Montag, 4. April 2022
Drei Kilometer vor dem "Teutoburgiensi saltu" tobte die Endschlacht im Wald "der nassen Wurzeln".
Varus hatte am dritten Marschtag das Nachtlager im Fahlenbruch verlassen, marschierte jetzt durch die germanischen Siedlungsgebiete und näherte sich dem Endschauplatz der Varusschlacht in den Waldgebieten bei Borlinghausen. Dabei werden ihn viele Augenpaare beobachtet haben. Man wird hinter ihm her gesehen, sich in ihn hinein versetzt haben, aber niemand wird ihn vor dem gewarnt haben was ihn noch erwarten sollte. Sowohl auf den maroden als auch den mentalen Zustand seiner Armee wurde im letzten Abschnitt eingegangen. Die Legionäre hatten unter den kräftezehrenden Kämpfen gelitten, so dass es einzelnen germanischen Gruppen zuzutrauen gewesen wäre, dass sie sich diese Schwäche zu nutzte machten und sich Varus am zweiten Kampftag auch schon vor dem Erreichen des Waldgebietes entgegen gestellt haben könnten. Die zusammen geschrumpfte Streitmacht hatte nur eine Chance zu entkommen. Sie musste solange wie möglich kompakt und geschlossen marschieren können. Angesichts des Feindes hatten sie keine Alternative. Ranghöhere und einfache Legionäre mussten zu einer Notgemeinschaft zusammen finden, waren aufeinander angewiesen und nur der Überlebenswille verband sie noch miteinander. Sich jetzt aufzulösen hätte zu ihrem frühen Ende geführt. Die Orientierung halten und sich auf den Saltus zu fixieren war das oberste Gebot. Die Germanen nutzten die Zeit sich auf die heran nahenden Soldaten vorzubereiten. Varus zog über den Oberen Bördenweg der heute ab Peckelsheim auf einem Teilstück den Namen Markweg trägt und hatte keine andere Wahl als die Gehölze zu durchqueren. Kämpfe im Wald werden mit List ausgetragen und begünstigen den der sie richtig anzuwenden weiß und es zwang die Römer den Marschkorridor zu verlassen. Die Germanen besaßen die Ortskenntnisse und wussten, wie man im Wald erfolgreich zu kämpfen hatte, nutzten Freiräume wie Lichtungen, umgingen versteckte Sumpfzonen und bezogen unterschiedlich dichten Baumbestand in die jeweilige Kampfstrategie ein. Was das Gelände zusätzlich tückisch machte bevor es zum Struckholz wieder ansteigt war eine etwa 200 Meter breite und lang gestreckte versumpfte Bachaue. Sie dehnte sich in Nordsüdrichtung aus und stellte ein weiteres natürliches Hindernis mit der Fließrichtung zur Helmerte dar, in dem sich heute mittig der Markhof befindet. Auch diese hätte Varus zu überwinden gehabt. Eine Senke die sich möglicherweise als fundreich erweisen könnte. Natur entwöhnten "Städtern" könnte der allseits bekannte "Sherwood Forest" in dieser Phase einen vorsichtigen Eindruck vermitteln. In Rudeln werden sie an zuvor bestimmten Wegeabschnitten aus dem Unterholz brechend von mehreren Seiten gleichzeitig angegriffen haben und zogen sich je nach Gegenwehr wieder zurück um die Attacke wenig später zu wiederholen. Und in Waldgebieten sind bekanntlich viele Formen und Methoden der Kriegsführung denkbar. So könnte man es sich vorstellen und möchte man sich in dieses Szenario tiefer hinein begeben, dann kommen uns dazu die eindrucksvollen Hinweise von Cassius Dio zugute an denen sich orientieren lässt. In der Textstelle 56.21 ( 2 ) geht er erstaunlich umfangreich darauf ein und man kann detailliert nach lesen wie der römische Marschzug im Wald zerfiel bis er auseinander brach. Genau so wie es aus Sicht der römischen Armee nie hätte passieren dürfen und so wirkt es auch auf unser