Dienstag, 28. Juni 2022
Am vierten Tag endete die Varusschlacht
Die Varusschlacht hatte sicherlich eine längere Vorgeschichte. Denn in so manchen Köpfen der Cherusker dürfte sie schon begonnen haben, als Varus mit dem Fürstenhaus den Knebelvertrag geschlossen hatte. Im Imperium verfuhr man mit niederen Zivilisationen perfide. Denn letztlich brauchte man nur ihr Siedlungsgebiet um einen dauerhaften Durchzugskorridor für die weiteren Eroberungszüge an die Elbe und zu den Erzregionen herzustellen und Arbalo sollte sich nicht wiederholen. Hinzu kam, das man nach gallischem Vorbild, und das vermutlich an der Weser eine neue Provinzhauptstadt gründen wollte. Es war die Zeit als Arminius noch in Pannonien kämpfte und es für sie noch ein weiter Weg war bis man sich untereinander verständigt und geeinigt hatte um die richtige Taktik für die Schlacht zu finden. Und dazu gehörte nicht nur die Genieleistung des Tandems Segimer/Arminius sondern auch ein Maximum an Geheimhaltung. Wochenlange Anspannung und Diskretion werden dem Ereignis voraus gegangen sein und niemand konnte den Ausgang prophezeien, geschweige den Erfolg garantieren. Erst das Erscheinen von Arminius in Ostwestfalen und sein für alle erkennbarer Frontenwechsel dürfte unter den Germanen die Verkrampfung gelöst und wird ihre Kräfte frei gesetzt haben. Solange lastete auf allen ein Druck gepaart aus Unsicherheit und der Angst vor der eigenen Courage. Als der Zeitpunkt zum Losschlagen gekommen war kam es zu den zwei von Cassius Dio beschriebenen Großschlachten am 2. und 3. Marschtag in dessen Verlauf am ersten Kampftag auch um das "prima Vari castra" gekämpft wurde, das als der Lagerüberfall des Florus in die Geschichte einging, die Kämpfe nach dem Verlassen des "prima Vari castra", sowie die zahlreichen Zweikämpfe bis Arminius die letzten Römer am vierten Marschtag, dem dritten Kampftag vor dem "Teutoburgiensi saltu" zusammen gepfercht hatte. Aber erst ein Blick auf die topographischen Formen die die Kräfte der Natur in der Region hinterließen verrät, wie Durchdacht und nahezu teuflisch der Plan war, mit dem die Germanen Varus in diese Gebirgsfalle gelockt hatten. War für die Nachwelt der Kniff mit dem Aufruhr und die Illoyalität der Cherusker bereits der klassische Hinterhalt, dann war das gelungene Manöver die Legionen vor die Egge zu dirigieren der ultimative Komplott. Um die im Saltusbereich weniger schroff ausgeprägte Egge zu überwinden bei der man beim direkten Einstieg in den "Saltus" am Beginn des Hohlwegebündels bis zur Alten Burg auf einer Steigungsstrecke von 500 Meter aber immer noch etwa 70 Meter Höhenunterschied zu bewältigen hat, setzt eine gute physische Konstitution voraus die vielen Legionären nicht mehr gegeben war. Und darin bestand auch die germanische Rückversicherung für den Fall, dass die Schlacht einen anderen Verlauf genommen hätte als gewünscht und so könnte man sich auch auf andere Szenarien vorbereitet haben. Denn man muss sich auch der Frage eines "was wäre wenn" stellen. Die Germanen konnten in der Vorbereitungsphase zwar abschätzen mit wie vielen Gegnern sie es zu tun bekommen würden da sie in ihrem Sommerlager aus und ein gingen, aber ihr Nachteil bestand darin, dass sie den Hergang der Schlacht weder voraus sagen noch einschätzen konnten und anfänglich auch nicht wussten wie viele Männer, die so genannten Abstellungen Varus für den zivilen Tross über den Gradberg zur Lippe frei gab. Wäre ihnen dieser Überraschungsangriff misslungen, hätte sich möglicherweise eine ungünstige Dynamik eingestellt. Varus hätte die Oberhand behalten und es hätte ihm gelingen können sich mit einem wehrfähigen Großteil seiner Männer relativ unbeschadet nach Westen absetzen zu können. Wäre es dazu gekommen, dann hätte sich die Varusschlacht vermutlich doch noch im "Teutoburgiensi saltu" entschieden und nicht schon auf dem Weg dahin. Dann hätte Varus die Richtung ab Schweckhausen beibehalten, wäre dann aber möglicherweise vor oder im "Saltus" auf ein größeres germanisches Aufgebot gestoßen, dass den Übergang über die Egge kontrollierte und ihn dort erwartet hätte. Arminius musste diesen Überlegungen Raum geben und da war dieser den Germanen nicht unbekannte steil ansteigende Gebirgskamm zweifelsfrei von strategischem Nutzen. Eine Frage die natürlich nur von hypothetischer Bedeutung ist, denn dazu kam es nicht. Will man sich in den Gemütszustand der Germanen am letzten Kampftag hinein versetzen und möchte das dann Kommende besser verstehen, dann sollte man sich die Entwicklung bis zu diesem Zeitpunkt in Erinnerung rufen. In Anknüpfung an das Kapitel "Drei Kilometer vor dem Teutoburgiensi saltu tobte die Endschlacht im Wald der nassen Wurzeln" vom 4. April 2022 konnte man sich vorstellen, dass am Abend des zweiten Kampftages dem dritten Marschtag den Legionären die Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst geworden war. Obwohl es schon als historisch ungesichert dargestellt wurde, geht man in der neueren Forschung aus Gründen des plausiblen Kontextes doch davon aus, dass das was uns Cassius Dio überlieferte für die Existenz eines vierten Kampftages spricht und so wird es auch von der Wissenschaft kommuniziert. Die Grundaussage lautet demzufolge, zwei Sichtweisen, zwei antike Historiker, aber nur ein mehrere Tage andauerndes Schlachtgeschehen. Eine Odyssee für die die Forschung einige Namen kreiert hat weil man sich in allen Zeiten eine Vision zurecht legen wollte. So nannte man es schon ein Verlaufs -, Defilee oder Passiergefecht, einen Gefechtsmarsch oder gar einen Verfolgungskampf. Aber alle Begriffe meinen dasselbe und Cassius Dio lieferte dazu Vorlage und Drehbuch zugleich. Seine Texte liegen dem zugrunde und viele Geschichtsfreunde wünschen sich, dass alles einst am Kalkrieser Berg endete. In diesem Kapitel soll versucht werden die Schlussphase transparenter zu gestalten um nach Möglichkeit einen Einblick zu gewinnen und zu erkunden wie weit sich unser Kenntnisstand der sich auf die Quellen der antiken Historiker stützt mit unserem Vorstellungsvermögen kombinieren lässt. Auf dem Grad auf dem es zu balancieren gilt, lässt sich am Besten das logische Gleichgewicht einhalten, wenn man zuvor noch mal einen Blick auf die drei Tage davor wirft und was sich über sie rekonstruieren ließ. Denn als Verfasser weiß man nur zu gut wie schnell man den Pfad des plausiblen Aufbaus verlassen kann und sollte ihn sich daher von Zeit zu Zeit in Erinnerung rufen. Auch auf die Gefahr sich zu wiederholen hier noch mal ein kurzer Abriss.

Rekonstruiert nach Cassius Dio, Kapitel 19 ( 1 - 5 )

Der 1. Marschtag verlief unauffällig ohne Kampfaktivitäten von der Weser nach Brakel
wo man nach 20 km Marschzeit in einem dort bereits vorhandenen älteren Etappenlager übernachtete.

Rekonstruiert nach Cassius Dio, Kapitel 20 ( 1 - 5 )

Am anderen Morgen brachen in Brakel die Truppen auf die anlässlich der Gerichtsverhandlung für das nötige Drohszenario zuständig waren und nötigenfalls für Sicherheit sorgen sollten, während der zivile Zug Brakel in Richtung Schmechten verließ. Erst dieser 2. Marschtag der sich zum 1. Kampftag entwickeln sollte endete nach den Gefechten dieses Tages im 2. Nachtlager dem "prima Vari castra".

Übersetzung von Cassius Dio Kapitel 21. ( 1 ) 

"schlugen sie ihr Lager da auf, wo sie einen geeigneten Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge überhaupt möglich war". (das prima Vari castra).
Am anderen Morgen dem 3. Marschtag der zum 2. Kampftag werden sollte verließen sie diese Lagerstätte (das "prima Vari castra").

Übersetzung von Cassius Dio Kapitel 21. (1)

"nachdem sie zahlreiche Wagen und sonstige Gegenstände, die nicht unbedingt erforderlich waren, verbrannt oder zurückgelassen hatten, zogen in etwas besserer Ordnung weiter, so dass sie sogar offenes Gelände ( die Warburger Börde ? ) erreichen konnten; freilich erlitten sie auch bei ihrem Abzug Verluste".

Übersetzung von Cassius Dio, Kapitel 21 (2)

"Als sie (am 3. Marschtag) von dem zuletzt genannten Standort (also dem prima Vari castra) aufgebrochen waren, gerieten sie (zwischen Peckelsheim und Borlinghausen) erneut in Waldgebiete. Sie setzten sich zwar gegen die Angreifer zur Wehr, hatten aber gerade hier schwere Verluste, denn wenn sie auf engem Raum dicht zusammenrückten um in geschlossener Formation zugleich mit der Reiterei (Numonius Vala war vermutlich noch nicht geflüchtet) und den schwerbewaffneten Legionssoldaten die Feinde anzugreifen, brachten sie sich in dem Gedränge vielfach gegenseitig zu Fall oder glitten auf den Baumwurzeln aus".

Fazit:
Am Abend nach den Gefechten an diesem 3. Marschtag, dem 2. Kampftag bezogen sie das 3. Nachtlager, das "secunda Vari castra".

Übersetzung von Cassius Dio Kapitel 21 (3 - 5)

"So brach der vierte Tag (der 3. Kampftag) ihres Marsches an, und sie gerieten erneut in einen strömenden Regen mit heftigem Sturm, der sie nicht nur daran hinderte, vorzurücken oder einen festen Stand zu gewinnen, sondern auch den Gebrauch der Waffen nahezu unmöglich machte, denn sie konnten weder ihre Bogen noch ihre Wurfspeere oder auch nur ihre Schilde richtig verwenden, da diese Waffen völlig durchnässt waren. Für die Feinde hingegen war die Nässe kaum ein Hindernis, da sie ja größtenteils leichtbewaffnet waren und so die Möglichkeit hatten, ohne Gefahr anzugreifen oder sich zurückzuziehen. Zudem hatte die Zahl der Feinde noch erheblich zugenommen, denn auch viele andere Barbaren, die vorher noch abgewartet hatten, waren jetzt eingetroffen, um vor allem Beute zu machen, aber auch aus anderen Gründen; die Reihen der Römer hatten sich (hingegen) schon gelichtet, da viele in den vorausgehenden Kämpfen gefallen waren; so umzingelten die Germanen ohne große Mühe die Römer und streckten sie nieder, so dass Varus und die anderen hohen Offiziere aus Furcht, entweder in Gefangenschaft zu geraten oder bei ihren schlimmsten Feinden den Tod zu erleiden".

