Freitag, 27. Januar 2023
Wo die Irminsul stand - Im Schriftgut der Region verbergen sich Bezüge zu den Ereignissen der Jahre 9 und 772.
Und mit Hilfe des örtlichen Heimatpflegers der dem Verfasser erst das von Fritz Lippert in den 60 er Jahren des letzten Jahrhundert erstellte Kartenwerk zugänglich machte gelang ein tieferer Einblick in die alte Namensgeschichte im Betrachtungsraum. Und dazu gehören sowohl die geographischen Bezeichnungen als auch die Flurnamen bei Borlinghausen die den Weg zurück ins 8. Jhdt. pflastern und sogar noch weiter reichen könnten. Anknüpfend an den zuvor behandelten Parzellennamen „Kreuzhecke“ lässt auch der in der Region verbreitete Name „Hegge“ den man auch in Verbindung zur „Kreuzhegge“ setzen könnte den Verdacht aufkommen, dass der Begriff Hegge außer seiner Schutzbedeutung und Funktion ein Gehöft oder ähnliches zu umfassen oder persönliches und öffentliches Eigentum zu kennzeichnen auch noch einen religiösen Bezirk umrandet haben könnte. Etwa heidnische Stätten auch vergleichbar mit heiligen Hainen, die der Bevölkerung als Kultplätze dienten. Die Dörfer Auenhausen, Hampenhausen und Frohnhausen 13 Kilometer nordöstlich von Borlinghausen, die sich unter der Bezeichnung „Heggegemeinde“ zusammen geschlossen haben und im Dreieck verstreut um den alten Hellweg von Brakel nach Warburg liegen, könnten diese Tradition bewahrt haben. Und so wie die Forschung zum römischen Feldherrn Varus eigentlich erst nach seinem Tod einsetzte, so ist sie auch nicht zu Ende wenn der Boden von Kalkriese einmal keine sensationellen Funde mehr ausspuckt, die sich für metallurgische Untersuchungen oder Datierungen eignen. Daher ist man gut beraten sich nicht nur mit einer Suchregion zu beschäftigen, sondern sich auch im Betrachtungsraum des Nethegau nach weiteren Erklärungen umzusehen mit deren Hilfe sich interessante Schlussfolgerungen ziehen lassen. Dazu gehört zweifellos auch die Flurnamen Etymologie als ein Teil der Toponomastik die die historische Forschung unterstützten kann wenn sich Ansätze bieten mit denen sich ihnen auf den Grund gehen lässt. Aber wie den Ortsnamen, so erging es auch vielen Parzellennamen die man im 19. Jhdt. bei der Übernahme in die behördlichen Prozesse bis zur Unkenntlichkeit verdrehte, verstümmelte oder verfälscht wieder gab. Aber es muss nicht schwer fallen ihre Ursprünge frei zu legen wenn sie sich in konzentrierter Form aufspüren lassen, man etwas Vorstellungsvermögen entwickelt und die Recherche aufnimmt. Zurück führen lassen sie sich bis ins Althoch- und Altniederdeutsche und teilweise sogar bis in die keltische Vergangenheit. Da das Kapitel um die Borlinghauser Flurnamen sehr umfangreich ausfällt wurde es auf mehrere Abschnitte verteilt. So erscheint im angrenzenden Umfeld zum Flurnamen „Kreuzricke“ auch noch der Name „Langer Kamp“. „Kamp“ stand im Altsächsischen für den „Kampf“ weist aber auch eine etymologische Nähe zum Wort „Feld“ auf und es mag sich dabei um eine lang gezogene ackerbaulich genutzte Parzelle gehandelt haben. Aber es ist Vorsicht geboten, denn sollte Kamp in diesem Fall für Kampf gestanden haben, so wie es auch die Etymologie als Parallele anbietet, dann wäre die Entstehungsgeschichte wieder eine andere gewesen und man darf es in einen Zusammenhang bringen. Aber man muss sich vor übersteigerten Erwartungen hüten, denn gekämpft wurde in allen Zeiten. Möchte man es trotzdem im Sinne dieser Theorie auslegen, dann breiteten sich hier die Geschehnisse am Morgen des letzten Kampftages aus als Varus sein zweites Notlager verließ aber nicht mehr weit kommen sollte. Hier im Umkreis fanden demnach auch jene Legionäre den Tod die sich den