefindung diente und damit zur Erhellung der Vorgänge beitrug stimmt allerdings zuversichtlich. Denn es blieb nicht nur dabei die Bedeutung eines Segestes im zähen Spiel um die Deutung der Hintergründe und seiner Gestalt völlig neu aufzurollen und zu entlarven denn andere Seitenlinien steuerten Klärendes bei. So haben wir uns auch die Frage zu stellen, wie wir mit dem Hinweis umzugehen haben, dass sich zumindest anfänglich zahlreiche Zivilisten im Marschzug von der Weser an den Rhein aufhielten. Denn da wo sich ein Tross mit Frauen und Kindern entlang bewegte sollte auch etwas im Zuge des Überfalls in den Boden gelangt sein. So könnte man doch eigentlich erwarten früher oder später auf derart nicht militärische Funde vom Kinderspielzeug bis zur Haarklammer stoßen zu können. Aber weder das Eine noch das Andere kam an jener Engstelle am Gradberg ans Licht, wo sich der Theorie nach der Tross der germanischen Übermacht nahezu kampflos ergab. Gestattet man sich aber einen wissenschaftlichen Fehltritt und versucht sich in Rekonstruktion kann es verständlich werden. Denn in einem Nadelöhr wie der Gradberg Umrundung die sich beidseitig abriegeln lässt ist auch jede Form von Gegenwehr nahezu zwecklos, da das Gelände kein Ausbrechen zulässt. Hier gab sich der Tross samt Geleit dem Unvermeidlichen hin und umfängliche Kampfspuren sind dort nicht zu erwarten. Aber es gab sie die Utensilien wie sie nur Frauen oder Kinder mit sich führen und sie fanden sich auch. Was aber für alle Funde gleichermaßen zutrifft ist die bittere Wahrheit, dass sie nicht sagen können an welchem Tag sie zu Boden fielen oder vergraben wurden. Trotzdem lässt ein Fund aufhorchen. Heribert Klabes beschrieb ihn ausführlich in seinem Buch "Corvey" auf Seite 27. Es sind die so genannten "Tränenkrüglein". Parfümbehälter die man häufig als Grabbeigabe entdeckte und denen man daher diesen Namen gab. Es waren drei kugelförmige Ton Fläschchen, acht Zentimeter hoch und sechs Zentimeter im Umfang die ein Landwirt auf dem Netheberg rund 3 Kilometer westlich des Gradberges Mitte des 20. Jhdt. fand. Die Funde wurden um 1960 in der Hauptschule Neuenheerse ausgestellt sind allerdings heute verschollen. Man kann also lediglich sagen, "immerhin" da war mal was, aber das ist eigentlich auch schon alles, was auf römische Frauen in der Egge hinweisen könnte, wenn es nicht doch eine spätere Handelsware war. Man darf jedoch anmerken, dass derart kleine Gefäße auch nicht unbedingt zum attraktiven Diebesgut germanischer Raubzüge gezählt haben dürften. Aber keine Theorie kommt ohne einen plausiblen Unterbau aus, auf dem sie wachsen kann. Zum Varusereignis wurzelt vieles in dem Wissen, dass uns Cassius Dio hinterließ. Er hatte sicherlich recht damit als er uns überlieferte, dass Varus wie im Frieden viele Wagen und Lasttiere, aber auch nicht wenige Frauen, Kinder und Trossknechte mit sich führte. Denn für Varus herrschte zum Zeitpunkt des Ausmarsches Ruhe an der Weser und auch an der Route die über Aliso zur Lippe führte. Aber Cassius Dio verriet uns nicht wie lange sie Varus begleiteten bzw. begleiten durften. Bei näherer Betrachtung kann sich seine Aussage wohl nur auf die erste und angenehme Etappe seiner Marschstrecke nach dem Verlassen des Sommerlagers beziehen und die endete für Varus in Brakel. Also der Streckenabschnitt von Höxter nach Brakel auf einer für den damaligen Verkehr tauglichen Römerstraße der ersten Ausbaustufe. Aber in Brakel am Mittelabschnitt der Nethe angekommen, sah die Welt schon anders aus und die Lage bedurfte vermutlich aus der Sicht von Varus der Neubewertung. Denn dieses Mal war es ein Rückmarsch, der nicht mit mit jenen der Vorjahre vergleichbar war, denn die Anzahl der zivilen Teilnehmer dürfte über die Jahre angestiegen sein. Und so hatte Cassius Dio natürlich auch vollkommen recht mit seiner Einschätzung, dass das Mitführen dieses Personenkreises zu einer Auflösung der Marschordnung führte bzw. mit dazu beitragen musste. Und es lässt sich auch gut nachvollziehen, was Cassius Dio damit zum Ausdruck brachte, wenn man die Hintergründe besser kennt und sich rekonstruieren lässt, wo sich der Marschzug am ersten Tag entlang bewegte. Da war man allseits guter Dinge und marschierte auch in lockerer Formation und Atmosphäre. Ob dadurch allerdings bereits die Disziplin in Frage gestellt war, sei dahin gestellt. Man wird auch heiter gewesen sein bald wieder in der Zivilisation anzukommen. Hinter einer möglicherweise überschwänglichen Ausgelassenheit schon Gründe erkennen zu wollen, die jegliche Marschordnung missen ließen wäre übertrieben. Konzentration und Anstrengung werden es verdrängt haben und die Armee sorgte für die nötige Disziplin. An die Stelle der griechischen Worte wie sie Cassius Dio schrieb setzte die Wissenschaft seit jeher die zwei plausibel scheinenden Worte "Auflösung und Marschordnung". Für Cassius Dio so wie er es in seinen Quellen las, verbarg sich dahinter jedoch nicht unbedingt ein Tross der sich wie außer Rand und Band verhielt. Er könnte darin auch einen anderen Hinweis erkannt haben, aber einen Hinweis dem er nicht nach der langen Zeit nicht mehr auf den Grund gehen konnte, da sich ihm der Kontext nicht erschloss. So hat er mit seiner Darstellung auch etwas anderes zum Ausdruck gebracht haben können als das, was wir heute darin sehen möchten oder daraus gemacht haben. Denn er wollte damit möglicherweise etwas anderes deutlich machen aber nicht das, was wir uns bislang darunter vorgestellt haben und es in unserer fest gefahrenen Denkungsweise immer so interpretieren wollen. Denn die Marschkolonne musste beileibe kein chaotisches, zerfahrenes oder zerpflücktes Wirrwarr oder das Bild eines Menschenknäuels geboten haben, dass sich nur noch mit der Peitsche beherrschen ließ und zum Marsch angetrieben werden musste. Cassius Dio kannte größere Marschzüge aus eigener Anschauung und hätte auch andere Worte finden können. Es war kein ungeordneter Zug vergleichbar mit einer lang gezogene Menschenkette innerhalb der die Karren nicht dicht an dicht zueinander aufschlossen. Er bestand auch nicht aus einem Treck der dazwischen zu viel Platz ließ, weil es die Frauen und Kinder mit ihrer Nachlässigkeit übertrieben haben könnten, so wie man es im westfälischen Dialekt ausdrückt "gedrömmelt" haben könnten. Vergessen wir nicht, es stand allen eine über zwanzig Kilometer lange kräftezehrende Marschetappe bevor, da wollte man im Zeitrahmen bleiben, da wollten alle so schnell wie möglich vorwärts kommen, zumal in Brakel angekommen, ihnen immer noch ein weiter Weg bevor stand. Die gestrengen Offiziere der römischen Militärpolizei hätten allemal eingegriffen und etwaige Eskapaden und Unregelmäßigkeiten schnell beendet und zu verhindern gewusst. Zweifellos wird mal ein Rad oder eine Achse gebrochen sein, aber damit hatte man Routine und brauchte keinen ADAC. Es mag zwar eine gelöste Stimmung geherrscht haben aber "aufgelöst" hat sich am ersten Marschtag bzw. was auf dieser Vermutung beruhen könnte vermutlich gar nichts. Denn der ins deutsche übersetzte Begriff "Auflösung" dürfte wohl eine andere Botschaft enthalten haben. Die Forschung übersetzt seine in altgriechisch überlieferten Zeilen komplett mit den Worten "Sie führten auch wie im Frieden viele Wagen und Lasttiere mit, ferner folgten ihnen nicht wenige Kinder und Frauen und zahlreiche Trossknechte, auch dies trug zur Auflösung der Marschordnung bei". Da mag man sich zunächst die Frage stellen, aus welchem Grunde das Mitführen dieses Personenkreises etwas mit einer Marschauflösung zu tun haben sollte oder hätte dazu führen sollen. Möchte man "dies trug zur Auflösung der Marschordnung bei" aber mit anderen Augen lesen oder interpretieren, dann wäre es übersetzungstechnisch gar nicht so abwegig, wenn man sagen würde, dies "FÜHRTE" statt dies "TRUG" zur Auflösung der Marschordnung bei. Man fragt sich natürlich im ersten Moment, wo denn der Unterschied zwischen "führte und trug" liegen soll. Aber es gibt ihn. Denn der Marschzug löste sich nicht schon während dem Marsch auf wie man immer dachte, sondern es mündete in eine Marschauflösung, aber erst am Ende des Marsches nach dem man in Brakel eintraf. Da erst löste sich der Marschzug auf, da man ihn anderntags auf unterschiedlichen Wegen weiter führen ließ. Im diesem Sinne hätte uns Cassius Dio, immer die Akzeptanz der Übersetzung voraus gesetzt den Hinweis gegeben, dass sich der Marschzug nicht zerstob bzw. sich nicht in seine Einzelteile zerlegte, sich also nicht aufgelöst hätte, dass man ihn aber letztlich in zwei Züge aufteilte. So ließe sich aus dem Wort "Marschauflösung" auch eine "Splittung des Marschzuges" im Sinne einer Teilung und keine "Auflösung der Marschordnung" im Sinne einer Unordnung ableiten. Demzufolge hätte es Cassius Dio seiner Vorlage zwar aus seiner Sicht betrachtet richtig entnommen, hat es also korrekt mit den Frauen und Kindern in Verbindung gebracht, hat es aber nicht bis zu Ende ausführen können, da er das Ende nicht kannte. Er musste es daher zweideutig wieder geben und überlies es der Nachwelt wie sie es sehen wollte. Zum einen so, wie wir es uns immer vorgestellt hatten nämlich das heillose Durcheinander im Zuge der Varusschlacht mit dem die Germanen dann leichtes Spiel hatten, oder die Zugaufteilug in zwei Marschzüge ab Brakel. Und wenn Cassius Dio von der Teilung etwas gelesen hätte, dann hätte er es auch zum Ausdruck gebracht, dass nämlich der mit vielen Zivilpersonen besetzte gesamte Marschzug eben aus diesem Grunde morgens ab Brakel aufgeteilt im Sinne von aufgelöst wurde. Nach dem was er uns über die skurrilen Abstellungen in den Dörfern der Germanen berichtete dürfen wir nun annehmen, dass er von der Marschaufteilung am Brakel keinen blassen Schimmer hatte. Denn dann hätte er wohl berichtet, dass man nicht umhin kam den Frauen und Kindern den Zug zu den Rebellen zu ersparen. Ohne das infrage stellen der vorherrschenden Abstellungstheorie und jetzt auch die Existenz einer Marschaufteilungsthese wäre diese Auslegung bzw. Interpretation der Cassius Dio Übersetzung vermutlich nicht ans Licht