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Sonntag, 6. März 2022
Der 3. Marschtag wurde zum 2. Kampftag. Varus verließ das Notlager im Fahlenbruch. Auch dank Florus kennen wir seine Marschrichtung.
ulrich leyhe, 11:33h
Das sich das "prima Vari castra" möglicherweise im Fahlenbruch nahe Schweckhausen befand beruht auf einer dort noch erkennbaren Wallstruktur und der hier zuletzt vorgestellte Animation hinsichtlich seiner rätselhaften Beschaffenheit. Und solange nicht die Sparte der einschlägigen Forschung das Schüppchen in die Hand genommen hat, darf es als plausible These im Raum stehen bleiben. Da dieser Verdacht aber nur ein Faktor von mehreren ist, hebelt selbst ein Gegenbeweis die Gesamtschlüssigkeit, die dieser Hypothese zugrunde liegt nicht aus. Über den Morgen danach als die Überlebenden des Vortages das Lager der rauchenden Trümmer verließen darf man sich seine Gedanken darüber machen wie es für Varus weiter gegangen sein könnte. Nach dieser Theorie war es das Lager, dass Tacitus mit "prima Vari castra" betitelte und in das Florus in Unkenntnis der damaligen Sachlage hinein interpretierte, Varus habe darin Recht sprechen wollen. Möchte man den Tag nach der Nacht rekonstruieren, dann kann uns kein anderer antiker Historiker weiter helfen als nur Cassius Dio. Aber wie gewohnt fällt das zu sichtende Material spärlich aus, so dass es wieder gilt nicht nur jedem Hinweis nach zu gehen, sondern sich auch in die Plausibilität der Geschehnisse hinein zu denken. Das hier der Fahlenbruch zum Bezugs- und Wendepunkt wird und sich hinter dem Borlinghauser Pass der "Teutoburgiensi saltu" verbergen könnte vereinfacht die Suche nach seiner weiteren Marschrichtung und verleiht ihr Struktur. Ein Blick auf die frühen Kartenwerke und den Verlauf der schroffen Egge was die Passagemöglichkeiten anbetrifft die dadurch erheblich eingeschränkt sind verrät, welche Möglichkeit Varus noch blieb um von hier aus den Stämmen auf schnellstem Wege zu entkommen. Bis zum Saltus "Querfeldein" zu marschieren wäre für ihn wegen der Unpassierbarkeit dazwischen liegender Bereiche nicht ratsam gewesen. So wurde für ihn eine prähistorische, also vermutlich schon zu Bronzezeiten genutzte Altstraße zum Marsch - , in seinem Fall aber zum Fluchtweg. War es am Vortag noch die alte Trasse des einstigen Hellweges der von Brakel nach Warburg führte die er als Hinweg zu den Aufrührern nutzte, so musste er nun aufgrund der ihm aufgezwungenen Kämpfe eine Planänderung vollziehen und auf den "Oberen Bördenweg" einschwenken, der später auf dem Sintfeld in den Herßweg überging. Und dafür, dass diese Trasse nicht nur die grobe Richtung vorgab, sondern vielleicht auch exakt der Weg war, den die Legionen am zweiten Kampftag einschlugen ja sogar dazu gezwungen waren, könnte es auch einen schriftlichen Hinweis aus antiken Zeiten geben. Denn Florus beschreibt einen Legionär der dem Inferno zunächst entgehen konnte. Ein Mann, der bevor er die Flucht ergriff selbst noch unter diesen widrigen Bedingungen versuchte eines der bedeutsamsten Prestigesymbole der römische Armee in Sicherheit bringen zu wollen. Er könnte ein aufrechter und gewissenhafter und der Ehre verpflichteter Kämpfer im Dienste seiner Legion gewesen sein denn wie anders sollte man es sich erklären, dass es diesem Mann sogar noch in einer äußerst prekären Lebenslage so wichtig war sich die Flucht noch zusätzlich zu erschweren und sich zudem noch angreifbar zu machen. Es war ein Gegenstand von besonderer Wertigkeit den er sicherlich nicht an sich nahm, um sich in dieser Situation damit persönlich bereichern zu wollen, eher darf man ihm noch unterstellen sich damit frei kaufen zu wollen falls er in die Hände des Feindes geraten sollte. Florus überlieferte uns diese Episode der Übersetzung nach mit den Worten. "Noch heute besitzen die Barbaren Feldzeichen und zwei Adler, den dritten riss der Bannerträger los, bevor er in die Hände der Feinde fiel, trug ihn verborgen unter seinem Wehrgehenk und versank damit in dem blutigen Sumpf". Und im Originaltext lautet es "Signa et aquilas duas adhuc barbari possident, tertiam signifer, prius quam in manus hostium ueniret, euolsit mersamque intra baltei sui latebras gerens in cruenta palude sie latuit". So gelang ihm mit dem dritten Legionsadler die Flucht nach Westen anzutreten. Das Teil wird unhandlich gewesen und sein Gewicht gehabt haben und wenn er dem Endschauplatz nahe Borlinghausen entkam, so dürfte es ihm schon beim Aufstieg durch die Egge erhebliche Mühe bereitet haben, aber es gelang ihm noch. Machen wir nun einen Sprung und beziehen den interessanten Fund aus dem Jahre 1706 in diese Überlieferung mit ein und bewerten es im Rahmen dieser Theorie dann kam der Legionär nicht weit, denn in diesem Jahr wurde etwa 21 Kilometer westlich von Borlinghausen in Haaren auf dem Sintfeld ein Gegenstand geborgen, auf den die Florus Überlieferung zutreffen könnte. Ein gewisser Henrikus Hugt der als Schweinehirt bezeichnet wird hatte das Glück auf dem heute wieder so genannten Salmes Feld zwischen Buchen - und Kastanienweg in Haaren, unweit der "Via regia" der "Frankfurter Straße" auf das Objekt zu stoßen. Wie so vieles was man über die Zeiten an "Römischem" aus dem Boden holte, so gelangte auch dieses Teil in die Hände jener, die daraus Kirchengold anfertigten. Eine schöne Zusammenfassung dieser alten Geschichte findet sich im Internet unter der Bezeichnung "Der Goldadlerfund von Haaren". Das Salmes Feld konnte später von Historikern im frühen 18. Jahrhundert als Fundstelle identifiziert werden und darauf basierend wurde eine Straße benannt. Der Ort befindet sich bezeichnenderweise etwa 2 Kilometer nördlich des prähistorischen Herßweges. Da man in ihm damals einen römischen Legionsadler erkannt haben wollte, könnte es sich der Überlieferung nach um einen der Adler der drei untergangenen Legionen gehandelt haben. Denn einmal seinem Trägergestell entrissene Legionsadler lassen sich nicht mehr ansehen zu welcher Legion sie einst gehörten da an römischen Legionsadlern keine Legionsnummer angebracht oder eingraviert waren. Abbildungen und Vorlagen lässt sich entnehmen, dass die Kennzeichnung auf einem zum Gestell gehörigen Querholz stand. Diese trug vermutlich aber nur den Namen der Legion und weniger die römische Zahl XVII, XVIII oder XIX der einst von Kaiser Augustus ausgehobenen Legionen. Drei Legionen für die erstaunlicherweise keine Eigennamen überliefert sind, obwohl sie zu den Besten des Reiches gehört haben sollen. Vergleichsweise Namen wie etwa Ulpia Vitrix, Rapax oder Primigenia gehen aus den alten Textstellen für die drei Varuslegionen nicht hervor. So ließen sich die später aufgefundenen Adler zwar als römische Legionsadler identifizieren aber es war nicht ersichtlich vor welcher Legion sie einst vorweg getragen wurden. Da die Umstände unter denen Gambinus Secundus 41 + ein Legionsadler bei den Chauken in die Hände fiel fragwürdig sind, darf man die These wagen, ob es sich bei diesem Adler nicht vielmehr um den Adler aus der Niederlage des Lollius 17 ? oder 16 ? handelte, statt um den letzten der drei Varusadler. So könnte es sich bei dem von Henrikus Hugt in Haaren gefundenen Adler auch um den noch fehlenden Adler von einer der drei Varuslegionen gehandelt haben. Träfe es also zu, dass es sich hier um den von Florus erwähnten Adler handelte, der übrigens damals Henrikus Hugt zum reichen Mann gemacht haben soll, dann deutet dies darauf hin, dass auch andere überlebende Legionäre als Fluchtroute eben jenen Korridor über Haaren nutzten, der über Büren nach Soest führte. So darf man auch vermuten, das dieser Legionär nicht der einzige gewesen ist, der diese Fluchtroute einschlug, so dass man sich der Lage damals durchaus bewusst gewesen sein könnte, dass man sich den Umweg über die entfernten Lager am oberen Lippelauf sparen konnte, da sie bereits in der Hand der Germanen waren. Der unglückliche Legionär konnte offensichtlich seinen germanischen Verfolger entkommen, denn diese hätten das Prunkstück andernfalls an sich genommen. Der Florus Darstellung lässt sich entnehmen, dass der Mann schwer verletzt war bevor er im Sumpf unterging. Aber Florus hätte dies nicht schreiben können, wäre das Geschehen nicht beobachtet worden. So gab es offensichtlich Augenzeugen, folglich andere Kämpfer, die mit ihm flüchteten, die das rettende Rheinufer auch erreichten und die darüber berichten konnten. Dieser Fund irritierte seit jeher die Fachwelt und stellte sich bislang immer so dar, als könne er nicht in den Kontext der Varusschlacht passen. So fand ein Adlerfund an dieser Stelle nur wenige Befürworter, Florus der ohnehin nicht als der Glaubhafteste galt und eine Varusschlacht an diesem Orte konnte nach Ansicht vieler erst recht nicht statt gefunden haben. Wie heraus gerissen oder abgetrennt wirkte daher immer diese 300 Jahre alte Überlieferung auf die Varusforschung, veranlasste aber trotzdem einige Historiker anzunehmen die Schlacht müsse sich nun auch dort auf dem Sintfeld zugetragen haben, da sich der Fund nur so in den Zusammenhang einbauen ließ. Den Fund mit einem Fluchtweg zu verbinden war der Wissenschaft mangels eines theoretischen Unterbaus nicht möglich und da sich die Region nahe Borlinghausen nie als Szenario einer Schlacht anbot entging der Forschung zwangsläufig auch der Gedanke an eine Verkettung zum unweit gelegenen und hier zur Diskussion gestellten Kampfgeschehen. So gestaltet sich der Verlauf völlig anders, wenn man diese Theorie mit einbezieht, denn auf dieser Basis lässt sich der vermeintliche Adlerfund aufgrund der relativ geringen Nähe auch dem Schlachtgebiet östlich des Saltus zuordnen. Aber zurück zum Morgen des zweiten Kampftages als es für den römischen Generalstab um die Frage ging wie es für alle weiter gehen sollte. Moralisch ermuntert von den Durchhalteparolen der Offiziere suchte man nachdem man das Lager hinter sich gelassen hatte im für sie unübersichtlichen und unbekannten Terrain nach einer begehbaren Ost/Westpassage die sie zum Saltus im übertragenden Sinne also zum "Ausgang" aus dem Dilemma im Nethegau führen sollte. Es war ihnen bekannt, dass es diesen Weg gab, man musste ihn nur finden. Aber Varus sollte in Arminius eine ungebetene Hilfe finden. Arminius durchlief als römischer Ritter und Sohn die Kaderschmiede für angehende Stammesfürsten und sie servierte den Germanen das militärische Talent, dass sie jetzt brauchten. So dürfte auch Arminius persönlich beim Rückzug der Legionen die Führung übernommen haben, denn er kannte die Landschaft und die Wege bestens und das vermutlich schon von Kindesbeinen an. Es klingt etwas überzogen anzunehmen, man könnte es Varus leicht gemacht haben und ließ ihn diese Zuwegung zum Saltus aus eigenem Antrieb entdecken damit er sie einschlagen sollte. Vielleicht hat man für ihn diese einzige Trasse auch in der Absicht offen gehalten, um ihn auf diesem Weg besser in seinen Untergang lotsen zu können. Viele bedeutungsvolle prähistorische Altstraßen gab es in der Region nicht, aber die wenigen legten sich wie ein Netz über das Land. Wege die die wandernden Völker seit Jahrtausenden nutzten orientierten sich an den großen Flusslandschaften und Meerengen, zogen sich durch Gebirgspässe und man verband über sie auch die an Mineralien reichen Erzregionen, die Salzabbaugebiete bis zu den Abnehmern oder die wichtigen Routen von der Ostsee zum Mittelmeer. Die Giganten unter den Fernverbindungen standen für den Sklaven- oder Bernsteinhandel. Aber vielerorts gab es die kleinen Abzweigungen, Zuwegungen und Anknüpfpunkte die wieder alle und alles miteinander verbanden. Es waren zwar Wege und Straßen untergeordneter Bedeutung aber nicht für die ländliche und ortsansässige Bevölkerung. Für sie waren es die Lebensadern der Nahversorgung über die sie wiederum Zugang zu den großen Fernverbindungen hatten. In Westfalen waren es die Hell- und Bördenwege, der Heiden-, Herß -, oder Haarweg. Aber allesamt waren dies Wege die die Weser mit dem Rhein verbanden und keine Nord/Süd Verbindungen. Diese waren im Rheinland östlich des Flusses u.a. der bekannte Mauspad oder in Ostwestfalen die Altstraße die man später den Frankfurter Weg nannte, der den Herßweg auf dem Sintfeld nahe Haaren kreuzte. Aber es gab auch die vielen unscheinbaren und kaum erkennbaren Wege die obwohl geringer eingestuft und weniger beansprucht trotzdem eine wichtige Funktion für den Handel und in Kriegszeiten ihre Bedeutung für die Menschen in der Region hatten. Überland- und Zubringerwege deren Verlauf für die Germanen kein Geheimnis war, die aber den römischen Besatzern unkenntlich und unsichtbar erschienen, da sie auf den ersten Blick keiner klaren Richtung folgten. Sie umgingen versumpftes Gelände und ihre Streckenführung war den Legionen fremd, die nur die Gradlinigkeit ihrer Militärstraßen gewohnt waren. Die Cherusker kannten die versteckten Pfade. Vor allem den Oberen Bördenweg der aus Richtung Höxter und Borgholz kommend die einzige Verbindung zum Saltus darstellte, wenn man ungünstiges Terrain meiden wollte. Ein Weg der in unübersichtlichen Windungen nach Westen führte und der später im Herß- und Haarweg aufging. Dieser, man könnte sich ihn unter den damaligen Bedingungen wie einen mit schmalen Karren befahrbaren und je nach den Bodenverhältnissen sandigen Trampelpfad vorstellen, nutzte in etwa eine Linienführung zwischen Natzungen und Peckelsheim und er verlief im Betrachtungsgebiet vermutlich auf dem Königsweg zwischen Willegassen und Schweckhausen in etwa nahe und parallel zur heutigen L 837. Wo Varus aufbrach befand sich nach dieser Theorie im nahen Fahlenbruch das "prima Vari Notlager". Es war zweifellos nicht das ursprünglich angestrebte Lager in das Varus beabsichtigte die Aufrührer zum Convent zu zitieren, wie es Florus schien. Dafür hatte Arminius dem Feldherrn im Vorfeld sicherlich einen repräsentativeren Ort vorgeschlagen. Etwa da, wo sich das persönliche Erscheinen des großen Statthalters besser zur Geltung bringen ließ und man dem würdigen Anlass mehr Bedeutung hätte verleihen können. Vermutlich überzeugte man Varus es an einem zentralen, jedoch im Nebulösen gehaltenen traditionellen Versammlungsplatz der ortsansässigen Aufrührer durchzuführen. Varus hätte von diesem günstigen Ort aus einen zügigen Rückweg durch das begeh- als auch befahrbare Hohlwegsbündel westlich von Borlinghausen zur Lippe antreten können. Möchte man diesen angedachten Platz in der Örtlichkeit definieren, so sollte man auch ihn in der Nähe des Oberen Bördenweges suchen. So tasteten sich die Legionäre am Morgen des zweiten Kampftages vielleicht geschickt flankiert von den Cheruskern die sich nach Bedarf zu tarnen wussten, zunächst in die Richtung dieses Weges auf dem man sie zum Saltus leiten wollte. Aus germanischer Sicht überließ man das Weitere nicht dem Zufall, denn für diesen Weg hatten sie bereits ihre militärischen also partisanenartigen Vorbereitungen getroffen. Und da lässt die Phantasie viele Spielräume zu. Kleinräumig war den Legionen die Region fremd aber einigen Legionären die dort als Kundschafter unterwegs waren, könnte sie noch schwach in Erinnerung gewesen sein und man übte sich auf dem Parkett der Pfadfindung. Das Lager das vermutlich auch Paterculus erwähnte, als er berichtete wie hartnäckig, aufopfernd und tapfer es vom Lagerpräfekten Eggius verteidigt wurde hatte man nun hinter sich gelassen. Und dies war nicht das Gerichtslager, das die Germanen wie es Florus beschrieb überfallen hatten, denn dieses Notlager war nie mit dem Gerichtslager wie es sich Florus vorstellte identisch