Germanen noch bis zuletzt widersetzten. Gleiches gilt für den Flurnamen „Kurkes Kreuz“ der die Recherche schwierig macht, da er auch auf einen späteren Ursprung hinweisen könnte. Ein weiterer Flurname im unmittelbaren Umfeld lautet „Heldessen“. Es ist die Abkürzung des Namens Heckeldessen Hekeldessen, Hekkeldessen oder Hekelethesen und ist nur insofern Hinweis gebend, als dass sich Urkunden zu den Jahren 1173, 1177, 1230 und 1268 entnehmen lässt, dass es sich dabei um eine zehntpflichtige Hofhaltung handelte. Geführt wird das Einzelgehöft unter den Bezeichnungen „curie“ bzw. „curtem nostram“ und es befand sich nicht auf der Anhöhe, sondern nördlich der „Kreuzricke“ wo der Sporn des Bergrückens bereits als Senke zur Helmerte abfällt. Die Übersetzungen aus dem Lateinischen besagen, dass es sich im klösterlichen Besitz befand, zunächst beim Kloster Gehrden und später beim Kloster Hardehausen angesiedelt war. Man könnte daraus schließen, dass der mit der Sachsenmission betraute Klerus die Region aus gutem Grund, weil dort möglicherweise einst die Sul stand in ihren Besitz übernahm, also ein grundsätzliches Interesse daran bestand zu verhindern, dass an dieser Stelle die alten Wunden nicht mehr aufbrechen konnten. Abgabepflichtige Höfe unterlagen strengen Auflagen und von den Menschen die sie bewirtschafteten wurde Leistung abverlangt. Der Begriff „hekel“ steht im Westfälischen für „hassen“, nicht leiden mögen“, „Abneigung“ und „widerwillig“. Möglicherweise berechtigt dies bereits an zwanghafte Bedingungen denken zu können was auf Unterjochung hindeutet und sich mit den damaligen Zeiten in Verbindung bringen ließe. Weitere angrenzende Flurnamen aber auch Wegenamen signalisieren Bedeutungen die sich mit rituellen Begebenheiten in Verbindung bringen lassen.
So lässt sich der deutschen Grundkarte ein Hinweis entnehmen den man auf der Karte des Lehrers Fritz Lippert vermisst. Es ist in diesem Fall kein Flurstück, sondern der Name eines Feldweges der vom Oberen Bördenweg nach Norden abzweigt und über den Bergrücken zur „Kreuzricke“ führt. Einem Feldweg wie in diesem Fall einen Namen zu geben mag unüblich sein ist aber hier der Fall. Er trägt den Namen einer unbunten Farbe nämlich „Weißer Weg“. Wann man ihn so nannte dürfte noch nicht einmal das zuständige Katasteramt beantworten können, aber man könnte ihn auch in einen Zusammenhang mit der Einführung der christlichen Lehre bringen. Denn die Grundfarbe „weiß“ steht in der christlichen Religion für Gott, seinen Glanz und ist Symbol für das ewige Leben und Taufen, Todesfälle, Kommunionen und Hochzeiten werden unter Nutzung weißer Kleidungsstücke praktiziert. Sie ist Synonym für die Unschuld schlechthin und steht für die Teilnahme am Göttlichen. Zu Ostern ist das Taufgewand weiß und die Osterprozessionen der Täuflinge werden in weißer Kleidung vollzogen. Was läge da nicht näher, als dass man den Weg zum Holzkreuz inmitten der „Kreuzhecke“ als einen weißen Weg bezeichnet hätte und er so in den Volksmund übergegangen sein könnte. Denn an den kirchlichen Festtagen zogen die Menschen weithin sichtbar über den Sporn des Bergrückens und hatten sich am Kreuz zusammen zu finden wo möglicherweise nicht nur ein Kreuz stand, sondern auch ein wenn auch kleines, so doch kirchenartiges Holzgebäude. Unweit der „Kreuzricke“ findet sich auf dem Höhenrücken östlich von Borlinghausen noch eine weitere Flurbezeichnung die zum Nachdenken anregt. Auch sie verrät keinen heidnischen Hintergrund wie man ihn am Ort der Irminsul vielleicht erwartet hätte. Dafür ist sie ein Beleg dafür, dass es in dieser heute unauffällig wirkenden Landschaft in den Zeiten nach ihrer Zerstörung über