Dienstag, 31. Dezember 2024
Zum Römerlager am Menkhauser Bach - Das Varuslager an der Weser, das ein Winterlager war.
Mentalität und Typus der Menschen zwischen Egge und Weserbergland entschieden darüber wie weit man sich den römischen Einflüssen öffnen wollte. Wie stark machten sich noch ihre keltischen Wurzeln bemerkbar und welche Wesenszüge hatten nordische und östliche Kulturen in ihnen hinterlassen. Das ihre Flexibilität und Aufnahmefähigkeit Grenzen hatte und das ihnen Gewaltherrschaft missfiel überlieferte die Geschichtsschreibung. Bis es zur Kehrtwende kam versuchte Rom seine wahren Absichten zu verschleiern und bemühte sich ihre Lebensweise als Erfolgsrezept zu verkaufen. Friedfertigkeit und Zurschaustellung zivilisatorischen Fortschritts beeindruckte viele Germanen während der größere Teil es als Deckmantel entlarvte. Die Kolonisation trieb Rom voran indem es ihre Infrastruktur wie eine Bresche keilförmig in Form von Marsch-, Etappen-, Haupt- bis zu Winterlagern in die Wohngebiete fremder Stämme mit dem Ziel schlug später alles in Gänze durchdringen zu wollen um den Weg für stadtähnliche Zentren zu ebnen. Dieses System nahm in der Phase der Okkupation Transfer hafte Züge an wovon die germanischen Anrainerstämme solange profitierten bis das Positive dem Negativen wich. Mitgereiste Frauen strahlten nach der Manier der Marketenderin Normalität aus, spielende Kinder fügten sich ins Gesamtbild und römische Waffen, haltbare Keramik und vieles andere ließen in dieser Zeit den Handel blühen. Eine Methodik die anfänglich auf einem guten Weg schien aber letztlich nicht verfing. Die Lage der Siedlungsgebiete der Stämme korrespondierte mit der Topographie und passte sich dem Verlauf der in die Nordsee mündenden Weser an, sodass die Stammesgebiete quer lagen, wie eine Sperre wirkten, so dass die cheruskische Volksgruppe dem Vordringen einen natürlichen Einhalt bot. Auch aufgrund der vollmundigen Äußerungen die Kaiser Augustus auf dem „Monumentum Ancyranum“ hinterließ in dem er zum Ausdruck brachte Germanien erobert zu haben geht man davon aus, dass man den Plan verfolgte auch in seinem Inneren eine neue Provinz aufbauen zu wollen und diese bei wenig Gegenwehr bis zur Elbe ausgedehnt hätte. Hinderlich war, dass ihnen auf der nächsten Etappe keine Lippe zur Verfügung stand was ihnen leichtes Vorwärtskommen ermöglicht hätte und an der sie ihre Kastelle hätten aufreihen können. Somit waren sie gezwungen die nötige Lücke auf dem Landweg schließen zu müssen. Die Strategie nach Tagesmarschleistung kleinere Etappenlager und alle 50 Kilometer Hauptlager zu hinterlassen wird am Beispiel Haltern deutlich, dass zum großen Stützpunkt Xanten in etwa diese Distanz aufweist. Obwohl die Egge den Vorstoß erschwerte, lässt sich ihr nächstes Zentrum in östlicher Richtung am Ende des Hellweges und der Weserfurt nahe Corvey ausmachen. Um dieses Flusslager in überschaubarer Entfernung ab Anreppen bzw. Paderborn zu erreichen nutzte man als Zwischenstation das günstig gelegene Drehkreuz Brakel bei dem es sich vermutlich um das ptolemäische Streontion handelte. Gut nachvollziehbar ergeben diese Fakten ein Bild, das die Theorie stützt annehmen zu können, dass sich alle Kämpfe und Schlachten die sich Römer und Cherusker in 3o Jahren lieferten auf diese Region konzentrierten. Ein Landstrich in dem Rom es zu vehement anging die römische Lebensweise in zu kurzer Zeit einführen zu wollen. Vor diesem Hintergrund betrachtet konnte sich die Schlacht des Drusus bei Arbalo gegen die Cherusker im Jahre 11 –, die Kämpfe unter Tiberius gegen die Cherusker im Zuge des Immensum bellum zwischen 1 + bis 4/5 +, die Schlacht der Cherusker gegen Varus 9 +, die Befreiung des Cheruskerfürsten Segestes 15 + durch Germanicus und sein Besuch am „prima Vari castra“, die