Mittwoch, 18. Oktober 2023
Wie fand der Drache den Weg in den Beowulf Epos - Versuch einer Deutung zwischen Sage und Historie
ulrich leyhe, 20:53h
Möchte man in Varus den Mann sehen der sich wie auf einem „Trahho“ tragen, also fortbewegen ließ und der ein Gefährt nutzte, dass die Germanen damals umgangssprachlich einen Drago genannt haben könnten, dann würde sich damit eine interessante Erklärungslücke schließen lassen, warum man die Siegfriedsage so häufig mit der Varusschlacht in Verbindung gebracht hat. Die Worte "Trahho" bzw. "Drago" sind zwar mit Draco etymologisch verwandt gingen aber getrennte Wege bekamen unterschiedliche Bedeutungen und können daher auch auf den ersten Blick betrachtet verwechselt werden. Im Verlauf der mythologischen Fortentwicklung mutierte das ursprünglich profane „Drago Gefährt“ zum überirdischen „Draco Drachen“, sodass Umdenken angesagt ist und kann es vor diesem Hintergrund keinem Kritiker verdenken, wenn darüber der Makel einer gewissen Unglaubwürdigkeit schwebt. Die bedeutsamen Sagen aus der frühdeutschen Geschichte verlangten von der unduldsamen und auf Artefakte fixierten Germanistik immer schon viel ab, sodass man besser daran tat, sie an den Rand historischer Betrachtung zu schieben. Auf ihrem erzählerischen Inhalt lastete immer schon das Problem es für die Forschung zu öffnen, da darin von übernatürlichem, paranormalem und spektakulären Wesen wie fliegenden Drachen oder Sumpfmonstern etc. die Rede ist. Damit erwies die Sagenwelt unserer Nachforschung natürlich einen denkbar schlechten Dienst. Denn kaum kommt ein Drache ins Spiel, dann besteht immer völlige Einigkeit darin, dass es sich nur um eine fragwürdige Sage handeln kann und uns folglich auch alles andere darin enthaltene eher zum Schmunzeln animiert, als dass man ihren Hintergrund für wahr halten könnte. Und obwohl sich ihnen Reales entnehmen lässt, geriet der Drache zum klassischen Synonym gleich einem Erkennungsmerkmal aller Sagen oder Legenden und machte sie für eine ernsthafte Recherche nahezu unbrauchbar. Entnimmt man jedoch der Sage das Untier oder deutet es als den Hinweis auf eine große Schlacht oder einen schwer bezwingbaren Gegner, dann erscheinen die einschlägigen Sagen in neuem Licht und die verwertbaren Spielräume werden erkennbar. Weite Teile der Wissenschaft wussten immer schon, dass sich dem Beowulf Epos auch historische Elemente und Komponente entnehmen lassen. Zwei nebulöse Monsterkämpfe und letztlich noch ein Drachenkampf hatte der Held Beowulf zu absolvieren. Aber im Beowulf Epos wird noch ein weiterer Drachenkampf erwähnt, ihn schrieb der Barde jedoch nicht dem Helden Beowulf zu, sondern verlegte ihn zurück in die fernen Erinnerungswelten der Vorzeit. Diese Überlieferung wonach es Beowulf gleich mit zwei Sumpfmonstern aufnahm und dann noch gegen einen Drachen anzutreten hatte waren definitiv zu viel für eine ernsthafte historische Betrachtung und ließen erheblichen Zweifel an allen Formen des Sagenhaften aufkommen, sodass es auch dem Leser leicht gemacht wurde den gesamten Wahrheitsgehalt in Frage zu stellen. Gäbe es da nicht den Verdacht, dass sich mit der in vorgeschichtlicher Zeit statt gefundenen Drachentötung ein Bezug zur Varusschlacht herstellen ließe und sich der Name Sigemund mit den Wälsungen in Verbindung bringen lässt, dann hätte die Wissenschaft längst jegliche Bemühungen eingestellt nach kompatiblen Verbindungen zu suchen. Wie