einen gewissen Zeitraum weitaus christlicher zugegangen sein könnte, als man meinen möchte. Denn wo man bereits ein Feldkreuz errichtet hatte und wohin ein Prozessionsweg führte, da darf man auch annehmen, dass sich an dieser Stelle ein Bauwerk befunden haben könnte. So liegt uns dazu ein Parzellenname vor, der mit einer interessanten Entwicklungsgeschichte aufwarten kann, wenn man ihm in seine Tiefe folgen möchte. Auf Basis der Flurnamen Übersicht die Fritz Lippert im Jahre 1959 verfasste trägt eine Parzelle unweit östlich von Borlinghausen den seltsamen klingenden und daher rätselhaften Namen „Eeskirbe“. Aber eine Esskirbe ist nicht etwa der Name einer essbaren Kirsche, denn für die Kirsche verwendet man im Plattdeutschen andere Bezeichnungen. Die zweite Silbe „Kirbe“ lässt sich jedoch unschwer deuten, denn es ist eine von vielen Namen die in unterschiedlichen Schreibweisen vor allem in Süddeutschland weit verbreitet sind und für das christliche Fest der Kirchweihe stehen. Kerb oder Kirb nennt sie sich in Hessen, im Spessart, Rheinhessen, Rheinfranken, der Nordpfalz und im Saarland. In Westfalen hingegen setzte sich die verkürzte Form Kirmes abgeleitet von Kirchmesse durch. Einen derartigen Parzellennamen in Ostwestfalen zu entdecken ist daher ungewöhnlich und lässt auf südlichen also fränkischen Einfluss schließen. Kirchweihen finden zu Kirchenjubiläen statt, wenn etwa eine neu erbaute Kirche erstmals als Gotteshaus genutzt wird, aber auch wenn sie traditionell einmal jährlich am Einweihungstag feierlich begangen wird. Aber auf der weiten Flur des Höhenrückens keine zwei Kilometer östlich der Borlinghauser Kirche ist zumindest heutzutage kein Kirchenbau nachweisbar. Ein Gebäude, dass sich mit der Kirchweihe in Verbindung bringen ließe setzt auch eine es aufsuchende Landbevölkerung voraus die es zweifellos gegeben hat. Daraus ließe sich schließen, dass sich dort einst eine geweihte Kirche befunden haben sollte. Aber wie man weiß kann sich Umgangssprachlich oder im Zuge von Übertragungen vieles verändern, verliert seine Sinngebung, ist später kaum identifizierbar ist, wird oft abweichend wieder gegeben, falsch übertragen oder da undeutlich geschrieben nicht richtig ablesbar. Dafür könnte sprechen, dass die preußische Uraufnahme, die in den Jahren zwischen 1836 und 1850 entstand an dieser Stelle nicht den Namen „Eeskirbe“ sondern „Eskerke“ vermerkte. Somit hätten wir es mit zwei unterschiedlich geschriebenen Flurnamen für die gleiche Parzelle und Lage zu tun. Während h der Begriff „kerke“ aus dem Niederdeutschen stammt rührt „kirbe“ vom Oberdeutschen her, aber beide weisen in die Richtung einer kirchlichen Einrichtung. So erinnert „kirbe“ an einen Ort an dem einst eine Kirche geweiht wurde und der zweite Name „kerke“ steht für ein Kirchenbauwerk. Ungeachtet der Frage wie diese Abweichung zustande kam und welche Bezeichnung die Ältere von beiden ist kann man sagen, dass sich hier sowohl der fränkisch als auch der fälisch orientierte Volksmund darin einig waren, dass an dieser Stelle in früheren Zeiten eine Kirche stand. Allerdings eine Kirche deren Spuren die Zeiten verweht haben, die man aber einst eingeweiht hatte. Ebenso wie die „Kreuzhecke“ steht auch die Parzelleneintragung „Eeskirbe“ oder „Eskerke“ in räumlicher Nähe und Verbindung zur klösterlichen Hofhaltung von Heldessen. So ist es nicht völlig auszuschließen, dass man sie für die dort Wohnenden als auch die Bevölkerung der Region errichtet hatte, wenn es deren Kopfzahl gerechtfertigt hätte. Dem steht nun die Faktenlage entgegen, dass sich im alten Ort Löwen anhand der frei gelegten Grundmauern ein frühes Kirchenbauwerk nachweisen