Vorstellungsvermögen nicht überraschend, denn so finden Gefechte unter derartigen Bedingungen statt. Die Kämpfe tobten jetzt möglicherweise in den Waldgebieten um den Löwener - den Hodden - und dem Klusberg. Vielleicht wähnten sie sich noch angespornt von den stummen Seelen der in den zahlreichen Grabkammern und Hügelgräbern schlummernden Altvorderen setzten sich gerade hier mit gesteigerter Inbrunst zur Wehr. Eine Zeit in der man die Mythen noch pflegte, wo die Ruhestätten noch gut erkennbar waren und aus Gründen der Ehrfurcht auch noch von keinen Raubgräbern heim gesucht oder von Verfechter der neuen Glaubensrichtung eingeebnet waren. Cassius Dio ließ jedenfalls keinen Zweifel daran wie heftig und mörderisch sich die Kämpfe in den Waldgebieten zutrugen. Er schreibt sinngemäß, dass man sich unter schwersten Verlusten gegen die Germanen zur Wehr setzen musste zumal der dichte Wald sie einschnürte und sie zwang auf engstem Raum kämpfen zu müssen. Sie standen sich sprichwörtlich gegenseitig auf den Füßen und es war ihnen jeglicher Bewegungsraum genommen um in geschlossenen Formationen angreifen zu können. Alles engte sich zusätzlich ein, wenn die mit schweren Waffen ausgerüsteten Legionäre ihn noch mit der eigenen Reiterei teilen mussten. Eine Gemengelage wodurch ihnen der Gebrauch ihrer Waffen stark eingeschränkt war. Hier braucht man auch keine Spekulationen oder Phantasien mehr zu bemühen, denn Cassius Dio beschreibt es mit wenigen Worten drastisch, überzeugend und realitätsnah, so dass sich jeglicher Zweifel an der desolaten Lage der Armee erübrigt. So bietet er uns auch einen sehr verständlichen Abriss von den Zweikämpfen wie sie sich im Wald zutrugen. Eine der gängigen Übersetzungen seiner Zeilen liest sich wie folgt:

".......dann gerieten sie erneut in Waldgebiete, darin setzten sie sich zwar gegen die Germanen zur Wehr, hatten aber ihre größten Verluste dann, wenn die schwer bewaffneten Legionäre durch den engen Raum gezwungen waren dicht zusammen gerückt in geschlossener Formation gemeinsam mit der Reiterei gegen die Feinde vorgehen wollten. Dabei brachten sie sich im Gedränge gegenseitig zu Fall, oder glitten auf nassen Baumwurzeln aus".

Und wer zu solch dramatischen Detailschilderungen greift der will seinen Lesern auch die physischen Belastungen der Legionäre hautnah spüren lassen. Ein Geschehen, das sich nicht beschönigen lässt. Es fällt dabei aber auch die inhaltliche Beschreibung auf wie sie nur von den daran unmittelbar beteiligten Teilnehmern der Kämpfe weiter gegeben worden sein konnte, denen noch die Flucht gelang. Diese Darstellung bedarf keines verschärfendes Hinzutuns mehr und am Abend dieses Tages dürfte die Armee nur noch ein Schatten einstiger Wehrhaftigkeit gewesen sein. Es war die zweite Großschlacht innerhalb von zwei Tagen und während der erste Kampftag Varus noch unvorbereitet traf, sorgte der dichte und nasse Wald am zweiten Tag dafür, dass die Germanen ihren nächsten Trumpf ausspielen konnten. Man kann auch versuchen den Verlauf des Tages über eine Zeitschiene zu rekapitulieren. Demnach räumte Varus, nachdem man das überflüssige Material zurück ließ oder es verbrannte gegen Morgen das alte Nachtlager. Von da an bis in den rund 7 Kilometer Marschdistanz entfernten "Markwegsumpf" in dessen Umfeld es zur Entscheidungsschlacht kommen sollte eine Marschzeit in den Raum zu stellen ist eine Herausforderung. Aber auf dieser Basis lässt sich ermitteln, wann die Kämpfe begannen und wann sie endeten. Vom