gekommen. Als Fazit lässt sich sagen Cassius Dio schrieb, wenn auch in altgriechisch "auflösen", meinte damit aber "aufteilen". Mithin wird daraus eine Aufgabenstellung die ich gerne an die Übersetzungsexperten der Altphilologie weiter geben möchte. Sollte man dieser Annahme folgen können, dann hätte man auch einen historischen Hinweis dafür gefunden der dafür sprechen würde, dass Varus entsprechend gehandelt hätte. Nämlich den, dass er den Marschzug auflöste in dem er ihn aufteilte ihn also in zwei Teile teilte. Denn darunter ließe sich auch eine synonyme Verwandtschaft zum Begriff Auflösung im Sinne von aufsplittern oder entflechten, auseinander fallen oder aufheben verstehen. Man stellte also und das spätestens am ersten Marschtag von der Weser nach Brakel fest, dass es mehr Sinn ergeben würde, die bisherige Marschordnung aufzulösen sie also in der ursprünglichen Formation aufzugeben, zu verlassen in dem man den Zug halbierte. Es ist aber anzunehmen, dass man zu dieser Überzeugung bereits früher gelangte. Aber wir können auch noch auf eine weitere Übersetzung der Schriften des Cassius Dio zurück greifen. Darin entschied man sich für die folgende Traduktion. "Darüber hinaus folgten ihnen nicht wenige Frauen und Kinder und ein großes Gefolge von Bediensteten - ein weiterer Grund für ihren Fortschritt in verstreuten Gruppen". Tauscht man Fortschritt gegen Weitermarsch aus, dann erweckt diese Übersetzung den Eindruck, als ob sie noch einen Schritt weiter geht als die erste Variante. Denn die hier gewählten Worte sprechen sich noch deutlicher für die Plausibilität einer Marschzugaufteilung aus. Auch diese Übersetzung lässt sich bezogen auf die Theorie einer Marschaufteilung anwenden. Denn die Tatsache zahlreiche Zivilisten mitführen zu müssen, machte im Verlauf der FORTSCHREITENDEN Marschbewegung die Entscheidung nötig ihn zu VERSTREUEN. In diesem Fall könnte man für das Wort aufteilen auch das Wort verstreuen einsetzen. Zwei Übersetzungen die für eine übersetzungstechnische Parallele sprechen. Was nun die logistischen Führungsqualitäten des römischen Feldherrn Varus anbetrifft, so hat die Historie darüber sowohl ein eindeutiges, als auch vernichtendes Urteil gefällt. Das dies vermutlich auf einer tendenziösen Fehleinschätzung der Geschichtsforschung beruht lässt sich nicht nur damit begründen, dass es gegen jegliche militärische Praxis verstoßen hätte, Zivilpersonen in Regionen zu schleusen die zum Kriegsschauplatz hätten werden können. Auch das Versorgungsproblem wie zuletzt dargestellt, lässt es als Posse erscheinen, dass Varus den gesamten zivilen Tross mitgenommen haben soll. Und natürlich dürfte es auch sein inniger Wunsch gewesen sein, seine persönlichen Barschaften und Wertsachen auf sicherem Weg an die Lippe zu wissen. Aber was geschah mit den Zivilpersonen. Ihnen stand ein für uns heute schwer zu rekonstruierendes Schicksal bevor. Versetze man sich in den römischen Geleitschutz, die so genannten Abstellungen wie sie samt ihren Schutzbefohlenen gerade nördlich von Dringenberg die Hangkante des südlichen Ausläufers des Gradberges folgten, wie sie sich unvermittelt einer großen Anzahl germanischer Kämpfer gegenüber sahen. Germanen die sie dort nicht erwarteten und deren Stammeszugehörigkeit sie nicht nicht erkennen konnten. Anfänglich mögen sie darin noch einen friedlichen Charakter vermutet haben, der aber schnell schwand. Bei derartig vielen Kriegern wurde ihnen klar, dass an Widerstand nicht zu denken war. Hier kam es also möglicherweise auch zu keinen Gefechten. Der komplette Zug änderte lediglich seine Richtung, Gefangene wurden in Fesseln gelegt und die Wertgegenstände könnten relativ lautlos den Besitzer gewechselt haben. Für die Germanen stand an diesem Tag noch zu viel auf dem Spiel, als dass sie sich zu lange am Gradberg hätten aufhalten wollen, denn der schwerste Teil lag noch vor ihnen (04.08.2021)
... link
Samstag, 17. Juli 2021
Zur Aliso - Forschung - Wie kam der Schwaneyer Limberg zu seinem Namen ?
ulrich leyhe, 16:34h
Nur zwei Mal fällt in den antiken Schriften der Name Aliso. Zuerst war es Velleius Paterculus der den Kommandanten von Aliso lobte weil es ihm gelang das Kastell nach der Varusschlacht vor den Massen anstürmender Germanen erfolgreich zu verteidigen und der zweite Historiker war Publius Cornelius Tacitus der uns überlieferte, dass der Feldherr Germanicus im Jahre 16 + das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein durch neue Heerstraßen und Dammwege erschloss und sicherte. Der Hinweis von Paterculus verdeutlicht die Nachbarschaft von Aliso zum Schlachtgebiet und bei Tacitus wird erkennbar, dass es sich bei Aliso um ein Kopflager handelte. Ein römisches Kastell, dass sich weit an einem nach Osten vorgeschobenen Punkt befand von wo aus man über weite Strecken die römische Infrastruktur bis zum Rhein wieder herrichtete bzw. verbesserte. Wichtige Anhaltspunkte die die Theorie stärkten Aliso könne sich nur am Oberlauf oder im Quellbereich der Lippe unweit des Schlachtgebietes und damit auch im Nahbereich zum Stammesgebiet der Cherusker befunden haben. Aufgrund einer Vielzahl von Hinweisen lässt sich die Position von Aliso auf den Altenbekener Ortsteil Schwaney verdichten, dessen Umgebung auch wegen seiner auffälligen Topographie besondere Aufmerksamkeit erregt. Der prägende Limberghöhenrücken ist unübersehbar der Hausberg von Schwaney, ein Name den man gerne mit der Baumart Linde in Verbindung bringen möchte, obwohl Abweichungen in der Schreibweise und Wortherkunft unübersehbar sind. Denn im Althochdeutschen schrieb sich die Linde "linta" und im altsächsischen als auch angelsächsischen "lind", während sich in der Silbe "lim" der Name der klebrigen Masse Leim verbirgt. Die Silbe "Lim" könnte aus der indogermanischen Sprachwurzel stammen und sich dahin zurück verfolgen lassen von wo aus sie auf unterschiedliche Weise Eingang in die sich daraus entwickelnden europäischen Sprachenfamilien fand. Auf diesem Weg erreichte sie auch den italisch - latinisch - romanischen Sprachraum. So ließe sich im Zusammenhang mit dem Schwaneyer Limberg betrachtet auch eine weitere auf römischen Hinterlassenschaften fußende Theorie aufstellen, der nachzugehen es sich lohnen könnte. Viel zu viel der einst vorhandenen und vererbten Verbindungen und Spuren zurück ins antike römische Imperium wurde schon im Mittelalter verschüttet, sodass wir uns heute arg anstrengen müssen, wenn wir einiges davon wieder frei legen wollen. Seit jeher stützen wir uns dabei auf die Wissenschaft von der Erforschung der Sprach - und damit der Wortentwicklung über die Jahrhunderte, also die Etymologie und schwören auf sie vor allem dann, wenn sie uns zum Ziel führen kann. Eine große Anzahl keltischer als auch antiker lateinischer Worte hat, ohne das es uns bewusst ist oder nachweisbar wäre, Eingang in unsere Alltagssprache gefunden. Darunter fanden sich auch Elemente geographischer Natur wie Fließgewässer, bedeutsame Erhebungen oder vergleichbares. Was wegen der langen Zeitspanne aber durch das Raster historischer Namensforschung fallen musste sind die zahlreichen Bezeichnungen die sich in späterer Zeit aus dem im Imperium inflationär verbreiteten lateinischen Wort Limes entwickelt haben, das u.a. für Grenzweg, Grenze oder Grenzwall gebräuchlich war. Der "Limitemque a Tiberio", war schon früh Namensgeber für einen nach Möglichkeit bewuchsfrei zu haltenden langen Schutzstreifen. Unmittelbar nach dem Varusdesaster wurde er vom Feldherrn Tiberius angeordnet und verlief vermutlich östlich von Köln, von der Lippe durch das Bergische Land und vielleicht sogar noch über die Sieg hinaus bis an die Wied. Mit ihm machte Rom unmittelbar nach der verheerenden Schlacht den ersten Schritt hin zur Grenzstabilisierung und er sollte das Sprungbrett für den späteren Versuch einer Rückeroberung sein. Damit führte er den Germanen vor Augen, wie man sie zukünftig vom Imperium fern zu halten gedachte. Das große in der Forschung später vereinfacht Limes genannte gewaltige und trennende Bauwerk quer durch Germanien mit dem unter Kaiser Claudius in der Mitte des ersten Jahrhunderts begonnen wurde prägte fortan die germanisch römischen Beziehungen und diktierte den Germanen das Wesen und den Charakter der neuen Zivilisation. Daraus wurden rund 350 Jahre die die Germanen Zeit hatten sich an diese Grenze zu gewöhnen, sich mit ihr zu arrangieren, die sie aber nie akzeptierten bis sie sie zu Beginn des 5. Jhdt. überschritten, wodurch sie ihre Bedeutung verlor. So wurde die dafür ursprünglich römische Bezeichnung "limitare" oder "limitatio" für die Germanen zum Synonym für Grenze. In der lateinischen Sprache gebräuchlich waren zudem die Worte "limus" für quer und "limen" für Querstein und Schwelle und Cäsar sprach in seinen Ackergesetzen von "limites decumanique". Allesamt lateinische Worte mit der Silbe "lim" zu Beginn. Die germanische Zunge nahm sich des Wortes auf ihre Weise an. Was dann ihrer dialektischen Umgangssprache zum Opfer fiel, weil es ihrer Mentalität entsprach, war der Vereinfachung geschuldet. Und während die altsächsische "Marka" einen mehr territorialen Bezug gehabt haben könnte und das Wort Grenze erst später seine Bedeutung erlangte lag es unseren Vorfahren näher und war ihnen sprachlich zuzutrauen die römische Grenze "de Lim" zu nennen. Eine Kurzform aus früher Zeit die aber im Laufe der Jahrhunderte wieder verdrängt wurde und in Vergessenheit geriet. Denken wir dabei nur an die Rheinländer die ihrem Fluß kurzerhand den Namen "Rin" gaben. Die Germanen machten das Wort "Lim" zum Synonym für eine Vielzahl von Gebrauchsformen, verwendeten es aber vordringlich für prägnante Geländemarkierungen, wenn sie eine klassische Abgrenzung benennen und es im abschreckenden und besitzansprüchlichen Sinne zum Ausdruck bringen wollten. Worte die in ihrer Alltagssprache fehlten entlehnten sie so, wie wir es bis heute praktizieren. Sie legten damit den sprachlichen Grundstein, brachten uns aber in etymologische Erklärungsnöte hinsichtlich der Herkunft des Wortes "Lim". Aber sie leisteten damit ihren Beitrag zur