lässt, das bereits im 9. Jhdt. existierte und das damit zu den ältesten Kirchen im Erzbistum Paderborn zählt. So haben ab dieser Zeit auch die Bewohner von Peckelsheim, Borlinghausen und Ikenhausen ihren Kirchgang zum Gottesdienst nach Löwen antreten müssen und bezeichnenderweise trägt die direkte Wegeverbindung von Borlinghausen nach Löwen auch heute noch den Namen „Löwener Kirchweg“. So macht dies den Gedanken schwer vorstellbar, dass es zeitgleich zwei Gotteshäuser in enger Verbindung gegeben haben könnte, nämlich eines auf dem Sporn nahe Heldessen und eines in Löwen. Folglich kann die Argumentation darauf hinaus laufen anzunehmen, dass sich der Hinweis „Eeskirbe“ oder „Eskerke“ auf ein älteres Vorgängergebäude bezog, das schon vor der Löwener Kirche vorhanden war, so dass die Menschen der Umgebung erst dann nach Löwen zu pilgern hatten, als der Kirchenbau an der Kreuzhecke nicht mehr vorhanden war. Die „Eskerke“ wird keine Kirche in beeindruckender Größe gewesen sein und über die Dauer ihrer Existenz lässt sich keine Aussage machen, aber außer den zwei abweichenden Parzellennamen ist von dieser Kirche zumindest oberirdisch nichts übrig geblieben. Dies ist zwar selten der Fall da Kirchentraditionen langlebig sind, ist aber bei Gebäuden aus Holz durchaus nachvollziehbar. Fragt man danach was aus der frühen „Eskerke“ wurde, dann tritt auch die Frage in den Vordergrund wann man sie errichtet haben könnte. Die „Eskerke“ Theorie beruht auf der Annahme, dass die Franken sie an dem Ort errichteten wo einst die Varusschlacht endete und zuvor die „Irminsul“ stand und wohin man zunächst die Landbevölkerung hin lenkte damit sie sich mit dem neuen Glauben anfreunden konnten. Möchte man den Verlauf rekonstruieren, dann könnte man den im hintersten Winkel Ostwestfalens errichteten Kirchenbau gleich wie rustikal er ausgesehen haben mag frühestens angegangen sein, nach dem Karl der Große 779 in Obermarsberg mit einem Kirchenbau erste dauerhafte Präsenz in der Region zeigte und dort 780 sogar ein Kloster errichtet haben soll. Unter Hinweis auf Liesborn wo man unter der Stiftskirche auf die Reste einer Taufkirche stieß, deren Anfänge in die Zeit um 785 reichen oder Freckenhorst wo ähnliches anzunehmen ist. Eine Zeit in der die Gefahr gebannt schien, dass die Gebäude von den „Altgläubigen“ zerstört wurden. So könnte das Provisorium solange bestand gehabt haben bis es im Zuge der Schaffung neuer Missionsstrukturen von der Löwener Kirche abgelöst wurde. Bezieht man die unter der Löwener Kirche frei gelegten Grundmauern aus dem 9. Jhdt. in die Überlegung ein, dann hätte man die „Eskerke“ noch bis in diese Zeiten hinein genutzt, bevor man sie zu Gunsten von Löwen aufgab und nur noch der Flurname an sie erinnerte. Damit könnte man die Geschichte um die kleine „Eskerke oder Eeskirbe“ schon zu Grabe tragen, gäbe es da nicht noch die seltsame Vorsilbe „Es oder Ees“. Träfe also der Verdacht zu und es hätte an diesem Ort schon eine Kirche gegeben die etwa zwischen 780 oder zu Anfang des 9. Jhdt. noch unter den Karolingern errichtet wurde, dann hätte diese schon vor dem ersten Löwener Kirchenbau existiert. Geht man nun der Vorsilbe „Es oder Ees“ auf den Grund dann stellt man fest, dass aus dem Altsächsischen nicht viele Namen überliefert sind die mit „Es“ beginnen und die sich gleichzeitig mit einem Kirchenbau in Verbindung bringen lassen. Möchte man darin allerdings eine Abkürzung für das Wort „Eskin“ sehen, dann öffnet sich ein neuer Blickwinkel. Denn „Es“ wären dann die Anfangsbuchstaben für eine Baumart, nämlich der Esche. Der Baum aus dessen Holz der Sage oder Legende nach der Urmensch „ask oder askr“ geschnitzt