Mit dieser leicht kommentierten Einführung im Rücken lässt es sich besser an den Verlauf des 4. Marschtages heran tasten um sich mit dem Schlussakt vertrauter zu machen. Schon am Abend des dritten Marschtages nach der zweiten Großschlacht am zweiten Kampftag war das Ende der Armee de facto besiegelt. An diesem Abend war sie geschlagen und ihr letztes Lager wurde für sie zur Stätte der bitteren Erkenntnis. Aber die Faszination die von diesem letzten Nachtlager ausgeht da sich darin oder in seiner Umgebung Varus tötete könnte auch die ungeklärte Frage nach der möglichen Örtlichkeit lösen. Und zu wissen wo es sich befand wäre in der Tat eine schöne Abrundung dieser Verlaufstheorie. Was Cassius Dio noch über den 4. Kampftag zu Papier brachte glich stark den Worten die er schon zum ersten und zweiten Kampftag fand. Es schien immer das gleiche Bewegungsmuster samt Dramaturgie gewesen zu sein, dem sich Varus zu stellen hatte. Danach war der germanische Gegner immer allgegenwärtig, immer wieder der geschickt ins Unterholz ausweichende Feind. Der, der sich immer in der besseren Kampfposition befand und dem die Legionäre immer wieder ein leichtes Ziel boten. Im Wesentlichen waren es seine wieder kehrenden Hinweise auf die aus römischer Sicht katastrophalen Wetterverhältnisse die den Germanen zusätzlich in die Hände spielten. An sich die gewohnt klimatischen Bedingungen wie man sie in unseren Regionen als jahreszeitlich typisch und das nicht nur für das Bergland an der Egge bezeichnen kann, die sich aber immer dann besonders dramatisch auswirken, wenn man tagelang auf den Beinen war, einen leeren Magen und nachts kein Dach über dem Kopf hat und dabei noch tagsüber kämpfen musste. Schon ab dem ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag bescheinigt uns Cassius Dio Regen und nochmal Regen, als auch Sturm und berstende Baumkronen. Am zweiten Kampftag glitten die Legionäre dann beim Kämpfen auf den nassen Wurzeln aus und der dritte Kampftag, also der 4. Marschtag begann, wie kann es auch anders sein so wie der letzte Tag aufhörte, nämlich wieder mit strömenden Regen und heftigen Sturm. Bis auf wenige Auflockerungen vielleicht am Morgen des dritten Marschtages als man ins offene Land blicken konnte, hatte sich die ganzen Tage über das Wetter gegen sie verschworen und auch noch am letzten dem 4. Tag blieb es sich im negativen Sinne treu. Und der Morgen des 4. Tages dürfte trüb begonnen haben oder wie man im Westgermanischen sagte "truobi". Aber die Nacht vom dritten auf den vierten Tag dürfte für sie fürchterlich verlaufen sein. Die Germanen waren sich ihrer Sache sicher und es ist zu vermuten, dass sie die Römer auch in dieser Nacht nicht haben zur Ruhe kommen lassen.  Ihren nächtlichen Lagerplatz wird man eingeschnürt und Wachtposten positioniert haben die dafür sorgten, dass es keinem Legionär mehr gelingen konnte auszubrechen. Irritierende Scheinangriffe begleitet von einer infernalischen Geräuschkulisse und mit lodernden Feuern begleitet die man in Lagernähe entfachte wird man ihnen die Nacht zum Tage gemacht haben, sodass kein Römer in den Schlaf finden konnte. Dazu gehörten Aktionen deren Ziel es war, etwa ihre Pferde zu entwenden, Material zu erbeuten oder nur um ihnen die letzten Reserven zu nehmen, sie zu schwächen, oder zu berauben. All dem waren sie in der Nacht hoffnungslos ausgeliefert und so könnte es sich vom 3. auf den 4. Tag zugetragen haben. Aber kein antiker Historiker beschrieb es oder ging darauf ein, obwohl es in die Zeit passte und so kann nur auf literarischem Weg der Bezug zur Realität hergestellt werden. Hier im fremden und unwirtlichen Umland, ohne ihre gewohnten Bollwerke oder uneinnehmbaren Marschlager samt schützenden Palisaden und Flankenschutz bestimmten die Germanen die Regel und "Pontes Longi" lehrte, dass schon aufgescheuchte oder ausbrechende Pferde reichten um römische Legionäre zu verängstigen. Und selbst nach dieser Nacht hatte am Morgen des 4. Tages noch eine unbekannte Zahl römischer Soldaten gelebt. Aber ihre Lage war desolat, sie waren sowohl ihrer Kampfkraft als auch ihrer Moral beraubt. Viele dämmerten im nassen Unterholz ihrem Untergang entgegen und das Menetekel der Niederlage schwebte über ihnen. Die Germanen waren wieder die Herren in ihrem Land und sie werden sich während der letzten Stunden bevorzugt diejenigen ausgesucht haben in deren Waffenbesitz sie kommen wollten. Varus war angezählt und das er und seine Männer für sie kein Gegner mehr darstellte dürfte unstrittig gewesen sein. Dezent formuliert dürften am Morgen des vierten Tages die Überlebenden betrüblich in die Runde geschaut, dabei auf die verbliebene Kopfzahl ihrer Kampfgefährten geblickt und sich vor den ersten Angriffen der Germanen zum letzten Mal gesammelt haben. Es war die Phase in der sich jene Römer ihrer letzten Kräfte besannen, die noch ihr Heil in der Flucht suchen wollten. Die sich die etwa vier Stunden Marschzeit wie Neubourg es errechnet hatte zutrauten um vermutlich Aliso zu erreichen. Einige von ihnen könnten sich für andere Fluchtwege entschieden haben und Soldaten die man an diesem Morgen schon für tot hielt, könnten sich schon am Vortag von der Truppe abgesetzt oder die Nacht genutzt haben um sich allein oder in kleinen Gruppen nach Westen durchzuschlagen. Wie sich dieser klägliche Haufen einer einstmals stolzen Armee morgens aufgemacht haben könnte um in die Egge einzudringen bleibt der Phantasie überlassen. Vor sich im Blick die dunklen und bedrohlichen Osthänge wo sich irgendwo im Dickicht verborgen der alte Bördenpad bzw. der Burgweg durch einen Hohlweg zum Sintfeld bzw. Sorat wand aus dem die Regenfälle bis heute ein ganzes Bündel davon auswuschen. Cassius Dio schreibt, dass sie am 4. Tag nicht nur erneut ein unübersichtliches Waldgebiet durchdringen mussten, sie mussten auch noch mit dem strömenden Regen und dem heftigen Sturm fertig werden. Es könnten damit jene gemeint gewesen sein, die sich auch am 4. Tag noch nicht aufgegeben hatten, den Einstieg in die Egge wagten und nicht zu jenen gehören wollten, die die Germanen kampflos nieder streckten. Für die Fluchtwilligen galt es nun die vor ihnen liegenden Steilhänge der Egge angehen zu müssen und zu versuchen geeignete Abschnitte zu finden um sie zu erklimmen. Der antike römische Historiker Strabon beschrieb uns das Umfeld recht anschaulich in dem er uns überlieferte, dass die Barbaren die unzugänglichen Sümpfe, Wälder und Einöden für sich kämpfen ließen. Dieser Hinweis sagt alles zur Taktik der Germanen, die sich die Natur zunutze machten. Etwa wie der 11. Mann, den beim Fußballspiel die Zuschauer bilden. Strabon umschreibt es mit den Worten, dass das eigentlich Naheliegende für den Unkundigen fern zu liegen scheint und das dürfte sich auch auf das germanische Wegenetz beziehen lassen. Denn so wie der Verdurstende in der Wüste den Tod findet, weil er die Quelle nur wegen einer dazwischen liegenden Düne verfehlt, so wird auch im dichten Wald ein Pfad schon nach wenigen Metern unsichtbar. Und der Eggewald war vor 2000 Jahren nicht mit dem heutigen gelichteten Wirtschaftswald vergleichbar. Wobei die Legionäre den "Saltus" für den Aufstieg tunlichst meiden mussten, denn ihn werden die Germanen im Auge gehabt haben. Die sich vor ihnen auftürmende Struktur wirkte auf sie wie eine grüne Hölle, teils versumpft und der Boden dicht mit Laub und Totholz angefüllt, aber nicht unüberwindbar. Oben angekommen hätte es der eine oder andere auch schaffen können unerkannt über die Ebenen des Sintfeldes zu entkommen. Der Florus`sche Bannerträger schaffte es immerhin noch bis Haaren wo ihn die Kräfte verließen oder er verletzt samt Adler im Sumpf versank, denn sein Adler gelangte nicht in die Hände der germanischen Verfolger. Aber einige konnten schon den frischen Westwind der westfälischen Bucht spüren und sich glücklich schätzen es bis hierhin geschafft zu haben. Nach langen Tagen und Nächten mag es auch einigen gelungen sein erschöpft und ausgehungert an der Lippe auf andere Römer zu stoßen und mit etwas Phantasie konnten sie vor ihrem inneren Auge schon fasst das silberne Band des Rhein am Horizont erkennen. Das dies unter widrigsten Bedingungen geschah und sich viele aus Gewichtsgründen von Teilen ihrer Waffen trennen mussten, die zudem wegen der Nässe unbrauchbar waren klingt plausibel. Aber es gab am Morgen auch noch die, die sich am letzten Tag der Ehre wegen beherzt zur Wehr setzen wollten und die nicht den Vortag, die Nacht oder den Morgen zur Flucht genutzt hatten. Sie bekamen es mit der beschriebenen leichtfüßigen Kampfesweise der Germanen zu tun die sich auskannten. Es war der beklagenswerte Rest der einstigen Großmacht die sich am Morgen des vierten Tages dem Unvermeidlichen stellte und sie wurde wohl von den germanischen Kämpfern argwöhnisch bis höhnisch beäugt und kein Germane ging jetzt noch ein unnötiges Kampfesrisiko ein. Ein Szenario das schwach an die letzten Ferse aus dem Nibelungenlied am Hofe von König Etzel erinnert. Zweikämpfe wurden zur Ausnahme und der Germane entschied über das Schicksal des vor ihm liegenden wehrlosen Legionärs. Und so wie es Cassius Dio auch überlieferte nahm der Druck der Feinde erwartungsgemäß zu. Aus den unterschiedlichsten Motiven und Richtungen erschienen sie auf der Wallstatt und stießen in die schon gelichteten Reihen der Römer vor. Ihre Übermacht und Überlegenheit nahm zu war demzufolge erdrückend und auch alle Germanen die wie er schrieb, vorher noch abgewartet hatten zögerten nun auch nicht mehr und griffen mit ein. Es war der Tag an dem sie triumphierten durften und sie nahmen ihre Art der Rache auf zeitgemäße Weise. Ein seit Menschengedenken tief sitzendes inneres Bedürfnis einem Beben gleich bei dem es schwer fällt dem ein gewisses Verständnis zu verweigern. Denn das ungebändigte Entladen von Wut, Schmerz und Überreizung führte in allen Zeiten zu kaum beherrschbaren Zornesausbrüchen und den Preis zahlte der nun wehrlos Gewordene der zuvor die Macht besaß. Das Resultat kann man in den antiken Quellen nach lesen und es verwundert nicht. Und wie sich den selbstmörderischen Reaktionen der Offiziere einschließlich des Feldherrn auch entnehmen lässt, setzte in dieser Phase kein Römer mehr auf eine diplomatische Lösung und erwartete auch keine Gnade. Der Hass den sie in den Jahren ihrer Anwesenheit auf sich gezogen hatten musste beträchtlich gewesen sein und richtete sich jetzt gegen sie. Und die Entschlossenheit mit der sie von den Germanen die letzten Tage bekämpft wurden machte unter ihnen jegliche Illusionen auf Schonung zunichte. Wie man damals einen derartigen Sieg beging entzieht sich unserem Vorstellungsvermögen aber sicherlich konnte man auch damals schon in Ostwestfalen feste feiern. Jetzt entlud sich auf germanischer Seite die aufgestaute Anspannung und mündete in die überlieferten Ritualmorde und Gewaltexzesse. Man rechnete mit Varus und vielen seiner Begleiter schonungslos ab, denen die Flucht nicht mehr gelang. Cassius Dio ging näher darauf ein als er schrieb, dass sich die Römer in den letzten Stunden widerstandslos töten ließen. Und damals gab es offensichtlich noch genügend römische Soldaten, die dies mit erlebten, folglich überlebten und mit ansehen konnten, welche Offiziere sich für den Selbstmord entschieden, wer den Germanen zum Opfer fiel und wer als Geisel taugte. Germanicus gegenüber berichteten sie sechs Jahre später auf ihre Weise wie sich das grauenvolle Spektakel vollzog, was Tacitus etwa hundert Jahre später verschriftete. Sowohl Tacitus, Florus, Paterculus als auch Cassius Dio gingen auf dieses grauenvolle Treiben ein und beschrieben die Szenerie am Ende der Schlacht am vierten Marschtag. Und alle taten es perspektivisch unabhängig voneinander je nach ihrem Wissenstand wodurch sich ihre Darstellungen glaubwürdig ergänzten und man wohl daran insgesamt wenig Zweifel haben braucht. Es waren die zermürbenden Tage und Stunden die an beiden Parteien nicht spurlos vorüber gingen, aber für die Legionen verliefen die drei Marschtage Kräfte zehrender und sie waren die Ausgelaugteren. Es wird auf sie erhebliche Auswirkungen auf Leib und Leben gehabt haben, alle Formen von Verletzungen werden sie davon getragen haben und ebenso hatte ihre moralische Konstitution gelitten, sodass sie auf ernsthafte Gegenwehr verzichtet haben dürften. Im Mix waren es folglich keine guten Voraussetzungen falls man sich an diesem 4. Tag doch noch zur Wehr hätte setzen wollen. Die Waffen der Todgeweihten wenn sie sie noch trugen, waren bis zur Unbrauchbarkeit verschlissen, ihre Sandalen zerfetzt und die mentale Verfassung der Krieger war gedrückt. Man hatte die Cherusker heraus gefordert und so war ihnen alles erlaubt was die damalige Stammesethik noch durch gehen lässt um die Schwächen des Gegners auszunutzen. Es wird anhand dieser Darstellung deutlich wie sich die letzten Stunden der Varusarmee in die Erinnerungen der wenigen Überlebenden eingegraben haben mussten und welchen Eindruck der imposante "Teutoburgiensi saltu" bei ihnen hinterließ. In den schrecklichsten Stunden ihres Lebens in denen sie sich im Überlebenskampf durchsetzen mussten gab es immer nur diesen einen Schluchtenweg. Und auch nur der Legionär, der es bis an den Rand der Egge schaffte und zuvor das Schlachten überlebt hatte, konnte seine Erinnerungen daran weiter geben. Und dies war auch nur seine ureigene Sichtweise und Schilderung vom Untergang der Legionen. So nahm jeder Überlebende nur seinen persönlichen Eindruck mit und gab ihn später weiter. Während der eine von ihnen noch wusste, wo sich Varus damals tötete, erinnerte sich der andere vielleicht noch daran wo Arminius seine Spottrede hielt und jene die mit ansahen wie man einigen Römern die Augen ausstach waren nicht dabei, als Varus sich tötete und hörten auch nicht die Worte von Arminius, da sie sich an anderer Stelle aufhielten. Es ist sicherlich schwer vorstellbar, aber alles dürfte sich auch über einen größeren Raum verteilt haben. Wie die Überlebenden letztlich den Schauplatz der Tragödie erreichten war unerheblich und die einstigen Anmarschwege wurden zur Nebensache, sie berichteten nur über den letzten Kampftag. Dieser war in ihrem Bewusstsein haften geblieben und wurde durch den Besuch an Ort und Stelle wieder leidvoll aufgefrischt. Aber wie war das mit den Stämmen und gegen wen kämpften die Legionäre am letzten Tag überhaupt, oder von wem bekam sie den letzten Todesstoß. Es hilft zwar nicht unmittelbar bei der Suche nach dem Ort des Geschehens, sollte aber bei der Betrachtung auch nicht fehlen, denn es könnte in den folgenden Kapiteln noch an Bedeutung gewinnen, wenn sich die Frage nach den einstigen Stammesgrenzen stellt. Denn der Weg der aus dem "Saltus" hervor trat wurde zur östlichen Verlängerung des Haar- Börden - und natürlich des Herßweges des alten Heeresweg. Er führte weiter zur Weser und verlief am Nordrand der fruchtbaren Warburger Börde entlang. Ein Siedlungsraum der vor 2000 Jahren vermutlich schon von den keltisch geprägten Chatten beansprucht wurde, deren Wohnsitze sich hier mit der Harpstedt-Nienburger Gruppe schnitten, zu denen die Cherusker gerechnet werden könnten. So ließe sich schlussfolgern, dass auch die Erbauer der Behmburg nach dem Stand der Forschung "Latènemenschen", also Kelten gewesen sein könnten, zumal es in die Zeit der germanischen Südexpansion passen würde. Und nicht zu vergessen, beim Triumphzug des Germanicus 17 + führte man auch einen gefangenen Priester mit. Dieser hieß Libes und er war Chatte, sodass sich hier vor dem Saltus ein Schwerpunkt der Stammesgebiete heraus gebildet haben dürfte. Eine Stammesabgrenzung die ebenfalls für die unstrittige Beteiligung der Chatten an der Varusschlacht spricht. So darf man annehmen, dass es sich bei der Bemerkung von Cassius Dio wonach sich am letzten Kampftag auch verstärkt jene in die Schlacht einbrachten die vorher noch nicht beteiligt waren um Chatten gehandelt haben könnte. Das Marser/Sugambrer mitkämpften wird in der Regel damit begründet, dass bei ihnen Germanicus 14 + einen Legionsadler der Varusarmee zurück holen konnte und er an ihnen böse Rache nahm. Und die Brukterer die die römische Gewalt am stärksten über sich ergehen lassen mussten galten ebenfalls für die Varusschlacht als gesetzt. Aber für alle Stämme stellte der etwa 500 Meter lange "Teutoburgiensi saltu" Pass einen gemeinsamen Grenzabschnitt dar. Und insbesondere bei den Chatten und Marsern deren Stammesgebiet oberhalb des "Saltus" seinen Anfang genommen haben dürfte wird es sich um frische Kräfte gehandelt haben, die sich erst hier mit in die Kämpfe einbrachten, wobei vor allem die Letztgenannten dafür Sorge trugen, dass der "Saltus" in Richtung Westen für die flüchtenden Römer versperrt war. Man sollte aber auch nicht unterschlagen, dass am vierten Kampftag auch die Kräfte jener Germanen erlahmten, die schon von Beginn an die Last des Kampfes trugen und sich daher von den Kämpfen zurück gezogen hatten. Aber die aus der Trossverbrennung her rührenden unvermeidbaren "Rauchzeichen" vom Vortag konnten bis weit in Land gesehen werden, so dass sich auch noch verspätete, zögerliche und vermutlich sogar auch noch "sehr" verspätete Horden zum Kampfgebiet durch geschlagen haben könnten. Viele von ihnen erreichten das Schlachtfeld im "Saltus" vielleicht sogar erst zu einem Zeitpunkt, als sich der Vorhang des Schicksals schon längst über die Legionen gesenkt hatte und es für sie schon nicht mehr viel zu holen gab. Cassius Dio beschrieb die letzten Stunden der Varusarmee vor ihrem endgültigen Untergang nach der zweiten Großschlacht auf drastische Weise. Der hinterlassene Stoff der antiken Historiker bietet genügend Phantasmen in denen sich genussvoll suhlen ließe, möchte man sich in die Haut der Vorfahren begeben. Unübersehbar hatten sie dargestellt wie die Germanen ihren Sieg genossen und auskosteten, wie eine Orgie ließen sie es erscheinen und trieben es auf die literarische Spitze um in den Seelen der Nachwelt das Schaurige zum Beben zu bringen. Beginnen wir damit wie man nach Tacitus dem Feldherrn Germanicus noch die an die Bäume genagelten Schädel und die Altäre der Barbaren zeigen konnte, wobei man zweifellos an große Opfersteine mit Ausnehmungen zum Auffangen von Blut denkt wie man sie auch heute noch im "Saltus" entdecken kann und stellt sich vor wie germanische Priester vom Schlage eines Libes ihren Teil dazu beitrugen. Dort wo man Tribunen und Centurionen tötete und die Überlebenden sogar noch sechs Jahre danach imstande waren den Ort zu finden, wo die Legaten fielen, die Legionsadler geraubt wurden, Varus verletzt wurde, wo er sich dann selbst tötete und wo Arminius seine Spottrede hielt klingt schon seltsam, aber so war es wohl. So als ob es gestern erst geschehen wäre, aber es war authentisch, da es alle vier Historiker zum Thema machten. Wechseln wir dann zu Cassius Dio der es ergänzte und berichten konnte wie demoralisierend sich der Selbstmord von Varus auf alle Umstehenden auswirkte. Denn fortan verzichtete man auf jegliche Formen von Verteidigung oder Gegenwehr, tötete sich selbst, warf die Waffen weg und ließ sich vom nächst besten Feind nieder machen. Die Flucht war ihnen versperrt und jeder Mann und sogar jedes Pferd soll nieder gemetzelt worden sein. Das auch Pferde getötet wurden könnte darauf hinweisen, dass diese Darstellung auch ihre Schwachstellen hatte, denn Pferde waren in Germanien hoch gehandelte Wertgegenstände. Auf sie wollte man nicht verzichten und ließ sie leben, es sei denn sie waren zu Tode verletzt. Zu dieser Endphase am 4. Tag liegt uns von Florus keine unmittelbare Überlieferung vor was den Erkenntnissen nach auch passt, da sich für ihn der Kern der Varusschlacht im Kampf um das vermeintliche und nie zustande gekommene "Gerichtslager" verbarg, die er für die Endschlacht hielt. Aber seine Hinweise auf das Geschehen lassen sich ungeachtet dessen auch auf einen 4. Tag übertragen. Florus erwähnte nicht den Selbstmord von Varus bzw. nahm es nicht so genau, denn er verglich seinen Tod mit Lucius Aemilius Paullus, der allerdings in der Schlacht von Cannae getötet wurde und keinen Selbstmord beging. Des Weiteren schilderte auch er die Kämpfe in den Sümpfen und Wäldern als blutig und damit drastisch. Auch dem Spott der Germanen widmete er sich und sah besonders die römischen Advokaten, also die höheren Führungsstäbe des römischen Adels darunter leiden. Wie er zu dem detaillierten Wissen gelangte, wonach man manchen Römern die Augen ausgestochen haben soll erstaunt und auch das man einigen den Mund zu nähte lässt Zweifel an seinen Darstellungen zu, da es schwer vorstellbar ist. Das man Römern die Hände ab und auch die Zuge heraus schnitt mit der dann ein Germane spielte und ihr zurief, dass "Du Natter endlich aufgehört habest zu zischen" klingt glaubhaft, denn menschliche Grausamkeiten kennen keine Grenzen und derartige Taten sind auch für den 30 Jährigen Krieg dokumentiert der 1639 Jahre später endete. Es verblüfft allerdings sein Wissenstand, dass römische Legionäre noch versucht haben sollen seinen Leichnam zu vergraben, was jedoch nicht gelang, da die Germanen ihn wieder ausgruben. Der Selbstmord des Feldherrn und der Versuch seinen Leichnam zu begraben lässt sich schlecht in die hektische Phase des von Florus beschriebenen Lagerüberfall einbetten, den er als kurz und heftig schilderte, sodass sich auch diese Tat dem 4. Marschtag zuordnen lässt. Auch Tacitus zählte die Gräueltaten auf, aber er erwähnte keinen vierten Marschtag. Er erkannte allerdings beim Studium der archivierten Schriften aus dem Jahre 15 + aufgrund der Tatsache, dass es Überlebende gab, dass die Schlacht im "prima Vari castra" noch nicht zu Ende gewesen sein konnte. Das also weiter marschiert und gekämpft wurde und das dies in der Konsequenz auch noch am Abend zur Errichtung eines weiteren Lagers geführt haben könnte, dürfte ihm klar geworden sein, auch ohne das er es zu Papier brachte. So hätte es theoretisch auch aus seiner Sicht zu einem vierten Tag kommen können. Paterculus fand ebenfalls einige Worte für das Dramatische zum Ende der Schlacht als er schrieb, dass die Legionen eingeschlossen von Wäldern und Sümpfen von den Germanen völlig aufgerieben und wie Vieh dahin geschlachtet wurden. Eine Bestätigung des Zeitzeugen Paterculus für die wohl tatsächlich statt gefundenen Gräueltaten und sein klarer Hinweis auf den Selbstmord des Feldherrn, wie man ihn bei Florus vermisst. Dafür aber die Bestätigung, dass die Germanen den Leichnam den man offensichtlich auch noch verbrennen wollte wieder ausgruben um ihm den Kopf abzutrennen. Und dies kann definitiv nur am letzten Tag der Schlacht passiert sein. Ob sich dies alles in einem gesitteten und von Priestern überwachten Rahmen vollzog darf man bezweifeln und es dürfte in Raserei ausgeartet sein. Aber wo gelang es Varus im September des Jahres 9 + noch am Abend des dritten Marschtages und nach den intensiven Kämpfen eine nächtliche Ruhestätte zu errichten. Die Antwort wird sein, dass es zu keinem Nachtlager im herkömmlichen Sinne mehr kam, dass unseren Vorstellungen entsprechen würde. Es mag sich noch um eine schwache Wallanschüttung verstärkt mit etwas Holzverhau gehandelt haben, wozu die erschöpften Männer noch imstande waren, denn rund 36 Stunden feindlicher Angriffe und Nahkämpfe lagen hinter ihnen. Aber geben wir uns aber keinen Illusionen hin, denn auch dieses zweite varianische Marschlager dürfte sich kaum finden lassen und selbst wenn man es fände, ließe es sich nicht mehr als das ersehnte letzte Nachtlager des Varus identifizieren, es sei denn der Zufall erweist uns einen Dienst. Denn auch in diesem Lager lag schon nach kurzer Zeit kein Scheidt mehr auf dem anderen und es war weit davon entfernt in einigen mittelhohen Erdaufwerfungen ein wichtiges strategisches Ziel einstiger germanischen Eroberung zu sehen. Im Zuge der Verlaufsanalyse ließen sich die Marschstationen, in der Folge die Etappen, und letztlich die Örtlichkeiten des Schlachtgeschehens eingrenzen. Diese in der Landschaft aufzufinden, sie der Geographie förmlich abzulesen, also wieder zu erkennen und sie in unsere umgeformte Zivilisationstopographie einzuordnen ist Ziel dieser Internet Veröffentlichung. Aber auch bei noch so viel Tragik wie sie sich in den letzten Stunden über die Varusarmee ergoss und wie es sich den antiken Quellen entnehmen lässt, lassen sich keine belastbaren Rückschlüsse auf jenen Ort ziehen wo sich diese Dramen ereigneten, sich das letzte Nachtlager befand, die Altäre standen, oder Varus sich tötete. Aber es ließen sich schon und es werden sich auch noch weitere Anhaltspunkte ausfindig machen, wodurch sich der Aktionsraum weiter einschränken wird und sich in der Theorie vielleicht sogar der Ort der Tat finden lässt. Von der Kopfzahl jener Legionäre und deren Gesundheitszustand die am Abend des zweiten Kampftages noch lebten hängt auch die Qualität, also der Zustand des Nachtlagers ab. Den Überlieferungen nach, dürfte deren Größenordnung stark zusammen geschmolzen sein, sodass man keine umfangreiche Leistung erwarten kann. Spekulationen fallen schwer und müssten dann auch die Stärke der Germanen mit einbeziehen von denen diese letztlich bezwungen wurden. Cassius Dio schreibt gemäß der Übersetzung dazu, dass sich die Reihen der Römer schon gelichtet hatten da viele von ihnen in den voraus gegangenen Kämpfen schon gefallen waren. "Gefallen" das allseits angewendete schmeichelhafte Wort für den, der seinen Tod im Krieg fand. Möchte man versuchen den Schlachtort anhand dieser Hypothese zu verorten, könnte man ein Halbkreis - Winkelmesser auf die Landkarte legen und die flache Seite an die Egge lehnen. Borlinghausen bildet den zentralen Mittelpunkt und der Markhof unmittelbar am "Oberen Bördenweg" etwa 2.600 Meter östlich von Borlinghausen gelegen, läge auf 90 Grad und würde somit den weitesten Abstand zu Borlinghausen darstellen, bevor sich das Messgerät nach Norden und Süden einwölbt. Diese Fläche gälte es zu untersuchen, wollte man sowohl den Kampfplatz, als auch das letzte varianische Lager, den Ort seines Suizid und möglicherweise zudem auch noch den Knochenhügel aufspüren. Was ließe sich nun nach so langer Zeit noch historisch über diese Region heraus finden, was man noch mit der Varusschlacht in Verbindung bringen könnte. Was geschah dort noch alles nahe dem "Oberen Bördenweg" in den späteren Jahrhunderten. Das Ende des Imperium Romanum wehte darüber hinweg, die wandernden Völker kamen und gingen und alle nutzten den "Teutoburgiensi saltu". Sie zogen ihn hinauf oder hinab ob sie nun zum Rhein oder zur Weser wollten. Und nicht nur Franken und Sachsen begegneten sich dort später auf unheilige Weise, aber da war die Varusschlacht schon lange vorbei. Dafür wird uns aber das Jahr 772 mit einigen neuen Querverbindungen überraschen. (28.06.2022)

