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Samstag, 1. Januar 2022
Das "prima Vari castra" aber außer Absteckungen nichts gewesen. Was sah Germanicus wirklich ?
ulrich leyhe, 16:25h
Selbst Cassius Dio hegte aufgrund der Herkunft mancher seiner Quellen Zweifel an deren Zuverlässigkeit und äußerte sich dazu auch innerhalb des von ihm zu Papier gebrachten historischen Gesamtwerkes. Es klingt an, dass er sich daher genötigt gesehen haben könnte, dass ihm Vorliegende seinen persönlichen Vorstellungen anzupassen aber auch es zu straffen und er tat es wohl auch. Und da wo ihm der Zusammenhang nicht plausibel und verständlich erschien hinterließ er Lücken die den Verlauf störten. Wir wissen nicht ob Tacitus einen ähnlich kritischen Blick auf seine Quellen warf, aber es ist denkbar, wenn nicht sogar nachweisbar. Trotzdem möchte man gerne annehmen, dass uns die antiken Überlieferungen beider Historiker in ihrer altlateinischen oder altgriechischen Substanz in einem unverfälschten Originalzustand erreicht haben und nicht schon vorher umfangreiche sinnentstellende Veränderungen erfuhren, was unser gesamtes Geschichtsbild ins Wanken bringen würde. Für die wesentliche Recherche dieses Kapitels steht uns nur Tacitus, Cassius Dio und mit Abstrichen Florus zur Verfügung. Und etwas aus den erhaltenen Bruchstücken ihrer antiken Texte über das Wesen, den Verlauf und die Zusammenhänge der Schlacht abzuleiten fällt schwer. Letztlich lieferte uns nur Cassius Dio einen groben Abriss der tagelangen Ereignisse während es Florus auf einen kurzen aber heftigen Überfall auf das vermeintliche "prima Vari castra" reduzierte. Aber im Gegensatz zu Cassius Dio lebten für Tacitus am Abend des ersten Kampftages noch alle Männer der drei Legionen, denn sie sollen ja alle erkennbar am Aufbau des "prima Vari castra" mitgewirkt haben. Alle Schriftstücke seien sie nun von Tacitus, Florus oder Dio kann man zweifellos auch als Original oder Urtext bezeichnen. Aber der wahre Urtext kann letztlich immer nur aus der Feder desjenigen stammen, der auch mit den damaligen Zeitzeugen im näheren Kontakt stand und der dann die ersten Zeilen verfasste und hinterließ. Davon ist jedoch nichts übrig geblieben. Möchte man aber schon diese unmittelbaren Zeitzeugen oder die Berichterstatter der Varusschlacht die mit den Geflüchteten oder Überlebenden sprachen der Falschaussage bezichtigen, dann möchte man der Geschichtsforschung nur noch "Gute Nacht" zurufen. Die großen unbekannten Geschichtsschreiber der ersten Stunden oder Wochen nach der Schlacht die uns alle namentlich nicht bekannt sind schufen demnach die eigentlichen Originale über die Geschehnisse des Jahres 9 + und übergaben sie danach dem freien Spiel der Interpretationen. So gingen diese Texte bis zu jenen uns namentlich bekannt gewordenen antiken Geschichtsschreibern wie etwa Tacitus oder Dio noch durch so manch andere Hände. Auf Basis dieser Tatsache nun Übersetzungsversuche anzustrengen und darin nach Sinnhaftigkeit zu suchen ist so als stünde einem nur der Gipfel eines Eisberges zur Verfügung um damit nach den Tiefen der Varusschlacht zu gründen. Paterculus bildete eine Ausnahme, er war zwar zum Zeitpunkt des Desasters in Ostwestfalen nicht dabei, war aber doch ein Zeuge der Zeit. Noch vor und schon kurz nach dem Jahre 9 + hielt er sich in Westfalen auf und somit war er der einzige antike Mensch der noch den Atem der Schlacht spürte und davon berichtete. Aber auch seine Schrift könnte Umdeutungen und Veränderungen erfahren haben. Er erwähnte das heldenhafte Verhalten des Lagerpräfekten Eggius woraus man schließen könnte, dass dieser Mann herausragendes geleistet haben muss. Er fiel durch sein tapferes Verhalten auf stellte sich wohl mit den anderen Römern den anstürmenden Germanen entgegen und leistete möglicherweise seinen Beitrag daran, dass das "prima Vari castra" überhaupt zustande kam, die Nacht über hielt und nicht schon in der Aufbauphase überrannt wurde. Aber über die Jahrhunderte betrachtet kam es auf Basis der antiken Literatur zu einem immer noch andauernden blütentreibenden Wettstreit von Ansichten, Abwägungen, Ideologien und Methoden innerhalb der Geschichtsforschung. Und natürlich ist es auch nicht originär die Aufgabe der Sprachwissenschaft den alten Texten auch das Feingefühl oder Gespür für die damalige Lage zu entlocken, was eher der Unterhaltungsliteratur zusteht. Aber bezogen auf das "prima Vari castra" irritieren uns doch diese zwei historischen Passagen, da sie in ihrer Kernaussage im konträren Verhältnis zueinander zu stehen scheinen. Es ist die von Cassius Dio wonach am ersten Tag der Schlacht zahlreiche Römer Opfer der Kämpfe wurden und die von Tacitus wonach am Abend dieses Tages noch drei Legionen imstande gewesen sein sollen ein Nachtlager zu errichten. Wie konnten also nach einem wie von Dio geschildert derart heftig geführten ersten Kampftag noch drei Legionen fähig gewesen sein ein Lager zu erbauen, so wie es Tacitus hinterließ. Demzufolge kann nur eine von beiden Überlieferungen die Richtige sein oder es gäbe eine schlüssige Erklärung für die Abweichung. Aber mit einer gesunden Portion Logik ließ sich schon so manches erschließen und das Glaubhafte weil Nachvollziehbare konnte vom Unglaubwürdigen weil Unvorstellbaren getrennt werden. So schildert also Cassius Dio für den ersten Tag der Schlacht die aufgrund seiner Beschreibungen unter widrigsten Bedingungen statt fand, dass es zu verheerenden Kämpfen Mann gegen Mann kam, was zu erheblichen Verlusten auf beiden Seiten, aber explizit unter den römischen Streitkräften gekommen sein soll. Denn für diese kam alles völlig unvorbereitet und unerwartet. Zunächst behinderten sie sich gegenseitig durch die eng aufgeschlossene Formation, marschierten dann unter berstenden Baumkronen, hatten aufgeweichten Boden unter ihren Füßen, trugen schwere Rüstungen und Waffen und durften sich anfänglich noch nicht einmal der germanischen Angreifer erwehren, da sie von ihren Vorgesetzten davon per Befehlsgewalt abgehalten wurden. Das also eine schwer bestimmbare Anzahl römischer Soldaten gegen diese wendig auftretenden Germanen im Nachteil war und daher auch viele von ihnen diesen Tag nicht überlebten dürfte unstrittig sein. Und Legionäre die in großer Zahl auf dem Schlachtfeld verstarben konnten sich naturgemäß am Abend auch nicht mehr am Aufbau des Nachtlagers beteiligen. So der Verlauf nach Cassius Dio der konträr zu dem von Tacitus hinterlassenen Text steht. Schwenkt man zu Dio so ist festzuhalten, dass solange keine Klarheit darüber bestand für wie viele Legionäre man Raum für Schutz und Übernachtung zu schaffen hatte, sich auch ein Lager in seiner endgültigen und bedarfsorientierten Dimensionierung nicht umsetzen ließ. Man musste sehen wie sich die Lage entwickelte, denn das Errichten eines Lagers bestehend aus Wällen, Gräben oder Palisaden hängt von der tatsächlichen Anzahl der darin Unterzubringenden ab. Ohne genaue Kenntnis darüber zu besitzen war der Lagerkommandant unter strategischen Gesichtspunkten betrachtet in einer äußerst misslichen Lage, denn ein zu groß erbautes Lager, das sich deswegen später nicht mehr auffüllen ließ, schwächte die Verteidigungsfähigkeit da man Leerräume nicht verteidigen braucht, während sich bei einem zu klein geratenen Lager die Kämpfer gegenseitig behinderten. Sich unter den damaligen Umständen ein solches Lager heute vorzustellen ist kaum möglich. Folgen wir der Dio Überlieferung, so musste es bitter für den Kommandanten gewesen sein, wenn er es unter optimistischen Voraussetzungen begann aber dann zur Kenntnis nehmen musste, dass sich die Außenmaße nicht halten ließen, weil die erhofften Legionäre nicht mehr eintrafen und sich seine Planung als unrealistisch erwies. So war er noch während der Bauphase gezwungen dem Rechnung zu tragen und musste die ursprünglichen Festlegungen zurück nehmen. So wird man Einschränkungen beim Ausbau vorgenommen und die Maße eingezogen haben. Aber nun zu Tacitus dem im Gegensatz zu Cassius Dio der Verlauf der Varusschlacht in seinem ganzen Ausmaß völlig unbekannt gewesen zu sein schien. Tacitus wusste nur zu berichten, dass Rom die Schlacht mit Schimpf und Schande verloren hatte und sah in Varus den Übeltäter. Er wusste aber offenbar nichts darüber was sich an diesen Tagen damals in Ostwestfalen im Detail zutrug. Hätte er irgendwelche Kenntnis besessen, dann wäre er wohl auch darauf eingegangen, aber wir erfahren von ihm kein einziges Wort und dürfen daher auch annehmen, dass er nichts wusste. Das Tacitus, der rund 50 Jahre nach der Schlacht geboren wurde über sie nichts wusste lässt Raum für viele Spekulationen. Eine mögliche besteht darin, dass der Verlauf der Schlacht zu seiner Zeit noch ein gut behütetes Staatsgeheimnis war, dass man noch nicht lüften wollte, weil Kaisergrößen wie Augustus und Tiberius aufgrund ihrer (Fehl) Entscheidungen unmittelbar und nicht sehr rühmlich in die Geschehnisse verwickelt waren. Augustus musste sich vorwerfen lassen in Varus den falschen Mann nach Ostwestfalen geschickt zu haben und Tiberius hatte Varus für seine Feldzüge die Kampfkraft geraubt, woran Augustus ihn nicht gehindert hatte. Nur der im ganzen Reich beliebte Feldherr Germancius konnte es damals wagen sechs Jahre nach dem Ende der Schlacht die Schauplätze aufzusuchen über die man in Rom schnell das Gras wachsen lassen wollte und hinterließ eine kurze Darstellung dessen was er vorfand und was später von Tacitus aufgegriffen wurde. Ein Verhalten, dass von Augustus aus fadenscheinigen Gründen erwartungsgemäß auch gerügt wurde, denn es passte nicht zum Bild seiner Unfehlbarkeit. Das was Germanicus und die Überlebenden 15 + in Augenschein nahmen veröffentlichte Tacitus in seinen Annalen unter der Textstelle 1,61 (2) und es existieren wie man es schon gewohnt ist für den von ihm formulierten Urtext gleich mehrere Übersetzungsvarianten:
Im Original lautet er:
"prima Vari castra lato ambitu et dimensis pricipiis trium legionum manus ostentabant...."
wortgleich rekonstruiert:
"das erste Varus Lager wies umfänglich und dimensionsmäßig auf die Arbeiten dreier Legionen Hände hin....."
offizielle Übersetzung 1.)
Das erste Lager des Varus LIESS an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes die Arbeit von drei Legionen ERKENNEN.
Offizielle Übersetzung 2.)
Das erste Lager des Varus, sowie der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes DEUTETEN auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen hin.
Offizielle Übersetzung 3.)
Das erste Lager des Varus ERWIES sich dem weiten Umfang und den Ausmaßen des Hauptquartiers nach als das Werk dreier Legionen.
Offizielle Übersetzung 4.)
Varus's first camp with its wide circumference (Umfang) and the measurements (Abmessungen) of its central space (Zentraler Raum) CLEARLY INDICATED the handiwork of three legions.
