Sonntag, 10. März 2019
Der erste Marschtag vollzog sich vom Sommerlager ins Etappenlager nach Brakel

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Der zweite Marschtag vollzog sich vom Etappenlager Brakel ins Rebellengebiet

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Die erste Offenbarung des C. Dio - Ein Schlüssel zur Varusschlacht - Der „lang gesuchte“ Marschtag
Aber ich muss Sie vorwarnen, denn in diesem Kapitel kommt „harter Tobak“ auf sie zu. Denn ich kann es Ihnen nicht ersparen, Ihnen meine Theorie von sehr vielen Sichtweisen aus darzulegen. Ich muss wie man es vor Gericht erleben kann, immer wieder neu in die Beweisaufnahme eintreten und wenn bei Ihnen der Eindruck entstehen sollte, es lägen der Argumente nun genügend auf dem Tisch, so muss ich im Sinne der Plausibilität die Thematik weiteren Transparenzprüfungen unterziehen. Aber direkt am Anfang finden Sie zwei Simulationen die Sie auf den ersten Blick erkennen lassen, wohin der Zug fährt. Trotzdem sollten Sie sich dem Aufbau meiner Argumente nicht verschließen, denn es steckt mehr drin, als sich in zwei kleinen Grafiken zeigen lässt. Wie sich der Abzug für die Varus Legionen im Verlauf des ersten Marschtages am Morgen dieses erdachten 24.09.0009 samt den Auxiliarkräften sowie den konföderierten Cheruskern nach dem Verlassen des „Sommerlager“ vollzog, beschrieb uns einzig nur der antike Historiker Cassius Dio. Ungeachtet dessen, dass wir auch hier wieder mit seiner sehr kargen Darstellung hadern aber vorlieb müssen, nehmen wir trotzdem alles gerne an, was er uns im übertragenen Sinne zu sagen hat. Für unser Verständnis tat er es sogar noch relativ plausibel und schrieb es auch so nieder, dass es für die Nachwelt auch nachvollziehbar war. Damit gewann seine Überlieferung zusätzlich an Glaubhaftigkeit. In seinen Büchern kann man das Wenige unter 56,19,4 und 59,19,5 nach lesen. Hier ist der Inhalt in etwas vereinfachter Form und leicht ergänzt, aber nicht Sinn entstellend wieder gegeben:

1.)
„...die Germanen begleiteten Varus
(unklar bleibt wie lange sie ihn
begleiteten) zunächst noch auf dem Marsch“
2.)
„...dann wurden sie (unklar bleibt, ob dies auf
Anordnung oder auf
eigenes Bitten geschah) entlassen“
3.)
„...um die Hilfstruppen zu mobilisieren“
4.)
„...und um diese schnellstmöglich heran zu führen“
5.)
„...dann übernahmen sie diese Hilfstruppen an
einem unbekanntem Ort“
6.)
„...dann machten sie die in ihren
Heimatgebieten
stationierten Legionäre nieder“
7.)
„...dann griffen sie Varus selbst an“
8.)
„...der sich da schon in schwer passierbaren
Waldgegenden befand“
9.)
„...dort erkannten die Legionäre in den Feinden ihre
ehemaligen Gefährten“

Man kann dieser aus neun Zeilen bestehenden Zusammenfassung entnehmen, dass es am ersten Marschtag eigentlich schon recht turbulent bis hektisch zugegangen sein muss. Die Fakten die aus den zahlreichen Aktivitäten sprechen, rundete Cassius Dio in seinem Bericht noch mit kleinen Bemerkungen oder Hinweisen ab. Und bei genauem Hinsehen, liegt hier auch schon der Hase im Pfeffer. Denn es passierte an diesem ersten Marschtag schon sehr viel, man möchte schon sagen zu viel. C. Dio hinterließ uns zwar nicht gerade eine Fülle an Informationen, aber doch sehr hilfreiche Passagen die zum kombinieren ermuntern und zur Rekonstruktion ausreichen. Und alles was Cassius Dio berichtete entnahm er natürlich den viel älteren schriftlichen Aufzeichnungen, die sich aber letztlich alle irgendwann einmal auf die Aussagen jener Personen stützen mussten gleich welchen Standes sie waren die diese Stunden selbst mit erlebten. Aber jene Menschen die an diesem ersten Marschtag von Höxter nach Brakel dabei waren und die später berichten konnten, müssen nicht automatisch auch noch an den späteren Kämpfen teil genommen haben. Denn nach meinen Vorstellungen spaltete Varus den Zug in Brakel auf und einige Zeugen des ersten Tages hatten ein anderes Schicksal vor sich, als jene, die in die Gebiete der Aufrührer zogen. Die antiken Historiker können die Brüche in den Überlieferungen nicht übersehen und müssen sie entdeckt haben. Danach lagen ihnen Zeugenberichte von Personen vor, die nur über den ersten Tag berichten konnten und andere, die auch zu weiteren Abläufen wichtige Informationen besaßen. Personen die nur über lückenhaftes Halbwissen verfügten waren daher für die antiken Recherchen um den Hergang erforschen zu können keine große Hilfe. Dies soll nur Hinweis gebend dafür sein, welches Material Cassius Dio vorgelegen haben könnte, dass es auszuwerten galt und das er in Fluss zu bringen hatte. So ist es keine Geschichtsklitterung zu der Feststellung zu gelangen, dass viele Zugteilnehmer gesehen haben mussten, wie die Schar der Germanen anfangs noch mitten unter ihnen ritt. Und es sahen auch viele von ihnen, wie sie sich im Laufe des Tages von der Truppe entfernten, ohne das man genau wusste wohin sie ritten. Ob es in dieser Phase und in diesem Moment schon Personen auf römischer Seite gab, die einen Verdacht schöpften bleibt nebulös. Die Warnungen des Segestes dürften aber auch jene Römer gekannt haben, die den fort reitenden Cheruskern hinterher sahen. Personen die „nur“ auf der Trasse des römischen Hellweges über Brakel nach Schwaney ziehen sollten, wo sie später umkamen oder in Gefangenschaft gerieten, konnten nicht jene gewesen sein, die später erschreckend feststellen mussten, wie sich auf dem Zug zu den Rebellen die Waffen der einstigen Kampfgefährten nun plötzlich gegen sie richteten. Aber dieses Kapitel läutet einen entscheidenden Wendepunkt ein. Denn