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Mittwoch, 1. Juni 2022
Germanicus auf Kurzbesuch in Schweckhausen und das taciteische "Notlager"
Die Überschrift mag zunächst etwas befremdlich klingen, da aber inzwischen hinreichend "Römisches" auch aus ostwestfälischem und niedersächsischem Boden zu Tage getreten ist und es durch Literaturhinweise und plausible Theorien Bestätigung fand, dass sich die römischen Feldherren seit Drusus an der Weser förmlich die Klinke in die Hand gaben sollte man auch die Anwesenheit von Germanicus im Nethegau sachlich zu Kenntnis nehmen. Da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sich Germanicus den Spuren von Varus folgend auch bis in den südlichen Nethegau vorwagte, soll in diesem Abschnitt versucht werden dem Rätsel um das taciteische "Notlager" innerhalb des "prima Vari castra", dass sich möglicherweise im Fahlenbruch befand auf die Spur zu kommen so wie es die Überlebenden dem Feldherrn Germanicus im Jahre 15 + beschrieben hatten.
Daher zunächst die mageren fünf Worte die Tacitus in seinen Annalen dafür fand.

Er schrieb:

"dein semiruto vallo, humili fossa".
was die Altphilologen in der Regel wie folgt übersetzen.
dein = dann/danach/daraufhin
semi ruto = halb zerstörter
vallo = Wall
humili = niedriger
fossa = Graben

Auf die Bedeutung des Wortes "dein" wurde bereits im letzten Abschnitt ausführlicher eingegangen. Aber das lateinische Wort "semiruto" bedarf der Interpretation, denn es stellt eine interessante Kombination aus zwei Silben dar. Die Silbe "semi" ist dabei unstrittig, aber das Adjektiv "ruto" (rutus, ruta, rutum) öffnet die Tür für andere Überlegungen, denn es steht in erster Linie für aufgegraben oder ausgegraben könnte aber auch für an gegraben stehen. Geht man allerdings davon aus wie es seit Jahrhunderten geschieht, dass man dahinter einen Akt der Zerstörung sehen möchte, dann setzt dies grundsätzlich das Vorhandensein eines unzerstörten Walles voraus. Dies lässt jedoch die recherchierbare Aufbauhistorie des "prima Vari Castra" aufgrund der damals herrschenden extrem ungünstigen Voraussetzungen vor dem Hintergrund der tobenden Varusschlacht nicht zu. Denn es dürfte den Legionen nicht gelungen sein unter den gegebenen Verhältnissen gute zur Verteidigung geeignete Lagerstrukturen zu errichten. Der Verfasser empfiehlt daher das Wort "zerstört" nicht anzuwenden, sondern statt dessen von halb fertig im Sinne von nicht zu Ende gebaut auszugehen. "ruto" unter dem man auch aufgegraben oder ausgegraben versteht, lässt diese Übersetzungsmöglichkeit zu. Und was vorher nicht fertig war, lässt sich auch nicht zerstören. Der Grund warum man sich seit jeher für die Übersetzung "zerstört" entschied, obwohl es dafür keinen eindeutigen Hinweis gibt mag daran liegen, dass es nur so möglich war die bislang vertretenen Theorien und visionären Vorstellungen die die Historiker hatten in Zusammenhang mit einer Lagerschlacht zu bringen, wonach der Wall nur im Zuge von Kampfhandlungen zerstört worden sein konnte. Eine andere Erklärung fand sich über die Zeiten nicht, da man es nie anging dem Verlauf der Varusschlacht bis an diesen Punkt ein Gesicht zu verleihen. So bestand die Ausgangslage bislang immer darin annehmen zu wollen, dass in diesem Notlager, dass letztlich Bestandteil des "prima Vari castra", also identisch mit ihm war so heftig gekämpft wurde, bis Wall und Graben am Ende nur noch halb so hoch bzw. tief waren. Da man aber auch im Kampfe stehend noch so viel mit den Füßen scharren kann ohne dass sich der Boden darunter bewegt wird der Wall unter den Kampfhandlungen nicht gelitten haben, zumal man nicht nur auf der Wallkrone kämpfte. So kann es wie dargestellt auch anders gewesen sein und man könnte den Gedanken, dass die nötigen Wälle und Gräben in der Hektik des Kampfes noch bis zu Ende fertig gebaut wurden fallen lassen. Die Überlebenden konnten sich infolge dessen auch nur hinter niedrige Wälle zurück gezogen haben und niedrig deswegen, weil man die Schanzarbeiten einstellen musste. Aber zurück zum Geschehen. Denn nachdem Germanicus 14 + nur bis zu den Marsern vordrang standen im Folgejahr die Cherusker auf seinem Schlachtenplan. Es muss zu Beginn des Sommers des Jahres 15 + gewesen sein, als Germanicus aus Richtung Borlinghausen kam und dem alten Keltenweg in Richtung Brakel folgend westlich des heutigen Schweckhausen mit seinen berittenen Legionären durch das Bett der Ugge ritt. Von hier aus bis zum ersten Lager von Varus im Fahlenbruch war es nicht mehr weit. Schweckhausen war noch nicht und so ritt ihm auch niemand entgegen um sich ins goldene Buch einzutragen. Er kam wohl etwas widerwillig dorthin, weil sowohl der Saltus als auch der Fahlenbruch abseits seiner Anmarschroute zu den Cheruskern lagen. Aber die Veteranen der Varusschlacht und vermutlich auch seine eigene Neugier strebten danach das alte Schlachtgebiet zu besuchen. Im Fahlenbruch befand sich dieser Theorie nach das "prima Vari castra" und man wollte schauen was davon übrig war bevor man sich zurück zum Saltus begab, wo noch die meisten Knochen aus dem letzten Varusgefecht unbestattet lagen. Sich im einstigen Gefechtsgelände nur umzusehen um da gewesen zu sein, entsprach nicht den römischen Gepflogenheiten und so sollte auch ein würdiger ritueller Akt damit verbunden sein. Aber es lag ein ungutes Omen über diesem Tag. Denn der Augur Germanicus stellte sich gegen alle religiösen Sitten in dem er sich durch das Berühren sterblicher Überreste befleckte. Aber nicht nur diese umstrittene Mission ließ es für Germanicus ungut enden. Denn der folgende Sommerfeldzug gegen die Cherusker brachte ihm ebenfalls kein Ruhmesblatt ein. Vermutlich aus Angst es könne ihm wie Varus ergehen soll er vor dem germanischen Gegner ausgewichen sein. Wie es nach Tacitus hieß trennte man sich unentschieden. Wer den Fahlenbruch und die heute noch darin befindlichen Wall - und Grabenstrukturen kennt der weiß welchen Weg Germanicus dahin einschlagen musste, aber auch die Wegeführung und die alten Kampfspuren an der Strecke in Verbindung mit dem Erinnerungsvermögen der Überlebenden wiesen ihm die Richtung. Und wenn Germanicus das sah, was sich immer noch im Fahlenbruch erkennen lässt, dann kann man sich ein Bild davon machen was dort einst vor sich ging. Und dies kann die Frage lösen helfen was Germanicus vorfand aber vor allem, was ihm die Überlebenden dazu noch im Detail erklären konnten. Die Varushistorie hat alle die sich mit ihr beschäftigen in ihren Bann gezogen und Notlager hin Notlager her, letztlich bestand der gesamte Marsch des Varus bis auf das existente Etappenlager I in Brakel aus Notlagern, denn südlich von Brakel begannen die Gefechte und da errichtete man auch kein Lager mehr das Reißbrettvorgaben entsprochen hätte. Einmal in die Diskussion gebrachte Begriffe, ob es im 19. oder 20. Jahrhundert geschah sind langlebig, halten sich zäh und beherrschen unser Vokabular scheinbar bis in die Ewigkeit. Das Wort "Notlager" wenn damit das gemeint ist, dass Tacitus im Zusammenhang mit dem "prima Vari castra" erwähnt, ist ein solches Wort. Man kreierte es um sich die Situation besser vorstellen zu können in der die Legionäre damals waren. Eine für sie ungünstige Lebenslage von der gar nicht bekannt ist, ob es sie in dieser Form überhaupt gegeben hat bzw. sich so zutrug. Die im Wald des Fahlenbruches verborgenen Wallstrukturen verraten jedoch eine ganz andere Verlaufsgeschichte. Aber diese einst militärischen Zwecken dienenden Reste lassen sich zum Sprechen bringen und können Aufschluss über die damaligen Geschehnisse geben. Betrachtet man das Waldgebiet des Fahlenbruches mit den Augen eines Topographen oder Militärhistorikers dann fällt sofort auf, dass es über keine Anhöhe oder Kuppe verfügt, die sich für Verteidigungszwecke anbieten würde. So lässt sich der Örtlichkeit auch nicht ansehen warum man ausgerechnet dort auf die Idee kam Fortifikatorisches zu hinterlassen. Sie ist zudem versumpft was allein schon gegen jegliche Erdarbeiten spräche, aber offensichtlich konnte man darauf zum Zeitpunkt der Errichtung planerisch betrachtet keine Rücksicht nehmen. Das man aber trotzdem an diesem Ort Schutzanlagen aufwarf zeugt bereits davon, dass hier Ungewöhnliches stattfand was militärisch wenig Sinn ergab und schwer vertretbar scheint. Somit darf man konstatieren, dass sich die oberflächlich noch erkennbaren Spuren der ehemaligen Wehranlagen an einer äußerst suboptimalen Stelle befinden. Ein Ort, bei der man also rätseln darf warum man sich dafür entschied gerade hier Ausschachtungen durchzuführen. Und das gilt selbst für den Fall, dass es sich dabei möglicherweise auch um Wälle aus anderen Perioden der Geschichte gehandelt haben könnte. Allenfalls der in relativer Nähe dazu verlaufende prähistorische Verbindungsweg von Warburg nach Brakel könnte Erklärungen dafür bieten warum man unweit davon den Weg mittels Wallanlagen schützen, kontrollieren ihn also im Auge behalten wollte. Es ist schlichtweg eine Örtlichkeit in der auch kein Forschungsteam das sich mit Römerzeitlichem beschäftigt auf die Idee gekommen wäre, dort nach Varus und Co. Ausschau zu halten. Folglich der ideale Platz der förmlich dazu einlud von der Forschung übersehen zu werden. Denn unter einem so schicksalhaften Begriff wie dem "prima Vari castra" stellte man sich beileibe etwas anderes vor als diese unauffällige Wallstruktur fern ab von jeglichen bekannten Varusschlachttheorien. Aber Cassius Dio hatte uns schon vorgewarnt besser gesagt, er hat uns die Spur der Erklärung gelegt in dem er unter 21. (1) andeutete: "Daher schlugen sie dort ihr Lager auf, wo sie einen geeigneten Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge überhaupt möglich war". Cassius Dio bringt es auf den Punkt denn daraus spricht der deutliche Hinweis, dass die Legionen keine andere Wahl hatten da ihnen geeignetere Flächen in ihren prekären Situation nicht zur Verfügung standen. Man hatte sich für das zu entscheiden, was man am Abend nach dem ersten Kampftag vorfand und das war alles andere als das, was man unter diesen Umständen gebraucht hätte. Der tapfere Lagerkommandant nennen wir ihn in Anlehnung an Paterculus Eggius, für dessen Vorname er den Anfangsbuchstaben L. angab und der vermutlich Lucius lautete, war nicht zu beneiden. Er ritt mit seinen Quartiermeistern im ersten Abschnitt des Marschzuges eventuell in der Nähe von Varus als das Schlachtengetümmel begann sich bis zu ihnen durchzufressen. In dieser Phase fiel die Entscheidung einen Lagerplatz auswählen zu müssen, der nun mehr die Funktion eines Auffanglagers bekam. Ein Fluchtort an dem sich die Legionäre sammeln konnten um ihre Schlagkraft zu bündeln die bisher Marschzug bedingt gestreckt ausgerichtet war. Möglicherweise diente der Platz zunächst nur der Konzentration und man entschied sich erst später auch dort die Nacht zu verbringen und die nötigen Schutzwälle zu schanzen. Die römische Kolonne bestehend aus in Einzelkämpfe verwickelte Kampfgruppen rückte nun in breiter Formation aus Richtung Norden an und und strömte in den Fahlenbruch wobei sie sich am alten Hellweg orientierte. Der Platz für den sich Eggius entschied wo man sich zusammen rottete befand sich etwa 200 Meter südöstlich dieses alten Weges wo die Topografie eine minimale Anhöhe bot. Man darf sich vorstellen wie es in diesen späten Nachmittagsstunden Ende September und möglicherweise bei Dauerregen im sumpfigen Fahlenbruch zugegangen sein könnte. Von Germanen verfolgt, bedrängt, bekämpft und teilweise schon eingekreist wich man zurück. So jedenfalls lässt es sich den Zeilen von Cassius Dio entnehmen und so könnte es zugegangen sein, als man mit den Germanen im Gefecht stand. Nun musste man im Führungskreis um Varus handeln und begann unter widrigsten Bedingungen im ungünstigen Terrain den Lagerplatz abzustecken, weil man auch aufgrund der Situation und der eintretenden Dämmerung den Weitermarsch nicht mehr fortsetzen konnte. Erschwert wurde die Lage dadurch, dass die mit Werkzeugen und Palisaden beladenen Karren vielfach fest steckten, ihrer Zugtiere beraubt, bereits zerstört oder schon geplündert waren. So wartete man im Fahlenbruch um Eggius vergeblich auf das nötige Material was den Aufbau einer brauchbaren Schutzanlage wenn auch nicht verhinderte so doch massiv erschwerte. Das Chaos verstärkte sich da die Befehlsstrukturen brachen, sich die Führungsebenen aufgelöst hatten, Offiziere nicht zur Stelle oder bereits verletzt waren. So versanken die Zuständigkeiten im Nebel und auf Basis von Zurufen lässt sich schlecht Ordnung schaffen oder ein Lageraufbau organisieren. So spitzte sich die Lage zu, aber das größere Problem wird darin bestanden haben, dass niemand die Anzahl der Legionäre überschauen konnte, für die man jetzt den Lagerplatz zu dimensionieren hatte. Cassius Dio beschrieb es drastisch, wonach Varus bereits am ersten Kampftag hohe Verluste gehabt haben dürfte. Über die Anzahl lässt sich spekulieren aber an diesem Tag als Varus bemerkte, dass Arminius sich mit seinen Männern gegen ihn gestellt hatte statt mit ihm zu kämpfen, hatte sich das Blatt für Varus gewendet. Aber ein Lagerkommandant musste wissen wie groß das Lager zu sein hatte, was aber zum Nullsummenspiel wird, wenn man Legionäre einplant die ausbleiben. Welche Dimensionen sollte also das Nachtlager aufweisen und wie sollte man alles ohne Palisaden und Werkzeuge bei ungewisser Anzahl darin Schutz Suchender angehen. Wieviel Legionäre hatten das Lager schon erreicht und mit wie vielen war noch zu rechnen. Männer die noch immer nördlich des Fahlenbruch mit den Germanen im Gefecht standen, die sich noch zum Lager, dessen Standort sie möglicherweise gar nicht kannten durchzukämpfen hatten waren keine planbare Größe. Und alles geschah bei Einbruch der Dämmerung die jahreszeitlich bedingt und bei niedriger Bewölkung früher herein bricht. Und wer schaufelt, kann kein Schwert schwingen und umgekehrt. So stelle man sich vor wie unter diesen Umständen und Voraussetzungen das "prima Vari castra" ausgesehen haben sollte oder könnte und übertrage es dann auf die waldbaulich gepflegte Geographie einer Landschaft wie wir sie in unserer Zeit gewohnt sind. Dann zu erwarten darin vom bloßen Anblick her noch die alten Strukturen vorfinden oder wieder erkennen zu können ist nicht möglich und nur auf dem Grabungsweg könnte sich ein hinweisgebender Fund einstellen. So bekommt man auch ein Gefühl dafür wie beschwerlich es ist lange vergangenen Episoden der Weltgeschichte anhand weniger Umrisse und kaum erkennbarer Bodenverwerfungen auf die Spur zu kommen. Ein Lager an dessen Konturen zwei Jahrtausende nagten und ihre Spuren hinterließen könnten sich an dieser Stelle als "prima Vari castra" entlarven lassen, würde man auf zerbrochene römische Waffen oder anderes Identifizierbares stoßen. Aber Lucius Eggius hatte nun die Qual Anweisungen und Befehle auszugeben die der kritischen Lage angepasst waren. Bei Inaugenscheinnahme der Fläche erkannte er die sich im nordöstlichen Randbereich auftuende Kerbe eines Talbachzulaufes die er in die Grundstruktur einbeziehen konnte, aber die verbleibenden Teilstücke konnte man mit Wallanlagen gegen die Germanen schließen. In der ersten Phase mag er noch optimistisch gewesen sein und plante auf dieser Basis für ein größeres Aufkommen an Legionären die es galt unter zu bringen. Dann wurde die Lage dramatisch und die angedachte Struktur und Ausdehnung ließ sich nicht beibehalten. Sie war nicht mehr nötig, da sie sich nicht mehr mit Soldaten ausfüllen ließ. So brach man die Schanzarbeiten ab. Im weiteren Verlauf nutzte er die bis dato vorhandenen Wälle kürzte sie aber auf eine kleinere Dimension ein und trug damit den neuen Raumansprüchen für eine geringere Anzahl an Legionären Rechnung. Nachdem sich dann noch heraus stellte, dass sich selbst diese Eingrenzung nicht mehr umsetzen ließ, beendete er die Baumaßnahmen in Gänze und begnügte sich zwangsläufig mit dem bis dahin erreichten. Das Resultat glich einem unübersichtlichen Torso, wurde zum Stückwerk und drückte das ganze Chaos dieser Stunden aus wie es sich besser kaum darstellen lässt. Es existierte nun ein Lager, dass den Namen nicht verdiente. Es wies eine große offene also ungeschützte Flanke auf und machte es anfällig für germanische Angriffe. Angriffe zu denen es zugunsten von Varus aber aufgrund der nachlassenden Kämpfe und der einsetzenden Dunkelheit nicht mehr kam. Dieses Lager, das einem aus der Not geborenen Bauplan folgte war demnach das "prima Vari castra", es bot einen tristen Anblick und wirft Fragen auf wie viele Legionäre darin noch die Nacht verbracht haben könnten und wieviel von ihnen noch am nächsten Tag körperlich imstande waren weiter zu marschieren. So erkennt man vor dem inneren Auge schemenhaft die teils arg lädierten Legionäre denen es nur mit Mühe gelungen war, den Keulen und Schwertern der Germanen zu entkommen. Sie warfen sich mit letzter Kraft hinter die nur mäßig vorhandenen halb fertigen Wallanlagen, scharten sich mit den anderen Überlebenden zusammen und stellten ihre Schilde als letzte Maßnahme auf. Wälle die schon eine gewisse Höhe aufwiesen wechselten jetzt ab mit Wällen deren Bau man einstellen musste und die Überlebenden werden sich für den Abschnitt der Umwallung entschieden haben, der ihnen noch ein Minimum an Sicherheit versprach. Kommt man zurück auf die Beschreibung die uns Tacitus dazu hinterließ und die den Mündern der Überlebenden entsprang, so kennen wir die gängige Übersetzung seiner lateinischen Worte die da lautet: "Dann erkannte man an dem halb zerstörten Wall mit flachen Graben davor die Stelle an der sich die bereits dezimierten Reste nieder gelassen hatten". Und nun fügt es sich auch in den zuvor beschriebenen Verlauf und die Feststellung, dass es kein zerstörter Wall, sondern ein halbfertiger Wall war, da man ihn nicht mehr zu Ende bauen konnte. Die abgekämpften Legionäre mussten sich einen Platz suchen wo sie die Nacht verbringen konnten und da durften sie unter den gegebenen Umständen nicht wählerisch sein. Am 01.02.2022 wurde dazu ein Kapitel unter dem Namen "Das prima Vari castra befand sich im Fahlenbruch" eingestellt. Im gleichen Kapitel wurde in diesem Zusammenhang auf Basis einer bearbeiteten Bodenradar (Lidar) Darstellung eine Animation aufbereitet aus der sich diese einzelnen Bauphasen des ersten Varuslagers ableiten und integrieren lassen, so wie es sich dieser Theorie nach zugetragen haben könnte. Die Abbildung zeigt die Lage und die drei angesprochenen Bauabschnitte. Das ungeordnete und unfertig wirkende Zusammenspiel von abgewinkelten, halbfertigen und unterbrochenen Wällen und Gräben offenbart erst im Zuge der Lidar Methode seine Unvollkommenheit. So muss das Erscheinungsbild irritieren und jeden Historiker zunächst ratlos zurück lassen der nach schlüssigen Erklärungen sucht, wenn er auf keine Anhaltspunkte zurück greifen kann, mit denen er sich das Geschehen plausibel machen kann. Auf den ersten Blick erscheint es wie aus dem Zusammenhang gerissene diffuse Wall/Grabenfragmente die erst eine Logik ergeben, wenn sich dem eine Theorie überstülpen lässt. Und innerhalb dieser Strukturen könnte sich auch jener Rückzugsbereich befunden haben, für den es keinen anderen Namen geben konnte als es ein Notlager quasi im Notlager befindlich nennen zu müssen und den die Überlebenden nutzten um dahinter zu überleben. Tacitus beschrieb den Ort und es erschloss sich ihm auch die Situation, dass es im 1. Varuslager Überlebende gab die anderntags den Marsch fortsetzen konnten und die nach dem 1. Varuslager auch noch ein 2. Varuslager errichten konnten. Das Lager in dessen Nähe die Varusschlacht zu Ende ging und wo man einen Hügel aus Knochen entstehen ließ. Es ist in der Tat eine mutige Vision aber sie lässt sich mit einer plausiblen Theorie stützen also glaubhaft machen und man könnte auf diesem Weg auch der Zufluchtsstätte auf die Spur gekommen sein, für die sich viele Historiker den Begriff Notlager einfallen ließen. (01.06.2022)