und sollte nicht mit ihm verwechselt werden. Denn zu Gericht laden wollte Varus an einem eindrucksvollen Ort in ansprechender Umgebung und nicht in einem provisorischen Behelfslager im verregneten Waldgebirge. Die Legionäre hatten nach der unsäglichen Nacht die nun überzählig gewordenen Waffen der toten Kameraden vielleicht noch vorher unbrauchbar gemacht, um sie nicht in die Hände der Germanen fallen zu lassen, später ließ es sich nicht mehr vermeiden, dass sie noch viele scharfe Klingen erbeuteten. Im Verlauf der Nacht hatten die Germanen vermutlich noch Zulauf bekommen und ihre Kampfmoral sollte ungebrochen gewesen sein und während sie in der Region personelle Unterstützung und Ration fanden, mussten viele Legionäre nun zu Fuß den Marsch in den Untergang fort setzen denn die Pferde vom Vortag waren entweder tot oder hatten ihre Besitzer gewechselt. Dies bremste ihr Marschtempo und machte sie anfälliger. Die Germanen sahen auf einen geschwächten Gegner was sie zusätzlich motivierte, so dass im Verlauf des zweiten Kampftages weitere ausgeruhte bislang zaghafte gebliebene Krieger dazu gestoßen sein dürften. Eine wohl Schlachten entscheidende Phase, während Varus auf diesen Zuwachs nicht zurück greifen konnte und im Verlauf des Marsches zudem noch weitere Kämpfer eingebüßt haben dürfte, die verletzungsbedingt marschunfähig wurden oder kleineren Scharmützeln zum Opfer fielen. Auf germanischer Seite nahm es einen anderen Verlauf. Denn aufgrund der sich nun auch auf einen zweiten Tag erstreckenden Kämpfe darf man nicht unbedingt davon ausgehen, dass am Morgen dieses Tages auch noch all jene Germanen dabei waren, die schon am Vortag gekämpft hatten. Man muss es sich wohl wie eine stete Fluktuation sowohl ins Kampfgebiet als auch zurück in die Wohnstätten vorstellen, sozusagen ein kommen und gehen, denn Kriege und Schlachten führte man in Germanien nicht so wie man es sich heute gerne vorstellt und schon gar nicht eine Schlacht in dieser Dimension, die sich über mehrere Tage und viele Kilometer hinzog. Hier sollte man sich bei dem Versuch sich militärstrategisch zu betätigen von völlig anderen Bedingungen und Zusammenhängen leiten lassen. Es sind realitätsnahe Geschehnisse nachzustellen, wie sie sich nicht mit unserer Gedankenwelt eines kompakten Schlachtengeschehens verbinden lassen. So war es vielleicht an diesem Morgen sogar schon die zweite oder gar die dritte "Kämpfer Generation" die auf germanischer Seite die Waffen schwang. So kämpfte möglicherweise jeder Germane immer nur solange, wie seine Kräfte reichten oder Verletzungen ihn nicht hinderten und einige könnten schon nach wenigen Stunden wieder gegangen sein. Viele von ihnen verließen die Kampforte, da sie sich ihre Beute gesichert hatten, oder einfach nur deswegen, weil sie des Kampfes müde waren, kein weiteres Risiko eingehen, oder zu ihrer Familie zurück kehren wollten, wo die Landwirtschaft oder anderes Notwendige auf sie wartete. Denn die Varusschlacht war zunächst ein Volkskrieg der Bauern, also der Landbevölkerung durchsetzt mit jungen wagemutigen Kriegern und vermischt und geführt von einer kämpfenden Elite wie sie Arminius aus Pannonien heran geführt hatte. Jeder beteiligte sich nach eigenem Ermessen und was man damals unter Disziplin verstand entzieht sich auf ganzer Breite unserem Wissenstand. Strafen wegen Feigheit vor dem Feind oder Fahnenflucht wurden damals noch nicht ausgesprochen oder geahndet und die "Herisliz" ist erst für das Jahr 788 überliefert. Ehre hieß das hehre Wort und der Verfall der Würde wog schlimmer. Aber letztlich legte es jeder für sich persönlich aus. Arminius und Segimer kannten ihre "Helden" und spornten sie an, köderten und motivierten sie wo sie nur konnten um den Endsieg nicht zu gefährden. Jetzt nur nicht wieder in die alten typisch germanischen Fehler verfallen. Etwa den Feind nicht energisch genug attackieren oder voreilige und nicht durchdachte Vorstöße zu wagen. Den Mut auskühlen lassen und auf die richtige Gelegenheit warten. Auf keinem Fall einem schon fasst besiegt geglaubten Feind eine Gelegenheit zur Flucht eröffnen, denn er konnte schnell wieder zurück kommen, nur weil man uneins war oder falsche strategische Schlüsse zog. Arminius hatte viele Stämme in die Abwehrschlacht eingebunden, Kampfgruppen unterschiedlichster Herkunft, Gesinnung und Interessenslage werden es gewesen sein die er zusammen gezogen und für die Heeresfolge hatte gewinnen können. Und dazu gehörte es auch den Stammesfrieden untereinander herzustellen, was ihm wohl gelang. Aber es wollte aufrecht erhalten werden, denn da gab es auch noch die nie verstummen wollenden stammestypischen Rivalitäten wer denn den größten Anteil am Erfolg hatte, den Sieg für sich verbuchen konnte und wollte, wem er gebührte und wem ein Legionsadler zustand. Aber die stolzen Trophäen, Banner und Standarten hatte Varus nicht zurück gelassen, sie wollten erst noch erobert sein. Und sie führten die Legionen solange mit sich wie es ihnen nur möglich war. Bemüht man die Vorstellungskraft, dann musste der Germanenfürst im verlassenen Lager vielleicht sogar mit energischen Worten dem Treiben ein Ende setzen und die Kämpfer auf die nächsten Gefechte einstimmen. Da aber wie man weiß noch andere Stämme an der Schlacht beteiligt waren, könnte hier für viele auch schon die Schlacht zu Ende gewesen sein und nun übernahmen andere Völker wie etwa Marser, Chatten, Brukterer oder Sugambrer die Last der folgenden Kämpfe und lauerten den Legionen an der Marschroute auf, da sich diese nun ihren Stammesgebieten näherten. Während man im Lager noch damit beschäftigt war dem einen oder anderen Legionär die Ketten anzulegen, nutzten andere noch die Gelegenheit um sich die schwarzen Aschereste der schmorenden Karren ins Gesicht zu reiben, damit den eigenen Kampfeswillen und den der Mitkämpfer zu steigern und um bedrohlicher zu wirken. Es war eine nicht sehr weit hergeholte Szenerie wie man sie am Morgen nach dem Abzug der Römer im Lager erwarten darf. Grundsätzlich lag allem der Plan zugrunde die Trümpfe der Landschaft auszuspielen um es mit den wenigsten Verlusten verbunden zu Ende zu führen. Was nun hinter den Varuslegionen geschah dürfte plausibel sein. Denn unmittelbar nachdem Varus sein Lager verlassen hatte, werden es die Germanen in Besitz genommen, besser gesagt zerwühlt haben und sie ließen "keinen Stein mehr auf dem anderen". Es war zu erwarten, dass es sich die Germanen nicht nehmen ließen dies in ausführlichster Weise anzugehen. Man darf sich in diesem Zusammenhang auch die Frage stellen, wie die Germanen mit dem an der Weser verorteten römischen Hauptlager nach dem Verlassen der Varusarmee umgingen. Letztlich wird dies aber unerheblich gewesen sein und hinter dem Ansinnen zurück gestanden haben, zunächst die Präsenz von Varus und seinen Legionen in Ostwestfalen zu beenden. Im "prima Vari castra" war jetzt die klassische Plünderungsphase angebrochen aber es trat in diesem Zusammenhang auch noch ein beklemmender Faktor hinzu, denn im Lager befanden sich wohl auch noch zahlreiche zurück gelassene da verwundete Legionäre. Hierzu fällt einem der Satz des Gallierkönigs Brennus "vae victis - wehe den Besiegten" ein. Beteiligt an dieser Übernahme waren die Germanen der ersten Stunden und all jene die sich einfanden und es wird seine Zeit in Anspruch genommen haben. Man wird die Wertgegenstände und das waffentechnisch Brauchbare an sich genommen und den Rest den Bewohnern der Region überlassen haben, die sich später von der Neugier getrieben von selbst einstellten. Varus wird die Zeit genutzt haben sich von den Germanen abzusetzen. Viel half es ihm nicht, denn es sollten noch schwere Kämpfe auf ihn zukommen. (06.03.2022)
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Donnerstag, 17. Februar 2022
Warum ließ Varus vor dem Verlassen des "prima castra" die Ochsenkarren verbrennen ?
ulrich leyhe, 14:18h
Die Krieger beider Seiten waren keine Kampfmaschinen und so dürften die Gefechte des ersten Kampftages, obwohl Cassius Dio sie äußerst drastisch dargestellt hatte mit Einbruch der regenfeuchten Dämmerung abgeflaut sein. Man wird das Nachtlager notdürftig befestigt haben, ist in Ruhestellung gegangen, hat sich gegenseitig die Wunden versorgt, entlud die Karren die man noch hat ins Lager holen können und bereitete sich auf die Nacht vor. Man kann nun rätseln bzw. die gängige Übersetzung nach eigenem Gutdünken interpretieren, ob man die Karren schon am gleichen Abend nach den Kämpfen verbrannte oder erst am nächsten Morgen vor dem Abzug, da es die nachfolgende Überlieferung nicht klar zum Ausdruck bringt.
Cassius Dio, 21. (1)
Daher schlugen sie dort ihr Lager auf, wo sie einen geeigneten Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge überhaupt möglich war; NACHDEM sie dann zahlreiche Wagen und sonstige Gegenstände, die nicht unbedingt erforderlich waren, verbrannt oder zurückgelassen hatten, zogen sie am anderen Morgen... ". Dies kann sowohl beinhalten, dass man die Wagen schon unmittelbar nachdem man einen Lagerplatz fand verbrannte, dies noch im Laufe des abends tat als auch, dass man sie erst am anderen Morgen vor dem Abzug abgebrannt haben könnte. Man darf hingegen aufgrund der desaströsen Lage annehmen, dass man die Karren nicht schon am gleichen Abend nach den Kämpfen verbrannte. Man könnte sie zudem auch gebraucht haben, um sich dahinter zu verschanzen, da man sie wie sich recherchieren lässt für die Nacht noch als Barriere nötig hatte. Die Kämpfe kosteten zudem Kraft und das Entzünden der regennassen Holzwagen war unter den denkbaren Umständen im Halbdunklen ein vermeidbarer Aufwand. Und natürlich kann auch die Frage gestellt werden, warum man dies überhaupt noch am gleichen Abend hätte tun sollen, denn die Nacht zwischen rauchenden Trümmern zu verbringen ergibt keinen Sinn. Daraus resultierend spricht vieles dafür, dass man es erst am frühen Morgen vor dem Aufbruch tat. So erwachte im Morgennebel eine schon dezimierte und blessierte fasst geschlagene Armee, man entnahm den Karren wie überliefert das Unverzichtbare und bereitete sich auf den Ausmarsch vor. Waffen, Nahrung, Kleidung trug man am Körper und das Weitere wie etwa zeltartigen Regenschutz packte man auf die Pferderücken oder andere Tragtiere. Den Gesundheitszustand von Varus kennen wir nicht und ob er noch ein Pferd besteigen konnte, da ihn erste Verletzungen daran gehindert haben könnten oder für ihn ein Zweispänner zur Verfügung stand, ist nicht bekannt. Das Szenario nach dem Verlassen des Lagers der rauchenden Trümmer dürfte etwas Unwirkliches und nahezu Apokalyptisches an sich gehabt haben. Wir wissen auch nicht wie man es in diesen kritischen Stunden vor dem Verlassen des Camps mit den nicht mehr transportfähigen, weil zu stark verletzten Legionären hielt. Orientierte man sich an Carrhae dann überließ man sie der Willkür des Feindes in diesem Fall also der Germanen. Wir wissen aus den Beschreibungen über die Schlacht in der heutigen Türkei die 62 Jahre vor der Varusschlacht unter ähnlichen Umständen ausgetragen wurde, dass man damals nicht lange fackelte und sie den Schwertern der Feinde auslieferte. Alle 4000 zurück gelassenen Verwundeten wurden damals von den Parthern getötet. Eine Vorstellung wie man sie bislang nicht mit der Varusschlacht in Verbindung brachte, weil wir uns vielleicht nicht damit konfrontieren möchten, dass unsere Vorfahren zu derartigem Tun imstande gewesen sein könnten. Aber die taciteischen Überlieferungen nähren den Verdacht, dass es auch in Ostwestfalen so gewesen sein könnte. Im Zusammenhang mit dem Abzug aus dem "prima Vari castra" stoßen wir auch auf den Dissens der Tacitus und Cassius Dio Darstellung. Während Cassius Dio den Aufbruch schildert schreibt Tacitus von Martergruben und dem Ort wo Varus sich tötete. Während also Varus bei Cassius Dio nach dem Verlassen des Lagers noch lebte, war er bei Tacitus schon tot. Ein Hinweis darauf, dass Tacitus die Situation beschrieb wie sie sich erst am vierten Marschtag zutrug und nicht im "prima Vari castra" am Morgen des dritten Marschtages. Auf der gegnerischen also germanischen Seite wurden die Kämpfer in den frühen Morgenstunden vielleicht vom beißenden Rauch des brennenden nassen Holzes geweckt. So erkannten auch die nächtlich unterkühlten Germanen aus sicherer Entfernung hinter den Nebelschwaden, dass die Römer dabei waren sich von ihren Transportwagen und für sie unnötigen Dingen zu trennen. Die Entscheidung es den Flammen zu übergeben reifte vermutlich in den Stunden vor dem Abzug im Kreise des Feldherrn als man erkannte, dass sich die Realität der zu erwartenden Marscherschwernis nicht mehr verdrängen ließ, man die letzten Illusionen auf eine friedliche Lösung begraben musste und jetzt auf Schnelligkeit setzen musste. Das Schwergewichtige für den Marsch war jetzt nur noch hinderlich und hätte das fluchtartige Absetzen erschwert. Brennbar ist nur Vergängliches und ihre letzten Wertsachen trugen die Römer jetzt am Körper. Ob ihr Verhalten taktisch klug war die durchnässten aus Holz bestehenden Karren samt Inhalt zum Raub der Flammen werden zu lassen statt sie einfach stehen zu lassen, sei dahin gestellt. Sie erreichten durch die Vernichtung zwar, dass den Germanen nützliches Gebrauchsmaterial nicht in die Hände fallen konnte, aber sie begingen damit aus falscher Überlegung heraus vielleicht einen ungleich größeren Fehler. Aber um dies besser verstehen zu können, sollte man sich ins alte Germanien zurück versetzen. Eine Zeit ohne Schilder und Wegweiser. Da gab es auf der einen Seite die bekannten weithin gut sicht- und hörbaren Naturgewalten wie Blitz und Donner, die schon mal heftige Ausmaße annehmen können und andererseits die von Menschen verursachten Zerstörungen. Aber Brände kamen in den Vorstellungen der alten Welt den Boten des Unheils recht nahe. Waldbrände nach Blitzeinschlag, oder Brände wegen Rodung kamen vor. Aber dieser Geruch erinnerte sie alle an die mutwilligen Brandschatzungen ganzer Ansiedlungen nach feindlichen Angriffen wie es die römischen Legionäre im Krieg zu tun pflegten, sie lösten Fluchtbewegungen und Todesahnungen aus. Aber das Abbrennen nassen Holzes vermeidete man für gewöhnlich, denn es erfordert große Hitze und macht wenig Sinn. Dafür besaß es aber eine ungeahnte Nebenwirkung, denn der damit verbundene weit tragende ätzende Brandgeruch verfehlte seine Wirkung nicht, war überall zu riechen und brannte in den Augen. Aber hier kam noch die Farbe des Rauches hinzu. Sie war weiß und sie entsteht nur in Verbindung mit feuchtem Holz durch die Bildung von Wasserdampf. Und diese zwischen den Bäumen aus dem Wald hoch aufsteigenden Schwaden lagen nun seit den Morgenstunden über dem gesamten Nachtlager und man sah sie schon von weit her bis zu den Höhen der Egge und zum Weserufer. Besser ließ sich der Himmel nicht zum sprechen bringen. Denn spätestens jetzt wusste jeder Germane was die Stunde geschlagen hatte, denn dieses Zeichen bedeutete den Niedergang und verkündete den Wendepunkt. Es weckte in den Seelen der einfachen Menschen ihre Ur - Ängste die sie instinktiv zu schnellem Handeln zwangen. Aber an diesem seltsamen Morgen lagen die Dinge anders denn dieses Zeichen fasste man als eine willkommene Botschaft auf. Hier drückte der weiße Qualm am Himmel das Gegenteil von Gefahr aus, denn er verhieß ihnen ein Siegesgefühl. Durch die ungenügende Verbrennung färbte sich der Rauch auch zeitweise schwarz und so zogen bei Westwind über die Weserlandschaft die langen schwarzen Rußfahnen der Vergänglichkeit. Opferrituale und Totenbestattung waren