im Verlauf der Beschreibungen zum ersten Marschtag der Varuslegionen, so wie ihn uns Cassius Dio schilderte schlummert, man kann schon fasst sagen, liegt das halbe Geheimnis um die Struktur der gesamten Varusschlacht verborgen. Denn so wenig wie Cassius Dio uns im weiteren Verlauf etwas über die Anzahl und Örtlichkeit der folgenden Übernachtungslager der Legionen sagte, so oberflächlich fielen auch seine Erläuterungen zum ersten Marschtag aus. Dem Marschtag, den daher auch immer alle modernen Historiker für einen einzigen Tag hielten und ihn als solchen begreifen mussten. Es vereinfacht immer die Dinge, wenn man vorher das Drehbuch gelesen hat bzw. in unserem Fall zumindest glaubt es zu kennen. Dann erscheint es so, wie wenn einem die berühmten Schuppen von den Augen fallen und es erklären sich so manche Dinge wie von selbst. So als ob man sagen wollte, warum man denn nicht schon viel früher darauf gekommen ist. Denn an dieser Stelle, nämlich dem ersten Marschtag verbarg sich bereits eines der wesentlichen Lösungsansätze um das Gesamtverständnis zu wecken. Vom historischen Ablauf aus betrachtet, barg er vielleicht sogar mehr Explosivität in sich, als die folgenden Tage zwei oder drei, denn das Wissen um diese Basistheorie führt erst alle literarischen Stränge nämlich auch die Überlieferungen von Florus und Tacitus mit denen des Cassius Dio zusammen. Man kennt hinreichend die Motive und die Zielrichtungen die in den Handlungen liegen und kommt dadurch dem „Kriminalfall Varusschlacht“ jetzt erst ein gutes Stück näher. Allesamt wichtige Voraussetzungen, bevor ich zum eigentlichen Tatort bzw. in diesem Fall einer Reihe von Tatorten überleiten kann. Man könnte sogar den Eindruck bekommen, dass man in diesem Kapitel schon fasst den Lichtbogen sehen und den Stromüberschlag spüren kann, der das lang ersehnte Licht ins Dunkle vor über 2000 Jahren wirft. Aber Cassius Dio machte es der interessierten Nachwelt beileibe nicht einfach um auf Basis seiner mageren Zeilen die Abläufe zu rekonstruieren. Denn Cassius Dio zwang uns nicht nur zum mit denken, sondern auch noch zum kombinieren. Vor dem Hintergrund, dass wir uns im Verlauf der bisherigen Kapitel diverse geographische Orientierungshilfen und Fixpunkte merken mussten bzw. uns zugelegt haben und sie uns zu eigen machen konnten, können wir nun auf ein, wenn auch nur visuell existentes Landschaftsmodell vor unserem inneren Auge zurück greifen. Mit Hilfe einer plastischen Varusschlacht Skyline bzw. eines Panorama so, als ob wir durch eine 3D-Brille sehen würden, fällt natürlich vieles leichter um dahinter den Aufbau schemenhaft sichtbar zu machen und brauchen das Geschehen nur noch darüber zu stülpen. Wer sich schon einmal das monumentale Bauernkriegspanorama in Frankenhausen nahe dem Kyffhäuser angesehen hat, weiß was ich meine. Wir sehen aber wie vom Helikopter aus auf den westfälischen Hellweg hinab, wie er die Kehre bei Amelunxen in Richtung Brakel nimmt. Wir erkennen am westlichen Horizont schon den spitzen Turm der Brakeler St. Michaels Kirche, schauen im Norden auf das Oberwälder Land, sehen im Westen die Höhenlagen der Egge und können den „Teutoburgiensi saltu“ im Süden schon fasst erahnen. Und irgendwo da unten soll sich also einmal ein schicksalhaftes Ereignis angebahnt haben. Eigentlich kaum zu glauben. Bevor man aber nun die inhaltlichen Aussagen des Geschichtswerkes von C. Dio in die realen Abläufe des ersten Marschtages in das Weichbild Ostwestfalens eindrückt ist es nötig, sich auch das recht umfangreiche Strecken- und Entfernungsgeflecht zwischen Höxter, Marienmünster, Schwaney und Borlinghausen vor Augen zu halten, denn es umfasst viele Quadratkilometer. Vom „überwinterungsfähigen Sommerlager“ m. E. zwischen Höxter und Corvey gelegen, sind es über Brakel bis Aliso/Schwaney dem älteren schon drususzeitlichen römischen Winterlager auf der Höhe etwa 34 Kilometer Luftlinie. Die Entfernung von Höxter/Corvey bis in die Schlucht des „Teutoburgiensi saltu“ beträgt ebenfalls etwa 34 Kilometer Luftlinie und um das Triangel zu schließen, beträgt die Luftlinien Distanz von Schwaney/Aliso bis in den „Teutoburgiensi saltu“ hinein weitere etwa 18 Kilometer. Innerhalb dieses spitzwinkeligen Dreiecks vollzogen sich alle maßgeblichen Ereignisse die wir nun zuzuordnen haben bzw. nur noch zuzuordnen brauchen. Denn alle für die Varusschlacht relevanten uns bekannten Schicksale aus den Federn der antiken Historiker finden sich darin wieder. In diesem Sinne begegnen wir hier allen Stationen des Marschzuges „Vom Sommerlager in den Untergang“, wie es der Titel dieses Blogs vorweg nimmt, sozusagen den Leidensweg um nicht zu sagen Kreuzweg des P. Q. Varus. Aber Stopp. Alle bis auf einen Betrachtungsraum, nämlich eine Region außerhalb dieses Triangel. Sie erstreckt sich nördlich von Brakel in unbekannter Breite und Tiefe. In dieser Oberwälder Land genannten Landschaft befanden sich ebenfalls Siedlungskammern der Cherusker. Vermutlich jene Stammesgebiete die am weitesten nach Westen vorgeschoben waren. So zählte dieses Gebiet auch noch zum Einflussgebiet der Cherusker. Im Kern könnte es sich um Marienmünster erstreckt haben. Bei der Analyse des ersten Marschtages fällt diesen Wohngebieten nördlich von Brakel eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit den oft zitierten Abstellungen zu. Nach dem nun der berühmte Groschen gefallen sein sollte, kann man es nun bei näherer Betrachtung der von Cassius Dio zu Beginn des Kapitels von mir aufgeschlüsselten neun Punkte nun nicht mehr übersehen und es fällt