Freitag, 26. Juli 2024
Paterculus verriet den Verlauf der Varusschlacht.
ulrich leyhe, 09:12h
Militaristen können schwer aus ihrer Haut und widmen sich daher bevorzugt jenen Themen die die militärischen Umstände zum Inhalt haben. Obwohl Paterculus da keine Ausnahme bildete, vermisst man bei ihm aber einen, wenn auch nur grob verfassten Bericht über den Verlauf der Varusschlacht. Er stand noch unter dem Einfluss der Kämpfe in Pannonien als er über das Desaster schrieb, das vor diesem Hintergrund zur Unzeit passierte. Wäre er darauf eingegangen hätte sich für ihn, der großen Wert auf glaubwürdige Recherche legte, schnell die Frage nach den, man würde heute sagen politisch Verantwortlichen gestellt. Unter diesem Einfluss stehend hatte er bei seiner Themenauswahl zu selektieren. So hielt er sich was die Tiefe seiner Kommentierung anbelangt zurück und beschränkte sich nur auf einzelne Episoden. Somit vermied er es, das gesamte Debakel strukturiert darzustellen wie es später Cassius Dio tat. Was er preis geben wollte vermittelte er auf drei unterschiedlichen Wegen. Erstaunlich ausgiebig ging er zunächst auf den aus seiner Sicht ergangenen strittigen Varusbefehl ein, schilderte dann die Schicksale einzelner Legionäre und bringt auch die Schlacht bei Carrhae ins Spiel die 62 Jahre vor der Varusschlacht geschlagen wurde. Er erkannte die Parallelität beider Schlachten und verdeutlicht damit die Fehlentscheidungen die auch der Varusschlacht zugrunde lagen. Durch diesen Vergleich vermittelt er auch einen aufschlussreichen Einblick in die Vorgeschichte die in die Varusschlacht mündete und teilweise auch in ihren Verlauf. Auf diese Weise umschiffte er es möglicherweise sich auf die Dramatik der diversen Episoden der Varusschlacht einlassen zu müssen und gab damit den berühmten Wink mit dem Zaunpfahl. Eine Analyse zu diesem Vergleich folgt der Umfänglichkeit wegen im nächsten Abschnitt. Im diesem Kapitel werden die einzelne Passagen untersucht in denen er unmittelbar auf die „Arminiusschlacht“ eingeht. Dabei stellte sich heraus, dass sich seine Hinweise bezogen auf unser von Cassius Dio stammendes Wissen auf den Tag genau den einzelnen Phasen des Geschehens zuweisen lassen und damit die Schauplätze fixierbar werden. Offiziere wie Paterculus interessieren sich weniger für die Phasen in denen die Waffen schweigen, sodass er auch nicht auf den ersten kampflosen Marschtag, der im Raum Höxter seinen Anfang nahm einging. Der Tag der einen ruhigen Verlauf nahm und an dem Varus ein Rastlager ansteuerte, dass sich möglicherweise bei Brakel befand, wo exakt auch die erste für Legionäre typische Tagesetappe von 25 Kilometern erreicht war. So setzen seine Überlieferungen auch erst mit dem zweiten Tag ein an dem die Kämpfe ausbrachen. Varus verließ dieser Theorie nach an diesem Tag sein erstes Nachtlager, wo er am Morgen den zivilen Tross trennte und mit dem militärischen Teil Kurs auf die Aufrührer nahm.
Sein erster Hinweis.
Bevor Paterculus auf die Schicksale der vier Schlachtenteilnehmer eingeht befasste er sich mit den Ereignissen wie sie sich in den ersten Stunden der Defilee Schlacht zutrugen. Ein Verlauf wie ihn auch Cassius Dio hinterließ als er sich auf die ersten Geplänkel artig begonnenen Kämpfe bezog die von den Germanen am zweiten Marschtag zunächst noch aus der Distanz vorsichtig vorgetragen wurden, womit man provozieren und antasten wollte. In dieser Situation wurde den Legionen der aus seiner Sicht nicht nachvollziehbare Befehl erteilt, sich gegen diese anfänglichen Attacken nicht zur Wehr setzen zu dürfen. Eine Darstellung die von Seiten der Forschung immer schon für sehr merkwürdig gehalten wurde, daher rätselhaft blieb und auf Unverständnis stieß. Denn es so auszudrücken, als dass man dem „Tüchtigsten aller Heere und dem ersten unter den römischen Soldaten nicht die Freiheit gelassen haben soll ungehindert vorrücken und kämpfen zu dürfen, wie sie es selbst gewollt hatten und das einige von ihnen dafür sogar empfindlich bestraft wurden, weil sie es trotzdem taten“, klingt in diesem Zusammenhang in der Tat befremdlich, ist aber bei genauer Betrachtung nachvollziehbar. Die Varuslegionen erscheinen bei ihm wie das Optimum, also die Superlative dessen, was das römische Imperium in jener Zeit militärisch aufzubieten hatte. Eine Bemerkung die die Verwirrung noch vergrößerte. Aber vor allem waren sie gedrillt, hatten sich befehlshörig und fügsam zu verhalten, durften sich Anweisungen nicht widersetzen und mussten, obwohl es sie das Leben hätte kosten können, den Anordnungen ihrer Feldherrn folgen. Aber das was Paterculus kritisierte war ein Befehl den kein Feldherr ohne einen triftigen Grund ausgibt und der eine Ursache gehabt haben musste. So erscheint es zunächst auch wie ein Dissens und klingt so unglaublich, dass sich ein breites Spekulationsfeld vor uns öffnet. Bei Feindberührung in einem derartigen Moment harte Disziplinmaßnahmen nicht nur auszusprechen, sondern sie auch umzusetzen und die Legionäre sogar zu schlagen, muss eine Ursache gehabt haben. Es war die Entscheidung der damaligen Generalität und es sollte versucht werden der Frage nach zu gehen, was sie zu einem solchen Schritt veranlasst haben könnte. Zunächst einmal klingen die Lobeshymnen die Paterculus über die Armee ausschüttete überzogen und daher trügerisch, obwohl sie ins Vokabular der Zeit gepasst haben könnten. In dieser kritischen Situation in übertriebener Form Lob und Anerkennung zum Ausdruck zu bringen wirkt verdächtig und somit auch unglaubwürdig. Aber Paterculus unterließ es den Befehl so aufzufassen und ihn so zu interpretieren wie er der kritischen Lage zweifellos angebracht war und vermied es ihn in den realistischen Kontext dessen zu setzen, was noch folgen sollte. Es lag ihm vermutlich nichts daran Varus zu rehabilitieren und so bot sich ihm die Gelegenheit Varus erneut als Versager darzustellen und es erübrigte darauf eingehen zu müssen, dass er auch eine Armee anführte die unterbesetzt, daher schwach und auf germanische Unterstützung angewiesen war und die sich keine unnötigen Geplänkel leisten konnte. Obwohl es wie man annehmen darf nicht die von ihm heroisierten Legionen waren, sondern Einheiten um deren Disziplin es nicht zum besten gestanden hatte hob er sie doch im besonderen Maße hervor um den Kontrast zum späteren Debakel zu verstärken. Eine Armee die in der Realität jedem motivierten Feind gegenüber unterlegen gewesen war, die nicht voreilig handeln und und die kein Risiko eingehen durfte. Die Varusschlacht entlud sich bekanntlich nicht in Form eines plötzlichen und gewaltigen germanischen Ansturms, so ist es schwer vorstellbar, dass diese näheren Zusammenhänge Paterculus gegenüber verschwiegen worden sein sollen und sich ihm daher der Kontext in dem Varus seine Entscheidung traf bewusst gewesen sein musste. Mit seiner Bemerkung ging er indirekt auch auf die Truppenmoral ein, die in diesem Moment auf eine harte Probe gestellt wurde und ebenso die Sorge der Generalität, dass sich die Legionäre nicht an die Anweisung hätten halten können. Vor diesem Hintergrund ist ein Blick auf ein fünf Jahre späteres Ereignis in Neuß zu werfen. Im Jahre 14 + rebellierten die dort stationierten Legionäre und Germanicus musste sich ihnen mit Gewalt entgegen stellen. Es aber einer Truppe die sich innerlich schon auf die geruhsamen Monate im Winterlager eingestellt hatte