könnte es also in der „großen Festhalle“ des Helden Beowulf zugegangen sein in der eine schnelle mahnende Bemerkung oder ein scheinbar heiterer Gesang belegen könnten, dass sich hinter Drachen nicht immer feuerspeiende und geflügelte Untiere verbergen müssen, sondern man stattdessen unerwarteterweise auch auf verschüttete Hinweise von historischem Belang gestoßen sein könnte die dann so gar nicht in unsere märchenhaften Dragonheart Phantasien passen wollen. Genauso interessant wäre es eine Vorstellung davon zu entwickeln, was der Barde überhaupt damit bezwecken wollte. Es wäre in beiden Fällen ein an Facetten reiches Kaleidoskop was aber vom Eigentlichen ablenken würde. Die bildliche Vorstellung eines Drachenmotivs mit der man heute allerorts übersättigt wird beruhte oder hatte seinen Ursprung vermutlich in einer im 5. Jhdt. stattgefundenen Interpretationsschwäche oder Fehlauslegung zwischen den erzählenden Festlands Sachsen oder Falen in ihrem neuen Lebensumfeld unter den in der germanischen Sprachwelt weniger bewanderten südbritannischen Keltolatinern. Im später von den Zuwanderern angelsächsisch geprägten Siedlungsgebiet legten die dort vor ihnen lebenden Einheimischen ihre heimatlichen Geschichten und Erzählungen missverständlich aus und geriet dabei in die Wortfalle Drago mit Draco zu verwechseln. Südengland befand sich damals in einem festlandsfernen für germanische Verhältnisse isolierten Geschichtsraum für den in dieser Zeit keine gegenseitigen Einflüsse schriftlich überliefert sind und wenn, dann dürfte es nur zu wenigen Kontaktaufnahmen, Überschneidungen oder Begegnungen zwischen den Völkern gekommen sein. Aber in diesem später Angelsachsen genannten Reich verbreitete sich ab dem 5. Jahrhundert das Wissen aus Innergermanien und verschaffte sich letztlich, wenn auch auf Umwegen Eingang in die historisch literarische Landschaft. Mit dem Beowulf Epos in dem der Barde Ausschnitte daraus später seinen Zuhörern in gefälliger Form als eine in der “Vorzeit“ stattgefundene Anekdote präsentierte fiel für die Nachwelt erstmals Licht in eine Epoche in der die Völkerwanderung begann sich dem Ende zuzuneigen. Es klingt daher wie ein Abriss aus noch älterer Zeit, der noch nicht gänzlich verblichen war. Darin liegt die Aufgabe nach den dahinter liegenden Wahrheiten Ausschau zu halten, denn es waren nie die vermeintlichen und fiktiven Drachen um die es den Sachsen und Falen ging und sie hatten auch nie von oder über ähnliches in Südengland gesprochen oder gar etwas derartiges gemeint, zumal Drachen in Ostwestfalen weder mythologisch nachweisbar sind geschweige vorkamen. Greift man die Mär auf, dann war für die damaligen Zuhörer in der Festhalle auch die Darstellung eines „Wyrm“ nicht hilfreich um ihr Vorstellungsvermögen zu schärfen und trug eher noch dazu bei die Verwirrung unter ihnen zu komplettieren. Und der Barde stellte diesen sich bekanntermaßen glitschig und feucht anfühlenden kleinen Wurm wundersamerweise und zu aller Irritation dann auch noch auf eine Stufe mit einem Angst einflößenden Feuer speienden „Draca“. Würmer leben zwar wie es auch Drachen nachgesagt wird in unterirdischen Gefilden ihnen kann aber weder heißer Atem entweichen geschweige denn, dass sie fliegen können, sind also in ihrer Gestalt eher das völlige Gegenteil davon. Und als ob sie doch miteinander vergleichbar wären erwähnt der Barde beide Wesen in einem Atemzug als Gegner des Waelsen