schnellen Konversation auf eine sehr praktische Weise, denn auch die unsichtbaren Dinge wie Grenzen wollten einen Namen haben. Ein Beispiel sind auch die vielen Ortsnamen in denen das Wort "hausen" vorkommt, die man aber in Ostwestfalen und Niedersachsen oft nur mit "sen" enden ließt. Auch das Wort "Limes" kürzte man schließlich ein und nutzte nur die Vorsilbe "Lim", so wie sie es auch aus den Mündern ihrer "Bewacher" klang und sie es verstanden. "Lim" ein Wort, dass uns quer durch Europa und darüber hinaus unzählige Male begegnet. Mal sind es Worte wie Limbach wenn ein Bach eine Grenze bildet, mal ist es der einprägsame Bergrücken der Limberg, der wie eine Barriere wirkt und mal ist es die daraus hervor gegangene Limburg. Namen die sich bis Belgien und die Niederlande finden lassen. Limvorsilben wie sie im deutschen Sprachraum auch vielfach in Ortsnamen zu finden bzw. darin aufgegangen sind und wozu auch Worte wie Limbecke, Limbike oder Limbeke aber auch Limbierg und vielleicht auch Limrock zu zählen sind. Die etymologischen Argumente die sich um die Herkunft des Wortes "Lim" ranken können in keiner Weise befriedigen. Genauer betrachtet gibt es auch keine haltbaren Theorien die das Wort anders erklären könnten, als es auf diese antike Wurzel hin zurück zu führen. Während sich der Limitberg in seiner originalen Bedeutung abgewandelt von Limes vielleicht nur in der niederländischen Sprache in Südafrika als Limietberg erhalten hat, sind Limberge verbreiteter. Am Nordrand der Mittelgebirge häufen sie sich, sodass man die Wiehengebirgs - Egge auch den Limbergsattel nennt. Der Limberg mit seiner Limburg im Teutoburger Wald östlich von Bramsche war immer schon ein markanter Grenzberg ebenso wie der Schwaneyer Limberg am Ostrand der Egge. So bewahrten sich die Germanen möglicherweise auf ihre Art den alten Geist wie er sich im Ursprungswort verbarg, von dem sie aber die klare Vorstellung hatten, dass dieses Wort ursprünglich nicht positiv besetzt war. Aber nach dem Ende der römischen Besatzung setzten sie sich ihre Grenzen selbst und schufen sich ihren Limes. Aber der Weg vom Limes hin zum dazugehörigen Kastell war auch nicht weit wie es das augusteische Römerlager auf dem Limberg bei Sasbach am nördlichen Kaiserstuhl belegt. Zudem bestätigt sich die Theorie des Limberges als Grenzberg auch im Zuge der Entdeckung zweier Römerlager in Eschhofen einem Stadtteil von Limburg an der Lahn im Jahre 2012. Limberge könnten demzufolge auch hinweisgebend für ehemalige Befestigungsanlagen sein. Das unsere Vorfahren Bergkuppen zum Bau von Fluchtburgen nutzten ist bekannt und das sie sie Limberg nannten belegt auch der Limberg im saarländischen Wallerfangen. Allerdings konnte auf diesem Berg kein Römerlager, sondern die Reste keltischer Schutzanlagen der älteren und jüngeren Hallstattzeit entdeckt werden, obwohl sich nur etwa 1.500 Meter nördlich davon an der Saar die aus Cäsar Zeiten stammende Römerstadt Contiomagus befand, so dass hier im übertragenden Sinne ebenfalls ein Grenzberg vermutet werden darf. Hinzu kommt das dieser Grenzberg auch in einem Bereich liegt der seinerzeit die keltischen Treverer von Mediomatrikern voneinander trennte. Am Pfälzer Wald unterstreicht der Grenzcharakter des Haardtrandes mit dem Limberg und dem darauf thronenden Salierkloster Limburg bei Bad Dürkheim gemeinsam mit der keltischen Wallanlage und dem römischen Steinbruch das Erbe beider Kulturen. Dieser Limberg den man auch Linthberg nannte hätte somit Bezug zu einem angenommenen "Limitberg" gehabt. Denn "Limthberg" wird man ihn wegen der Aussprache nicht genannt haben, da es sich mit der Phonetik nicht verträgt. Aber zurück nach Ostwestfalen, wo ein weiterer Hinweis den Verdacht auf römische Namenstradition erhärten könnte. Vom Menkhauser Bachtal samt entdecktem Marschlager nach Barkhausen mussten die Legionen den Kamm des Teutoburger Waldes überqueren um in das Stammesgebiet der Angrivarier einzudringen. So wie die Egge bei Schwaney, die Stämme der Brukterer von den Cheruskern trennte, so werden die Höhenlagen des Teutoburger Waldes die Brukterer von den Angrivariern abgetrennt haben. Während aus Sicht der Cherusker der Nethegau den westlichsten Rand ihres Stammesgebietes kennzeichnete, breitete sich am Nordrand des Teutoburger Waldes der Grenzgaubezirk der Angrivarier aus. Und so nannten sie ihn auch. Es war der "Limgau" oder "Limga" bzw. "Lingauwe" an der Bega um Schötmar der auch zum Namensgeber von Lemgo wurde. Hier tritt die Silbe "Lim" mangels eines Berges als Bezugsgröße in einer Tallage auf und hinterließ ihre Spuren im Ortsteilnamen Lieme. Man könnte demnach sagen, dass sich im Wort Lieme noch in Reinform der Hinweis auf das Limitierende einer Grenzziehung erhalten haben könnte. Möchte man eine gegenteilige Auffassung vertreten, so könnte diese zum Inhalt haben, dass es auch Limberge und Limbäche gibt hinter denen sich keine Bezüge zu Grenzen oder Befestigungsanlagen erkennen lassen. Allerdings könnte dies auch nur vordergründig zutreffen. So ist es nicht auszuschließen, dass sich über historische Untersuchungen widererwartend doch Bestätigungen finden lassen oder bereits gefunden wurden aber in den Archiven schlummern. Die aus den Germanen hervor gegangenen Franken und Sachsen und andere wendeten es in dieser Sinngebung an, übernahmen möglicherweise auch noch seine Bedeutung und trugen zur Verbreitung der aus drei Buchstaben bestehenden Silbe bei. Die Zeitschiene in der man im frühen Deutschland noch die Begrifflichkeiten miteinander verband dürfte im Zuge der fränkischen Eroberungen ein Ende gefunden haben und führten zur gleichnamigen Bildungen von Ortsnamen. So träfe auch auf den Schwaneyer Lim(es)berg vieles zu. Er könnte sowohl der Standort eines befestigtes Lagers wie Aliso gewesen sein, als auch eine Grenzfunktion inne gehabt haben, denn er trennte nicht nur die Stammesgebiete der Brukterer von den Cheruskern, sondern könnte auch bezeichnend für das östliche Ende des einstigen Imperiums gewesen sein. Ein markanter Bergrücken an dem die Germanen einst das römische Vordringen zum Stillstand brachten und in Schwaney hätte ein Limberg demnach seine volle Berechtigung gehabt. Aber es wäre allemal ein interessantes Betätigungsgebiet für die Welt der Etymologen. (17.07.2021)
... link
Samstag, 10. Juli 2021
Zu Widersprüchlich um wahr zu sein - Das Paradoxe mit den "Abstellungen" - Zeit für einen Bruch mit dem Widersinn.
ulrich leyhe, 01:50h
Man ist geneigt anzunehmen Cassius Dio immer richtig verstanden zu haben, aber auch ein Cassius Dio wird sich nie richtig interpretieren lassen. Trotzdem kleben wir förmlich an seinen Lippen und vergessen dabei gerne, dass er selbst den Verlauf der Varusschlacht rund 200 Jahre danach eigentlich auch nur so beschreiben konnte und es gedurft hätte wie es die Quellen hergaben bzw. erlaubten auf die er Zugriff hatte und was vielleicht viel wichtiger war, die er verwenden wollte. Das ihm bei der Auswahl und Bewertung schon mal sein Einfühlungsvermögen trog und ihm der Überblick entglitt darf man ihm Angesichts dieser historisch überlieferten "Schlammschlacht" und der für ihn schwer nachvollziehbaren Gefechtslage nicht ankreiden. Vom Originalverlauf so wie er ihn sich vorstellte wollte er sich nicht zu weit entfernen und verkürzte dafür zu unserem Leidwesen seinen Bericht an den interessantesten Stellen um nicht noch mehr von seinen Selbsteinschätzungen einfließen zu lassen. Schauen wir dann bei ihm genauer hin, so geraten wir in die missliche Lage einst für unerschütterlich gehaltene Überzeugungen über Bord werfen zu müssen. Hier sollen nun einige fragwürdige Passus seiner Niederschrift hinterfragt werden was dazu führen kann neues Licht in eine sehr sensible und richtungsweisende Phase im Vorfeld der Schlacht zu bringen. So weit lässt sich voraus sagen, dass durch das Resultat dieser Analyse wieder vieles auf den Prüfstand zu stellen ist, was uns aber helfen wird den Ablauf der Schlacht besser verstehen zu können. Denn die Methodik des Cassius Dio beruhte nicht auf der Annahme, das Dürftige was er las 1 : 1 wieder geben zu wollen. Sein Ziel war es auch seine Leser von seiner persönlichen Sichtweise zu überzeugen. So wie er annahm wie es sich damals zutrug und wie er es sich vorgestellt hatte. Und diesen ihm vorliegenden kargen Zeilen versuchte er nun sowohl einen als auch seinen Sinn zu entlocken. Zum einen weil er den Schlachtverlauf selbst verstehen wollte und zum anderen, weil er den Geist seiner Zeit treffen musste, denn für die Leser im 3. Jhdt. war die Schlacht schon lange kein Kassenschlager mehr. So darf es uns nicht verwundern, dass sein Werk aus verdichteten nahezu gepressten und zerhackten Satzteilen unter Zuhilfenahme weniger Worte bestand und er immer nur versuchte das für ihn Wesentliche zusammen zu raffen. Einmal entlarvt erkennen wir daher auch die Kalamität der richtigen Wortwahl in der er steckte. Synonyme standen ihm nicht viele zur Verfügung oder er nutzte sie nicht, wenn er die Lage beschrieb. Sein Stil wäre unser Dilemma würden wir seine Absicht dahinter nicht zu kennen glauben. Somit ist es auch gar nicht mehr so schwer uns mit seiner Form der Darstellung zu arrangieren. Wir müssen ihm nur eine gewisse Oberflächlichkeit zubilligen die seiner mageren Quellenlage geschuldet war. So hat er es uns wiederum leicht gemacht, weil er seinem Stil treu blieb. Nicht nur von Cassius Dio auch von den anderen antiken Historikern die sich mit der Varusschlacht beschäftigten, sind uns eine Reihe magischer Worte und Begriffe überliefert. An ihnen und mit ihnen wird seit jeher gedeutelt, gedoktert oder gefachsimpelt um aus ihnen die Lösung zu saugen. Sie stehen im Vordergrund, weil sich dahinter die ganze Bannbreite der Varusschlacht Mysterien verbirgt, denen man bislang nicht so recht auf die Schliche kam. Darunter befinden sich dann Schlagworte wie "Aliso", "Teutoburgiensi saltu". Aber auch die Worte "Knochenbestattung", "Lagerüberfall", "Sommerlager" und noch manch anderes Wort. Aber nicht zu vergessen, denn dazu gehört auch der Begriff "Abstellungen". Ein deutsches