der man nun einen unerwarteten Schwenk, zusätzliche Strapazen eine verlängerte Rückzugsstrecke und möglicherweise auch Kämpfe zumutete ist weder der Loyalität noch der Moral förderlich. So könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Generalstab auch schon 9 + ähnliche Probleme befürchtete und daher von Beginn an hart durchgreifen musste. Dazu passt auch die Überlieferung, wonach sich die Asprenas Legionäre offensichtlich zu vorschnell, um das Wort räuberisch zu vermeiden an den Habseligkeiten der in der Schlacht Umgekommenen vergriffen hatten. Ein Verhalten, das ebenfalls auf eine schlechte Disziplin in der Truppe hinweist und Zügellosigkeit erkennen lässt. Sollte also schon am ersten Tag der Varusschlacht der frühe Funke eines aufkommenden Ungehorsams aufgeglimmt sein, dann musste man dem entschieden entgegen treten und auch Mittel von Gewalt einsetzen. Eine Vorstellung die in das Gesamtszenario passen würde. Am ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag waren die Legionen zunächst irritiert, denn die Germanen hatten ihren Plan nicht mit Hörnerschall angekündigt. Für den fußkranken Varus der sich aus diesem Grund vermutlich in einem bequemen Kampfwagen im vorderen Teil der Kolonne aufhielt, erschien die Lage unübersichtlich, als er sich entschied den Befehl an die Truppe zu geben unter Strafandrohung Zurückhaltung üben zu müssen. Nach der Darstellung von Cassius Dio entbrannte die Schlacht nicht wie aus dem Nichts heraus und die Marschzugtrasse verwandelte sich auch nicht in kürzester Zeit in ein gigantisches Schlachtfeld auf dem zwei Heere aufeinander prallten. Das Geschehen am ersten Kampftag schaukelte sich langsam hoch was dazu führte, dass die herauf ziehende Gefahr von Seiten der Legionskommandeure zu lange unterschätzt wurde und die angemessenen Entscheidungen ausblieben. Eine Gemengelage die ursächlich für die Fehlentscheidung war, es den Legionären zu verbieten die Attacken mit Gewalt abwehren zu dürfen. Es war in der Tat eine kritische Phase die sich hier für die römischen Befehlshaber unbemerkt vollzog. Es könnte sogar der sensibelste Moment der gesamten Schlacht gewesen sein, als es im hinteren Bereich des Marschzuges zunächst noch aus verdeckter Position über schmale Pfade zu den ersten noch zaghaft vorgetragenen Angriffen der Germanen kam und man die Zuspitzung verkannte. Der römischen Heeresspitze wurde die Problematik auf dem Weg der Befehlskette zeitversetzt zugetragen und statt sich dem entschlossen entgegen zu stellen verschätzte man sich in der Tragweite und es erging der deplatzierte Befehl die Angriffe ignorieren zu müssen, sodass sich in dieser Phase das Schicksal möglicherweise noch hätte wenden lassen. So sollte es anders kommen. Varus wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, stufte es als harmloses Geplänkel impulsiver und übermütiger junger Krieger ein und die Generalität setzte auf das Eintreffen von Arminius der die Lage wieder unter Kontrolle bringen würde. Man war in diesem Moment nach dem Verlassen des letzten Nachtlagers am Hellweg erst wenige Kilometer unterwegs und befand sich noch nicht in der Nähe der Aufrührer, folglich in einer Region in der man derartige Angriffsversuche nicht erwartet hatte. Die Quellenanalyse spricht dafür, dass Arminius zu diesem frühen Zeitpunkt die Kampfstätte noch nicht betreten hatte und die Theorie besagt, dass es seine Zeit brauchte, bis er vom Schauplatz am Gradberg wo man sich des zivilen Zuges bemächtigte zu Varus aufschließen konnte. So vollzog sich der Frontenwechsel von Arminius erst auf dem Höhepunkt der Schlacht, was dann zur erheblichen Verwirrung unter den Legionären führte. Aus Sicht der Legionäre, denen bereits Wunden beigefügt wurden, war der Befehl weniger amüsant und unter ihnen waren auch jene die es für unbegreiflich hielten sich nicht zur Wehr setzen zu dürfen. Auch mit ihren Aussagen ließ sich seine negative Einschätzung über Varus rechtfertigten und so fand es Eingang in die Geschichtsschreibung. Aber für Varus war es eine verständliche Entscheidung wenn man aus einer scheinbar überlegenen Position heraus eine frühe Eskalation vermeiden will. Aufgrund seines späteren Wissens, dass dies der Beginn der Mehrtagesschlacht hätte Paterculus den Sachverhalt angemessener und gerechter kommentieren müssen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Clades Variana und erst im Nachhinein ließ sich im Varusbefehl der fatale Irrtum erkennen, den Paterculus dem Generalstab unter bewusster Verkennung der Realität ankreidete. Für die Chronologie von Bedeutung ist es aber festzuhalten, dass es Paterculus sehr wichtig war diesen Umstand zu Papier zu bringen, markierte damit unmissverständlich den ersten Kampftag und drückte damit aus rückwärtiger Sicht betrachtet den Startknopf zur Varusschlacht.
Sein zweiter Hinweis.
trifft ebenfalls auf den ersten Kampftag des zweiten Marschtages zu, bezieht sich aber auf die späten Stunden dieses Tages. Denn erst am Abend offenbarte sich das verheerende Ausmaß des Desasters, das mit einem Überraschungsangriff seinen Anfang nahm. Ausgelöst durch den unerwarteten Seitenwechsel von Arminius ins germanische Lager hatte sich das Kräfteverhältnis zugunsten der Germanen in kürzester Zeit verschoben. Es folgten danach die dramatischen Stunden in denen die allgemeine Verwirrung jede militärische Ordnung überlagerte. Eine Gemengelage in der die für den Aufbau des Nachtlagers zuständige Legion die die Vorhut bildete zunehmend ins Kampfgeschehen verwickelt wurde. Cassius Dio schrieb dazu, dass man das Lager an einem geeigneten Platz errichtete, soweit sich dieser überhaupt finden ließ. In der Forschung übersetzte man den dafür von ihm gewählten Namen mit der viel diskutierten Bezeichnung „Waldgebirge“. Tacitus nannte das Lager „prima Vari castra“ und es sollte sein erstes und einziges bleiben, da sein Lager am nächsten Abend vor der endgültigen Niederlage namenlos blieb. Die Zweikämpfe im Lagerinnern zogen sich hin wie es die Lichtverhältnisse zu ließen und behinderten zwangsläufig die nötigen Schanzarbeiten. Da zudem Ochsenwagen samt Materialien wie Palisaden oder Werkzeugen auf der Strecke geblieben war, erreichten diese nicht mehr die Baustelle wodurch sich das Chaos verstärkte.
Der erste Kampftag läutete bereits den ultimativen Niedergang ein was anhand der folgenden Verbrennung allen überflüssigen Materials deutlich wird und auf eine Flucht „Hals über Kopf“ hinweist. Sechs Jahre später beschrieben die Überlebenden den unfertigen Zustand in trefflicher Weise, denn außer den Pflöcken bzw. Kennzeichnungen mit denen man 9 + ein Terrain abgesteckt hatte auf dem man annahm einmal drei Legionen unterbringen zu müssen, war nicht viel übrig geblieben. In dieser überhitzten Phase herrschten Zustände auf die Paterculus einging in dem er auf den für den Aufbau zuständigen Lagerpräfekten einging. Der Mann dem die Aufgabe zufiel unter diesen heillosen Bedingungen den Überblick behalten zu müssen, der die Arbeiten bestmöglich zu organisieren hatte, während sich in seinem Umfeld seine Männer gezwungen sahen sich bereits verteidigen zu müssen. Es war der nicht beneidenswerte L. (Lucius) Eggius der diese Funktion inne hatte. Die entscheidende Schlüsselfigur in diesen schweren Stunden, dem Paterculus seine Hochachtung zollte und der an diesem Abend übermenschliches zu leisten hatte.
Sein dritter Hinweis.