Sigemund im Urkampf. Aus der Drachenepisode mit der der Barde die metseelige Gesellschaft verwunderte sie gleichzeitig in Verwirrung stürzte und in eine entrückte Welt entführte, die in Gänze auf Trugschlüssen basierte, machte der geneigte Zeitgeist daraus später das reale Ereignis Drache ./. Mensch. Weitere Sagenkomplexe griffen es auf, hielten es für wahrhaftig aber der Beowulf Epos in dem es ein Barde wie an Eides statt verkündete, stand am Anfang aller Sagen und nur an ihm dürfen wir uns orientieren wenn wir es uns mit Logik erschließen möchten. Aber warum lässt der Barde beide Wesen miteinander verschmelzen, obwohl es sich doch um miteinander unvereinbare Geschöpfe wie aus zwei Welten handelte. Mit oder ohne Absicht führte er seine Zuhörer in die Irre die sich auf unterhaltsame Weise nun aufgefordert sahen, sich mit seinen seltsamen Darbietungen teils erstaunt etwas belustigend und vielleicht auch kopfschüttelnd befassen zu müssen. Letztlich aber blieben alle ratlos zurück wie wir heute auch, aber das Gehörte blieb in ihnen haften. Und wer von den Anwesenden konnte schon zu Beowulf Zeiten wissen, was die frühen Sachsen und Falen und vielleicht auch Engern an Geschichten auf die Insel im Gepäck hatten. Und was es da in der Vorzeit in fernen Gegenden für seltsame Kämpfe gegeben haben soll die sie nun für Drachenschlachten hielten, weil die Worte so ähnlich klangen. So ließ der Barde seinen Zuhörern die Wahl wie sie sich das „Drachenwürmige“ Monster vorzustellen hatten. Der Barde nahm sicherlich nicht für sich in Anspruch zu wissen, über was er mit vermutlich ernsthaftem Unterton gebärdenreich gestikulierend berichtete. So wird er bei möglichen Nachfragen aus der Zuhörerschaft seine Unsicherheit darüber verschleiert haben, gegen was der vorzeitliche Held Sigemund damals anzukämpfen hatte. Möchte man sich in die Haut des Barden begeben, dann wollte er zunächst unterhalten vielleicht auch die Taten des Beowulf relativieren erinnerte aber auch an dieses alte ihm noch bekannte Geschehen, da es ihm zur Stimmung in der Festhalle zu passen schien. Sicher war er sich nur in einem, dass nämlich Sigemund der Sippe der Wälsen entstammte und im vorzeitlichen Kampf eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Da sich seinen dem Hörensagen nach bekannten Quellen nichts mehr darüber entlocken ließ was damals wirklich geschah, nutzte er einmal ausgesprochen, dass wenige Hinterlassene um den Wissensdurst der Zuhörer zumindest oberflächlich zu befriedigen. Man sollte sich aber darüber bewusst sein, dass die Menschen auch damals schon die Existenz von Drachen so wie man sie ihnen beschrieb anzweifelt haben dürften. Dem Barden wird der enge Zusammenhang von Drago = Draco nicht mehr bekannt gewesen sein und griff zur „Fabula“ der üblichen Erzählung wonach man Menschen durch Tiergestalten austauschte und besonders widerwärtige unter ihnen ganze Armeen verkörperten. Neben der Erklärung, dass man in Südengland die römischen Legionen in ihrer Gesamtheit als einen wehrhaften Drachen kennen gelernt hatte und sie hoch stilisierte, sie aber nach ihrer Niederlage in einen wehrlosen Wurm geschrumpft sah, so spiegelt dies sowohl ihre anfänglich gewaltige Stärke als auch die spätere klägliche Schwäche der römischen Armee wider. Dies könnte dafür sprechen, dass man in der Wortwahl auf das Vergangene anspielte und der Untergang der drei Legionen das Varusereignis beschrieb. Ein