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Donnerstag, 26. Mai 2022
Die Varusschlacht - zweifellos ein mehrtägiges Gefecht - Florus und Tacitus bestätigen Cassius Dio.
Wer sich näher mit der Varusschlacht beschäftigt hat der weiß um den historischen Hintergrund das Cassius Dio sie als ein sich abwechselndes Ereignis bestehend aus Marsch- und Kampfgeschehen beschrieben hat, das sich über maximal 4 Tage hinzog. Und der weiß auch, dass Florus es rund hundert Jahre vor ihm anders darstellte, es nämlich wie einen ad hoc artigen Überfall auf ein Lager aussehen lässt, in dem Varus Recht sprechen wollte. Der Frage nachzugehen, ob es nun das eine oder andere war ist zur Aufarbeitung des Schlachtverlaufs unvermeidlich. Denn nur auf den ersten Blick betrachtet scheint es so, als ob sich daraus nicht ableiten lässt, wo die Varusschlacht statt fand. Aber das täuscht. Löst man jedoch den dahinter stehenden nur scheinbaren Konflikt der sich aus dem historischen Stoff ergibt, dann trägt dies dazu bei unser Wissen auch um den chronologischen Verlauf des Schlachtgeschehens detalliert darzustellen. Dies wiederum kann die Suche nach dem Schlachtfeld vereinfachen helfen, da es möglich wird auch auf diesem Weg die Position der einzelnen Stationen zu entschleiern und sie einzubetten ins Gesamtbild. Mit diesem Ergebnis in der Hand lässt sich der Aufbau rekonstruieren und man kann sich eine Vorstellung davon machen, wie sich alles einst zusammen gefügt hatte. In diesem aber auch noch im nächsten Kapitel soll versucht werden der Antwort einen großen Schritt näher zu kommen. Da Florus mit seiner Überlieferung unter den meisten Historikern eine Außenseiterposition einnimmt folgt zu Beginn dieses Kapitels auch als erstes sein Überlieferungstext. Er geht auf das Wesentliche derart minimalistisch ein, dass die Recherche zum Seiltanz wird. Es verdeutlicht uns auf krasse Weise, wie mager sich doch der geschichtliche Stoff darstellt, der uns zur Verfügung steht und der hier in Bezug zu Cassius Dio und Tacitus gestellt werden soll. Wenige Informationen die viele Rätsel hinterließen, aber dennoch über viel Aussagekraft verfügen. Informationen die ausreichen können den Weg des Feldherrn besser ausleuchten zu können. Aber legen Sie sich Chips in Reichweite denn es ist in diesem Fall ein überaus langes Kapitel nötig, da sich die ineinander greifenden Betrachtungsfelder schlecht strukturieren bzw. trennen lassen.

Zunächst der lateinische Originaltext auf den dann eine gängige Übersetzung folgt.

"Itaque improuidum et nihil tale metuentem ex inprouiso adorti, cum ille - o securitas! - ad tribunal citaret undique inuadunt; castra rapiuntur, tres legiones opprimuntur"

"Folglich griffen sie ihn (Varus), der nichts ahnte und so etwas nicht fürchtete, unvermutet losbrechend, von allen Seiten an, als er (Varus) - welch eine Selbstsicherheit - zum Tribunal rief, das Lager wurde geplündert und drei Legionen vernichtet". 

Hervor treten die Attribute:

Ein Varus, der nichts ahnte und nichts fürchtete
Ein Varus, der sich zu selbstsicher war.
Ein Varus, der erst noch zum Tribunal einladen musste.
Germanen, die unvermutet hervor brachen.
Germanen, die drei Legionen vernichteten.