betraf den Morgen des zweiten Kampftages am dritten Marschtag. Denn noch bevor sie das Lager verließen entschieden sich die stark dezimierten und blessierten Legionäre für den Weitermarsch, der einer Flucht glich, alles hinderliche und unnütz gewordene verbrennen zu müssen. Es war dies aber nicht nur das Entzünden nassen Holzes und der damit verbundene schwarze Rauch der am Himmel über Ostwestfalen stand und für alle das Fiasko sichtbar werden ließ, sondern auch ein demoralisierender Moment für die Legionäre die den ersten Kampftag überlebt hatten. Überliefert ist, dass sie noch während ihres Ausmarsches in neue Gefechte verwickelt wurden. Die Zeit arbeitete für Arminius der ihren weiteren Marschweg kannte, sodass sich das Ausmaß der Kämpfe in Grenzen hielt. So konnten die Reste der Varusarmee wie sich Cassius Dio entnehmen lässt in der Hoffnung ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen einen frohlockenden Blick ins offene Land werfen was kurzzeitig ihre Stimmung hob. Darauf, dass sich südlich an den Lagerplatz angrenzend der Nordrand der von der Eiszeit hinterlassenen Warburger Börde auftat die man wegen der Landwirtschaft baumlos hielt, wurde bereits eingegangen. Hinter ihnen lag eine unbeschreibliche Nacht. Sie verging hungrig, schlaf – und kraftlos und am anderen Morgen stellten sie fest, dass ihre Waffen durch die Nässe unbrauchbar geworden waren. Sie wurden sich der Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst und nur ihr Überlebenswille trieb sie weiter. Die Germanen hatten am Vortag die Entscheidung herbei geführt und begleiteten ab diesem Morgen nur noch eine im Zerfall befindliche und dahinsiechende Armee ohne Disziplin über die sie die volle Kontrolle hatten. Der Theorie nach standen sie gegen Mittag im Großraum Peckelsheim am Oberlauf der Nethe, hatten die Barriere des Eggegebirges noch vor sich und unter allen war der Gedanke an Flucht naheliegend. Kämpfer aus den Reihen der Hilfstruppen könnten sich je nach Gesinnung den Germanen angeschlossen haben, aber kein antiker Historiker ging auf sie ein und auch wenn ihnen vielleicht die Pferde fehlten, so werden sie Wege gefunden haben um sich abzusetzen. Nach den Worten von Cassius Dio gerieten die Legionen noch am gleichen Tag erneut in ein Waldgebiet. Auch hier liefert die Geographie einen Hinweis darauf, wo sie sich befunden haben könnten, denn bei westlicher Zugrichtung verließen sie wieder den Börderand und drangen in die bewaldeten Ausläufer des Eggegebirges vor. Wie Dio schrieb brachten sie sich durch das Gewicht ihrer durchnässten Waffen auf den glatten Wurzeln gegenseitig zu Fall und die Reiterei nahm ihnen auf engstem Raum noch zusätzlich die Bewegungsfreiheit. Dem lässt sich entnehmen, dass sich die Reiterei noch im Marschzug befand. Hinter diesen Zeilen von Dio könnte sich der Hinweis verbergen, dass hier nicht nur die letzte ernsthafte Auseinandersetzung sprich der Endkampf vollzog, sondern das aufgrund dieser Verhältnisse Numonius Vala die Chancenlosigkeit erkannte und sich entschied mit seinen Schwadronen fahnenflüchtig zu werden. Ein Akt den jede Reiterei erst dann vollzieht, wenn die Lage festgefahren ist. Paterculus beschreibt hier für seine Verhältnisse relativ detailliert sein widerwärtiges Verhalten, dass aus dem Munde eines Militärangehörigen überzeugt und deftig ausfällt. Auch dieser Hinweis lässt sich unmissverständlich dieser Kampfphase zuweisen. Aber auch in diesem Fall blendet Paterculus wieder die Realität der Situation aus. Ein Verhalten, dass man aus der Sicht von Vala für nachvollziehbar halten könnte während Paterculus von ihm indirekt erwartete, dass er mit den Fußlegionären in den Tod oder die Gefangenschaft zu gehen hat.
Sein vierter Hinweis.
galt den Aktivitäten die spätestens am Abend des zweiten Kampftages dem dritten Marschtag statt fanden, als die Varusschlacht endgültig zu Gunsten der Germanen gekippt war. Die Waffen waren nicht mehr zu gebrauchen, die Fußlegionäre waren ungeschützt und auf sich gestellt und die Überlebenden bereiteten sich auf die nächste Nacht unter noch widrigeren Bedingungen vor. Man schuf sich ein letztes Notbehelf, hinter dem sich wie Tacitus es beschreibt ein Provisorium aus flachen Gräben und halbhohen Wällen verbarg und hinter Verhauen zurück gezogen erwartete man zu jederzeit den Feind. Trotzdem versuchten die Reste der Legionen am anderen Morgen den Marsch fortzusetzen aber ihre Bemühungen waren wie Cassius Dio es beschrieb nicht nur wegen des aufragenden Eggegebirges zum Scheitern verurteilt. Umlagert und von den Germanen zur Aufgabe genötigt breitete sich Hoffnungslosigkeit aus und den Unterlegenen blieb nur die Wahl, bis zuletzt zu kämpfen, zu flüchten oder zu kapitulieren, was aber letztlich jeder für sich entschied. In der Position des hier zuständigen Präfekten also des Lagerkommandanten war Ceionius der letzte Oberbefehlshaber der Legionen und er entschied sich aus Sicht von Paterculus für das vom militärischen Standpunkt aus betrachtet Verwerflichste, nämlich die Kapitulation. Das letzte Mittel wenn man annimmt so dem Tod entgehen zu können. Und wieder stellt Paterculus die Ehre vor den Überlebenswillen und verkennt bewusst die Umstände. Wie schon zuvor rekapituliert stellt sich auch hier wieder die Frage mit wem der Militarist Paterculus Kontakt hatte, als er sich die letzten Stunden auf dem Varusschlachtfeld beschreiben ließ und inwieweit er sich dem Faktischen entziehen wollte um tadeln zu können. Legionäre die sich zu Flucht entschieden hatten und den rettenden Rhein erreichten erläuterten später ihre Sicht und sie hatten noch miterlebt wie Ceionius umgeben von zahlreichen verwundeten und ausgezehrten Legionären das Niederlegen der Waffen anbot. In dieser Situation nicht mehr weiter kämpfen zu wollen ist genauso verständlich, wie das Verhalten der Überlebenden, die die Flucht ergriffen. Ein Verhalten auf das Paterculus nicht einging und es nicht kritisierte, obwohl man auch darunter Fahnenflucht verstehen kann. Es einem Kommandanten zum Vorwurf zu machen der sich für die Kapitulation entschied ist war für Paterculus unverzeihlich und er machte ihm sein Verhalten zum Vorwurf, was erkennen lässt, dass er die Entscheidung des Präfekten als Feigheit auslegte. Von einem Befehlshaber der letztlich nichts anderes tat als die Übergabe anzubieten nachdem bereits große Teile des Heeres umgekommen waren verlangte Paterculus den Heldentod was nach Durchhalteparole klingt und in der Geschichtsschreibung den Höhepunkt der Heldentat ausmacht. So hoffte er vielleicht auf diese Weise noch einige Leben retten zu können, obwohl er sich hinsichtlich seines persönlichen Schicksals keine Illusionen gemacht haben dürfte. Es lässt sich auch darin eine sich der Chronologie anpassende Darstellung erkennen. Ein Vorgang der sich vermutlich am Vormittag des letzten und damit des vierten Tages zutrug.
Sein fünfter Hinweis.