sofort und unweigerlich auf, dass das Arbeitsprogramm für einen einzigen Tag natürlich sehr umfangreich besser gesagt zu umfangreich war. Wie ich es schon zum Ausdruck brachte, konnte es den Arminen daher auch nicht möglich gewesen sein, an einem einzigen Tag, alle diese von Cassius Dio beschriebenen Ziele zu erreichen bzw. die dargestellten Handlungen umzusetzen. Beginnen wir aber von vorne. Am ersten Marschtag verließen also die Germanen gemeinsam mit Varus das „überwinterungsfähige Sommerlager“. Sie begleiteten ihn dann noch eine gewisse Wegstrecke von unbekannter Länge. Dann wurden sie entlassen um zu ihren Männern zu reiten, wo auch immer sie standen, um sie zu mobilisieren. Wobei auch nicht bekannt ist, wie lange sie für diesen Ritt zu ihren Hilfskräften benötigten und auch nicht überliefert ist, wie viel Zeit sie brauchten um die nötigen Männer zu mobilisieren. Die Hilfskräfte mit denen Arminius Kontakt suchte bzw. aufnahm, werden auf ihn gewartet haben und sie konnten sich in etwa ausrechnen, wie lange Arminius, wenn denn alles glatt ging reiten musste, um bei ihnen anzukommen. Hier wird aber auch wieder deutlich, dass hinter dieser Kurzdarstellung „...um die Hilfstruppen zu mobilisieren, die sie an einem unbekanntem Ort übernahmen, um diese schnellstmöglich heran zu führen“, erkennbar wird, dass es in den damaligen Zeiten nicht auf eine Stunde ankam bzw. aufgrund der Geländeverhältnisse auch nicht ankommen durfte und konnte. Es war seinerzeit definitiv keine verlässliche Zeitplanung möglich gewesen. Man wartete geduldig und man verließ sich aufeinander. Nachdem Arminius seine Männer erreicht hatte begann man der Darstellung nach die abgestellten römischen Legionäre bzw. Abstellungen nieder zu ringen. Unmittelbar im Anschluss an diese Kämpfe, so klingt es der Überlieferung nach, sollen sie dann auch noch die Verfolgung der Legionen des Varus, über eine uns unbekannte Distanz aufgenommen haben. Und sie ritten ihnen nicht nur nach, sondern sie griffen sie dann auch noch zu einem Zeitpunkt an, als sich diese schon in unübersichtlichen Waldgegenden befanden. Bei allem Respekt, aber ganz so geht es nicht. Denn Ostwestfalen hatte nicht das Format eines Sandkastens und die Varusschlacht bestand auch nicht aus Miniatursoldaten. Werfen wir also einen Blick auf die große Bühne bzw. die Szenerie des Geschehens die sich zwischen dem Ausmarsch der Legionen bis zu dem Moment vor uns ausbreitet, in dem die Germanen zum Angriff auf die Legionen des Varus übergehen. Vor diesem Hintergrund können wir uns die Distanzen bewusst machen und sie uns vergegenwärtigen. Die überlieferte Tagesetappe eines Marschzuges, wenn man sie von der Leistung einer marschierenden Legion ableitet, entspricht plus minus 20 Kilometer. Der Zug war jedoch an diesem Tag außergewöhnlich umfangreich, ein langer Tross sicherlich bestehend aus allen Karrentypen die man in jener Zeit verwendete, sowie den Frauen und Kindern brauchte daher eine längere Marschzeit um nach diesen etwa 2o Kilometern das erste Marschlager zwecks Übernachtung zu erreichen. Die Entfernung vom Startlager Höxter/Corvey kommend bis zum Erreichen des Brakeler Raumes entspricht also auch in etwa der Distanz, die ein Marschzug tagsüber zu bewältigen imstande war. Spekulationen bzw. zeitliche Betrachtungen gegen wie viel Uhr morgens Varus an diesem Tage sein Quartier in den Weserauen verließ wären recht umfänglich und dürften ausarten. Es mag in einen Spielraum zwischen Sonnenaufgang also gegen viertel nach 7 bis etwa 11 Uhr statt gefunden haben. Eines steht jedoch unumstößlich fix im Raum und das ist das vorgegebene Zeitfenster zur Überwindung dieser 2o Kilometer. Obwohl der „römische Hellweg“ für die damalige Zeit beste Marschbedingungen zeigte, dürfte es eine unverrückbare Tatsache gewesen sein, dass sich der Marschzug unter Einhaltung der nötigen logistischen bzw. der unvermeidbaren Zwangspausen auch noch den naturgegebenen Rahmenbedingungen anpassen musste. Die verfügbaren Tageszeit Stunden wie sie in der dritten Dekade September zu erwarten sind, geben aber letztlich den Takt und die Beweglichkeit vor und das auch unter der Betrachtung möglicher sich verändernder Wetterverhältnisse. Die Sonne ging gegen 19 : 20 Uhr unter und die Dämmerungsphase beginnt etwa 45 Minuten davor. Die Marschkolonne sollte folglich noch vor Einbruch der Dunkelheit die Region Brakel erreicht haben um alle nötigen Vorbereitungen für die Nacht, wie die Eigenversorgung und die der Tiere etc. treffen zu können. Da es ein Abendessen vorzubereiten und einzunehmen galt, sollte auch noch der Zugteilnehmer aus dem letzten Trossabschnitt rechtzeitig das Nachtlager erreicht haben. Ob man die römische Hauptmahlzeit, die Cena auch auf einem Marsch schon gegen 16 Uhr begann einzunehmen, wie es aus dem Zivilleben überliefert ist, ist fraglich. In Anbetracht der mitreisenden Zivilpersonen war jedenfalls ein Eintreffen im Marschlager je besser, je früher es möglich war. Da das Marschlager Brakel jedoch der mehrfachen Nutzung diente und sich im bezugsfertigen Zustand befand, waren die üblichen aufwändigen Aufbauarbeiten in diesem Fall auch nicht erforderlich gewesen sein. Danach konnte der eigentliche Marsch die hellen Tageszeiten besser nutzen. Trotzdem lassen aber alle diese Überlegungen nicht viel Spielraum für taktische Gedanken zu, wenn man in einer Stunde etwa drei Kilometer zurück legen möchte bzw. sogar muss und für 20 Kilometer mindestens sieben Marschstunden anzusetzen sind. Meine weiteren Schlussfolgerungen basieren nun darauf, dass sich die