wurde. So ließe sich darin ein Hinweis erkennen, wonach man für diesen Kirchenbau einst auf das Holz der Esche zurück gegriffen haben könnte und der Volksmund der „Kerke“ den Namen „Eskinkerke“ gab, den man später auf „Eskerke“ verkürzte. Der Legende nach soll auch Bonifatius 724 seine erste Kapelle in Fritzlar mit dem Holz der Donareiche gebaut haben. Demnach hätte es dort eine Kirche aus Eschenholz gegeben, die hier für eine befristete Zeit auf dem Höhenrücken von den einstigen Heiden geduldet werden musste. Man überantwortete das Gebäude später der Vergessenheit was ganz im Sinne der weniger Frommen war und die Abgeschiedenheit des Standortes trug das Übrige dazu bei. Im Zuge „pseudowissenschaftlicher Untersuchungen“ stieß man im Beisein des Verfassers kürzlich auf dem Höhenrücken auf Bodenanomalien die für den Grundriss eines Gebäudes sprechen und aufgrund grober Abschreitungen auf eine Abmessung von 6 x 5 Meter hinweisen und sich über die Methode der Geomagnetik überprüfen ließe. Die „Eskinkerke“ befand sich der Eintragung nach unweit einer Flurbezeichnung mit Namen „Rumpelberg“. Eine Bezeichnung die in der Vorstellungkraft unserer Altvorderen eine Bedeutung im Sinne von „rumoren“ oder „herumgeistern“ hatte und seinen Ursprung nicht einer Ansammlung von Gerümpel verdankt. Sagen - und Legendenhaftes mit Gruselcharakter, was die Menschen vermutlich mit diesem Hügel verbanden, da hier möglicherweise noch der Spuk alter Zeiten allgegenwärtig schien. Aber von alledem hat sich nichts erhalten und man weiß nichts näheres über die Bedeutung oder die Herkunft des Rumpelberges. Dafür wissen wir um die besondere Bedeutung der Esche in der germanischen Mythologie. Stichwort „Yggdrasil“ = Weltesche und man kann sich vorstellen, dass es gut zur „fränkischen Missionsmethodik“ passte, sich bewusst des „heidnischen“ Eschenholzes für den Kirchenbau zu bedienen um damit christliches Werk zu vollenden. Damit ließ sich unter der schlichten Landbevölkerung symbolisch vieles erreichen und man konnte den Heiden gleichzeitig einen Schritt entgegen kommen in dem man „ihr“ Holz nutzte um damit ein Gebäude für den christlichen Gott zu errichten. Hinzu kam auch hier, dass sich ihr Gott wie zuvor unter Bonifatius an der Eder geschehen nicht dagegen wehrte. So weihte man die Esche im christlichen Geiste und entriss damit das Holz seiner einstigen Bedeutung. Vielleicht darf man an dieser Stelle sogar den Verdacht äußern und die häufig anzutreffende Vermutung aufgreifen, dass man passenderweise auch die Irminsul einst aus dem Holz der Esche geschlagen hatte und man sie daher mit der Überlieferung der Yggdrasil in Verbindung bringen könnte, die auch den Namen Weltesche trägt. Obwohl die Götterlieder der Edda erst viele Jahrhunderte nach dem germanischen Sieg am „Teutoburgiensi saltu“ zu Papier gebracht wurden war die Irminsul kein Baum sondern ein Truncus, vermutlich auch eine bedeutsame Thingstätte der Anwohner, aber es war nicht die belaubte Version der Yggdrasil an der sich die Götter versammelten, so dürften auch beide nicht identisch miteinander gewesen sein. In germanischen Zeiten wurde das Religiöse und das Rechtliche noch nicht voneinander getrennt. Unter den Augen der Götterwelt deckten Thingplätze vieles ab, waren sowohl Gerichtsstätten als auch Versammlungsorte wo Politik und Meinungsäußerung statt fand, möglicherweise auch Rituale vollzogen und Urteile wenn nicht vollstreckt so doch gefällt wurden. Sie waren im Lande weit verbreitet aber der Irminsulstätte die auch ohne Gerichtsbaum auskam, darf man eine höhere, zentralere Bedeutung beigemessen haben. Hatten die Karolinger also auf der Anhöhe östlich