anfänglich siegreicher Drache der als nieder getretener Wurm im Staub endete. Der Drache der sein Dasein in Verbindung mit dem Varusgeschehen nur den Begrifflichkeiten von „trahho“ und „drago“ verdankt, die einst lediglich die Bedeutung von „ziehen“ und „tragen“ besaßen, wegen ihrer Ähnlichkeit aber als geflügelte Wesen aufgefasst wurden. Demnach hätten aber auch die Sachsen und Falen im 5. Jhdt. neben den protogermanischen Begriffen für die Fortbewegung wie „trahho“ und „drago“ die sie auf die Insel transferierten und worauf sie den römischen Feldherrn samt seiner Mannen reduzierten gleichzeitig auch die Schwäche der römischen Armee in Form eines Wurmes dargestellt mit dem sie die Legionen verglichen. „Wyrm“ und „Draca“ schafften es somit gemeinsam bis in den rund 5oo Jahre später spielenden Beowulf Epos. Aber beider Ursprünge wurzelten auf Basis dieser Theorie nicht allein in der Varusschlacht, sondern auch in der Tatsache, dass es damals gelang das starke Rom aus dem zentralen Teil Germaniens mit Gewalt zu verdrängen. Nichts anderes als die zwei Begriffe „Wyrm“ und „Draca“ standen dem Barden zur Verfügung um das Scheitern Roms auf den Punkt zu bringen und keine anderen konnte er seinen Quellen entlocken wollte er dem Gegner des Segimund im Vorzeitkampf ein Gesicht verleihen um seinen aufmerksamen Zuhörern ein Feindbild vermitteln zu können. Sein Auftritt in der Festhalle war nachhaltig und man wird ihm andächtig zugehört haben, sonst hätte es sein Abstecher in die Vergangenheit nicht bis in die Weltliteratur gebracht. In Unkenntnis der Bedeutung der Worte „Wyrm“ und „Draca“ für die er selbst keine Erklärung hatte, da sie in dieser Mundart auf ihn zukamen und nur auf mythischer Symbolik beruhten vermischte er. Es dürfte ihm bewusst gewesen sein, dass sich gegen einen Wurm schlecht kämpfen ließ, aber das Altgesagte enthielt keine weiteren Details über den tatsächlichen Hintergrund des vorzeitlichen Ereignisses. Man kann es also so deuten, dass des Waelsen Sohn zunächst mit einem Drachen kämpfte der nach der Niederlage zum Wurm verkümmerte. Während sich folglich im Drachen, die altgermanischen Urworte „trahho“ und „drago“ verbergen und es sich auf Basis dieser Theorie zurück verfolgen lässt, bietet sich nun auch mit der Bezeichnung „wyrm“ eine direkte Erklärung an, denn damit dürfte der uns allen bekannte humusbildende Erdwurm gemeint sein. Ein Ausdruck mit dem sich die Schwäche eines Gegners kaum besser darstellen lässt. Aber er verkörperte nicht nur die Kraftlosigkeit die dem Anführer Varus zum Verhängnis wurde, sondern letztlich auch das gesamte Imperium wie es in Germanien versagte und man degradierte es damit. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass man einen besiegten Feind nicht mehr mit Attributen wie „Lig, -Fyr,- oder Níðdrachen belegen kann. Umschreibungen die als Vorsilben nur zu einem bedrohlichen „draca“ passen wollen, dem man eine unbändige Kraft zuschreiben möchte. Und war es nicht immer schon so, dass sich ein Sieg umso bedeutungsvoller feiern ließ, wenn man einen Feind vorher nur genügend gefährlich erscheinen lässt. Begriffe oder Beinamen nach denen man in damaliger Zeit händedringend Ausschau hielt, sein Vorstellungsvermögen peinigte und daher das scheinbar unbezwingbare Wesen zum „Allroundtalent“ machte um es für alle noch gewaltiger in Szene setzen zu können. Es glorifizierte seinen Bezwinger Sigemund um so mehr je größer man