römischen Abstellungen die es nieder zu ringen galt nur in den cheruskischen Siedlungsgebieten nördlich einer Achse Höxter/Corvey/Brakel aufgehalten haben können bzw. vorher auch nur aus diesen Regionen heraus angefordert wurden. Der Raum südlich von Brakel war von den Germanen zum Schlacht- bzw. Aufmarschgebiet auserkoren worden und er wurde den römischen Legionen als das unbekannte Territorium der Aufrührer dargestellt. Uns wurde es von den Chronisten später als ein germanischer Hinterhalt beschrieben. Denn nur in einer Landschaft die nicht oder kaum erschlossen ist und die abseits bekannter und häufig begangener Wege liegt, lassen sich plausiblerweise auch geeignete Hinterhalte konstruieren. Und auch nur dort im Unbekanntem, kann man auch auf unerwartetes und schwer begehbares Terrain mit all jenen Tücken stoßen, wie es uns so anschaulich von Cassius Dio geschildert wurde. Hätte man vorher aus dieser Gegend südlich von Brakel römische Hilfskräfte, also Abstellungen angefordert, so wäre die Gegend den römischen Legionären auch zwangsläufig besser bekannt gewesen. Somit wäre sie für die germanische Strategie auch nicht mehr „Hinterhaltwürdig“, dafür aber für skeptische Legionäre „Hinterhaltverdächtig“ gewesen und man hätte geeignete Vorbereitungen getroffen. In diese Region Abstellungen zu locken um sie darin nieder zu ringen, wäre für die germanische Taktik daher völlig unlogisch gewesen. Die römischen Hilfskräfte hätten sich dann in der Nähe der römischen Zuglinie zu den Rebellen aufgehalten, Schlachtenlärm wäre möglicherweise hörbar gewesen und die abgestellten Legionäre hätten sich auch recht schnell bei Gefahr dem Marschzug der Varuslegionen hilfesuchend nähern und anschließen können. Varus wäre gewarnt, sie wären in Sicherheit gewesen, womit der gesamte Plan der Arminen hinfällig geworden wäre. Beide Regionen mussten also weiträumig voneinander abgetrennt werden. Folglich die Zone aus der man die Abstellungen anforderte, um sie später ungestört vernichten zu können sowie der Raum in den Varus zog um dort die fiktiven Aufrührer durch seinen Richterbeschluss „zu befrieden“. Arminius ritt also an irgend einem Punkt und noch vor dem Erreichen des ersten römischen Marschlagers bei Brakel nach Norden, wo er auf weitere Männer aus seinem Stamm stieß. Wann er den Marschzug verließ besser gesagt, wann man ihn im guten Glauben entließ ist nicht bekannt. Man könnte es mit viel Phantasie bei Hembsen verorten, da sich ab Hembsen auch heute noch ein waldfreier direkter Korridor nach Norden in Richtung Bellersen oder Bökendorf auftut. Arminius zweigte möglicherweise am Nachmittag etwa 4 Kilometer vor Brakel ab um mit den ihn bislang begleitenden Männern zu den anderen, auf ihn wartenden Cheruskern zu reiten. Ab hier bis zum Rastlager Brakel wäre demnach noch etwa eine Marschstunde einschließlich dem Trossende gerechnet nötig. Ab etwa 18 : 45 Uhr beginnt an jedem 24. September die Dämmerung. Der Raum, wo Arminius auf die auf ihn wartenden Männer samt ihren schnaufenden Pferden stieß bedarf einer näheren Betrachtung. Wir werden noch in Jahrhunderten darüber rätseln aus wie viel Männern die römischen Abstellungen bestanden und wo sie sich befanden, als Arminius und seine Germanen sie an griff. Ebenso werden wir uns noch lange die Frage stellen, wo Arminius sich mit seinen Kämpfern vorher getroffen haben könnte, bevor man sich aufmachte die Abstellungen zu vernichten. Die Örtlichkeit sollte zentral gelegen sein. Zentral bzw. mittig im Revier der verteilten römischen Kräften, weil man sie von dort aus sternförmig bekämpfen konnte. Einzelne und auch immer zahlenmäßig überlegene germanische Kampfeinheiten, denen die Standorte der Römer bekannt waren werden sie dann auf Befehl des Arminius aufgesucht haben. Der zentrale Treffpunkt an dem Arminius auf seine Cherusker traf kann sich daher im Hinblick auf die cheruskischen Siedlungszentren im Kernraum Marienmünster auch nur in der dortigen Region befunden haben. Die Gründungszeiten der Ortsteile von Marienmünster liegen lange zurück. Teils reichen erste Überlieferungen in die merowingisch/karolingische Epoche zurück, was für eine noch frühere Siedlungsintensität spricht. Legen wir trotzdem eine enge Zeitschiene an, so könnte Arminius den römischen Marschzug am frühen Nachmittag gegen 14 Uhr verlassen haben und traf etwa eine Stunde später da auf seine Männer, wo er sie zusammen gezogen hatte. Nun öffnet sich in meiner Abfolge eine zweite Spekulationsblase. Denn ich bevorzuge die Theorie, dass Arminius mit seinen Männer aus Höxter sowie mit den Männern mit denen er sich traf gemeinsam die Abstellungen nieder machte, da er um sicher zu gehen, dafür eine zahlenmäßige Überlegenheit brauchte. Für diese ersten Kampfhandlungen im Zuge der Varusschlacht stand den Cheruskern ein Zeitraum vom Abend nach Einbruch der Dunkelheit des erdachten 24.09.0009 bis zum Morgen des 25.09.009 zur Verfügung. Alles natürlich vom Zeitbedarf, der Anzahl der römischen Abstellungen und der Aufteilung auf die germanischen Siedlungsgebiete abhängig. Und nun offenbart sich uns auch so langsam die ganze zeitliche Dimension, vor allem aber zeigt sich die beängstigende Dramatik dieses so genannten ersten Tages. Alles lässt nun erkennen, wie engmaschig die Arminen die Abläufe gestrickt haben müssten um im Zeitplan zu bleiben. Und allein schon das was uns Cassius Dio bis zum vermeintlichen Ende des ersten Marschtages schilderte bzw. das was wir alle bislang für den ersten Marschtag hielten, war schon definitiv nicht an einem einzigen Tag zu bewältigen. Und es sollte noch mehr hinzu kommen. Nämlich die nötigen Reitstunden und die folgenden Kampfhandlungen, die ich bereits der Nacht vom 24. auf den 29. 