Einige Formen der Übersetzung wackeln was die präzisen Festlegungen bezogen auf die Arbeit dreier Legionen anbetrifft. "LIESS ERKENNEN" - "DEUTETEN DARAUF HIN" - ERWIESEN SICH ALS". Während es die Angloamerikaner mit "CLEARLY INDICATED" als eindeutig hinstellen machen die anderen die diffuse Übersetzungslage deutlich. Dem Lager wie es Germanicus 15 + vorfand und wie es Tacitus darauf basierend beschrieb ließen sich unterm Strich betrachtet nur die frühen Erstarbeiten in Form eines abgesteckten Raumes entnehmen und dieses noch in den Anfängen befindliche Lager deutete lediglich auf die Arbeit von drei Legionen hin. Aber worin genau die Arbeit dieser drei Legionen bestanden haben soll kommt im Originaltext nicht zum Ausdruck. Denn aus Dimensionen wie Umfang und Raum lässt sich nichts über die Arbeitsleistung von tausenden von Männer entnehmen. Wie soll man aus den bloßen Abmaßen für ein zentrales Hauptquartier, einem Hauptplatz oder sogar einem Feldherrnplatz auf die dafür nötige Arbeitsleistung schließen können. So erweckt die Beschreibung den Eindruck, als ob Germanicus vor sich nur eine leere große Fläche sah, die sich lediglich anhand von Bodenkennzeichnungen und Eckfahnen was auch mit Absteckungen übersetzt wird als ein einstiger Lagerplatz zu erkennen gab. Aber was sind Absteckungen. Absteckungen standen am Anfang eines jeden Lagers und auch Hanibal sandte bei Killa nur einige wenige Leute voraus, die die Grundzüge des späteren Lagers festzulegen hatten und keine drei Legionen. Absteckungen waren von wenigen Vermessern zu leisten, dürften aber nach sechs Jahren kaum mehr sichtbar gewesen sein. Die Markussäule in Rom zeigt Soldaten die mit Meßstäben hantierten. Man vermutet, dass schon eine kleine Gruppe ausreichte um ein Marschlager abzustecken. Aber bei Varus blieben schon selbst diese Maßnahmen in den Anfängen stecken und Germanicus erkannte daher auch nur noch wenige Randmarkierungen. So darf man sich die Frage stellen, was er da überhaupt für eine Form und Art an Kennzeichnungen vor sich hatte. Erkannte er nur die letzten Fetzen einstiger farbiger Stoffteile, so wird auch verständlich, dass immer nur von Umfang und Abmessung die Rede ist und kein Wort über den inneren Aufbau fällt. Und sieht dann so ein Marschlager aus an dem drei Legionen gearbeitet haben sollen ? So berichtet Tacitus über Germanicus im Zuge der Schlachtvorbereitung vor Idistaviso, dass dieser während er noch im Begriff war ein Lager abstecken zu lassen die Nachricht bekam, dass die Angrivarier im Rücken des Heeres abgefallen seien. Germanicus war damals also gerade damit beschäftigt ein Lager zu errichten, wurde aber von der Botschaft überrascht, brach die Basisarbeiten ab und übrig blieben wohl auch hier nur die randlichen Absteckungen. Statt nur Umfang, Raum oder ein mögliches Fassungsvermögen als Argument für die Arbeit von drei Legionen anzuführen, hätte man erwartet der Überlieferung auch Hinweise zu baulichen Arbeiten entnehmen zu können. Aber darüber darüber schwiegen die Quellen. Das darin letztlich nie drei Legionen eingezogen sind, dürfte allen damals Anwesenden klar gewesen sein, denn es sollte ihnen leicht satirisch gesehen nicht entgangen sein, dass in dieser Schlacht zuvor schon viele Legionäre umkamen. Man nahm also zunächst mal schlicht an, dass hier noch drei Legionen am Werk gewesen sein könnten. Caecina und seine Männer deuteten es so und so vermutete man nach Inaugenscheinnahme auch lediglich nur, dass die Abmaße zu drei Legionen passen würden und diese vom Volumen her hätten aufnehmen können. Stünde Caecina mit der Redewendung "Vermutung" vor einem Gericht, so wäre ein Prozess um ein ja oder nein von drei Legionen schnell geplatzt. Aber warum sagten Caecina die Überlebenden, die ihn erst zu den Schauplätzen führen konnten nicht, dass es sich hier definitiv nur um ein "für" drei Legionen bestimmtes und nicht um ein "von" drei Legionen errichtetes Lager handelte ? Sie sollten es doch als damalige Augenzeugen am Besten wissen. Vielleicht waren sie sogar daran noch selbst beteiligt. Dann hätte man auch 15 + nicht groß rätseln brauchen, ob es denn mal von oder für drei Legionen errichtet wurde oder nicht. Vielleicht wussten die wenigen Überlebenden selbst schon gar nicht mehr, was sie da vor sich hatten und wollten sich keine Blöße geben und mit Ahnungslosigkeit glänzen. Am Ende hätte man ihnen noch unliebsame Fragen gestellt. Offensichtlich gab es aber damals keine übereinstimmende Klarheit darüber, wie die Schlachtfeldbegutachter um Germanicus das Geschehene beurteilen sollten. Sie sahen Absteckungen verteilt über eine Fläche von möglicherweise 30.000 Quadratmeter und sie sahen tote Gerippe. Vielleicht auch von Pferden, die die Legionäre schlachten mussten um zu überleben. Auch der Bologneser Marcus Caelius könnte hier den Tod gefunden haben, denn er starb in der Schlacht oder besser gesagt im varianischen Krieg, dem Bello Variano für einen Soldaten schon ziemlich hoch betagt mit 53 2/3 Jahren. Denn nach der Inschrift im Kenotaph zu urteilen wird die mehrtägige Schlacht schon zum Krieg aufgewertet. Und führt man denn unter den damaligen heiklen Bedingungen des Jahres 15 + also unweit eines lauernden Feindes, der sie fest im Auge hatte überhaupt noch eine genaue Schlachtortbegutachung und Größenbestimmung durch, will man da im "Waldgebirge" noch die Außenmaße abschreiten oder umreiten. Sicherlich hatte Germanicus kein großes Interesse daran alles nochmal minutiös zu dokumentieren, denn er hatte so weit an den Außengrenzen des Reiches als Feldherr andere Sorgen. Vermutungen bzw. Deutungen oder Auslegungen lassen viele Spielräume zu. So natürlich auch die Frage, ob Überlebende dabei waren, die am Aufbau des nebulösen "Dreilegionenlagers" gar nicht beteiligt waren, weil sie zur Besatzung von Aliso zählten oder es vielleicht auch Überlebende gab, die es nie zu Gesicht bekamen, weil sie zu den Abstellungen gehörten denen die Flucht vom Gradberg gelang. Diese hätten dann beim Aufbau gefehlt und sie hätten zwangsläufig auch nicht gewusst, welche Legionen oder wie viel Legionäre noch am Aufbau beteiligt waren bzw. überhaupt den ersten Kampftag überlebten. Wer waren also diese Überlebenden die noch den Weg zum Castra wussten. Im Innenbereich des Lagers wird es aber bis auf eine den Umständen entsprechend angepasste bessere Unterbringung für den Generalstab lediglich einfache Schlafstätten, vielleicht mit niedrigem Regenschutz gegeben haben, wovon nach sechs Jahren auch nichts Beschreibungsfähiges mehr vorhanden war. Was man also in der Überlieferung vermisst ist die Erwähnung von Erdverwerfungen in Form von Wallaufschüttungen und Palisadenhölzern auf der Wallkrone, sowie vorgelagerte Gräben oder Annäherungshindernisse. Aus der Hand von drei Legionen wie Tacitus schreibt, hätten diese umfangreicher ausfallen müssen und wäre allemal erwähnenswert gewesen. Schwer vorstellbar, dass man möglicherweise unter Umfang und Ausmaß auch Wallanlagen verstand und daher darauf verzichtete es zu erwähnen. Es ist aufgrund der prekären Lage so wie sie Cassius Dio schilderte naheliegend, dass Germanicus im Umfeld des Lagers die wenigen vielleicht nur durch flache Senken und Erhöhungen angedeuteten Schutzanlagen auch nicht auffielen und er sich lediglich auf die Dimensionen stützte die ihm das Gelände optisch vermittelte. Es sah demnach ein Gelände, dass als Nachtlager diente, dass zwar von der Ausdehnung her für die Unterbringung von drei Legionen geeignet schien, aber von ihnen nicht fertig gebaut und von drei Legionen auch nicht bezogen wurde. Ein Lager, dass nur "für" drei Legionen abgesteckt war und nur den Umriss zeigte. Es ist zweifellos eine Frage der Interpretation dessen was Germanicus 15 + sah oder auch vermutete bzw. dem was Tacitus daraus formulierte und der minimale Auslegungsspielraum zwischen "von" oder "für" drei Legionen kann für das gesamte Schlachtgeschehen von wesentlicher Bedeutung sein, denn es spricht gegen einen Lagerüberfall aber für vieles andere. An diesem Abend standen keine vollzähligen Legionen mehr für den Aufbau zur Verfügung, sondern nur noch aufgezehrte und ausgezehrte Kämpfer, so darf man rätseln wie es zu dieser Divergenz gekommen und wo und wie sich diese fehlende Übereinstimmung zwischen Tacitus und Cassius Dio eingeschlichen haben könnte und begründen ließe. Vereinfacht ausgedrückt darf man fragen wer der Verantwortliche für die Irritation war. Hatte Cassius Dio die Schlacht maßlos übertrieben und nahezu alle Legionäre überstanden den ersten Kampftag unbeschadet. Dann war es für diese gewaltige Streitmacht von drei Legionen auch kein Problem mehr am Nachmittag und Abend in ihrer vollen Zahl ein stattliches Bollwerk nach allen Regeln der Marschlagerkonzeption zu errichten, dass am folgenden Tag wie Florus schreibt von den Germanen überrannt wurde, während Varus zu Gericht saß. Und es dürfte dann kein Lager gewesen sein, von dem man nach sechs Jahren nicht mehr als nur noch die Absteckungen wieder fand. So muss man sich in diesem Fall auch die Frage stellen, warum unter diesen günstigen Umständen die Schlacht am Ende von Varus verloren wurde. Man darf daraus schlussfolgern, dass Cassius Dio gegenüber Tacitus wohl der war, der recht gehabt hatte, denn Varus verlor so viele seiner Männer und das schon am ersten Kampftag und danach auch die Schlacht, so dass es am ersten Abend auch kein Lager mehr aus den Händen von drei Legionen gegeben haben konnte. Tacitus lässt sich vielleicht nur auf den ersten Blick kein Vorwurf machen, denn er schrieb "hoffentlich" nur das nieder, was die Überlebenden und Germanicus 15 + auch wirklich gesehen hatten. Aber dieser Beschreibung nach konnte es nicht auf drei Legionen zugetroffen haben. Aber für den dubiosen und zwiespältigen Eindruck den Germanicus und seine Begleiter vom "prima Vari castra" sechs Jahre nach der Schlacht hatten, kann es Erklärungen geben. Grundsätzlich war es sowohl Tacitus, als auch Germanicus und den Überlebenden klar, dass Varus die Schlacht verloren hatte. Es klingt kurios, aber man muss es an den Anfang stellen. Denn wann sollten diese drei Legionen umgekommen sein, wenn sie alle noch imstande gewesen sein sollen sich am Bau des ersten Nachtlagers beteiligen zu können. Zumal man nicht annehmen kann, dass die germanische Walze ein Toplager samt drei Legionen und dem tapferen Eggius in den Tod gerissen haben konnte. Aber alle die im Umfeld der Schlacht wirkten wie etwa Asprenas dürften gewusst haben, dass Varus aus geopolitischen Gründen nicht in Sollstärke zu den Aufrührern ausgerückt war, auch Teile für andere Aufgaben zurück gelassen hatte und sich voll auf die Unterstützung der Cherusker verließ. Und auch Germanicus sollte und musste gewusst haben, dass Varus bereits am ersten Kampftag erhebliche Verluste zu beklagen hatte über die Tacitus schwieg. Vor allem aber wussten es die Überlebenden denn sie überlebten wie der Name sagt die Schlacht und sahen wie ihre Gefährten am ersten Kampftag neben ihnen starben. Und trotzdem sollen sie alle 15 + der Auffassung gewesen sein, zumindest wurde es so von Tacitus berichtet, dass sich am Aufbau des "prima Vari castra" drei Legionen beteiligt haben sollen. Hier stimmte also definitiv etwas nicht überein, aber was und wem sollen wir glauben. Versetzen wir uns also in die Lage von Nero Claudius Germanicus wie sein ganzer Name lautete. Da stand er nun vor den überwucherten Resten einst rauchender und dann verschwelter und verkohlter Trümmer zahlreicher Holzkarren und auch einige zerborstene Waffenreste wird er gesehen haben. Da dieses Lager aber nach Paterculus bzw. Eggius zu urteilen noch gut verteidigt werden konnte, wird man damals im unmittelbaren Lagerbereich auch nur auf wenige Skelettteile von Mensch und Tier gestoßen sein, da die Germanen am Ende des Tages ihre Angriffe einstellten. Als sich Varus mit seinen Soldaten in dieses Lagerprovisorium zurück gezogen hatte neigte sich der erste Kampftag dem Ende zu, die Dunkelheit brach herein und es konzentrierte sich darin die gesamte römische Reststreitmacht. Jetzt wäre es unklug gewesen, die Germanen hätten gegen diese zusammen geballte Rumpftruppe in dem Römer neben Römer stand anrennen wollen. Dann beschrieb es Germanicus, oder waren es die Überlebenden, oder war es gar nur Tacitus, welchen Eindruck das Lager hinterließ und wie es auf sie wirkte. Und so blickte man laut Tacitus auf Spurloses wie etwa auf die baulichen Anfänge nackter Abmaße und Umfänge, also nur auf Räumliches und Abständliches, aber nicht auf Vollendetes oder Gegenständliches. Man übersetzte es auch mit dem Wort Absteckungen woran man nun das Werk dreier Legionen erkannt zu haben glaubte. Sozusagen Volumen und nichts als Volumen und mögliches Fassungsvermögen. Aber wie hätte es auch anders aussehen sollen nachdem man beide Überlieferungen analysiert hat und wie hätte man es beschreiben müssen, wenn wirklich drei Legionen daran gearbeitet hätten. Es müsste also ein mächtiges Zeugnis römischer Militärbaukunst hinterlassen worden sein, dass sich auch noch nach sechs Jahren imposant abgezeichnet hätte und das nicht nur aus Absteckungen bestand. So hätten unter friedlichen Bedingungen betrachtet der Praefectus Castrorum, also der Lagerpräfekt der auf dem Marsch an der Spitze ritt am frühen Abend mit seinen Nebenleuten in aller Ruhe einen geeigneten Ort zur Errichtung eines Marschlagers suchen können. Aber an diesem späten Nachmittag war alles anders nachdem auch die Marschzugspitze die für den Aufbau zuständig gewesen wäre vom Schlachtgeschehen eingeholt wurde. Apropos Marschzugspitze. War es denn nicht so, dass immer nur die erste Legion den ungeliebten Aufbau zu übernehmen hatte und alle weiteren Legionen das Lager später nur beziehen brauchten. Nach Tacitus zu urteilen sollen aber drei Legionen Hand angelegt haben und nicht nur eine. Es wäre ein weiteres Argument, das dafür spricht, dass es gar nicht "von" drei Legionen , sondern nur "für" drei Legionen errichtet wurde und nicht eimal das, denn man steckte es letztlich nur für drei Legionen ab. Die Disziplin war am Abend jedenfalls dahin, die üblichen Regeln traten außer Kraft und den Agrimensoren gelang es mithilfe ihrer Groma nur in größter Eile die ersten Orientierungsstäbe reißbrettartig für die Abstände und Räume zu setzen, da der Feind bereits allgegenwärtig war. Das es der römischen Vorhut angesichts der sich ausbreitenden Kämpfe gelungen sein könnte, dass komplette Reglement und Prozedere der einstudierten Vermaßungsroutine einzuhalten ist daher nur schwerlich vorstellbar und es passt auch zudem was Germanicus sah. So blieb an diesem Tag alles in den Anfängen stecken, die hellen Stunden wurden langsam knapp, die Lage spitzte sich dramatisch zu und das Anbringen von Kennzeichnungen für den Sammelplatz, die Mannschaftsunterkünfte, das Befehlszelt oder die Wälle samt Palisade konnte im Zuge der Kämpfe nicht mehr zu Ende gebracht werden. Denn dazu gehörten eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen die in der Summe und der Eile nicht mehr zu leisten waren. Es dürfte damals wie heute auch illusorisch sein anzunehmen, dass Germanicus im unübersichtlichen Gelände noch etwas von den hastig gezogenen Hauptlagerachsen, etwa dem Cardo maximus und oder dem Decumanus maximus erkennen konnte. Einmessungen die dann auf die vier Lagertore zugelaufen wären und das Lager in Länge und Breite zerschnitten hätten. Und es dürfte auch aussichtslos gewesen sein, dass die Vermesser im Lager noch die länglichen (strigae) und breitrechteckigen (scamna) Felder einzuteilen imstande gewesen wären. Unter normalen Bedingungen hätte man das Dienstgebäude mit Fahnen und die Kasernen mit Speeren markiert, aber aufgrund der Schilderungen zum ersten Kampftag konnten alle diese Aufbauarbeiten wenn überhaupt nicht weit gediehen gewesen sein. So wie es auch Tacitus beschrieb, als ihm dazu das Wort "prinzipiis" einfiel. Hier herrschte keine Seelenruhe mehr, hier war Not an Mann und auf viele Legionäre, Geisterlegionen gleich wird man am Abend vergeblich gewartet haben. Die Signalhörner wiesen den Legionären die Richtung zum Notlager, nach und nach erschienen die Angeschlagenen und Versprengten und Varus konnte seine letzten Kräfte zusammen ziehen mit denen sich mit dem Mut der Verzweiflung noch eine abschreckende Wirkung erzielen ließ. So sind Zweifel erlaubt, ob Germanicus auf einen optimalen Ausbauzustand geblickt haben sollte und nicht vielmehr nur deren kläglichen Reste erkannte. Diese realitätsnahe Darstellung bildet im Abgleich die Zerrissenheit der beiden Überlieferungen von Cassius Dio und Tacitus ab, untermauert die Tatsache, dass schon viele Legionäre vor dem Erreichen des Lagerplatzes den Tod fanden, deren Arbeit natürlich nicht mehr erkennbar sein konnte und liefert ein denkbares Szenario wie die Schlacht am Ende des erstes Kampftags zu Ende gegangen sein könnte. (01.01.2022)
Im Original lautet er:
"prima Vari castra lato ambitu et dimensis pricipiis trium legionum manus ostentabant...."
wortgleich rekonstruiert:
"das erste Varus Lager wies umfänglich und dimensionsmäßig auf die Arbeiten dreier Legionen Hände hin....."
offizielle Übersetzung 1.)