Wort das man hier für ein griechisches Wort eintauschte, weil man es für passend hielt. Das Wort "Abstellungen" war geboren man hielt es für das richtige und es wird seit jeher für diejenigen Legionäre angewendet, die Varus in die germanischen Dörfer zur Unterstützung ausgeliehen haben soll. Steigt man tiefer in die Palette der Namensentstehungen und ihre jeweilige Interpretationsgeschichte ein, dann könnte man für dieses Internet Buch auch einen anderen Namen finden und ihm den Titel geben: "Die Varusschlacht" Eigentlich war alles ganz anders". Aber er lautet nun mal "Vom Sommerlager in den Untergang" und daran hat sich dem Sinne nach auch nichts geändert. Varus könnte man vieles Anhängen, Unterstellen oder zum Vorwurf machen, aber einen Fehler wird man ihm sicherlich nicht ankreiden können. Nämlich eine Anweisung gegeben zu haben, wonach er Teile seiner Armee in die Siedlungen befreundeter Einheimischer entsandte und dort beließ, während er selbst in einen Unruheherd ziehen musste, wo man kriegerische Auseinandersetzungen erwartete. Und diese Entsendeten waren die so genannten Abstellungen von denen hier die Rede sein soll. Und dieser Teil der Cassius Dio Überlieferung ist deswegen zu recht umstritten, weil es sich so schlecht bzw. gar nicht in den Kontext des Gesamtgeschehens einfügen lässt. Denn in einer Phase in der man beabsichtigt die Sommerquartiere zu verlassen und sich zudem noch in einer Situation befand in der sich kritische Entwicklungen anbahnten, gibt man keine Legionäre mehr ab um Einheimischen entgegen zu kommen bzw. ihnen in der einen oder anderen Lebenslage behilflich zu sein, auch dann nicht wenn diese darum gebeten hatten. Sollte es jedoch so gewesen sein, dann holt man diese Expeditionstruppe zumindest so rechtzeitig wieder zurück um sie noch zum richtigen Zeitpunkt wieder in die Rückzugsarmee integrieren zu können. So ruft diese Textstelle von Cassius Dio förmlich nach Recherche, denn für den Zug zu den Rebellen wird man gerade diese Soldaten dringender benötigt haben als sie abzukommandieren. Zumal in einer als bedenklich dargestellten Lage in der man sich sogar aus Mangel eigener Soldaten der Unterstützung der germanischen Bündnispartner versichern musste. Es wäre auch aus der militärischen Sicht erfahrener Legionskommandeure betrachtet ein unvorstellbarer Akt gewesen römische Soldaten für den Schutz germanischer Dörfer abzustellen um im gleichen Moment germanische Krieger verdingen zu müssen, damit diese die eigenen Lücken schließen sollen. Man hätte also auf die germanische Kampfkraft bei den Aufrührern nicht verzichten wollen, konnte aber im Gegenzug eigene Soldaten abgeben. Klingt kurios. Ein Tauschgeschäft nach dem Motto, ihr schützt unsere Siedlungen und wir unterstützen euch bei den Aufrührern ist nicht schlüssig und entbehrt jeglicher Sinnhaftigkeit. Als plausibelste aller Gegendarstellungen erscheint noch die abgegriffene und unglaubliche Vorstellung Varus und seinem Generalstab war der gesamte gesunde Menschenverstand und das in jeder Hinsicht abhanden gekommen. Diese Männer stellte Varus dieser Theorie folgend nicht zur Verfügung um damit polizeiliche Aufgaben zu erfüllen, sondern gab sie nur für den Geleit des zivilen Marschzuges frei und stellte sie nur dafür ab und für nichts anderes, denn nur für derartige Funktionen gibt man seine Soldaten ab aber nicht um sie Räuber einfangen zu lassen. Denn Varus hatte den Aufruhr nicht völlig unterschätzt wie es oft suggeriert wird, sonst hätte er schließlich auch keine Cherusker hinzuziehen brauchen. Hierin verborgen steckt eine tiefe Unlogik und Ungereimtheit, die auch schon so manchen neuzeitlichen Forschern der Worte von Cassius Dio verwirrt und zum Rätseln gebracht hat und ihn vielleicht sogar fasst verzweifeln ließ. Und auch in diesem Fall stürzt uns Cassius Dio wieder in die alt bekannte Misere, denn auch das was er uns hier über die Abstellungen hinterließ, kann uns nicht so recht überzeugen. Aber nun haben wir seine Methode durchschaut und sind besser gerüstet um den möglichen Wahrheiten auf den Grund gehen zu können. Cassius Dio hatte wie man weiß mehrmals so seine Probleme damit, dass ihm zur Verfügung stehende alte Wissen über die Varusschlacht in einen ordnenden Rahmen zu überführen, damit seine Leser zumindest eine ungefähre Vorstellung vom Ablauf der Ereignisse bekommen konnten. Aber nicht nur Cassius Dio musste zeitweise im Trüben älterer Schriften fischen. Auch spätere Philologen und Schriftgelehrte konnten besonders dann irren, wenn es um die Übersetzungsplausibilität vom klassischen Latein ins Neudeutsche geht. In einem später folgenden Kapitel soll noch eine weitere Merkwürdigkeit zum Vorschein kommen mit der sich darlegen lässt, wie uns die spätere Sinngebung von Worten verwirren kann. Und das Cassius Dio die flüssige Chronologie der Geschehensabläufe plötzlich unterbrach bzw. auseinander riss um sie dann in seine eigene Überlieferungsmethodik zu integrieren, ließ sich bereits feststellen. Hier soll es aber zunächst um das Wort "Abstellungen" und seine Bedeutung gehen. Denn es ist bezeichnend für die Irritationen die entstehen können, wenn sich Interpretationen verselbstständigen die dann zu Fehlannahmen verleiten. So findet sich hier ein weiterer Ansatzpunkt anhand dem sich die Denkschritte von Cassius Dio nachvollziehen lassen. Ein Erkenntnisgewinn auf dem sich aufbauen lässt, denn nur so ließ sich erst heraus arbeiten, dass Arminius gar nicht imstande gewesen sein konnte nach dem morgendlichen Aufbruch aus dem Sommerlager noch am gleichen Tag seine Männer verständigen zu können, mit ihnen die "Abstellungen", wie allgemein angenommen in den Dörfern und Heimatgebieten der Cherusker nieder zu machen, um dann auch noch genügend Zeit zu finden Varus anzugreifen, der sich zu diesem Zeitpunkt schon sehr weit in den Nethegau hinein fort bewegt haben müsste. Taten und Distanzen die Arminius alle am ersten Tag gar nicht hätte begehen bzw. bewältigen können, ohne das ihn die Dämmerung überrascht hätte. Und erst aus dieser Rekonstruktion der Abfolge des ersten Marschtages heraus ergibt sich zwangsläufig, dass es für Varus unvermeidbar war nach rund 2o km Tagesetappe noch eine weitere Übernachtung einlegen zu müssen die uns zum bislang übersehenen Marschtag führt und unsere Vorstellungen von einer Mehrtagesschlacht stützt. Denn ohne Zwischenrast hätte sich das von Cassius Dio geschilderte Programm nicht realisieren lassen. Diese fand im Marschlager Brakel am Hellweg statt, dass seit prähistorischen Zeiten den Kreuzungspunkt einer Nordsüd - und einer Ostwestverbindung darstellt. Daraus erschließt sich wiederum bzw. es erhöht oder bekräftigt die Wahrscheinlichkeit die zu der Schlussfolgerung führt, dass man am Folgetag nach Brakel den Werte- Material - und Provianttransport mitsamt Frauen, Kindern, Sklaven und anderen, die bei einer militärischen Auseinandersetzung hinderlich gewesen wären nicht mit ins Krisengebiet nahm, sondern ihnen zubilligte sie auf direktem Weg nach Anreppen ziehen zu lassen. Zusammen gefasst gewinnt somit das Plausible zunehmend an Gewicht und der Varusschlacht kommt Schritt für Schritt das Nebulöse abhanden. Greifen wir nun in das Geschehen ein, dann zogen die Kampflegionen unter denen sich auch Varus befand am 2. Marschtag ab Brakel nach Süden in Richtung Warburger Börde und erst aus diesem Marschtag heraus entwickelte sich der erste Kampftag. An diesem Tag schalteten die Cherusker zunächst den Geleitschutz des zivilen Wertetransportes aus und nahmen ihn an sich. Dabei handelte es sich auch um diese so genannten Abstellungen, die man ihm zur Sicherung zugeteilt hatte und griffen danach die Kampflegionen während ihres Zuges in den Süden an. Man darf nun annehmen, dass der erste Marschtag ab dem Sommerlager noch einen ruhigen und ungestörten Verlauf nahm, an dem sich noch kein germanischer Krieger als Feind zu erkennen gab. Die sich hier entwickelnde neue Logik die in die Erkenntnis der Marschaufteilung mündet verändert auch unser Blickfeld auf den gesamten Verlauf. Und so erfährt auch das augenfällige Wort "Abstellungen" eine neue Auslegung und bekommt eine angemessene Bedeutung. Über die Jahrhunderte betrachtet hatte die gesamte historische Aufarbeitung aus den Zeilen des Cassius Dio folglich eine Wortschöpfung heraus gelesen, die dieser in der von späteren Generationen interpretierten Weise gar nicht benutzt bzw. gemeint hat. Diese Bezeichnung lautet "Abstellungen" verleitete die Nachwelt zu den bekannten Schlussfolgerungen und fortan verstand darunter jeder Historiker jene römischen Legionäre, die von Varus in die vermeintlichen germanischen Wohngebiete entsendet wurden, um den Germanen Hilfestellung zukommen zu lassen, was man dann kurz und bündig als die "Abstellungen" bezeichnete. Eigentlich war es auch ein passender Begriff, denn man stellte diese Männer auch in der Tat ab, aber nicht für das, was die Forschungsgeschichte aus ihnen machte. Den Worten Cassius Dio könnte man entnehmen, dass man sie von ihren originären Aufgaben als kämpfende Legionäre zu wirken entband und aus ihnen profane Bausoldaten mit mittelmäßiger Polizeifunktion machte. So könnte man es verstehen, so klingt es plausibel und so durfte man es auch heraus lesen, aber wie es sich tatsächlich verhielt wusste selbst ein Cassius Dio nicht, denn diese Details gingen aus seinen Quellen nicht hervor. Übersetzt ließt man es unter 56.19 (1). Da schreibt Cassius Dio. "Varus hielt seine Legionen nicht zusammen, wie es in einem "FEINDLICHEN LAND" üblich war, sondern verteilte "VIELE" der Soldaten an "HILFLOSE" Gemeinschaften, die sie zu dem angeblichen Zweck anforderten, um verschiedene Punkte zu bewachen, Räuber festzunehmen oder Versorgungszüge zu eskortieren". Erklärungen die sich schon auffällig seltsam und unglaubwürdig anhören. Aber neben der nicht bezifferbaren Angabe und daher nicht definierbaren Stärke, wie es durch das Wort "VIELE" zum Ausdruck gebracht wird und die sich nur abschätzen lassen, eröffnet sich noch ein weiterer Gedankenspielraum. Nämlich sein warnender Hinweis der irritierend und