die Fürchterlichkeiten des Gegners beschrieb. Um so unabänderlicher und unvermeidbar ließ sich damit aber auch der Tod des Helden Beowulf rechtfertigen und erklären der eben gegen ein solches Untier unterliegen musste, ohne aber damit seine Niederlage zu schmälern. So stand man in jener Zeit auch mit der Frage im Zwiespalt warum Beowulf nicht das gelang was einst Sigemund in Vorzeiten gelang, nämlich seinen Feind zu vernichten. So war der Verfasser des Epos gezwungen im trüben Wasser des einstigen Volksmundes zu fischen und entschied sich zur Ausschmückung des Drachen dazu ihm diese Fähigkeiten andichten zu müssen um zu untermauern, dass Beowulf gegen einen derartigen Feind keine Chance hatte. Damit wird verdeutlicht, dass das was Beowulf nicht schaffte einem ihn überragenden Sigemund in grauer Vorzeit möglich war. Dabei ist zu bedenken, dass zwischen den Grendelkämpfen und seinem für ihn tödlich ausgehenden Kampf gegen einen uns unbekannten Widersacher, dem man ebenfalls den Stempel Drache aufdrückte Beowulf um etwa 5o Jahre gealtert sein dürfte, er sich aber trotzdem noch zutraute sich ihm entgegen zu stellen. Und natürlich kann man einem unterlegenen „Wyrm“ nicht die Beinamen verleihen mit denen man nur einen Feind in Gestalt eines Untieres betiteln kann, sodaß auch an keiner Stelle von einem Lig, -Fyr,- oder Níðwyrm die Rede sein konnte. Man ist natürlich zunächst geneigt anzunehmen, dass auch der Name „wyrm“ nur einer von vielen Bezeichnungen gewesen sein konnte die man einst dem Drachen gab, aber hier ließ sich ein anderer Zusammenhang heraus arbeiten mit dessen Hilfe es sich plausibler darstellen ließ, dass Draca und Wyrm ein und dieselbe Gestalt waren. Einmal im unbesiegten und einmal im besiegten Zustand. So ließe sich auch der skurile Spagat vermeiden sich unter einem Regenwurm einen Drachen vorstellen zu müssen, ein hoffnungsloses und zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Aber irrige Annahmen sind verzeihlich, wenn man sich im Vorfeld nicht in die Abgründe der Varusschlachtthematik begeben hat, denn darin steckt die Erklärung sowohl für die Bedeutung des Wurms als auch die des Drachen. Während also Beowulf die Sumpfmonster Grendel und noch ein weiteres Sumpfmonster in Gestalt von Grendels Mutter tötete und diese Kämpfe auch überlebte, so findet er doch letztlich im Kampf gegen den „Draca“ den Tod. Als man aber den Sieg Beowulfs über das erste Sumpfmonster Grendel, den Sohn der Mutter in einer Festhalle ausgiebig feierte und der Barde sein Lied anstimmte lebte der Held Beowulf noch. Der Barde setzte also zu seinem geschichtsträchtigen Gesang an und besang nicht etwa die aktuelle Tat von Beowulf für die er gefeiert wird, sondern er erinnert an die Tötung eines Monsters sprich Feindes in älteren Zeiten. In seinem Lied in der Festhalle anlässlich des Sieges von Beowulf über die Grendelmonster vorgetragen rühmt der Barde und das vielleicht auch zum Erstaunen aller einen Helden der Vorzeit, der schon lange vor Beowulf einen Kampf, als Beowulf noch gar nicht lebte erfolgreich bestanden hatte. Der Barde vergleicht die Tat mit dem Sieg Beowulfs über die Sumpfmonster und man darf sich immer wieder fragen, was er damit bezweckte. In alten Zeiten zu schwelgen war immer schon Bestandteil von Festivitäten gleich welcher Zusammensetzung und die Tradition reicht bis in unsere Tage, man bereicherte damit die Diskussion und hob die Gesprächslaune. Nichts