von Borlinghausen zum Bau einer christlichen Kirche mit Absicht das Holz einer Baumart verwendet, das den germanischen Heiden heilig war. Ein Holz, dessen mystische Bedeutung auch schon den Helden vor Troja bewusst war, denn die Sehne von Achilles riss nachdem ihn dort ein Eschenspeer traf. Ein Hinweis auf die Bedeutung die dieser Baum zu allen Zeiten und unter allen Völkern besaß. Insbesondere im östlichen Mittelmeer einer Wiege der Zivilisation was auch den sächsischen Herkunftsmythos der Aesier bzw. der Asen belebt den Widukind von Corvey erwähnte. Denn ein Bezug der Weltesche schon in den Vorstellungen der Griechen muss ins Auge fallen und der griechische Dichter Hesiod berichtete bereits im 7. Jhdt. v. Chr. wie Zeus das 3. Menschengeschlecht aus Eschen schuf. So lag darin die Strategie dem tief verwurzelten heidnischen Glauben den Boden zu entziehen ohne dem Baum seine Symbolik zu nehmen. Mit derartigen Finessen zu operieren war Bestandteil frühester fränkischer Anstrengungen die Heiden an den neuen Glauben zu gewöhnen. Ein versöhnlicher Hinweis in einer Zeit als noch jenen die Todesstrafe drohte die nicht so wollten, wie die neuen Machthaber es vorgaben. Heidnisches Kulturgut findet sich in der Region noch an anderen erhöht liegenden Orten, wurde teilweise schon von den Kelten übernommen und damit ist nicht nur der Hexenberg bei Willebadessen gemeint. Denn auch der Alsterberg den der Kartograph Generalmayor Karl Ludwig von le Coq zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch als Osterberg erfasste und für den die Parzellenkarte auch noch den Namen Osterberg nennt könnte noch lange einen Doppelnamen geführt haben. Ostern, das Beda Venerabilis 738 auf eine altsächsische Lichtgottheit zurück führte und nach dem man den April bei den Angelsachsen und dem zu Folge auch bei den Festlandssachsen den Ēosturmanoth also den Ostermonat nannte. Anzunehmen ist, dass man sich zu Zeiten Karls des Großen noch unschlüssig war wie weit man es zulassen wollte heidnisch belastete Bräuche wie etwa die Frühjahrs- und Herbstkulte ins Christentum überführen zu können und griff daher auch hier zu Umdeutungen und nutzte den Namen Alsterberg, der aber im Hintergrund unter den Anwohner immer noch Osterberg hieß. Und wer kennt nicht die sich hartnäckig haltende ostwestfälische Tradition der Osterräder die ebenfalls auf heidnischen Wurzeln beruht, denn auch damit dürften die christlichen Franken ihre liebe Not gehabt haben, beließen es aber bei dem Brauch und übertrugen seine heidnische Bedeutung und die damit verbundenen Rituale im 8.Jhdt kurzerhand auf Gott und Jesus. Denn die Vorgehensweise, dass das Rad nie selbst in Brand geraten darf, sondern nur das es umgebende Stroh und das dies aus Roggen zu bestehen hat und mithilfe von Haselnussruten befestigt werden muss bezeugt, dass die alten paganen Denkweisen immer noch recht beliebt sind und manches überlebt haben. Aber vis a vis der Eskerke Parzelle auf der Südseite des Oberen Bördenweges ist ein Parzellenname vermerkt, der die lange Nutzung althochdeutscher Worte unterstreicht und in diesem Fall zumindest nachgewiesenermaßen bis ins zweite Viertel des 9 Jhdt. zurück reicht. Es ist die Bezeichnung „Grantkuhle“ wobei „Grant“ u.a. für Trog, Becken oder Mulde steht aber in diesem Zusammenhang längst aus der Umgangssprache verbannt wurde. Die Nähe zur Eskerke Parzelle und die möglicherweise einst darunter schlummernde Irminsul nährt den Verdacht, dass sich hier auch seinerzeit schon eine größere Wasserstelle befand, die man zu rituellen, aber nahe dem Bördenweg auch zu profanen Zwecken genutzt haben könnte. Nur wenige Meter neben „Kreuzhecke“ und „Eskerke“ befinden sich die Reste eines einstigen Hügelgrabes, dem man den Namen Goldhügel gab, da man darin über die Jahrhunderte stocherte und sich vielleicht dieses Edelmetall erhoffte. Und vielleicht sogar einst fand. Das sich westlich von Borlinghausen auch noch eine steinerne heidnische Opferstätte befunden hat, die in der Feldflurkarte als „Opferhügel“ ausgewiesen ist, kommt da genauso wenig überraschend wie diese Eintragung „Goldhügel“. Die Indizien deuten darauf hin, dass sich dort auch die Örtlichkeiten befunden haben könnten, wo Germanicus seinerzeit den symbolischen Bestattungsakt ausführte. Dann hätten sich dort die Knochen jener Gefallenen befunden die man am Ende der Varusschlacht im Wald „der nassen Wurzeln“ wie es Cassius Dio hinterließ zu einem Begräbnishügel aufwarf. Hier im Bereich der Endschlacht waren sie noch zahlreich zu finden, lagen offen und unbegraben und es erforderte keiner langen Wege da sie sich auf einen überschaubaren Bereich konzentrierten. Aus rein praktischen Erwägungen wird man die Knochen im Sommer 15 + nicht aus größeren Distanzen heran getragen haben, wenn sie sich hier in der Region östlich von Borlinghausen im Wald noch gut auffinden ließen. Sie lagen da, weil sie die Germanen in den Jahren nach der Schlacht nicht mehr anrühren durften und wollten, nicht nur das es ihnen schauderte. Hier hatten sie die menschlichen Überreste der Feinde jenem Gott Tuisto oder Twisto gewidmet an den der dortige Parzellenname „Twistenholz“ noch erinnern könnte. Ihm wurden die Knochen der Gegner geweiht und ihm durfte man sie nicht mehr nehmen, weder entfernen oder gar bestatten, denn es waren keine gewöhnlichen Skelette sondern die jener Kämpfer an deren Tod auch die germanischen Götter ihren Anteil hatten. Die Römischen ließ man liegen, da man ihnen anhand ihrer Uniformen ansah auf welcher Seite sie standen und nach germanischer Sitte man eher leichter bekleidet war. Und auch wenn sich darin anfänglich noch Knochen fanden und man auf kein Gold stieß so weckte ein von Menschenhand aufgeworfener Hügel immer schon Interesse um zu erfahren was in ihm steckte. Und dort, wo von Helmern aus ein Weg führt der heute noch den Namen Twistweg trägt, da nagelte man zu Ehren des Gottes Twisto der ihnen den Endsieg geschenkt hatte möglicherweise auch die Legionäre an die Bäume. Die Vorstellung sich die germanischen Rituale nach der Varusschlacht wie ein Ereignis in Rage und rauschender Raserei greift wohl daneben. Pflichtteile an Wert- und Menschenopfern wie etwa die vielen ranghohen Legionäre auf den germanischen Opferaltären oder in den Martergruben und an den Galgen werden nach festen Regeln als Opfergabe bestimmt worden sein und Rauflust wird man in dieser Phase zumindest zunächst zurück gestellt haben. Von Saxo Grammaticus der um 1216 verstarb wissen wir, dass Urvölker wie die Germanen nach einem Sieg ein Drittel der Beute als Danksagung den Göttern opferten. Man tat es wohl an vorher genau bestimmten Orten wofür sich der mit den Hügelgräbern der Vorfahren übersäte Tuistenwald anbot. Derartige Opferungen, als auch deren Höhe, die Art der Niederlegung sowie die Durchführung liefen vermutlich nach festen Regeln ab. Handlungen deren Einhaltung durch germanische Priester überwacht wurde. Von Ovid wissen wir, dass er im Geiste der Vision seiner Tristia auch blutrünstige germanische Priester am Triumphzug zu Augustus Ehren mit ziehen sah und Strabo belegte es in dem er den chattischen Priester Libes im real statt gefundenen Siegeszug 17 + in Rom sogar mit Namen nannte. So könnten sich hier auf der überschaubaren Fläche weniger Quadratkilometer die antiken Ereignisse von damals zugetragen