anschließende Knochenbestattung, sowie sein Angriff auf die Cherusker im gleichen Jahr nur dort befunden haben und auch der römische Marschzug 16 + zur Schlacht bei Idistaviso gegen die Cherusker könnte dieses Gebiet tangiert haben. So wurde der Landstrich westlich der Weser immer wieder zum Aufmarschgebiet römischer Legionen und war kontinuierlich in die militärische Logistik eingebunden. Infolgedessen untersucht, analysiert und bewertet die Forschung alle römischen Funde und Entdeckungen im östlichen Teil der westfälischen Bucht danach, ob sie sich mit diesen Geschehnissen in Verbindung bringen lassen. Und obwohl weit außerhalb gelegen, wurde selbst die Region Osnabrück, Stichwort Kalkriese in derartige Überlegungen mit einbezogen. Römische Zugbewegungen waren immer raumgreifend, überspannten und umklammerten die Regionen und erforderten die Errichtung von Marschlagern die sicherlich noch zahlreich im Boden Westfalens schlummern. Macht man sie ausfindig lassen sie sich bis auf Hedemünden mangels belastbarer Funde oft nur vage den unterschiedlichen Vorstößen im Zuge der römischen Expansionsbemühungen zwischen 12 – und 16 + zuordnen. Nicht anders ergeht es auch den
neu entdeckten Marschlagern bei Hachelbich, an der alten Leine bei Wilkenburg und im Menkhauser Bachtal bei Sennestadt. Zweifellos fällt dem zuletzt genannten eine besondere Bedeutung zu, da es sich wie das mitten in Paderborn entdeckte Lager noch in den theoretischen Horizont des Varusereignisses eingliedern lässt. Ein Blick auf seine Lage verrät, dass seine Position in einer Talkerbe liegend ausgehend von Anreppen nach Norden bzw. nordwestlich ausgerichtet ist. Dies spricht für eine Zugrichtung sowohl zu den Emsanlegestellen im Raum Rheine, somit auch in die Region am Kalkrieser Berg, aber auch nach Barkhausen an der Porta und lässt sich im weiteren Sinne mit dem Lager Wilkenburg in Verbindung bringen. Der durch das Menkhauser Bachtal und den Osning querende Marschweg führt in die Stammesgebiete der Angrivarier die sich später Engern nannten, aber nicht in die cheruskischen Siedlungsgebiete an der Mittelweser zwischen Hameln, Höxter oder dem Leinetal. Hätte man es von Anreppen ausgehend auf die Cherusker abgesehen, wäre der 22 Kilometer südöstlich des Menkhauser Bachtales vorhandene Pass bei Horn der geeignetere gewesen. Interessant könnte das Lager im Menkhauser Bachtal sein, wenn man es in Zusammenhang mit der Textstelle von Tacitus bringen möchte, wonach dieser über eine Begebenheit berichtet, wonach Germanicus 15 + aus der Region nahe Ems und Lippe aufbrechend die Siedlungsgebiete der äußersten Brukterer erreichte, er aber eigentlich auf dem Weg zu den Cheruskern war, da er sie angreifen wollte, die Knochenbestattung ihn jedoch kurzzeitig aufhielt. Dies würde bedeuten, dass die Wohngebiete der Brukterer bis an die Südhänge des Teutoburger Waldes heran gereicht hätten. Um jedoch die Cherusker anzugreifen befand sich das Lager im Menkhauser Bachtal wie dargestellt in ungünstiger Zugrichtung und eine weiträumige Umgehung um die Cherusker aus nordwestlicher Richtung anzugreifen hätte strategisch wenig Sinn ergeben. Da sich das Lager im Menkhauser Bachtal nur 12 Kilometer nördlich des Quellgebietes der Ems befindet, findet sich auf Basis dieser Überlieferung in der Region kein Lager, das sich besser in das Geschehnis des Jahres 15 + einfügen lässt, als dieses. Das könnte in der Konsequenz bedeuten, dass es sich bei diesem Lager um ein von Germanicus errichtetes oder von ihm genutztes Lager gehandelt haben könnte, in dem er sich auf dem Weg zum “prima Vari castra“ bzw. zur Knochenbestattung aufgehalten haben könnte. Im nächsten Schritt müsste sich die Forschung sogar die Frage stellen, ob das Menkhauser Lager nicht sogar das „prima Vari castra“ war. Das