Das erste Lager des Varus LIESS an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes die Arbeit von drei Legionen ERKENNEN.
Offizielle Übersetzung 2.)
Das erste Lager des Varus, sowie der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes DEUTETEN auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen hin.
Offizielle Übersetzung 3.)
Das erste Lager des Varus ERWIES sich dem weiten Umfang und den Ausmaßen des Hauptquartiers nach als das Werk dreier Legionen.
Offizielle Übersetzung 4.)
Varus's first camp with its wide circumference (Umfang) and the measurements (Abmessungen) of its central space (Zentraler Raum) CLEARLY INDICATED the handiwork of three legions.
Einige Formen der Übersetzung wackeln was die präzisen Festlegungen bezogen auf die Arbeit dreier Legionen anbetrifft. "LIESS ERKENNEN" - "DEUTETEN DARAUF HIN" - ERWIESEN SICH ALS". Während es die Angloamerikaner mit "CLEARLY INDICATED" als eindeutig hinstellen machen die anderen die diffuse Übersetzungslage deutlich. Dem Lager wie es Germanicus 15 + vorfand und wie es Tacitus darauf basierend beschrieb ließen sich unterm Strich betrachtet nur die frühen Erstarbeiten in Form eines abgesteckten Raumes entnehmen und dieses noch in den Anfängen befindliche Lager deutete lediglich auf die Arbeit von drei Legionen hin. Aber worin genau die Arbeit dieser drei Legionen bestanden haben soll kommt im Originaltext nicht zum Ausdruck. Denn aus Dimensionen wie Umfang und Raum lässt sich nichts über die Arbeitsleistung von tausenden von Männer entnehmen. Wie soll man aus den bloßen Abmaßen für ein zentrales Hauptquartier, einem Hauptplatz oder sogar einem Feldherrnplatz auf die dafür nötige Arbeitsleistung schließen können. So erweckt die Beschreibung den Eindruck, als ob Germanicus vor sich nur eine leere große Fläche sah, die sich lediglich anhand von Bodenkennzeichnungen und Eckfahnen was auch mit Absteckungen übersetzt wird als ein einstiger Lagerplatz zu erkennen gab. Aber was sind Absteckungen. Absteckungen standen am Anfang eines jeden Lagers und auch Hanibal sandte bei Killa nur einige wenige Leute voraus, die die Grundzüge des späteren Lagers festzulegen hatten und keine drei Legionen. Absteckungen waren von wenigen Vermessern zu leisten, dürften aber nach sechs Jahren kaum mehr sichtbar gewesen sein. Die Markussäule in Rom zeigt Soldaten die mit Meßstäben hantierten. Man vermutet, dass schon eine kleine Gruppe ausreichte um ein Marschlager abzustecken. Aber bei Varus blieben schon selbst diese Maßnahmen in den Anfängen stecken und Germanicus erkannte daher auch nur noch wenige Randmarkierungen. So darf man sich die Frage stellen, was er da überhaupt für eine Form und Art an Kennzeichnungen vor sich hatte. Erkannte er nur die letzten Fetzen einstiger farbiger Stoffteile, so wird auch verständlich, dass immer nur von Umfang und Abmessung die Rede ist und kein Wort über den inneren Aufbau fällt. Und sieht dann so ein Marschlager aus an dem drei Legionen gearbeitet haben sollen ? So berichtet Tacitus über Germanicus im Zuge der Schlachtvorbereitung vor Idistaviso, dass dieser während er noch im Begriff war ein Lager abstecken zu lassen die Nachricht bekam, dass die Angrivarier im Rücken des Heeres abgefallen seien. Germanicus war damals also gerade damit beschäftigt ein Lager zu errichten, wurde aber von der Botschaft überrascht, brach die Basisarbeiten ab und übrig blieben wohl auch hier nur die randlichen Absteckungen. Statt nur Umfang, Raum oder ein mögliches Fassungsvermögen als Argument für die Arbeit von drei Legionen anzuführen, hätte man erwartet der Überlieferung auch Hinweise zu baulichen Arbeiten entnehmen zu können. Aber darüber darüber schwiegen die Quellen. Das darin letztlich nie drei Legionen eingezogen sind, dürfte allen damals Anwesenden klar gewesen sein, denn es sollte ihnen leicht satirisch gesehen nicht entgangen sein, dass in dieser Schlacht zuvor schon viele Legionäre umkamen. Man nahm also zunächst mal schlicht an, dass hier noch drei Legionen am Werk gewesen sein könnten. Caecina und seine Männer deuteten es so und so vermutete man nach Inaugenscheinnahme auch lediglich nur, dass die Abmaße zu drei Legionen passen würden und diese vom Volumen her hätten aufnehmen können. Stünde Caecina mit der Redewendung "Vermutung" vor einem Gericht, so wäre ein Prozess um ein ja oder nein von drei Legionen schnell geplatzt. Aber warum sagten Caecina die Überlebenden, die ihn erst zu den Schauplätzen führen konnten nicht, dass es sich hier definitiv nur um ein "für" drei Legionen bestimmtes und nicht um ein "von" drei Legionen errichtetes Lager handelte ? Sie sollten es doch als damalige Augenzeugen am Besten wissen. Vielleicht waren sie sogar daran noch selbst beteiligt. Dann hätte man auch 15 + nicht groß rätseln brauchen, ob es denn mal von oder für drei Legionen errichtet wurde oder nicht. Vielleicht wussten die wenigen Überlebenden selbst schon gar nicht mehr, was sie da vor sich hatten und wollten sich keine Blöße geben und mit Ahnungslosigkeit glänzen. Am Ende hätte man ihnen noch unliebsame Fragen gestellt. Offensichtlich gab es aber damals keine übereinstimmende Klarheit darüber, wie die Schlachtfeldbegutachter um Germanicus das Geschehene beurteilen sollten. Sie sahen Absteckungen verteilt über eine Fläche von möglicherweise 30.000 Quadratmeter und sie sahen tote Gerippe. Vielleicht auch von Pferden, die die Legionäre schlachten mussten um zu überleben. Auch der Bologneser Marcus Caelius könnte hier den Tod gefunden haben, denn er starb in der Schlacht oder besser gesagt im varianischen Krieg, dem Bello Variano für einen Soldaten schon ziemlich hoch betagt mit 53 2/3 Jahren. Denn nach der Inschrift im Kenotaph zu urteilen wird die mehrtägige Schlacht schon zum Krieg aufgewertet. Und führt man denn unter den damaligen heiklen Bedingungen des Jahres 15 + also unweit eines lauernden Feindes, der sie fest im Auge hatte überhaupt noch eine genaue Schlachtortbegutachung und Größenbestimmung durch, will man da im "Waldgebirge" noch die Außenmaße abschreiten oder umreiten. Sicherlich hatte Germanicus kein großes Interesse daran alles nochmal minutiös zu dokumentieren, denn er hatte so weit an den Außengrenzen des Reiches als Feldherr andere Sorgen. Vermutungen bzw. Deutungen oder Auslegungen lassen viele Spielräume zu. So natürlich auch die Frage, ob Überlebende dabei waren, die am Aufbau des nebulösen "Dreilegionenlagers" gar nicht beteiligt waren, weil sie zur Besatzung von Aliso zählten oder es vielleicht auch Überlebende gab, die es nie zu Gesicht bekamen, weil sie zu den Abstellungen gehörten denen die Flucht vom Gradberg gelang. Diese hätten dann beim Aufbau gefehlt und sie hätten zwangsläufig auch nicht gewusst, welche Legionen oder wie viel Legionäre noch am Aufbau beteiligt waren bzw. überhaupt den ersten Kampftag überlebten. Wer waren also diese Überlebenden die noch den Weg zum Castra wussten. Im Innenbereich des Lagers wird es aber bis auf eine den Umständen entsprechend angepasste bessere Unterbringung für den Generalstab lediglich einfache Schlafstätten, vielleicht mit niedrigem Regenschutz gegeben haben, wovon nach sechs Jahren auch nichts Beschreibungsfähiges mehr vorhanden war. Was man also in der Überlieferung vermisst ist die Erwähnung von Erdverwerfungen in Form von Wallaufschüttungen und Palisadenhölzern auf der Wallkrone, sowie vorgelagerte Gräben oder Annäherungshindernisse. Aus der Hand von drei Legionen wie Tacitus schreibt, hätten diese umfangreicher ausfallen müssen und wäre allemal erwähnenswert gewesen. Schwer vorstellbar, dass man möglicherweise unter Umfang und Ausmaß auch Wallanlagen verstand und daher darauf verzichtete es zu erwähnen. Es ist aufgrund der prekären Lage so wie sie Cassius Dio schilderte naheliegend, dass Germanicus im Umfeld des Lagers die wenigen vielleicht nur durch flache Senken und Erhöhungen angedeuteten Schutzanlagen auch nicht auffielen und er sich lediglich auf die Dimensionen stützte die ihm das Gelände optisch vermittelte. Es sah demnach ein Gelände, dass als Nachtlager diente, dass zwar von der Ausdehnung her für die Unterbringung von drei Legionen geeignet schien, aber von ihnen nicht fertig gebaut und von drei Legionen auch nicht bezogen wurde. Ein Lager, dass nur "für" drei Legionen abgesteckt war und nur den Umriss zeigte. Es ist zweifellos eine Frage der Interpretation dessen was Germanicus 15 + sah oder auch vermutete bzw. dem was Tacitus daraus formulierte und der minimale Auslegungsspielraum zwischen "von" oder "für" drei Legionen kann für das gesamte Schlachtgeschehen von wesentlicher Bedeutung sein, denn es spricht gegen einen Lagerüberfall aber für vieles andere. An diesem Abend standen keine vollzähligen Legionen mehr für den Aufbau zur Verfügung, sondern nur noch aufgezehrte und ausgezehrte Kämpfer, so darf man rätseln wie es zu dieser Divergenz gekommen und wo und wie sich diese fehlende Übereinstimmung zwischen Tacitus und Cassius Dio eingeschlichen haben könnte und begründen ließe. Vereinfacht ausgedrückt darf man fragen wer der Verantwortliche für die Irritation war. Hatte Cassius Dio die Schlacht maßlos übertrieben und nahezu alle Legionäre überstanden den ersten Kampftag unbeschadet. Dann war es für diese gewaltige Streitmacht von drei Legionen auch kein Problem mehr am Nachmittag und Abend in ihrer vollen Zahl ein stattliches Bollwerk nach allen Regeln der Marschlagerkonzeption zu errichten, dass am folgenden Tag wie Florus schreibt von den Germanen überrannt wurde, während Varus zu Gericht saß. Und es dürfte dann kein Lager gewesen sein, von dem man nach sechs Jahren nicht mehr als nur noch die Absteckungen wieder fand. So muss man sich in diesem Fall auch die Frage stellen, warum unter diesen günstigen Umständen die Schlacht am Ende von Varus verloren wurde. Man darf daraus schlussfolgern, dass Cassius Dio gegenüber Tacitus wohl der war, der recht gehabt hatte, denn Varus verlor so viele seiner Männer und das schon am ersten Kampftag und danach auch die Schlacht, so dass es am ersten Abend auch kein Lager mehr aus den Händen von drei Legionen gegeben haben konnte. Tacitus lässt sich vielleicht nur auf den ersten Blick kein Vorwurf machen, denn er schrieb "hoffentlich" nur das nieder, was die Überlebenden und Germanicus 15 + auch wirklich gesehen hatten. Aber dieser Beschreibung nach konnte es nicht auf drei Legionen zugetroffen haben. Aber für den dubiosen und zwiespältigen Eindruck den Germanicus und seine Begleiter vom "prima Vari castra" sechs Jahre nach der Schlacht hatten, kann es Erklärungen geben. Grundsätzlich war es sowohl Tacitus, als auch Germanicus und den Überlebenden klar, dass Varus die Schlacht verloren hatte. Es klingt kurios, aber man muss es an den Anfang stellen. Denn wann sollten diese drei Legionen umgekommen sein, wenn sie alle noch imstande gewesen sein sollen sich am Bau des ersten Nachtlagers beteiligen zu können. Zumal man nicht annehmen kann, dass die germanische Walze ein Toplager samt drei Legionen und dem tapferen Eggius in den Tod gerissen haben konnte. Aber alle die im Umfeld der Schlacht wirkten wie etwa Asprenas dürften gewusst haben, dass Varus aus geopolitischen Gründen nicht in Sollstärke zu den Aufrührern ausgerückt war, auch Teile für andere Aufgaben zurück gelassen hatte und sich voll auf die Unterstützung der Cherusker verließ. Und auch Germanicus sollte und musste gewusst haben, dass Varus bereits am ersten Kampftag erhebliche Verluste zu beklagen hatte über die Tacitus schwieg. Vor allem aber wussten es die Überlebenden denn sie überlebten wie der Name sagt die Schlacht und sahen wie ihre Gefährten am ersten Kampftag neben ihnen starben. Und trotzdem sollen sie alle 15 + der Auffassung gewesen sein, zumindest wurde es so von Tacitus berichtet, dass sich am Aufbau des "prima Vari castra" drei Legionen beteiligt haben sollen. Hier stimmte also definitiv etwas nicht überein, aber was und wem sollen wir glauben. Versetzen wir uns also in die Lage von Nero Claudius Germanicus wie sein ganzer Name lautete. Da stand er nun vor den überwucherten Resten einst rauchender und dann verschwelter und verkohlter Trümmer zahlreicher Holzkarren und auch einige zerborstene Waffenreste wird er gesehen haben. Da dieses Lager aber nach Paterculus bzw. Eggius zu urteilen noch gut verteidigt werden konnte, wird man damals im unmittelbaren Lagerbereich auch nur auf wenige Skelettteile von Mensch und Tier gestoßen sein, da die Germanen am Ende des Tages ihre Angriffe einstellten. Als sich Varus mit seinen Soldaten in dieses Lagerprovisorium zurück gezogen hatte neigte sich der erste Kampftag dem Ende zu, die Dunkelheit brach herein und es konzentrierte sich darin die gesamte römische Reststreitmacht. Jetzt wäre es unklug gewesen, die Germanen hätten gegen diese zusammen geballte Rumpftruppe in dem Römer neben Römer stand anrennen wollen. Dann beschrieb es Germanicus, oder waren es die Überlebenden, oder war es gar nur Tacitus, welchen Eindruck das Lager hinterließ und wie es auf sie wirkte. Und so blickte man laut Tacitus auf Spurloses wie etwa auf die baulichen Anfänge nackter Abmaße und Umfänge, also nur auf Räumliches und Abständliches, aber nicht auf Vollendetes oder Gegenständliches. Man übersetzte es auch mit dem Wort Absteckungen woran man nun das Werk dreier Legionen erkannt zu haben glaubte. Sozusagen Volumen und nichts als Volumen und mögliches Fassungsvermögen. Aber wie hätte es auch anders aussehen sollen nachdem man beide Überlieferungen analysiert hat und wie hätte man es beschreiben müssen, wenn wirklich drei Legionen daran gearbeitet hätten. Es müsste also ein mächtiges Zeugnis römischer Militärbaukunst hinterlassen worden sein, dass sich auch noch nach sechs Jahren imposant abgezeichnet hätte und das nicht nur aus Absteckungen bestand. So hätten unter friedlichen Bedingungen betrachtet der Praefectus Castrorum, also der Lagerpräfekt der auf dem Marsch an der Spitze ritt am frühen Abend