unpassend zu gleich klingt. Denn daraus ergibt sich ein weiterer Aspekt der in diesem Rahmen mit zu behandeln ist, da er im Zusammenhang mit den "Abstellungen" auftritt. Eine Bemerkung die uns erneut die Methodik des Cassius Dio vor Augen führt. Nämlich die, dass Varus das Abstellen von Soldaten anordnete, obwohl oder während dessen man sich wie es Cassius Dio ausdrückt, in einem "FEINDLICHEN LAND" befand. Wie Cassius Dio zu dieser Aussage gelangt bleibt offen, denn es lässt sich nicht erkennen, ob er dies als seine persönliche Annahme, Empfindung oder Wahrnehmung nur grundsätzlich anmerkt, so als ob es damals allen bewusst gewesen sein müsste sich unter Feinden bewegt zu haben. Möglich auch, dass er diese Formulierung seinen Vorlagen entnommen haben könnte. Und natürlich müssen wir uns auch hier wieder mit den üblichen Recherchewegen und den daraus resultierenden Argumentationssträngen befassen. Nämlich zum einen den Text des vor langer Zeit verstorbenen antiken Historikers Cassius Dio genau studieren, der um seine Annalen schreiben zu können erst einmal selbst recherchieren musste und der dann das heraus filterte und zu erkennen versuchte, was auch seiner persönlichen Überzeugung entsprach. Und letztlich kommt für uns noch der Kraftakt hinzu heraus zu finden, was die neuzeitliche Forschung aus seiner in Teilen eigenwilligen Schrift machte. Erst dann können wir nach dem Realen forschen um nach Möglichkeit auch einen örtlichen Bezug zu den Handlungen herstellen zu können. Wir müssen sozusagen einen Quantensprung durch die Zeiten vollziehen und Cassius Dio als einen mit heutigen Ansprüchen gleichgestellten Forscher und Analysten akzeptieren. Erst aus der Verbindung von altem Schriftgut, auf das nur Cassius Dio seine Augen warf und dem was er daraus an Glaub - und Sinnhaftem deutete, können wir heute unsere Schlussfolgerungen ziehen die dann wieder wir für logisch halten. Aber wie verhielt es sich mit der von Cassius Dio so knapp und gleichzeitig diffuse gehaltenen Äußerung Varus habe sich mitten im "Feindesland bzw. in einem feindlichen Land" von wichtigen Teilen seiner Armee und das ohne Not bzw. Druck von außen, also völlig freiwillig getrennt. Wohlweislich, dass man damals und das wusste auch Cassius Dio, mit genau diesen Bewohnern, die er als "feindlich" betitelte einen Bündnisvertrag geschlossen hatte. Und derartige Vereinbarungen trifft man nur, wenn man sich gegenseitig vertraut und nicht verfeindet ist. Und diesen Feinden hatte man nun auch noch freundlicherweise seine Krieger zur Unterstützung ausgeliehen. Da stellt man sich natürlich die Frage, warum Varus "Feinden" Hilfe zukommen ließ, in dem er dabei half deren Siedlungen und sonstiges zu beschützen. Man darf also annehmen, dass Cassius Dio mit dem Hinweis auf "feindliches Land" erneut seine Sicht der Dinge nieder schrieb, aber Varus es damals anders sah. Unsere Aufgabe besteht nun darin heraus zu finden, wo sich denn nach Meinung von Cassius Dio dieses Feindesland befunden haben soll. Cassius Dio musste natürlich nach allem was er später über die Ereignisse las denken, dass sich Varus wie unter Feinden in einem feindlichen Land gefühlt und bewegt haben müsste. Und aus der Retrospektive betrachtet durfte es Cassius Dio auch so sehen. Aber der vor den Entscheidungen stehende Varus war wohl lange Zeit anderer Auffassung, denn erst in dem Moment als man begann ihn zu bekämpfen hatte er Grund sich unter Feinden zu sehen. Für ihn war Arminius bis zu diesem Augenblick ein zuverlässiger Partner und so begann für Varus aus seiner damaligen Sicht heraus betrachtet das Feindesland auch erst mit dem Einreiten in das Stammesgebiet der Aufrührer und natürlich ganz offensichtlich in dem Moment als man ihn angriff. Das Cassius Dio dieser Disens nicht auffiel ergibt sich aus seinem Quellenstudium, denn es stand darin geschrieben, dass die Abstellungen Proviantzüge zu bewachen hatten. Was sollte Cassius Dio nun diesen ihm vorliegenden Hinweisen auch anders entnehmen, als dass in Germanien unterwegs befindliche Proviantzüge in Gefahr geraten konnten ausgeraubt zu werden. Das es eben ein wildes Land war. Und natürlich musste Cassius Dio davon ausgehen, das es sich bei diesen Proviantzügen um Lebensmitteltransporte innerhalb der germanischen Stämme von A nach B handelte. Denn welche Lebensmittel sollten es auch gewesen sein, die die Germanen durch unruhige Regionen transportieren mussten, wo sie dann von ihren eigenen Landsleuten bedroht werden konnten. Er musste zwangsläufig annehmen, dass die Germanen sich gegenseitig überfallen hätten. Erneut eine seltsame Vorstellung. Cassius Dio ließ es aber im Detail unbeantwortet, ob die Abstellungen tatsächlich innergermanische Züge bewachen sollten, oder aber ob sie sicherzustellen hatten, dass ein römischer Proviantzug der von römischem Zivilpersonal begleitet wurde nicht von aufrührerischen Germanen überfallen werden konnte. Es lassen sich beide Versionen heraus lesen, wobei die Variante zwei die glaubwürdigere ist. Und natürlich konnte Cassius Dio auch an das Risiko gedacht haben, dass es möglicherweise verstreute Rebellengruppen gab, die eben jenem Zug der Frauen und Kinder nach Anreppen hätten gefährlich werden können. So wollte er dies möglicherweise mit dem Hinweis auf feindliches Gebiet zum Ausdruck bringen. Aber so war es nach Lage der Dinge nicht, denn es stand gegenüber Varus der harte Vorwurf im Raum, dass er seine Truppen nicht zusammen gehalten hatte und das verdeutlicht die Schwierigkeit die Cassius Dio damit hatte seinen Vorlagen eine Erklärung für das Verhalten von Varus entnehmen zu können und stimmte in den Chor der Varuskritiker ein. Die Lage lässt aber erkennen um welchen Geleitschutz es Varus im eigentlichen Sinne gegangen ist, nämlich darum mit diesen Abstellungen die Zivilisten zu schützen und worum Arminius ihn der Überlieferung nach gebeten hatte. So konnte er es Varus plausibel machen und es als Vorwand nutzen und ihn damit zusätzlich zu schwächen, in dem es ihm gelang weitere möglicherweise Schlacht mit entscheidende Truppen aus dem späteren Kampfgeschehen heraus zu lösen. Während Cassius Dio daraus den nebulösen Vorgang konstruieren musste, dass die Abstellungen den Germanen zu Hilfe kommen sollten, weil er in seinen Vorlagen nichts von einem zivilen Marschzug las. Und indirekt offenbarte und erhellte sich für Cassius Dio an dieser Stelle kurzzeitig der große Kontext des Geschehens, der ihm allerdings nicht bewusst wurde, da ihm die Verhältnisse und Gegebenheiten in Germanien nicht bekannt waren. So lässt sich über das Wort "Abstellungen" ein weiterer belastbarer Hinweis für die Aufteilung des Marschzuges ab Brakel entdecken. Aber wie verhielt es sich nun mit dem Feindesland. War Varus also nun unter Freunden oder war er unter Feinden. Welche Germanen sollten denn nun wie es Cassius Dio darstellte von den römischen Abstellungen geschützt werden, doch wohl nur die die loyal zu Varus standen. Aber vor allem auch die Frage vor wem wollte man denn die Germanen beschützen. Denn die eigenen Feinde kann man schlecht vor anderen Feinden schützen. Wo lag nun das Feindesland in dem Varus jeden Soldaten für seine Schlacht gebraucht hätte und niemanden hätte abstellen dürfen. Das seine Darstellung erst im Zusammenhang mit dem abgetrennten Marschzug einen Sinn ergibt, konnte Cassius Dio natürlich nicht durchschauen. Da wo die Cherusker auf Basis des Vertrages das Land gemeinsam mit Rom beherrschten konnte sich schließlich kein Feindesland befunden haben. So wäre Feindesland wieder nur da zu suchen, wo die Rebellen ihr Unwesen trieben. Und diese Information birgt nicht nur neuen Analysestoff in sich. Damit verriet sich Cassius Dio auch selbst bzw. das was er unter Geschichtsschreibung verstand und begab sich in die Fänge des antiken Mainstream. Natürlich musste jeder Historiker annehmen, dass man 200 Jahre nach der Schlacht als Cassius Dio schrieb im Imperium davon ausging, dass ganz Ostwestfalen durch und durch von Feinden durchsetzt war, da es sich letztlich als solches entpuppte. Aber Cassius Dio hätte keine Veranlassung gehabt anzunehmen, dass dies schon vor der Schlacht so war und hätte Varus seinen eigenen Entscheidungsspielraum gestatten und einräumen müssen. Cassius Dio versetzte sich nur zurück in die Zeit um 9 + und eine Zeit in der sich Freund und Feind für ihn bei dieser Gemengelage nicht mehr unterscheiden ließen. Er hätte es aber aus der Sichtweise von Varus darstellen müssen und nicht aus seiner eigenen vorbelasteten Meinung und Vorstellung. Cassius Dio hätte in seinen Zeilen auf die besondere Phase eingehen müssen, als Varus die bekannten Wege verließ und in unbekanntes Terrain einschwenkte. Der heikle Übergangsbereich zwischen dem vermeintlichen Freundesland des Bündnispartner also den Cheruskern und dem Feind, den Aufrührern. Dieser Theorie nach wäre Brakel der Ort gewesen, wo ihn die Abstellungen am zweiten Marschtag auf sein Geheiß hin in Richtung Westen verließen und er nach Süden marschierte. Brakel lag im langen Durchzugschlauch der durch ein Gebiet verlief, dass von befreundeten Cheruskern beherrscht war. Zur Grenzstation wurde es erst wenn man von Brakel aus in den Süden vordrang, denn es lässt sich nicht recherchieren wie weit die cheruskischen Territorien reichten, wo sie also im Süden endeten, auch wenn die Diemel dabei eine wichtige Landmarke gewesen sein dürfte. Zum besseren Verständnis lässt sich die Begrifflichkeit des "Feindeslandes" auch in Form von Varianten darstellen:
Variante 1.)
Varus hielt seine Legionen im Feindesland nicht zusammen. Eine Pauschalisierung worunter Cassius Dio demnach wohl die gesamte Region verstand, zumindest aber das heutige Ostwestfalen in der sich Varus aufhielt. Dies umfasste demnach auch die Stammlande der Cherusker also das Gebiet des römischen Bündnispartners. Folgen wir Cassius Dio, dann hätte sich Varus demzufolge auch schon unter den Cheruskern wie unter Feinden fühlen müssen. Was jedoch irritiert, denn ihr Herrschaftsgebiet hätte Cassius Dio vor der Schlacht nicht als Feindesgebiet bezeichnen dürfen.
Variante 2.)