mit Verbrennung verbunden aber hier verschmolz sich alles mit dem Untergang einer Armee und wurde zum Fanal. Das Rauch auch immer der leise Bruder des Todes ist, stand an diesem Tag unter anderen Vorzeichen, denn allen war bekannt, dass die Germanen auf dem Schlachtfeld über nichts Brennbares verfügten und so ließ sich die Ursache nur auf die römischen Streitkräfte zurück führen und sich nur mit angezündeten Karren in Verbindung bringen lassen. Ob sie nun von den siegreichen Germanen oder den schon unterlegenen Römern in Brand gesetzt wurden war für die entfernt Lebenden weder ersichtlich noch unbedingt relevant. Und das sich römische Ochsengespanne bei Regenwetter nicht von selbst in Brand setzen können bedarf keiner Erwähnung. Und selbst am Morgen des zweiten Kampftages rückten natürlich immer noch germanische Trupps aus weiteren Entfernungen an um sich am Kampf zu beteiligen und auf sie wirkten die langen Rußschleppen wie elektrisierend. Es beschleunigte ihre Schritte, löste in ihnen ein Rauschgefühl aus und setzte nach den langen Fußmärschen ungeahnte neue Kräfte frei. Jetzt bloß keine Zeit mehr verlieren und auf keinen Fall zu spät kommen, jetzt gilt es, denn Arminius brauchte jeden Mann um zu siegen und sicherlich wollte man auch noch etwas vom lukrativen Kuchen abhaben. Die Verbrennung, vielleicht auch eine aus der Not geborene Verzweiflungstat entfaltete nun die beschriebene verheerende Wirkung auf alle Teilnehmer des Schlachtgeschehens, sowohl unter den Germanen als auch unter den Römern, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Es war der bekannte Geruch der für den Tod und das Sterben steht und hatte für alle schon den Beigeschmack einer vorweg genommenen Kapitulation. Aber soweit war es noch nicht. Die Trossverbrennung muss nach dem Erscheinen von Arminius auf dem Schlachtfeld wie eine weitere demoralisierende Keule auf die Legionäre gewirkt haben und ihre Moral näherte sich dem Nullpunkt. Es war für sich genommen bereits verheerend und löste unter vielen schon den Ruf nach dem "Rette sich wer kann", aus. Es könnte der Moment gewesen sein in dem sich jene Kämpfer vom Schlachtfeld entfernten, die nicht ganz freiwillig am Krieg teilnahmen. Wir wissen nicht, ob sich unter ihnen kleinere Gruppen bestehend aus germanischen oder keltischen Hilfskräften befanden, die noch im Marschzug ausgeharrt hatten. Sie dürften spätestens jetzt die erste sich bietende Gelegenheit zur Flucht genutzt haben. Aber was konnte für die kampfesmutigen Germanen im Großraum hilfreicher gewesen sein, als eine hoch am Himmel stehende und weithin sichtbare Rauchsäule. Nun erkannte auch der letzte Germane den schnellsten und direktesten Weg zur Wallstatt, denn man ahnte sie jetzt schon aus großen Entfernungen. Unnötige Umwege konnten jetzt vermieden werden, man war schneller am Ort der Tragödie und brauchte nicht mehr viel zu fragen, wo es denn zur Front geht. Aber das Feuerzeichen alarmierte auch noch die Zögernden und Unentschlossenen und vielleicht auch die Ängstlichen unter ihnen um doch noch in den Kampf einzugreifen. Besser ließ sich kein Zeichen mehr setzen, als so wie es die Römer hier in ihrer Notlage taten, aber sie hatten auch allen Grund dazu. Damit fiel ein weiterer Dominostein was ihren Weg in den Untergang beschleunigte. Warum man sich die Mühe machte das Trossmaterial zu verbrennen, statt es stehen zu lassen bleibt bei oberflächlicher Betrachtung unklar. Was wollte man damit erreichen besser gesagt, was steckte in den Karren, dass man den Germanen auf keinen Fall überlassen wollte oder durfte. Brennbar musste es sein, aber warum sollte man uninteressantes Bauholz verbrennen. Werte wie Münzen, Edelmetalle oder sakral Symbolisches hatte man der Recherche zufolge gar nicht erst zu den Aufrührern mit genommen. Essgeschirr, Kleidung, Prunkobjekte, Ärztebestecke etc. könnte man noch als Ballast abgeworfen haben, aber es brannte nicht und warum sollte man es vorher beschädigen oder vernichten, man hätte es auch für die Germanen liegen lassen können um sie zu ködern oder aufzuhalten. Was blieb da also noch was die Germanen nicht besitzen sollten. Die Antwort kann eigentlich nur lauten, es müssen brennbare Gegenstände darunter gewesen sein die man unter keinen Umständen den Germanen überlassen wollte. Möglicherweise befanden sich zusätzliche Waffen darunter die sich noch zum Kämpfen eigneten und die man nicht in den Händen der Germanen sehen wollte. Weitere Holzschilde, Bögen, Pfeile, Köcher, Speere, aber auch die Holzgriffe von Äxten und Schanzwerkzeugen ließen sich auf diese Weise beschädigen, während man Dolche oder Kurzschwerter an sich nahm. Weitaus gefährlicher könnten jedoch andere schwere militärische Ausrüstungsgegenstände gewesen sein, die man in jedem Fall vor dem Ausrücken unbrauchbar machen musste. Und nicht nur das, es galt auch die dazugehörige Munition zu vernichten. Die Rede ist von schweren Ballisten etwa der Scorpio bzw. den Katapulten also den handgeführten Torsionsgeschützen. Die High Tech Waffensysteme der Antike mit denen sich Schlachten führen und gewinnen ließen, wenn man sie besitzen würde und zu verwenden wusste. Seit man im Jahre 2000 in einer Kiesgrube bei Xanten die metallenen Reste einer römischen Torsionsarmbrust fand die aus der Zeit um das Jahr Null stammte darf man davon ausgehen, dass derartige Waffen auch von Varus mitgeführt sein könnten. Nach dem Verlassen des "prima Vari castra" erwiesen sich diese komplexen Distanzwaffen jedoch aufgrund der neuen Lage als ungeeignet, denn Strategie, Gewicht und Terrain ließen ihre Nutzung nicht mehr zu. Mit diesen Gerätschaften kurzen Prozess zu machen ist die einzige Überlegung mit der sich begründen ließe, warum man die Wagen samt Inhalt in Brand setzte, obwohl es zeitraubend war, man dadurch viel Aufsehen erregte, das Risiko also bewusst einging. Es war von großer Tragweite und muss auch eine schwere Entscheidung gewesen sein, wenn es denn so war fortan auf diese Dinge verzichten zu wollen. Denn wer dies als notwendig erachtet, der hat sich schon nahezu aufgegeben und es lässt sich dem entnehmen wie gravierend und verlustreich schon der erste Kampftag verlief und zu Ende ging. Unschwer verdeutlicht es, in welch aussichtsloser Lage sich die Legionen schon am Morgen danach sahen. So roch der aufsteigende Rauch der Verbrennung für alle Kriegsteilnehmer schon mehr nach Kapitulation und weniger nach Optimismus und wirkte wie das Signal eines bevorstehenden Untergangs. Die schwarzen Wolken wurden zum Symbol dafür, dass der germanische Plan dabei war aufzugehen. Ob Varus vielleicht damit auch erreichen wollte, dass man es wie ein letztes Zeichen sehen sollte, gleichbedeutend mit einem Hilferuf an alle römischen Einheiten in der Region das Gefahr in Verzug war und man zu Hilfe kommen sollte scheint abwegig, denn wer sollte noch kommen. Vielleicht dachte man entfernt noch an die Abstellungen wusste aber nicht, dass sie sich samt des zivilen Trosses längst in den Händen der Germanen befanden. Von dort war also keine Unterstützung mehr zu erwarten. Varus könnte auch gehofft haben, dass Asprenas seine Nachricht erhalten würde, der irgendwo im Lipperaum sondierte, wo er mit unbekanntem Ziel operierte oder möglicherweise von dannen schlich. So wartete man auch auf ihn vergebens. Und wer schon nach dem ersten Kampftag vieles zurück ließ, dem fehlt auch vieles um ein zweites Lager zu errichten und man kann sich vorstellen wie die Folgenacht oder die Folgenächte verliefen. Man war sich also der Tatsache früh bewusst, dass das nächstes Nachtquartier kein geschütztes, sondern ein offenes und kaum verteidigungsfähiges Feldlager werden würde. Die Legionäre wussten wie es um sie stand und sie richteten mit der Verbrennung auch eine Botschaft an die Germanen die da lautete, wir setzen jetzt alles auf eine Karte und wir werden uns mit Waffengewalt, dem Mut der Verzweiflung und ohne unnötige Last einen Weg bis zur Lippe frei schlagen. Eine wund geschlagene und zu allem bereite Armee die um ihr nacktes Leben kämpfte bereitete sich am Morgen des zweiten Kamptages auf den Gegner vor. Man wollte also den schnellen und zügigen Durchbruch bis zu einem Schutz bietenden Lippelager erzwingen. Das Standlager Aliso "ad caput juliae" an der Lippequelle aus diesem südlichen Raum zu erreichen war aussichtslos und unnötig, denn sich nach Aliso zu begeben bedeutete einen Umweg einzugehen. So bot sich den Germanen im Dunst des Morgens ein dämonisches Bild. Eine immer noch aus vielen Kämpfern bestehende Streitmacht raufte sich nochmal zusammen. Varus hatte begriffen, dass er in diesem Lager keine aufrührerischen Stämme mehr befrieden brauchte, die sich nicht befrieden lassen wollten. Seine Erkenntnis kam zu spät, denn hier wollte sich auch niemand mehr seine Richtersprüche anhören und sich ihnen erst recht nicht beugen müssen. Varus brauchte sich in dieser prekären Lage auch nicht den Vorwurf machen, nicht auf Segestes gehört zu haben, denn auf Basis von Logik und Recherche ließ sich rekonstruieren, dass Varus von Segestes nie gewarnt wurde. Am Morgen vor dem Aufbruch und noch vor Sonnenaufgang wird man sich im Umkreis von Varus beraten und die weitere Vorgehensweise festgelegt haben. Die Lage war so klar wie ausweglos und welcher Römer wusste überhaupt über welche Wege man marschieren oder besser gesagt über welche flüchten sollte oder noch konnte, denn der germanische Feind kannte alle ihre Fluchtwege und nur die Himmelsrichtung wurde für sie zum Leitfaden und so konnte man sich auch nur nach Westen hin orientieren und sich für einen Weg entscheiden der in diese Richtung führte. Da die Germanen den Verlauf kannten, könnten sie ihn gezielt für die Flüchtenden wie zum Schein offen gehalten haben. Aus dem Hinweg auch den Rückweg zu machen, also auf dem gleichen Weg zurück nach Brakel zu marschieren schied aus und dürfte für sie keine Option mehr gewesen sein zumal die Cherusker durch ihre deutlich sichtbare Präsenz signalisierten, dass man ihn ultimativ versperrt hat. In den Nachtstunden wird Varus mit seinen Kommandeuren die Lage beraten und auch versucht haben, sich in die germanischen Überlegungen hinein zu denken. Aber gleich welchen Gedanken man verfolgte, man wusste, dass sich ihnen am nächsten Morgen erneut früher oder später die Germanen entgegen stellen würden. Im Zelt von Varus wird man alle Fluchtvarianten durchgespielt haben und nachdem was die Römer bisher erfahren mussten, konnten sie davon ausgehen, dass die Germanen bereits das Lager Aliso oder andere Lager und vielleicht sogar schon Anreppen in ihre Gewalt gebracht hatten. Würde es ihnen gelingen könnten sie nach dem Erklimmen des Saltus Anreppen umgehen und direkt auf Lippstadt zu marschieren womit die Hoffnung verbunden wäre noch auf Asprenas zu stoßen. Entsatzkräfte anderer Kastelle kurzfristig heranzuführen war aufgrund der Entfernungen und Bedingungen nahezu aussichtslos und wer begab sich schon freiwillig in die Hitze und die Hölle einer Schlacht die sich bereits durch schwarze Wolken Kilometer weit erkennbar machte. Varus hätte Meldereiter aussenden können, die jedoch nicht weit gekommen und vermutlich abgefangen worden wären. Und wohin hätte man sie auch schicken sollen, bzw. wohin hätte man überhaupt mögliche Hilfskräfte lenken und leiten sollen um auf sie irgendwo im weiten Land zu stoßen. Hilfe die am Ende ins offene Messer der Germanen geritten wäre. Varus war auf sich allein gestellt, war abgeschnürt und massiv geschwächt. Hilfe musste also entweder jetzt kommen oder das Schicksal seiner Armee hing am dünnen Faden, denn jede weitere Stunde würde bald zu neuen Verlusten führen. Folglich blieb den Römern schon am morgen des zweiten Kampftages nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera bzw. die berühmten Streichhölzer zu ziehen, welche Strecke die besseren Überlebenschancen bot. Man kann an dieser Stelle vielen Spekulationen und Gedankenspielen Raum geben, was Varus und seinem Stab in jener Nacht durch den Kopf gegangen sein könnte, aber lassen wir es dabei bewenden. Nach Lage der Dinge konnte Arminius auf Basis dieser Theorie nur zu einer Entscheidung gekommen sein, ein Plan den auch Varus durchschaut haben dürfte. Denn es blieb Varus letztlich nur ein Weg und bei diesem handelte es sich um den prähistorischen "Oberen Bördenweg", der aus Höxter kommend leicht gekrümmt auf den Saltus zuführt und nur über ihn konnte er versuchen zu entkommen. Aber auch dafür hatte Arminius Vorkehrungen getroffen und ihn in seinem Sinne präpariert, denn dieser einzige gangbare Weg war fester Bestandteil seiner Strategie und spielte ihm in die Hände und so ist nicht auszuschließen, dass dieser Fluchtweg von Beginn an in seiner Planung eine wesentliche Rolle eingenommen hatte, da es der Weg war der direkt auf den Sattel zwischen den germanischen Volksburgen zulief. Dieser Weg wurde für Varus zur zweiten Falle im Zuge der Mehrtagesschlacht, auf ihm sollte der Rest seiner Streitkräfte aufgerieben werden, denn Arminius war sich im Klaren darüber, dass sich diese Armee nicht an einem einzigen Kampftag bezwingen ließ. Was dieses Lager am Morgen nach dem ersten Angriffstag verließ war der klägliche Abglanz einer einst selbstbewussten Armee und diesen desolaten und maroden Lagerplatz wollte sicherlich keiner mehr eines rückwärts gerichteten Blickes würdigen. Der beißende Rauch der Verbrennung lag noch über dem Kampfplatz als die Kommandeure zum Aufbruch riefen. Zu diesem Zeitpunkt konnte man im Lager und seinem Umfeld noch gut die Spuren der Schlacht erkennen. Keine Bewegung entging den Germanen und sie sahen wie stark die römische Streitmacht jetzt noch war, sie überblickten ihren Zustand und schätzten die Zahl jener die man zurück ließ, da sie zu verletzt waren um zu marschieren. Derartiges zu beschreiben gehört in der Regel nicht mehr zum Aufgabengebiet von Wissenschaft und Forschung und noch weniger zum Arbeitsfeld der Archäologie da es zu viele Unabwägbarkeiten und zu wenig Belastbares enthält. Aber man muss es nach stellen und durch spielen, will man mit Hilfe der Überlieferungen von Tacitus und Dio eine Chronologie aufbauen die passt und bei der man die menschlichen Verhaltensweisen nicht unter den Tisch fallen lassen sollte. Das Verlassen des "prima Vari castra" dürfte an dem Morgen zögerlich eingesetzt haben, denn es galt rechtzeitig nach allen Richtungen zu sondieren und man erwartete möglicherweise schon früh oder unmittelbar nach dem Aufbruch auf einen germanischen Belagerungsring zu stoßen. Und so war es auch für Cassius Dio 56. 21 (1) gut nachvollziehbar als er schrieb, dass die Römer auch nach ihrem Abzug Verluste erlitten. Er beschreibt sie zwar als nicht so umfangreich wie jene vom Vortag hielt sie aber dennoch für bedeutsam und erwähnte es folglich. In welcher Phase es zu diesen Verlusten kam wird nicht deutlich, aber im Zusammenspiel mit seinen weiteren Äußerungen wird es plausibler. Für den römischen Generalstab war jetzt guter Rat teuer. Man verließ ein erbärmliches Nachtlager und keiner hatte eine rechte Vorstellung davon für welche Marschrichtung man sich nun entscheiden sollte. Aber gezwungenermaßen mangels alternativen entschied man sich dafür auf den "Oberen Bördenweg" einzuschwenken. Dort wo sie sich befanden vermutlich im Raum Schweckhausen östlich Peckelsheim kannte man die Lage der Egge, obwohl man sie nur schemenhaft wahrnehmen konnte, wenn die Wolkendecke riss. Aber man wusste, dass mit ihr irgendwo im Westen zu rechnen war. Eine schroffe geologische Barriere wartete in der Ferne auf sie und sie galt es überwinden zu müssen, wenn man wieder in die westfälische Bucht absteigen wollte, wo die ihnen bekannte Lippe floss. Da sich der Weg den sie kamen zurück nach Norden als Rückweg definitiv ausschließen lässt und ebenso auch alle Süd - und Ostrichtungen, blieb den Überlebenden nur der Weg in Richtung Borlinghausen, wo der Saltus steil zum Sintfeld anstieg, da die Egge im weiten Umkreis unpassierbar war. Oben am östlichen Sintfeldrand angekommen gab es für sie nur zwei Fluchtwege, da Aliso keine Alternative war. Der Weg zur Lippe etwa zum heutigen Lippstadt, oder die verborgene Waldvariante über den Haarweg zu wählen blieb als Alternative um zum Rhein zu entkommen. Aber die Frage welche der beiden Varianten die bessere war brauchten sie sich nicht mehr zu stellen. So gleitet es etwas ins Hypothetische ab, über welche Wege die wenigen Überlebenden letztlich den Rhein erreichten und erst recht die Frage wie lange sie dafür brauchten. (17.02.2022)