Zeitrahmen her betrachtet entsprach der Verlauf in etwa auch dem des ersten Kampftages, denn man darf auch hier um die Mittagszeit mit dem Ausbruch der Kämpfe rechnen. Varus näherte sich dem Kampfgebiet konnte aber dieses Mal davon ausgehen, dass man ihn früher oder später angreifen würde, was für ihn am ersten Kampftag nicht ersichtlich war da es für ihn überraschend kam. Natürlich wirkt es abstrakt, möchte man die längst vergangenen geschichtlichen Abläufe in einem auf den ersten Blick unverdächtigen Terrain spekulativ nachstellen in dessen Boden noch kein Zufallsfund gelang und in dem man noch nicht gesucht hat. Eine Region der nach 2000 Jahren nicht nur die Vegetation ein neues Gesicht verlieh. Es sind auch die Menschen die es heute besiedeln und nutzen, denen die alten Zeiten fremd geworden sind und für die es unvorstellbar ist, was sich einst unter ihren Füßen zugetragen haben könnte. Sich eine Vorstellung zu schaffen und dann die Meinung vertreten zu wollen schon die dazu passende Landschaft gefunden zu haben klingt bizarr. Möchte man der Vision aber das Groteske entziehen, dann kann es nur funktionieren, wenn man über eine Fülle von Argumenten verfügt, worauf basierend sich die gewünschte Überzeugungskraft einstellen kann. Kann man sie nicht liefern, fallen sie zu mager aus oder schlägt das Herz des Heimatforschers zu hoch, dann trübt sich der klare Blick, Blüten treiben am falschen Ort und das Wunsch- wird zum Zerrbild. Dem lässt sich nur entgegen wirken, wenn man mit einer Vielzahl plausibler Indizien aufwarten kann. Überträgt man diese auf das Weichbild der Nethegauregion, lassen sich aus einer Mischung von Realität und Imaginärem die letzten Stunden des römischen Feldherrn durchaus heraus arbeiten. Was dann verwundert ist die Erkenntnis, wie sich so manches was die heutige Topographie her gibt noch mit dem deckt, was uns die wenigen antiken Historiker hinterlassen haben und das auch obwohl sie die Landschaft etwas zu urgewaltig erscheinen ließen. Angereichert durch die schriftlichen Überlieferungen und die zahlreichen Fundhinweise vom Luftbild bis zur festen Materie nimmt das "Puzzlebild Varusschlacht" zunehmend Gestalt an. Mit diesem Wissen im Hintergrund ein dazu gehöriges bewegliches Bühnenbild entstehen zu lassen, wirkt dann schon fasst problemlos. Es gilt die Aspekte heraus zu arbeiten die die Logik stören könnten. Möchte man sich für die geschätzte Distanz von 7 Kilometern im Zuge der Rekonstruktion vom "prima Vari castra" in das besagte Waldgebiet auf eine Marschzeit festlegen so gilt es sich mit den spezifischen Marschbedingungen auseinander zusetzen. Denn es könnte der Eindruck entstehen das die Distanz, also die räumliche Nähe die sich zwischen dem zweiten Notlager, folglich dem "prima Vari castra" und dem dritten Notlager ergibt zu irritierenden Vorstellungen hinsichtlich des dafür benötigten Marschzeitbedarfs kommt. Dieser Marschtag der vorzeitig enden sollte, da die Germanen ihn stoppten erforderte trotz der relativ kurzen Entfernung von nur etwa 7 Kilometern eine nicht zu unterschätzende Anmarschzeit. So muss man sich in Erinnerung rufen, dass hier eine stark geschwächte Armee nicht mehr sehr flott auf den Beinen gewesen sein konnte, denen schon größtenteils keine Pferde und erst recht keine Zugtiere mehr zur Verfügung standen. Obwohl der Theorie nach die Hauptschlacht im Wald ausgetragen wurde, wie es auch Cassius Dio erwähnte und nicht im Offenland wissen wir, dass es bereits auf