wiederum könnte bedeuten, dass nahe der heutigen Sennestadt die Dio`sche Mehrtagesschlacht tobte bzw. endete und man im Umkreis auch Aliso finden würde. In dieser Region hätten jedoch auch die im Zuge der Varusschlacht unerwähnt gebliebenen Angrivarier an ihr teilgenommen, da sie sich auf ihrem Territorium ereignet hätte. An der Schlacht nahmen bekanntlich neben den Cheruskern vermutlich auch Marser/Sugambrer, aber auch Chatten teil, deren Siedlungsgebiete jedoch rund 55 Kilometer südöstlich davon lagen. So werden bei Verkettung auf dieser Basis bereits diverse Widersprüche deutlich um einen derartigen Gedanken fallen zu lassen, da dieser an Substanz verliert und abwegig erscheint, sodass sich die Hypothese, dass sich das Lager Menkhausen in die Geschehnisse des Jahres 15 + eingliedern lässt verworfen werden kann da sie nicht in den Kontext der Varusschlacht passen würde. Varus hatte den Auftrag die Cherusker für die römischen Pläne gefügig zu machen deren Wohngebiete sich nicht im Werretal erstreckten an dessen südlicher Seite sich das Menkhauser Bachtal befindet. Da sich das Lager „Menkhausen“ zudem nicht in eine Kastellkette nach Osten einreiht, sondern nach Norden weist, dürfte es sich dabei um ein Marschlager gehandelt haben, das zuvorderst militärischen Zwecken und weniger der Kolonisierung diente. Mit dem Vorrücken nach Ostwestfalen und dem Ziel dort dauerhaft Präsenz zu zeigen war die Gründung einer größeren römischen Niederlassung unumgänglich. Dies bedeutet aber auch, sich den dort vorherrschenden klimatischen Bedingungen anpassen zu müssen. Eine von vielen anderen Herausforderungen denen man begegnete und die es zu lösen galt, wenn man langfristig Erfolg haben wollte. Cassius Dio und andere hatten nicht grundlos mehrfach betont, wie unwirtlich sich die Natur im Lande zeigen kann. Verhältnisse denen man aber Rechnung trug. Die Erwähnung von Frauen und Kindern hat die Forschung seit jeher auf unterschiedliche Weise irritiert. Da man unter Kindern eine Altersgruppe zwischen Kleinkindern und Jugendlichen versteht die unter Obhut leben mussten spricht dafür, dass das militärisch geprägte Leben durch ihre Existenz nicht beeinträchtigt war. Handelte es sich bei den Frauen möglicherweise trotz kaiserlichem Verbot um Angehörige höher gestellter Offiziere, hatten sie Feldarbeiten zu verrichten oder den Haushalt unter sich darf man davon ausgehen, dass bereits reger Betrieb auf dem Hellweg zwischen Lippe und Weser herrschte der Familiennachzug erkennen lässt, dann bleibt es der Phantasie überlassen wie weit fortgeschritten man sich schon das Weserlager vorstellen darf. So spannt sich ein weiter Bogen von Möglichkeiten, wenn man sich das Alltagsleben in einem römischen Weserlager vorstellen möchte aus dem mal mehr werden sollte. Während es sich zu Dios Zeiten eingebürgert zu haben schien, dass Frauen auch in Garnisonslager anzutreffen waren, so wäre dies zu Zeiten der Varusschlacht unter Kaiser Augustus noch einem Tabubruch gleich gekommen. Aber es macht einen Unterschied, denn im Jahre neun waren es nicht die Ehefrauen der Offiziere, sondern Personen die der Versorgung zu dienen hatten. Dadurch war der Grund sie unter Varus zuzulassen und sie in die germanische Diaspora mitzunehmen ein anderer und unterlag nicht dem kaiserlichen Verbot. Man war dabei sich auch in einem Frontlager sicher zu fühlen, fürchtete keine Gefahren und was sollte schon an der Weser anders sein, als in den Lippelagern. Ob Varus schon seit seiner Amtsübernahme oder erst im dritten Jahr dazu überging Frauen und Kindern verstärkt die Reise in den Osten zu gestatten, ihnen also das zumuten konnte, was er zuvor noch nicht riskieren wollte bleibt Spekulation. Aber von Jahr zu Jahr wuchs sein Vertrauen in die Stabilität und der unter einer