Cassius Dio, 21. (1)
Daher schlugen sie dort ihr Lager auf, wo sie einen geeigneten Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge überhaupt möglich war; NACHDEM sie dann zahlreiche Wagen und sonstige Gegenstände, die nicht unbedingt erforderlich waren, verbrannt oder zurückgelassen hatten, zogen sie am anderen Morgen... ". Dies kann sowohl beinhalten, dass man die Wagen schon unmittelbar nachdem man einen Lagerplatz fand verbrannte, dies noch im Laufe des abends tat als auch, dass man sie erst am anderen Morgen vor dem Abzug abgebrannt haben könnte. Man darf hingegen aufgrund der desaströsen Lage annehmen, dass man die Karren nicht schon am gleichen Abend nach den Kämpfen verbrannte. Man könnte sie zudem auch gebraucht haben, um sich dahinter zu verschanzen, da man sie wie sich recherchieren lässt für die Nacht noch als Barriere nötig hatte. Die Kämpfe kosteten zudem Kraft und das Entzünden der regennassen Holzwagen war unter den denkbaren Umständen im Halbdunklen ein vermeidbarer Aufwand. Und natürlich kann auch die Frage gestellt werden, warum man dies überhaupt noch am gleichen Abend hätte tun sollen, denn die Nacht zwischen rauchenden Trümmern zu verbringen ergibt keinen Sinn. Daraus resultierend spricht vieles dafür, dass man es erst am frühen Morgen vor dem Aufbruch tat. So erwachte im Morgennebel eine schon dezimierte und blessierte fasst geschlagene Armee, man entnahm den Karren wie überliefert das Unverzichtbare und bereitete sich auf den Ausmarsch vor. Waffen, Nahrung, Kleidung trug man am Körper und das Weitere wie etwa zeltartigen Regenschutz packte man auf die Pferderücken oder andere Tragtiere. Den Gesundheitszustand von Varus kennen wir nicht und ob er noch ein Pferd besteigen konnte, da ihn erste Verletzungen daran gehindert haben könnten oder für ihn ein Zweispänner zur Verfügung stand, ist nicht bekannt. Das Szenario nach dem Verlassen des Lagers der rauchenden Trümmer dürfte etwas Unwirkliches und nahezu Apokalyptisches an sich gehabt haben. Wir wissen auch nicht wie man es in diesen kritischen Stunden vor dem Verlassen des Camps mit den nicht mehr transportfähigen, weil zu stark verletzten Legionären hielt. Orientierte man sich an Carrhae dann überließ man sie der Willkür des Feindes in diesem Fall also der Germanen. Wir wissen aus den Beschreibungen über die Schlacht in der heutigen Türkei die 62 Jahre vor der Varusschlacht unter ähnlichen Umständen ausgetragen wurde, dass man damals nicht lange fackelte und sie den Schwertern der Feinde auslieferte. Alle 4000 zurück gelassenen Verwundeten wurden damals von den Parthern getötet. Eine Vorstellung wie man sie bislang nicht mit der Varusschlacht in Verbindung brachte, weil wir uns vielleicht nicht damit konfrontieren möchten, dass unsere Vorfahren zu derartigem Tun imstande gewesen sein könnten. Aber die taciteischen Überlieferungen nähren den Verdacht, dass es auch in Ostwestfalen so gewesen sein könnte. Im Zusammenhang mit dem Abzug aus dem "prima Vari castra" stoßen wir auch auf den Dissens der Tacitus und Cassius Dio Darstellung. Während Cassius Dio den Aufbruch schildert schreibt Tacitus von Martergruben und dem Ort wo Varus sich tötete. Während also Varus bei Cassius Dio nach dem Verlassen des Lagers noch lebte, war er bei Tacitus schon tot. Ein Hinweis darauf, dass Tacitus die Situation beschrieb wie sie sich erst am vierten Marschtag zutrug und nicht im "prima Vari castra" am Morgen des dritten Marschtages. Auf der gegnerischen also germanischen Seite wurden die Kämpfer in den frühen Morgenstunden vielleicht vom beißenden Rauch des brennenden nassen Holzes geweckt. So erkannten auch die nächtlich unterkühlten Germanen aus sicherer Entfernung hinter den Nebelschwaden, dass die Römer dabei waren sich von ihren Transportwagen und für sie unnötigen Dingen zu trennen. Die Entscheidung es den Flammen zu übergeben reifte vermutlich in den Stunden vor dem Abzug im Kreise des Feldherrn als man erkannte, dass sich die Realität der zu erwartenden Marscherschwernis nicht mehr verdrängen ließ, man die letzten Illusionen auf eine friedliche Lösung begraben musste und jetzt auf Schnelligkeit setzen musste. Das Schwergewichtige für den Marsch war jetzt nur noch hinderlich und hätte das fluchtartige Absetzen erschwert. Brennbar ist nur Vergängliches und ihre letzten Wertsachen trugen die Römer jetzt am Körper. Ob ihr Verhalten taktisch klug war die durchnässten aus Holz bestehenden Karren samt Inhalt zum Raub der Flammen werden zu lassen statt sie einfach stehen zu lassen, sei dahin gestellt. Sie erreichten durch die Vernichtung zwar, dass den Germanen nützliches Gebrauchsmaterial nicht in die Hände fallen konnte, aber sie begingen damit aus falscher Überlegung heraus vielleicht einen ungleich größeren Fehler. Aber um dies besser verstehen zu können, sollte man sich ins alte Germanien zurück versetzen. Eine Zeit ohne Schilder und Wegweiser. Da gab es auf der einen Seite die bekannten weithin gut sicht- und hörbaren Naturgewalten wie Blitz und Donner, die schon mal heftige Ausmaße annehmen können und andererseits die von Menschen verursachten Zerstörungen. Aber Brände kamen in den Vorstellungen der alten Welt den Boten des Unheils recht nahe. Waldbrände nach Blitzeinschlag, oder Brände wegen Rodung kamen vor. Aber dieser Geruch erinnerte sie alle an die mutwilligen Brandschatzungen ganzer Ansiedlungen nach feindlichen Angriffen wie es die römischen Legionäre im Krieg zu tun pflegten, sie lösten Fluchtbewegungen und Todesahnungen aus. Aber das Abbrennen nassen Holzes vermeidete man für gewöhnlich, denn es erfordert große Hitze und macht wenig Sinn. Dafür besaß es aber eine ungeahnte Nebenwirkung, denn der damit verbundene weit tragende ätzende Brandgeruch verfehlte seine Wirkung nicht, war überall zu riechen und brannte in den Augen. Aber hier kam noch die Farbe des Rauches hinzu. Sie war weiß und sie entsteht nur in Verbindung mit feuchtem Holz durch die Bildung von Wasserdampf. Und diese zwischen den Bäumen aus dem Wald hoch aufsteigenden Schwaden lagen nun seit den Morgenstunden über dem gesamten Nachtlager und man sah sie schon von weit her bis zu den Höhen der Egge und zum Weserufer. Besser ließ sich der Himmel nicht zum sprechen bringen. Denn spätestens jetzt wusste jeder Germane was die Stunde geschlagen hatte, denn dieses Zeichen bedeutete den Niedergang und verkündete den Wendepunkt. Es weckte in den Seelen der einfachen Menschen ihre Ur - Ängste die sie instinktiv zu schnellem Handeln zwangen. Aber an diesem seltsamen Morgen lagen die Dinge anders denn dieses Zeichen fasste man als eine willkommene Botschaft auf. Hier drückte der weiße Qualm am Himmel das Gegenteil von Gefahr aus, denn er verhieß ihnen ein Siegesgefühl. Durch die ungenügende Verbrennung färbte sich der Rauch auch zeitweise schwarz und so zogen bei Westwind über die Weserlandschaft die langen schwarzen Rußfahnen der Vergänglichkeit. Opferrituale und Totenbestattung waren mit Verbrennung verbunden aber hier verschmolz sich alles mit dem Untergang einer Armee und wurde zum Fanal. Das Rauch auch immer der leise Bruder des Todes ist, stand an diesem Tag unter anderen Vorzeichen, denn allen war bekannt, dass die Germanen auf dem Schlachtfeld über nichts Brennbares verfügten und so ließ sich die Ursache nur auf die römischen Streitkräfte zurück führen und sich nur mit angezündeten Karren in Verbindung bringen lassen. Ob sie nun von den siegreichen Germanen oder den schon unterlegenen Römern in Brand gesetzt wurden war für die entfernt Lebenden weder ersichtlich noch unbedingt relevant. Und das sich römische Ochsengespanne bei Regenwetter nicht von selbst in Brand setzen können bedarf keiner Erwähnung. Und selbst am Morgen des zweiten Kampftages rückten natürlich immer noch germanische Trupps aus weiteren Entfernungen an um sich am Kampf zu beteiligen und auf sie wirkten die langen Rußschleppen wie elektrisierend. Es beschleunigte ihre Schritte, löste in ihnen ein Rauschgefühl aus und setzte nach den langen Fußmärschen ungeahnte neue Kräfte frei. Jetzt bloß keine Zeit mehr verlieren und auf keinen Fall zu spät kommen, jetzt gilt es, denn Arminius brauchte jeden Mann um zu siegen und sicherlich wollte man auch noch etwas vom lukrativen Kuchen abhaben. Die Verbrennung, vielleicht auch eine aus der Not geborene Verzweiflungstat entfaltete nun die beschriebene verheerende Wirkung auf alle Teilnehmer des Schlachtgeschehens, sowohl unter den Germanen als auch unter den Römern, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Es war der bekannte Geruch der für den Tod und das Sterben steht und hatte für alle schon den Beigeschmack einer vorweg genommenen Kapitulation. Aber soweit war es noch nicht. Die Trossverbrennung muss nach dem Erscheinen von Arminius auf dem Schlachtfeld wie eine weitere demoralisierende Keule auf die Legionäre gewirkt haben und ihre Moral näherte sich dem Nullpunkt. Es war für sich genommen bereits verheerend und löste unter vielen schon den Ruf nach dem "Rette sich wer kann", aus. Es könnte der Moment gewesen sein in dem sich jene Kämpfer vom Schlachtfeld entfernten, die nicht ganz freiwillig am Krieg teilnahmen. Wir wissen nicht, ob sich unter ihnen kleinere Gruppen bestehend aus germanischen oder keltischen Hilfskräften befanden, die noch im Marschzug ausgeharrt hatten. Sie dürften spätestens jetzt die erste sich bietende Gelegenheit zur Flucht genutzt haben. Aber was konnte für die kampfesmutigen Germanen im Großraum hilfreicher gewesen sein, als eine hoch am Himmel stehende und weithin sichtbare Rauchsäule. Nun erkannte auch der letzte Germane den schnellsten und direktesten Weg zur Wallstatt, denn man ahnte sie jetzt schon aus großen Entfernungen. Unnötige Umwege konnten jetzt vermieden werden, man war schneller am Ort der Tragödie und brauchte nicht mehr viel zu fragen, wo es denn zur Front geht. Aber das Feuerzeichen alarmierte auch noch die Zögernden und Unentschlossenen und vielleicht auch die Ängstlichen unter ihnen um doch noch in den Kampf einzugreifen. Besser ließ sich kein Zeichen mehr setzen, als so wie es die Römer hier in ihrer Notlage taten, aber sie hatten auch allen Grund dazu. Damit fiel ein weiterer Dominostein was ihren Weg in den Untergang beschleunigte. Warum man sich die Mühe machte das Trossmaterial zu verbrennen, statt es stehen zu lassen bleibt bei oberflächlicher Betrachtung unklar. Was wollte man damit erreichen besser gesagt, was steckte in den Karren, dass man den Germanen auf keinen Fall überlassen wollte oder durfte. Brennbar musste es sein, aber warum sollte man uninteressantes Bauholz verbrennen. Werte wie Münzen, Edelmetalle oder sakral Symbolisches hatte man der Recherche zufolge gar nicht erst zu den Aufrührern mit genommen. Essgeschirr, Kleidung, Prunkobjekte, Ärztebestecke etc. könnte man noch als Ballast abgeworfen haben, aber es brannte nicht und warum sollte man es vorher beschädigen oder vernichten, man hätte es auch für die Germanen liegen lassen können um sie zu ködern oder aufzuhalten. Was blieb da also noch was die Germanen nicht besitzen sollten. Die Antwort kann eigentlich nur lauten, es müssen brennbare Gegenstände darunter gewesen sein die man unter keinen Umständen den Germanen überlassen wollte. Möglicherweise befanden sich zusätzliche Waffen darunter die sich noch zum Kämpfen eigneten und die man nicht in den Händen der Germanen sehen wollte. Weitere Holzschilde, Bögen, Pfeile, Köcher, Speere, aber auch die Holzgriffe von Äxten und Schanzwerkzeugen ließen sich auf diese Weise beschädigen, während man Dolche oder Kurzschwerter an sich nahm. Weitaus gefährlicher könnten jedoch andere schwere militärische Ausrüstungsgegenstände gewesen sein, die man in jedem Fall vor dem Ausrücken unbrauchbar machen musste. Und nicht nur das, es galt auch die dazugehörige Munition zu vernichten. Die Rede ist von schweren Ballisten etwa der Scorpio bzw. den Katapulten also den handgeführten Torsionsgeschützen. Die High Tech Waffensysteme der Antike mit denen sich Schlachten führen und gewinnen ließen, wenn man sie besitzen würde und zu verwenden wusste. Seit man im Jahre 2000 in einer Kiesgrube bei Xanten die metallenen Reste einer römischen Torsionsarmbrust fand die aus der Zeit um das Jahr Null stammte darf man davon ausgehen, dass derartige Waffen auch von Varus mitgeführt sein könnten. Nach dem Verlassen des "prima Vari castra" erwiesen sich diese komplexen Distanzwaffen jedoch aufgrund der neuen Lage als ungeeignet, denn Strategie, Gewicht und Terrain ließen ihre Nutzung nicht mehr zu. Mit diesen Gerätschaften kurzen Prozess zu machen ist die einzige Überlegung mit der sich begründen ließe, warum man die Wagen samt Inhalt in Brand setzte, obwohl es zeitraubend war, man dadurch viel Aufsehen erregte, das Risiko also bewusst einging. Es war von großer Tragweite und muss auch eine schwere Entscheidung gewesen sein, wenn es denn so war fortan auf diese Dinge verzichten zu wollen. Denn wer dies als notwendig erachtet, der hat sich schon nahezu aufgegeben und es lässt sich dem entnehmen wie gravierend und verlustreich schon der erste Kampftag verlief und zu Ende ging. Unschwer verdeutlicht es, in welch aussichtsloser Lage sich die Legionen schon am Morgen danach sahen. So roch der aufsteigende Rauch der Verbrennung für alle Kriegsteilnehmer schon mehr nach Kapitulation und weniger nach Optimismus und wirkte wie das Signal eines bevorstehenden Untergangs. Die schwarzen Wolken wurden zum Symbol dafür, dass der germanische Plan dabei war aufzugehen. Ob Varus vielleicht damit auch erreichen wollte, dass man es wie ein letztes Zeichen sehen sollte, gleichbedeutend mit einem Hilferuf an alle römischen Einheiten in der Region das Gefahr in Verzug war und man zu Hilfe kommen sollte scheint abwegig, denn wer sollte noch kommen. Vielleicht dachte man entfernt noch an die Abstellungen wusste aber nicht, dass sie sich samt des zivilen Trosses längst in den Händen der Germanen befanden. Von dort war also keine Unterstützung mehr zu erwarten. Varus könnte auch gehofft haben, dass Asprenas seine Nachricht erhalten würde, der irgendwo im Lipperaum sondierte, wo er mit unbekanntem Ziel operierte oder möglicherweise von dannen schlich. So wartete man auch auf ihn vergebens. Und wer schon nach dem ersten Kampftag vieles zurück ließ, dem fehlt auch vieles um ein zweites Lager zu errichten und man kann sich vorstellen wie die Folgenacht oder die Folgenächte verliefen. Man war sich also der Tatsache früh bewusst, dass das nächstes Nachtquartier kein geschütztes, sondern ein offenes und kaum verteidigungsfähiges Feldlager werden würde. Die Legionäre