9.0009 zurechne bzw. je nach Betrachtung schon dem folgenden Tag zuordne. Was stand für die Germanen an oder besser gesagt auf dem Spiel. Es galt zu reiten, also Kilometer überbrücken zu müssen, dort galt es sich zu versammeln und die Lage zu sondieren. Danach waren wieder Räume zu überwinden und danach galt es den Kampf aufzunehmen. Und das alles zog sich noch möglicherweise in die Dämmerung hin, fand also entweder bei einer unter oder bei einer aufgehenden Sonne statt. In die Dunkelheit hinein zu reiten, über Stock und Stein auf kaum erkennbaren Wegen und Pfaden und dann bei möglicherweise ungünstiger Wetterlage um dann auch noch zu kämpfen. Und während Arminius dieses alles vollbrachte, zog Varus „seelenruhig“ in Brakel ein, übernachtete dort teilte am anderen Morgen den Marschzug auf und begab sich selbst zu den Rebellen. Als die Armee des Varus am nächsten Tag ihre Nachtlager in Brakel verließ und sich marschfertig machte, neigten sich die Kämpfe der Germanen gegen seine Abstellungen dem Ende zu und sie ritten zum Gradberg wo sie den zivilen Tross erwarteten. Ein Kartenhaus, dass sich auf dem schwachen Fundament einer nicht aufgehenden Zeitrechnung aufbaut steht nicht lange. Wollte man den nötigen Zeitbedarf außer Betracht lassen oder aushebeln wäre es so, als ob man sich den Naturgesetzen widersetzen. Man kann die Uhr nicht anhalten oder gegen die Zeit argumentieren. Es war diese Zusatznacht vor der herein brechenden Schlechtwetterfront in Brakel, die bislang bei allen Recherchen zum Ablauf der Varusschlacht unentdeckt blieb, aber nicht auf ewige Zeiten unentdeckt bleiben musste. Cassius Dio sah vor 1800 Jahren natürlich keine Notwendigkeit darin uns den „Nachlebenden“ explizit jede einzelne Übernachtung und die dazugehörigen Handlungen minutiös und detailliert zu überliefern. Warum auch. Denn für C. Dio waren auch die Schilderungen aus der Feder von Tacitus, die er möglicherweise kannte plausibel, denn das was Cassius Dio in seinen Quellen vorfand, fügte sich auch in die Zusammenhänge seiner eigenen Darstellung. Und diese für so wesentliche Tacitus Darstellung beruhte letztlich einzig auf der Schlachtfeldbegehung des Offiziers Caecina 15 + und seiner Zeitzeugen, den ehemaligen Teilnehmern der Schlacht, sechs Jahre nach den Kämpfen. Die Detailkenntnisse die C. Dio besaß gingen über den Kenntnisstand von Tacitus hinaus und er vervollkommnete ihn. Trotzdem verschwieg er uns vieles. Aber um uns die Fülle der vielen anderen Aktionen und Marschbewegungen penibel und schlüssig zu präsentieren oder uns die Einzelschicksale darzustellen blieb in seinen Aufzeichnungen letztlich leider kein Platz. Dem römischen Senator, Aristokraten und Konsul im öffentlichen Dienst Cassius Dio war vermutlich militärisches und taktisches Denken und Einfühlungsvermögen nicht gegeben und auch das nötige Talent dazu bzw. das kämpferische Geschick fehlte ihm, ganz im Gegensatz zu seinem späteren Namensvetter dem Boxer Cassius Clay. Feldzüge an denen er teilnahm sind nicht bekannt. Es war sein Stil die Ereignisse nach Möglichkeit in eine Reihenfolge zu setzen, aber nur so wie sie ihm persönlich passend erschienen, er ließ die Dinge geschehen, sah sich auf höherer Warte und fragte viele Jahrzehnte nach der Schlacht auch nicht mehr nach Zeit und Raum. Aber in der Konsequenz aus seiner Schilderung müssen wir, da der Stoff für einen Tag zu umfangreich war, aus einem Marschtag zwei Marschtage machen. Den Marsch zum ersten Marschlager Brakel und am Folgetag den Marsch in die Region der Aufrührer. Handlungen für die man bislang nur einen Tag festlegte verteile ich nun auf zwei Tage. Denn nicht Arminius hatte ausgefüllten Tage und Nächte, auch einem Varus konnte es nicht gelingen morgens sein Domizil, nämlich das strittige Sommerlager an der Weser zu verlassen, hinter sich einen langen, undisziplinierten und ungeordneten Marschzug zu wissen, und sich dann nur fünf Stunden später nämlich etwa 15 Kilometer weiter und noch am gleichen Tag schon mit Mann und Maus in einer schwer passierbaren Waldgegend wieder zu finden, die allen größte Mühe bereitete sie überhaupt begehbar zu gestalten. Schlussfolgernd kann man sagen, dass beide Protagonisten, sowohl Varus als auch Arminius, betrachtet man ihre Taten vor Beginn der Varusschlacht von ihren jeweils unterschiedlichen Standpunkten aus, nicht imstande gewesen sein konnten, das beschriebene sehr umfängliche Pensum so kurz aufeinander erfüllen zu können. Ich rekapituliere daher nochmal zum besseren Verständnis. Ein Tagesmarsch entsprach etwa einer Strecke von 2o Kilometer. Bei näherer Betrachtung der recht konfus zusammen gewürfelten Teilnehmerschar, wäre dafür eine absolute zeitliche Untergrenze von sieben Stunden nötig gewesen. Wäre Varus bereits am ersten Marschtag in diese unwirtlichen Gebiete vorgedrungen, so hätte dies im Umkehrschluss bedeutet, dass sich dieses unbekannte und schier Wege lose und unwirtliche Terrain schon nach nur 10 oder 15 Kilometern Wegstrecke nach dem Verlassen des Hauptlagers vor ihm aufgetan hätte. Da auch bei diesem direkten Marsch ins Rebellengebiet bei etwa Kilometer 20 ein bezugsfertiges Marschlager, in diesem Fall war es das „Gerichtslager“ auf sie warten sollte, was man in den hellen Stunden zu errichten gedachte und beziehen wollte, so wäre dies in der Tat zu einem recht abenteuerliches Unterfangen, noch dazu mit Sack und Pack geworden. Denn man