Gehbehinderung leidende Varus konnte beginnen seine Vorlieben in den Dingen des Verwaltungsrechtes auszuleben. In der letzten Kampfphase der Jahre 1 + bis 5 + hatte man den Germanen die römische Dominanz eindrucksvoll vor Augen geführt, ihr Widerstand war gebrochen, schien zwecklos und das Reich des Marbod sah man bereits in Trümmern liegen. Tiberius hatte ganze Arbeit geleistet und die unterdrückten Stämme übten sich in Demut und Unterwürfigkeit. Somit fand Varus beste Voraussetzungen vor um nach Belieben schalten und walten zu können bis die im Zuge des Pannonienaufstandes strategisch herbei geführte Fragilität im Kräftegleichgewicht zutage trat und alles Erreichte zunichte machte. Als die Bombe im Herbst 9 + vermutlich im Nethegau platzte begannen die Germanen ihren Siegeszug in Aliso, das ihnen kampflos in die Hände fiel da Caedicius samt Besatzung vorher entkommen konnte. Danach setzten sie ihn über die Lippe/Hellwegschiene nach Westen fort, zerstörten auf ihrem Weg zum Rhein ein römisches Lager nach dem anderen und machten erst vor einem größeren Römerlager, vermutlich Haltern halt, das ihnen auch den schnellen Durchbruch zum Rhein versperrte. Das Chaos nach der Schlacht zog Verheerungen weitreichenden Ausmaßes nach sich und beendete die römische Lebensart. Eine Eroberungswelle die sich bis zur Römerstadt Waldgirmes an der Lahn nachweisen lässt, das von Höxter aus gesehen genauso weit entfernt liegt wie das Römerlager Haltern, von wo aus es zum Rheinlager Xanten dann nur noch zwei Tagesmärsche sind und den Radius der Verwüstung bzw. Rückeroberung offenbart. Cassius Dio erwähnt dann im Zusammenhang mit dem Vordringen der Stämme nach Westen noch ein weiteres Mal das Vorhandensein von Frauen und Kindern östlich des Rhein. Aber zwei Mal auf sie einzugehen bedeutet nicht wie bereits im voran gegangenen Kapitel zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei um die gleichen Frauen und Kinder handelte, die einst mit Arminius das Sommerlager verließen. Das er ihr Vorhandensein aufgriff könnte auch am Zeitgeist gelegen haben. Denn wie die kritischen Wetterverhältnisse steigert derartiges die Dramatik, erhöht den Unterhaltungswert und verstärkt den Kontrast zwischen der Sorglosigkeit und Gelassenheit am Ausmarschtag zum späteren Schlachtgeschehen was aber ihre tatsächliche Anwesenheit nicht in Abrede stellt. So verdeutlicht der Untergang der varianischen Expeditionsarmee auch die sträfliche Isolation in der man diese Heeresgruppe im Osten operieren ließ. In dem auf die Stationierung schlagkräftiger und schnell einsatzfähiger Legionen in den Lippelagern völlig verzichtet wurde, Asprenas vermutlich in Haltern stand erscheinen die Varuslegionen wie abgeschnitten was im nach hinein wie unverantwortlich wirken muss. Als Dio auf die Frauen und Kinder ein zweites Mal eingeht nimmt man bekanntlich an, dass es sich dabei um jene handelte, die sich am ersten Tag im Varuszug aufgehalten hatten, dass sie es waren die sich sowohl nach Aliso retten konnten und denen es später gelang weiter nach Westen bis ins letzte Bollwerk vor dem Rhein zu flüchten, bei dem es sich möglicherweise um das Römerlager Haltern handelte. Eine Theorie die sich aufdrängen mag, der man gerne folgte, die aber nicht nachweisbar ist und sich aufgrund der Distanz von etwa 130 Kilometern zwischen einem Rhein nahen Lager und einem in Ostwestfalen als Trugschluss erweist. Hinzu kommt, dass ein Marsch unter winterlichen Bedingungen auch unter Nutzung der Lippe Wasserstraße schwer vorstellbar ist. Eine Überlegung die obsolet ist, da die Recherche ergab, dass sie Aliso gar nicht erst erreichten. Aber Haltern war das wehrhafte römische Lager, das Dio mit den Worten beschrieb, dass es sich aufgrund von Vorräten und guten Bogenschützen noch längere Zeit halten