wussten wie es um sie stand und sie richteten mit der Verbrennung auch eine Botschaft an die Germanen die da lautete, wir setzen jetzt alles auf eine Karte und wir werden uns mit Waffengewalt, dem Mut der Verzweiflung und ohne unnötige Last einen Weg bis zur Lippe frei schlagen. Eine wund geschlagene und zu allem bereite Armee die um ihr nacktes Leben kämpfte bereitete sich am Morgen des zweiten Kamptages auf den Gegner vor. Man wollte also den schnellen und zügigen Durchbruch bis zu einem Schutz bietenden Lippelager erzwingen. Das Standlager Aliso "ad caput juliae" an der Lippequelle aus diesem südlichen Raum zu erreichen war aussichtslos und unnötig, denn sich nach Aliso zu begeben bedeutete einen Umweg einzugehen. So bot sich den Germanen im Dunst des Morgens ein dämonisches Bild. Eine immer noch aus vielen Kämpfern bestehende Streitmacht raufte sich nochmal zusammen. Varus hatte begriffen, dass er in diesem Lager keine aufrührerischen Stämme mehr befrieden brauchte, die sich nicht befrieden lassen wollten. Seine Erkenntnis kam zu spät, denn hier wollte sich auch niemand mehr seine Richtersprüche anhören und sich ihnen erst recht nicht beugen müssen. Varus brauchte sich in dieser prekären Lage auch nicht den Vorwurf machen, nicht auf Segestes gehört zu haben, denn auf Basis von Logik und Recherche ließ sich rekonstruieren, dass Varus von Segestes nie gewarnt wurde. Am Morgen vor dem Aufbruch und noch vor Sonnenaufgang wird man sich im Umkreis von Varus beraten und die weitere Vorgehensweise festgelegt haben. Die Lage war so klar wie ausweglos und welcher Römer wusste überhaupt über welche Wege man marschieren oder besser gesagt über welche flüchten sollte oder noch konnte, denn der germanische Feind kannte alle ihre Fluchtwege und nur die Himmelsrichtung wurde für sie zum Leitfaden und so konnte man sich auch nur nach Westen hin orientieren und sich für einen Weg entscheiden der in diese Richtung führte. Da die Germanen den Verlauf kannten, könnten sie ihn gezielt für die Flüchtenden wie zum Schein offen gehalten haben. Aus dem Hinweg auch den Rückweg zu machen, also auf dem gleichen Weg zurück nach Brakel zu marschieren schied aus und dürfte für sie keine Option mehr gewesen sein zumal die Cherusker durch ihre deutlich sichtbare Präsenz signalisierten, dass man ihn ultimativ versperrt hat. In den Nachtstunden wird Varus mit seinen Kommandeuren die Lage beraten und auch versucht haben, sich in die germanischen Überlegungen hinein zu denken. Aber gleich welchen Gedanken man verfolgte, man wusste, dass sich ihnen am nächsten Morgen erneut früher oder später die Germanen entgegen stellen würden. Im Zelt von Varus wird man alle Fluchtvarianten durchgespielt haben und nachdem was die Römer bisher erfahren mussten, konnten sie davon ausgehen, dass die Germanen bereits das Lager Aliso oder andere Lager und vielleicht sogar schon Anreppen in ihre Gewalt gebracht hatten. Würde es ihnen gelingen könnten sie nach dem Erklimmen des Saltus Anreppen umgehen und direkt auf Lippstadt zu marschieren womit die Hoffnung verbunden wäre noch auf Asprenas zu stoßen. Entsatzkräfte anderer Kastelle kurzfristig heranzuführen war aufgrund der Entfernungen und Bedingungen nahezu aussichtslos und wer begab sich schon freiwillig in die Hitze und die Hölle einer Schlacht die sich bereits durch schwarze Wolken Kilometer weit erkennbar machte. Varus hätte Meldereiter aussenden können, die jedoch nicht weit gekommen und vermutlich abgefangen worden wären. Und wohin hätte man sie auch schicken sollen, bzw. wohin hätte man überhaupt mögliche Hilfskräfte lenken und leiten sollen um auf sie irgendwo im weiten Land zu stoßen. Hilfe die am Ende ins offene Messer der Germanen geritten wäre. Varus war auf sich allein gestellt, war abgeschnürt und massiv geschwächt. Hilfe musste also entweder jetzt kommen oder das Schicksal seiner Armee hing am dünnen Faden, denn jede weitere Stunde würde bald zu neuen Verlusten führen. Folglich blieb den Römern schon am morgen des zweiten Kampftages nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera bzw. die berühmten Streichhölzer zu ziehen, welche Strecke die besseren Überlebenschancen bot. Man kann an dieser Stelle vielen Spekulationen und Gedankenspielen Raum geben, was Varus und seinem Stab in jener Nacht durch den Kopf gegangen sein könnte, aber lassen wir es dabei bewenden. Nach Lage der Dinge konnte Arminius auf Basis dieser Theorie nur zu einer Entscheidung gekommen sein, ein Plan den auch Varus durchschaut haben dürfte. Denn es blieb Varus letztlich nur ein Weg und bei diesem handelte es sich um den prähistorischen "Oberen Bördenweg", der aus Höxter kommend leicht gekrümmt auf den Saltus zuführt und nur über ihn konnte er versuchen zu entkommen. Aber auch dafür hatte Arminius Vorkehrungen getroffen und ihn in seinem Sinne präpariert, denn dieser einzige gangbare Weg war fester Bestandteil seiner Strategie und spielte ihm in die Hände und so ist nicht auszuschließen, dass dieser Fluchtweg von Beginn an in seiner Planung eine wesentliche Rolle eingenommen hatte, da es der Weg war der direkt auf den Sattel zwischen den germanischen Volksburgen zulief. Dieser Weg wurde für Varus zur zweiten Falle im Zuge der Mehrtagesschlacht, auf ihm sollte der Rest seiner Streitkräfte aufgerieben werden, denn Arminius war sich im Klaren darüber, dass sich diese Armee nicht an einem einzigen Kampftag bezwingen ließ. Was dieses Lager am Morgen nach dem ersten Angriffstag verließ war der klägliche Abglanz einer einst selbstbewussten Armee und diesen desolaten und maroden Lagerplatz wollte sicherlich keiner mehr eines rückwärts gerichteten Blickes würdigen. Der beißende Rauch der Verbrennung lag noch über dem Kampfplatz als die Kommandeure zum Aufbruch riefen. Zu diesem Zeitpunkt konnte man im Lager und seinem Umfeld noch gut die Spuren der Schlacht erkennen. Keine Bewegung entging den Germanen und sie sahen wie stark die römische Streitmacht jetzt noch war, sie überblickten ihren Zustand und schätzten die Zahl jener die man zurück ließ, da sie zu verletzt waren um zu marschieren. Derartiges zu beschreiben gehört in der Regel nicht mehr zum Aufgabengebiet von Wissenschaft und Forschung und noch weniger zum Arbeitsfeld der Archäologie da es zu viele Unabwägbarkeiten und zu wenig Belastbares enthält. Aber man muss es nach stellen und durch spielen, will man mit Hilfe der Überlieferungen von Tacitus und Dio eine Chronologie aufbauen die passt und bei der man die menschlichen Verhaltensweisen nicht unter den Tisch fallen lassen sollte. Das Verlassen des "prima Vari castra" dürfte an dem Morgen zögerlich eingesetzt haben, denn es galt rechtzeitig nach allen Richtungen zu sondieren und man erwartete möglicherweise schon früh oder unmittelbar nach dem Aufbruch auf einen germanischen Belagerungsring zu stoßen. Und so war es auch für Cassius Dio 56. 21 (1) gut nachvollziehbar als er schrieb, dass die Römer auch nach ihrem Abzug Verluste erlitten. Er beschreibt sie zwar als nicht so umfangreich wie jene vom Vortag hielt sie aber dennoch für bedeutsam und erwähnte es folglich. In welcher Phase es zu diesen Verlusten kam wird nicht deutlich, aber im Zusammenspiel mit seinen weiteren Äußerungen wird es plausibler. Für den römischen Generalstab war jetzt guter Rat teuer. Man verließ ein erbärmliches Nachtlager und keiner hatte eine rechte Vorstellung davon für welche Marschrichtung man sich nun entscheiden sollte. Aber gezwungenermaßen mangels alternativen entschied man sich dafür auf den "Oberen Bördenweg" einzuschwenken. Dort wo sie sich befanden vermutlich im Raum Schweckhausen östlich Peckelsheim kannte man die Lage der Egge, obwohl man sie nur schemenhaft wahrnehmen konnte, wenn die Wolkendecke riss. Aber man wusste, dass mit ihr irgendwo im Westen zu rechnen war. Eine schroffe geologische Barriere wartete in der Ferne auf sie und sie galt es überwinden zu müssen, wenn man wieder in die westfälische Bucht absteigen wollte, wo die ihnen bekannte Lippe floss. Da sich der Weg den sie kamen zurück nach Norden als Rückweg definitiv ausschließen lässt und ebenso auch alle Süd - und Ostrichtungen, blieb den Überlebenden nur der Weg in Richtung Borlinghausen, wo der Saltus steil zum Sintfeld anstieg, da die Egge im weiten Umkreis unpassierbar war. Oben am östlichen Sintfeldrand angekommen gab es für sie nur zwei Fluchtwege, da Aliso keine Alternative war. Der Weg zur Lippe etwa zum heutigen Lippstadt, oder die verborgene Waldvariante über den Haarweg zu wählen blieb als Alternative um zum Rhein zu entkommen. Aber die Frage welche der beiden Varianten die bessere war brauchten sie sich nicht mehr zu stellen. So gleitet es etwas ins Hypothetische ab, über welche Wege die wenigen Überlebenden letztlich den Rhein erreichten und erst recht die Frage wie lange sie dafür brauchten. (17.02.2022)
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Dienstag, 1. Februar 2022
Das "prima Vari castra" befand sich im Fahlenbruch.
ulrich leyhe, 11:40h
Zunächst soll hier versucht werden die aufgebaute Argumentationskette zu schließen. Am Ende dieses Kapitels folgt der bearbeitete Lageplan und mit Unterstützung der Bodenradar Technologie könnte es gelingen diese Theorie verständlich zu machen. Aber mit der Abwesenheit eines Gegenbeweises eine Behauptung zu rechtfertigen ist unlogisch denn mit dem Fehlen von Beweisen allein lässt sich nichts belegen. Hier liegt der Zweck einzig in der Herausforderung die Behauptung entweder zu stützen oder sie zu entkräften. Wagen wir also einen Sprung vom Herbst des denkwürdiges Jahres 9 + in die heutige Zeit dann könnte man meinen nach dem Studium dieser Theorie nun zu wissen, welchen Weg Varus damals unter dem erwarteten, da vertraglich zugesicherten Schutz der Cherusker einschlug um zu den fernen Aufrührern zu gelangen. Er durchquerte zunächst das Siedlungsgebiet seiner Bündnispartner und wähnte sich dabei zumindest noch am ersten Marschtag von Höxter nach Brakel wie in Abrahams Schoß. Schaut man sich die Region näher an, dann wünscht man sich außer mit Hilfe der historischen Quellen und den landschaftlichen also topographischen Gegebenheiten auch noch auf andere Hinweise zu stoßen mit denen sich der Marschkorridor definieren ließe. So erträumt man sich an der Zugstrecke auch noch jene anthropogenen Veränderungen aufspüren zu können die sich mit Varus in Verbindung bringen ließen. Der dieser Theorie zugrunde liegende Zugweg orientiert sich am prähistorischen Wegenetz auf dessen Trasse man den späteren Hellweg von Brakel nach Warburg führte. Es ist der Weg, den schon Johannes Gigas in seine Karte eintrug, die er in den Jahren zwischen 1620 und 1630 über das Fürstbistum Paderborn anfertigte. Inmitten des Dreißigjährigen Krieges beruhte sie auf dem Wissen der Zeit und zeigte die einzig existierende wohl gut nutzbare Verbindung aus Nordhessen über die Diemel nach Brakel und weiter bis Lügde. Eine Verbindung unter der Egge zwischen Bonenburg und Willebadessen sowie den Oberen Bördenweg von Peckelsheim zum Saltus enthält die Gigas Karte nicht.
Ausschnitt aus der Karte von Johannes Gigas (1620-1630)
Sie zeigt wo einst der Hellweg den Fahlenbruch querte
Er ist gelb gekennzeichnet und man kann ihn auch westlich von Hampenhausen immer noch sehen. Aber nur dann, wenn die Sommer heiß und trocken sind und sich auf der einstigen Trasse die Vegetation gelblich verfärbt hat. Blau kennzeichnet ist der "Obere Bördenweg".
Varus nutzte ihn möglicherweise von Brakel aus kommend am zweiten Marschtag auf dem Weg zum "Teutoburgiensi saltu". Dieser Annahme folgend gelangte er mit seinen Legionären am zweiten Marschtag abends nur bis in den Fahlenbruch nördlich von Schweckhausen. Von dort so besagt es die Theorie zog er am folgenden Tag nach der desaströsen Nacht im "prima Vari castra" und stark lädiert weiter in Richtung Warburg bis er südlich von Schweckhausen auf den oberen Bördenweg einschwenkte um über ihn nach Borlinghausen zum Saltus zu gelangen. An dieser Wegstrecke oder im Umfeld davon gilt es nun in der Hoffnung auf römerzeitliche Artefakte zu stoßen nach oberirdischen Verwerfungen und verdächtigen Bodenstrukturen Ausschau zu halten, aber vor allem auf mögliche Spuren des "prima Vari castra". Da das Schlachtgeschehen wie rekonstruiert nahe Hampenhausen seinen Anfang nahm und später im Fahlenbruch bitter endete, fällt dieser heute bewaldeten Senke durch die der Talbach fließt unsere Aufmerksamkeit zu. Wir wissen anhand des historischen Kartenmaterials von Le Coq und Gigas wo der Hellweg aus Brakel kommend den Fahlenbruch einst querte und es ist naheliegend, dass sich auch darin mögliche Spuren des Marschlagers wenn, dann auch nur in Reichweite dieses Weges erhalten haben könnten. Wo der Fahlenbruch und ein auch damals vermutlich schon vorhandenes Waldgebiet vor 2.ooo Jahren seinen Anfang nahm und wo er endete lässt sich nicht mehr sagen, aber der Bach könnte auch schon in dieser Zeit den zentralen Bereich dieses Sumpftales gebildet haben. So reduziert sich auch der Suchhorizont auf den inzwischen teils von der Vegetation überwucherten und kaum noch benutzbaren alten Hellweg und das Bachtal mit seinen kleinen Nebenbächen. Man könnte nun einen Radius schlagen und versuchen eine aus strategischer Sicht erhöhte Lage oder eine Schutz bietende Bachschleife mit Prallhang auszumachen um dort die Suche aufzunehmen. Der Fahlenbruch steigt vom Talbach nach Süden und Osten schwach an aber ein markantes Plateau was für einen Lagerplatz geeignet wäre bietet die Natur dort nicht an. Cassius Dio beschrieb die Umgebung aus Unkenntnis über die Landschaft als ein Waldgebirge bzw. vermutete etwas derartiges darunter räumte aber ein, dass der Lagerplatz für den sich Varus entschied keine sonderlichen Qualitäten aufwies und es daher mehr einem Notlager glich. Man kann sich auch fragen wie weit sich Varus auf der Suche nach einem möglichen Rastplatz vom Hellweg entfernt hat, darf aber nicht davon ausgehen, dass sich das Schlachtgeschehen am Kampftag nur auf diesen Weg beschränkte oder konzentrierte. Es wird sich alles in die Breite und Tiefe gezogen haben und der gesamte Bruchwald wird davon betroffen gewesen sein. Es wurde heftig gefochten aber auch der noch so stärkste rechte Arm erlahmt irgendwann und die Kämpfer verloren ihre Kraft. So neigte sich das Gefecht an diesem Tag dem Ende zu und Varus konnte seine Männer zusammen ziehen um ein Lager vorzubereiten, wie auch immer dieses ausgesehen haben mag. Neue Untersuchungsmethoden ermöglichen es Untersuchungen anzustellen wo das Gelände auffällige Strukturen hinterlassen hat die auf Gräben oder Umwallungen hindeuten. So könnten heute auch noch kaum erkennbare unscheinbare Bodenwellen schon Anlass genug sein wissenschaftliche Prospektionen etwa in Form von Querschnittgrabungen durchzuführen, wenn sich denn derartige Anhaltspunkte ergeben sollten. Folgt man der vorgeschichtlichen Wegeverbindung durch den Fahlenbruch die sich teilweise noch durch Hohlwege abzeichnet, so lassen sich im unmittelbaren Umfeld keine derartigen Strukturen auffinden. Entfernt man sich aber rund 4oo Meter vom besagten Hohlwegsbündel in südöstlicher Richtung, dann stößt man mitten im Wald auf etwas derartiges, dass sich mit etwas Mühe sogar noch als ein Plateau identifizieren ließe. Es sind die Spuren einer schwer zu beschreibenden aber offensichtlich einst dort vorhandenen älteren Verteidigungsanlage von der sich nur noch schwache Verwerfungen erhalten haben, die einen halbfertigen Eindruck hinterlassen. Militärische Anlagen die jedoch in sich keinen klaren