beleuchtet das Ende des Debakels und wir erfahren von Paterculus wie es mit dem Legionär Caelius Caldus zu Ende ging. Ein Akt wie er sich zweifellos nur am vierten Tag zugetragen haben kann als die Varusarmee geschlagen am Boden lag. Sein Tod so wie er ihn schilderte muss ihm besonders nahe gegangen sein, da er in diesem Fall die näheren Umstände die ihn zum Selbstmord zwangen nicht nur kannte, sondern auch überlieferte. Aber er stellt es, obwohl in der Konsequenz in beiden Handlungen kein Unterschied zu erkennen ist die Tat im Gegensatz zu Varus als heldenhaft dar. Was also ein Caelius Caldus darf, dass durfte aus seiner Sicht ein Varus noch lange nicht. Ein erneuter Hinweis darauf wie Paterulus bewusst Varus verunglimpfte obwohl es im römischen Militär nicht unüblich war, dass sich der Feldherr selbst tötete. Und im gleichen Kontext in dem er von der tapferen Tat des jungen Caelius Caldus spricht, erwähnt er auch den Mut des Lagerpräfekten von Aliso Lucius Caedicius, eine Position die man auch mit Generalquartiermeister übersetzen könnte. Damit erwies Paterculus der Forschung einen großen Dienst, denn er setzte den letzten Tag der Varusschlacht in eine enge Verbindung zum Fluchtlager Aliso, was wieder für die räumliche Nähe spricht, was auf die Fußläufigkeit beider Orte hindeutet und sich auch in der Theorie als stimmig erweist. Um doch noch eine gewisse Ausgewogenheit herzustellen unterstellt er Varus in diesem Zusammenhang sogar noch beste Absichten gehabt zu haben. Damit versucht er Sachlichkeit und Neutralität zu zeigen macht aber auch deutlich wie unschlüssig er in der Bewertung des Feldherrn ist, dem er an anderer Stelle völliges Versagen zum Vorwurf macht. Ein klarer Hinweis darauf, dass sich ihm das Verhalten und die Entscheidungen von Varus nicht in Gänze erschlossen, erklärte ihn aber im Zweifelsfall zum Schuldigen. Er warf ihm Unvermögen vor die Armee richtig geführt zu haben, wagte sich aber nicht den damaligen Kaiser Augustus oder den neuen Kaiser Tiberius zu kritisieren denen Varus letztlich seine Position verdankte. Aber Paterculus könnte nach allem was er für Rom in Germanien geleistet hatte mit der Entscheidung von Tiberius den Krieg 16 + zu beenden gehadert haben. Bezogen auf Caelius Caldus lastet allerdings auf Paterculus der Verdacht, dass er kein Wort über ihn verloren hätte, wäre er nicht der Spross einer angesehenen römischen Familie gewesen. Möchte man es noch skeptischer bewerten, dann könnte er es nur der Ehre des Hauses Caldus wegen so formuliert haben. Aber auch dieser Episode lässt sich kein Hinweis zur Lage der Schauplätze der Schlacht entnehmen, denn wir erfahren nicht wann, wo oder bei welcher Gelegenheit sich Caelius Caldus umbrachte können den Vorfall aber wieder dem Kontext zuordnen. Unstrittig stand sein Freitod mit der Varusschlacht in Verbindung, denn Paterculus rühmt ihn als einen Kämpfer aus den Reihen seiner Legionen und führt ihn als einen Beweis für die Couragiertheit römischer Legionäre an. Wann sich Caldus zum Freitod entschied wird explizit nicht deutlich, aber er dürfte sich ereignet haben, als man nach dem Tod des Feldherrn aufgrund der Kapitulation von Ceionius die Waffen nieder legte. Aber auch dieser Fall wird eine Vorgeschichte gehabt haben, denn es gab viele Legionäre die überlebten, da sie seinem Beispiel nicht folgten oder flüchteten. Unter diesen befanden sich auch die Zeugen seiner Kurzschlussreaktion, denn sonst hätte Paterculus davon nichts erfahren. Der Übersetzung nach schrieb Paterculus dazu die folgenden Zeilen: “ Caelius Caldus, Nachfahre einer berühmten Familie fiel durch eine mutige Tat auf. Als sich die Germanen auf die Gefangenen stürzten, schlug er sich das Ende der Kette, mit der man ihn gefesselt hatte so stark gegen seinen eigenen Kopf, dass er dieser Verletzung erlag“. Aber gleich woher die Germanen diese Ketten hatten, oder wie sie an sie kamen, ob sie sie selbst geschmiedet hatten, sie von ihren eigenen zuvor angeketteten Landsleuten stammten, oder ob sie sie den römischen Trosswagen entnommen hatten, sie standen ihnen als sie sie brauchten zur Verfügung. In Erwartung ihres Sieges hatten sie dafür gesorgt, dass diese gewichtigen metallenen Handfesseln bereit lagen. Ketten, die die germanischen Krieger nicht im Gefecht bei sich führten, da sie sie behindert hätten. Ein Hinweis der die Schlussfolgerung zulässt, dass man auf Seiten der Germanen die Schlacht durchdacht anging und man sich davon entfernen sollte anzunehmen, dass hier eine undisziplinierte Horde gegen Varus antrat. Wir lesen, dass die Germanen die entwaffneten Gefangenen zusammen getrieben und ihnen Ketten angelegt hatten. Sie saßen wohl auf dem Boden, während man sie bewachte und über die weitere Vorgehensweise beratschlagte. Auch Caelius Caldus war unter ihnen somit wehrlos sprich kampfunfähig, sodass von ihm keine Gefahr mehr ausging. Noch lebte er und er erwartete seine Hinrichtung so wie es auch Cassius Dio übermittelte, da die Germanen erbarmungslos jedes Pferd und jeden Mann getötet haben sollen. Der aus dem Ruder gelaufenen Lage unmittelbar nach der Schlacht lässt sich mit rationalen Argumenten nicht beikommen, die Stimmung war emotional geladen, es herrschte Verwirrung, Entscheidungen wurden zeitgemäß und somit willkürlich getroffen und offen bleibt auch nach welchen Kriterien man in dieser Phase über das Schicksal der Gefangenen entschied. Nicht alle gefangenen Römer werden wie Caelius Caldus freiwillig aus dem Leben geschieden sein und auch nicht alle starben den Rachetod, denn es gab wie überliefert gegen Lösegeld zurück gekaufte sowie höher Gestellte und Sklaven die noch lange unter den Germanen lebten bevor Rom sie befreien konnte. Vorstellbar ist auch, dass es später zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen gefangenen und versklavten Römern und duldsamen Germanen kam und man ihnen Freiraum ließ den sie zur Rückkehr nutzten bzw. nutzen durften. Da Tacitus berichtete, dass man nur die Tribunen und Centurionen ersten Ranges an den Altären geschlachtet hatte, dürfte Caelius Caldus einer von ihnen gewesen sein und ein derartiges Schicksal erwartet haben, sodass er keinen anderen Ausweg sah den Altären der Germanen zu entgehen und Suizid für ihn die logische Konsequenz war. Tacitus verglich es mit der brachialen Vorgehensweise zu der Rom im Zusammenhang mit dem Abschlachten der Marser im Jahre 14 + fähig war als er notierte, dass „kein Geschlecht und kein Alter auf Schonung hoffen durfte. Ob Menschen gehörend oder den Göttern geweiht, alles wurde dem Erdboden gleich gemacht. Unsere Soldaten blieben ohne Verluste, da sie es ja nur mit Halbschlafenden, Unbewaffneten oder einzeln Umherirrenden zu tun gehabt hatten“ womit er indirekt das Verhalten der Germanen begründete und sogar rechtfertigte auf ähnliche Weise mit den Legionären umgehen zu dürfen. Tacitus überlieferte des Weiteren, dass es den Germanen nicht erlaubt sei, einen der ihrigen Hinzurichten, ihn auszupeitschen oder ihm Fesseln anzulegen. Dies war einzig das Recht der germanischen Schamanen. Varus aber tat es und er war kein Priester. Das nach Cassius Dio alle Gefangenen getötet worden sein sollen widerspricht der Überlieferung von Tacitus, denn es waren die Überlebenden der unteren Ränge die sechs Jahre später Germanicus zu den Schauplätzen führten. Im Falle des aus gutem Hause stammenden vermutlich besonders mutigen bis wagemutigen Caelius Caldus könnte man annehmen, dass er kraft seiner Herkunft eine entsprechende Karriere vor sich hatte. Spekulation bereichert eine Szenerie wenn Wissen es nicht ersetzen kann und so kann man das Thema „Selbstmord aus Tapferkeit“ auch anders bewerten. Er diente nicht als einfacher Legionär stand auf der Karriereleiter schon etwas höher und zählte wohl zu jenen, die im Umkreis von Varus kämpften und halfen ihn bis zuletzt zu schützen. Er wusste was man den Germanen über die Zeiten angetan hatte und wie sie auch unter Varus gedemütigt wurden und erwartete ein Schicksal, das sich nicht auf dem Weg der Auslösung bereinigen ließ. Möglicherweise war auch Caldus selbst an diesen Gräueltaten beteiligt. So könnte es auch der Moment gewesen sein, als man ihn wieder erkannte und er wusste, dass ihm der sichere Tod drohen würde. Anhand der antiken Überlieferungen sowie dem Rekonstruktionsversuch des Schlachtgeschehens unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustandes der Überlebenden, der Distanz zum Rhein und den dazwischen liegenden Gefahren lässt sich darstellen, dass es nicht viele Römer gegeben haben dürfte, die nach der Schlacht auch ohne die Zwischenstation Aliso den Rhein erreichen konnten. Hinzu kommt, dass man versklavte Römer auch tiefer in den Osten geschafft haben könnte, was ihren Fluchtweg noch zusätzlich verlängert hätte. Aber auch einigen Teilnehmern des abgetrennten zivilen Marschzuges dürfte die Flucht ins näher liegende Aliso noch gelungen sein. Frauen und Kinder sowie Trossknechte, vermutlich auch Advokaten, Vermesser, Baufachleute, ebenso Sklaven, Verwaltungspersonal und natürlich Ältere und Kranke die aber nicht unmittelbar über die Schlacht berichten konnten, da sie nicht dabei waren. Auch sperriges und gewichtiges Material, das man auf Ochsenkarren verladen hatte und was man nicht über den Winter an der Weser lagern wollte, befand sich im abgekoppelten nicht militärischen Teil, da es in abwegigen Regionen zu Ballast geworden wäre. Diese Tonnage Kilometer weit auf Umwegen über Land mitzuführen wäre überflüssig und beschwerlich und daher keine Option gewesen. Anders als es beim Unverzichtbaren wie Palisadenpfosten oder Schanzwerkzeug war, so galt es diese Güter auf dem schnellsten Weg zum nächsten Lippehafen zu transportieren. Die Örtlichkeiten der Hinrichtungen zwischen dem Sintfeld und dem Sorat im Raum östlich oder südlich von Kleinenberg zu suchen weil dort einige Stätten den Namen Opferplatz tragen klingt zwar verführerisch hätte aber einen überflüssigen Eggeanstieg erforderlich gemacht und auch in der Hanglage des Saltus wird man sie vergeblich suchen. Auch weisen diverse Großsteine mit Blutrinne und Becken westlich Borlinghausen auf derartige Rituale hin aber Favorit bleibt der „Tuistowald“ östlich von Borlinghausen mit seinen zahlreichen noch vorhandenen oder bereits eingeebneten Hügelgräbern und dies sowohl als Austragungsstätte der Endschlacht, als auch als späterer Richtplatz, wo Caldus sein Ende fand.