nahm ja bislang grundsätzlich an, Varus wäre mit seiner gesamten „Sommerlager Entourage“ ins Kampfgebiet gezogen. Um es noch mal zu verdeutlichen, dieses „Gerichtslager“ musste also erst noch gebaut werden und es existierte im Gegensatz zum Brakeler Etappen Lager noch nicht einmal im Ansatz. Eine Zugstrecke die den Römern trotz der räumlichen Nähe zum Sommerlager bislang völlig fremd gewesen sein soll, die sie vorher nicht oder noch nie inspiziert hatten und in die sie sich nun auf `s Geratewohl sozusagen Nonchalance und unvorbereitet hinein begaben, sollten sie sich dann nach nur 1o oder 15 Kilometern unversehens im völligen Chaos wieder finden. Sorry, aber so rückschrittlich war eine Armee auch im alten Rom nicht. Denn ein Gelände, dass sich nur maximal 15 Kilometer nach einem Sommerlager ausbreitete war für Rom kein Niemandsland. Hier war man noch Herr im Hause, hier überschaute man noch alles und hier befand man sich auch noch im Einzugsbereich der versorgenden Logistik. So stoßen wir folglich auch erst über diesen Weg des akribischen Aufrollens einer Chronologie auf jenen vermissten bzw. verschollenen Tag. Nämlich den Tag, den wir eigentlich immer schon gesucht haben und den wir brauchen um die Mehrtagesschlacht aus der Feder von Cassius Dio überhaupt entschlüsseln zu können. Die inhaltlichen Passagen der drei Historiker Dio, Florus und Tacitus die sich auf die Varusschlacht bezogen, sind nur zerstückelt und in extremer Kurzform vorhanden und beschränken sich auch nur auf wenige Textbausteine. Paterculus der Vierte im Bunde steuerte uns zwar noch eine Reihe von interessanten Randanekdoten bei, die aber den Schlachtverlauf im Kern aussparten. So kam es, dass uns Cassius Dio und das natürlich unbeabsichtigt, den ersten man möchte meinen bislang als verschluckt geglaubten Marschtag unterschlug und dieser Tag sozusagen unter die Räder der römischen Ochsenkarren geriet. Wir haben bislang alle die Komplexität der Dimensionen und Entfernungen unterschätzt und die Zeiträume die nötig waren um von A nach B zu gelangen. Wir sind nun bei genauem Hinsehen den entscheidenden Schritt weiter und schlauer, denn der Betrachtungsraum in tiefen Osten Ostwestfalens war groß und umfasste viele Quadratkilometer und diese Distanzen lassen sich nicht weg dividieren, auch wenn jegliche Hinweise darauf von Cassius Dio unausgesprochen bleiben. So ist zum Beispiel das erste Marschlager, wie ich es einen Tagesmarsch also rund 20 Kilometer nach Höxter im Raum Brakel als den Wendepunkt varianischer Aufmarschtaktik erkenne, bei ihm auf Anhieb auch an keiner Stelle ersichtlich. Marschlager wie Brakel die für die mehrmalige Nutzung vorgesehen waren, da sie sich an Hauptwegen befanden in festgesetzten Abständen vorzufinden sind und die häufig die Funktion eines Knotenpunktes inne hatten, waren nicht nur in der römischen Expansionszeit eine völlige Normalität, die keiner besonderen Erwähnung bedarf. Man befand sich um diese Zeit in Ostwestfalen auch nicht mehr auf dem Kriegspfad, wo man vor jeder Nacht ein Marschlager zu errichten hatte, dass man dann am folgenden Tag wieder einebnen musste. Cassius Dio verrät es uns wie dargestellt auch nur indirekt im Zuge seiner letztlich schlüssigen Gesamtschilderung zumal er wie Tacitus auch, nie in seinem Leben in Brakel an der Nethe war. Nur dadurch lässt sich der erste lang gesuchte und scheinbar von der Bildfläche verschwundene Marschtag auffinden. Die Theorien zur Dauer der Mehrtagesschlacht schwanken zwischen drei und vier bzw. 3 1/2 Tagen, aber mit dem Marschlager Brakel, dass Varus übrigens nicht errichten musste, da es ein bekanntes römisches Zubringer bzw. Etappenlager zwischen Anreppen/Ad Ripam, dem letzten Lippelager, Schwaney/Aliso, dem Rastlager vor dem Eggeabstieg und Höxter/Sommerlager dem Endpunkt war, schließt sich der Kreis besser gesagt die Fortsetzung der Kastellkette an der Lippe und ihre Weiterführung auf den trockenen Wegen zur Weser. Nun erscheint es uns schon fasst wie eine Erleuchtung, wenn wir von einem „prima Vari castra“ lesen. Und natürlich erkannten und sahen darin sowohl Caecina 15 + als auch Tacitus rund 100 Jahre später als ein „prima Vari castra“, nämlich das erste bzw. das Hauptlager des Feldherrn Varus. Das Lager das ich zeitweise als das „Gerichtslager“ bezeichnen möchte. Varus war gezwungen dieses Lager von Grund auf neu errichten lassen zu müssen. Ein unbekannter Ort an dem sich bislang kein anderes Marschlager befand. Dort gedachte er und erhoffte sich, das Problem mit den Aufrührern lösen zu können. Keiner kam nach der Varusschlacht auf die Idee einem militärisch bedeutungslosen weil zweckgebundenen und nüchternem Etappenlagerkomplex bzw. einem rationalem Versorgungsdepot wie Brakel es war die Bezeichnung „prima Vari castra“ zu geben. Denn Brakel war nicht das „Erste Vari castra“, im Marschlager Brakel wurde nicht gekämpft und es war nur eines der vielen namenlosen Marschlager der damaligen Zeit. Es war ein Lager das im Zuge der Varusschlacht nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde und das erst danach der germanischen Zerstörungswut ausgesetzt war. Es war es nicht wert erwähnt zu werden. Blutgetränkte Kampfstätten wie das „prima Vari castra“ zogen eher das allgemeine Interesse der ersten römischen Schlachtfeldtouristen auf sich. Sicherlich unbeabsichtigt verbarg Cassius Dio dies vor den Augen des unaufmerksamen Lesers. Und nicht nur bei Tacitus, auch in der Kurzfassung von Cassius Dio vermissen wir einen deutlichen Hinweis auf das letzte Ruhelager vor dem Sturm. Es war für