anderes wird auch der Barde im Sinn gehabt denn es dürfte ihm, dem Geladenen fern gelegen haben den Erfolg von Beowulf herab zu setzen. Man kann ihm also keine dunklen Absichten unterstellen was seine Glaubwürdigkeit im Rahmen seines Wissensstandes untergraben könnte. Und dazu gehört auch der Informationsgehalt seiner Aussage, wonach der Vorzeitheld Sigemund der Sohn des Wälse und somit auch der Vater von Sifrit, Siegfried bzw. Sigurd war. Damit rückte der Barde die Siegesfeier für Beowulf in die unmittelbare Nähe zu einer Legende die später als Siegfrieds Drachentötung bekannt wurde, denn die Wälsungen stellten die Verbindung dazu her. Aber nicht nur das, denn in diesem Moment öffnet der Barde auch den Blick auf die überlieferte lange Ahnenreihe des einstigen Wälsungengeschlechts. Und danach war Sigemund auch der Ururenkel des Göttervaters Odin. Ein Hinweis auf das historische Faktum, dass Odin auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut war auf das noch einzugehen nötig sein wird. So kam es im Beowulf Epos zu einem Gesang der die Geschehnisse der germanischen Urzeit aufgreift und dabei Namen verwendet die sich auch auf die Varusschlacht beziehen lassen, wenn man in Sigemund den Cherusker Segimer und in Sigurd bzw. Sifrit Arminius seinen Sohn sehen möchte. Damit wird diese kurze und äußerst minimalistisch zu nennende Episode zur ersten Überlieferung aus der sich auch ein Bezug zu Varus ableiten lässt. Der Beowulf Epos entstand nach Auffassung der Wissenschaft nach dem Jahr 700 bzw. in der ersten Hälfte des 8. Jhdt. und wurde im 10. Jahrhundert unter der Bezeichnung „Nowell Codex“ nieder geschrieben, während sich die Geschehnisse selbst in einer Zeit noch vor dem 6. Jhdt. zugetragen haben sollen. Zeitangaben die wie alles Geschichtliche strittig diskutiert werden. Was der Barde in einer Festhalle in Dänemark vermutlich im 6. Jhdt. vortrug stellt ein Gemisch aus Hörensagen und Realität dar und sein Gesang erscholl demnach bereits in einer Zeit in der sich sein Wissen auf die im 5. Jhdt. nach Südengland ausgewanderten Falen und Sachsen bezogen haben könnte. Es den Barden also über England erreichte bevor er es beim dänischen König Hrodgar vortrug. Hrodgar soll um 594 verstorben sein und gilt wie so vieles aus der Zeit als historisch nicht gesichert ist, da es unsere Vorfahren mit der Geschichtsschreibung „nicht so hatten“. Natürlich lässt sich dem gegenüber auch die These aufstellen, wonach der Barde sein Wissen von Sigemunds Drachenkampf und seiner Zugehörigkeit zum Wälsengeschlecht nicht über die angelsächsischen Königtümer erfuhr, sondern es direkt aus den Regionen Ostwestfalens und Südniedersachsen bezog. Dem ließe sich entgegen halten, dass der Beowulf Epos in angelsächsischer Sprache nieder geschrieben wurde und aus Ostwestfalen aus dieser Zeit keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden und Söldnerströme vom germanischen Festland nach Südengland überliefert sind, aber keine Wanderungen von Falen oder Sachsen in den dänischen Norden bekannt sind. Die Wirren zu Zeiten der 30 Jahre andauernden augusteischen Germanenkriege endeten 16 + und strahlten auf die gesamte germanische Welt aus, umfassten große Räume und beeinflussten nicht nur die Menschen im späteren West- Mittel und Ostfalen, sondern auch jene in Südniedersachsen und anderen Teilen Mittel – und Nordeuropas. In der folgenden Epoche als sich die Geschehnisse Rom