Varus hielt seine Legionen im Feindesland nicht zusammen, worunter Cassius Dio nur die Siedlungsgebiete des Aufrührerstammes verstand. Germanen, mit denen Varus keinen Vertrag geschlossen hatte. In diesem Fall hätte Varus seine Abstellungen abkommandiert während er sich bereits im feindlich gesinnten Rebellengebiet befand, also schon in einer Region in der die Kämpfe unmittelbar vor dem offenen Ausbruch standen. Aber in dieser prekären Situation hätte Varus mit Sicherheit keine Truppen für was auch immer abgegeben.
Variante 3.)
So bleibt demnach nur die Feststellung, dass Cassius Dio die Abgabe von Legionären zutiefst verwirrte, denn Varus hätte dies Angesichts der Gefahr nicht anordnen dürfen. Das sich aber Varus zu dem Zeitpunkt als er die Entsendung der Abstellungen veranlasste nicht in Feindesland wähnte, erschloss sich Cassius Dio nicht. Denn dazu fehlte ihm der nötige Überblick. Cassius Dio sah daher keine andere Möglichkeit als es in dergestalt zu formulieren und sprach daher verallgemeinernd von Feindesland. Eine andere Erklärung konnte er sich für die Zustände nicht geben die sich damals rund 150 Jahre vor seiner Geburt im Norden zutrugen.
Cassius Dio entnahm seinen Quellen, dass Varus seine Truppen nicht konzentrierte, ein schwer wiegender Vorwurf aber vermutlich las er nicht mehr und nicht weniger als das. Dies war soweit auch zweifellos richtig, aber Varus sonderte seine Soldaten auch nicht unbedacht ab, sondern tat es in einer Phase völliger Unbesorgtheit zum Schutze des zivilen Marschzuges. Cassius Dio gab hier seinem Bauchgefühl bzw. seiner eigenen Einschätzung nach und baute seine Vermutung wider besseres Wissens in seine Überlieferung ein. Aber aus dieser zweifellos nachvollziehbaren Entscheidung konstruierte die Nachwelt ein Totschlagargument gegen die gesamte varianische Kriegführung. Cassius Dio ging also davon aus, Varus hätte zum Zeitpunkt der Entsendung seiner Soldaten bereits wissen müssen, dass er sich nur unter Verrätern also Feinden bewegen würde und unterstellte ihm damit völlige Ahnungslosigkeit. So war es also sogar noch 2oo Jahre nach dem Tod von Varus immer noch opportun in ihm den Alleinschuldigen zu sehen, der bis zuletzt nicht erkannte wie man ihn hinter ging. Cassius Dio war der Blick auf die damalige Realität verwehrt und man darf ihm daher diese Versionsgeschichte die er in eine gängige Unterstellung kleidete nach sehen. So hätten wir Cassius Dio wieder dabei ertappt wie er eigene Ansichten einflocht um die Varusschlacht für seine Leser flüssig zu halten und nachvollziehbar zu machen. Nach dem Motto "Wie konnte denn dieser Varus bloß nur seine Soldaten abgeben, wo er doch genau wusste, dass er sich in Feindesland befand und wo er sie doch dringend in der Schlacht gebraucht hätte". Aber letztlich entschied sich Varus dafür seine Soldaten abzustellen, als er sich noch im sicheren Brakel und damit im befreundeten Cheruskerland befand. Ein Zeitpunkt als er noch nicht zu den Aufrührern unterwegs war. Und Varus schickte die Abstellungen auch nicht in die germanischen Dörfer, sondern gab sie aus Umsicht und Weitblick dem zivilen Tross mit bzw. vertraute die Soldaten zu deren Schutz an. Und darunter für einen Tross einen ordnungsgemäßen Geleitschutz abzustellen, kann man wahrlich keine militärische Absurdität erkennen, selbst dann nicht, wenn keinerlei Gefahr in Sicht gewesen wäre. Man muss seine Entscheidung sogar als völlig normal bezeichnen. Im Gegenzug könnte man sogar annehmen, dass Arminius gar nicht an der Entsendung beteiligt war und dies einzig den Überlegungen von Varus entsprang. Aber es hätte gut in eine Stimmung gepasst wonach Varus dem Ansinnen von Arminius naiv und blind gefolgt wäre. Cassius Dio hingegen las in seinen oberflächlichen Quellen nur, dass Varus einige seiner Männer noch vor der Schlacht abgegeben haben soll und fahndete händeringend nach einer Erklärung für diese absurde Tat. So schwächelt hier die Überlieferung von Cassius Dio, denn Varus gab den Befehl zur Entsendung nicht in einem feindlichen Land, sondern schon in Brakel und er konnte den Befehl auch nicht gegeben haben, als er schon zu den rebellisch gesinnten Aufrührern unterwegs war, denn zu diesem Zeitpunkt war die Marschaufteilung bereits vollzogen. Und Varus der sich unter den Cheruskern nicht wie in einem feindlichen Land fühlte hatte auch keine Probleme damit Teile seiner Armee zum Geleit des Zuges abzustellen. Eben weniger deswegen, weil er für den Tross eine Gefahr von außen befürchtete, sondern weil seine Männer lediglich die Disziplin im Zug aufrecht zu halten hatten, bei den Steigungen aushelfen mussten und natürlich weil sie auf seine persönlichen Wertsachen achten sollten. Und zweifellos auch deswegen weil es ihm vielleicht auch die Germanen aus naheliegenden Gründen angeraten haben sollen. Somit liefert uns Cassius Dio mit dieser Bemerkung wieder einen klassischen Fall von Eigeninterpretation. Einer nachträglich eingeschobenen persönlichen Meinung die auf einer subjektiven und befangenen aber damals weit verbreiteten Ansicht beruhte, der er sich mangels besseres Wissen anschloss. Aber das Lager Brakel, dass sich selbst noch im cheruskischen Freundesland befand, wurde in dem Moment als man es in Richtung Süden verließ in der Tat zu einem Frontlager, denn von hier aus machte Varus sich nach Süden zu den Rebellen auf. Als Varus sich von den Abstellungen trennte und sie für den zivilen Geleit freigab befand er sich kurz vor dem Aufbruch aus dem Lager Brakel und er war auch der vollen Überzeugung, die Abstellungen nicht vom Feindesland aus in ein anderes Feindesland entlassen zu haben. Für Varus war das ganze Land zwischen Brakel und Anreppen, wenn auch noch in einem frühen Stadium, so aber doch mit Hilfe der Cherusker bereits provinzialrömisch dominiert, man verfügte auf den Eggehöhen über das mächtige Fort Aliso und er fürchtete bekanntlich wie in allen Überlieferungen zu lesen ist keine Gefahr. Und Gefahr befürchtet man bekanntlich nicht wenn man sich sicher ist nicht in Feindesland unterwegs zu sein. Möchte man es anders sehen, dann kommt ein Kontrast zum Ausdruck in dem Cassius Dio eine in die Irre führende Trennlinie zieht. Denn wenn er von Feindesland spricht hätte er auch noch Raum für Freundesland lassen müssen, auf was er aber verzichtete. So hatte Rom nach seiner Späteinschätzung offensichtlich in Germanien keinerlei Freunde und bewegte sich nur in Feindesland. Die Möglichkeit, dass Arminius vorgegeben haben könnte, es handele sich bei den Aufrührern um einen cheruskischen Teilstamm, wäre wohl zu hypothetisch, zumal sein gesamtes Szenario auf Hinterlist aufgebaut war. Und natürlich ging Varus davon aus, dass sich der zivile Marschzug durch Freundesland bewegen und auch unangetastet in Anreppen eintreffen würde, während er sich selbst ab Brakel schon mit einem Fuß im Feindesland wähnte, noch bevor er deren Stammeszentrum erreicht hatte. Denn es begann an unbekannten Ort irgendwo zwischen Brakel und der Eggeschlucht. Wo also hätte Cassius Dio die Grenze zwischen Feindes- und Freundesland auch ziehen sollen. Genau genommen konnte er sie mangels Ortskenntnis gar nicht ziehen, er schlussfolgerte nur und überließ es dem Leser. Aber seine vage und gut durchschaubare Festlegung bietet für uns Anhaltspunkte um unser Vorstellungsvermögen dafür zu schärfen, wie man 200 Jahre nach der Schlacht die damalige Gefahrenlage einschätzte. Für Cassius Dio war demzufolge bereits alles Land das Varus umgab Feindesland, obwohl es doch erst zu Feindesland wurde, als sich ihm die Cherusker als Feinde entgegen stellten. Das aber vor ihm der zivile Zug am Gradberg zuerst die leidige Erfahrung machen musste schon im Feindesland unterwegs zu sein konnte Varus nicht ahnen und wird es vermutlich auch nie erfahren haben, denn zwischen beiden Schauplätzen existierte keine Kommunikationsschiene, mehr. Und so konnte man es Varus auch nicht zum Vorwurf machen, er habe seine Abstellungen mit vollem Wissen in einen Gefahrenbereich entsendet. So gelesen läge ein weiterer Hinweis darüber vor, dass Varus seinen Marschzug aufteilte. Damit ist auch das Argument entfallen und ausgeräumt, Varus vorwerfen zu können er hätte es verhindern müssen die Abstellungen einer Gefahr auszusetzen und habe sie "in Feindesland" nicht zusammen gehalten. Aber so haben wir Cassius Dio kennen gelernt, nämlich als Mann der viele seiner historischen Nachrichten kontextfrei also zusammenhanglos aneinander reihte um es plausibel zu fassen und so zu hinterlassen. Im Kapitel ( 56,18.5 ) beginnt Cassius Dio dann damit auf die Ursachen einzugehen, die zur Schlacht führten, die Motive die die Germanen hatten und wie sie sich taktisch verhielten um Varus ihre Friedfertigkeit glaubhaft zu machen. Passend zu Paterculus, der bereits von fingierten Gerichtsverfahren wusste. Aber ab Kapitel ( 56,19,1 ) wendete sich das Blatt merklich, denn nun rückt bei Cassius Dio die Schlacht literarisch näher. Er erweckte den Eindruck, als ob bereits in der Phase wachsenden Unmutes Abstellungen aus dem Kern der Truppe heraus gelöst wurden, um sie in die Siedlungsgebiete für diverse Hilfsdienste zu verteilen. Cassius Dio erklärte sich auf diese Weise die Schwäche der drei Legionen die deswegen nicht imstande waren die Schlacht für sich zu entscheiden. Er wusste offensichtlich davon, dass der militärische Gesamtkörper der Varusarmee zum Zeitpunkt der Schlacht Varus nicht mehr komplett zur Verfügung stand. Aber er verstand nicht die Ursachen, die sich dahinter verbargen und konstruierte sich die Sachlage unter Zuhilfenahme der absonderlichsten Begründungen. So zwingt ihn sein schlechter Informationsstand förmlich zu einem plötzlichen Wandel in seiner "Tonart". Denn Cassius Dio beschreibt uns ein missverständliches feldherrisches Fehlverhalten in einer sehr frühen Phase. Denn während er in Kapitel ( 56,18.5 ) noch positiv zum Ausdruck bringt wie die Germanen mit Varus doch so freundschaftlich und friedfertig verkehrten, erklärte er schon im direkten Folgekapitel ( 56,19,1 ) und das völlig unmissverständlich die ganze Region plötzlich zu Feindesland. Ein jäher