haben. Für Varus war es damals zu spät noch den Saltus zum Sintfeld zu erklimmen, die Germanen feierten ihren Sieg und Arminius könnte anlässlich seiner Schmährede auch auf einem prähistorischen Grabsteinblock im Twistenholz gestanden haben den uns Tacitus als „tribunali“ überlieferte. Hier erschien später Germanicus und ließ sich von den Überlebenden den Sterbeort von Varus zeigen und hier ergaben sich auch genügend Gründe um eine Gedenkstätte nach germanischer Sitte ins Leben zu rufen. Hier fanden die Zeremonien statt, man zelebrierten ihren Erfolg und brachte es später in Gestalt der Irminsul zum Ausdruck, was dann Jahrhunderte danach der neue Herrscher aus Aachen an Ort und Stelle mit Gewalt beendete. Hier fiel den Germanen nach dem Ende der Varusschlacht auch Beute in die Hände die man traditionell einem oder mehreren Göttern widmete oder wie man auch sagt opferte. Es mag auch Silber dabei gewesen sein, dass Rom damals bei den tributpflichtigen Germanen beschlagnahmte und sich in den Parzellennamen der Region wie Silberberg oder Silbertal erhalten haben könnte. Silber, dass sich Karl der Große angeeignet hat, denn auch von Silber ist obwohl schwer vorstellbar in den fränkischen Annalen die Rede. Silberminen existieren zwar im Raum Borlinghausen nicht aber dafür im Harz und um Goslar um so mehr. Die Parzelle „Silberberg“ jedoch mit der alten Geschichte in Verbindung zu bringen ist müßig und man könnte für sie viele Erklärungen finden. Aber der unbestechliche Volksmund trägt so manches weiter und die Tradition der mündlichen Überlieferung half immer schon mit ältestes Wissen zu bewahren. Das gilt auch für die Sage, wonach Karl der Große die Borlinghauser Eiche unweit der „Eskerke“ noch selbst gepflanzt haben soll, ein allerdings aus naturgeschichtlicher Sicht unmöglicher Akt da sie nur auf max. 650 Jahre geschätzt wird. Aber alle Bäume fällte man irgendwann in den letzten etwa 650 Jahren, aber diesen einen ließ man nicht nur stehen, sondern schenkte ihm auch besondere Beachtung. Da vergreisende Eichen nur in der Krone mit Neuaustrieben reagieren und wenig bis gar nicht am Stamm, am Stammfuß oder im Wurzelsystem ausschlagen, könnte es doch eine Erklärung geben, wonach sich die „Karls Eiche“ mit ihm in Verbindung bringen ließe. Geht man die besagten 650 Jahre zurück, dann würden wir das Jahr 1373 schreiben und dann verblieben noch rund 600 Jahre bis ins Jahr der Irminsul Niederlegung. Aber im Jahre 1373 könnte man der Eiche einen Keimling entnommen haben. Jener Eiche die auch noch in der Zeit der Karolingerfranken gepflanzt worden sein konnte. Es muss ja nicht Karl der Große persönlich gewesen sein, der daran beteiligt war, aber 1373 stand man den Ereignissen noch weit aus näher als heute. Und was sind schon zwei Generationen für dicke Eichen. Karl der Große ging auf seinen Kriegszügen strategisch vor, vermied große Umwege empfing auch die Delegationen der Unterwürfigen und ihn Huldigenden Sachsen nach Möglichkeit nahe seiner Reiseroute was in Herstelle geschah und so passierte er von Marsberg kommend auch den Standort der heutigen Borlinghauser Eiche. Es war sicherlich für ihn und alle Beteiligten und auch noch später für den Chronisten Einhard ein bewegendes Ereignis. Der Ort wo er vermutlich nach der Niederlegung des vielleicht aus Eschenholz bestehenden Truncus später die „Eschenkirche“ aus gleichem Holz errichten ließ. Sollte es der Forschung gelingen diese Theorie zu bestätigen, dann wäre nicht nur die Stätte der Irminsul, sondern auch der Endpunkt der Varusschlacht gefunden, denn das eine geht nicht ohne das andere.(27.01.2023)

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