gegenüber wieder abzukühlen begannen, sickerten sie zeitversetzt in das Volksgedächtnis zahlreicher Völker ein die sich ihr auf unterschiedliche Weise bemächtigten und es auslegten. Ein epochaler Einschnitt nie gekannten Ausmaßes ausgelöst durch diese eine Schlacht die man vermutlich im Korridor zwischen Brakel und Borlinghausen austrug und die der Volksmund zur Drachenschlacht hoch stilisiert haben könnte. Es ist weder bekannt noch überliefert, ob die Schlacht die man im Imperium „Clades Variana“ nannte auch unter den Germanen einen Namen hatte. Den damaligen Zeitgenossen dürfte bewusst gewesen sein, dass es eine Schicksalsschlacht war und sich dadurch im Resultat die verfeindeten Völker auf lange Zeit voneinander isolierten. Ebenso bestand für die Völker kein Zweifel daran, dass die Götter dabei massiv ihre Finger mit im Spiel hatten. So verband man das sich über drei Jahrzehnte hin ziehende und bis dato nie da gewesene Blutvergießen auch mit den überirdischen Mächten und war sich sicher, dass man den Sieg letztendlich nur ihrem Stammvater Odin zu verdanken hatte. Dem Mann der ihr Fürstengeschlecht einst begründet hatte. Der Gedanke, dass Rom nicht doch noch mal und das auch nach dem Jahr 16 + nachsetzen würde um verloren gegangenes Terrain zurück zu erkämpfen war beunruhigend. Man erwartete ja rechnete stark mit Rachegelüsten und bereitete sich innerlich wieder auf Krieg, Hunger und Tod vor. Noch größeres Unheil als zuvor war zu befürchten gleichbedeutend mit einer andauernden Zeit der Dunkelheit apokalyptischen Ausmaßes. Aus Sorge vor der Zukunft zogen Tristesse und Mutlosigkeit in die Hütten ein. Losgelöste germanische Kriegerscharen zogen umher und rissen Sippen und Völker in die Strudel der Wanderbewegungen. Eine Zeit für die die nordische Mythologie das Wort „Fimbulwinter“ verwendet haben könnte was den Weltuntergang ankündigte. Und auch vom bitteren Ende hatte man in Germanien eine Vorstellung und dafür könnte sich „Ragnarök“ als Name angeboten haben. Ragna = Götter bzw. rokkr = Dunkel = Kälte. Snorri Sturluson besser gesagt die einst pagane Gesellschaft stellte sich darunter ein Szenario vor, dass in der nordischen Welt der langen Winternächte nicht unbekannt war. Eine nie enden wollende Dämmerphase wie man sie aus der Phase vor dem Eintritt völliger Dunkelheit kennt. So interpretierte man es und für Snorry schien der Name „Götterdämmerung“ passend gewesen sein. Aber die moderne Forschung interpretiert es als das "Schicksal der Götter". Die Götter beider Streitmächte, die ihre Krieger auf dem Schlachtfeld lenkten und sich damit selbst bekriegten. Der Feind war zunächst zurück gedrängt aber nicht besiegt und kein Germane unterschätzte die Kampfkraft des Gegners denn der römische Drache konnte sich jederzeit wieder erheben. Vorstellbar ist, dass eine permanente Angst die Menschen im germanischen Kernland umtrieb da, wo man sich ihnen einst entgegen gestellt hat und wo sie immer noch ihren Einfluss ausübten. In den schlichten Gemütern der Zeit zwischen Völkerwanderung und frühem Mittelalter verknüpfte man die einstigen Ereignisse mit den erwachenden Drachenvisionen. Allerdings sollte man sich davor hüten unseren Vorfahren das Vermögen logischen Denkens abzusprechen, denn auch damals schon war vielen bewusst, dass der Drache nur eine Umschreibung darstellte. Eine sich später verselbstständigende Bezeichnung und die ihre Eigendynamik entfaltete, passend