mit seinen Nebenleuten in aller Ruhe einen geeigneten Ort zur Errichtung eines Marschlagers suchen können. Aber an diesem späten Nachmittag war alles anders nachdem auch die Marschzugspitze die für den Aufbau zuständig gewesen wäre vom Schlachtgeschehen eingeholt wurde. Apropos Marschzugspitze. War es denn nicht so, dass immer nur die erste Legion den ungeliebten Aufbau zu übernehmen hatte und alle weiteren Legionen das Lager später nur beziehen brauchten. Nach Tacitus zu urteilen sollen aber drei Legionen Hand angelegt haben und nicht nur eine. Es wäre ein weiteres Argument, das dafür spricht, dass es gar nicht "von" drei Legionen , sondern nur "für" drei Legionen errichtet wurde und nicht eimal das, denn man steckte es letztlich nur für drei Legionen ab. Die Disziplin war am Abend jedenfalls dahin, die üblichen Regeln traten außer Kraft und den Agrimensoren gelang es mithilfe ihrer Groma nur in größter Eile die ersten Orientierungsstäbe reißbrettartig für die Abstände und Räume zu setzen, da der Feind bereits allgegenwärtig war. Das es der römischen Vorhut angesichts der sich ausbreitenden Kämpfe gelungen sein könnte, dass komplette Reglement und Prozedere der einstudierten Vermaßungsroutine einzuhalten ist daher nur schwerlich vorstellbar und es passt auch zudem was Germanicus sah. So blieb an diesem Tag alles in den Anfängen stecken, die hellen Stunden wurden langsam knapp, die Lage spitzte sich dramatisch zu und das Anbringen von Kennzeichnungen für den Sammelplatz, die Mannschaftsunterkünfte, das Befehlszelt oder die Wälle samt Palisade konnte im Zuge der Kämpfe nicht mehr zu Ende gebracht werden. Denn dazu gehörten eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen die in der Summe und der Eile nicht mehr zu leisten waren. Es dürfte damals wie heute auch illusorisch sein anzunehmen, dass Germanicus im unübersichtlichen Gelände noch etwas von den hastig gezogenen Hauptlagerachsen, etwa dem Cardo maximus und oder dem Decumanus maximus erkennen konnte. Einmessungen die dann auf die vier Lagertore zugelaufen wären und das Lager in Länge und Breite zerschnitten hätten. Und es dürfte auch aussichtslos gewesen sein, dass die Vermesser im Lager noch die länglichen (strigae) und breitrechteckigen (scamna) Felder einzuteilen imstande gewesen wären. Unter normalen Bedingungen hätte man das Dienstgebäude mit Fahnen und die Kasernen mit Speeren markiert, aber aufgrund der Schilderungen zum ersten Kampftag konnten alle diese Aufbauarbeiten wenn überhaupt nicht weit gediehen gewesen sein. So wie es auch Tacitus beschrieb, als ihm dazu das Wort "prinzipiis" einfiel. Hier herrschte keine Seelenruhe mehr, hier war Not an Mann und auf viele Legionäre, Geisterlegionen gleich wird man am Abend vergeblich gewartet haben. Die Signalhörner wiesen den Legionären die Richtung zum Notlager, nach und nach erschienen die Angeschlagenen und Versprengten und Varus konnte seine letzten Kräfte zusammen ziehen mit denen sich mit dem Mut der Verzweiflung noch eine abschreckende Wirkung erzielen ließ. So sind Zweifel erlaubt, ob Germanicus auf einen optimalen Ausbauzustand geblickt haben sollte und nicht vielmehr nur deren kläglichen Reste erkannte. Diese realitätsnahe Darstellung bildet im Abgleich die Zerrissenheit der beiden Überlieferungen von Cassius Dio und Tacitus ab, untermauert die Tatsache, dass schon viele Legionäre vor dem Erreichen des Lagerplatzes den Tod fanden, deren Arbeit natürlich nicht mehr erkennbar sein konnte und liefert ein denkbares Szenario wie die Schlacht am Ende des erstes Kampftags zu Ende gegangen sein könnte. (01.01.2022)
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Freitag, 24. Dezember 2021
Angekommen in der Hölle der Varusschlacht - Unsere entrückten Vorstellungen vom "prima Vari castra".
ulrich leyhe, 11:16h
Und den Grund dafür, dass uns alles um das damalige Varuslager so seltsam verklärt und befremdlich erscheint haben wir oft in der Ermangelung unseres Geschichtsbewusstseins zu suchen. Viele Theorien um diese eine Schlacht und viele römische Marschlager oder Kastelle in Westfalen, aber nur ein "prima Vari castra". Dafür wurde es aber zu einer schicksalhaften Station einer Armee auf dem Weg in den Untergang das zum deutschen Mythos wurde. Es sich plastisch vorzustellen verlangt viel von uns ab. Denn das Lager befand sich im Zentrum der "Clades Variana" und wohl genau da, wo die Mehrtagesschlacht am heißesten tobte, ihren Siedepunkt erreichte und wo es zur entscheidenden Wende kam - wenn man der Übersetzung von Cassius Dio folgt und es auch dem Florus Bericht so entnehmen möchte. Aber alles ist geprägt und lebt von dem Spärlichen, was uns Tacitus dazu berichtet hat. Oder was sich auf dieses in höchster Not errichtete Lager beziehen lässt, so wie es Cassius Dio hinterließ. Aber nur Tacitus vergab für das Lager das zum römischen Trauma wurde diesen bedeutsamen lateinischen Namen. Er persönlich hielt diese Bezeichnung wohl für zutreffend und nur er überlieferte sie uns und er dürfte sie auch in dieser Schreibweise nicht seinen Quellen entnommen haben. Er kreierte diesen Namen genauso wie er wohl auch die Bezeichnung "Teutoburgiensi saltu" erfand, nach dem ihm seine geographisch heraus ragende Bedeutung bewusst, vielleicht aber auch zugetragen wurde und er daraufhin diese Namensfindung für zutreffend hielt. Tacitus wollte seinen Lesern eine Vorstellung vermitteln wie man sich die germanische Landschaft vorzustellen hat, indem er versuchte den Örtlichkeiten Namen zu geben. So dürfte das "prima Vari castra" wohl nie über einen römischen Eigennamen verfügt haben, was übrigens auch für andere Marschlager gilt, warum auch. Für Tacitus selbst, vielleicht auch für Germanicus, auf den er sich bezog war es das "Prima", also das erste Lager oder das Hauptlager des Varus. Das Erste, weil er es mit seinen Männern erst aufbauen musste, weil es auf seinem Marsch an erster Stelle kam und auch weil es das wichtigste von allen seinen Lagern war. Denn die Lager die im Zuge seiner Odyssee noch folgen sollten waren nur noch unbedeutende Lagerplätze. Notdürftige Stätten die nur minimalen Schutz boten und für die er keine Zählfolge mehr herstellte, weil diese es nicht mehr rechtfertigten Castra genannt zu werden. Aber mit der besonderen Bezeichnung "Prima" hebt er es auch von allen anderen Lagern wie den möglichen in Brakel und Höxter, aber auch von Aliso und den übrigen ab. Denn ein "Prima" Lager kann immer nur am Anfang gestanden und wird nicht mehrfach existiert haben. Es gab zahlreiche römische Lager die schon vor seinem Marsch in den Untergang vorhanden waren, aber nur das "Prima" wurde erst während seines Marsches erbaut. Bemüht man sich es kompatibel zu machen, dann war es auch das erste Nachtlager das Cassius Dio beschrieb und mit diesem identisch gewesen sein dürfte. Das Lager, dass man wie Dio schrieb gezwungen war in einem unwirtlichen Waldgebirge errichten zu müssen und wo dies gerade noch so möglich war. Keine perfekte Örtlichkeit bot sich an diesem späten Nachmittag an und es war ein Bauplatz mitten in einem Wald gelegen wie man ihn sich unter friedlichen Bedingungen sicherlich nie ausgesucht hätte. Möchten wir über den Zustand des ersten römischen Nachtlagers mehr wissen, dann müssen wir versuchen es sich uns visuell zu erschließen, sollten es von allen Seiten betrachten und uns dabei in die prekäre Situation hinein denken in der sich die Legionäre damals befanden, als sie es für sich unter extremen Bedingungen errichten mussten. Es also nach Möglichkeit zu rekonstruieren und so bewerten wie es unter den gegebenen Umständen ausgesehen haben könnte. Die Leser dieses Internet Buches sind es gewohnt, dass es die Analyse dieser Schlacht einfordert die Verläufe und Gegebenheiten von vielen Seiten zu beleuchten um die zwei seltsamen Welten miteinander zu vernetzen. Denn es gilt die antike literarische nur auf Papier gebannte, mit der heute noch sichtbaren Landschaft zu verbinden. Darin müssen wir uns zurecht finden, wenn wir den unsichtbaren Marschzug hinter unserem inneren Auge zum Leben erwecken möchten. Beiden Spuren haben wir dann solange zu folgen bis sich beweiskräftige Fakten über seinen Verlauf vorlegen lassen. Ein Unterfangen, dass bereits in den Grundzügen gelang und schon erkennbare Früchte trug. Folglich die Welt der althistorischen Quellen die über den Marschzug berichteten vom Ausgangsort über seine einzelnen Stationen mit dem heute noch erkennbaren, also dem Realen in Einklang zu bringen. Auf den ersten Blick mögen die hier gebrachten Gegenüberstellungen und Vergleiche identisch wirken, aber sie folgen jeweils anderen, immer neuen Gedankenketten und sollen auch zum Mitdenken animieren. Möchte man sich mit der Seele des "prima Vari castra" auseinander setzen, dann sollte man das System anwenden wie man es im Zuge der Christianisierung für das Bekehren der Heiden entwickelte. Nämlich die alten Schriften zum Sprechen bringen in dem man sie in Bilderschriften umwandelte, so kann sich daraus ein jeder sein ureigenes Stimmungsbild erzeugen wie man es auch von der Bibelmalerei her kennt. Der Phantasie wird auf die Sprünge geholfen und alles wird lebhafter, farbiger und somit nachvollziehbarer. Hinter den Legionären müssen also unbeschreibliche Stunden gelegen haben als man im waldreichen Gebirge ankam. War es für sie zu Beginn noch ein Marsch wie jeder andere, so brachte für sie der Wetterwechsel die erste Herausforderung mit sich und das bekanntlich noch bevor die Germanen die Bildfläche betraten. Zeitgleich mit ihrem Erscheinen begannen die Gefechte die bis in die Abendstunden andauerten. Und wenn Cassius Dio schreibt, dass die Germanen immer in der Überzahl waren, so spricht allein dieser Satz Bände. Es muss ein ungleiches Gefecht gewesen sein, wenn man als Legionär ständig gegen mehrere Germanen gleichzeitig zu kämpfen hatte. So wird die Erschöpfung den Zeitpunkt bestimmt haben der ihr Ende bedeutete. Aufgrund der bedrohlichen Lage musste man zwangsläufig den Plan fallen das ursprünglich gesetzte Tagesziel anzusteuern und entschied sich den Marschzug vorzeitig zu stoppen bis Klarheit über die Lage herrschte. Eine trotz widriger Verhältnisse noch als angemessen betrachtete Lagerstätte und wohl nicht mehr als ein Haltepunkt fasste man ins Auge. Dort wollte man versuchen wieder die Übersicht zu gewinnen um sich einen Überblick über das weitere Vorgehen zu verschaffen. Der Generalstab an der Spitze hatte sich als er von den Kämpfen erfuhr nach dieser Theorie etwa gegen 14 : 30 Uhr darauf verständigt zu stoppen und aus dem Stopp entwickelte sich die Notwendigkeit den Gedanken an einen Weiterzug völlig fallen zu lassen und zunächst zu verharren. Die Ereignisse erzwangen es dem zuständigen Lagerpräfekten den Auftrag zu geben an dieser Stelle alle Vorbereitungen für ein Notlager zu treffen. Schützende Abgrenzungen zu schaffen hinter denen man gedachte alle Legionäre unterzubringen die am Morgen Brakel verlassen hatten. So markierte man den nötigen Raum, setzte die dafür erforderlichen Absteckungen und die ersten Bautrupps begannen mit dem Ausschanzen des Wallgrabens. Über die inzwischen eingetretenen Vorgänge im hinteren Abschnitt besaß man noch keine sicheren Erkenntnisse, aber was man wusste reichte aus um sich im Generalstab völlig umorientieren zu müssen. Aber solange ging der Lagerpräfekt noch davon aus für die Unterbringung eines Großteils der Armee Raum schaffen zu müssen. In dieser Phase wurde Varus schon zum Getriebenen sich überstürzender Vorgänge. Das viele Legionäre dieses Lager schon gar nicht mehr erreichen sollten, ließ sich im Zuge der ersten Absteckungs- und Schanzarbeiten noch nicht erahnen. Es sickerten zwar nach 14 Uhr erste beunruhigende Informationen zu ihnen durch, wonach es zu Störungen aufgrund rebellisch gewordener Germanenhorden kam man auch den Zug anhielt, aber das Ausmaß war zunächst unklar. Erste Meldereiter mögen es noch als beherrschbar dargestellt haben, aber letztlich führten doch die weiteren negativen Nachrichten aus dem hinteren und mittleren Teil des Zuges dazu den Marsch nicht nur zum Stillstand zu bringen, sondern im zweiten Schritt sogar das besagte vorzeitige Notlager zu errichten. Zwar überschlugen sich die Ereignisse, aber der diensthabende Lagerpräfekt durfte sich nicht beirren lassen und ging mit den ihm zur Verfügung stehenden Männern der Routine folgend daran die ersten groben Vermessungstätigkeiten zur Errichtung einer Zelt- und Palisadenstadt für die Unterbringung von etwa drei Legionen an. Dazu musste er zwangsläufig auf die mit Material beladenen Ochsenkarren und die Maultierkolonnen mit den Schanzpfählen und den anderen benötigen Holzbauteilen und Werkzeugen warten. Material was in der Regel nach und nach eintrifft aber an diesem Tag ausblieb. Aber man brauchte es um die nötige Dimension und Kapazität sicher zu stellen. Das dieses Marschlager keines mehr werden würde, in dem man ein oder auch zwei Nächte hätte verbringen können und worin sich am nächsten Tag vielleicht sogar noch eine Gerichtsversammlung durchführen ließe, wurde langsam allen bewusst. Diese vorbereitenden Tätigkeiten an der Grundstruktur des "prima Vari castra" gerieten massiv ins Stocken, als sich die bedrohlicher werdenden Nachrichten vom hinteren Zugteil nach vorne durchsprachen und verdichteten. Die Angriffe der Germanen hatten mitlerweile an Heftigkeit zugenommen und die Befehlshaber der letzten Kohorten erwarteten nun die Anweisungen des Generalstabes wie man weiter vor zu gehen hatte. In dieser Phase könnten, da man sich bei der Armeeführung der Lage noch nicht vollends bewusst war, die verhängnisvollen und im nachhinein verheerenden Befehle ausgegeben worden sein, wonach man sich gegen die germanischen Attacken nicht zur Wehr setzen durfte und es bei Verstoß sogar Strafandrohungen gab. Diese unsäglichen Befehle wurde aufgrund einer falschen Lageeinschätzung angeordnet, denn man wollte unter keinen Umständen bei den Germanen unnötige