Abriss in dem ihn seine ganze Vorstellungskraft verlassen haben muss und zum Ausdruck kommt, wie sehr er seine Vorlagen anzweifelt. Als Fazit seiner Worte lässt sich sagen, dass Varus die Lage gänzlich verkannte und Cassius Dio völlig unbefangen und ohne Wissen von der Marschaufteilung am Vormittag des zweiten Marschtages war, da seine Quellen darauf mit keinem Wort eingingen bzw. man es ihnen auch nicht entnehmen konnte. Seinen Vorlagen könnte er lediglich Hinweise auf Gefechte entnommen haben, die andernorts und vor der eigentlichen Varusschlacht statt fanden. Er las auch, dass an diesen Gefechten zahlreiche Römer beteiligt waren, die von den Germanen vorher angefordert, dann aber besiegt wurden. Und er stieß auf Passagen die für ihn sehr eindeutig klangen. Denn seine Quellen berichteten von eben jenen Proviantzügen die man vor Räubern schützen musste und von Örtlichkeiten die es zu bewachen galt. Hinweise die Cassius Dio aber nicht mit dem zivilen Tross in Verbindung bringen konnte. Er war also ohne Kenntnis darüber, dass hier die Geleitmannschaft gemeint war. Damit setzte er ohne es zu wollen eine Deutung in die Welt, die uns den Blick auf das nahe liegende vernebelte. Denn es war in der Tat ein großer und aus sehr viel Proviant bestehender Tross nötig und dieser Tross verkehrte auch nicht zwischen x beliebigen germanischen Dörfern wo er Gefahren ausgesetzt war. Es war jene Kolonne deren Aufgabe darin bestand alle nötigen Vorräte und bedeutsame Gegenstände vom Sommerlager aus auf direktem Weg an die Lippe zu schaffen. Und möglicherweise auch Proviant und Ausrüstung mit dem dann die Legionen versorgt sein wollten bzw. werden mussten, wenn sich diese nach Erledigung ihres Auftrages wieder mit dem Tross vereinten. Die Nachwelt machte aus diesen römischen Abstellungen jene Hilfskräfte, die man den Germanen für Aufbau- und Überwachungsarbeiten zur Verfügung gestellt hatte aber keineswegs Geleitmannschaften die dafür zu sorgen hatte, dass der Treck unversehrt in Anreppen eintreffen sollte. Damit erübrigt sich auch die Frage warum Varus diese Abstellungen nicht rechtzeitig in seine Armee integrierte und zurück beorderte, denn ihr Auftrag bestand aus der Bewachung des zivilen Marschzuges. Cassius Dio konnte diese Zusammenhänge wie dargestellt nicht überblicken und vermengte sie für uns bis zur Unkenntlichkeit. Denn ohne die Zusatztheorie der Marschaufteilung hätte sich uns dieser Disens nie in seiner ganzen Bedeutung offenbart. Eine von Varus vorgenommene Marschaufteilung die nie bis in den Palatin gelangte und in die Senatsakten in der erwünschten Deutlichkeit mit aufgenommen wurde. Es war ein Kenntnisstand den nur die Menschen besaßen die sich in Ostwestfalen auskannten, von den geographischen Gegebenheiten wussten und denen der Weg ins rettende Aliso glückte. Man kannte von Germanien nur dichte Wälder, fruchtbares Offenland, Gebirgshindernisse, Flüsse, Stammeszentren, germanische Höhenburgen und feste Bollwerke die man selbst geschaffen hatte. Kaiser Augustus und dem ganzen römischen Militärapparat lag kein belastbares Kartenwerk vor. Da existierte nichts dergleichen in der die diversen Kastelle, Marschstrecken, Entfernungen oder andere Fixpunkte verzeichnet waren. Damals wurde im Rahmen der Möglichkeiten "von der Hand in den Mund" entschieden und Hindernisse aus dem Weg geräumt wenn man sie erkannte. Wie sollte man also unter diesen Umständen in Rom auch ein Verständnis für die nötige Logistik und Versorgungslage entwickeln. Man werfe nur einen Blick auf die verzerrte "Tabula Peutingeriana" und erwarte dann noch ernsthaft, dass sich auf dieser Basis exakte Eroberungspläne schmieden lassen, denn selbst für die belebte Rheinschiene war die Art der Darstellung dürftig. Die Kette der einzelnen Stationen der römischen Provinzialisierung zwischen Lippe und Weser war die römische Lebensader und Blutbahn der Zivilisation, wich man von ihr ab bewegte man sich der Lesart nach schnell in Feindesland. Cassius Dio wusste lediglich davon, dass die Cherusker Varus ein praktisches Hilfsangebot in Form eines Kontingentes für den Zug zu den Rebellen unterbreiteten. Was ihn verwirrte und ihm die Entscheidung von Varus befremdlich vorkommen ließ, war die Tatsache , dass er vor diesem kritischen Hintergrund Teile seiner Truppen abgab. So lässt sich Cassius Dio auch kein historischer Überlieferungsfehler vorwerfen denn in Unkenntnis zu sein ist nicht fehlerbehaftet, er hätte es nur stärker als seinen persönlichen Verdacht kennzeichnen brauchen und Quelle von Interpretation trennen müssen. Und was er verarbeitete war das, wozu er aus seiner Sicht imstande war. Aber bekanntlich läuft man nicht nur als Historiker schnell Gefahr Fakten mit Annahmen zu vermischen.(09.07.2021)
Variante 1.)
Varus hielt seine Legionen im Feindesland nicht zusammen. Eine Pauschalisierung worunter Cassius Dio demnach wohl die gesamte Region verstand, zumindest aber das heutige Ostwestfalen in der sich Varus aufhielt. Dies umfasste demnach auch die Stammlande der Cherusker also das Gebiet des römischen Bündnispartners. Folgen wir Cassius Dio, dann hätte sich Varus demzufolge auch schon unter den Cheruskern wie unter Feinden fühlen müssen. Was jedoch irritiert, denn ihr Herrschaftsgebiet hätte Cassius Dio vor der Schlacht nicht als Feindesgebiet bezeichnen dürfen.
Variante 2.)
Varus hielt seine Legionen im Feindesland nicht zusammen, worunter Cassius Dio nur die Siedlungsgebiete des Aufrührerstammes verstand. Germanen, mit denen Varus keinen Vertrag geschlossen hatte. In diesem Fall hätte Varus seine Abstellungen abkommandiert während er sich bereits im feindlich gesinnten Rebellengebiet befand, also schon in einer Region in der die Kämpfe unmittelbar vor dem offenen Ausbruch standen. Aber in dieser prekären Situation hätte Varus mit Sicherheit keine Truppen für was auch immer abgegeben.
Variante 3.)
So bleibt demnach nur die Feststellung, dass Cassius Dio die Abgabe von Legionären zutiefst verwirrte, denn Varus hätte dies Angesichts der Gefahr nicht anordnen dürfen. Das sich aber Varus zu dem Zeitpunkt als er die Entsendung der Abstellungen veranlasste nicht in Feindesland wähnte, erschloss sich Cassius Dio nicht. Denn dazu fehlte ihm der nötige Überblick. Cassius Dio sah daher keine andere Möglichkeit als es in dergestalt zu formulieren und sprach daher verallgemeinernd von Feindesland. Eine andere Erklärung konnte er sich für die Zustände nicht geben die sich damals rund 150 Jahre vor seiner Geburt im Norden zutrugen.
Cassius Dio entnahm seinen Quellen, dass Varus seine Truppen nicht konzentrierte, ein schwer wiegender Vorwurf aber vermutlich las er nicht mehr und nicht weniger als das. Dies war soweit auch zweifellos richtig, aber Varus sonderte seine Soldaten auch nicht unbedacht ab, sondern tat es in einer Phase völliger Unbesorgtheit zum Schutze des zivilen Marschzuges. Cassius Dio gab hier seinem Bauchgefühl bzw. seiner eigenen Einschätzung nach und baute seine Vermutung wider besseres Wissens in seine Überlieferung ein. Aber aus dieser zweifellos nachvollziehbaren Entscheidung konstruierte die Nachwelt ein Totschlagargument gegen die gesamte varianische Kriegführung. Cassius Dio ging also davon aus, Varus hätte zum Zeitpunkt der Entsendung seiner Soldaten bereits wissen müssen, dass er sich nur unter Verrätern also Feinden bewegen würde und unterstellte ihm damit völlige Ahnungslosigkeit. So war es also sogar noch 2oo Jahre nach dem Tod von Varus immer noch opportun in ihm den Alleinschuldigen zu sehen, der bis zuletzt nicht erkannte wie man ihn hinter ging. Cassius Dio war der Blick auf die damalige Realität verwehrt und man darf ihm daher diese Versionsgeschichte die er in eine gängige Unterstellung kleidete nach sehen. So hätten wir Cassius Dio wieder dabei ertappt wie er eigene Ansichten einflocht um die Varusschlacht für seine Leser flüssig zu halten und nachvollziehbar zu machen. Nach dem Motto "Wie konnte denn dieser Varus bloß nur seine Soldaten abgeben, wo er doch genau wusste, dass er sich in Feindesland befand und wo er sie doch dringend in der Schlacht gebraucht hätte". Aber letztlich entschied sich Varus dafür seine Soldaten abzustellen, als er sich noch im sicheren Brakel und damit im befreundeten Cheruskerland befand. Ein Zeitpunkt als er noch nicht zu den Aufrührern unterwegs war. Und Varus schickte die Abstellungen auch nicht in die germanischen Dörfer, sondern gab sie aus Umsicht und Weitblick dem zivilen Tross mit bzw. vertraute die Soldaten zu deren Schutz an. Und darunter für einen Tross einen ordnungsgemäßen Geleitschutz abzustellen, kann man wahrlich keine militärische Absurdität erkennen, selbst dann nicht, wenn keinerlei Gefahr in Sicht gewesen wäre. Man muss seine Entscheidung sogar als völlig normal bezeichnen. Im Gegenzug könnte man sogar annehmen, dass Arminius gar nicht an der Entsendung beteiligt war und dies einzig den Überlegungen von Varus entsprang. Aber es hätte gut in eine Stimmung gepasst wonach Varus dem Ansinnen von Arminius naiv und blind gefolgt wäre. Cassius Dio hingegen las in seinen oberflächlichen Quellen nur, dass Varus einige seiner Männer noch vor der Schlacht abgegeben haben soll und fahndete händeringend nach einer Erklärung für diese absurde Tat. So schwächelt hier die Überlieferung von Cassius Dio, denn Varus gab den Befehl zur Entsendung nicht in einem feindlichen Land, sondern schon in Brakel und er konnte den Befehl auch nicht gegeben haben, als er schon zu den rebellisch gesinnten Aufrührern unterwegs war, denn zu diesem Zeitpunkt war die Marschaufteilung bereits vollzogen. Und Varus der sich unter den Cheruskern nicht wie in einem feindlichen Land fühlte hatte auch keine Probleme damit Teile seiner Armee zum Geleit des Zuges abzustellen. Eben weniger deswegen, weil er für den Tross eine Gefahr von außen befürchtete, sondern weil seine Männer lediglich die Disziplin im Zug aufrecht zu halten hatten, bei den Steigungen aushelfen mussten und natürlich weil sie auf seine persönlichen Wertsachen achten sollten. Und zweifellos auch deswegen weil es ihm vielleicht auch die Germanen aus