keinen antiken Historiker relevant um so tief in die Details einzusteigen, denn es hätte nur zu einer noch größeren Bewunderung für die Taktik des Arminius geführt. Aber Varus tat genau das, was eigentlich jeder von uns in seiner Situation von ihm erwartete. Das er nämlich hier in Brakel den großen und unbeweglichen und für einen Kampf untauglichen und ungeeigneten Marschzug aufteilte. Er trennte ihn in eine straffe und diszipliniert geführte Kampftruppe und sonderte diese vom schwachen, hinderlichen und bislang ungeordneten und sich teilweise in der Auflösung befindlichen zivilen Marschzug ab. Der bunt gemischte Tross ohne Kampfauftrag, der ab Brakel nun aus Kampf unwilligen, aus Unfähigen, aus älteren Personen oder aus Frauen und Kindern bestand und dem Varus den Großteil seiner Prestigegüter anvertraute sollte nun am folgenden Morgen, dem erdachten „25.09.0009“ den direkten Marsch von Brakel über Aliso nach Anreppen antreten. Sie bemerken also an dieser Stelle wie sich durch diesen ersten Marschtag die gesamte Szenerie vom bislang diffusen Erscheinungsbild in einen sinnhaften Prozess umwandelt. Immer wieder verrannten sich die modernen Historiker innerhalb dieser unlogisch erscheinenden Übergangsphase zwischen dem Verlassen des Lagers und dem Beginn der ersten Kämpfe, blieben stecken oder suchten an der falschen Stelle weiter. Dadurch eröffnet sich nun auch eine neue Logik, die in den dritten und vierten und damit in den letzten Kampf bzw. Marschtag mündet bzw. überleitet. Der Tag im oder vielleicht sogar schon vor dem Erreichen der „Teutoburgiensi saltu“ Schlucht, an dem sich der Großteil der Legionen aufgeben sollte. Varus war konsequent in seiner Rückmarschlogistik, er blieb seinem Motto treu, man würde ihm vielleicht heute die Worte in den Mund legen, „meine Münzsammlung, mein Mobiliar, mein Tischgeschirr“ und dies wollte er in sicheren Händen wissen. Aber die Aufspaltung der Kräfte um damit die Zivilisten und vor allem seine Werte sicher zu geleiten, führte zu weiteren Konsequenzen. Dem Dio Bericht zum Teil wortgetreu folgend aber einen zusätzlichen Marschtag an den Anfang zu setzen, verschiebt natürlich auch alle weiteren Abläufe nach vorne. Daher möchte ich nochmal in diese Abläufe einsteigen. In der Rekapitulation bedeutet dass, Arminius hatte Varus also schon vor dem Einzug in Brakel verlassen, um seine Männer zu informieren. Die Germanen besaßen theoretisch also die Möglichkeit diese Abstellungen schon im Laufe der Nacht oder im ersten Morgengrauen im Halbschlaf vom 24. auf den 25.9.0009 nieder zu metzeln. Varus bekam in Brakel von alledem nichts mit, denn keinem auch nur leicht verletzten Römer aus den Abstellungen gelang es ihn vor dem Abmarsch aus Brakel noch zu warnen. Man leistete ganze Arbeit. So hätten die Germanen anderntags gegen Mittag auch noch die nötige Zeit gehabt diesen besagten zivilen Marschzug der u. a. aus den oft zitierten Frauen und Kinder etc. bestand auf dem Weg nach Aliso auflauern zu können um sich diese gesamte Beute und die Sklaven und alles Mitführende zu sichern und alles unter einander aufteilen zu können. Und dann folgt schlussendlich noch der entscheidende Hinweis von Cassius Dio unter den Zeilen sieben bis neun. Denn nachdem Arminius mit seinen Männern die Abstellungen nieder machte und dann auch noch die Eroberung des zivilen Trosses durch seine Männer zu kontrollieren bzw. zu beaufsichtigen hatte, müsste er es tatsächlich noch geschafft haben, am gleichen Tag, nämlich immer noch dem besagten 24.09.0009 und da reden wir nach althergebrachter Denkweise also vom ersten Marschtag, Varus mit seinen Männern in den Rücken zu fallen. Nämlich in jener Region Varus anzugreifen, in der er bereits die schwer passierbaren Waldgegenden zu überwinden hatte. Hier traten dann bekanntlich die ehemaligen Kampfgefährten urplötzlich als Feinde auf. Die Cherusker hätten aber, wollten sie denn alles an einem Tag bewältigt haben, nahezu unvorstellbare körperliche Kräfte aufbringen müssen und hätten dafür viele Kilometer auf ihren inzwischen nassen Pferderücken zurück legen müssen. Denn sie hätten nach dem blutigen Niederringen der Abstellungen, obwohl sich am Dingfest machen der Römer auch die germanische Zivilbevölkerung mit beteiligt haben dürfte, den zivilen Tross erobern müssen um dann noch im gleichen Atemzug Varus anzugreifen. Wohlweislich alles an nur einem einzigen Tag, an dem Arminius den Marschzug aber erst am Nachmittag verließ. Aber so viele lichte Stunden konnte ein trüber Tag im September des Jahres 0009 nicht bieten zumal sich bereits Regen ankündigte und mit Pferden in die Dämmerung hinein zu reiten um noch einen Angriff durchzuführen käme einem Selbstmordkommando gleich. Diese hier präsentierte Hypothese birgt einen weiteren wichtigen Hinweis in sich, der für uns zum Zündstoff einer neuen Theorie wird. Denn auch auf diese nun ab gespaltete Teilarmee die Varus als Schutztruppe dem Tross zur Lippe mit gab musste er letztlich im weiteren Verlauf der Kämpfe verzichten. Denn auch diese Männer konnte er nun nicht mehr mit zu den Rebellen nehmen. Es ergibt sich demzufolge eine gewisse Schlussaddition seiner verfügbaren Kräfte. Denn er konnte somit die Legionäre aus den Abstellungen nicht mehr in den Kampfmarschzug integrieren, denn sie gab es für ihn nicht mehr. Zudem konnte er auch noch die Männer die er als Schutztruppe für den zivilen Zug abstellte nicht mehr in seine Planspiele im Rebellengebiet mit einbeziehen. Er verzichtete bereits auf jene Legionäre, die er im winterfesten Sommerlager zurück ließ. Und er