Provokationen auslösen, die das ganze Unternehmen hätten in Gefahr bringen können. So überschnitten sich die Dinge und die nötigen Entscheidungen litten zudem unter einer erschwerten Kommunikation, da so mancher Nachrichtenüberbringer des Stabes nicht mehr sein Ziel erreichte. Unterdessen harrte Varus sicherlich in angespannter Gefühlslage auf aktuelle Berichte zur Situation am Marschzug um zu einer besseren Gefahreneinschätzung zu gelangen. Er könnte zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht völlig ausgeschlossen haben, dass sich doch noch alles beruhigen würde und es zu den geplanten Schlichtungsgesprächen ohne Blutvergießen kommen könnte und die erhitzten Gemüter zur Ruhe kommen würden. Es war in diesen Stunden eine undefinierbare Gemengelage die zunehmend ins Chaos abdriftete, da die Kämpfe immer hitziger wurden. In dieser Phase erwartete Varus sehnlichst die Nachricht, dass Arminius mit seinen Männern die Bühne des Geschehens betreten würde von dem er sich erhoffte, dass er auf die aufgeladene Stimmung beruhigenden Einfluss ausüben konnte. Eine trügerische Hoffnung mit begrenzter Halbwertzeit wie man weiß, die man aber zu diesem Zeitpunkt aus der Sicht des Feldherrn immer noch als realistisch bezeichnen darf. Dem Generalstab war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst, dass hier nun stärkere Kräfte am Werk waren, die dabei waren ihm die Regie aus der Hand zu nehmen. Denn die Schlacht verlief schon längst nicht mehr nach den römischen Spielregeln. So dauerte es eine quälend lange Zeit bis man im Umfeld von Varus begriff, dass es hier nicht mehr nur galt kleine Nadelstiche ignorieren zu müssen oder sie behutsam abzuwehren, sondern sich eine Schlacht anbahnte die zur Katastrophe ausartete. Durch die starre Struktur eines Marschzuges in die militärische Defensive gebracht konnte man diesen Angriffen nur schlecht ausweichen und ihnen wenig entgegen setzen. Nun mehr von allen Seiten attackiert entglitt dem Generalstab die militärische Lage und die Befehle der Legionskommandeure verfehlten ihren Sinn und Zweck. Anweisungen die selbst wenn man sie erteilt hätte, die im Kampf stehenden Legionäre schon gar nicht mehr erreichten, da sich jegliche Schlachtenordnung in der Auflösung befand und jeder die Flucht nach eigenem Gutdünken nach vorne antrat um den Germanen zu entkommen. Nach vorne bedeutete in diesem Fall unbedingt die Region erreichen zu wollen, ja zu müssen wo man sich sammeln konnte und wo man das Auffanglager zu errichten gedachte. Während sich der Marschzug in ein in die Länge gezogenes Schlachtfeld bestehend aus vielen Kampfnestern entwickelte, trat für die römische Armee die genauso unerwartete wie katastrophale Wende ein. Ein Schockmoment der sich für alle Legionäre wie ein moralischer Tiefschlag angefühlt haben musste. Die Übersetzung aus der griechischen Sprache zu Zeiten von Cassius Dio findet für dieses Ereignis nur etwas mehr als zehn Worte um das Schaurige dieses Augenblickes zu beschreiben. Aber es sind Worte die völlig ausreichten um die ganze Dramatik zum Ausdruck zu bringen. Sie fallen bei Cassius Dio in der Textstelle 56,19 (5) in der es heißt, dass die Germanen die man für Untertanen hielt nun plötzlich auf dem Kampfplatz als Feinde erschienen und furchtbares Unheil anrichteten. Aber was könnte in dem Moment passiert sein als es die Legionäre rekapitulierten. Darunter kann man sich nur zwei Szenarien vorstellen. Da Cassius Dio zuvor innerhalb der gleichen Textstelle berichtet, dass Arminius seine Männer alarmierte, er dann die Abstellungen nieder machte um dann Varus selbst anzugreifen geht man auch davon aus, dass er es selbst war, der plötzlich auf dem Schlachtfeld erschien. Weniger wahrscheinlich ist die Annahme, dass damit die untertänigen Germanen in ihrer Gesamtheit gemeint waren, etwa jene namenlosen die noch vorher gemeinsam Seite an Seite mit den Römern im Marschzug unterwegs waren um dann plötzlich ihre Pferde zu wenden, oder die Germanen die nun die Speere auf sie schleuderten. So war dies der bittere Augenblick als die Legionäre mit gezücktem Schwert in der Hand fassungslos feststellen mussten, dass es nicht nur jene Germanen waren die man in der Überlieferung vielsagend und abwertend als Untertanen betitelte, die nun ohne Vorankündigung ihre Waffen gegen Rom erhoben, sondern sich unter ihnen sozusagen auch noch der leibhaftige Arminius bemerkbar machte. Mit dem Frontenwechsel des Cheruskerstammes unter Arminius war zwar nicht unbedingt eine unmittelbare militärische Schwächung der römischen Varusarmee verbunden, aber feststellen zu müssen von einem für treu gehaltenen Vasallenstamm in höchster Not hintergangen zu werden war heftig. Die Historie zeigt, dass sich schon oft ein vermeintlich stärkeres Heer schwer tat sich in einem derartigen Überraschungsmoment moralisch zu behaupten, keine Schwäche zu zeigen, weiter zu kämpfen und nicht die heillose Flucht zu ergreifen. So dürfte die Stimmung als sie plötzlich Arminius auf Seiten der Germanen gegen sich kämpfen sahen in kürzester Zeit gekippt sein. Eine Momentaufnahme der Schwäche die bei den Germanen erwartungsgemäß in eine totale Kampfeseuphorie mündete. Mit Arminius wendete sich das Blatt zu ihren Gunsten und viele Römer dürften erkannt haben, dass man in diesen Minuten die Schlacht verloren haben könnte. Denn es war ihnen bekannt wie kämpferisch stark der militärisch hoch gerüstete handverlesene Armeeflügel von Arminius war den man sich einst zur Unterstützung gegen die Aufrührer versichert hatte. Als diese fatale Botschaft in das Befehlszentrum des Generalstabes platzte war die Hängepartie zu Ende und mögliche Hoffnungen wurden begraben, denn nun lagen die Fronten offen. Die Chronologie der Ereignisse richtig einzuordnen fällt schwer, denn zu wissen wo sich der leichenblasse Varus gerade aufhielt, als ihn diese folgenschwere Nachricht erreichte lässt Spekulationen zu. Sowohl die heftiger werdenden Angriffe der Germanen auf den Marschzug, als auch das plötzliche Erscheinen von Arminius auf dem Schlachtfeld dürften Varus dazu bewogen haben nun entscheiden zu müssen jetzt selbst im ungünstigen Terrain ein Notlager zu errichten, da man keine andere Wahl mehr hatte. Als die katastrophale Nachricht vom Kippen der Front eintraf, traten die gewohnten Aktivitäten zum Bau des Marschlagers nicht nur in den Hintergrund, sondern kamen völlig zum Stillstand. Denn nun hatte das Schlachtgeschehen auch die Marschspitze erreicht und das Schwert musste den Spaten ersetzen. Die Zeit der Ruhe und Ordnung war vorbei, denn nun tobte die Schlacht allerorten. Jetzt war nicht mehr nur der Marschzug umkämpft, sondern auch da wo man lagern wollte waren Gefechte im Gange. Es waren die chaotischen Momente in denen den Verteidigern die Übersicht verloren ging und sich Szenen abspielten die man in der Regel mit dem Wort unbeschreiblich zusammen fasst. In heftige Nahkämpfe verstrickt wurde eine Armee die immer noch einige tausend Krieger umfasste zurück gedrängt und gezwungen sich verbissen zur Wehr setzen zu müssen. Dies war auch die Stunde der Bewährung für den Lagerpräfekten der für den Schutz, die Organisation und die Logistik einer nun im Schlachtengetümmel versinkenden Armee zuständig war. Der Römer Eggius dem Paterculus eine hervorragende Moral bescheinigte könnte es gewesen sein, der in diesen Momenten in seiner Funktion als "Praefectus castrorum" selbst jetzt noch bemüht war die Übersicht zu behalten. Er war nun auch in der Zwangslage abschätzen zu müssen, wie groß die Lagerstätte für die verbliebenen Männer jetzt noch zu sein hatte. Er musste ermessen mit welchem Tross er noch rechnen konnte, denn auch ein Großteil der Wagen und Gespanne war auf der Strecke geblieben, Zug- Trag - oder Reittiere waren tot oder von den Germanen in Besitz genommen worden. Er musste erkennen wie viele Karren noch fahrfähig und beladen den Weg zum Lagerplatz fanden und wo man sie hin zu dirigieren hatte und er musste für den nötigen Platz zur Unterbringung der Tiere sorgen. Und auch die Anzahl der noch wehrfähigen römischen Legionäre einschließlich denjenigen denen es noch gelang sich im Verlauf der Nacht ins Lager zu retten was jedoch nicht bezifferbar war, war für die Planungen des Präfekten von Bedeutung. Aber die Ausfälle und Verluste des Tages dürften hoch gewesen sein. Marschlager waren im Regelfall gut strukturierte Machwerke die einem festen Grundriss folgten. Aber ein Notlager folgte keinen Prinzipien mehr und hat der Not zu gehorchen. Man hielt zwar die jeweilige Zuordnung bei, musste aber jetzt bei Ausdehnung und Volumen nach und nach Einschnitte vornehmen, es also der Lage angepasst reduzieren und alles musste kleiner dimensioniert werden. Den verzerrten Gesichtern der Legionäre und ihren Befehlshaber war am Abend anzusehen, wie tief der Schock über die plötzlichen Ereignisse des ersten Kampftages nach wirkte. Und was sie nach den Kämpfen für ein Schutzbollwerk für die Nacht errichteten verdiente auch nicht mehr den Namen Marschlager. Körperlich angeschlagene Legionäre mit blutenden Wunden, Verstauchungen bis zu offenen Brüchen werden sich noch bis ins Lagerzentrum geschleppt haben Wer jetzt nicht kämpfte musste sich sofern er noch konnte am Aufbau einer mittelmäßigen Palisaden- oder Wallumwehrung beteiligen, oder das wenige noch vorhandene Schanzwerkzeuge benutzen. Was an Palisadenpfählen noch zur Verfügung stand wurde verbaut aber vieles war nicht mehr erreichbar, denn es befand sich auf den Ochsenkarren, die nicht mehr bis zum Lagerplatz durchkamen. Man wird auf Holz, rohe Stämme und Balken ausgewichen sein, wo sich diese in der Umgebung finden ließen um das Lager wehrhafter zu gestalten. Im inneren der provisorischen Anlage wo man für die Nacht Schutz suchte wird man sich eher kreisförmig als wie üblich eckig orientiert, dafür aber dicht gedrängt eingefunden haben. Möchte man von archäologischer Seite noch fündig werden, so sollte man auch nicht unbedingt nach dem typischen "Spielkartenformat" a la Wilkenburg etc. Ausschau halten, denn es war an diesem Abend alles anders und für ein Notlager treffen alle Varianten und Formgebungen zu. Lassen wir uns auf etwas Poesie ein und denken uns in die Verhältnisse wie sie am Abend des ersten Kampftages im Notlager von Varus herrschten hinein, so bedarf es keines großen Vorstellungsvermögens um uns die verzweifelten Minen des römischen Generalstabes vorzustellen und wie man am Abend im "Vari castra" händeringend nach Lösungen für das weitere Vorgehen suchte. Nun war klar, dass Arminius und damit der gesamte Stamm der Cherusker die Fronten gewechselt hatte und auch weitere Germanenstämme zu ihm über gelaufen sind, Völker die bislang gegenüber Arminius eine abweichende Meinung vertraten oder neutral gesinnt waren. Inwieweit Varus die germanische Allianz einschätzen konnte ist unklar, dass er aber Marser und Sugambrer aufgrund ihrer Vorgeschichte gegen sich haben würde, dürfte ihm klar gewesen sein. Florus kannte vermutlich die Stämme als er schrieb, dass Varus ursprünglich die Absicht verfolgte bei den Aufrührern eine Versammlung einzuberufen. Unter Conventus wie es Florus ausdrückte verstand man mehr eine Konferenz aber weniger ein Straftribunal. Und eine Versammlung abzuhalten war auch der eigentliche Grund für Varus das Rebellengebiet aufzusuchen, denn er wollte Ruhe und Ordnung wieder herstellen vor allem aber dauerhaft hinterlassen. Nun wurde ihm bewusst, dass seine Pläne und Absichten gescheitert waren und es nur noch darum gehen konnte lebend dem Desaster zu entrinnen. Die Nacht vom ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag auf den dritten Tag wird für die Krieger beider Seiten keinen ruhigen Verlauf genommen haben. Während dem die Germanen im näheren oder weiteren Umfeld des Lagers nächtigten auch ihre Verwundeten versorgten oder sie in Sicherheit brachten, könnten unablässig auch noch in der Nacht neue Kräfte aus anderen Stämmen hinzugestoßen sein. Die römischen Legionäre hingegen verbrachten ohne Kontakt nach außen und von jeglicher Versorgung abgeschnitten die Nacht. Eingepfercht und isoliert auf engstem Raum unter ständiger Angst angegriffen zu werden nächtigten sie gemeinsam mit ihren verletzten oder sterbenden Kameraden. Die Versorgungslage mit Lebensmittel und Wasser in dieser Nacht ist schwer nachvollziehbar. In der Regel siedelte man an Bachläufen die sich aber nur ungenügend in eine auf die Schnelle errichtete Verteidigungslinie integrieren ließen und wohl von Germanen besetzt waren. Denn zu jeder Kriegsführung gehörten immer schon alle denkbaren Mittel und Wege um den Gegner zu schwächen und dazu gehörte es auch ihnen den Zugang zum Wasser zu versperren. Humanität wird im Krieg klein geschrieben, war damals sicherlich verpönt und wurde als Zeichen der Schwäche gewertet und wer die Köpfe getöteter Legionäre an Bäume nagelt für den war Mitgefühl ein Fremdwort. Und auch die Psychologie wird nicht zu kurz gekommen sein, obwohl man es anders nannte. Denn während man sich je nach Notwendigkeit auf germanischer Seite für den nächsten Tag stimulierte und aufputschte, ringsum die Feuer lodern ließ und die Nacht zum Tage machte, so wird man das nächtliche Szenario auch noch zusätzlich durch eine angemessene Geräuschkulisse bereichert haben. Man brauchte den eingeschlossenen Römern die Übermacht nicht nur vorgaukeln, sie dürfte sich auch bis in die Morgenstunden eingestellt haben. Denn aus allen Richtungen werden neue Horden ihre Reihen verstärkt haben. Die Abordnungen anderer Stämme wurden mit Beifallsbekundungen in Empfang genommen und die Dunkelheit könnte vom Gejohle und Geheul durchdrungen gewesen sein. Keine guten Voraussetzungen für eine von Gegnern umringte und belagerte Armee in Feindesland und noch schlechtere Bedingungen um Schlaf zu finden und Kräfte für den nächsten Tag zu sammeln. (24.12.2021)
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Samstag, 4. Dezember 2021
Entschied sich die Varusschlacht im Fahlenbruch ?