Zusammenhang erkennen lassen, da die zwei Grabenstrukturen in die nördliche und östliche Richtung im Nichts enden. Das oberirdisch Sichtbare befindet sich in unmittelbarer Nähe eines kleines Nebenbaches der in den Talbach mündet und stößt nördlich an den Prallhang dieses kaum noch vorhandenen Bachlaufes. Ein nahezu trocken gefallenes Fließgewässer, das sich heute nur noch bei stärkeren Regenereignissen füllt, in einem anmoorigen Quellbereich entspringt und durch das eine schwach ausgeprägte kleine Furt von Ost nach West führt. Ein Blick auf die digitalen Möglichkeiten können helfen das besagte Gelände abzutasten es näher zu erforschen und nach Höhen und Tiefen abzusuchen wodurch sich nähere Rückschlüsse auf seine Formgebung ziehen lassen. Vermutlich aufgrund der im Fahlenbruch an anderer Stelle vorhandenen und gut erkennbaren Längsstreifenflure früherer landwirtschaftlicher Nutzung, auch Wölb - Äcker genannt hat man in den Kartenwerken diese Bodenveränderung als mittelalterlich identifiziert bzw. sich darauf verständigt und legte dafür die Bezeichnung Kulturdenkmal "KD Wallanlage" fest. Was die möglicherweise mittelalterliche Herkunft anbelangt, zumal sich keine Wölb Äcker unmittelbar im Wallgrabenkomplex befinden ist es fraglich ob diese Festlegungen auf archäologischen Untersuchungen beruhten, oder nur einer oberflächlichen Einschätzung entsprangen. An diesem Ort lässt sich eindeutig eine Oberflächenveränderung ausmachen die auf eine einstige strategische Maßnahme hinweist. Auch wenn sie aus nachrömischen Zeiten stammen sollte, wäre es lohnenswert diese Hinterlassenschaft näher zu untersuchen. Aber zunächst sei der Versuch gestattet diese interessanten Relikte und Reste einstiger Verteidigungsanlagen zu beschreiben. Die gesamte Struktur zeigt sich heute in besonderer Weise als ein mysteriöses Gebilde das Rätsel aufgibt. Unklarheit besteht aus verschiedenen Gründen, aber besonders augenfällig erscheint seine undefinierbare Ausdehnung und der damit verbundene undeutliche Endausbauzustand. Daher lässt sich für Bauwerk keine geometrisch bekannte Form festlegen mit der man es sicher als ein Rechteck ansprechen könnte. Optisch wirkt es eher wegen der Winkelstellung wie ein Dreieck. Es handelt sich also um keine von einer Wallanlage komplett umschlossene Fläche. Das oberflächlich noch sichtbare Innere ist aus unbekannten Gründen sowohl nach Osten als auch nach Norden offen und zeigt in diese Richtung weder Wall noch Grabenstruktur. Anders die noch gut erkennbare Wallgraben Struktur im Westen und Süden. Die nach Westen gerichtete in Nordsüdrichtung verlaufende Anlage lässt einen etwa 194 Meter langen Wall mit Graben erkennen der sich durch eine auffällige Gradlinigkeit auszeichnet wobei der Wallsockel aktuell noch eine Breite von maximal sechs Metern aufweist. Im Norden endet der Bau wie beschrieben unvermittelt, während er an seinem südlichen Ende winkelartig nach Osten schwenkt bzw. abknickt. Die kürzere Ostwest Struktur misst etwa 120 Meter. Am Ende dieser auch schwächer ausgeprägten Umwallung zeigt sich eine unerwartet nach Norden gebogene auslaufende Kante oder Kurve, die aber schon nach wenigen Metern endet. Ab diesem Punkt öffnet sich die Anlage und die Umwallung wirkt nach Osten hin wie ungeschützt. Das gleiche ungeschützte Bild zeigt die Umwallung auch nach Norden hin befände sich da nicht der Talbach. So erscheint die Anlage bestenfalls noch wie ein unvollendetes Dreieck, da sie nur aus zwei Schenkeln besteht. Ein spontaner Blick auf die gesamte Architektonik geworfen vermittelt im ersten Moment den Eindruck von etwas Halbfertigen und nicht zu Ende Gebautem. Was die Erbauer einst sicherlich nutzen wollten war der an Windungen reiche Verlauf des versumpften Talbaches der nördlich die Anlage abzugrenzen scheint. Ein Bachtal, dass sich wie hier wie ein natürlicher Schutz in Form eines Annäherungshindernisses anbietet ließ sich immer schon gut in eine Verteidigungsanlage integrieren. Allerdings erreichten die beiden baulichen Maßnahmen, sowohl die westliche Grabenwalllinie als auch die südliche die in die Richtung des Talbachtales zeigen nicht die Ufer des Baches sondern endeten schon davor. Eine Auffälligkeit für die man nach Erklärungen suchen sollte. Warum also konnte oder wollte man das Walldreieck nicht bis an das Ufer des Talbach bauen, sondern ließ es wie ein unfertiges Bauwerk erscheinen. Unfertig insofern, als das man warum auch immer auf den direkten Anschluss zum Talbach verzichtete. Das Dreieck sicherte und bot Schutz nur nach Westen und Süden aber nicht vollständig ringsum auch nach Norden und Osten. Erwartete man aus diesen Richtungen keine Gefahr, musste man die Arbeiten unterbrechen oder wurden die nicht mehr sichtbaren Wallgrabenabschnitte über die Zeiten doch aus Gründen einer anderen Nutzung, aber welcher eingeebnet. Wie bereits dargestellt gab es innerhalb der möglichen und ausbaufähigen maximalen Grundfläche der Verteidigungsanlage keine Spuren die auf eine mittelalterliche Bearbeitung hinweisen. Also keine Wölb - Äcker und dergleichen, so dass diese Argumentation für eine Abflachung entfallen könnte. Den Generationen standen zudem sicherlich Flächen zur Verfügung die nicht zuerst aufwändig eingeebnet werden mussten. Da man Feinden keine offene Flanke bietet und diese die Umwallung von zwei Seiten aus von hinten hätten einnehmen und den Kämpfern in den Rücken fallen können erscheint der Verdacht fragwürdig anzunehmen die alten Bauherren hätten sich sicher sein können von Osten oder Norden nicht angegriffen zu werden. So bleibt die Frage nach dem Warum man die Lücke gelassen hatte denn Absicht dürfte nicht dahinter gestanden habe. Da klingt die Annahme plausibler die schanzenden Legionäre wurden unterbrochen und konnten ihre Arbeit nicht fortsetzen bzw. zu Ende führen. Die 194 m lange Westwallstruktur verläuft nahezu parallel und flankierend zum alten Hellweg, so als wolle man sich aus der Umwallung heraus gegen ihn abschirmen. Ein weiterer Grund für eine Wallgrabenstruktur in dieser Position. Aber auch in diesem Fall steht die Frage im Raum, warum man die Umwallung nicht zu Ende baute, den Raum nicht komplett umschloss und statt dessen große Lücken Einfallschneisen gleich übrig ließ. Dieser Theorie nach hatte man jene Abschnitte die nicht von der Talbachkerbe geschützt waren mit Karren und Verhau verriegelt, das man anderntags verbrannte und daher keine Spuren hinterließ. Betrachtet man das Bachtal unter heutigen Verhältnissen und in möglicherweise regenarmen Phasen, dann muss man sich Fragen, wie der kümmerliche Talbach imstande gewesen soll Schutz zu bieten und wie er einen ernst zunehmenden Gegner hätte aufhalten können. Und natürlich gab Cassius Dio die Antwort denn die Varusschlacht war von prasselndem Regen begleitet der die Bäche anschwellen ließ, so dass man sich dahinter schützen konnte. Aber Nässe und Feuchtigkeit erschwerten auch massiv jegliche Formen von Erdarbeiten wodurch sie durch die Schwere des Bodens zum Erliegen kamen. Übersehene Argumente die uns ein völlig anderes Bild vom "prima Vari castra" vermitteln, wenn man auch hier die Wetterlage in das reale Geschehen integriert. Varus hatte es mit einem Gegner zu tun, der sich keine Sorgen darüber machen musste, ob seine Sandalen im Schlamm stecken bleiben könnten, denn er trug keine. So war das Gewässer für Verteidigungszwecke nur bedingt brauchbar, man nutzte es mehr nach dem Motto "besser als nichts" dafür half die hereinbrechende Dunkelheit das Problem zu lösen. Verwitterte Reste römischer Wallanlagen, wenn sie sich nicht in den Auen von Flüssen befanden und man sie über die Jahrhunderte unangetastet ließ, blieben bis heute auch oberirdisch sichtbar. Ein Beispiel dafür bietet möglicherweise der befestigte Kern, also die fortifikatorisch besonders gesicherte Innenfläche des römischen Marschlagers Hedemünden. Die länglich ovale Anlage misst 300 x 125 Meter und umfasst einen Innenraum von 3,2 Hektar. Dort zeigt sich die Wallbreite heute noch in einer Basisbreite von fünf bis sechs Metern und einer Höhe von 0,8 bis 1,2 Metern, was mit der Wallbreite im Fahlenbruch nahezu identisch ist. Das erklärt aber noch nicht den Grund warum man den Bau nicht fortsetzte und ihn nur bis in den Zustand eines Fragmentes kommen ließ. So darf man tatsächlich den Eindruck gewinnen, als ob man die Arbeiten jäh unterbrach und vielleicht sogar unterbrechen musste und dann auch nicht mehr zu Ende führen konnte und wollte. Zwei über die Luftaufklärung erkennbare unauffällige kurze Grabenvertiefungen könnten die Frage beantworten helfen warum man es unterließ. Sie befinden sich sowohl an der Südostspitze der kürzeren 120 Meter langen ostwestlich verlaufenden Wallgrabenanlage als auch an der Nordspitze der südnördlich verlaufenden Wallgrabenanlage. Denn bei genauer Betrachtung fällt auf, dass beide Längswerke am Ende unvermittelt einen unerklärbaren stummelartigen Schwenk wie einen Wurmfortsatz vollziehen. Bei der 120 Meter Struktur knickt er nach Norden und bei der 194 Meter Struktur knickt er scharf nach Osten ab. Die ursprüngliche vorgesehene Richtung beider Wallgrabenlinien lässt sich gut der Draufsicht entnehmen aber die kurzen Abknickungen sprechen für die Erkenntnis, dass sich die jeweiligen Endpunkte im Norden als auch im Osten nicht mehr erreichen ließen, da man gezwungen war, die Arbeiten vorzeitig zu beenden. Diese Endpunkte lassen sich definieren indem man sie als gedachte Linie weiter zieht. Man erkennt dann, dass man beide am Talbach enden lassen wollte. Man darf also spekulieren und findet möglicherweise im voraus gegangenen Kapitel die Erklärung für den Abbruch der Schanzarbeiten. Als am Nachmittag des ersten Kampftages die Spitze des Marschzuges aufgrund der ausgebrochenen Unruhen den Stoppbefehl bekam und die erste Legion den Auftrag erhielt den Platz für ein vorzeitiges und ungeplantes Nachtlager zu suchen und mit den Bauarbeiten begann war man sich hinsichtlich der benötigen Dimensionierung noch zwangsläufig unschlüssig und plante es für die volle Anzahl der Varusarmee bzw. so wie sie Brakel verlassen hatte. Geht man folglich der Theorie nach, dass dieses Torso eines Nachtlagers auch zu Ende gebaut worden wäre, dann hätten die zwei Wallstrukturen in der Fortsetzung auch den Talbach erreicht. Dann hätte die heute noch oberirdisch sichtbare Länge von 194 Metern auch eine Gesamtausdehnung von etwa 270 m erreicht und die kürzere noch sichtbare 120 m Struktur wäre dann sogar auf 395 m angewachsen. Verbindet man diese beide Endpunkte da wo sie an den Talbach gestoßen wären, dann lässt sich der fehlende Schenkel längst des Talbaches errechnen der dann eine Strecke von etwa 360 m erreicht. Allerdings nur auf fiktiver Basis, da der Talbach gewölbt und bogenartig verläuft. Man kennt in diesem Zusammenhang betrachtet die römische Vorliebe Marschlager an Bachläufen zu errichten und dort zu nächtigen wie sich auch am Beispiel des Menkhauser Baches erkennen lässt, so könnte diese Methode auch für einen römischen Ursprung sprechen. Man sieht nun in der Vision das römische Nachtlager und welche Dimension es gehabt haben könnte, hätte man es zu Ende gebaut. Es sind jedoch nur die schemenhaften Außenmaße eines Marschlagers, das nie fertig gestellt wurde. Um sich die damalige Situation in der Phase des Lageraufbaus zu vergegenwärtigen muss man sich in das Schlachtgeschehen hinein denken. Die erste Legion schanzte vermutlich sogar im Regen mit den ihnen zur Verfügung stehenden zeitgemäßen Werkzeugen an Wall und Graben. Als diese Arbeiten im Gange waren erreichte der Lärm der Schlacht auch die arbeitenden Legionäre. Es erreichten sie aber auch auch äußerst bedrohliche Nachrichten wonach es sich nicht nur um vereinzelte Geplänkel, sondern um ein eindeutiges Schlachtgeschehen handelte. Die ersten Flüchtenden erreichten die Marschzugspitze und berichteten über die chaotischen Szenen und die großen Verluste die die Armee schon im hinteren Teil erlitten hatte. Daraufhin besann man sich noch während die Schanzarbeiten im Gange waren, die ursprüngliche Lagerdimension zu verringern, denn man erkannte, dass sich die anfänglich angestrebte Dimension des Lagers nicht aufrecht erhalten ließ. Und auch das man sie nicht mehr brauchte, denn es wurde allen bewusst, dass dieses Nachtlager nicht mehr die Anzahl aller beherbergen musste, die am Morgen Brakel verließen, da viele von ihnen auf dem Schlachtfeld blieben. Man strebte daraufhin wie man annehmen kann eine Verkleinerung an. Doch auch diese Überlegung ließ man im Kampfgeschehen schnell fallen und so endeten die Schanzarbeiten schon nach wenigen Metern. So erreichte die besagte stark verkürzte abgeknickte Struktur am Ende der 194 m langen Tangente nur noch etwa 5,50 m und auch der nach Norden ragende Finger der 120 Meter Tangente lässt sich nur über eine Strecke von etwa 7,00 m verfolgen. Als man sich entschloss sogar die Verkleinerung aufzugeben, muss sich die Gefahrenlage bereits zugespitzt und ihren Höhepunkt erreicht haben. Man könnte daraus schließen, dass nun sogar die Soldaten das Schwert in die Hand nehmen mussten die gerade noch schaufelten um sich zu verteidigen oder dem Feind entgegen zustürmen der immer näher kam. Soldaten die jetzt noch schanzen konnten und wollten dürfte man vergeblich suchen. Dafür rückte die Dunkelheit näher und die Germanen ließen vom Feind ab. Die bis dato nutzbaren Wallanlagen mussten nun für die Nacht den nötigen Schutz bieten und die klaffenden Lücken schloss man möglicherweise wie dargestellt mit den Gestellen der Ochsenkarren und nutzte dazu einen kleinen Nebenbach des Talbaches. Damit erklärt sich sowohl das zusammenhanglos erscheinende Bild eines in den Raum geworfenen Winkels bestehend aus dem Lang - und dem Kurzwall, als auch das Vorhandensein der zwei stummelartigen Abknickungen am Ende der beiden Wallstrukturen. Die sichtbaren Reste eines Lagers das einmal bis zum Talbach heran reichen sollte. Betrachtet man diese vermutlich aus der Not geborenen Minimalfortsätze angehängt an die 120 m bzw. 194 m Strukturen unter dem Blickwinkel der katastrophalen Lage am Abend des ersten Kampftages wird diese Handlungsweise nachvollziehbar. So wecken diese Bodenverwerfung Assoziationen die man auch in Kontext der Varusschlacht einbeziehen kann. Hätte man denn das Werk vollenden können, hätten die Germanen die Römer ungestört schanzen lassen und hätte es am ersten Tag nicht so viele Verluste gegeben, dann würde man heute womöglich noch auf die Reste einer großen rechteckigen Schanzanlage blicken und nicht nur auf einen Winkel. Auf dieser Basis kann man sich sogar an die Frage heran wagen, ob sich anhand eines fertigen Lagers auch eine Hochrechnung auf die Anzahl der Legionäre anstellen ließe, die Brakel am Morgen verließen. Hätte denn dann das Lager wohlweislich im fertigen Zustand die nötige Dimension gehabt um den angenommenen 11.000 Legionären für eine Nacht im Wald unter diesen Notbedingungen ausreichend Raum zu bieten ? Um dieser Überlegung nachzugehen ist die Geometrie gefragt. Es werden dafür also die Maße eines ungleichschenkeligen Dreiecks benötigt um die Kapazität ermitteln zu können. Zieht man die Linien der vorhandenen Wallgrabenstruktur bis zum Talbach weiter, dann verfügt man über die Maße die zur Errechnung der Gesamtfläche nötig sind. Es sind diese der Westwall mit demnach 270 m, der nach Südosten zeigende Wall von 395 m und die Linie längst des Talbach von etwa 360 m. Um den Flächeninhalt zu errechnen bedarf es der Zuhilfenahme des Lehrsatzes von Heron, wenn nur die drei Seitenlängen bekannt sind.