Abgesehen von der Selbstsicherheit des Feldherrn die als gesetzt gilt, sind es Hinweise die sich nur auf den ersten Blick nicht mit der Darstellung von Cassius Dio in Einklang bringen lassen. Vielen nicht nur zeitgenössischen, sondern auch bereits verstorbenen Historikern, auch wenn ihnen die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den beiden Werken der antiken Historiker Cassius Dio und Florus bislang entgangen war oder sie daran zweifelten halten doch ungeachtet dessen die Darstellung zum Verlauf der Varusschlacht aus der Feder von Cassius Dio gegenüber jener von Florus für die glaubwürdigere. Und daran möchte auch der Verfasser nicht rütteln und der Cassius Dio Version in der Grundstruktur den Vorzug geben. Denn durch seinen Hinweis auf einen vierten Tag wie es die aufschlussreiche Analyse im letzten Abschnitt zeigte wird es erst möglich den Verlauf des gesamten Geschehens auch nach Tagen zu strukturieren und zu zerlegen und jeweils mit begründbaren Aktivitäten zu füllen. Und daran ändert auch die eigentlich nur marginale Abweichung im Bericht von Florus nichts. Im Gegenteil, sie wird sogar zu einem nützlichen Baustein innerhalb des Ablaufes. Und obwohl man das historische Gebäude da es Florus etwas zu extrem und rational auf den Punkt brachte ins Wanken bringen muss, so sind seine wenigen Worte doch unverzichtbar für den logischen Aufbau von Chronologie und Abfolge und tragen mit dazu bei unser Verständnis für diese historische Auseinandersetzung zu wecken. Setzt man nun die unterschiedlichen Informationen der drei für uns wesentlichen Historiker Cassius Dio, Florus und Tacitus an die vermeintlich dazugehörigen Positionen so lässt sich erkennen und transparent machen, was den Legionen an jedem einzelnen Tag nach dem Verlassen ihres Hauptlagers an der Weser bis zu ihrem Ende widerfuhr. Dadurch erscheinen uns ihre Verhaltensweisen und Reaktionen plastischer und nachvollziehbarer und es lässt sich auch heraus filtern, wo sich dank der Überlieferung von Florus und Tacitus Lücken schließen lassen. Dadurch offenbart sich auch menschlich Mentales und man kann ihre Lage hinterfragen und kann zu Antworten gelangen, welchen Gefahren die Varusarmee ausgesetzt gewesen sein musste, wie sie ihnen begegnete, was sie taten oder erlebten und warum sie sich für jene Handlung entschieden und nicht anders. Sei es für sie nun ein Marschtag, ein Kampftag, ein Mix aus beidem gewesen oder der nötigen Logistik geschuldet wie etwa dem rechtzeitigen Aufbau eines Nachtlagers, dem Zustand und der Instandhaltung der Waffen oder der Nahrungsversorgung. Aber auch Paterculus soll seinen Platz darin finden, denn seinem tapferen Lagerkommandanten darf man wohl mit jener Person gleich setzen, die sich um den Aufbau des "prima Vari castra"und seine Verteidigung verdient gemacht hat und auch der Moment als er beschrieb wie die Kavallerie samt Numonius Vala die Flucht ergriff lässt sich dank seiner Schilderungen zeitlich eingrenzen, denn es kann nur Angesichts des Untergangs in der Endphase also am zweiten Kampftag passiert sein, als für sie alles verloren schien. Aber mit an vorderster Stelle trug auch Tacitus der Schlachtfeldbeschreiber seines dazu bei, damit man den voraus gegangenen Schlachtenverlauf besser verstehen kann. Sein Bericht fügt sich gut in den viertägigen Kontext und trägt dazu bei eine immer noch gärende und gerne diskutierte klassische Definitionsfrage beantworten zu helfen die die Geschichtsfreunde seit rund 500 Jahren umtreibt und wie über der Schlacht zu schweben scheint. Und sie lautet bekanntermaßen, ob es nun so war wie Florus es nieder schrieb, bei dem man übrigens nach wie vor rätselt wer sich hinter diesem Namen verbirgt, oder es die in weiten Kreisen favorisierte Überlieferung von Cassius Dio war. In diesem und im folgenden Abschnitt soll wieder versucht werden dieser Thematik zu weiterer Klarheit zu verhelfen in dem es von unterschiedlichen Seiten betrachtet wird. Aber ungeachtet der Darlegung, dass Florus den Lagerüberfall nicht nur als das "High - Light" sondern darin sogar die gesamte Varusschlacht zu erkennen glaubte, brauchen wir ihn zur Aufklärung und Gedankenfolge, denn was sich hinter seinen Zeilen aufspüren lässt ist unersetzbar und das sagte uns kein Cassius Dio und auch kein Tacitus. Denn wir erkennen erst im Umkehrschluss seiner Überlieferung, dass die ganze Varusschlacht entgegen seiner Annahme kein kurzzeitig aufflammendes Ereignis in Form eines Überraschungsüberfalls war, der mitten in die Vorbereitungen zu einer Gerichtsverhandlung hinein platzte. Denn nach den Kämpfen auf dem Marsch dahin kam die Lagerattacke für Varus weder überraschend noch unvorbereitet. Und es war auch kein Überfall sondern die Fortsetzung der Gefechte bis an den Ort wo man nächtigen wollte. Es waren die ausklingenden Kämpfe am Abend des ersten Kampftages wie Cassius Dio es beschrieb, die sich zuletzt bis ins Lagerinnere erstreckten bevor man im Zuge der Dunkelheit voneinander abließ. Und auf diese Annahme stützend lassen sich die Zeilen von Florus auch erst richtig zuordnen denn es waren jene Kämpfe im Lager die Florus Überfall nannte. Und so lässt sich tatsächlich darüber streiten, ob man die letzten Kämpfe dieses Tages innerhalb eines noch im Aufbau befindlichen Notlagers einen Überfall nennen darf. So wird aber ein sich über mehrere, also maximal vier Tage erstreckender Verlauf im Zuge dieser Aufarbeitung immer überzeugender und es verbirgt sich darin auch die Antwort auf die Frage, was sich zumindest im Groben betrachtet an jedem einzelnen dieser vier Tage ereignete. Die Analyse die den Beweis für die Cassius Dio Variante erbringen soll ergibt sich unter anderem aus der folgenden Darstellung. Florus stellt es bekanntlich wie eine schnelle, sich kompakt zugetragene, also überfallartige Blitzaktion dar, wobei von ihm weder ein einziges noch mehrere Lager erwähnt werden und explizit als Nachtlager bezeichnet werden. Das sollte uns aber bei seinem damaligen nur mäßig vorhandenen Wissensstand auch nicht verwundern. Aber es wird dadurch immer deutlicher, dass wir in allen gedanklichen Ansätzen immer nur über ein Hauptlager sprechen. Dieses allein war das Schicksalslager in dem sich die römische Niederlage manifestierte und ultimativ abzuzeichnen begann. Und sie erreichte hier ihren Höhepunkt nach dem alle bereits einige Stunden Kampf im Sturm unter berstenden Baumkronen hinter sich hatten und so überschlugen sich im ersten Nachtlager die Ereignisse. Und genau hier setzte Florus seinen literarischen Schwerpunkt an, da sich hier innerhalb der Varusschlacht die entscheidende Wende vollzog. Denn ab hier gerieten die Legionen in den Sog des Untergangs. Es war nach Florus das von den Germanen überfallene "Gerichtslager", das Lager, das Cassius Dio am ersten Kampftag das "Notlager im Waldgebirge" nannte, das letztlich auch identisch war mit dem Lager, dem Tacitus den Namen "prima Vari castra" gab und es war auch das Lager, das nach Paterculus so tapfer von Eggius verteidigt wurde. Vier unabhängig voneinander schreibende Historiker denen zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichungen nicht bewusst war, dass sie sich über ihre wissentlichen Grenzen hinaus letztlich doch alle immer nur auf dieses eine Lager bezogen. So sollte man den Florus`schen Überfall auch nur ins Geschehen einschieben und ihn als eine zwar mit trag weiten Konsequenzen und Auswirkungen behaftete Episode begreifen, sie aber nicht zur allumfassenden Varusschlacht hoch stilisieren. Es waren die heftigen Kämpfe wie sie sich dort nach Cassius Dio am zweiten Marschtag ereignet haben dürften, als man unter erheblichen Mühen und feindlichen Attacken ausgesetzt das "prima Vari castra" unter extremen Bedingungen an der Stelle errichten musste, wo die Natur ihnen noch Platz dazu bot. Aber es war nur ein Aspekt des großen Ganzen, denn der Marsch ging am anderen Morgen weiter und es war auch nicht das Lager in dem Varus zu Gericht lud, denn zu diesem Lager kam es nie und es gab es nie. Zweifellos war es der komprimierte Höhepunkt der Clades Variana den man aber eingebettet in den Gesamtverlauf zu betrachten hat. Florus griff also wie man annehmen darf diesen bedeutsamen Kampf um das Lager auf, da es für ihn das Herausragendste unter mehreren Einzelaktionen gewesen zu sein schien oder weil sich ihm der große Zusammenhang nicht erschloss. Andererseits sollte man aber auch nicht die Überlegung ausklammern, dass die Germanen vielleicht schon am Abend des ersten Kampftages kurz vor dem Sieg gestanden haben könnten und dann wäre die Varusschlacht in der Tat auch schon hier zu Ende gewesen und Florus hätte gar nicht so falsch gelegen. Aber dazu kam es nicht, obwohl er in seiner Darstellung im Kern die totale Niederlage der Legionen hier im Waldgebirge begründete und es auch noch so drastisch kommentierte. Aber über das weiter reichende Wissen eines Cassius Dio betreffend der Vorgeschichte und dem was alles noch danach geschah, verfügte Florus nicht oder aber er verzichtete darauf es wieder zu geben, falls es ihm bekannt gewesen sein sollte. Und zwischen dieser unter Historikern immer noch schwelenden Uneinigkeit, die sich auch auf diesem Wege enträtselt oder sich zumindest als erklärbar bezeichnen lässt, lauert förmlich die Darstellung von Tacitus und was er zu berichten wusste. So bestätigt sich letztlich die Hypothese, dass Florus nur einen Abschnitt aus der Schlacht zur Gesamtschlacht erhob. Der Bericht von Tacitus beschäftigte sich damit seinen Lesern gegenüber zu dokumentieren was sich von Germanicus, Caecina und den damals beteiligten Legionäre sechs Jahre nach der Schlacht noch auf die Ereignisse zurück führen ließ und man oberirdisch wieder erkennen konnte, vor allem aber was die altgedienten Überlebenden unter den Anwesenden noch im Detail in Erinnerung hatten und was sie Germanicus gegenüber wie in einem theatralischen Schauprozess noch lebhaft nachstellen konnten. Man darf davon ausgehen, dass die Veteranen noch wussten was dort damals geschah und sie nicht zu jenen gehörten die schon auf dem Weg dahin und nach dem Einsetzen der ersten Kampfhandlungen die Flucht ergriffen hatten. Nur sie konnten anlässlich der Betrachtung des alten Lagerplatzes sagen, ob dort ein Lagerüberfall a`la Florus statt fand bei dem drei Legionen hinweg gefegt wurden, oder ob es der Schauplatz der Kämpfe vom ersten Kampftag a` la Cassius Dio war. Aber allein die Präsenz Überlebender vor Ort stellt schon unter Beweis, dass es außer dem Legionär der mit dem Adler flüchtete wie es Florus selbst schrieb noch andere Überlebende gab die diesem Inferno entkommen konnten. Und wo es Überlebende gab da gingen die Gefechte auch weiter. Da sich Florus das Geschehen nicht anders erklären konnte, ließ er aus seiner Unwissenheit heraus Varus schon bei dieser Attacke sterben, obwohl er nach Cassius Dio noch zwei Tage zu Leben hatte. Aber nach dem was Tacitus schrieb ließ sich den Worten der Überlebenden entnehmen, wo sie sich in eine letzte Zufluchtstätte suchten oder sich in eine Lagerecke retten konnten. Man muss es noch mal konstatieren dürfen, denn es gab sie also die Überlebenden und das nicht nur bei Florus sondern auch bei Tacitus und natürlich bei Cassius Dio oder Paterculus, jene die dem Desaster im "prima Vari castra" entgingen, die am Folgetag weiter marschieren und kämpfen konnten besser gesagt mussten. Folglich wieder ein starker Hinweis auf das von Cassius Dio geschilderte Mehrtagesgefecht und weniger für Florus der hier schon die drei Legionen untergehen sah, obwohl er selbst literarisch die Tür für Überlebende offen hielt der einigen die Flucht testierte. Tacitus blieb es nur übrig den oberflächlich gewonnenen Eindruck hundert Jahre später so zu schildern wie es die Überlebenden hinterlassen hatten und von ihnen könnte es mehr gegeben haben als man allgemein hin annimmt. Aber sein Werk hinterließ für die Nachwelt einen recht zwiespältigen Eindruck, denn aus einem Teil seiner Beschreibung über das Vorgefundene lässt sich zumindest auf den ersten Blick hin keine deutliche Aussagekraft ableiten. Und man darf es noch mal erwähnen, dass wir akzeptieren müssen, dass Tacitus zu unser aller Verdruss mit keinem Wort auf den Verlauf der Schlacht einging, so wie es Florus auf seine und Cassius Dio auf plausible Weise taten geschweige denn, dass sich seinem Rapport chronologisch fixierbare Abläufe hätten entnehmen lassen. So bemängelt die Geschichtsforschung seit jeher seine Beschreibung über die Begrifflichkeit einer Zufluchtstätte die man neuzeitlich mit dem Wort Notlager umschreibt und in das sich die Überlebenden noch zurück ziehen konnten, aber ohne das er klar zum Ausdruck brachte wo es sich befand und das öffnete die Tür in zwei Interpretationsrichtungen. Aber immer bemüht man sich dieses von ihm unklar definierte Notlager in den Kontext einer Mehrtagesschlacht zu überführen. Beschrieben es die Überlebenden nun als ein Notlager, dass sich innerhalb des größeren "prima Vari castra" befand, dass die Legionen am Abend des ersten Kampftages errichteten, oder sollte es sich dabei um das Lager handeln, das die Legionen erst am folgenden Tag abends, möglicherweise nahe Borlinghausen errichteten. Demnach das Lager das Cassius Dio indirekt erwähnte in dem er zum Ausdruck brachte, dass die Kämpfe auch noch einen vierten Tag kannten also ein drittes Lager bezogen haben mussten. Das im "prima Vari castra" gekämpft wurde steht außer Frage, ob es nun im Zuge dessen geschah wie Florus es ausdrückte oder wie es sich den Darstellungen von Cassius Dio entnehmen lässt. Aber an einem Ort müssen schließlich jene Legionäre die Nacht verbracht haben, die den Tag überlebt hatten und das war zweifellos das erste Varuslager, das "prima Vari castra". Tacitus war der einzige antike Historiker der dem von Varus erbauten Lager den Namen "prima Vari castra" gab. Es war ein Lager, das man unter den damaligen Bedingungen in Gänze schon als Notlager betiteln muss. Er nannte es das 1. Varuslager und er machte es spannend. Denn er irritierte wie bereits angedeutet die Forschergemeinde damit, dass er außer diesem umfänglicheren "prima Vari castra" auch noch von schwach ausgeprägten Wällen und Gräben sprach. Ein wallartiges Werk innerhalb des Lagers hinter dem sich die Überlebenden verschanzten und dem man den "Notnamen" Notlager gab. Aber wir vermissen bei ihm sehnlichst die eindeutige Klärung auf die Frage, wo sich denn genau dieses ziemlich erbärmlich beschriebene Notlager befand, das nur aus einem flachen eingestürzten Wall und einem davor befindlichen flachen Graben bestand durch den es sich vom übrigen Gelände abhob. Und dieses in der zähen Aufarbeitung der Varusgeschichte immer Notlager genannte Lager hat es in sich und darf in der Diskussion um die Frage Lagerüberfall oder Mehrtagesgefecht nicht fehlen. Und durch dieses von Tacitus beschriebene Lager leisten seine Überlieferungen einen wesentlichen Beitrag zu der Frage, wo es sich befand und um was es sich dabei handelte. Über die Existenz dieses Lagers und was es mit ihm auf sich hatte werden im weiteren Verlauf zwei mögliche Erklärungen angeboten, von denen die eine die überzeugendere zu sein scheint. So könnte es sich bei diesem Notlager um das Lager gehandelt haben, dass die Legionäre erst am Abend des zweiten Kampftages, dem dritten Marschtag vermutlich nahe Borlinghausen errichteten und es somit zum entfernter gelegenen "prima Vari castra" in keiner Verbindung gestanden hätte. Dann wäre es das Lager gewesen, dass sich die Legionäre vom 3. auf dem 4. Tag bauten, als Numonius Vala und die Kavallerie bereits geflohen war, als man nach heftigen Kämpfen die Waldgebiete östlich von Borlinghausen erreicht hatte und nur noch wenige Kilometer vor dem "Teutoburgiensi saltu" stand. Diese Darstellung soll hier zunächst zur Diskussion gestellt werden. Des weiteren soll auf die andere Variante eingegangen werden, wonach es sich innerhalb des "prima Vari castra" befand. Es liegen also diese zwei Möglichkeiten zur Position des taciteischen Notlagers