Fünf Hinweise mit denen Paterculus eine Richtschnur zum Schlachtverlauf vorgibt, die sich vom ersten Lanzenwurf eines Germanen vermutlich nahe Hampenhausen bis zum letzten Atemzug einer Armee nahe Borlinghausen ziehen lässt. Er benennt auf seine Art die wesentlichen Höhepunkte und suchte sich mit Ausnahme des Punktes 1.) dazu jeweils die passende Person um daran den Verlauf der Schlacht fest machen zu können.
Hinweis 1.)
Zum ersten Kampftag berichtet er über eine Armee die sich nicht verteidigen durfte.
Hinweis 2.)
Zum ersten Kampftag über den Lagerpräfekten Eggius der über sich hinaus wuchs.
Hinweis 3.)
Zum zweiten Kampftag an dem Numonius Vala die Aussichtslosigkeit erkannte.
Hinweis 4.)
Zum zweiten Kampftag als auf Ceionius die Entscheidung zur Kapitulation lastete.
Hinweis 5.)
Zum zweiten Kampftag als nach Varus auch Caldus den Freitod suchte.
Alles nur Zufall oder steckte dahinter eine Botschaft mit der sich der Schlacht neue Facetten abgewinnen lassen ?
(26.07.2024)
Sein erster Hinweis.
Bevor Paterculus auf die Schicksale der vier Schlachtenteilnehmer eingeht befasste er sich mit den Ereignissen wie sie sich in den ersten Stunden der Defilee Schlacht zutrugen. Ein Verlauf wie ihn auch Cassius Dio hinterließ als er sich auf die ersten Geplänkel artig begonnenen Kämpfe bezog die von den Germanen am zweiten Marschtag zunächst noch aus der Distanz vorsichtig vorgetragen wurden, womit man provozieren und antasten wollte. In dieser Situation wurde den Legionen der aus seiner Sicht nicht nachvollziehbare Befehl erteilt, sich gegen diese anfänglichen Attacken nicht zur Wehr setzen zu dürfen. Eine Darstellung die von Seiten der Forschung immer schon für sehr merkwürdig gehalten wurde, daher rätselhaft blieb und auf Unverständnis stieß. Denn es so auszudrücken, als dass man dem „Tüchtigsten aller Heere und dem ersten unter den römischen Soldaten nicht die Freiheit gelassen haben soll ungehindert vorrücken und kämpfen zu dürfen, wie sie es selbst gewollt hatten und das einige von ihnen dafür sogar empfindlich bestraft wurden, weil sie es trotzdem taten“, klingt in diesem Zusammenhang in der Tat befremdlich, ist aber bei genauer Betrachtung nachvollziehbar. Die Varuslegionen erscheinen bei ihm wie das Optimum, also die Superlative dessen, was das römische Imperium in jener Zeit militärisch aufzubieten hatte. Eine Bemerkung die die Verwirrung noch vergrößerte. Aber vor allem waren sie gedrillt, hatten sich befehlshörig und fügsam zu verhalten, durften sich Anweisungen nicht widersetzen und mussten, obwohl es sie das Leben hätte kosten können, den Anordnungen ihrer Feldherrn folgen. Aber das was Paterculus kritisierte war ein Befehl den kein Feldherr ohne einen triftigen Grund ausgibt und der eine Ursache gehabt haben musste. So erscheint es zunächst auch wie ein Dissens und klingt so unglaublich, dass sich ein breites Spekulationsfeld vor uns öffnet. Bei Feindberührung in einem derartigen Moment harte Disziplinmaßnahmen nicht nur auszusprechen, sondern sie auch umzusetzen und die Legionäre sogar zu schlagen, muss eine Ursache gehabt haben. Es war die Entscheidung der damaligen Generalität und es sollte versucht werden der Frage nach zu gehen, was sie zu einem solchen Schritt veranlasst haben könnte. Zunächst einmal klingen die Lobeshymnen die Paterculus über die Armee ausschüttete überzogen und daher trügerisch, obwohl sie ins Vokabular der Zeit gepasst haben könnten. In dieser kritischen Situation in übertriebener Form Lob und Anerkennung zum Ausdruck zu bringen wirkt verdächtig und somit auch unglaubwürdig. Aber Paterculus unterließ es den Befehl so aufzufassen und ihn so zu interpretieren wie er der kritischen Lage zweifellos angebracht war und vermied es ihn in den realistischen Kontext dessen zu setzen, was noch folgen sollte. Es lag ihm vermutlich nichts daran Varus zu rehabilitieren und so bot sich ihm die Gelegenheit Varus erneut als Versager darzustellen und es erübrigte darauf eingehen zu müssen, dass er auch eine Armee anführte die unterbesetzt, daher schwach und auf germanische Unterstützung angewiesen war und die sich keine unnötigen Geplänkel leisten konnte. Obwohl es wie man annehmen darf nicht die von ihm heroisierten Legionen waren, sondern Einheiten um deren Disziplin es nicht zum besten gestanden hatte hob er sie doch im besonderen Maße hervor um den Kontrast zum späteren Debakel zu verstärken. Eine Armee die in der Realität jedem motivierten Feind gegenüber unterlegen gewesen war, die nicht voreilig handeln und und die kein Risiko eingehen durfte. Die Varusschlacht entlud sich bekanntlich nicht in Form eines plötzlichen und gewaltigen germanischen Ansturms, so ist es schwer vorstellbar, dass diese näheren Zusammenhänge Paterculus gegenüber verschwiegen worden sein sollen und sich ihm daher der Kontext in dem Varus seine Entscheidung traf bewusst gewesen sein musste. Mit seiner Bemerkung ging er indirekt auch auf die Truppenmoral ein, die in diesem Moment auf eine harte Probe gestellt wurde und ebenso die Sorge der Generalität, dass sich die Legionäre nicht an die Anweisung hätten halten können. Vor diesem Hintergrund ist ein Blick auf ein fünf Jahre späteres Ereignis in Neuß zu werfen. Im Jahre 14 + rebellierten die dort stationierten Legionäre und Germanicus musste sich ihnen mit Gewalt entgegen stellen. Es aber einer Truppe die sich innerlich schon auf die geruhsamen Monate im Winterlager eingestellt hatte der man nun einen unerwarteten Schwenk, zusätzliche Strapazen eine verlängerte Rückzugsstrecke und möglicherweise auch Kämpfe zumutete ist weder der Loyalität noch der Moral förderlich. So könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Generalstab auch schon 9 + ähnliche Probleme befürchtete und daher von Beginn an hart durchgreifen musste. Dazu passt auch die Überlieferung, wonach sich die Asprenas Legionäre offensichtlich zu vorschnell, um das Wort räuberisch zu vermeiden an den Habseligkeiten der in der Schlacht Umgekommenen vergriffen hatten. Ein Verhalten, das ebenfalls auf eine schlechte Disziplin in der Truppe hinweist und Zügellosigkeit erkennen lässt. Sollte also schon am ersten Tag der Varusschlacht der frühe Funke eines aufkommenden Ungehorsams aufgeglimmt sein, dann musste man dem entschieden entgegen treten und auch Mittel von Gewalt einsetzen. Eine Vorstellung die in das Gesamtszenario passen würde. Am ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag waren die Legionen zunächst irritiert, denn die Germanen hatten ihren Plan nicht mit Hörnerschall angekündigt. Für den fußkranken Varus der sich aus diesem Grund vermutlich in einem bequemen Kampfwagen im vorderen Teil der Kolonne aufhielt, erschien die Lage unübersichtlich, als er sich entschied den Befehl an die Truppe zu geben unter Strafandrohung Zurückhaltung üben zu müssen. Nach der Darstellung von Cassius Dio entbrannte die Schlacht nicht wie aus dem Nichts heraus und die Marschzugtrasse verwandelte sich auch nicht in kürzester Zeit in ein gigantisches Schlachtfeld auf dem zwei Heere aufeinander prallten. Das Geschehen am ersten Kampftag schaukelte sich langsam hoch was dazu führte, dass die herauf ziehende Gefahr von Seiten der Legionskommandeure zu lange unterschätzt wurde und die angemessenen Entscheidungen ausblieben. Eine Gemengelage die ursächlich für die Fehlentscheidung war, es den Legionären zu verbieten die Attacken mit Gewalt abwehren zu dürfen. Es war in der Tat eine kritische Phase die sich hier für die römischen Befehlshaber unbemerkt vollzog. Es könnte sogar der sensibelste Moment der gesamten Schlacht gewesen sein, als es im hinteren Bereich des Marschzuges zunächst noch aus verdeckter Position über schmale Pfade zu den ersten noch zaghaft vorgetragenen Angriffen der Germanen kam und man die Zuspitzung verkannte. Der römischen Heeresspitze wurde die Problematik auf dem Weg der Befehlskette zeitversetzt zugetragen und statt sich dem entschlossen entgegen zu stellen verschätzte man sich in der Tragweite und es erging der deplatzierte Befehl die Angriffe ignorieren zu müssen, sodass sich in dieser Phase das Schicksal möglicherweise noch hätte wenden lassen. So sollte es anders kommen. Varus wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen, stufte es als harmloses Geplänkel