ulrich leyhe, 16:06h
Auf Basis der vorliegenden Informationen von Cassius Dio lässt sich erschließen, dass bereits am ersten Kampftag die Entscheidung über Sieg oder Niederlage der Varusarmee gefallen sein könnte. Denn nach allem was wir wissen müssen die Gefechte schon an diesem Tag so heftig und verlustreich und die Legionen danach in einem so desolaten Zustand gewesen sein, dass sich der Exodus bereits abzuzeichnen begann. Die Varusschlacht nachzustellen, sie zu rekonstruieren und ihren Verlauf zu entschlüsseln könnte man die Königsdisziplin dessen nennen, was uns die Geschichtsforschung in Deutschland an Nüssen zu knacken gegeben hat. Denn etwas ausformulieren zu wollen, das in weiten Teilen nur auf theoretischen Grundannahmen basiert ist nicht mehr steigerungsfähig. So gilt es immer wieder die überkommene antike Literatur, die uns im Betrachtungsraum bekannte Landschaft, aber auch die uns angeborene Fähigkeit das Menschenmögliche hinter allem zu erkennen zu nutzen. In uns unsere eigenen natürlichen Verhaltensweisen aufzuspüren und zu versuchen sie mit dem Geschehenen in Einklang zu bringen. Varus sah nach dieser Theorie keine Notwendigkeit den Tag der Entscheidung überhastet anzugehen. Er hatte in Brakel nach dem Sonnenaufgang ab 7 Uhr zum Morgenappell blasen lassen um den Aufbruch vorzubereiten. So könnte sich gegen 9 Uhr zunächst der zivile Marschzug in dem sich der unmilitärische Verwaltungsapparat sowie die Frauen und Kinder befanden ab Brakel im Schutze der für ihn abgestellten Truppen in Richtung Gradberg nach Schwaney in Bewegung gesetzt haben. Das Militär hingegen konnte es ruhiger angehen lassen, da es zu den Aufrührern einem anderen Zeitplan zu folgen hatte. Dieser ging von der Zielvorstellung aus, dass man an diesem Tag nur das Rebellengebiet aufsuchen wollte wo man lediglich ein Marschlager für die Nacht zu errichten hatte, in dem am Folgetag der Konvent statt finden sollte. Somit fiel die Marschzeit dieser Tagesetappe dem Vorhaben angemessen entsprechend kürzer aus. Dies nahm dem Tag die Hektik und so war keine Eile geboten. Die Anmarschroute definierte sich auf Basis des prähistorischen Hellweges und die bis zum Ziel erforderliche Anmarschzeit ließ sich von Varus gut abschätzen, da ihm die Distanz zuvor vermittelt wurde. Wie es bereits im Zuge der veröffentlichten Einzelkapitel ausführlich dargelegt wurde, hatten die Germanen dafür einen fiktiven Lockraum ersonnen. Eine Region im Südwesten des Nethegau die sich unweit der Wohnstätten jener Stämme befand und an sie grenzte wo sich damals das wohl explosivste germanische Völkergemisch der Zeit zusammen gefunden hatte. Nämlich das ultimativ Hass erfüllteste was Innergermanien gegen Rom aufzubieten hatte und was die Cherusker noch übertraf. Und dazu kennt man die Vorgeschichte und die Gräueltaten des Tiberius nur zu gut. Denn es waren jene Stämme, die von ihm 17 Jahre zuvor aus ihren Wohnsitzen in den Rheinregionen östlich von Köln zwischen Lippe und Sieg entweder vertrieben, mit Gewalt deportiert oder als domestiziertes Volk geduldet wurden. Es waren die Marser und Sugambrer, während sich die damals ebenfalls betroffenen Sueben in östlicheren Siedlungsgebieten nieder gelassen haben könnten, wo sie sich unter dem Namen Sueboi Angiler, Angeiloi oder Suevi Anglier möglicherweise auf älteren Kartenwerken vis a vis von Corvey auf dem anderen Weserufer verorten lassen. Mit den zuvor genannten zwei Stämmen ließ sich gut argumentieren und man konnte sie überzeugend als Feinde Roms ins Feld führen und auch Varus wusste was damals noch vor seiner Zeit in Germanien unter Tiberius passierte und auf was Arminius angespielt haben könnte. Es war ein von den Cheruskern auserkorenes Zielgebiet von dem aus Varus über den Eggerücken durch den "Teutoburgiensi Saltu" westlich von Borlinghausen wieder "bequem" zur Lippe zurück marschieren konnte, dann wenn er und die Legionen ihre Aufgabe erfüllt hatten. So sollte man dieser Theorie folgend auch das "prima Vari castra" und das zweite varianische Lager schwerpunktmäßig innerhalb dieses Marschkorridors suchen. Die Zugtrasse ab Brakel entsprach dem besagten Hellweg und dieser querte vor dem Erreichen des heutigen Schweckhausen ein Gebiet das seit Jahrhunderten bewaldet ist und den Namen Fahlenbruch trägt. Le Coq nannte oder kannte für dieses Gebiet noch keinen Namen, aber die preußische Uraufnahme die zwischen 1836 und 1850 erstellt wurde nennt es "Das faule Bruch". Die Neuaufnahme die man zwischen 1891 und 1912 erstellte verwendete dafür schon den heutigen Namen "Fahlenbruch". So war sich der Volksmund lange unschlüssig wie er das sumpfige Waldgebiet auf Dauer nennen wollte um den Kartenzeichnern eine Bezeichnung mit geben zu können. Ob nun fahler, fauler oder vielleicht auch Falenbruch, man wird sich immer an die Namen erinnert haben, die schon die Vorväter dafür nutzten. Unter friedlichen Bedingungen hätte man vermutlich einen Lagerplatz am nördlichen Rand der angenehmen Warburger Börde ins Auge gefasst nun aber war man durch den plötzlichen Ausbruch der Schlacht gezwungen sich für eine abweichende und minderwertige Unterkunft zu entscheiden, wo man das Nachtlager errichten wollte. Die Marschdistanz stand für Varus folglich fest, der Zeitaufwand dafür war kalkulierbar und der Weg ab Brakel bis zu den Siedlungsgebieten der Aufrührer war demzufolge kürzer als eine übliche Tagesmarschentfernung oder Leistung. Das diese aber aufgrund der einsetzenden Gefechte dann sogar noch kürzer ausfallen würde war für Varus nicht vorhersehbar. Unter normalen Bedingungen wäre pünktlich vor Einbruch der Nacht das Marschlager bezugsfertig gewesen, in das man anderntags die Aufrührer zitieren wollte. Florus nannte es "citaret", was allgemein mit rief oder berief übersetzt wird. Aber das heute noch gebräuchliche Wort "zitiert" dürfte es besser treffen, denn der Stärkere zitiert in der Regel den Schwächeren zum Termin. Nun lässt sich auch der Ablauf dieses Tages gut nachstellen und man könnte noch besser rekonstruieren, wann Varus das Lager Brakel verlassen haben müsste um am Ankunftsort noch imstande gewesen zu sein, das Lager noch bei Tageslicht vollenden zu können. Varus hatte seiner Ansicht nach an alles gedacht an was ein Feldherr in diesen Stunden zu denken hatte, dass sich aber schon ab den frühen Nachmittagsstunden, wie man annehmen darf im hinteren Zugabschnitt Kämpfe entwickeln würden überstieg seine Erwartungen und sein Vorstellungsvermögen. Auf den Heggehöhen rächte sich für Varus die Vertrauensseligkeit die er den Germanen um Arminius entgegen brachte. Die nun folgende Kampfzone etwa ab Hampenhausen glitt mit Erreichen der nördlichen Ausläufer des Fahlenbruches zunehmend ins Unwegsame ab und das Schlachtgeschehen strebte auf Basis dieser Theorie auch dort seinem Höhepunkt entgegen. Um es in der römischen Militärsprache auszudrücken hätte man wohl besser zur bewährten Methodik des "agmen expeditum" greifen, also in einen Marsch unter Gefechtsbedingungen übergehen sollen. Aber dafür war es zu spät und die Wegeführung und sein Zustand ließ es wohl gar nicht zu. Die exakte Zugstrecke des aus Brakel kommenden prähistorischen Hellweges der seinerzeit noch vor dem heutigen Hampenhausen nach Westen schwenkte und auf dem sich die Gefechte vollzogen ist bis zu der Stelle wo er auf die Niesener Straße westlich von Frohnhausen stößt oberflächlich heute nicht mehr erkennbar. Erst die Straße "Hegge" macht ihn kartentechnisch wieder sichtbar und darüber verläuft er auf seiner Urtrasse, wird aber nach wenigen hundert Metern schon wieder zum Feldweg und endet dann im waldigen Morast des Fahlenbruches. Es war der Weg über den sich die Varusarmee wie durch eine Schneise vorkämpfen musste. Und so ist es immer wieder eine Herausforderung die tragische Szenerie des Geschehens auszuleuchten, so weit es unser Denken zulässt. Und auch auf die Gefahr hin sich zu wiederholen sei es gestattet mehrfach den Versuch zu starten sich die Worte von Cassius Dio wie ein quirliges und lebendiges Treiben vorzustellen. Denn lange bevor der römische Heerwurm am nördlichen Horizont südlich von Brakel auftauchte hatten die Germanen am Zugweg schon die von der Vegetation und Geländestruktur vorgegebenen geeigneten Positionen aufgesucht von wo aus sie ihm aus guter Deckung heraus auflauerten. Sie wussten wo und wie er sich ins Stocken bringen ließ und sie trugen durch geeignete Maßnahmen dazu bei den Zug schon in Verwirrung zu bringen, bevor man ihn attackierte. Aber zur wesentlichen Strategie gehörte es auch der Varusarmee die Fluchtwege unbrauchbar zu machen. Entgegen kam ihnen, dass sich ein regennasser und aufgeweichter Fahrweg der zuvor von tausenden von Männern samt Karren und Pferden genutzt wurde auch schlecht als Rückweg eignet. Varus war auch aus diesem Grund gezwungen weiter marschieren lassen zu müssen, falls er derartige Überlegungen gehabt haben sollte. Da erfahrene Historienregisseure, authentisch handelnde Komparsen, zeitgemäß gekleidete Statisten und wissenschaftlich geschulte Berater für die Darstellung geschichtlicher Abläufe rar und teuer sind dürfte es zum Scheitern verurteilt sein, wollte man die Kämpfe zu rekonstruieren versuchen. Denn nun sollte man auch nicht mehr von einem in sich geschlossenen mehrere Kilometer langen einheitlichen Marschkörper und Legionären in weißer Kleidung, glänzender Rüstung und gebügelten Hemden ausgehen, nun stand man mitten im offenen Gefecht. So kam der Marschzug streckenweise zum Erliegen, das willkürliche Kampfgeschehen verwirbelte die Marschordnung, die Zuglänge schmolz mal in sich zusammen, zog sich aber auch in die Breite, wurde gleichzeitig zerstückelt und lückenhaft. Der Schlamm prägte die Szenerie und die blutigen Wunden das Erscheinungsbild der Kämpfer. Man focht im Schutz stecken gebliebener Karren, musste sich vor durch gegangenen Pferden schützen, hatte vielleicht im Gefecht schon seine Waffe verloren und war gezwungen trotz mehr oder minder schwerer Verletzungen irgendwie weiter kämpfen zu müssen. So wie es ist wenn es um Leben und Tod geht. Man kann sich zudem gut in die Verhaltensweisen der Legionäre hinein denken, wie sie sich nach anfänglich entfernt vernommenem Geheule und Gejohle plötzlich aus dem Nichts heraus und ohne Ankündigung in Zweikämpfe verwickelt sahen aus denen sich langsam ein schlachtartiges Gemenge entwickelte auf das man nicht oder nur ungenügend vorbereitet war. Es bildeten sich verstreute Gefechtsnester an denen mal mehr und mal weniger Kämpfer beteiligt waren, Cassius Dio aber schrieb, dass die Germanen immer in der Überzahl waren. In dieser Phase ging jedem Centurio die Übersicht verloren und inwieweit unter diesen Bedingungen überhaupt noch ein erkennbares Zuggeschehen in der Vorwärtsbewegung möglich war ist fraglich. Aber es galt für die Legionäre die von Signalhörnern geleitete und gekennzeichnete Richtung beizubehalten und ihr zu folgen. Fluchtartiges nach vorne stürzen um nicht den Anschluss zu verlieren schien oftmals ratsam zu sein um den Speeren auszuweichen. Aber ein Blick auf die Landkarte verrät, was den Legionen noch bevor stand. Denn das Tandem Segimer/Arminius hatte sich für den Höhepunkt des Schlachtgeschehens am ersten Kampftag die Kräfte möglicherweise für den tückischen günstig gelegenen Fahlenbruch aufgespart von dem wir nicht wissen, inwieweit er damals so bewaldet war wie heute. Aber sumpfig war er auch damals schon wie sich anhand der noch oberflächlich sichtbaren mittelalterlichen Ackerbaumethode der Wölb Äcker auch Längsstreifenflure genannt, nachweisen lässt. So war es früher möglich in diesen erhöhten und trocken gelegten klein parzellierten Zonen, die wohl auch von Wald umgeben waren Anbau zu betreiben. Der Fahlenbruch zwischen Brakel und Warburg in Tal - und leichter Hanglage gelegenen war aus strategischer Sicht ein willkommener Querriegel der den Hellweg dank Talbach und Topographie und das gleich in welchem Jahrhundert zur Falle machen konnte. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass man dem Hellweg später entschärfte und ihm einen östlicheren Verlauf gab. Vorstellbar, dass der Fahlenbruch vor 2000 Jahren ein für kriegerische Zwecke geeignetes Stück wildgewachsener Natur war, den man vor rund 200 Jahren noch in ein mit Eichen und ein mit Buchen bestandenes Revier unterteilte. Und dieses an Heimtücke kaum zu überbietende Teilstück des gesamten Marschzuges von Brakel nach Borlinghausen hatte es in der Tat in sich. Denn das was sich hier vor Varus auftat war der schaurige Fahlenbruch von dem auch die Sage zu berichten wusste. Eine Bachsenke die durch die damals einsetzenden herbstlichen Regenfälle wie es überliefert ist noch zusätzlich gesättigt wurde. Eine Zone an der die Fruchtbarkeit der südlich gelegenen Börde längst endete und die wenn man sie an der breitesten Stelle quert sein ganzes gefahrvolles Potenzial ausspielt. Man kann es aus der Sicht des höher gelegenen Frohnhausen auch lyrisch ausdrücken in dem man sagt, "von nun an gings bergab". Und dies vollzog sich nicht nur im sprichwörtlichen Sinne, sondern auch im realen, denn die Legionen mussten ab der heutigen Niesener Straße in diese Sumpfsenke absteigen, wo sich vor ihnen der dunkle Bruch des Fahlen - Sundes ausbreitete. Und auch das Wort Sund lässt sich noch gut in seiner Bedeutung zurück verfolgen und in den Kontext der Varusschlacht einbeziehen. Denn es ist das Ortsnamengrundwort für die Möglichkeit nur an jenen Stellen etwas durchfahren oder durchgehen zu können, aber auch zu müssen. Denn es bedeutet in diesem Zusammenhang auch Untiefe und wird aus dem Altnordischen seiner Bedeutung von "Trennendem oder Getrennt" gerecht bzw. davon abgeleitet. Möglicherweise lässt sich davon auch das alte Wort "absunderlich" wie es bis ins 17. Jahrhundert und noch darüber hinaus in Gebrauch war ableiten. Ein Wort, das heute von sonderbar und verwunderlich abgelöst wurde und in dem auch etwas geheimnisvolles mitschwingt. Ein Name womit man ein Gelände bezeichnete, das auf den ersten Blick unverdächtig schien, dort aber aufgrund der vorherrschenden staunassen Böden vor allem für Sandalenträger und Ortsunkundige zum Verhängnis werden konnte. Aus der althochdeutschen Sprache sind in diesem Zusammenhang noch die Worte: Suntarig = abgeschieden, suntar = abgelegen, sunder oder suntar = abgesondert, sunder oder suntaringon = einsam und allein bzw. suntarbõro = sonderbar überliefert. Und vom Ort Frohnhausen dem alten Vrodenhusen vielleicht das einstige Dorf des Frode mit seinen Gräber aus dem 8. Jhdt. führt heute noch eine Straße die den Namen "Sundern" trägt in die Richtung des Fahlenbruches wo sich östlich des Hellweges noch ein älteres Forsthaus mit Namen "Sundern" befindet. Und das Gebiet wo die Germanen die Legionen nun durchschleusen und hinein zwingen wollten verfügte nur über einen einzigen solchen Sundweg, also eine Durchgangsmöglichkeit und die befand sich nur dort, wo auch der alte Hellweg hindurch führte. Alternativstrecken um ihn zu umgehen erforderten weite nach Osten ausgreifende Umwege. Wer diese Sundern Lücke kannte und von seiner verborgenen Lage wusste, hatte diesen Trumpf in der Hand, die Cherusker kannten ihren Fahlenbruch und hatten sich vorbereitet. Vor allem hatten sie dafür gesorgt, dass diese Passage blockiert war. Der Varuszug kam zum Stillstand die Männer stauten sich, strauchelten in ihn hinein und die Details kennen wir schon von Cassius Dio. Varus und sein Stab waren nun seit geraumer Zeit orientierungslos und irrten durch unbekanntes Terrain, da die germanischen Scouts längst das Weite gesucht hatten. Jetzt sprach auf römischer Seite niemand mehr von der Gefahr eines sich entfernt anbahnenden Aufruhrs den man zu schlichten oder zu bekämpfen hatte, denn jetzt befand man sich mitten in ihm. Arminius hatte mit seiner Warnung vor einem Unruheherd also letztlich recht behalten. Was er aber verschwieg war, dass er selbst zu den Rädelsführern und damit zu den Gegnern gehörte. Cassius Dio beschrieb diese Phase sehr anschaulich aber natürlich ohne zu sagen wo es passierte wie folgt: ".... und ihre Abteilungen waren zahlenmäßig immer geringer als die der Germanen und so erlitten sie große Verluste ohne den Feinden ernsthaft Schaden zufügen zu können". Und hier steckten die Legionen nun fest ohne zu ahnen, dass vor ihnen jetzt die größte Herausforderung im Zuge ihrer Truppenbewegung zur scheinbaren Rebellenhochburg lag. Und hier könnte sich nicht nur der Schauplatz der ersten größeren Tragödie befunden haben, hier befand sich möglicherweise auch schon der entscheidende Wendepunkt der gesamten Schlacht. Und hier am Ende des Marsches der Legionen wo der Heggehöhenrücken nach Süden in diesem Sumpfwald ausklingt gelang auch der germanischen Führung ihr Husarenstück. Denn im Zuge der Rekapitulation aller greifbaren Landschaftsmerkmale und historischen Hinweise deutet vieles darauf hin, dass hier vor, im und hinter diesem Waldgebiet mit Namen Fahlenbruch die Germanen die entscheidenden Weichen für ihren Sieg stellten. Denn hier hatte die Varusarmee schon am ersten Kampftag immense Verluste zu beklagen. Hier ließen die Germanen wie an kaum einer anderen Stelle die Natur für sich kämpfen und wenn man Ausschau halten möchte, wo man Rom in den sprichwörtlichen Hinterhalt lockte, so trifft dies auf kein Gebiet besser zu als auf den Fahlenbruch. Über den Fahlenbruch wird im Verlauf dieses Internet Buches noch an anderer Stelle, dann aber aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet, zu sprechen sein. So könnte der Sieg ausgerechnet an dieser denkwürdigen Stelle in den Folgejahren von einem mystischen Nimbus umgeben worden sein der lange nachhallte. Denn dieser Bruchwald indem die beteiligten Stämme eine kämpferische Höchstleistung vollbringen mussten und wo ihr Durchhaltevermögen vor eine Zerreißprobe gestellt wurde, wurde zum Synonym für Erfolg und zum Fanal ihrer wieder gewonnenen Freiheit. Hier wiederholte sich kein Arbalo, hier ging man geschickter vor, denn hier ließ sich der römische Heerwurm in Gänze einschnüren und zum Erliegen bringen. Zwischen den Bächen Ugge im Süden und Talbach im Norden wurde der Fahlenbruch für die Legionen zu einem aus Bäumen und Morast bestehenden Minenfeld, eine Falle die sie hier nicht erwartet hatten. Der Talbach durchfließt den Bruch von Ost nach West und stößt beim heutigen Gnadenhof Steinmeier auf die Taufnethe die wenige hundert Meter danach in die Nethe mündet. Der Talbach hat dieses versumpfte Waldgebiet heute und hatte es vielleicht auch schon früher breit ausgewaschen, geformt und perforiert, hinterließ Einkerbungen die wie kleine Schluchten erscheinen und mäandrierte im Unterlauf so unberechenbar das ein Überqueren zu einem Wagnis werden musste und er könnte damals wasserreicher gewesen sein. Und dieses Terrain im schweren Boden musste Varus der Theorie nach hinter sich bringen oder drin stecken bleiben. Dies würde auch bedeuten, dass Varus sich noch im Fahlenbruch für einen Lagerplatz für die Nacht hätte entscheiden müssen. In seiner bedenklichen Lage gab es keinen Weg zurück und wegen der Netheaue keinen Ausbruch nach Westen und erst recht keinen in die entgegen gesetzte Richtung nach Osten zur Weser. Ihm hätte nur der Weg besser gesagt die Flucht nach vorne in den Süden geholfen wo man möglicherweise wusste, dass sich dort die urbar gemachte Gehölz freie Warburger Börde auftat, das Waldgebiet enden würde und man sich mehr Sicherheit und Bewegungsfreiheit versprach. Ob es Varus allerdings noch am Abend des ersten Kampftages gelang diese Region zu erreichen ist fraglich. Möchte man mit behördlicher Genehmigung zerstörungsfrei nach römisch/germanischen Artefakten im Boden suchen wollen, so sollte dies unter fachlicher Begleitung innerhalb des Fahlenbruches und längst der Sundpassage noch die besten Möglichkeiten eröffnen um fündig zu werden. Varus steckte nun in diesem Bruch fest, der heute umrahmt ist von den Ortschaften Frohnhausen im Norden, Niesen im Westen, Schweckhausen im Süden, sowie Willegassen und Drankhausen daran anschließend. Am östlichen Ende des Fahlenbruchs neben der Flurbezeichnung "Im Sundern" gibt die zwischen 1836 und 1850 entstandene Urkarte einer Parzelle den rätselhaften Namen "Totas" aus dem man in späteren Jahren, vermutlich weil es sich für ein Waldgebiet zutreffender anhörte, das Wort "Totast" formulierte. Totas ist lateinischen Ursprungs und wurde von Einhard im Jahre 810 in seinen Annalen im Zusammenhang mit "totas insula" verwendet bzw. in der "Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum" im Zuge der Ernennung von Adam von Bremen im 11. Jahrhundert in Verbindung mit "a quo totas olim Galliarum et Germaniae". Cäsar nutzte es als "tota" im Adjektiv Femininum für "ganz" vielleicht auch für groß oder umfänglich. Diese Erkenntnis lässt sich zwar in keinen Zusammenhang mit den alten Ereignissen bringen, führt aber zu der Frage wie sich ein lateinischen Wort in den Fahlenbruch verirren konnte. Nordwestlich von Schweckhausen trägt eine Parzelle den Namen "Burgfeld", mit dem sich die ortskundige Heimatforschung wohl schon beschäftigt hat und Erklärungen bereit hält. Drankhausen ließe sich zweierlei deuten. Es lag an der alten karolingischen Königsstraße nach Herstelle, aber auch nahe dem Oberen Bördenweg der nach Höxter führte und könnte einst eine Raststation gewesen sein. Nachrangig ließe es sich über das altsächsische Wort Mandränke, wie man die "grote" Marcellussturmflut 1219 auch nannte, mit einer Katastrophe in Verbindung bringen. Aber die römischen Soldaten verließen nun den Kamm der Hegge und stiegen nicht nur hinab in den Fahlenbruch, sondern wurden durch die nachrückenden Germanen in dieses Bruchwaldgebiet gedrückt. Das "prima Vari castra" lässt sich dieser Theorie nach am Hellweg oder in seiner Nähe verorten wo die dem Desaster entkommenen Legionären es notdürftig errichten mussten. Und dieses Lager hatte für Varus nun nicht mehr die Funktion eines beeindruckenden und repräsentativen Castra zu erfüllen, sondern wurde zum Auffanglager und Zufluchtsort derer, die sich noch bis dahin retten oder schleppen konnten. Cassius Dio berichtete über die Phase etwas ausführlicher als wir es sonst von ihm gewohnt sind. Unter 56,21 (1) schreibt er, dass sich die Überlebenden nach den Kämpfen für einen Lagerplatz entscheiden mussten, der den Geschehnissen und den Verhältnissen Rechnung trug. So war es nun nicht mehr ein wohl geordnetes und durchdacht geplantes Marschlager am Ende eines ruhig verlaufenden Marschtages, sondern ein unter extremen Bedingungen auf die Schnelle errichtetes Behelfslager, das der Not gehorchend so zu konzipieren war, dass es auch noch imstande war vor germanischen Nachtangriffen etwas Sicherheit zu bieten. Und es war bei weitem nicht mehr vergleichbar mit einem Lager wie man es üblicherweise unter friedlichen Bedingungen errichtet hätte. Nach Cassius Dio schaute man sich daher auch mehr gezwungenermaßen nach einem geeigneten Platz dafür um, soweit dies in einem Waldgebirge überhaupt möglich war. Er verwendete dafür ein altgriechisches Wort, dass man mit "Waldgebirge" übersetzte, dass man aber abmildernd werten darf, da Waldgebirge in dieser Region nicht existieren. Man darf es aber nicht mit einem Lager vergleichen in dem man mit den rebellischen Aufrührern die Lage sondieren und in dem Varus gerichtlich über das weitere Vorgehen entscheiden wollte. Für ein solches Lager hätte man sich einen geeigneteren Ort gesucht aber keinen Platz in einem vor Nässe triefenden Sumpfwald über dessen Umgebung Florus schrieb, dass nichts blutiger war, als jenes Gemetzel in Sümpfen und Wäldern. Aber jetzt herrschte Krieg zwischen Germanen und Römern und der erste Kampftag hatte für die Germanen auch eine psychologische Bedeutung, denn plötzlich waren sie die Erfolgreichen da ihr Plan begann aufzugehen, was beflügelt. Aber die Chronologie der Abläufe fordert noch ihren Tribut und so ist ein Blick auf den möglichen zeitlichen Verlauf unabdingbar. Varus fuhr oder ritt also vermutlich in der Spitzengruppe des Heereszuges und diese These geht davon aus, dass die Marschierenden bei ungestörtem Verlauf imstande waren pro Stunde etwa 3 Kilometer zurück legen zu können. Eine Annahme die auch voraus setzt, dass es zu keinen größeren Störungen kam. Für diesen Tag standen wie dargestellt noch keine Gespräche mit den Aufrührern an, so dass man sich Zeit mit dem Ausmarsch gelassen haben könnte. Der gesamte römische Marschzug hatte ausgangs Brakel auf Basis einer in einem voraus gegangenen Kapitel erfolgten Untersuchung eine Truppenstärke von etwa 11.000 Mann und eine Gesamtlänge von etwa 6 Kilometern. Um sich den Verlauf dieses Tages besser vergegenwärtigen zu können, ist ein Blick auf die mögliche tageszeitliche Zonierung nötig. Varus lassen wir nach dieser Überlegung gegen 10 Uhr das Brakeler Rastlager verlassen. Etwa gegen 12 Uhr, also nach zwei Stunden Marschzeit erreichte Varus an der Spitze befindlich den Punkt nahe Hampenhausen, wo es zwei Stunden später gegen 14 Uhr zu den ersten Angriffen auf den Zug kommen sollte. Es war gegen 14 Uhr, weil um diese Uhrzeit die letzten Wagen des Marschzuges gerade dabei waren diesen Punkt zu passieren. Bis Hampenhausen hatte Varus demnach etwa sechs Kilometer zurück gelegt wofür er die besagten zirka zwei Stunden benötigt hatte. Somit hatte Varus noch 6 Kilometer vor sich, um nach insgesamt 12 Kilometern gegen 14 Uhr den Ort zu erreichen, wo man eigentlich beabsichtigte das erste Nachtlager zu errichten. Resümee: Varus hätte demnach den anvisierten und von Arminius empfohlenen Freiplatz, da wo man das Gerichtslager errichten wollte nach etwa vier Stunden Marschzeit ab Brakel gegen 14 Uhr erreicht haben können. So