Folglich die Wurzel aus S*(s - a)*(s - b)*(s - c)
a.) = 270 m
b.) = 360 m
c.) = 395 m
Umfang: 1.025 m ( = Summe der drei Seiten)
S = der halbe Umfang 512,50 m
Formel für die Fläche:
Demnach lautet die Wurzel:
+ C10* (C10 - C5)* (C10 - C6)*(C10 - C7)
Somit hätte das Lager wenn man es denn zu Ende gebaut worden wäre eine Fläche von etwa 47.191 m², folglich 4,7 Hektar bedeckt. Eine Fläche groß genug um darin etwa 11.000 Männer unter den gegebenen Verhältnissen für eine Nacht unter zu bringen. Wozu es bekanntlich nicht kam, da man es nicht zu Ende baute und weil man die angedachte Dimensionierung aufgrund der desaströsen Lage aufgab. Dieser Wallanlage kartographisch das Prädikat Kulturdenkmal zu geben ist begründet auch wenn man sich um sie zu finden etwas in das Dickicht des Fahlenbruches hinein begeben muss. Aber allemal sind es Strukturen die es der Mühe wert sind sie unter dem Gesichtspunkt der Varusforschung zu untersuchen. Dieses Analyseergebnis ruft förmlich nach dem Vergleich was Tacitus und Cassius Dio über das römische Marschlager berichteten. Tacitus beschrieb den weiten Umfang den dieses Hauptlager hatte, thematisierte dann in komprimierter Form die bleichenden Gebeine der Getöteten die man auf dem Ritt vom ersten zum zweiten Lager entdeckte. Er nannte die Fundstellen in "Medio campi". Übersetzt man es etwa ins "spanische Latein" wie "medio del campo", so steht es für "mitten im Feld" oder "auf dem Land - inmitten von Feldern" also auch von Schlachtfeldern. Dann wechselte Tacitus nach dieser Theorie den Schauplatz und berichtet nun über das Notlager, das die dezimierten Reste der Varusarmee am Abend des zweiten Marschtages errichteten. Dabei ging er auf den halb zerstörten Wall und den flachen Graben ein, hinter dem sich die dezimierten Reste nieder gelassen hatten. Und dies war nicht der Wall und der Graben des ersten Marschlagers im Fahlenbruch, sondern schon das Lager in dessen Nähe Varus sich später tötete. Im Fahlenbruch Marschlager rotteten sich die Überlebenden des ersten Kampftages zusammen, die es am nächsten Morgen laut Cassius Dio dann noch geordnet und in erstaunlich guter Verfassung aber wohl eher in trotziger Haltung verlassen hatten. Denn ein regennasses Lager in dem man hinter den Wällen zusammen kauernd genächtigt hatte und sich innerlich auf den eigenen Tod vorbereiten musste bzw. auf den germanischen Todesstoß wartete, das verlässt man nicht am anderen Morgen guten Mutes, mit neuer Kraft und Schwung um sich zu freuen durch Offenland marschieren zu können. Das wesentliche dieser Hypothese betrifft aber nicht die Frage nach der möglichen Aufnahmefähigkeit also das Fassungsvermögen des "prima Vari castra" für den Fall das es alle 11.000 Legionäre noch am Abend hätten beziehen können. Sondern wieviel Legionären es Raum geboten haben könnte, die am Abend nach der Schlacht des ersten Tages auch noch lebten. Auf dieser Basis ist eine abweichende Flächenberechnung nötig die sich nur auf die dezimierte Größe des Lagers auf Basis der Einkürzung, wie sie heute noch sichtbar ist, bezieht. Man entschied sich aufgrund der Notlage die Überlebenden auf kleinstem Raum einzupferchen und richtete sich hinter diesem behelfsartigen Winkel ein der mehr Gefahr bedeutete als Schutz bot. Aber kein Germane hegte wohl den Wunsch nach den Anstrengungen des Tages dieses römische Notlager noch in stockdunkler Nacht zu erstürmen und sich zusätzlicher und unnötiger Gefahren auszusetzen. Man beließ es dabei und die Überlebenden beider Konfliktparteien bereiteten sich auf den nächsten Tag vor. Für das auf den vermutlich tatsächlichen Raumbedarf reduzierte Notlager lässt sich ein Innenraum anhand der heute noch oberflächlich sichtbaren Verwerfungen errechnen. Es handelt sich dabei um die 194 m sowie um die 120 m Strecke was einen ungleichschenkligen Winkel darstellt. Aufgrund dieser Maße lässt sich eine Innenfläche von rund 2,3 Hektar errechnen. Ausgehend von einer Gesamtstärke der Varusarmee von 11.000 Soldaten und einem Verlust von 4 bis 5.000 Legionären am ersten Kampftag hätte man im "prima Vari castra" noch Platz für 6 bis 7000 Männer schaffen müssen. Diesen Männern hätte demnach eine Bodenfläche von 23.000 m² zur Verfügung gestanden. Ungünstigenfalls also etwas über 3 m² pro Mann und günstigenfalls annähernd 4 m². Da aus Gründen der Bodenbeschaffenheit nicht die ganze Fläche dafür geeignet war könnten die Bedingungen dafür zwar schlecht, aber nicht unmöglich gewesen sein zumal man das Quartier unter Nahkampfbedingungen aufzubauen hatte. So wird es manchem nicht vergönnt gewesen sich einen guten Schlafplatz hinter den halbfertigen Wällen zu suchen, musste sich nahe den Karren verbergen oder die Nacht halbsitzend verbringen. Möglicherweise lässt sich auf Basis dieser Theorie der Beweis erbringen, dass das Fahlenbruch Lager mit dem "prima Vari castra" des Tacitus und dem Cassius Dio Lager im Waldgebirge identisch gewesen sein könnte. Aber letztlich muss hier die Spachtelkelle der Archäologie für Klarheit sorgen in welcher Epoche man die Wallstrukturen schuf
Wall und Graben im Fahlenbruch
das "prima Vari castra" ?
Es könnte das beredte Zeugnis und ein Synonym für den Zusammenbruch der Varusarmee gewesen sein. Aber was blieb vom "prima Vari castra". Mittels Lidar lässt sich der Bauplan erfassen und was letztlich daraus wurde verraten die widrigen Umstände unter denen es damals geschanzt werden musste. Es steht symbolisch für das ganze Drama des Tages, offenbart aber vielleicht auch die beeindruckende Flexibilität eines unermüdlich wirkenden Kommandanten L. Eggius wie in Paterculus beschrieb. Plante dieser doch zu Anfang noch ein rechteckiges Nachtlager bauen zu lassen um darin all jene unterbringen zu können, die am Morgen Brakel verlassen hatten, so musste er der Not gehorchend erkennen, dass sich am Abend nur noch die Hälfte der Männer Schutz suchend einfanden, weil die Situation es erzwang und die Formgebung konfus erscheinen lässt. Griff er als er erkannte, dass selbst diese Dimensionierung zu umfänglich war darauf zurück mithilfe von Ochsenkarren Barrieren zu errichten um die letzten Lücken zu schließen. Nutzte er selbst noch den Talbach und ein Nebengerinne, um sie im Nordosten als Annäherungshindernisse zu verwenden. Die graphisch bearbeitete Animation gibt Auskunft über die Stufen des Ausbaus der ohne Abschluss bleiben sollte. Vielleicht liegt auch im südwestlichen Winkel der beiden Wallstrukturen des Rätsels Lösung, denn wie man unschwer erkennen kann, konnte sich nur an dieser Stelle die Wölbung des "Spielkartenformats" in Bezug auf die Bauweise römischer Marschlager erhalten.(01.02.2022)
Ausschnitt aus der Karte von Johannes Gigas (1620-1630)
Sie zeigt wo einst der Hellweg den Fahlenbruch querte
Er ist gelb gekennzeichnet und man kann ihn auch westlich von Hampenhausen immer noch sehen. Aber nur dann, wenn die Sommer heiß und trocken sind und sich auf der einstigen Trasse die Vegetation gelblich verfärbt hat. Blau kennzeichnet ist der "Obere Bördenweg".
Varus nutzte ihn möglicherweise von Brakel aus kommend am zweiten Marschtag auf dem Weg zum "Teutoburgiensi saltu". Dieser Annahme folgend gelangte er mit seinen Legionären am zweiten Marschtag abends nur bis in den Fahlenbruch nördlich von Schweckhausen. Von dort so besagt es die Theorie zog er am folgenden Tag nach der desaströsen Nacht im "prima Vari castra" und stark lädiert weiter in Richtung Warburg bis er südlich von Schweckhausen auf den oberen Bördenweg einschwenkte um über ihn nach Borlinghausen zum Saltus zu gelangen. An dieser Wegstrecke oder im Umfeld davon gilt es nun in der Hoffnung auf römerzeitliche Artefakte zu stoßen nach oberirdischen Verwerfungen und verdächtigen Bodenstrukturen Ausschau zu halten, aber vor allem auf mögliche Spuren des "prima Vari castra". Da das Schlachtgeschehen wie rekonstruiert nahe Hampenhausen seinen Anfang nahm und später im Fahlenbruch bitter endete, fällt dieser heute bewaldeten Senke durch die der Talbach fließt unsere Aufmerksamkeit zu. Wir wissen anhand des historischen Kartenmaterials von Le Coq und Gigas wo der Hellweg aus Brakel kommend den Fahlenbruch einst querte und es ist naheliegend, dass sich auch darin mögliche Spuren des Marschlagers wenn, dann auch nur in Reichweite dieses Weges erhalten haben könnten. Wo der Fahlenbruch und ein auch damals vermutlich schon vorhandenes Waldgebiet vor 2.ooo Jahren seinen Anfang nahm und wo er endete lässt sich nicht mehr sagen, aber der Bach könnte auch schon in dieser Zeit den zentralen Bereich dieses Sumpftales gebildet haben. So reduziert sich auch der Suchhorizont auf den inzwischen teils von der Vegetation überwucherten und kaum noch benutzbaren alten Hellweg und das Bachtal mit seinen kleinen Nebenbächen. Man könnte nun einen Radius schlagen und versuchen eine aus strategischer Sicht erhöhte Lage oder eine Schutz bietende Bachschleife mit Prallhang auszumachen um dort die Suche aufzunehmen. Der Fahlenbruch steigt vom Talbach nach Süden und Osten schwach an aber ein markantes Plateau was für einen Lagerplatz geeignet wäre bietet die Natur dort nicht an. Cassius Dio beschrieb die Umgebung aus Unkenntnis über die Landschaft als ein Waldgebirge bzw. vermutete etwas derartiges darunter räumte aber ein, dass der Lagerplatz für den sich Varus entschied keine sonderlichen Qualitäten aufwies und es daher mehr einem Notlager glich. Man kann sich auch fragen wie weit sich Varus auf der Suche nach einem möglichen Rastplatz vom Hellweg entfernt hat, darf aber nicht davon ausgehen, dass sich das Schlachtgeschehen am Kampftag nur auf diesen Weg beschränkte oder konzentrierte. Es wird sich alles in die Breite und Tiefe gezogen haben und der gesamte Bruchwald wird davon betroffen gewesen sein. Es wurde heftig gefochten aber auch der noch so stärkste rechte Arm erlahmt irgendwann und die Kämpfer verloren ihre Kraft. So neigte sich das Gefecht an diesem Tag dem Ende zu und Varus konnte seine Männer zusammen ziehen um ein Lager vorzubereiten, wie auch immer dieses ausgesehen haben mag. Neue Untersuchungsmethoden ermöglichen es Untersuchungen anzustellen wo das Gelände auffällige Strukturen hinterlassen hat die auf Gräben oder Umwallungen hindeuten. So könnten heute auch noch kaum erkennbare unscheinbare Bodenwellen schon Anlass genug sein wissenschaftliche Prospektionen etwa in Form von Querschnittgrabungen durchzuführen, wenn sich denn derartige Anhaltspunkte ergeben sollten. Folgt man der vorgeschichtlichen Wegeverbindung durch den Fahlenbruch die sich teilweise noch durch Hohlwege abzeichnet, so lassen sich im unmittelbaren Umfeld keine derartigen Strukturen auffinden. Entfernt man sich aber rund 4oo Meter vom besagten Hohlwegsbündel in südöstlicher Richtung, dann stößt man mitten im Wald auf etwas derartiges, dass sich mit etwas Mühe sogar noch als ein Plateau identifizieren ließe. Es sind die Spuren einer schwer zu beschreibenden aber offensichtlich einst dort vorhandenen älteren Verteidigungsanlage von der sich nur noch schwache Verwerfungen erhalten haben, die einen halbfertigen Eindruck hinterlassen. Militärische Anlagen die jedoch in sich keinen klaren Zusammenhang erkennen lassen, da die zwei Grabenstrukturen in die nördliche und östliche Richtung im Nichts enden. Das oberirdisch Sichtbare befindet sich in unmittelbarer Nähe eines kleines Nebenbaches der in den Talbach mündet und stößt nördlich an den Prallhang dieses kaum noch vorhandenen Bachlaufes. Ein nahezu trocken gefallenes Fließgewässer, das sich heute nur noch bei stärkeren Regenereignissen füllt, in einem anmoorigen Quellbereich entspringt und durch das eine schwach ausgeprägte kleine Furt von Ost nach West führt. Ein Blick auf die digitalen Möglichkeiten können helfen das besagte Gelände abzutasten es näher zu erforschen und nach Höhen und Tiefen abzusuchen wodurch sich nähere Rückschlüsse auf seine Formgebung ziehen lassen. Vermutlich aufgrund der im Fahlenbruch an anderer Stelle vorhandenen und gut erkennbaren Längsstreifenflure früherer landwirtschaftlicher Nutzung, auch Wölb - Äcker genannt hat man in den Kartenwerken diese Bodenveränderung als mittelalterlich identifiziert bzw. sich darauf verständigt und legte dafür die Bezeichnung Kulturdenkmal "KD Wallanlage" fest. Was die möglicherweise mittelalterliche Herkunft anbelangt, zumal sich keine Wölb Äcker unmittelbar im Wallgrabenkomplex befinden ist es fraglich ob diese Festlegungen auf archäologischen Untersuchungen beruhten, oder nur einer oberflächlichen Einschätzung entsprangen. An diesem Ort lässt sich eindeutig eine Oberflächenveränderung ausmachen die auf eine einstige strategische Maßnahme hinweist. Auch wenn sie aus nachrömischen Zeiten stammen sollte, wäre es lohnenswert diese Hinterlassenschaft näher zu untersuchen. Aber zunächst sei der Versuch gestattet diese interessanten Relikte und Reste einstiger Verteidigungsanlagen zu beschreiben. Die gesamte Struktur zeigt sich heute in besonderer Weise als ein mysteriöses Gebilde das Rätsel aufgibt. Unklarheit besteht aus verschiedenen Gründen, aber besonders augenfällig erscheint seine undefinierbare Ausdehnung und der damit verbundene undeutliche Endausbauzustand. Daher lässt sich für Bauwerk keine geometrisch bekannte Form festlegen mit der man es sicher als ein Rechteck ansprechen könnte. Optisch wirkt es eher wegen der Winkelstellung wie ein Dreieck. Es handelt sich also um keine von einer Wallanlage komplett umschlossene Fläche. Das oberflächlich noch sichtbare Innere ist aus unbekannten Gründen sowohl nach Osten als auch nach Norden offen und zeigt in diese Richtung weder Wall noch Grabenstruktur. Anders die noch gut erkennbare Wallgraben Struktur im Westen und Süden. Die nach Westen gerichtete in Nordsüdrichtung verlaufende Anlage lässt einen etwa 194 Meter langen Wall mit Graben erkennen der sich durch eine auffällige Gradlinigkeit auszeichnet wobei der Wallsockel aktuell noch eine Breite von maximal sechs Metern aufweist. Im Norden endet der Bau wie beschrieben unvermittelt, während er an seinem südlichen Ende winkelartig nach Osten schwenkt bzw. abknickt. Die kürzere Ostwest Struktur misst etwa 120 Meter. Am Ende dieser auch schwächer ausgeprägten Umwallung zeigt sich eine unerwartet nach Norden gebogene auslaufende Kante oder Kurve, die aber schon nach wenigen Metern endet. Ab diesem Punkt öffnet sich die Anlage und die Umwallung wirkt nach Osten hin wie ungeschützt. Das gleiche ungeschützte Bild zeigt die Umwallung auch nach Norden hin befände sich da nicht der Talbach. So erscheint die Anlage bestenfalls noch wie ein unvollendetes Dreieck, da sie nur aus zwei Schenkeln besteht. Ein spontaner Blick auf die gesamte Architektonik geworfen vermittelt im ersten Moment den Eindruck von etwas Halbfertigen und nicht zu Ende Gebautem. Was die Erbauer einst sicherlich nutzen wollten war der an Windungen reiche Verlauf des versumpften Talbaches der nördlich die Anlage abzugrenzen scheint. Ein Bachtal, dass sich wie hier wie ein natürlicher Schutz in Form eines Annäherungshindernisses anbietet ließ sich immer schon gut in eine Verteidigungsanlage integrieren. Allerdings erreichten die beiden baulichen Maßnahmen, sowohl die westliche Grabenwalllinie als auch die südliche die in die Richtung des Talbachtales zeigen nicht die Ufer des Baches sondern endeten schon davor. Eine Auffälligkeit für die man nach Erklärungen suchen sollte. Warum also konnte oder wollte man das Walldreieck nicht bis an das Ufer des Talbach bauen, sondern ließ es wie ein unfertiges Bauwerk erscheinen. Unfertig insofern, als das man warum auch immer auf den direkten Anschluss zum Talbach verzichtete. Das Dreieck sicherte und bot Schutz nur nach Westen und Süden aber nicht vollständig ringsum auch nach Norden und Osten. Erwartete man aus diesen Richtungen keine Gefahr, musste man die Arbeiten unterbrechen oder wurden die nicht mehr sichtbaren Wallgrabenabschnitte über die Zeiten doch aus Gründen einer anderen Nutzung, aber welcher eingeebnet. Wie bereits dargestellt gab es innerhalb der möglichen und ausbaufähigen maximalen Grundfläche der Verteidigungsanlage keine Spuren die auf eine mittelalterliche Bearbeitung hinweisen. Also keine Wölb - Äcker und dergleichen, so dass diese Argumentation für eine Abflachung entfallen könnte. Den Generationen standen zudem sicherlich Flächen zur Verfügung die nicht zuerst aufwändig eingeebnet werden mussten. Da man Feinden keine offene Flanke bietet und diese die Umwallung von zwei Seiten aus von hinten hätten einnehmen und den Kämpfern in den Rücken fallen können erscheint der Verdacht fragwürdig anzunehmen die alten Bauherren hätten sich sicher sein können von Osten oder Norden nicht angegriffen zu werden. So bleibt