impulsiver und übermütiger junger Krieger ein und die Generalität setzte auf das Eintreffen von Arminius der die Lage wieder unter Kontrolle bringen würde. Man war in diesem Moment nach dem Verlassen des letzten Nachtlagers am Hellweg erst wenige Kilometer unterwegs und befand sich noch nicht in der Nähe der Aufrührer, folglich in einer Region in der man derartige Angriffsversuche nicht erwartet hatte. Die Quellenanalyse spricht dafür, dass Arminius zu diesem frühen Zeitpunkt die Kampfstätte noch nicht betreten hatte und die Theorie besagt, dass es seine Zeit brauchte, bis er vom Schauplatz am Gradberg wo man sich des zivilen Zuges bemächtigte zu Varus aufschließen konnte. So vollzog sich der Frontenwechsel von Arminius erst auf dem Höhepunkt der Schlacht, was dann zur erheblichen Verwirrung unter den Legionären führte. Aus Sicht der Legionäre, denen bereits Wunden beigefügt wurden, war der Befehl weniger amüsant und unter ihnen waren auch jene die es für unbegreiflich hielten sich nicht zur Wehr setzen zu dürfen. Auch mit ihren Aussagen ließ sich seine negative Einschätzung über Varus rechtfertigten und so fand es Eingang in die Geschichtsschreibung. Aber für Varus war es eine verständliche Entscheidung wenn man aus einer scheinbar überlegenen Position heraus eine frühe Eskalation vermeiden will. Aufgrund seines späteren Wissens, dass dies der Beginn der Mehrtagesschlacht hätte Paterculus den Sachverhalt angemessener und gerechter kommentieren müssen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Clades Variana und erst im Nachhinein ließ sich im Varusbefehl der fatale Irrtum erkennen, den Paterculus dem Generalstab unter bewusster Verkennung der Realität ankreidete. Für die Chronologie von Bedeutung ist es aber festzuhalten, dass es Paterculus sehr wichtig war diesen Umstand zu Papier zu bringen, markierte damit unmissverständlich den ersten Kampftag und drückte damit aus rückwärtiger Sicht betrachtet den Startknopf zur Varusschlacht.
Sein zweiter Hinweis.
trifft ebenfalls auf den ersten Kampftag des zweiten Marschtages zu, bezieht sich aber auf die späten Stunden dieses Tages. Denn erst am Abend offenbarte sich das verheerende Ausmaß des Desasters, das mit einem Überraschungsangriff seinen Anfang nahm. Ausgelöst durch den unerwarteten Seitenwechsel von Arminius ins germanische Lager hatte sich das Kräfteverhältnis zugunsten der Germanen in kürzester Zeit verschoben. Es folgten danach die dramatischen Stunden in denen die allgemeine Verwirrung jede militärische Ordnung überlagerte. Eine Gemengelage in der die für den Aufbau des Nachtlagers zuständige Legion die die Vorhut bildete zunehmend ins Kampfgeschehen verwickelt wurde. Cassius Dio schrieb dazu, dass man das Lager an einem geeigneten Platz errichtete, soweit sich dieser überhaupt finden ließ. In der Forschung übersetzte man den dafür von ihm gewählten Namen mit der viel diskutierten Bezeichnung „Waldgebirge“. Tacitus nannte das Lager „prima Vari castra“ und es sollte sein erstes und einziges bleiben, da sein Lager am nächsten Abend vor der endgültigen Niederlage namenlos blieb. Die Zweikämpfe im Lagerinnern zogen sich hin wie es die Lichtverhältnisse zu ließen und behinderten zwangsläufig die nötigen Schanzarbeiten. Da zudem Ochsenwagen samt Materialien wie Palisaden oder Werkzeugen auf der Strecke geblieben war, erreichten diese nicht mehr die Baustelle wodurch sich das Chaos verstärkte.
Der erste Kampftag läutete bereits den ultimativen Niedergang ein was anhand der folgenden Verbrennung allen überflüssigen Materials deutlich wird und auf eine Flucht „Hals über Kopf“ hinweist. Sechs Jahre später beschrieben die Überlebenden den unfertigen Zustand in trefflicher Weise, denn außer den Pflöcken bzw. Kennzeichnungen mit denen man 9 + ein Terrain abgesteckt hatte auf dem man annahm einmal drei Legionen unterbringen zu müssen, war nicht viel übrig geblieben. In dieser überhitzten Phase herrschten Zustände auf die Paterculus einging in dem er auf den für den Aufbau zuständigen Lagerpräfekten einging. Der Mann dem die Aufgabe zufiel unter diesen heillosen Bedingungen den Überblick behalten zu müssen, der die Arbeiten bestmöglich zu organisieren hatte, während sich in seinem Umfeld seine Männer gezwungen sahen sich bereits verteidigen zu müssen. Es war der nicht beneidenswerte L. (Lucius) Eggius der diese Funktion inne hatte. Die entscheidende Schlüsselfigur in diesen schweren Stunden, dem Paterculus seine Hochachtung zollte und der an diesem Abend übermenschliches zu leisten hatte.
Sein dritter Hinweis.
betraf den Morgen des zweiten Kampftages am dritten Marschtag. Denn noch bevor sie das Lager verließen entschieden sich die stark dezimierten und blessierten Legionäre für den Weitermarsch, der einer Flucht glich, alles hinderliche und unnütz gewordene verbrennen zu müssen. Es war dies aber nicht nur das Entzünden nassen Holzes und der damit verbundene schwarze Rauch der am Himmel über Ostwestfalen stand und für alle das Fiasko sichtbar werden ließ, sondern auch ein demoralisierender Moment für die Legionäre die den ersten Kampftag überlebt hatten. Überliefert ist, dass sie noch während ihres Ausmarsches in neue Gefechte verwickelt wurden. Die Zeit arbeitete für Arminius der ihren weiteren Marschweg kannte, sodass sich das Ausmaß der Kämpfe in Grenzen hielt. So konnten die Reste der Varusarmee wie sich Cassius Dio entnehmen lässt in der Hoffnung ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen einen frohlockenden Blick ins offene Land werfen was kurzzeitig ihre Stimmung hob. Darauf, dass sich südlich an den Lagerplatz angrenzend der Nordrand der von der Eiszeit hinterlassenen Warburger Börde auftat die man wegen der Landwirtschaft baumlos hielt, wurde bereits eingegangen. Hinter ihnen lag eine unbeschreibliche Nacht. Sie verging hungrig, schlaf – und kraftlos und am anderen Morgen stellten sie fest, dass ihre Waffen durch die Nässe unbrauchbar geworden waren. Sie wurden sich der Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst und nur ihr Überlebenswille trieb sie weiter. Die Germanen hatten am Vortag die Entscheidung herbei geführt und begleiteten ab diesem Morgen nur noch eine im Zerfall befindliche und dahinsiechende Armee ohne Disziplin über die sie die volle Kontrolle hatten. Der Theorie nach standen sie gegen Mittag im Großraum Peckelsheim am Oberlauf der Nethe, hatten die Barriere des Eggegebirges noch vor sich und unter allen war der Gedanke an Flucht naheliegend. Kämpfer aus den Reihen der Hilfstruppen könnten sich je nach Gesinnung den Germanen angeschlossen haben, aber kein antiker Historiker ging auf sie ein und auch wenn ihnen vielleicht die Pferde fehlten, so werden sie Wege gefunden haben um sich abzusetzen. Nach den Worten von Cassius Dio gerieten die Legionen noch am gleichen Tag erneut in ein Waldgebiet. Auch hier liefert die Geographie einen Hinweis darauf, wo sie sich befunden haben könnten, denn bei westlicher Zugrichtung verließen sie wieder den Börderand und drangen in die bewaldeten Ausläufer des Eggegebirges vor. Wie Dio schrieb brachten sie sich durch das Gewicht ihrer durchnässten Waffen auf den glatten Wurzeln gegenseitig zu Fall und die Reiterei nahm ihnen auf engstem Raum noch zusätzlich die Bewegungsfreiheit. Dem lässt sich entnehmen, dass sich die Reiterei noch im Marschzug befand. Hinter diesen Zeilen von Dio könnte sich der Hinweis verbergen, dass hier nicht nur die letzte ernsthafte Auseinandersetzung sprich der Endkampf vollzog, sondern das aufgrund dieser Verhältnisse Numonius Vala die Chancenlosigkeit erkannte und sich entschied mit seinen Schwadronen fahnenflüchtig zu werden. Ein Akt den jede Reiterei erst dann vollzieht, wenn die Lage festgefahren ist. Paterculus beschreibt hier für seine Verhältnisse relativ detailliert sein widerwärtiges Verhalten, dass aus dem Munde eines Militärangehörigen überzeugt und deftig ausfällt. Auch dieser Hinweis lässt sich unmissverständlich dieser Kampfphase zuweisen. Aber auch in diesem Fall blendet Paterculus wieder die Realität der Situation aus. Ein Verhalten, dass man aus der Sicht von Vala für nachvollziehbar halten könnte während Paterculus von ihm indirekt erwartete, dass er mit den Fußlegionären in den Tod oder die Gefangenschaft zu gehen hat.