zum Untier Flügel bekam und zum „geflügelten Begriff“ für das Böse wurde. Nicht anders kann sich auch das simple voralthochdeutsche Wort „trahho“ oder „drago“ für „ziehen“ und „tragen“ „verflogen“ haben und könnte sich atypisch als Drachen fehlinterpretiert in den Wortschatz eingeschlichen haben, wurde in Südengland zum Drachen umgedeutet und fand seinen Weg in die nordische Mythologie. Und drücken wir es nicht auch heute noch in unserer alltäglichen Sprache je nach Dialekt und regional unterschiedlich immer noch so aus in dem wir in Westfalen und auch anderswo dazu neigen zu sagen „trach mir dat mal, statt zu sagen „trage es mir mal“ ? Viele in Germanien verbreitete Worte hatten später den Weg auf die im 5. Jhdt. noch kaum von Germanen respektive Falen, Sachen oder Angeln besiedelten britischen Inseln gefunden deren Bevölkerung in dieser Zeit aus Keltoromanen bestand. Aber in den Zeiten der halblegendären aber fasst schon historisch zu nennenden Gestalten Hengist und Horsa änderte sich das Zeitgeschehen, und die Bezeichnung „trahho“ dürfte in dieser Zeit den Sprung auf die Insel vollzogen haben. Noch näher stand den Keltoromanen möglicherweise das germanische Wort „drago“, da die lateinisch sprechende römische Besatzungsmacht ein ähnlich klingendes Wort verwendete und das schon vor den germanischen Einwanderungswellen in Südengland eingeführt wurde. Es war das Wort „Draco“. Denn während die Altsachsen unter dem Wort „drag“ im ursprünglichen Sinne noch etwas Profanes verstanden, fassten es die Keltoromanen als „Draco“ auf, erkannten darin ein Untier und verglichen es damit. Und es war nicht nur der Nähe geschuldet mit der sich die Worte „Drago und Draco“ begrifflich nahe standen, weswegen die Keltoromanen unter dem germanischen Wort „Drago“ den ihnen geläufigeren „Draco“ bevorzugten. Denn der Drachen wie er einst in der mediterranen und vorderasiatischen Welt verbreitet war, schien für sie plausibler zu sein und förderte ihre Vorstellungskraft mehr heraus als der Kampf gegen ein „Gefährt“ wie es aus dem germanischen Wort „Drago“ spricht. So könnten sich im Zuge dieser frühen kontinentalen sprachlichen Einflüsse in Südengland die Wege getrennt haben, so dass das Wort Drago, dass übrigens bis heute im Dragster oder im Racing Drag weiter lebt, während sich die Mythologie des Zwillingwortes bemächtigte und daraus den Dragon machte. Was also für die einen ein Fahrzeug war, war für die anderen der Drachen. So entschieden sich die Keltoromanen ihrem Sprachschatz zufolge dafür im germanischen Wort „trahho“, den ihnen geläufigen Draco zu sehen. Das also die eingewanderten Festlandssachsen auch einst gegen einen gewaltigen Drachen also gegen einen Draco statt gegen einen Drago gekämpft haben mussten. Eine Umdeutung die die Eingewanderten nicht beabsichtigt und nicht bezweckten hatten machte im Zuge ihrer Anwesenheit in Südengland die Runde. Man bewegte sich im 5. Jahrhundert als dieser nachvollziehbare Vorgang in Europa zur Geburtsstunde der Drachensage wurde und man unter anderen germanischen Völkern auch die Falen anwarb, ob man sie nun West – Ost - oder Mittelfalen nennen möchte. Nach dem diese transformative Darstellung den Charme der Plausibilität bekommen hat darf man einen Schritt weiter gehen und sich mit der Frage beschäftigen, wie es sich damals konkret vollzogen haben könnte, als Varus sein Leben aushauchte und wo es statt gefunden haben könnte. (18.10.2023)