dem Hinweg zu Verlusten im Zuge vereinzelter Scharmützeln kam die das Fortkommen erschwerten, so dass man hinsichtlich der zurück gelegten Kilometer auch die Intensität dieses Kampfgeschehens mit einzubeziehen hat. Für den Marsch eine Zeitspanne von 3 - 4 Stunden anzusetzen könnte durchaus realistisch sein und man kann zu der Einschätzung gelangen, dass es den Legionen an diesem dritten Marschtag "sogar noch" gelang in dieser Zeit immerhin noch sieben Kilometer zurück legen zu können. Ähnliches galt auch für den ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag von Brakel in den Fahlenbruch. Denn auch an diesem Tag schaffte man kampfbedingt "immerhin" noch rund 11 Luftkilometer. An beiden Tagen kam es zu zeitraubenden Marschgefechten und es herrschten keine "Schönwetterbedingungen". Damit möchte der Verfasser auf die zahlreichen abstrakten Hochrechnungen anspielen die in den seltensten Fällen auch nur annähernd die Marschbedingungen bei Feindeinwirkung wieder spiegeln können. So orientiert man sich gerne an den viel zitierten 25 Kilometern, der durchschnittlichen Tagesmarschleistung einer römischen Legion die häufig angesetzt wird, wenn es um deren Fortbewegung geht. Denn marschieren und gleichzeitig kämpfen zu müssen lässt sich schwerlich miteinander verbinden. Man verfängt sich, da sich unter diesen Bedingungen eine Marschdistanz nicht in eine Marschzeit umrechnen oder ausdrücken lässt. So können nicht nur, sondern müssen sogar Geländegewinne unter Gefechtsbedingungen schon mal sehr mager ausfallen, können sich zudem und das wenig zielführend auch seit- oder rückwärts entwickeln, bevor man wieder in eine Marschordnung und Richtung zurück findet. Denn ein Gefecht bleibt immer ein Gefecht, ob man es auf dem Marsch oder wo und wie auch immer austrägt. Allein der Hinweis von Cassius Dio, dass es schon nach dem Verlassen des Lagers zu Verlusten am dritten Marschtag kam, könnte den Zug schon um Stunden zurück geworfen haben, wodurch die Schlacht im Wald verspäteter ausbrach. Abhängig von Ausmarschzeitpunkt, Marschtempo und kampfbedingtem Zeitverlust ist es also denkbar, dass Varus erst im Laufe des Nachmittages das Waldgebiet zwischen Peckelsheim und Borlinghausen erreichte. Nun aber angekommen in dem Wald, in dem man sechs Jahre später auf die angenagelten Schädel der Legionäre traf, waren die Wurzeln entweder noch nass von den Vortagen oder neuer Regen hatte eingesetzt und sie glatt werden lassen. Die sich nun entwickelten Kampfbedingungen waren wie dargestellt für beide Seiten extrem und brachten die Legionäre ihrer Niederlage immer näher. Arminius wollte hier vermutlich die Entscheidung erzwingen was ihm aber nicht gelang, denn Cassius Dio erwähnt noch einen Marsch am vierten Tag. Der erste Marschtag war bekanntlich der angenehmste und er verlief von Höxter/Corvey aus ins 25 Kilometer entfernte Brakel, wo ein schon bezugsfertiges Nachtlager auf sie wartete. Der zweite Marschtag von Brakel zum Fahlenbruch wurde zum ersten Kampftag und endete im dort vermuteten "prima Vari castra". Am dritten Marschtag verließ man dieses Notlager, genoss die weite Aussicht und geriet zunächst in kleinere Gefechte und dann westlich von Peckelsheim in die nächste Schlacht. Wo die Überlebenden am Ende des zweiten Kampftages nächtigten verriet uns Cassius Dio noch nicht einmal ansatzweise. Denn seine Überlieferung zu diesem dritten Marschtag riss unmittelbar ab, nachdem er die kritischen Kampfbedingungen im Wald geschildert hatte. Dafür