konnte. Dieses Kastell beherbergte sicherlich ebenfalls Frauen und Kinder. Jene die dort blieben bis auch sie in diesem Lager in die Gefahr gerieten, dass man es erobern könnte. So konnte es sich „wohlweislich“ wieder nur eine stürmische Nacht gehandelt haben die die Insassen nutzten um den Ausbruch zu wagen. Und „wie schon erwartet“ befanden sich unter ihnen wiederum Frauen und vor allem aber weinende Kinder. Auch wenn man in Haltern, dass sich näher am Rhein innerhalb einer Kette weiterer Römerlager befand bisher keine Frauengräber entdeckte, so steigt doch die Wahrscheinlichkeit, dass man Frauen und Kinder in nahezu allen größeren Lager und das sogar dauerhaft untergebracht haben dürfte. Dio hatte zudem auch nicht explizit erwähnt, dass es sich bei den Frauen und Kindern aus dem Weserlager um die gleichen handelte, die später aus dem rheinnahen Lager entkamen. Da die Darstellungen zur Varusschlacht aus den Federn der antiken Geschichtsschreiber zuvorderst Begebenheiten in den Vordergrund schoben die mit den Kämpfen und Schlachten direkt oder indirekt in Zusammenhang standen und sich was Aussagen zum nicht militärischen Teil anbelangt zurück hielten, wurde vieles Mentale über die Tacitus Historien recherchiert. Der herbstliche Rückzug wenn es denn einer war könnte verdeutlichen, dass man nicht die Absicht hatte die Wintermonate an der Weser verbringen zu wollen, da dort die nötigen Voraussetzungen vielleicht noch nicht geschaffen waren und man möglicherweise bis auf eine überschaubare Besatzung bestehend aus Einheimischen niemand den jahreszeitlichen Bedingungen aussetzen wollte und ihnen die rechtzeitige Rückführung in ein Winterlager versprach. In dem man aber auch die Legionen mitführte ließe sich auch spekulieren, warum man einen kompletten römischen Außenposten auch über die Wintermonate überhaupt still gelegt, also befristet aufgegeben haben sollte. Es waren die Frauen und Kinder, der umfangreiche Tross samt den Knechten was die Forschung seit Theodor Mommsen dazu verleitete anzunehmen, es könne sich nur um einen herbstlichen Rückzug gehandelt haben. Das aber die Legionen wie überliefert schon fünf Jahre zuvor im Jahr 4 + und das offensichtlich erfolgreich an der Lippe überwintern konnten, stellt sich die Frage warum man nicht imstande gewesen sein sollte auch das Weserlager in den folgenden vier Jahren wintertauglich gemacht zu haben. Das man auf keinen Hinweis stößt wonach Varus ein Kontingent als Besatzung zurück gelassen hatte verdeutlicht, dass es nicht erforderlich war sich für den Schutz der Unterstützung der Cherusker zu versichern. So war es nicht nötig den Stützpunkt übergangsweise den Cheruskern zu überlassen und sie zu verpflichten den Zustand bis zur Rückkehr der Garnison zu bewahren. Eine Darstellung die den Verdacht zulässt, dass Varus gar nicht die Absicht hatte das so genannte Sommerlager an der Weser über die Wintermonate verlassen zu wollen, sondern nach der Niederschlagung der Aufrührer dahin zurück kehren wollte. Cassius Dio (56.18.2) hatte es doch eigentlich überdeutlich hinterlassen, als er der Übersetzung nach schrieb, „Dass die Römer zwar einige Teile dieses Landes, doch kein zusammenhängendes Gebiet erobert hatten und das ihre Soldaten dort ihre Winterquartiere bezogen“. Da er bereits unmittelbar danach (56.18.3) auf Varus zu sprechen kam lässt es keinen Zweifel zu, dass Cassius Dio damit zum Ausdruck brachte, dass seine Legionen dort überwinterten, wo er sein Hauptquartier bezogen hatte. Eine Formulierung die keine anderen Schlüsse zu lässt, die man aber für abwegig hielt und an der Alttheorie nicht rütteln wollte, bis das Naheliegende im Zuge des Theoretisierens völlig unter ging. Eine bislang nicht ins Auge gefasste Theorie, da kein Interesse daran bestand den römischen Spuren