Sonntag, 22. Dezember 2024
Aliso thronte auf dem Eggekamm.
Von dort aus kontrollierte man nicht nur die militärisch bedeutsame Paßstraße über die Egge an die Weser die vermutlich zu Römerzeiten "Helvius" hieß aus dem sich der Name Hellweg entwickelte, sondern auch die wichtige aus dem Norden kommende Handelsroute die man später Eiserweg nannte. Rom beherrschte dieses Drehkreuz, das man das Frühwarnzentrum des Imperiums für alles was aus dem Osten anrückte nennen könnte. Da wo den Legionen schon in Zeiten, als sich Varus noch den Wüstensand aus den Augen rieb nichts entging, was der neuen römischen Zivilisation im Westen gefährlich werden konnte. Und da sich nicht nur eine theoretische Spur dorthin finden lässt lohnt es sich dieser nachzugehen. „Aliso“ ist ein Wort mit historischer Dimension und Strahlkraft, das symptomatisch innerhalb der Provinzialarchäologie für die Probleme des römischen Ostens steht. Es ist der Name eines Militärstützpunktes in dem man noch den Paukenschlag der Varusschlacht vernehmen konnte. Eine römische Zwingburg mit der man die Cherusker einschüchtern wollte und ihnen drohen konnte. Eine Festung hinter der man sich verschanzte und die solange der Abschreckung diente bis sie in die Hände von Arminius fiel. Eine Anlage die immer militärischen Zwecken diente der man aber unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen beimaß, für dessen Lage man sich schon viele Orte erdachte oder meinte sie nachweisen zu können. Es wurde zu einem Fluchtpunkt für die Überlebenden Kämpfer der Katastrophe, aber zu keinem Ort der seine Tore für die Frauen und Kinder aus dem Sommerlager öffnete, denn die Annahme Aliso habe Frauen und Kinder aufgenommen beruht auf einer Fehlinterpretation. Jenen Frauen und Kindern denen unter Trompetenklang in einer dunkeln Nacht die Flucht aus dem Rhein nahen Bollwerk, vermutlich Haltern gelang waren nicht identisch mit denen die mit Varus und das vermutlich schon einige Wochen früher das Sommerlager verlassen hatten. Diese fielen der Theorie nach samt dem für sie abgestellten Geleitschutz der unter der Bezeichnung „Abstellungen“ in die Geschichtsbücher einging in der Gradbergenge in die Hände der Cherusker, da Varus sie nicht mit in die Schlacht nehmen wollte und konnte. Einige antike Historiker haben Aliso namentlich erwähnt, während andere die neuzeitliche Forschung mit Umschreibungen irritierten. Insgesamt liegt seine Position bis heute im geographischen Nebel und entzieht sich erfolgreich jeglicher Verortung. Darauf das dies nicht für die Ewigkeit fest geschrieben sein muss, beruht die Hoffnung vieler Altertumsforscher. Das sich Aliso in östlicher Richtung und Fortsetzung der römischen Marschtangente ab Paderborn befinden sollte nach dem man mitten in der Stadt auf ein römisches Marschlager stieß scheint konsensfähig zu sein oder zu werden. Das der Hellweg der direkt ins Zentrum der cheruskischen Stammesgebiete führt und daher für die Legionen die naheliegende Anmarschroute darstellt um das Reich nach Osten auszudehnen, um den römischen Hauptgegner zunächst in Schach zu halten und später besiegen zu wollen unterstreicht diese Theorie. Die historische Tatsache, dass Aliso zum Fluchtlager der Varusschlacht Überlebenden wurde ist ein maßgeblicher Faktor für die Aufmerksamkeit die diesem Lager zuteil wird. Eine Spur sieht man seit jeher in der Frage nach der Bedeutung des Namens „Aliso“. Darauf, dass es ihn nur im hispanischen Sprachraum gab wurde bereits ausführlich eingegangen denn die „Aliso negro“ ist auch heute noch der spanische Name der Schwarzerle, so wie sich auch ein Ort in Kalifornien nämlich „Aliso Viejo“ nennt. Das alte deutsche Wort für Aliso ist Eller. Ein Bach gleichen Namens fließt über die Eggehöhen und vermischt sich in Schwaney mit dem Rotenbach. Ob sich der Name Aliso auf die mallorquinischen Schleudererkohorten zurück führen lässt oder seine Herkunft anderen Wegen verdankt lässt sich nach über 2000 Jahren schwer sagen. Eine weitere Theorie gründet sich auf Basis der Legio IX die auch Legio VIIII Hispaniensis genannt wurde. Im Jahre 31 – nahm sie am Krieg Octavians gegen Marcus Antonius an der entscheidenden Schlacht bei Actium teil nach der Octavianus zum Alleinherrscher Roms wurde und als römischer Kaiser Augustus in die Geschichte einging. Später wurde sie in der Provinz Hispania