Sein vierter Hinweis.
galt den Aktivitäten die spätestens am Abend des zweiten Kampftages dem dritten Marschtag statt fanden, als die Varusschlacht endgültig zu Gunsten der Germanen gekippt war. Die Waffen waren nicht mehr zu gebrauchen, die Fußlegionäre waren ungeschützt und auf sich gestellt und die Überlebenden bereiteten sich auf die nächste Nacht unter noch widrigeren Bedingungen vor. Man schuf sich ein letztes Notbehelf, hinter dem sich wie Tacitus es beschreibt ein Provisorium aus flachen Gräben und halbhohen Wällen verbarg und hinter Verhauen zurück gezogen erwartete man zu jederzeit den Feind. Trotzdem versuchten die Reste der Legionen am anderen Morgen den Marsch fortzusetzen aber ihre Bemühungen waren wie Cassius Dio es beschrieb nicht nur wegen des aufragenden Eggegebirges zum Scheitern verurteilt. Umlagert und von den Germanen zur Aufgabe genötigt breitete sich Hoffnungslosigkeit aus und den Unterlegenen blieb nur die Wahl, bis zuletzt zu kämpfen, zu flüchten oder zu kapitulieren, was aber letztlich jeder für sich entschied. In der Position des hier zuständigen Präfekten also des Lagerkommandanten war Ceionius der letzte Oberbefehlshaber der Legionen und er entschied sich aus Sicht von Paterculus für das vom militärischen Standpunkt aus betrachtet Verwerflichste, nämlich die Kapitulation. Das letzte Mittel wenn man annimmt so dem Tod entgehen zu können. Und wieder stellt Paterculus die Ehre vor den Überlebenswillen und verkennt bewusst die Umstände. Wie schon zuvor rekapituliert stellt sich auch hier wieder die Frage mit wem der Militarist Paterculus Kontakt hatte, als er sich die letzten Stunden auf dem Varusschlachtfeld beschreiben ließ und inwieweit er sich dem Faktischen entziehen wollte um tadeln zu können. Legionäre die sich zu Flucht entschieden hatten und den rettenden Rhein erreichten erläuterten später ihre Sicht und sie hatten noch miterlebt wie Ceionius umgeben von zahlreichen verwundeten und ausgezehrten Legionären das Niederlegen der Waffen anbot. In dieser Situation nicht mehr weiter kämpfen zu wollen ist genauso verständlich, wie das Verhalten der Überlebenden, die die Flucht ergriffen. Ein Verhalten auf das Paterculus nicht einging und es nicht kritisierte, obwohl man auch darunter Fahnenflucht verstehen kann. Es einem Kommandanten zum Vorwurf zu machen der sich für die Kapitulation entschied ist war für Paterculus unverzeihlich und er machte ihm sein Verhalten zum Vorwurf, was erkennen lässt, dass er die Entscheidung des Präfekten als Feigheit auslegte. Von einem Befehlshaber der letztlich nichts anderes tat als die Übergabe anzubieten nachdem bereits große Teile des Heeres umgekommen waren verlangte Paterculus den Heldentod was nach Durchhalteparole klingt und in der Geschichtsschreibung den Höhepunkt der Heldentat ausmacht. So hoffte er vielleicht auf diese Weise noch einige Leben retten zu können, obwohl er sich hinsichtlich seines persönlichen Schicksals keine Illusionen gemacht haben dürfte. Es lässt sich auch darin eine sich der Chronologie anpassende Darstellung erkennen. Ein Vorgang der sich vermutlich am Vormittag des letzten und damit des vierten Tages zutrug.
Sein fünfter Hinweis.
beleuchtet das Ende des Debakels und wir erfahren von Paterculus wie es mit dem Legionär Caelius Caldus zu Ende ging. Ein Akt wie er sich zweifellos nur am vierten Tag zugetragen haben kann als die Varusarmee geschlagen am Boden lag. Sein Tod so wie er ihn schilderte muss ihm besonders nahe gegangen sein, da er in diesem Fall die näheren Umstände die ihn zum Selbstmord zwangen nicht nur kannte, sondern auch überlieferte. Aber er stellt es, obwohl in der Konsequenz in beiden Handlungen kein Unterschied zu erkennen ist die Tat im Gegensatz zu Varus als heldenhaft dar. Was also ein Caelius Caldus darf, dass durfte aus seiner Sicht ein Varus noch lange nicht. Ein erneuter Hinweis darauf wie Paterulus bewusst Varus verunglimpfte obwohl es im römischen Militär nicht unüblich war, dass sich der Feldherr selbst tötete. Und im gleichen Kontext in dem er von der tapferen Tat des jungen Caelius Caldus spricht, erwähnt er auch den Mut des Lagerpräfekten von Aliso Lucius Caedicius, eine Position die man auch mit Generalquartiermeister übersetzen könnte. Damit erwies Paterculus der Forschung einen großen Dienst, denn er setzte den letzten Tag der Varusschlacht in eine enge Verbindung zum Fluchtlager Aliso, was wieder für die räumliche Nähe spricht, was auf die Fußläufigkeit beider Orte hindeutet und sich auch in der Theorie als stimmig erweist. Um doch noch eine gewisse Ausgewogenheit herzustellen unterstellt er Varus in diesem Zusammenhang sogar noch beste Absichten gehabt zu haben. Damit versucht er Sachlichkeit und Neutralität zu zeigen macht aber auch deutlich wie unschlüssig er in der Bewertung des Feldherrn ist, dem er an anderer Stelle völliges Versagen zum Vorwurf macht. Ein klarer Hinweis darauf, dass sich ihm das Verhalten und die Entscheidungen von Varus nicht in Gänze erschlossen, erklärte ihn aber im Zweifelsfall zum Schuldigen. Er warf ihm Unvermögen vor die Armee richtig geführt zu haben, wagte sich aber nicht den damaligen Kaiser Augustus oder den neuen Kaiser Tiberius zu kritisieren denen Varus letztlich seine Position verdankte. Aber Paterculus könnte nach allem was er für Rom in Germanien geleistet hatte mit der Entscheidung von Tiberius den Krieg 16 + zu beenden gehadert haben. Bezogen auf Caelius Caldus lastet allerdings auf Paterculus der Verdacht, dass er kein Wort über ihn verloren hätte, wäre er nicht der Spross einer angesehenen römischen Familie gewesen. Möchte man es noch skeptischer bewerten, dann könnte er es nur der Ehre des Hauses Caldus wegen so formuliert haben. Aber auch dieser Episode lässt sich kein Hinweis zur Lage der Schauplätze der Schlacht entnehmen, denn wir erfahren nicht wann, wo oder bei welcher Gelegenheit sich Caelius Caldus umbrachte können den Vorfall aber wieder dem Kontext zuordnen. Unstrittig stand sein Freitod mit der Varusschlacht in Verbindung, denn Paterculus rühmt ihn als einen Kämpfer aus den Reihen seiner Legionen und führt ihn als einen Beweis für die Couragiertheit römischer Legionäre an. Wann sich Caldus zum Freitod entschied wird explizit nicht deutlich, aber er dürfte sich ereignet haben, als man nach dem Tod des Feldherrn aufgrund der Kapitulation von Ceionius die Waffen nieder legte. Aber auch dieser Fall wird eine Vorgeschichte gehabt haben, denn es gab viele Legionäre die überlebten, da sie seinem Beispiel nicht folgten oder flüchteten. Unter diesen befanden sich auch die Zeugen seiner Kurzschlussreaktion, denn sonst hätte Paterculus davon nichts erfahren. Der Übersetzung nach schrieb Paterculus dazu die folgenden Zeilen: “ Caelius Caldus, Nachfahre einer berühmten Familie fiel durch eine mutige Tat auf. Als sich die Germanen auf die Gefangenen stürzten, schlug er sich das Ende der Kette, mit der man ihn gefesselt hatte so stark gegen seinen eigenen Kopf, dass er dieser Verletzung erlag“. Aber gleich woher die Germanen diese Ketten hatten, oder wie sie an sie kamen, ob sie sie selbst geschmiedet hatten, sie von ihren eigenen zuvor angeketteten Landsleuten stammten, oder ob sie sie den römischen Trosswagen entnommen hatten, sie standen ihnen als sie sie brauchten zur