im Weserbogen zwischen Höxter und Corvey von wissenschaftlicher Seite nachzugehen. Die Annahme, dass man hier den Grundstein für eine weitere Provinzhauptstadt gelegt hatte in der man bereits die Wintermonate verbracht haben könnte beeinflusst den in diesem Internet Buch vorgestellten grundsätzlichen Verlauf der Varusschlacht nicht, stellt aber klar, dass das Sommerlager auch ein Winterlager gewesen sei dürfte. Wem man aber den Rückzug an den Rhein gestattete waren wohl in erster Linie die Personen die im Winter an der Weser entbehrlich waren. Etwa spezialisierte Handwerker, folglich Baufachleute vielleicht auch Beamte die im Winter weniger ausrichten konnten oder wollten bzw. Personen die auch am Rhein gebraucht wurden. Das sich darunter auch Frauen und Kinder befanden schränkte den Blickwinkel ein und blähte den Marsch zu den Aufrührern zu einem umfangreichen Rückmarschgeschehen auf. Dieser Hinweis der nur der Feder von Cassius Dio stammte bildete die Wurzel für die gesamte herbstliche Rückführungstheorie an den Rhein. Dabei sollte man bedenken, dass die Durchschnittstemperaturen zwischen Xanten und Höxter nicht wesentlich voneinander abweichen und die Heizvorräte als auch die Nahrungsgrundlage sich nicht unterschieden haben dürften. Das der Marsch dieses Personenkreises im Zuge der parallel statt findenden Varusschlacht ebenfalls sein Ziel nicht erreichte wird durch den Hinweis auf die damit in Zusammenhang zu bringenden Abstellungen bekräftigt die sie nach dieser Theorie begleiten sollten aber von Arminius vernichtet wurden. Bei genauem Hinsehen wirkte die Vorstellung Varus habe die Gelegenheit des Rückmarsches aus praktischen Erwägungen genutzt, da er sich nur so aus seinem festen Lager locken ließ, um sozusagen im Vorbeischlendern mal eben eine Gruppe revoltierender Germanen und das möglichst auf juristischem Weg in die Schranken zu weisen klang immer schon seltsam. Denn dann hätte die Legionen in Ostwestfalen nie ihre Standorte verlassen dürfen. Varus stellte ehrgeizige Ansprüche, hatte die prachtvollen Gebäude Roms, aber auch die eindrucksvollen Paläste des Orients vor Augen wovon er sich inspirieren ließ und sie nachzuahmen könnte sein Antrieb gewesen sein. So hatte er was den Aufbau seiner neuen Wirkungsstätte anbelangt feste Vorstellungen und wird nicht gezögert haben mit der Umsetzung schon unmittelbar nach Amtsantritt im Jahre 7 + zu beginnen. Rund drei Jahre die er nutzen konnte um mit den tausenden von Legionären und zahlreichen Germanen die ihm zur Verfügung standen seine Pläne umsetzen zu können. Das neue Zentrum einer Zivilisation mit der er beeindrucken wollte. Trifft die Annahme zu, dass Varus auch die Winterzeit nutzte, um seine Bautätigkeit teilweise fortzusetzen, dann war es ihm möglich in der ihm zu Verfügung stehenden Zeit stattliche Spuren auch in Form erster steinerner Zeugnisse zu hinterlassen. Etwa jene die man im Boden vorfand, als man zu Beginn des 9. Jahrhunderts begann die Reichsabtei Corvey zu errichten. Die Stadt mit dem Charakter einer Festung wuchs und in Germanien sorgte man sich, dass hier an der Weser etwas von Dauer entstehen konnte, was ihre Existenz langfristig bedrohen könnte. Eine Einsicht die die Germanen zur Eile trieb und dazu führte, dass sich ihr Plan die Legionen vernichten zu müssen nicht mehr aufschieben ließ. Der Marsch zu den Aufrührern nahm bis Brakel einen ruhigen Verlauf. Man hatte Varus den Weg in die Siedlungsgebiete der Aufrührer als unweit vom Hellweg liegend beschrieben, sodass sich die Strecke bis auf das letzte nicht ausgebaute Teilstück ab Brakel in südlicher Richtung problemlos bewältigen ließ. Die Lage im Aufstandsgebiet hatte man Varus diffuse dargestellt und Arminius könnte ihm geraten haben auf die Rebellen schlichtend in Form eines Gerichtsentscheides