wäre auch immer noch genügend Zeit vorhanden gewesen um mit dem Aufbau zu beginnen und rechtzeitig vor der Dunkelheit fertig zu werden. Nach Hampenhausen verschlechterte sich der allgemeine Wegezustand und es verlängerte sich dadurch zwangsläufig auch die Marschzeit, so dass sein Zeitplan gegen 14 Uhr am angedachten Lagerplatz einzutreffen nicht mehr eingehalten werden konnte. Und auf diesem kritischen Marschabschnitt, den die Germanen durch geeignete Barrieren vermutlich noch zusätzlich beschwerlich gestaltet hatten, sahen sich nun ab 14 Uhr die Legionen einem stetig wachsenden germanischen Aufgebot gegenüber gesetzt, denn auf dieser Strecke fiel die Vorentscheidung darüber, wer die Varusschlacht für sich entscheiden sollte. Karren die im hinteren Teil unterwegs waren und auch schon jene im mittleren blieben stecken und erreichten den vorgesehenen Lagerplatz nicht mehr zum ursprünglich angedachten Zeitpunkt 16 Uhr. Der Marschzuges wies jetzt nicht mehr die alte Länge auf. Er schob sich ineinander, könnte sich auf 4 Kilometer verkürzt haben, war dafür aber breiter geworden. Er kam im vorderen Teil zum Stillstand, die Wagen und Mannschaften schlossen dichter auf und es kam zu Knäuelbildungen. Somit befand er sich gegen 14 Uhr erst in der Senke die dem Falenbruch nördlich vorgelagert ist, wo Varus gegen 14 : 30 Uhr die ersten kritischen Nachrichten aus dem hinteren Zugteil erreichten. Es mag irritieren, wenn man das Geschehen so minutiös, wie man in Westfalen sagt aufdröselt, aber auf diese Weise gelingt es besser sich den Verlauf zu verinnerlichen. Dieser Theorie zufolge begannen die Angriffe zunächst auf die hinteren vorbei ziehenden letzten Zugabschnitte, also erst nachdem auch der letzte Legionär und der letzte Karren diese neuralgische Landmarke vor Hampenhausen gegen 14 Uhr passiert hatte. Und erst im Verlauf der Schlacht begannen die Germanen damit weitere Teile des Marschzuges von hinten aufzurollen und ihn an unterschiedlichen Stellen ins Visier zu nehmen bis sie zu Varus vorgedrungen waren. Um also dem Konstrukt ein chronologisches Korsett zu verleihen könnte man zu der Auffassung gelangen, dass erst mit zunehmendem Voranschreiten der Schlacht die Kämpfe auch die Zugspitze erreichten. Varus selbst hätten die Germanen an seiner Spitze frühestens gegen 15 Uhr im Fahlenbruch angegriffen haben können. Bei dieser Annahme hätte auch ihn das Schlachtgeschehen, dass gegen 14 Uhr vor Hampenhausen ausbrach etwa eine knappe Stunde später ebenfalls erreicht haben können. Eine Zeitspanne in der sich die Befehlskette zwischen Varus und dem hinteren Trossende begann heiß zu laufen und die Kommandos des Generalstabes die Legionäre verwirrten die man zunächst zur Passivität zwang bevor man die tatsächliche Lage begriff. Während sich nun langsam auch die römische Marschspitze im trügerischen Fahlenbruch den ersten Angriffen ausgesetzt sah und dort gegen 15 Uhr endgültig zum Stillstand kam, schlugen sich die Germanen mit den Legionären bereits seit einer Stunde an den unterschiedlichsten Stellen auf der Strecke zwischen dem Sieksbach bei Hampenhausen und dem Fahlenbruch. Das Aufgebot, das die Germanen an diesem ersten Tag in den Kampf schicken konnten bedarf allerdings noch der näheren Betrachtung. Möchte man die Lage in schaudernde Worte kleiden, so sind dazu keine großen Phantasien und Vorstellungskräfte zu bemühen. Man könnte die heutige Bezeichnung Fahlenbruch in der Gestalt deuten, als ob der Bruch seinen Namen jenen Pfählen verdankt, die hier seinerzeit errichtet wurden, um an ihnen die ersten römischen Gefangenen hinzurichten, denn ab hier begann für Varus die Endzeituhr zu ticken. Der Name Fahlenbruch kann aber neben der falen Farbe des morschen Holzes auch noch eine andere Bedeutung gehabt haben auf die aber noch einzugehen ist. Man befand sich nun an einem wesentlichen Scheidepunkt des Schlachtgeschehens. Weit entfernt vom Sommerlager Höxter/Corvey, rund 10 Kilometer südlich von Brakel, bis Aliso/Schwaney waren es durch die Luft gemessen etwa 20 Kilometer und nach Anreppen noch ein weiter Weg. Hier wartete Varus sehnlichst auf die Nachricht, dass Arminius nun endlich mit seinen Männern auf Seiten Roms in die Kämpfe eingreifen würde. Die Nachrichten die Varus am zweiten Marschtag dem ersten Kampftag erreichten überschlugen sich und anhand der Ausmaße des Angriffs wurde ihm bewusst in welchen Hinterhalt er geraten war. Seine Legionäre erwarteten im Kampfgeschehen die Befehle der Obrigkeit, aber es kamen keine mehr durch da die Nachrichtenkette zu oft unterbrochen und jede Kampfeinheit und jeder Einzelne jetzt auf sich gestellt war. Stattdessen erreichte Varus die katastrophale Information, dass einige seiner Männer Arminius zwar gesehen haben wollten, dieser sich jedoch zur völligen Verwunderung und Bestürzung aller Reitergefechte mit der eigenen römischen Kavallerie lieferte. Die Katastrophenmeldung wurde zum Lauffeuer und totale Resignation war die Folge, da man alle Hoffnungen und Erwartungen in sein Erscheinen gesetzt hatte. Aber nun stand für alle eindeutig fest, dass Arminius die Fronten gewechselt hatte und in diesem Moment wird Varus und auch jedem anderen bewusst geworden sein, in welche Gefahr und Abhängigkeit man sich begeben hatte. Und mehr noch, denn es wurde Varus klar, dass es auf den Wegen auf denen er kam nun auch kein zurück mehr geben würde. Varus spürte, dass sich alles gegen ihn gewendet und verschworen hatte, denn auch die Wetterbedingungen kippten und nahmen nun wie überliefert ist schlimme Ausmaße an. Das Erscheinen von Arminius mit seinen gut ausgerüsteten und kampferprobten Männern setzte unter den Germanen neue Kräfte frei. Sie glaubten zwar an die Zusage seiner Ankunft, aber nun sah man ihn. Er wurde zum wichtigen Motivationsschub, da bis zu dem Zeitpunkt keiner der gegen Varus kämpfenden Germanen wusste, wie die Kämpfe am Gradberg gegen den zivilen Marschzug verliefen. Denn es war keine ausgemachte Sache, dass sich dort alles wie geplant zugetragen hatte. Die Eigendynamik die nicht nur jedes Fußballspiel erfasst trifft auch für Schlachten zu unterliegt unbekannten und nicht vorhersehbaren Einflüssen. Wir wissen nichts über die Anzahl und darüber welche germanischen Stämme an den Kämpfen des ersten Tages beteiligt waren, aber Varus stand nun abgeschnitten und isoliert mitten in Germanien und wartete auf Hilfe die nicht mehr kam. Dafür war man aber jenem verhängnisvollen Bergsattel schon ein gutes Stück näher gekommen den Tacitus beim Namen nannte. Denn es lagen jetzt nur noch etwa 11 Kilometer Luftlinie zwischen dem umkämpften Fahlenbruch und diesem Saltus, an dem oder vor dem die Schlacht ihr Ende finden sollte. Eine Distanz zu lang um sie unter den herrschenden Bedingungen in einem Nachtmarsch bewältigen zu können aber kurz genug um die Hoffnung auf Rettung nicht aufzugeben. Die römische Armee musste sich die letzten etwa 5 Kilometer vom ersten Angriffspunkt westlich von Hampenhausen unter widrigsten Wetter- und Kampfbedingungen durch ein Spalier germanischer Attacken bis in den Fahlenbruch durch kämpfen. Die Zeit schritt voran und spätestens jetzt erkannte man bei der römischen Heeresführung, dass es Zeit war an die nächtliche Unterbringung zu denken. So begann man sofern möglich die ersten Arbeiten für ein Nachtlager anzugehen. Sollte die Schlacht auf Basis dieser Hypothese gegen 14 Uhr begonnen haben, dann waren auch die germanischen Krieger nach einigen Stunden des Kampfes müde und ausgebrannt und es war kaum zu erwarten, dass sich unablässig frische Angreifer in die Schlacht warfen. So liegt es nahe, dass nach einigen Stunden Kraft und Eifer nachließ und man sich die Restkraft für den nächsten Tag aufsparen musste. Mit Einbruch der Dämmerung könnten sie vom Feind abgelassen haben und Varus konnte sich verstärkter auf den Aufbau eines provisorisches Nachtlager konzentrieren. Arminius könnte nun auch die Taktik für den ersten Kampftag für aufgegangen gehalten und seine Männer zurück gezogen haben, nachdem sich die Legionen in den Fahlenbruch zurück gezogen und verschanzt hatten. Er hatte Varus nun da wo er ihn hin haben wollte, abgeschnürt auf engstem Raum und reduziert auf den unbedingt nötigen Bereich in dem sich Varus nun für die Nacht einrichten musste. Ein Lagerplatz für den man anfänglich noch eine größere Unterbringungskapazität plante, was man aber aufgeben musste und dessen Fassungsvermögen man dann wegen weiter fortschreitender Verluste und der fehlenden Helligkeit erneut reduzieren musste. Es kam nur noch zu einem auf die Schnelle errichteten Notlager, dass nicht mehr dazu vorgesehen war darin Ochsen samt Karren unterbringen zu können. Es hatte nur noch den einen Zweck zu erfüllen, nämlich den Überlebenden ein Minimum an Schutz vor möglichen weiteren Angriffen zu bieten. Auf kleinstem Raum verbrachte man vor und hinter den notdürftig geschaffenen Wällen, Schutz bietenden Baumstämmen, Holzkarren oder Bachschluchten die Nacht, da die hellen Stunden des Vorabends und die Umstände keine umfangreichen Schanzarbeiten mehr ermöglichten. Folgen wir den literarischen Hinweisen von Cassius Dio, da uns nichts anderes vorliegt, denn Tacitus verlor über den Schlachtverlauf keine Silbe, dann konnte dieser Tag nur unter derartigen Bedingungen geendet haben. Einzelne Kämpfe gegen versprengte Römer dürften sich noch bis zum Einbruch der Dunkelheit und vielleicht sogar bis in die Nacht hingezogen haben. Den Legionären wird es in jedem Fall schwer gefallen, wenn nicht sogar unmöglich gewesen sein unter diesen Bedingungen überhaupt noch ein sicheres Nachtlager zu errichten, denn vielen Legionären gelang es nicht mehr das noch mühsam im Bau befindliche Lager zu erreichen um sich noch mit am Aufbau beteiligen zu können. Cassius Dio hinterließ die denkwürdigen und eindeutig zu interpretierenden Sätze, dass es an diesem Tag zu den heftigsten Kämpfen kam und sie am nächsten Tag erneut aufflammten. Auf Basis dieser Grundannahme bekommt die Theorie Nahrung, dass die Kernschlacht zwischen dem zweiten Marschtag ab etwa 14 Uhr und am folgenden Tag nach dem Abzug aus dem Nachtlager stattfand. Es war die Phase in der nun die Germanen den Schlachtverlauf bestimmten, der sie zum Sieg führte. Auf der Suche nach den Spuren der Schlacht stoßen wir immer wieder auf die natürlichen Gegebenheiten der Landschaft. Ob wir nach begehbaren Marschwegen Ausschau halten oder die römischen Lager bevorzugt an Bachtälern oder auf Anhöhen suchen, es sind immer wieder die gleichen topographischen Schemata und Besonderheiten die uns dabei helfen können und die sich auch schon mal in Ortsnamen bis heute erhalten haben könnten. Nicht nur die Germanen und ihre Anführer wussten um die Schwachstellen einer ziehenden Armee und sie kannten jeden Winkel der ihnen vertrauten Heimat bestehend aus zahlreichen kalkreichen Niedermoorregionen und wussten um die Geographie auch ohne das sie diesen einen Namen gaben. In den Ortsnamen Natingen früher Nathge oder Natzungen auch Natesingen steckt die mittelhochdeutsche Silbe "nat" für "nass". In Drenke oder Drankhausen könnten sich Bezüge zu einer Landschaft erkennen lassen, die auch stark vom Grundwasserstand geprägt war. Allerdings ist größte Vorsicht geboten von Ortsnamen oder Flurbezeichnungen Rückschlüsse bis hin zum Wunschdenken zu vollziehen, denn dann käme man bei einer alten Flurbezeichnung östlich von Natzungen die sich "Im Schlacht Feld" nennt, schnell auf andere Gedanken. Auch der Ortsname Löwen südlich von Peckelsheim Richtung Borlinghausen gelegen, der auf den Worten Loh für Wald und Venn für Morast beruhen soll und einen Moorwald bezeichnet, weist ebenfalls auf eine sumpfige, moorige und nährstoffarme Gegend am Rande der Börde hin. Allesamt Hinweise die dafür sprechen, dass die gesamte Region in früheren Zeiten mit Ausnahme der Höhenwege aufgrund zahlreicher Quellaustritte aus derartigen Bodenverhältnissen bestand. Ein typischer Lebensraum wie er auch von der daran angepassten Tierwelt bewohnt wurde und wie ihn unsere heimischen Schlangen aus der Familie der Nattern bevorzugen. Und das auch Schlangen in der Varusschlacht eine kleine Rolle gespielt haben erfuhren wir von Florus (II, 30, 29ff). Denn einem bei ihm nach zu lesenden Satz der da lautet, "Endlich hast du Schlange aufgehört zu zischen", lässt es sich unschwer entnehmen. Im weiteren Verlauf fällt dem ersten Notlager eine besondere Aufmerksamkeit zu. Es ist das Lager, dass Florus mangels besserer Kenntnis vermutlich fälschlicherweise für das überfallene Gerichtslager hielt, das bei Tacitus den Namen "prima Vari castra" trug, von dem er meinte drei Legionen hätten es noch errichten können und das Cassius Dio das Notlager im Waldgebirge nannte. Ein Lager für das noch Chancen bestehen es zu verorten um es auffinden zu können. (04.12.2021)
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