verfügen wir aber noch über eine andere Quelle die über die Ereignisse wie sie Cassius Dio darstellte berichtet hat. Es war Tacitus der über die gleiche Episode schrieb, allerdings so wie sie sechs Jahre später von den Überlebenden dargestellt wurde und wie Germanicus es noch mit eigenen Augen den Örtlichkeiten entnehmen konnte. Cassius Dio hingegen konnte nur das weiter geben, was in den Quellen seiner Zeit stand und da las er bekanntlich nichts von dem was Germanicus sah und Tacitus später verfasste. Hier offenbart sich das bekannte Rätsel und die ewige Frage warum Cassius Dio nicht auf die Schriften von Tacitus zurück griff. Vielleicht kannte er sie gar nicht, oder er wollte sie nicht nutzen. So berichten zwar Dio und Tacitus über das gleiche Ereignis, aber auf den ersten Blick lässt es sich nicht kompatibel machen. Es waren wie es nicht anders sein kann die überlebenden Schlachtenteilnehmer die Germanicus 15 + den Weg zu den Schauplätzen zeigen konnten. Aber den Schilderungen von Cassius Dio ist zu entnehmen, dass auch er rund 200 Jahre später für seine Abhandlungen auf Augenzeugenberichte zurück greifen konnte. So konnten beide das alte Wissen verarbeiten, aber sie stellten es aus unterschiedlichen Sichtwinkeln dar und wichen folglich voneinander ab. Die Überlebenden die Germanicus zum Schlachtfeld führen konnten und worüber Tacitus berichtete, erzählten nichts davon, wie sie am zweiten Kampftag auf engstem Raum im Wald auf glatten Wurzeln ausrutschten und von Pferden behindert unter widrigsten Bedingungen kämpfen mussten und die Überlebenden auf deren Berichte sich Cassius Dio stützte hinterließen nichts darüber wie es im nächsten Nachtlager aussah, wie sein Zustand war und welchen Eindruck es machte, was darin vorging oder wo die Legaten fielen. Das wiederum wussten nur die Legionäre die sechs Jahre nach der Schlacht mit Germanicus die Schlachtorte aufsuchten als in ihnen die bittere Erinnerung wieder hoch kam. Folglich zwei historische Stückwerke die es mit einander zu verbinden gilt. Aber dafür blickten die überlebenden Legionäre gemeinsam mit Germanicus an der Marschstrecke vom "prima Vari castra" zum letzten Varus Nachtlager auf die dort immer noch verstreut liegenden bleichen Gebeine der getöteten Legionäre und erkannten auch die zerstörten Reste der einst benutzten Waffen und sie sahen auf die Gerippe der Pferde. Sie stießen möglicherweise auf die Knochenreste jener Römer und ihrer Pferde die dort nach dem Verlassen des Nachtlagers ihr Ende fanden, so wie es Cassius Dio hinterließ als er jene Verlusten erwähnte. Germanicus, Cäcina und die Überlebenden waren hier im Fahlenbruch schon weit in Feindesland vorgedrungen und müssten bei ihrem Ritt zurück vom "prima Vari castra" zum Notlager auch die Skelettteile gesehen haben, die noch verstreut in jenem Wald lagen, wo nach Cassius Dio nicht nur die nassen Wurzeln die Bemühungen der Legionäre zunichte machten. So waren es im ersten Varuslager offensichtlich nur die Dimensionen und die Absteckungen die den Betrachtern um Germanicus in der Kürze der Zeit ins Auge fielen, während sie von den verbrannten Ochsenkarren nach sechs Jahren nichts mehr erkennen konnten oder nicht darüber berichteten. Dio und Tacitus konnten uns auch über den Standort des zweiten Nachtlagers nichts sagen, was auch nicht verwundert. Denn wie hätte man dem katastrophalen provisorischen Zustand dieses Lagers bestehend aus halb zerfallenen Wällen und einem flachen Graben davor auch