Tarraconensis eingesetzt wo sie in den Kantabrerkriegen kämpfte. Diese Kriege waren langwierig, sodass daran auch andere Legionen teilnehmen mussten. Überliefert sind die Legionen I Germanica, die II Augusta, die IIII Macedonica, die V Alaudea, die VI Victrix, die X Gemina, die XXV Valeria Victrix und vermutlich auch die VIII Augusta. Man vermutet, dass Teile der später auch in England zum Einsatz gekommenen Legio VIIII Hispaniensis bereits 2o – unter Agrippa an den Germanienfeldzügen beteiligt waren. Die andauernden Germaneneinfälle zwangen 12 - das Imperium seine Militärstrategie zu ändern und entsandten zur Verstärkung für oder unter Drusus fünf Legionen aus Spanien und Gallien an den Rhein unter denen sich vermutlich auch die Legio V Alaudae befand die man nach Xanten verlegte. Sie könnte sich auch in Oberaden oder Haltern aufgehalten haben und hätte demnach unter Drusus 9 – auch die Weser überquert und die Elbe erreicht haben. Es wird deutlich, dass die Rheinlegionen mit Soldaten der iberischen Halbinsel verstärkt und aufgefüllt wurden. Ein Zuwachs aus einem Teil Europas, der sich auch sprachlich in der Verwendung des Wortes Aliso bemerkbar gemacht haben könnte. Sollte man demnach die Legio VIIII Hispaniensis ebenfalls ganz oder teilweise an den Rhein verlegt haben, dann dürfte sie unter Drusus auch an seinen Kriegszügen, etwa anlässlich der Schlacht bei Arbalo 11 – gegen die Cherusker teilgenommen haben. In diesem Jahr wird erstmals ein römischer Militärstützpunkt in Grenznähe zu den Cheruskern erwähnt der mit Aliso in Verbindung gebracht wird. Da aus einer Inschrift hervor geht, dass Soldaten der Legio VIIII Hispaniensis am Pannonienkrieg beteiligt waren könnte es sich dabei um jene Legion oder Teile davon gehandelt haben die man zuvor von der Rheinfront für den Marbod Feldzug abgezogen hatte um sie dann an der Donau einzusetzen. Truppen die möglicherweise Varus fehlten um mit ihnen erfolgreich gegen die Cherusker kämpfen oder sie von einem Angriff hätten abhalten zu können. Möchte man nach dem Standort von Aliso Ausschau halten, dann konzentriert sich die Suche auf die Grenzregion in der sich Brukterer und Cherusker nahe kamen. Es sollte sich wie dargestellt unweit des Hellweges befunden haben und im Eggekamm oder am östlichen Fuße der Egge darf man die Zone erkennen bis wohin die Stämme ihre jeweiligen Siedlungsgebiete beanspruchten während die nach Osten zeigenden Eggehänge unbewohnt gewesen sein dürften und eine Übergangsregion bildeten. Ein unmittelbar auf dem Eggekamm und gleichzeitig am Hellweg gelegener Ort wurde erstmals im 1o. Jhdt. erwähnt, lautete Ecwardeshusen und ist heute der Altenbekener Ortsteil Schwaney der auf das Wort Schwanenegge in sächsischer Sprache Suanecghe zurück geht. Beide Namen verdeutlichen die Nähe zur Egge während sich im Namen Ecwardeshusen zusätzlich seine Bedeutung als Wachposten erhalten hat. Da Drusus 11 – nach Arbalo den Germanen ein trotziges Lager vor die Stirn setzte legt den Verdacht nahe, dass er es unmittelbar in Kammnähe errichtete. Dem Schwaneyer Limberg so markant er auch ins Auge fällt fehlen bis auf die einst an seiner Ostflanke im Moorboden entdeckten aber leider undatierten Palisaden ähnlichen Holzpflöcke auch die fortifikatorischen Spuren und der Zugang zu einem Fließgewässer. Ein römisches Lager innerhalb der Ortslage von Schwaney zu vermuten ist denkbar könnte aber wegen dem Zusammenfluss von Roten – und Ellerbach und dem Hinweis auf eine dort einst vorhandene Wasserburg ein ungünstiger Standort gewesen sein. In der Nähe zum Hellweg könnte der Schlüssel für die Existenz eines Aliso liegen. Wie sich recherchieren ließ ist der römische Hellweg heute neben den noch vorhandenen Decksteinen durch einen etwa 437 Meter V - Graben sichtbar und einen völlig geraden hangseitigen Verlauf nimmt. Eine gedachte Linie gezogen in exakter Verlängerung dieses Grabens nach Westen erreicht nach rund 2000 Metern nicht nur den Ort wo man vor rund 80 Jahren auf der Eggehöhe nahe Schwaney auf einen Turmhügel stieß, sondern trifft auch auf eine Örtlichkeit die die Anforderungen an einen römischen Militärstützpunkt erfüllt. Wie der römische Hellweg durch die Egge, so wäre auch dies eine Aufgabe der sich interessierte Archäologen oder Heimatforscher bei Einholung der erforderlichen Genehmigungen widmen könnten.(22.12.2024)