auf dem Tisch. Ein Lager dem man seit jeher den Namen Notlager aufdrückte, obwohl es diese Begrifflichkeit nicht rechtfertigt, da es sich schon in einem Notlager nämlich dem "prima Vari castra" befand. Tacitus vermied dafür aber die Bezeichnung Notlager. Aber letztlich handelte es sich bei allen Nachtlagern die von der Varusarmee nach Brakel errichtet wurden immer nur um Notlager. Dieses besondere Notlager jene letzte Zufluchtstätte schwebt in der Mitte der Lagertheorien lässt sich aber dank Cassius Dio genauer fixieren. Es war ein Lager, das sich wegen seiner sehr schwachen Konturen schon nach nur sechs Jahren kaum noch als ein geschützter Bereich erkennbar gab. Und so tritt hinsichtlich seiner Verortung ein neues, ein lateinisches Wort in den Vordergrund, das zum Schlüsselwort der sich gegenüber stehenden Theorien wird. Genau genommen können auf diesem Weg sogar zwei Fragen geklärt werden. Nämlich die ob es ein Lagerüberfall oder ob es eine Mehrtageschlacht war und zum Zweiten, wo es sich einst befand. Es sind zwei Überlegungen die aber letztlich beide ein Mehrtagesgefecht wie es Cassius Dio beschreibt nicht in Abrede stellen. Dieses Wort lautet "dein" und wird mit dem Wort "danach" übersetzt oder gleich gestellt. Es steht zwischen dem Hinweis von Tacitus, wonach die Gruppe um Germanicus zunächst auf das Händewerk dreier Legionen geblickt haben wollte und man dann "danach" auf das von Tacitus beschriebene Notlager mit dem "eingestürzten Wall und dem flachen Graben blickte. Die Altphilologie übersetzt das Wort "dein" zwar mit dem Wort "danach" aber viele Historiker möchten es auch als "unmittelbar danach" verstanden wissen oder es dahinter erkennen um einen direkten Bezug zwischen dem vermeintlichen "Dreilegionenlager", also dem großen Notlager "prima Vari castra" und diesem ominösen kleinen Notlager inmitten dessen herzustellen. Damit ließe sich nach Ansicht vieler Historiker auch die Erklärung ableiten, dass mit dem kleinen Notlager eigentlich nur ein Lager innerhalb eines größeren Lagers gemeint gewesen sein konnte, sozusagen ein "Lager im Lager". Also im übertragenen Sinne ein Ort den man aus der Not geboren als provisorischen Rückzugsplatz anlegte oder auch vorhandene Wallanlagen genutzt haben könnte die sich die Überlebenden noch mit letzter Kraft und im Zuge aller letzter Anstrengungen innerhalb des "prima Vari castra" schufen, von wo aus sie ihre letzten verzweifelten Verteidigungsbemühungen unternommen haben sollen und dann die Nacht verbrachten. Zweifellos eine denkbare und auch plausible Vision vielleicht aber vielleicht auch nur eine schöne Geschichte so, als habe es da noch einen verzagten Haufen Überlebender gegeben, der sich erhofft hatte sich aus einer kleinen notdürftig geschaffenen Erdaufhäufung heraus des Feindes erfolgreich erwehren zu können. Aber eine Vision die sich zu verdichten scheint. Die Möglichkeit aber, das es sich bei diesem Notlager auch um ein weiter entfernt liegendes Lager, also nicht um ein "Lager im Lager" gehandelt haben könnte verfolgten viele Historiker nicht weiter, da sie die Auffassung vertreten, dass es der Tacitus Hinweis nicht her geben würde und diese Aufarbeitung gibt ihnen auch recht. Möchte man es also im Sinne von Cassius Dio betrachten dann wäre es auch ein Argument für die Annahme, dass es dem letzten Lager der Varusarmee vor dem Saltus entsprochen hätte, aber diese Theorie lässt sich verwerfen da man ihr die Plausibilität nehmen kann. Der Frage, ob sich das besagte Notlager nun innerhalb des "prima Vari castra", oder einige Kilometer davon entfernt befand, soll hier trotzdem nach gegangen werden. Aber in beiden Fällen läuft es nicht darauf hinaus, damit die Florus Darstellung eines radikal vollzogenen Lagerüberfalls zu untermauern. Trotzdem ist es eine Diskussion die seit je den Nerv dieser ewigen Auseinandersetzung trifft und die man vielleicht vereinfacht "zwei gegen einen" nennen könnte. Nämlich Florus unter Zuhilfenahme der Tacitus Notlagertheorie gegen das was Cassius Dio hinterließ. Hinter dieser Annahme verbirgt sich wie dargestellt die Gegenthese, dass die Varusschlacht in Wahrheit eigentlich gar keine Mehrtagesschlacht war, dass sich Cassius Dio massiv geirrt haben musste, falschen Quellen aufsaß und sie statt dessen nur aus einem einzigen dafür aber heftigen Lagerüberfall bestand, so wie es eben Florus beschrieb. Möchte man also seine Zeilen so auslegen, dann war der Überfall nach Meinung von Florus eine kompakte Aktion gleich zu setzen mit der gesamten Varusschlacht. Für ihn war folglich der Überfall die ultimative Varusschlacht schlechthin und so beschrieb er den vermeintlichen Angriff auch. Aber das von den Überlebenden beschriebene "dein", also das "danach" Notlager beantwortet allein nicht die Frage, ob es nun für einen Lagerüberfall oder ein Mehrtagesgefecht spricht. Denn als Tacitus den Zustand dieses Lagers beschrieb formuliert er dies in dem er diesen "kaum hörbaren" leichten Sprung in der Wortwahl vollzieht aus dem Distanz spricht. Es ist dieses lateinische Wort "dein" das diesen Verdacht nährt. Es bedeutet zunächst "danach" als auch "dann" bzw. "darauf" oder "darauf hin". Erweitern ließe es sich noch mit den Worten "später", "irgendwo anders" aber auch "an anderer Stelle". Mit gutem Willen ließe es sich noch durch das Wort "unmittelbar" ersetzen oder erweitern und würde dann für das "Lager im Lager" sprechen. Aber häufig wird es auch mit den Worten "in einiger Entfernung" interpretiert. Dann stellt sich zunächst die Frage nach dem Bezug also dem "von wo aus". Und das ist der Hinweis von Tacitus auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen. Also da wo diese einst das "prima Vari castra" anlegten, da befand sich nach den Aussagen der Überlebenden demnach und maximal in einiger Entfernung dazu das besagte Notlager. "In einiger Entfernung" ist die weitest gehende Auslegung des Wortes "dein" und rechtfertigt nicht darin eine Distanz von mehreren Kilometern zu sehen. Trotzdem bleibt die Frage nach der Distanz, die sich hinter dem tückischen taciteischen Wort "dein" verbirgt und was sollte man unter "einiger Entfernung" verstehen. Und ohne Wortklauberei zu betreiben darf man doch sagen, das man Entfernung sowohl als nah als auch fern einstufen kann, denn man muss es relativ sehen. Hätte sich das taciteische Notlager noch innerhalb des "prima Vari castra" befunden, dann wäre uns Tacitus vielleicht noch den Hinweis auf eine bessere Entfernungsangabe schuldig gewesen. So aber lässt er es offen und uns rätseln, ob es sich irgendwo anders im Lagergelände oder sogar außerhalb des "prima Vari castra" befand. Hätte er den Aussagen der Überlebenden des Jahres 15 + ein "Lager im Lager" entnommen, dann hätte er dafür vielleicht ein anderes Worte gefunden als nur ein schlichtes "dein". Aber möglicherweise war es auch nicht nötig und das Wort "dein" barg keine Irritation und war nach damaligem Sprachgebrauch eine eindeutige Definition an der es nichts zu deuteln gab und es stand für "mittendrin". Um es noch mal mit dem Florus` schen Lagerüberfall in Verbindung zu bringen sei noch mal daran erinnert, dass auch er noch eine vokabularische Raffinesse für uns parat hielt. Denn aus dem Wort "citaret" bzw. "citare" ist das Wort "zitieren" also auch ablesen entstanden. Man kennt es vermutlich vom Wort Zettel, sodass man daraus schließen darf, dass die Gerichtsverhandlung noch gar nicht statt gefunden hatte, da man die streitenden Parteien erst noch zur Verhandlung zu zitieren hatte, also vorladen bzw. auffordern musste zu kommen. Man also nach der Darstellung von Florus die Gerichtsverhandlung erst noch im Begriff war vorzubereiten, man also noch dabei war die streitenden Parteien vor den Richterstuhl zu "zitieren". Sie hatte also seinen Vorstellungen zufolge oder seinem Informationsstand nach noch gar nicht begonnen, als bereits der Überfall geschah. Die Aufrührer hatten bildlich betrachtet noch gar nicht Platz genommen als bereits der Sturm auf das Lager los brach. Was aus Florus Sicht möglicherweise auch Sinn machte, denn keine germanischen Stammesführer hätten sich auf ihrem Territorium in ein waffenstarrendes römisches Lager begeben um dort einen missliebigen Richterspruch zu empfangen. Ein Urteil das theoretisch in eine Gefangennahme der Rädelsführer hätte münden können. So könnte die Florus Darstellung dahin greifen, dass sich im Lager auch keine Germanen befanden, die die Legionen hätten von innen heraus angreifen können. Und so vermischte Florus aufgrund seines kargen Wissenstandes die Zusammenhänge zwar nicht nach Belieben, so aber doch auf willkürliche Weise oder vielleicht, weil sie nur in dieser Version seinen Vorstellungen entsprachen. Annahmen die dann aber Cassius Dio rund hundert Jahre später nicht mehr bestätigte und die Nachwelt zum Umdenken brachte, die aber Florus noch nicht zur Verfügung standen, denn für ihn war damals alles anders. Man weiß, dass man im Imperium menschlichem Leid distanziert gegenüber stand und so lässt es sich auch seinem Rapport entnehmen, denn oberflächlicher, kürzer und nüchterner, aber mit dem üblichen Seitenhieb auf Varus lässt sich eine Schlacht in der Tausende umkamen nicht mehr darstellen. Florus machte literarisch betrachtet kurzen Prozess und man merkt es seinen Ausführungen an. Es war für ihn Nebensache und mit Detailrecherche hielt er sich nicht lange auf oder wollte sich nicht damit belasten. Aber eines Dichter würdig war das von ihm Abgelieferte nicht. So konzentrierte er sich nur auf das unmittelbare Geschehen was zu seiner Zeit rund hundert Jahre nach der Schlacht noch dem allgemeinen Wissenstandes entsprochen haben dürfte. So dürfen wir nicht vergessen, dass den Menschen in Italien die Schlacht zwar immer ein Begriff war, man aber für lange Zeit nur wenig bis nichts von ihrem Verlauf wusste, zumal die überlebenden Zeugen nicht in ihre italienische Heimat zurück kehren durften. Darüber hinaus könnten Augustus und Tiberius die wesentlichen Informationen zurück gehalten haben, da sie aufgrund ihrer Fehlentscheidungen zu tief in das Debakel in Ostwestfalen verstrickt waren. Jene, denen die Flucht gelang werden wohl ihren "Wehrdienst" in den Rheingarnisonen fortgesetzt haben, bis Germanicus sie ab 14 + wieder brauchte. Florus ließ den Überfall "vielsagend" in den Sümpfen der Region ausklingen. Und weil man es schlicht nicht wusste gibt er uns auch keinen Hinweis dazu, wie lange der Überfall, so wie er ihn dargestellt hatte und die Folgekämpfe im Sumpf gedauert hatten. Aber einen umfänglichen Angriff auf das römische Bollwerk was die Nachwelt Lagerüberfall nannte und wie es in dieser Form die Unterstützer der Florus Überlieferung in der Tacitus Version zu erkennen glauben, lässt sich den Schilderungen von Tacitus nicht entnehmen. Denn der Tacitus Darstellung nach zu urteilen erkannte Germanicus im "prima Vari castra" gar kein Lager, das von den Germanen im Zuge eines Angriffs an einem Tag komplett überrannt wurde. Er blickte lediglich auf die noch schwach erkennbaren Ausmaße, Umrisse, Absteckungen oder Dimensionen wie man es nennen möchte und möglicherweise einige Bodenverwerfungen die man am Tag der Begehung als Notlager identifizierte und so beschrieb Tacitus auch später das Wenige. Dies sagt aber nichts darüber aus, ob die Germanen es in Gänze erfolgreich erstürmt hatten. Germanicus blickte im Beisein der alten Kampfteilnehmer die wie man nun schlussfolgern darf auch in den Bereich des "prima Vari castra", in den sich die Überlebenden nach den Kämpfen zurück gezogen hatten und wo sie schliefen. Er blickte auf eine Freifläche mit unterschiedlichen hohen Wölbungen und Vertiefungen an der Stelle, wo sich sechs Jahre zuvor das Lager befand in dem die Legionäre körperlich gezeichnet von den Kämpfen die Nacht verbracht hatten, bevor sie es am Folgetag verließen. Und was hätte Tacitus auch schreiben sollen. Ein geplündertes Lager, hier und da noch Knochenreste und vom Boden halb verdeckte Trümmerreste was man eben nach sechs Vegetationszyklen noch sehen kann. Mehr wird Germanicus nicht vor Augen gehabt haben über das Tacitus später hätte berichten können. Aber sein Bericht geht weiter. Denn nach dieser Theorie gingen die Überlebenden von einst samt Germanicus und Caecina nach dem sie 15 + das "prima Vari castra" in Augenschein genommen hatten auf dem gleichen Weg nicht zu Fuß zurück, sondern stiegen wieder in ihre Sättel und ritten zu den Örtlichkeiten wo es zur Knochenbestattung kommen sollte. In die Region wo die letzte Großschlacht am 3. Marschtag tobte und zahlreiche unbestattete Skelette hinterließ. So gelangte man nach der Schlachtfeldvisite auch dahin, wo sich die Überlebenden dieser Kämpfe vor dem Untergang ihr letztes Lager errichteten. Es müsste sich nahe Borlinghausen zumindest aber in die Nähe davon befunden haben, wenn man dieser Theorie folgen möchte. Aber das Lager, welches Varus und seine Männer am Abend nach der verheerenden Schlacht im "Wald der nassen Wurzeln" für die Nacht vom 3. auf den 4. Tag errichtete war nicht das besagte "dein"
- danach" Lager mit dem flachem Graben und niedrigen Wall gewesen so wie Tacitus es hinterließ, dies lässt sich dem Verlauf nach in Abrede stellen. So kamen sie auch auf dem Rückweg durch das einst von Cassius Dio bezeichnete Offenland am Nordrand der Börde und müssten längst des Oberen Bördenweges beim Vorbeireiten wieder auf die bleichenden Knochen jener Legionäre gestoßen sein, die von den Soldaten her rührten die dort ihr Leben gelassen hatten, als sie am Morgen nach dem Verlassen des "prima Vari castra" erneut in Kämpfe verwickelt wurden. Betrachtet man den Ablauf, also das vier Tage andauernde Gesamtgeschehen bestehend aus einem Tag für den konfliktfreien Anmarsch bis Brakel, zwei Tagen an denen gekämpft wurde und dem ausklingenden 4. Tag nach dem es zu keinem weiteren römischen Nachtlager kam, da die Varusschlacht nicht aus fünf Tagen bestand. So spricht daraus die zwingende Notwendigkeit dass Varus drei Nachtlager errichtet haben musste. Möchte man sich in der Tiefe der Gedanken verlieren, dann könnte man noch theoretisieren, ob das taciteische Notlager nicht sogar ein drittes Nachtlager gewesen sein könnte. Auf das Brakeler Lager wäre dann zunächst das erste Varuslager gefolgt, also das "prima Vari castra" und eine weitere die dann die letzte Nacht gewesen wäre hätte dann im darin integrierten Notlager statt gefunden. Demnach hätte Varus also zwei Mal innerhalb des "prima Vari castra" übernachtet und die Schlacht wäre kein viertägiges, sondern nur ein dreitägiges Ereignis gewesen. Dann hätte die Schlacht um das "prima Vari castra" zwei Tage getobt und wäre nach dem dritten Tag und dem zweiten Marschtag zu Ende gewesen, denn einen dritten Marschtag hätte es dann nicht mehr gegeben. Aber unter der Prämisse betrachtet, dass Cassius Dio von vier Tagen mit den dafür nötigen Aufbruchszenarien aus den jeweils zuvor bezogenen Nachtlagern spricht, bedeutet dies die Existenz von drei vor allem aber von drei entfernt auseinander liegenden Lagern. Es wäre ein schwer nach vollziehbares Gedankenspiel das man sicherlich verwerfen darf. Aber unter dem taciteischen Notlager innerhalb des "prima Vari castra" sollte man sich wohl kein geschlossenes und umwalltes Lager vorstellen, sondern eher eine Nische oder Zufluchtstätte. Solange jedoch die Frage nicht völlig geklärt ist wo sich das "dein" Notlager befand darf man natürlich auch immer noch schlussfolgern, dass Germanicus das von Tacitus beschriebene Notlager erst später, danach bzw. "dein" also auch an einer anderen folglich weiter entfernt befindlichen Stelle gesehen haben könnte, aber natürlich auch innerhalb des "prima Vari castra". Befand es sich innerhalb des "prima Vari castra" dann würde dies bedeuten, dass das Tacitus Notlager mit flachem Graben und flachen Wall nicht identisch war mit dem Lager, dass die Legionen nach Cassius Dio für die Nacht vom 3. auf den 4. Tag vermutlich nahe Borlinghausen errichteten, worauf auch die Argumentationslinie dieser Theorie hinaus läuft.