die Frage nach dem Warum man die Lücke gelassen hatte denn Absicht dürfte nicht dahinter gestanden habe. Da klingt die Annahme plausibler die schanzenden Legionäre wurden unterbrochen und konnten ihre Arbeit nicht fortsetzen bzw. zu Ende führen. Die 194 m lange Westwallstruktur verläuft nahezu parallel und flankierend zum alten Hellweg, so als wolle man sich aus der Umwallung heraus gegen ihn abschirmen. Ein weiterer Grund für eine Wallgrabenstruktur in dieser Position. Aber auch in diesem Fall steht die Frage im Raum, warum man die Umwallung nicht zu Ende baute, den Raum nicht komplett umschloss und statt dessen große Lücken Einfallschneisen gleich übrig ließ. Dieser Theorie nach hatte man jene Abschnitte die nicht von der Talbachkerbe geschützt waren mit Karren und Verhau verriegelt, das man anderntags verbrannte und daher keine Spuren hinterließ. Betrachtet man das Bachtal unter heutigen Verhältnissen und in möglicherweise regenarmen Phasen, dann muss man sich Fragen, wie der kümmerliche Talbach imstande gewesen soll Schutz zu bieten und wie er einen ernst zunehmenden Gegner hätte aufhalten können. Und natürlich gab Cassius Dio die Antwort denn die Varusschlacht war von prasselndem Regen begleitet der die Bäche anschwellen ließ, so dass man sich dahinter schützen konnte. Aber Nässe und Feuchtigkeit erschwerten auch massiv jegliche Formen von Erdarbeiten wodurch sie durch die Schwere des Bodens zum Erliegen kamen. Übersehene Argumente die uns ein völlig anderes Bild vom "prima Vari castra" vermitteln, wenn man auch hier die Wetterlage in das reale Geschehen integriert. Varus hatte es mit einem Gegner zu tun, der sich keine Sorgen darüber machen musste, ob seine Sandalen im Schlamm stecken bleiben könnten, denn er trug keine. So war das Gewässer für Verteidigungszwecke nur bedingt brauchbar, man nutzte es mehr nach dem Motto "besser als nichts" dafür half die hereinbrechende Dunkelheit das Problem zu lösen. Verwitterte Reste römischer Wallanlagen, wenn sie sich nicht in den Auen von Flüssen befanden und man sie über die Jahrhunderte unangetastet ließ, blieben bis heute auch oberirdisch sichtbar. Ein Beispiel dafür bietet möglicherweise der befestigte Kern, also die fortifikatorisch besonders gesicherte Innenfläche des römischen Marschlagers Hedemünden. Die länglich ovale Anlage misst 300 x 125 Meter und umfasst einen Innenraum von 3,2 Hektar. Dort zeigt sich die Wallbreite heute noch in einer Basisbreite von fünf bis sechs Metern und einer Höhe von 0,8 bis 1,2 Metern, was mit der Wallbreite im Fahlenbruch nahezu identisch ist. Das erklärt aber noch nicht den Grund warum man den Bau nicht fortsetzte und ihn nur bis in den Zustand eines Fragmentes kommen ließ. So darf man tatsächlich den Eindruck gewinnen, als ob man die Arbeiten jäh unterbrach und vielleicht sogar unterbrechen musste und dann auch nicht mehr zu Ende führen konnte und wollte. Zwei über die Luftaufklärung erkennbare unauffällige kurze Grabenvertiefungen könnten die Frage beantworten helfen warum man es unterließ. Sie befinden sich sowohl an der Südostspitze der kürzeren 120 Meter langen ostwestlich verlaufenden Wallgrabenanlage als auch an der Nordspitze der südnördlich verlaufenden Wallgrabenanlage. Denn bei genauer Betrachtung fällt auf, dass beide Längswerke am Ende unvermittelt einen unerklärbaren stummelartigen Schwenk wie einen Wurmfortsatz vollziehen. Bei der 120 Meter Struktur knickt er nach Norden und bei der 194 Meter Struktur knickt er scharf nach Osten ab. Die ursprüngliche vorgesehene Richtung beider Wallgrabenlinien lässt sich gut der Draufsicht entnehmen aber die kurzen Abknickungen sprechen für die Erkenntnis, dass sich die jeweiligen Endpunkte im Norden als auch im Osten nicht mehr erreichen ließen, da man gezwungen war, die Arbeiten vorzeitig zu beenden. Diese Endpunkte lassen sich definieren indem man sie als gedachte Linie weiter zieht. Man erkennt dann, dass man beide am Talbach enden lassen wollte. Man darf also spekulieren und findet möglicherweise im voraus gegangenen Kapitel die Erklärung für den Abbruch der Schanzarbeiten. Als am Nachmittag des ersten Kampftages die Spitze des Marschzuges aufgrund der ausgebrochenen Unruhen den Stoppbefehl bekam und die erste Legion den Auftrag erhielt den Platz für ein vorzeitiges und ungeplantes Nachtlager zu suchen und mit den Bauarbeiten begann war man sich hinsichtlich der benötigen Dimensionierung noch zwangsläufig unschlüssig und plante es für die volle Anzahl der Varusarmee bzw. so wie sie Brakel verlassen hatte. Geht man folglich der Theorie nach, dass dieses Torso eines Nachtlagers auch zu Ende gebaut worden wäre, dann hätten die zwei Wallstrukturen in der Fortsetzung auch den Talbach erreicht. Dann hätte die heute noch oberirdisch sichtbare Länge von 194 Metern auch eine Gesamtausdehnung von etwa 270 m erreicht und die kürzere noch sichtbare 120 m Struktur wäre dann sogar auf 395 m angewachsen. Verbindet man diese beide Endpunkte da wo sie an den Talbach gestoßen wären, dann lässt sich der fehlende Schenkel längst des Talbaches errechnen der dann eine Strecke von etwa 360 m erreicht. Allerdings nur auf fiktiver Basis, da der Talbach gewölbt und bogenartig verläuft. Man kennt in diesem Zusammenhang betrachtet die römische Vorliebe Marschlager an Bachläufen zu errichten und dort zu nächtigen wie sich auch am Beispiel des Menkhauser Baches erkennen lässt, so könnte diese Methode auch für einen römischen Ursprung sprechen. Man sieht nun in der Vision das römische Nachtlager und welche Dimension es gehabt haben könnte, hätte man es zu Ende gebaut. Es sind jedoch nur die schemenhaften Außenmaße eines Marschlagers, das nie fertig gestellt wurde. Um sich die damalige Situation in der Phase des Lageraufbaus zu vergegenwärtigen muss man sich in das Schlachtgeschehen hinein denken. Die erste Legion schanzte vermutlich sogar im Regen mit den ihnen zur Verfügung stehenden zeitgemäßen Werkzeugen an Wall und Graben. Als diese Arbeiten im Gange waren erreichte der Lärm der Schlacht auch die arbeitenden Legionäre. Es erreichten sie aber auch auch äußerst bedrohliche Nachrichten wonach es sich nicht nur um vereinzelte Geplänkel, sondern um ein eindeutiges Schlachtgeschehen handelte. Die ersten Flüchtenden erreichten die Marschzugspitze und berichteten über die chaotischen Szenen und die großen Verluste die die Armee schon im hinteren Teil erlitten hatte. Daraufhin besann man sich noch während die Schanzarbeiten im Gange waren, die ursprüngliche Lagerdimension zu verringern, denn man erkannte, dass sich die anfänglich angestrebte Dimension des Lagers nicht aufrecht erhalten ließ. Und auch das man sie nicht mehr brauchte, denn es wurde allen bewusst, dass dieses Nachtlager nicht mehr die Anzahl aller beherbergen musste, die am Morgen Brakel verließen, da viele von ihnen auf dem Schlachtfeld blieben. Man strebte daraufhin wie man annehmen kann eine Verkleinerung an. Doch auch diese Überlegung ließ man im Kampfgeschehen schnell fallen und so endeten die Schanzarbeiten schon nach wenigen Metern. So erreichte die besagte stark verkürzte abgeknickte Struktur am Ende der 194 m langen Tangente nur noch etwa 5,50 m und auch der nach Norden ragende Finger der 120 Meter Tangente lässt sich nur über eine Strecke von etwa 7,00 m verfolgen. Als man sich entschloss sogar die Verkleinerung aufzugeben, muss sich die Gefahrenlage bereits zugespitzt und ihren Höhepunkt erreicht haben. Man könnte daraus schließen, dass nun sogar die Soldaten das Schwert in die Hand nehmen mussten die gerade noch schaufelten um sich zu verteidigen oder dem Feind entgegen zustürmen der immer näher kam. Soldaten die jetzt noch schanzen konnten und wollten dürfte man vergeblich suchen. Dafür rückte die Dunkelheit näher und die Germanen ließen vom Feind ab. Die bis dato nutzbaren Wallanlagen mussten nun für die Nacht den nötigen Schutz bieten und die klaffenden Lücken schloss man möglicherweise wie dargestellt mit den Gestellen der Ochsenkarren und nutzte dazu einen kleinen Nebenbach des Talbaches. Damit erklärt sich sowohl das zusammenhanglos erscheinende Bild eines in den Raum geworfenen Winkels bestehend aus dem Lang - und dem Kurzwall, als auch das Vorhandensein der zwei stummelartigen Abknickungen am Ende der beiden Wallstrukturen. Die sichtbaren Reste eines Lagers das einmal bis zum Talbach heran reichen sollte. Betrachtet man diese vermutlich aus der Not geborenen Minimalfortsätze angehängt an die 120 m bzw. 194 m Strukturen unter dem Blickwinkel der katastrophalen Lage am Abend des ersten Kampftages wird diese Handlungsweise nachvollziehbar. So wecken diese Bodenverwerfung Assoziationen die man auch in Kontext der Varusschlacht einbeziehen kann. Hätte man denn das Werk vollenden können, hätten die Germanen die Römer ungestört schanzen lassen und hätte es am ersten Tag nicht so viele Verluste gegeben, dann würde man heute womöglich noch auf die Reste einer großen rechteckigen Schanzanlage blicken und nicht nur auf einen Winkel. Auf dieser Basis kann man sich sogar an die Frage heran wagen, ob sich anhand eines fertigen Lagers auch eine Hochrechnung auf die Anzahl der Legionäre anstellen ließe, die Brakel am Morgen verließen. Hätte denn dann das Lager wohlweislich im fertigen Zustand die nötige Dimension gehabt um den angenommenen 11.000 Legionären für eine Nacht im Wald unter diesen Notbedingungen ausreichend Raum zu bieten ? Um dieser Überlegung nachzugehen ist die Geometrie gefragt. Es werden dafür also die Maße eines ungleichschenkeligen Dreiecks benötigt um die Kapazität ermitteln zu können. Zieht man die Linien der vorhandenen Wallgrabenstruktur bis zum Talbach weiter, dann verfügt man über die Maße die zur Errechnung der Gesamtfläche nötig sind. Es sind diese der Westwall mit demnach 270 m, der nach Südosten zeigende Wall von 395 m und die Linie längst des Talbach von etwa 360 m. Um den Flächeninhalt zu errechnen bedarf es der Zuhilfenahme des Lehrsatzes von Heron, wenn nur die drei Seitenlängen bekannt sind.
Folglich die Wurzel aus S*(s - a)*(s - b)*(s - c)
a.) = 270 m
b.) = 360 m
c.) = 395 m
Umfang: 1.025 m ( = Summe der drei Seiten)
S = der halbe Umfang 512,50 m
Formel für die Fläche:
Demnach lautet die Wurzel:
+ C10* (C10 - C5)* (C10 - C6)*(C10 - C7)
Somit hätte das Lager wenn man es denn zu Ende gebaut worden wäre eine Fläche von etwa 47.191 m², folglich 4,7 Hektar bedeckt. Eine Fläche groß genug um darin etwa 11.000 Männer unter den gegebenen Verhältnissen für eine Nacht unter zu bringen. Wozu es bekanntlich nicht kam, da man es nicht zu Ende baute und weil man die angedachte Dimensionierung aufgrund der desaströsen Lage aufgab. Dieser Wallanlage kartographisch das Prädikat Kulturdenkmal zu geben ist begründet auch wenn man sich um sie zu finden etwas in das Dickicht des Fahlenbruches hinein begeben muss. Aber allemal sind es Strukturen die es der Mühe wert sind sie unter dem Gesichtspunkt der Varusforschung zu untersuchen. Dieses Analyseergebnis ruft förmlich nach dem Vergleich was Tacitus und Cassius Dio über das römische Marschlager berichteten. Tacitus beschrieb den weiten Umfang den dieses Hauptlager hatte, thematisierte dann in komprimierter Form die bleichenden Gebeine der Getöteten die man auf dem Ritt vom ersten zum zweiten Lager entdeckte. Er nannte die Fundstellen in "Medio campi". Übersetzt man es etwa ins "spanische Latein" wie "medio del campo", so steht es für "mitten im Feld" oder "auf dem Land - inmitten von Feldern" also auch von Schlachtfeldern. Dann wechselte Tacitus nach dieser Theorie den Schauplatz und berichtet nun über das Notlager, das die dezimierten Reste der Varusarmee am Abend des zweiten Marschtages errichteten. Dabei ging er auf den halb zerstörten Wall und den flachen Graben ein, hinter dem sich die dezimierten Reste nieder gelassen hatten. Und dies war nicht der Wall und der Graben des ersten Marschlagers im Fahlenbruch, sondern schon das Lager in dessen Nähe Varus sich später tötete. Im Fahlenbruch Marschlager rotteten sich die Überlebenden des ersten Kampftages zusammen, die es am nächsten Morgen laut Cassius Dio dann noch geordnet und in erstaunlich guter Verfassung aber wohl eher in trotziger Haltung verlassen hatten. Denn ein regennasses Lager in dem man hinter den Wällen zusammen kauernd genächtigt hatte und sich innerlich auf den eigenen Tod vorbereiten musste bzw. auf den germanischen Todesstoß wartete, das verlässt man nicht am anderen Morgen guten Mutes, mit neuer Kraft und Schwung um sich zu freuen durch Offenland marschieren zu können. Das wesentliche dieser Hypothese betrifft aber nicht die Frage nach der möglichen Aufnahmefähigkeit also das Fassungsvermögen des "prima Vari castra" für den Fall das es alle 11.000 Legionäre noch am Abend hätten beziehen können. Sondern wieviel Legionären es Raum geboten haben könnte, die am Abend nach der Schlacht des ersten Tages auch noch lebten. Auf dieser Basis ist eine abweichende Flächenberechnung nötig die sich nur auf die dezimierte Größe des Lagers auf Basis der Einkürzung, wie sie heute noch sichtbar ist, bezieht. Man entschied sich aufgrund der Notlage die Überlebenden auf kleinstem Raum einzupferchen und richtete sich hinter diesem behelfsartigen Winkel ein der mehr Gefahr bedeutete als Schutz bot. Aber kein Germane hegte wohl den Wunsch nach den Anstrengungen des Tages dieses römische Notlager noch in stockdunkler Nacht zu erstürmen und sich zusätzlicher und unnötiger Gefahren auszusetzen. Man beließ es dabei und die Überlebenden beider Konfliktparteien bereiteten sich auf den nächsten Tag vor. Für das auf den vermutlich tatsächlichen Raumbedarf reduzierte Notlager lässt sich ein Innenraum anhand der heute noch oberflächlich sichtbaren Verwerfungen errechnen. Es handelt sich dabei um die 194 m sowie um die 120 m Strecke was einen ungleichschenkligen Winkel darstellt. Aufgrund dieser Maße lässt sich eine Innenfläche von rund 2,3 Hektar errechnen. Ausgehend von einer Gesamtstärke der Varusarmee von 11.000 Soldaten und einem Verlust von 4 bis 5.000 Legionären am ersten Kampftag hätte man im "prima Vari castra" noch Platz für 6 bis 7000 Männer schaffen müssen. Diesen Männern hätte demnach eine Bodenfläche von 23.000 m² zur Verfügung gestanden. Ungünstigenfalls also etwas über 3 m² pro Mann und günstigenfalls annähernd 4 m². Da aus Gründen der Bodenbeschaffenheit nicht die ganze Fläche dafür geeignet war könnten die Bedingungen dafür zwar schlecht, aber nicht unmöglich gewesen sein zumal man das Quartier unter Nahkampfbedingungen aufzubauen hatte. So wird es manchem nicht vergönnt gewesen sich einen guten Schlafplatz hinter den halbfertigen Wällen zu suchen, musste sich nahe den Karren verbergen oder die Nacht halbsitzend verbringen. Möglicherweise lässt sich auf Basis dieser Theorie der Beweis erbringen, dass das Fahlenbruch Lager mit dem "prima Vari castra" des Tacitus und dem Cassius Dio Lager im Waldgebirge identisch gewesen sein könnte. Aber letztlich muss hier die Spachtelkelle der Archäologie für Klarheit sorgen in welcher Epoche man die Wallstrukturen schuf
Wall und Graben im Fahlenbruch
das "prima Vari castra" ?
Es könnte das beredte Zeugnis und ein Synonym für den Zusammenbruch der Varusarmee gewesen sein. Aber was blieb vom "prima Vari castra". Mittels Lidar lässt sich der Bauplan erfassen und was letztlich daraus wurde verraten die widrigen Umstände unter denen es damals geschanzt werden musste. Es steht symbolisch für das ganze Drama des Tages, offenbart aber vielleicht auch die beeindruckende Flexibilität eines unermüdlich wirkenden Kommandanten L. Eggius wie in Paterculus beschrieb. Plante dieser doch zu Anfang noch ein rechteckiges Nachtlager bauen zu lassen um darin all jene unterbringen zu können, die am Morgen Brakel verlassen hatten, so musste er der Not gehorchend erkennen, dass sich am Abend nur noch die Hälfte der Männer Schutz suchend einfanden, weil die Situation es erzwang und die Formgebung konfus erscheinen lässt. Griff er als er erkannte, dass selbst diese Dimensionierung zu umfänglich war darauf zurück mithilfe von Ochsenkarren Barrieren zu errichten um die letzten Lücken zu schließen. Nutzte er selbst noch den Talbach und ein Nebengerinne, um sie im Nordosten als Annäherungshindernisse zu verwenden. Die graphisch bearbeitete Animation gibt Auskunft über die Stufen des Ausbaus der ohne Abschluss bleiben sollte. Vielleicht liegt auch im südwestlichen Winkel der beiden Wallstrukturen des Rätsels Lösung, denn wie man unschwer erkennen kann, konnte sich nur an dieser Stelle die Wölbung des "Spielkartenformats" in Bezug auf die Bauweise römischer Marschlager erhalten.(01.02.2022)
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