Verfügung. In Erwartung ihres Sieges hatten sie dafür gesorgt, dass diese gewichtigen metallenen Handfesseln bereit lagen. Ketten, die die germanischen Krieger nicht im Gefecht bei sich führten, da sie sie behindert hätten. Ein Hinweis der die Schlussfolgerung zulässt, dass man auf Seiten der Germanen die Schlacht durchdacht anging und man sich davon entfernen sollte anzunehmen, dass hier eine undisziplinierte Horde gegen Varus antrat. Wir lesen, dass die Germanen die entwaffneten Gefangenen zusammen getrieben und ihnen Ketten angelegt hatten. Sie saßen wohl auf dem Boden, während man sie bewachte und über die weitere Vorgehensweise beratschlagte. Auch Caelius Caldus war unter ihnen somit wehrlos sprich kampfunfähig, sodass von ihm keine Gefahr mehr ausging. Noch lebte er und er erwartete seine Hinrichtung so wie es auch Cassius Dio übermittelte, da die Germanen erbarmungslos jedes Pferd und jeden Mann getötet haben sollen. Der aus dem Ruder gelaufenen Lage unmittelbar nach der Schlacht lässt sich mit rationalen Argumenten nicht beikommen, die Stimmung war emotional geladen, es herrschte Verwirrung, Entscheidungen wurden zeitgemäß und somit willkürlich getroffen und offen bleibt auch nach welchen Kriterien man in dieser Phase über das Schicksal der Gefangenen entschied. Nicht alle gefangenen Römer werden wie Caelius Caldus freiwillig aus dem Leben geschieden sein und auch nicht alle starben den Rachetod, denn es gab wie überliefert gegen Lösegeld zurück gekaufte sowie höher Gestellte und Sklaven die noch lange unter den Germanen lebten bevor Rom sie befreien konnte. Vorstellbar ist auch, dass es später zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen gefangenen und versklavten Römern und duldsamen Germanen kam und man ihnen Freiraum ließ den sie zur Rückkehr nutzten bzw. nutzen durften. Da Tacitus berichtete, dass man nur die Tribunen und Centurionen ersten Ranges an den Altären geschlachtet hatte, dürfte Caelius Caldus einer von ihnen gewesen sein und ein derartiges Schicksal erwartet haben, sodass er keinen anderen Ausweg sah den Altären der Germanen zu entgehen und Suizid für ihn die logische Konsequenz war. Tacitus verglich es mit der brachialen Vorgehensweise zu der Rom im Zusammenhang mit dem Abschlachten der Marser im Jahre 14 + fähig war als er notierte, dass „kein Geschlecht und kein Alter auf Schonung hoffen durfte. Ob Menschen gehörend oder den Göttern geweiht, alles wurde dem Erdboden gleich gemacht. Unsere Soldaten blieben ohne Verluste, da sie es ja nur mit Halbschlafenden, Unbewaffneten oder einzeln Umherirrenden zu tun gehabt hatten“ womit er indirekt das Verhalten der Germanen begründete und sogar rechtfertigte auf ähnliche Weise mit den Legionären umgehen zu dürfen. Tacitus überlieferte des Weiteren, dass es den Germanen nicht erlaubt sei, einen der ihrigen Hinzurichten, ihn auszupeitschen oder ihm Fesseln anzulegen. Dies war einzig das Recht der germanischen Schamanen. Varus aber tat es und er war kein Priester. Das nach Cassius Dio alle Gefangenen getötet worden sein sollen widerspricht der Überlieferung von Tacitus, denn es waren die Überlebenden der unteren Ränge die sechs Jahre später Germanicus zu den Schauplätzen führten. Im Falle des aus gutem Hause stammenden vermutlich besonders mutigen bis wagemutigen Caelius Caldus könnte man annehmen, dass er kraft seiner Herkunft eine entsprechende Karriere vor sich hatte. Spekulation bereichert eine Szenerie wenn Wissen es nicht ersetzen kann und so kann man das Thema „Selbstmord aus Tapferkeit“ auch anders bewerten. Er diente nicht als einfacher Legionär stand auf der Karriereleiter schon etwas höher und zählte wohl zu jenen, die im Umkreis von Varus kämpften und halfen ihn bis zuletzt zu schützen. Er wusste was man den Germanen über die Zeiten angetan hatte und wie sie auch unter Varus gedemütigt wurden und erwartete ein Schicksal, das sich nicht auf dem Weg der Auslösung bereinigen ließ. Möglicherweise war auch Caldus selbst an diesen Gräueltaten beteiligt. So könnte es auch der Moment gewesen sein, als man ihn wieder erkannte und er wusste, dass ihm der sichere Tod drohen würde. Anhand der antiken Überlieferungen sowie dem Rekonstruktionsversuch des Schlachtgeschehens unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustandes der Überlebenden, der Distanz zum Rhein und den dazwischen liegenden Gefahren lässt sich darstellen, dass es nicht viele Römer gegeben haben dürfte, die nach der Schlacht auch ohne die Zwischenstation Aliso den Rhein erreichen konnten. Hinzu kommt, dass man versklavte Römer auch tiefer in den Osten geschafft haben könnte, was ihren Fluchtweg noch zusätzlich verlängert hätte. Aber auch einigen Teilnehmern des abgetrennten zivilen Marschzuges dürfte die Flucht ins näher liegende Aliso noch gelungen sein. Frauen und Kinder sowie Trossknechte, vermutlich auch Advokaten, Vermesser, Baufachleute, ebenso Sklaven, Verwaltungspersonal und natürlich Ältere und Kranke die aber nicht unmittelbar über die Schlacht berichten konnten, da sie nicht dabei waren. Auch sperriges und gewichtiges Material, das man auf Ochsenkarren verladen hatte und was man nicht über den Winter an der Weser lagern wollte, befand sich im abgekoppelten nicht militärischen Teil, da es in abwegigen Regionen zu Ballast geworden wäre. Diese Tonnage Kilometer weit auf Umwegen über Land mitzuführen wäre überflüssig und beschwerlich und daher keine Option gewesen. Anders als es beim Unverzichtbaren wie Palisadenpfosten oder Schanzwerkzeug war, so galt es diese Güter auf dem schnellsten Weg zum nächsten Lippehafen zu transportieren. Die Örtlichkeiten der Hinrichtungen zwischen dem Sintfeld und dem Sorat im Raum östlich oder südlich von Kleinenberg zu suchen weil dort einige Stätten den Namen Opferplatz tragen klingt zwar verführerisch hätte aber einen überflüssigen Eggeanstieg erforderlich gemacht und auch in der Hanglage des Saltus wird man sie vergeblich suchen. Auch weisen diverse Großsteine mit Blutrinne und Becken westlich Borlinghausen auf derartige Rituale hin aber Favorit bleibt der „Tuistowald“ östlich von Borlinghausen mit seinen zahlreichen noch vorhandenen oder bereits eingeebneten Hügelgräbern und dies sowohl als Austragungsstätte der Endschlacht, als auch als späterer Richtplatz, wo Caldus sein Ende fand.
Fünf Hinweise mit denen Paterculus eine Richtschnur zum Schlachtverlauf vorgibt, die sich vom ersten Lanzenwurf eines Germanen vermutlich nahe Hampenhausen bis zum letzten Atemzug einer Armee nahe Borlinghausen ziehen lässt. Er benennt auf seine Art die wesentlichen Höhepunkte und suchte sich mit Ausnahme des Punktes 1.) dazu jeweils die passende Person um daran den Verlauf der Schlacht fest machen zu können.
Hinweis 1.)
Zum ersten Kampftag berichtet er über eine Armee die sich nicht verteidigen durfte.
Hinweis 2.)
Zum ersten Kampftag über den Lagerpräfekten Eggius der über sich hinaus wuchs.
Hinweis 3.)
Zum zweiten Kampftag an dem Numonius Vala die Aussichtslosigkeit erkannte.
Hinweis 4.)
Zum zweiten Kampftag als auf Ceionius die Entscheidung zur Kapitulation lastete.
Hinweis 5.)
Zum zweiten Kampftag als nach Varus auch Caldus den Freitod suchte.
Alles nur Zufall oder steckte dahinter eine Botschaft mit der sich der Schlacht neue Facetten abgewinnen lassen ?
(26.07.2024)