einzuwirken und ihnen erst andernfalls mit Waffengewalt zu drohen. Möchte man den ersten Marschtag rekonstruieren, dann kann man die hellen Tagesstunden im September heran ziehen und den Zeitbedarf für den Marsch hoch rechnen den man für gewöhnlich um diese Jahreszeit und unter den gegebenen Umständen bewältigen kann. Es war keine Hektik geboten und man wird annehmen dürfen, da die Entfernungen überschaubar waren, dass sich der Marschzug nicht schon unmittelbar nach dem ersten Hahnenschrei in Reih und Glied aufgestellt und in Bewegung gesetzt hat, sondern das sich alles bis in den frühen Morgen hingezogen haben dürfte. Die Germanen begleiteten Varus wie es uns Dio der Übersetzung nach überliefert hat “zuerst” noch auf dem Marsch, woraus sich keine Zeitangabe ableiten lässt, wie lange er gemeinsam mit ihnen ritt. Es lässt sich dem aber entnehmen, dass es innerhalb dieser Phase keine besonderen Vorkommnisse gab und man im erwarteten Tempo voran kam. Solange sich Arminius  mit seinen Männern im Marschzug befand kam es der Überlieferung nach und erwartungsgemäß auch zu keinen Angriffen, sodass man in lockerer Formation marschierte und den Hellweg in voller Breite nutzte. Der Theorie nach war das einen Tagesmarsch von der Weser entfernt liegende Etappenlager Brakel am Hellweg das erste Übernachtungsziel. Es besaß den Vorteil, dass man es häufig und regelmäßig aufsuchte und man es für die Übernachtung nicht erst aufwändig herrichten brauchte. Wo es sich befand lässt sich rekonstruieren wobei man sagen darf, dass es Berufshistoriker geben soll die sagen, immer wenn die Hobbyforscher mit ihrem Latein am Ende sind verlegen sie ihre Römerlager in die Zentren heutiger Städte, da sich darin nach 2000 Jahren in der Regel kaum noch was Römisches finden lässt, also eine dünne Beweisdecke vorgegeben ist. Auf den Kern der Kleinstadt Brakel träfe dies lagebedingt zu, böte sich da nicht der klassische aber ebenfalls völlig überbaute Plateaubereich unmittelbar am nördlichen Netheufer an. Von dem Moment an wo Arminius den Marschzug verließ entziehen sich zwangsläufig alle seine weiteren Aktivitäten der römischen Geschichtsschreibung und damit uns, da auch von germanischer Seite nichts zu erwarten ist, tut sich eine weite Erklärungslücke auf die auch Cassius Dio nicht schließen konnte. Einen Teil der Männer die Arminius für den Kampf brauchte werden ihn zu dem Zeitpunkt bereits begleitet haben, aber dem historischen Hinweis, dass er den Marschzug verließ um seine Männer zu informieren sollte man mit der gleichen Vorsicht begegnen, wie die Überlieferungen die die Beschreibungen des „prima Vari castra“ samt „Absteckungen“ oder die so genannten „Unbewaffneten“ anbetrifft, bei denen es sich nicht um Frauen und Kinder handelte, oder den seltsamen Grund für die Entsendung der Abstellungen. Arminius verließ den Marschzug und man sah ihn laut Cassius Dio erst wieder, als er auf Seiten der Germanen in die Schlacht eingriff. Was er in der Zeit dazwischen tat erklärten sich die antiken Historiker mit der aus ihrer Sicht verständlichen Annahme, er habe sie genutzt um seine Männer zu mobilisieren. Varus plante für diesen Exkurs die Errichtung eines Lagers, dass ihm als Gerichtsstätte dienen sollte, zumal der Plan nie vorsah, dass sich die revoltierenden zu Gesprächen in sein Weserlager begeben würden und hatte sich als man ihn angriff etwa 25 Kilometer vom Hauptlager entfernt. Sollte man sich fragen, warum er seiner Armee nicht befahl zurück zu kehren muss man sich in die Unübersichtlichkeit der Situation versetzen und gelangt zu der Schlussfolgerung, dass er diesen Weg schon für versperrt hielt und befürchtete, dass ihn dort bereits Germanen erwarten würden. Er entschied sich für den Weitermarsch und das Weitere ist bekannt. (31.12.2024)