noch einen örtlichen Bezug geben sollen. Zumal sich selbst das Hauptlager möglicherweise im Fahlenbruch als kaum erkennbar zeigt. Aber die Überlebenden wussten auch 15 + noch wo sich das einstige Notlager befand. Es musste für sie noch Hinweise gegeben haben um es nach sechs Jahren auffinden und Germanicus führen zu können. Versteckt mitten im Wald wäre es für sie wohl schwierig geworden, aber in exponierter Lage ließ es sich nach sechs Jahren noch entdecken. Das Lager, das die stark dezimierten Reste der einstigem Legionen zur Nacht nutzten. Beträchtlich geschrumpft bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Schlacht am zweiten Kampftag äußerst verlustreich war, sagt aber nichts über die Anzahl derer aus, die trotzdem diese heftigen Kämpfe noch überlebt hatten und sich in diesem Notlager verschanzen konnten. Der Wall wurde von den Männern im Jahre 15 + als halb zerstört beschrieben. Ob dies im Zuge der Kämpfe geschah oder ob er nur den Eindruck einer Zerstörung machte, weil man ihn gar nicht mehr zu Ende schaufeln konnte oder das er in den vergangenen sechs Jahren nach der Schlacht aus anderen Gründen beschädigt bzw. eingerissen wurde bleibt offen. Gleiches könnte auch für den Graben gelten, den man als zu flach ausgehoben beschrieb, da man die Arbeiten nicht weiter ausführen konnte. Das die Begleiter von Germanicus einen Hinweis geben konnten, wohinter oder worin sich die dezimierte Kampftruppe verschanzte, die sich nach der Waldschlacht in eben dieses Notlager retten konnte erstaunt, denn den Äußerungen von Cassius Dio lässt sich nichts dergleichen entnehmen. Ein interessanter Hinweis, der zwar keinen Anhaltspunkt über deren personelle Stärke erlaubt aber doch verdeutlicht, dass die Marschschlacht an diesem zweiten Kampftages noch nicht zu Ende war und noch ein vierter Marschtag anstand an dem weiter gekämpft wurde. Die Legionäre die es bis hierhin geschafft hatten mussten am Rande ihrer Erschöpfung gewesen sein und man darf wohl davon ausgehen, dass auch dieser Kampftag erst mit dem Einbruch der Dunkelheit endete. Möchte man es gipfeln lassen, dann wollten die Germanen auch noch andere Kämpfer, Sippen und Stämme daran teilhaben lassen und man ließ schon vor der Zeit von den Legionären ab, da man sie in der sprichwörtlichen Falle hatte. Und wieder konnten sich die Germanen Zeit lassen, hatten es nicht nötig eine Entscheidung zu erzwingen und konnten geduldig und gefahrlos den nächsten Tag erwarten. Ob es den Legionären noch gelang nach den Kämpfen einen längeren Marsch durchzuhalten darf bestritten werden, so dürfte man sich unweit des Kampfgebietes nieder gelassen und dort das Notlager errichtet haben. Da den Überlebenden am Abend des zweiten Kampftages ihr Schicksal bewusst wurde, dürfte sich jeder zur Flucht Entschlossene seinen eigenen Plan auf eigene Faust geschmiedet haben. In der Gruppe zu bleiben barg möglicherweise das größere Risiko in sich. Natürlich ist es mit viel Glück möglich auch noch dieses zweite Notlager in der Landschaft aufzufinden, was sich aber als weitaus schwieriger gestalten dürfte, als es bei dem umfänglicheren ersten Nachtlager im Fahlenbruch gelungen sein könnte. Da es sich dieser Theorie zufolge aber in der Region befunden haben sollte ist es nicht völlig aussichtslos es zumindest räumlich zu verorten. Dabei kommt uns vielleicht das Ereignis aus dem Jahre 772 zu Hilfe, denn der Lagerort könnte mit dem Standort der "Arminiussul" deckungsgleich gewesen sein. (04.04.2022)