naheliegenden Gründen angeraten haben sollen. Somit liefert uns Cassius Dio mit dieser Bemerkung wieder einen klassischen Fall von Eigeninterpretation. Einer nachträglich eingeschobenen persönlichen Meinung die auf einer subjektiven und befangenen aber damals weit verbreiteten Ansicht beruhte, der er sich mangels besseres Wissen anschloss. Aber das Lager Brakel, dass sich selbst noch im cheruskischen Freundesland befand, wurde in dem Moment als man es in Richtung Süden verließ in der Tat zu einem Frontlager, denn von hier aus machte Varus sich nach Süden zu den Rebellen auf. Als Varus sich von den Abstellungen trennte und sie für den zivilen Geleit freigab befand er sich kurz vor dem Aufbruch aus dem Lager Brakel und er war auch der vollen Überzeugung, die Abstellungen nicht vom Feindesland aus in ein anderes Feindesland entlassen zu haben. Für Varus war das ganze Land zwischen Brakel und Anreppen, wenn auch noch in einem frühen Stadium, so aber doch mit Hilfe der Cherusker bereits provinzialrömisch dominiert, man verfügte auf den Eggehöhen über das mächtige Fort Aliso und er fürchtete bekanntlich wie in allen Überlieferungen zu lesen ist keine Gefahr. Und Gefahr befürchtet man bekanntlich nicht wenn man sich sicher ist nicht in Feindesland unterwegs zu sein. Möchte man es anders sehen, dann kommt ein Kontrast zum Ausdruck in dem Cassius Dio eine in die Irre führende Trennlinie zieht. Denn wenn er von Feindesland spricht hätte er auch noch Raum für Freundesland lassen müssen, auf was er aber verzichtete. So hatte Rom nach seiner Späteinschätzung offensichtlich in Germanien keinerlei Freunde und bewegte sich nur in Feindesland. Die Möglichkeit, dass Arminius vorgegeben haben könnte, es handele sich bei den Aufrührern um einen cheruskischen Teilstamm, wäre wohl zu hypothetisch, zumal sein gesamtes Szenario auf Hinterlist aufgebaut war. Und natürlich ging Varus davon aus, dass sich der zivile Marschzug durch Freundesland bewegen und auch unangetastet in Anreppen eintreffen würde, während er sich selbst ab Brakel schon mit einem Fuß im Feindesland wähnte, noch bevor er deren Stammeszentrum erreicht hatte. Denn es begann an unbekannten Ort irgendwo zwischen Brakel und der Eggeschlucht. Wo also hätte Cassius Dio die Grenze zwischen Feindes- und Freundesland auch ziehen sollen. Genau genommen konnte er sie mangels Ortskenntnis gar nicht ziehen, er schlussfolgerte nur und überließ es dem Leser. Aber seine vage und gut durchschaubare Festlegung bietet für uns Anhaltspunkte um unser Vorstellungsvermögen dafür zu schärfen, wie man 200 Jahre nach der Schlacht die damalige Gefahrenlage einschätzte. Für Cassius Dio war demzufolge bereits alles Land das Varus umgab Feindesland, obwohl es doch erst zu Feindesland wurde, als sich ihm die Cherusker als Feinde entgegen stellten. Das aber vor ihm der zivile Zug am Gradberg zuerst die leidige Erfahrung machen musste schon im Feindesland unterwegs zu sein konnte Varus nicht ahnen und wird es vermutlich auch nie erfahren haben, denn zwischen beiden Schauplätzen existierte keine Kommunikationsschiene, mehr. Und so konnte man es Varus auch nicht zum Vorwurf machen, er habe seine Abstellungen mit vollem Wissen in einen Gefahrenbereich entsendet. So gelesen läge ein weiterer Hinweis darüber vor, dass Varus seinen Marschzug aufteilte. Damit ist auch das Argument entfallen und ausgeräumt, Varus vorwerfen zu können er hätte es verhindern müssen die Abstellungen einer Gefahr auszusetzen und habe sie "in Feindesland" nicht zusammen gehalten. Aber so haben wir Cassius Dio kennen gelernt, nämlich als Mann der viele seiner historischen Nachrichten kontextfrei also zusammenhanglos aneinander reihte um es plausibel zu fassen und so zu hinterlassen. Im Kapitel ( 56,18.5 ) beginnt Cassius Dio dann damit auf die Ursachen einzugehen, die zur Schlacht führten, die Motive die die Germanen hatten und wie sie sich taktisch verhielten um Varus ihre Friedfertigkeit glaubhaft zu machen. Passend zu Paterculus, der bereits von fingierten Gerichtsverfahren wusste. Aber ab Kapitel ( 56,19,1 ) wendete sich das Blatt merklich, denn nun rückt bei Cassius Dio die Schlacht literarisch näher. Er erweckte den Eindruck, als ob bereits in der Phase wachsenden Unmutes Abstellungen aus dem Kern der Truppe heraus gelöst wurden, um sie in die Siedlungsgebiete für diverse Hilfsdienste zu verteilen. Cassius Dio erklärte sich auf diese Weise die Schwäche der drei Legionen die deswegen nicht imstande waren die Schlacht für sich zu entscheiden. Er wusste offensichtlich davon, dass der militärische Gesamtkörper der Varusarmee zum Zeitpunkt der Schlacht Varus nicht mehr komplett zur Verfügung stand. Aber er verstand nicht die Ursachen, die sich dahinter verbargen und konstruierte sich die Sachlage unter Zuhilfenahme der absonderlichsten Begründungen. So zwingt ihn sein schlechter Informationsstand förmlich zu einem plötzlichen Wandel in seiner "Tonart". Denn Cassius Dio beschreibt uns ein missverständliches feldherrisches Fehlverhalten in einer sehr frühen Phase. Denn während er in Kapitel ( 56,18.5 ) noch positiv zum Ausdruck bringt wie die Germanen mit Varus doch so freundschaftlich und friedfertig verkehrten, erklärte er schon im direkten Folgekapitel ( 56,19,1 ) und das völlig unmissverständlich die ganze Region plötzlich zu Feindesland. Ein jäher Abriss in dem ihn seine ganze Vorstellungskraft verlassen haben muss und zum Ausdruck kommt, wie sehr er seine Vorlagen anzweifelt. Als Fazit seiner Worte lässt sich sagen, dass Varus die Lage gänzlich verkannte und Cassius Dio völlig unbefangen und ohne Wissen von der Marschaufteilung am Vormittag des zweiten Marschtages war, da seine Quellen darauf mit keinem Wort eingingen bzw. man es ihnen auch nicht entnehmen konnte. Seinen Vorlagen könnte er lediglich Hinweise auf Gefechte entnommen haben, die andernorts und vor der eigentlichen Varusschlacht statt fanden. Er las auch, dass an diesen Gefechten zahlreiche Römer beteiligt waren, die von den Germanen vorher angefordert, dann aber besiegt wurden. Und er stieß auf Passagen die für ihn sehr eindeutig klangen. Denn seine Quellen berichteten von eben jenen Proviantzügen die man vor Räubern schützen musste und von Örtlichkeiten die es zu bewachen galt. Hinweise die Cassius Dio aber nicht mit dem zivilen Tross in Verbindung bringen konnte. Er war also ohne Kenntnis darüber, dass hier die Geleitmannschaft gemeint war. Damit setzte er ohne es zu wollen eine Deutung in die Welt, die uns den Blick auf das nahe liegende vernebelte. Denn es war in der Tat ein großer und aus sehr viel Proviant bestehender Tross nötig und dieser Tross verkehrte auch nicht zwischen x beliebigen germanischen Dörfern wo er Gefahren ausgesetzt war. Es war jene Kolonne deren Aufgabe darin bestand alle nötigen Vorräte und bedeutsame Gegenstände vom Sommerlager aus auf direktem Weg an die Lippe zu schaffen. Und möglicherweise auch Proviant und Ausrüstung mit dem dann die Legionen versorgt sein wollten bzw. werden mussten, wenn sich diese nach Erledigung ihres Auftrages wieder mit dem Tross vereinten. Die Nachwelt machte aus diesen römischen Abstellungen jene Hilfskräfte, die man den Germanen für Aufbau- und Überwachungsarbeiten zur Verfügung gestellt hatte aber keineswegs Geleitmannschaften die dafür zu sorgen hatte, dass der Treck unversehrt in Anreppen eintreffen sollte. Damit erübrigt sich auch die Frage warum Varus diese Abstellungen nicht rechtzeitig in seine Armee integrierte und zurück beorderte, denn ihr Auftrag bestand aus der Bewachung des zivilen Marschzuges. Cassius Dio konnte diese Zusammenhänge wie dargestellt nicht überblicken und vermengte sie für uns bis zur Unkenntlichkeit. Denn ohne die Zusatztheorie der Marschaufteilung hätte sich uns dieser Disens nie in seiner ganzen Bedeutung offenbart. Eine von Varus vorgenommene Marschaufteilung die nie bis in den Palatin gelangte und in die Senatsakten in der erwünschten Deutlichkeit mit aufgenommen wurde. Es war ein Kenntnisstand den nur die Menschen besaßen die sich in Ostwestfalen auskannten, von den geographischen Gegebenheiten wussten und denen der Weg ins rettende Aliso glückte. Man kannte von Germanien nur dichte Wälder, fruchtbares Offenland, Gebirgshindernisse, Flüsse, Stammeszentren, germanische Höhenburgen und feste Bollwerke die man selbst geschaffen hatte. Kaiser Augustus und dem ganzen römischen Militärapparat lag kein belastbares Kartenwerk vor. Da existierte nichts dergleichen in der die diversen Kastelle, Marschstrecken, Entfernungen oder andere Fixpunkte verzeichnet waren. Damals wurde im Rahmen der Möglichkeiten "von der Hand in den Mund" entschieden und Hindernisse aus dem Weg geräumt wenn man sie erkannte. Wie sollte man also unter diesen Umständen in Rom auch ein Verständnis für die nötige Logistik und Versorgungslage entwickeln. Man werfe nur einen Blick auf die verzerrte "Tabula Peutingeriana" und erwarte dann noch ernsthaft, dass sich auf dieser Basis exakte Eroberungspläne schmieden lassen, denn selbst für die belebte Rheinschiene war die Art der Darstellung dürftig. Die Kette der einzelnen Stationen der römischen Provinzialisierung zwischen Lippe und Weser war die römische Lebensader und Blutbahn der Zivilisation, wich man von ihr ab bewegte man sich der Lesart nach schnell in Feindesland. Cassius Dio wusste lediglich davon, dass die Cherusker Varus ein praktisches Hilfsangebot in Form eines Kontingentes für den Zug zu den Rebellen unterbreiteten. Was ihn verwirrte und ihm die Entscheidung von Varus befremdlich vorkommen ließ, war die Tatsache , dass er vor diesem kritischen Hintergrund Teile seiner Truppen abgab. So lässt sich Cassius Dio auch kein historischer Überlieferungsfehler vorwerfen denn in Unkenntnis zu sein ist nicht fehlerbehaftet, er hätte es nur stärker als seinen persönlichen Verdacht kennzeichnen brauchen und Quelle von Interpretation trennen müssen. Und was er verarbeitete war das, wozu er aus seiner Sicht imstande war. Aber bekanntlich läuft man nicht nur als Historiker schnell Gefahr Fakten mit Annahmen zu vermischen.(09.07.2021)
... link
... older stories