Aber wie ausführlich besser gesagt ungenau drückte sich Tacitus nun aus.

Dazu zunächst der Originaltext mit anschließender Übersetzung und Kommentierung.

"prima Vari castra lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant; "DEIN" semiruto vallo, humili fossa accisae iam reliquiae consedisse intellegebantur: medio campi albentia ossa, ut fugerant, ut restiterant, disiecta vel aggerata".

"Hier das erste Lager des Varus; der weite Umfang und die Raumverhältnisse des Feldherrnplatzes deuteten auf den tatkräftigen Einsatz dreier Legionen hin. "IN EINIGER ENTFERNUNG davon bzw. DANACH " befand sich ein nur halb aufgeworfener Wall mit niederem Graben, sichtlich der Lagerplatz eines schon angeschlagenen Restes. Auf der Fläche dazwischen sahen sie die bleichenden Gebeine, zerstreut liegend oder aufgehäuft, je nachdem ob sie flohen waren oder Widerstand leisteten".

Und Tacitus war sich wohl sicher, dass von Germanicus Gesehene korrekt nieder geschrieben, ausgedrückt und beschrieben zu haben und ließ seinen Lesern keinen Interpretationsspielraum. Und über die Nachwelt zerbrach sich Tacitus auch nicht den Kopf. Darauf ob sie nun in einem "dein" ein anderes, allein stehendes, isoliertes oder ein weiter entfernt liegendes Lager" erkennen sollte, oder ob sie es als ein "Lager im Lager" verstanden. Tacitus ging nicht darauf ein. Für ihn war das "dein" ein eindeutiges "danach oder dann". Etwa in dem Sinne, als dass die Betrachter des Schauplatzes nur eine geringfügige Kopfdrehung machen brauchten etwa die Blickrichtung wechselten und dann sahen sie schon die notdürftige Schanzanlage. Da erinnerten sie sich, dass dieser Platz damals vielen Überlebenden als letzte Zufluchtstätte diente und wohin sich diese zurück zogen, wenn sie nicht sogar damals selbst dabei waren. Tacitus sollte einen schriftlichen Bericht vor Augen gehabt haben, denn Augenzeugen gab es zu seinen Zeiten längst nicht mehr höchstens noch betagte "Ohrenzeugen". Darauf basierend entschied er sich für die Wortwahl "dein" und er sollte diesen Eindruck den Hinterlassenschaften von Germanicus selbst oder den damals Anwesenden entnommen haben. Nach dieser Theorie sah Germancius also den Zufluchtsort nicht erst, nachdem er sich schon einige Kilometer vom "prima Vari castra" entfernt hatte und im Raum Borlinghausen agierte, sondern ließ ihn sich von den Überlebenden im ersten Varuslager zeigen. Bei einem Vergleich der Florus Überlieferung mit dem Text von Cassius Dio müsste man aufgrund seiner gerafften Darstellung und so schnell wie es nach seiner Schilderung gemäß abgelaufen sein soll eigentlich schlussfolgern, dass den Legionären keine Zeit mehr für das Schaufeln zusätzlicher "Notlager" Schutzanlagen blieb. Da man aber mit dem Schanzen der hauptsächlichen Wallanlagen schon begonnen hatte bevor sich die Kämpfe auch innerhalb des Lagers ausbreiteten bzw. fortsetzten dürften diese fertig gestellt sein existierten also bereits. Folglich war es möglich, dass es auch auf Basis der Florus Überlieferung den Legionären gelang sich innerhalb des Lagers eine mehr oder weniger Schutz bietende Wallanlage zu suchen die sie nicht erst mitten im Kampfgetümmel hätten schaufeln brauchen. Ein Aspekt der erkennen lässt, dass auch in diesem Fall Florus mit Tacitus und Cassius Dio kompatibel ist. Männer die wohl nur weil sie eine gute Deckung fanden auch überleben konnten. Männer die wie Florus schreibt nicht nur im Lager kämpften, sondern auch in den Sümpfen der Umgebung. Und nach sumpfigen Regionen brauchte man zwischen Schweckhausen und Borlinghausen nicht lange suchen. Und diese kämpften nicht nur an dem Tag als man sich im "prima Vari castra" am Abend des zweiten Marschtages gegen die Germanen zur Wehr setzen musste, sondern waren auch noch an den zwei Folgetagen dem 3. und 4. Tag nach dem Abzug aus diesem Lager in weitere Gefechte verstrickt. Denn dazu hatte Cassius Dio berichtet, dass die Legionen auch nach dem Abzug wieder Verluste hinzunehmen hatten und am gleichen Tag noch im "Wald der nassen Wurzeln" nahezu aufgerieben wurden. Dazu folgen aber im nächsten Kapitel noch einige aufschlussreiche Analysen. Es sind dies die Abläufe und Verstrickungen auf die es hinzuweisen gilt und die im Rahmen der Betrachtung nicht aus dem Auge zu verlieren sind und die Geschehnisse kompatibel machen. Florus verfügte zwar nicht über das nötige Hintergrundwissen eines Cassius Dio und konnte es sich daher nur so vorgestellt haben wie er es auch berichtete. Und ebenso erging es auch Tacitus auch er war Opfer dessen was sich hundert Jahre nach der Schlacht noch darüber finden ließ. Auch Florus wird davon überzeugt gewesen sein, dass die Varusschlacht diesen von ihm dargestellten Verlauf genommen hat und demnach auch relativ schnell zu Ende ging. Ein Makel der ihm gegenüber Cassius Dio vor der Geschichte die Minuspunkte einbrachte. Florus wusste also im Gegensatz zu Cassius Dio auch nichts von der Existenz eines dritten noch folgenden Kampftages, eines weiteren Nachtlagers oder gar eines vierten Tages und auch nicht, dass sich Varus erst später das Leben nahm und er nicht im Zuge des Überfalls umkam. Aber es zeichnet sich ab, dass sich das von Tacitus beschriebene "dein" Notlager innerhalb des "prima Vari castra" befand. Das es aber außer diesem Notlager noch ein weiteres gegeben haben musste, nämlich das von Cassius Dio überlieferte, das die Legionäre vom 3. auf den 4. Tag errichteten wird nun auch deutlicher. Und Tacitus konnte letztlich nichts anderes wieder geben als das was Germanicus 15 + und seine Begleiter sahen und daraus lässt sich ein germanischer Überraschungsangriff so wie ihn Florus beschrieb nicht ableiten. Also kein zerstörerischer Kraftakt bei dem die von Varus mitgeführten drei Legionen in kurzer Zeit komplett vernichtet worden wären. Germanicus sah lediglich eine Freifläche an der Stelle wo sich sechs Jahre zuvor das "prima Vari castra" ausbreitete. Er blickte auf eine Lichtung von der man annahm, dass das was sich dort an Abgrenzungen noch oberirdisch erkennen ließ, das Werk dreier Legionen gewesen sein musste. Man kann die Nennung von drei Legionen auch als eine grundsätzlich logische Grundannahme ansehen oder verstehen, denn diese militärischen Kräfte hatte man ursprünglich Varus unterstellt, wieviel davon er letztlich in die Schlacht führte konnten die antiken Historiker ihren Vorlagen nicht entnehmen. Es war in Rom nie die Rede von Sollstärke, oder was Marbod einst mit "vacuas" also entleert meinte, was vorher abgestellt wurde, oder was man dieser Theorie folgend ab Brakel auf einem anderen Weg zur Lippe marschieren ließ. Es war eine fixe und allen bekannte Größe die in der Antike mehrfach zum Ausdruck kam. Aber vom bloßen Anblick auf eine "Walllandschaft oder Trümmerwüste" allein konnte man damals derartiges nicht mit letzter Sicherheit festgestellt und es wohl nur gemutmaßt haben. Nach dieser Theorie endeten die Kämpfe zunächst am 2. Marschtag im "prima Vari castra" und über deren Intensität lässt sich nichts sagen. Tacitus erwähnte keine Kampfspuren im Lager, denn davon fand sich nichts in seinen Vorlagen, was eindeutig darauf hinweist. Aber es spricht natürlich auch nichts dagegen, dass die Überlebenden auch noch im Lager gekämpft hatten bevor sie sich für die Nacht schutzsuchend hinter ein vorhandenes Wallteilstück gelegt haben könnten. Die Überlebenden werden Germanicus berichtet haben, dass schon viele ihrer Kameraden während des Marsches dahin und später bei den Kämpfen vor und im Lager umkamen. Es war die bittere Wahrheit die allen Teilnehmern bekannt war und die man nicht wiederholen brauchte. Germanicus und seine Reiter verfolgten an diesem Tag auch nicht mehr die einst blutige Spur zurück in Richtung Brakel. Dahin wo die Legionen her kamen bevor sie im Fahlenbruch das "prima Vari castra", errichteten. Das Lager, dass man auch schon aufgrund der ungünstigen Lage ein Notlager nennen muss. Hätte Germanicus auch einen Ritt in Richtung Brakel gewagt, dann wäre er wohl auch nördlich des Fahlenbruches immer noch auf Skelettteile und Reste vom Kampf gestoßen von denen Cassius Dio berichtet hatte. Denn dort hatten die Germanen schließlich begonnen plötzlich aus ihren Verstecken hervor brechend und auf schmalen Pfaden den Angriff zu eröffnen. Aber Germanicus ersparte sich diesen Abstecher vielleicht um nicht noch weiter in feindliches Gefilde zu geraten, zumindest berichtete Tacitus nichts darüber. Er verzichtete darauf diesen Sachverhalt darzustellen oder er las einfach nichts dazu. Und auch niemand hinterfragte später soweit man weiß die Details seiner Darstellung, also das was ihm von Germanicus, seinem Biographen oder anderen Teilnehmern übermittelt wurde. Es wurden keine Fragen danach laut, wo denn die Männer damals genau verstarben und aus wieviel Legionären, die drei Legionen am Abend des ersten Kampftages überhaupt noch bestanden oder wieviel von ihnen am anderen Morgen noch auf den Beinen waren. Rund 100 Jahre, also fasst vier Generationen nach der Schlacht interessierte es nicht mehr und keiner wollte und konnte noch wissen, ob das "was man so sagt" stimmen würde. Tacitus ging nicht auf diese triste Erkenntnis ein, der Zeitgeist war längst darüber hinweg gegangen und vom alten Elend wollte erst recht niemand mehr etwas wissen. Tacitus und Florus brachten es zu Papier und sie stellten ostentativ fest, dass es vor dem Untergang einmal drei Legionen waren und damit war der Sache genüge getan. Erst Cassius Dio weckte, was auch immer ihn dazu verleitet haben könnte weitere rund hundert Jahre nach Tacitus und Florus das Interesse für die die alten Ereignisse und Hintergründe, sammelte die Informationen, bereitete sie auf und wurde zum einzigen Historiker der sich in antiker Zeit detaillierter zum Schlachtverlauf äußerste. Aber das Notlager mit dem flachen Wall und Graben, dass Tacitus beschrieb, das sah Germanicus innerhalb des "prima Vari castra" im Fahlenbruch. Und es war sicherlich kein Lager so wie wir es uns im herkömmlichen Sinne vorstellen. Ein Lager unter dem man sich einen rundum Schutz vorzustellen hätte. Es war nur eine Nische eben ein notdürftiger Lagerplatz möglicherweise an einer Stelle wo die Wälle des "prima Vari castra" aufgrund ihrer Höhe den Überlebenden des ersten Kampftages noch ein Minimum an Sicherheit garantieren konnten. Aber das letzte Notlager das Varus in der Nacht vom 3 auf dem 4. Tag bezog war ein anderes und es befand sich einige Kilometer westlich davon. Dort wo man auf die Schädel der Getöteten stieß weil man sie an die Bäume genagelt hatte. Man sah es erst nachdem man die Ebene dazwischen auf der verstreut die bleichenden Gebeine lagen hinter sich gelassen hatte. Auch dort zeigten es die Überlebenden von damals dem Feldherrn Germanicus und dort berichteten sie ihm auch anschaulich von den germanischen Gräultaten. Denn im "prima Vari castra" sah man keine Schädel an Bäumen, denn dort war die Schlacht noch nicht zu Ende und dort bestattete man auch nicht die Knochen. Doch Stopp. Was hatten die Germanen mit den verletzten oder nicht mehr gehfähigen Legionären angestellt die sie am Morgen nach dem Abzug der Restlegionen noch im Lager antrafen ? Hatte man eventuell sie geopfert und die Überlebenden sahen doch noch ihre Schädel an den Bäumen und das auch im "prima Vari castra". Man muss sich die nötige Argumentationshilfe also wieder bei Cassius Dio holen, denn nach der Schlacht im "prima Vari castra" waren die von ihm dokumentieren vier Tage noch nicht vorbei, also ging die Odyssee des Varus danach noch mindestens 1 ½ Tage weiter. So zerschlagen oder aber bestätigen sich im Zuge dieser Betrachtung manche neuzeitliche Interpretationen und Auslegungen hinsichtlich der Position des taciteischen Notlagers. Die Kombinationen die man zur Rechtfertigung der Florus Darstellung anstellte stimmten nur insoweit, als dass sich das taciteische Notlager tatsächlich an irgendeiner Stelle, aber immer innerhalb des "prima Vari castra" befand. Aber damit allein lässt sich nicht bestätigen, dass hier einst die ganze Varusschlacht tobte und danach zu Ende war. Hinzu kommt, dass Szenarien kaum denkbar oder überliefert sind und sich in der Darstellung nur schwer nachvollziehen lassen, wonach Germanen ein Dreilegionen Lager im Handstreich genommen hätten, bzw. dazu imstande gewesen wären und selbst dann nicht, wenn es nur von Rumpflegionen besetzt gewesen wäre. Es mag auf einem menschlichen Grundbedürfnis beruhen Vorstellungen zu entwickeln wenn sich aus einem Text auch andere Interpretationen ableiten lassen oder denkbar sind um einem imginärem Wunschbild zu folgen. Auch dem Unmöglichen Raum zu geben steht bekanntlich nicht unter Strafe. Eine Theorie die allerdings schnell im Sande verläuft, da man bei dieser Rechnung andernfalls nicht auf die für eine Viertageschlacht nötigen drei im überzeugenden Abstand voneinander liegenden Nachtlager stößt. So deutet vieles darauf hin, dass es sich bei diesem Notlager mit flachen Wall samt Graben nicht um das Lager handelte, dass die Legionäre am Abend des dritten Marschtages nahe Borlinghausen anlegten. Diese Verwirrung verdanken wir Tacitus dessen Überlieferung sich nicht klar die Distanz zwischem dem "prima Vari castra" und dem letztes Lager nahe Borlinghausen entnehmen lässt. Zu rekapitulieren wäre, dass wir bei Florus nichts von einem Notlager lesen in das sich die dezimierten Reste zurück gezogen hätten, für ihn wurden die drei Varuslegionen in einem so genannten Gerichtslager komplett hinweg gefegt. Er sagte auch nichts dazu, dass es noch Überlebende gab, die dieses Lager anderntags verließen und vorher ihr "technisches Mobiliar" verbrannten, so wie wir es bei Cassius Dio lasen. Aber die Fakten sprechen dafür und indirekt schloss Florus es auch nicht aus, dass es Überlebende gab, denn er schilderte die Episode eines Geflüchteten dem es zuvor noch gelang einen Adler von einem Banner zu reißen. Aber insgesamt lassen sich bei Florus keine Anhaltspunkte dafür finden mit denen sich die Überlieferung von Tacitus stützen ließ. Im umgekehrten Sinne gibt es aber auch bei Tacitus keine Hinweise darauf mit denen sich der Florus Bericht untermauern ließe. Aber beide zusammen gefasst kommen dem sehr Nahe und sind im Wesentlichen deckungsgleich mit dem was Cassius Dio rund 1oo Jahre später wusste und nieder schrieb. Und sollte es tatsächlich das "Lager im Lager" gegeben haben, was sich nun hinreichend zu bestätigen scheint und worin die Überlebenden Schutz suchten, dann dürfte dies auch eine Bestätigung dafür sein, dass es zu Kämpfen im Lager und auch vor dem Lagerbereich kam. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Germanen das "prima Vari castra" zwar erstürmten und es auch darin zu Zweikämpfen kam, dass es ihnen aber nicht gelang sich dauerhaft innerhalb des Lagers zu behaupten und möglicherweise wegen der Dunkelheit oder der Gegenwehr wieder von ihm ablassen mussten. Florus stand demnach mit seiner Überlieferung wieder auf der Kippe zwischen Halbwissen und Realität. Und da Florus auf pauschale Weise schrieb, dass "nichts blutiger war als jene Katastrophe in Sümpfen und Wäldern" so hebelte er indirekt seine eigene Überlieferung wieder etwas aus, wonach mit dem Lagerüberfall die Varusschlacht zu Ende war und alle umkamen, denn demnach könnte sie danach auch noch maximal 1 ½ Tage weiter gegangen sein. Aber vielleicht sollte man auch diesen Hinweis von ihm nicht so wörtlich nehmen, denn gekämpft wurde sicherlich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Lagers. Aber so ließ es sich von Florus seinen Lesern gegenüber auf vereinfachte Weise besser veranschaulichen. Und wer um das Jahr 120 + wissen wollte was damals geschah hatte zumindest eine grobe Vorstellung davon. Zählt man sich zu jenen, die für die Varusschlacht immer noch die Florusversion - und nicht die des Cassius Dio zugrunde legen möchten, dann bedeutet dies letztlich nichts anderes, als Cassius Dio zu unterstellen, ob bewusst oder unbewusst falsche Nachrichten verbreitet zu haben oder fehlerhaften Quellen aufgesessen zu sein. Eine Argumentation der sich hier auf plausible Weise einiges entgegen halten lässt. Denn Cassius Dio beschrieb nachvollziehbar eine mit Unterbrechungen statt findende Marschschlacht, was nicht den Anschein weckt, als wäre es eine beliebige Erzählung in Form einer Unterhaltungslektüre. Er widmete sich den Phasen in denen man Lageraufbau betrieb, Lager die man wieder verließ und den dazwischen liegenden Aktivitäten. Zeiten während denen man es mit den Unbillen der Natur zu tun bekam oder die man mit Marschieren und letztlich Kämpfend verbrachte. Und Cassius Dio hängte dem sogar noch einen vierten Tag an und es lässt sich kein Anlass finden warum man seine Darstellung in Frage stellen sollte. Er hatte sicherlich nach den langen Jahren auf dem Parkett römischer Varusforschung keine inhaltliche Rivalität mehr von anderer Seite zu befürchten. Seine Worte wirken authentisch, was ihn von dem Verdacht befreit, er habe sich möglicherweise in Kenntnis der Florus Überlieferung bewusst von ihr absetzen wollen. Somit wäre sowohl Tacitus als auch Florus die Basis entzogen zu Cassius Dio eine abweichende historische Position eingenommen zu haben und viele Historiker könnten sich auch noch über die Gräber hinweg in Einigkeit die Hände reichen. Eine scheinbar eintägige Großschlacht der Germanen die nahezu gigantische Ausmaße angenommen haben müsste und in der das gesamte Varusheer wie im Rausch komplett vernichtet worden sein soll, hätte demnach nicht statt gefunden. So erkennt man den starken Widerspruch der zwischen dem Überfall auf Gerichtslager und einer sich über vier Tage und über viele Kilometer hinziehenden Marschbewegung liegt, die in ihrem Verlauf von zwei Großschlachten und einem weniger intensiven Schlagabtausch nach dem Verlassen des "prima Vari castra" geprägt war. Und es wird deutlich, dass sich hinter dem Überfall auf das vermeintliche Gerichtslager nur die erste dieser zwei Großschlachten verbarg die nach Cassius Dio am zweiten Marschtag ausbrach und und an diesem Tag im "prima Vari castra" ihr Ende fand. Florus hingegen lässt sich also nicht der Vorwurf machen, er habe grob fehlerhafte Nachrichten verbreitet, er hatte es höchstens zu halbherzig und oberflächlich also zeitgemäß dargestellt. Denn das "prima Vari castra" wurde im Zuge der Kämpfe am ersten Kampftag in der Tat auch mit tangiert, aber es wurde nicht in Gänze überrannt und es wurde auch nicht alles Leben darin ausgelöscht. Florus stellt es nur wie eine kurzzeitige Einzelaktion dar, obwohl es ein wesentliches militärisches Merkmal der Marschschlacht gewesen sein dürfte. So hinterlässt seine Niederschrift mehr den Eindruck, als ob es ihm stark an Wissen darüber mangelte was damals vorging, oder es nicht bis zu ihm durch drang. Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung zum Florus Bericht, denn in der Brust des antiken Menschen schlug ein Herz, dessen Schlag uns fremd ist, was deren Lebensbedingungen und Bildung anbetraf. Welche Bevölkerungsschichten erreichten überhaupt die Werke der antiken Geschichtsschreiber und wie standen diese zur Historie längst vergangener Zeiten. So könnte das Motiv von Florus ähnlich wie auch das von Tacitus darin bestanden haben, nur jene Leserkreise erreichen zu wollen, die am genauen Hergang der Schlacht nach rund hundert Jahren nur noch wenig Interesse zeigten. Ihnen wird man keine langen Abhandlungen zugemutet haben und es kam vielleicht zu ihren Zeiten schon mehr auf Schlagzeile und Quote, statt auf saubere Recherche und klare inhaltliche Aussage an. Das Varus die Absicht hatte bei den Aufrührern einen Gerichtstag einzuberufen und bei dem Versuch zu schlichten oder wieder für Ruhe zu sorgen scheiterte und man ihm auf diesem Wege eine Falle stellte, wusste man in Rom auch noch 1oo Jahre danach, aber damit erschöpfte sich schon das Interesse und ihre Wißbegierigkeit und Varus war bei ihnen nur noch als Karikatur präsent und stand Symbolhaft für die Unfähigkeit eines Feldherrn. Dazu passte, dass es sich nach dem Vorstellungen von Florus bei dem überfallenen Lager auch nur um dieses Gerichtslager gehandelt haben konnte. Das es 9 + in Ostwestfalen allerdings gar nicht erst zu einer Gerichtsverhandlung kam, da ihr der germanische Angriff zuvor kam, was ein Gerichtslager nicht nur überflüssig machte, sondern ihm auch jeglichen Sinn entzog war in Rom längst kein Gegenstand mehr für ernsthafte Überlegungen. So war dies alles im Rom des Jahres 120 + als Florus schrieb weder im Bewusstsein der meisten Menschen, noch war es für sie von Belang. Es gab wohl nach so langer Zeit nur noch wenige Wissensdurstige und das selbst innerhalb der römischen Oberschicht nicht, die an der Florus Darstellung Anstoß nahmen und mehr von alledem wissen wollten. Florus kannte wie alle zwar den Grund mit dem man Varus in den Hinterhalt lockte, aber das Geschehen in die richtige Reihenfolge zu setzen war ihm nicht vergönnt. Und das sich ihm die Germanen schon auf dem Weg zum Gerichtslager entgegen stellten und die Schlacht eröffneten und es dann nur noch für ein Notlager reichte war ein so komplexer Vorgang in dessen Tiefe er nicht eindrang. Sein Kenntnisstand beschränkte sich darauf, dass die Germanen ein Lager überfielen und um was sollte es sich dabei auch anders gehandelt haben, wenn es nicht das Gerichtslager war von dem alle sprachen so wie es sich nach der Schlacht in den Straßen Roms herum gesprochen hatte. Seine Kenntnis endete da wo die von Cassius Dio einsetzte. Ihm war bekannt, dass in diesem Lager zwar gekämpft, es aber nicht überrannt und darin auch kein Varus mehr zu Gericht sitzen wollte weil es nicht mehr möglich war. Und Cassius Dio entnehmen wir auch, dass es nicht das letzte Varuslager war, sondern das noch eines folgen sollte. Und so entdecken wir darin auch Tacitus als Gewährsmann für die Darstellung einer Mehrtagesschlacht und nicht der eines Lagerüberfalls. Denn auch er stellte klar, dass es sich dabei um das erste Lager von Varus handelte, nämlich das "prima Vari castra" war auf das noch mindestens ein zweits Lager folgen sollte. Und das Lager was noch folgte, war das Notlager, dass Varus für die Nacht vom 3. auf den 4. Marschtag anlegte wie es sich Cassius Dio entnehmen lässt. Damit wird wieder deutlich, dass das "dein" Lager in das sich die Überlebenden zurück zogen mit dem ersten Varuslagers identisch ist. Das nächste Lager kam bei ihm nicht mehr zur Sprache, er deutete mit der Bemerkung "prima" nur die Existenz eines weiteren eines "secundus" Lagers an und das es kein "tertia" Lager mehr gab ist bekannt. So war Tacitus da er von einem Folgelager ausging auch bewusst, dass die Varusschlacht nicht im "prima Vari castra" endete. Und wenn sich die Schlacht noch über die Kämpfe im "prima Vari castra" hinaus gezogen hat und ein weiteres Lager nötig war, so lässt sich daraus erschließen, dass dazwischen wieder ein Marschweg gelegen haben muss. Eben der Marschweg der in die letzte Großschlacht mündete, wo sie dann endete und wo man den Knochenberg auftürmte. Damit schließt sich erneut ein Glied womit Tacitus eindeutig auf die Cassius Dio Linie einschwenkt. Möchte man die Trennlinie in den Tacitus Überlieferungen zwischen dem Besuch des "prima Vari castra" und dem letzten Akt der Schlacht nahe Borlinghausen identifizieren, so könnte man sie da ziehen, wo Tacitus von den benachbarten Hainen also jenen Waldgebieten spricht in denen man später auf die Altäre der Germanen stieß und wo man die Tribunen und Centurionen hinrichtete. Und hier ging auch die Berichterstattung der Überlebenden weiter die im "prima Vari castra" geendet hatte. Hier an der letzten Station nahmen sie den Faden wieder auf und berichteten über das Ende der Schlacht. Da wo die Legaten fielen, wo die Germanen die Legionsadler raubten, wo Varus sich tötete und sie von den Germanen verhöhnt wurden. Allesamt Ereignisse die am letzten Tag statt fanden, sich aber nicht mehr im Bereich des "prima Vari castra" zutrugen. Das "prima Vari castra", das Varus noch verteidigen, in dem er sich noch über Nacht behaupten und es am nächsten Morgen mit seinen restlichen Truppen verlassen konnte lag vom Endschauplatz etwa 9 Kilometer entfernt. Cassius Dio rückte die unscharfen Darstellungen von Florus und Tacitus in ein verständliches Licht und stellte den Zusammenhang her. Und Cassius Dio gelang es vermutlich im 3. Jhdt. Jene Bevölkerungsschichten zu gewinnen, die wieder an der Aufarbeitung der alten Geschehnisse interessiert waren. Wer die Tacitus Jahrbücher aufmerksam gelesen hat weiß, dass es neben der unklaren Bedeutung des von ihm verwendeten lateinischen Wortes "dein", dass die Forschung immer schon ins Grübeln brachte auch noch andere Worte von ihm gibt, mit denen sich die Altphilologie seit jeher schwer tut. Diese lauten "medio campi" und es sind Worte die immer mit den Wallanlagen in Verbindung gebracht werden und hinter denen sich die Überlebenden schutzsuchend niederließen. Mit diesen zwei Worten erklärt Tacitus wo Germanicus die bleichenden Gebeine der getöteten Legionären sah, nämlich "medio campi". Die Lage dieses Ortes beschreibt uns Tacitus, dass sie sich zwischen den geschanzten Wallanlagen der drei Legionen und einer etwa halbhohen schwachen Verschanzung befand. Eine Wallnische die den Überlebenden als Schutz diente. Die Knochen entdeckte man also mitten im "prima Vari castra" . In der Übersetzung bietet uns dazu die Altphilologie als Erklärung unter anderem"auf der Ebene dazwischen" an. Obwohl das Wort Ebene irritiert und wohl eher als Freifläche gedeutet werden sollte, sah man demnach die Skelette noch eindeutig innerhalb des "prima Vari castra". Was die Worte "medio campi" anbelangt so darf man anmerken, dass im lateinischen Sprachraum auch Bauernhöfe die sich inmitten von Feldern befinden in "medio campi" genannt werden. Auch das Innere des "prima Vari castra" als Feld zu bezeichnen wäre zwar nicht das geeignete Wort um damit die Innenfläche eines einst befestigten römischen Militärlagers zu bezeichnen, aber Feld im Sinne von Freifläche findet häufig Verwendung und es lässt keine andere Deutung zu als dass sich die Knochen im "prima Vari castra" befanden. So waren es folglich nicht die Knochenreste jener Getöteten vom Morgen nach dem Abzug aus diesem Lager als es erneut zu Gefechten kam. Die Skelette jener Gefallenen die Germanicus und seinen Reitern zwar vom Pferd aus aufgefallen sein dürften, als sie den Oberen Bördenweg entlang ritten waren demnach nicht die, die Tacitus als in "medio campi" befindlich beschrieb. Die Tacitus Skelette stammten von den Kämpfen im Lager und das im Lager gekämpft wurde, darüber hatten alle drei antiken Historiker übereinstimmend berichtet. Was also schon für das "Notlager" gilt, gilt folglich auch für die Skelettteile und so sollte man das "Notlager" des Tacitus nicht mit dem Lagerplatz vom 3. auf den 4. Tag verwechseln. Es gab Skelettteile zwar aufgrund der weitläufig statt gefundenen Gefechte grundsätzlich überall da, wo einst gekämpft wurde, aber die die Tacitus beschrieb lagen innerhalb des "prima Vari castra". Man sah den Körpern anhand ihrer Kleidungs- und Uniformreste auch noch nach sechs Jahren an, dass es Römer und keine Germanen waren. Ihre Überreste befanden sich demnach sowohl im ersten Lager des Varus als auch zum Ende des Marschzuges wo die zweite Großschlacht tobte und wo man später die Knochen auftürmte. Aber der Hügel den man damit errichtete befand sich nicht in der Nähe des weiter vom Saltus entfernt befindlichen "prima Vari castra", sondern wie sich nach Cassius Dio entnehmen lässt in der Region wo die Endschlacht ausgetragen wurde. Man sah Knochenreste folglich überall da, wo einst das Varusheer entlang zog und wo es unter ihnen zu Verluste kam, denn die Germanen waren offensichtlich nicht daran interessiert die getöteten Legionäre später mit Erde zu bedecken. Aber es lässt sich auch damit nicht rechtfertigen, dass das "Lagerüberfall Großereignis" gleichbedeutend mit der gesamten Varusschlacht war so wie es Florus vermittelt hatte. Diverse Historiker die dem Gedanken zugeneigt sind Florus könne doch der Überbringer der wahren Geschehnisse des Jahres 9 + gewesen sein, sei entgegen zu halten, dass sich auf dieser Basis schwer eine Gegenthese zu Cassius Dio positionieren und untermauern lässt. Für Florus und Cassius Dio die uns berichteten waren es vordringlich die schlachtbedingten Gemetzel, während Tacitus sechs Jahre danach nur noch von skelettierten Knochen schreiben konnte und diese schienen allgegenwärtig gewesen zu sein. Sie lagen im "prima Vari castra" müssen sich längst der Marschroute befunden haben und lagen natürlich gehäuft da, wo die Germanen zum Ende hin die zahlenmäßige Oberhand gewonnen hatten wie Cassius Dio schrieb und wo man die Reste der Legionen am letzten Kampftag widerstandslos nieder strecken und an ihnen ihre Ritualwut ausließ. Zwischen dem ersten Varuslager und dem letzten Varuslager lagen sie verstreut auf einer Distanz von etwa 9 Kilometer abschnittsweise auch in konzentrierter Form, je nachdem wo die Germanen den Marschzug nach dem Abzug aus Schweckhausen attackiert hatten. Und natürlich sah man sie da, wo die zweite Großschlacht im "Wald der nassen Wurzeln" getobt hatte, sich also der Untergang abzeichnete. Auf Basis dieser Überlegung muss der Versuch scheitern, der Mehrtagesschlacht Darstellung den Boden entziehen zu wollen die sich nach Cassius Dio über insgesamt vier Tage erstreckte. So reduzierten sich die Argumente die für einen massiven Überfall auf ein Gerichtslager ins Feld geführt werden. Möchte man jetzt immer noch geneigt der Tacitus Darstellung im Sinne von Florus zu folgen und dem Lagerüberfall Sympathie abzugewinnen, dann sollte man auch bedenken, dass beide Historiker mit dem was sie schrieben immer von drei noch komplett existierenden, also hoch gerüsteten römischen Elitelegionen sprachen. Legionäre die sich demnach äußerst professionell hinter Wall und Graben verschanzt hatten, die außer ihren Waffen noch über das nötige Baumaterial verfügten. Legionäre die offensichtlich keine Verluste zu beklagen hatten und mit Palisadenpfählen ausreichend versorgt waren, die also ihren Ballast nicht schon unterwegs aufgeben mussten und daher imstande waren ein optimales Lager im Sinne von uneinnehmbar errichten zu können. Die also auf keinen einzigen Ochsenkarren verzichten brauchten, weil dieser schon im Zuge der Kämpfe auf der Strecke geblieben wäre. Ein Verlauf der hundert Jahre später von Cassius Dio auf den Kopf der Realität gestellt wird. Varus verfügte nach den Aussagen von Tacitus und Florus zum Zeitpunkt der Lagerverteidigung demnach noch über die immense und geballte Verteidigungs- also Schlagkraft von drei Legionen und mehr woraus die Forschung auf Basis der Quellen eine Gesamtzahl von 15.000 bis 20.000 Mann hoch rechnete woraus sie allerdings nie bestanden. Stichwort; "vacuas". Aber darauf beruhte immer noch ihre fälschliche Annahme als sie schrieben, dass drei Legionen umkamen. Glauben wir ihnen also trotz vieler Widersprüche, dann hätten die Germanen um diese hoch gerüstete Berufsarmee noch dazu in einem vom ersten Hammerschlag an durch geplanten "Polybios" Lager mit Mann und Maus vernichten zu können über schätzungsweise 30.000 kampffähige und kräftige germanische Männer ausgestattet mit guten Waffen verfügt haben müssen. Aber diese Männer hätte weder das alte Germanien noch eine noch so fruchtbare Warburger Börde hervor bringen können. Über die Anzahl sich gegenüberstehender Heere bei innergermanischen Großschlachten vor der Zeitenwende ist nichts bekannt geworden aus denen man hätte ableiten können über welche Wehrfähigkeit die Germanen im Jahre 9 + verfügten bzw. bevölkerungsmäßig imstande gewesen wären um sie aufzubieten. Wohlweislich gilt das nur für das Jahr 9 + während Arminius später gegen Germanicus die massive Unterstützung von Angrivarier und Elbgermanen hinter sich hatte Großschlachten für die die Varussschlacht eher den Stellenwert einer Generalprobe hatte. Die Keltenschlachten von Alesia und Bibracte unter Cäsar bieten sich nur schwerlich zum Vergleich an, da auch damals Römer in diesem Fall gegen Kelten kämpften und sich nicht Kelten untereinander bekriegten. In Germanien lebte seinerzeit auch keine Bevölkerung die sich unauffällig darauf hätte vorbereiten können und die über die technischen und taktischen Voraussetzungen verfügte und die Fähigkeiten besessen hätte ein römisches drei Legionenlager zu erstürmen. Die Varusschlacht war einige Nummern kleiner als etwa die Schlacht bei Idistaviso oder am Angrivarierdamm und sie war eine Geheimoperation, während die Germanicus Schlachten kein Versteckspiel mehr kannten. Obwohl sich die Texte von Tacitus und Florus inhaltlich und das recht unaufgeregt nun in eine Mehrtagesschlacht integrieren lassen bleibt die Frage offen, warum uns Cassius Dio einen plausiblen Bericht hinterließ aber Tacitus und Florus nicht. Vorzugsweise lässt es sich wohl mit der zeitlichen Distanz und der allgemeinen Interessenslage begründen, mit der der Grieche und "Nichtrömer" Cassius Dio unbelastet über die alten Geschehnisse berichten konnte und später auch durfte, da 200 Jahre danach alles stark an Bedeutung verloren hatte. Hier ließe sich abgewandelt sagen, dass sich alle drei Überlieferungen einschließlich Paterculus völlig unproblematisch zu einem einzigen Handlungsstrang verschmelzen lassen, da das eine das andere nicht ausschließt. Hilfreich für die Analyse war der fortwährende Textabgleich vergleichbar mit einem Faktencheck in dem man nach den schlüssigen Verbindungen der Historiker untereinander Ausschau halten musste um das Kompatible zu sichten und heraus arbeiten zu können und danach brauchte man nicht lange suchen. So lässt sich im Lagerüberfall aus der Feder von Florus ohne Mühe ein integrales Element der Mehrtagesschlacht erkennen. Denn der Überfall auf ein römisches Gerichtslager auf den Florus einging war letztlich eines der herausragenden und prägnantesten Ereignisse in der Mitte der Mehrtagesschlacht. So verwundert es auch nicht, dass es gerade die Kämpfe um das "prima Vari castra" waren, worunter man im Imperium immer nur das Gerichtslager verstand, was damals bis in die Zeiten von Tacitus und Florus die antike Welt bis ins Mark erschüttert hatte. Das sich ein Naturvolk erdreistete die römische Zivilisation an ihrer ehrenhaftesten und empfindlichsten Stelle wie etwa der Unantastbarkeit der Rechtsprechung zu treffen und sie zudem auf dem Höhepunkt ihrer Macht bloß stellte, ihre Vorherrschaft missachtete, zudem noch siegreich war und ihre Taten ungesühnt bleiben sollten war bitter und das der italienische Aberglaube das Ereignis bis in unsere Tage bewahrt, lässt ihre Tragweite erkennen. Und da sich Schicksal nachträglich nicht korrigieren lässt wurde vieles in späterer Zeit gedreht und gewendet bis der wahre Kern auf der Strecke blieb und erst einem Cassius Dio gelang es für Abhilfe zu sorgen. Das schmachvolle Resultat der Schlacht wurde zum Eklat erhoben was besonders an Menschen die der Dichtkunst nahe standen haften blieb. Während Ovid die Schlacht für seine persönlichen Zwecke instrumentalisierte um durch Schmeichelei zu erreichen, dass der Kaiser seine Verbannung aufheben würde, vermisste man bei Florus in diesem Zusammenhang in Gänze das dichterische Element. Aber es ließ sich damit noch Jahrzehnte nach der Schlacht in Rom mit wenigen Zeilen Rage und Empörung, Trauer und Wut verbreiten vor allem, wenn es gerade in die politische Lage passt. Florus griff diesen einen hoch sensiblen Akt heraus, reduzierte und komprimierte die ganze Varusschlacht auf diese eine Episode und ersparte es sich auf die vielen Begleitumstände einzugehen, so wie es ihm später der Geschichtsschreiber Cassius Dio abnahm. Zu überlegen ob Florus oder Tacitus doch mehr über die Details wussten es uns aber verschwiegen ist müßig und brächte uns noch weiter in die Grauzone spekulativer Geschichtsforschung.
Aber das Resümee kann nur lauten:
"Lagerüberfall ja - Mehrtagesgefecht" ja.
Aber nicht:
"Lagerüberfall oder Mehrtagesgefecht"
sondern:
"Lagerüberfall und Mehrtagesgefecht"
- oder:
"Mehrtagesgefecht einschließlich Lagerüberfall". (26.05.2022.)

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