zog mit einer Kampftruppe ins Aufrührergebiet, in der sich jene Männer befanden, die de facto noch vom Pannonienaufstand ausgezehrt für ihn übrig geblieben sind. Und so stellt sich wieder die Frage, um wie viele Legionäre geschwächt Varus in die gleichnamige Schlacht zog. Arminius mag zu alledem vielleicht sogar noch auf die Zahl der Römer Einfluss genommen haben, die Varus seinem privaten Castortransport mit gab, in dem er darauf achtete, dass Varus nur so viel Römer oder gar Germanen dem Wertetross überstellte, wie die Germanen auch später problemlos bewältigen konnten um sich dann relativ mühelos in den Besitz aller seiner Reichtümer bringen zu können. Nichts vom einstigen Reichtum des Varus blieb im Eggewald am Gradberg bei Neuenheerse oder wo auch immer im Steilbereich liegen, alles klaubten die Germanen sorgsam auf und verwerten es. Nun noch eine ernsthafte Zahl an römischen Legionären auszuwürfeln, die Varus mit in die Schlacht nahm, kommt einer Rechnung mit weiteren Unbekannten gleich und ich möchte dieses Kapitel nicht mit unnötigen und vagen Vorstellungen beenden. Es könnte aber die Überlegungen jener Historiker stützen helfen, die die Auffassung vertreten, dass die Schlacht zwar einen wichtigen Wendepunkt darstellte und einen hohen moralischen und später auch mythologischen Stellenwert bekam, aber rein zahlenmäßig bei weitem nicht mit den späteren Germanicus Schlachten Schritt halten konnte. Denn diese verdienen im Gegensatz zur Varusschlacht den Namen Schlacht. (9.3.2019)

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Samstag, 2. März 2019
Marbod ein unberechenbarer Taktiker - Gaius Suetonius Tranquillus sah es wie Gaius Velleius Paterculus - Die Welt war schon vor 2000 Jahren ein Dorf
Für das römische Imperium war der Krieg Alltag. Irgendwo musste es in den Jahrhunderten vor der Zeitenwende immer die Schwerter schwingen, sei es gegen die Punier, die Kelten oder die Teutonen. Aber nach der Eroberung Galliens durch Cäsar begann Rom seine Fühler auch in den Osten tief nach Germanien auszustrecken. Fasst zeitgleich mit dem Jahr Null hatte Rom die Voraussetzungen geschaffen nun auch Germanien einzuverleiben. Aber dann wurde dem Imperium in relativ kurzer Zeit das Zepter streitig gemacht. Eigentlich waren es nur drei große Ereignisse die den Wechsel einleiteten und die ausreichten um zwischen dem Jahr 6 + und dem Jahr 9 + Rom bis ins Mark zum Beben zu bringen. Eine kritische Phase die auch über die Zukunft des Imperiums in Germanien mit entscheiden sollte. Im folgenden Abschnitt möchte ich diese Phase einer zusammenfassenden Betrachtung unterziehen, da man ihre unterschiedlichen Verläufe und Ursachen nur im Kontext versteht und nicht getrennt voneinander behandeln darf. Der Historiker Sueton steuert dazu einen interessanten Impuls bei den ich hier aufgreifen möchte. Rechnet man nun zu diesen drei zentralen Großereignissen auch noch jene Feldzüge des „Immensum Bellum“ hinzu, der von 1 + bis 5 + andauerte, sowie die Germanicus Feldzüge der Jahre 14 + bis 16 +, so war unverkennbar, welcher Widerstandswille dem Römischen Reich in den nur 15 Jahren an der östlichen Front entgegen schlug. Im Kern dieser 15 Schlachten - Jahre liegen der besagte „Ruptum Expeditio Boiohaemum“ 6 +, also der abrupt abgebrochene Markomannen Feldzug der gewaltige „Bellum Batonianum“ 6 + bis 9 + also der große Aufstand in Pannonien und Dalmatien und die „Clades Variana“ 9 +, also die Varusschlacht. Aus den Zeilen von Gaius Suetonius Tranquillus kurz Sueton genannt lesen wir unschwer heraus, dass für die Menschen der damaligen Zeit die in unmittelbarer Berührung zu den Geschehnissen standen, schon alles nach einem groß germanisch, illyrischen Komplott aussah. Wann Sueton es ausformulierte, er lebte etwa von 70 + bis 122 + ist nicht bekannt, aber seine „De vita Caesarum“ soll nach 120 + erschienen sein. Gehen wir davon aus, dass er es in seinen letzten Lebensjahren nieder schrieb, so trennten ihn vom Jahr 6 + bereits über 1oo Jahre. Unter der Lupe der Chronisten erscheint uns so, als ob Varus darin nur die Rolle einer Marionette innerhalb einer ereignisreichen Epoche übernahm. Ihn manövrierten die Umstände seiner Zeit in eine recht ungünstige Position, wie er sie nicht erwartet hatte, als vermutlich Kaiser Augustus ihn vordem zum Statthalter in Germanien ernannte. Die neue Lage zwang ihn dazu die Jahre 6 + bis einschließlich 8 + wegen der Abwesenheit großer Teile seiner Kampfverbände nur mit halber Kraft seinen Aufgaben nach kommen zu können und so er sah sich genötigt, sie mehr schlecht als recht überbrücken zu müssen. Ich hatte diese für ihn heikle Phase mit einer meines Erachtens fundierten Theorie begründet. Denn aufgrund dieser Vorgeschichte musste und konnte er im Jahr 9 + auch nur jene Legionen in die Mehrtagesgefechte mit Arminius führen, die bedingt durch die voraus gegangenen militärischen Ausfälle nicht mehr über ihre volle Kampfkraft verfügten. Denn sie kehrten letztlich geschwächt, nicht vollständig und somit angeschlagen aus dem „Bellum Batonianum“, dem pannonischen Aufstand  an den Rhein bzw. an die Weser zurück. Auf die besondere Brisanz seiner Lage schon vor der Varusschlacht wies uns noch vor Sueton auch schon ein Zeitgenosse von Varus hin, nämlich der römische Offizier Velleius Paterculus, indem er das damals allgemein vorherrschende Misstrauen gegenüber Marbod zum Ausdruck brachte. Das man nämlich Marbod bereits vor dem Feldzug gegen ihn zutrauen musste, dass dieser sogar in Germanien, dem Noricum oder Pannonien einfallen könnte. Aber war dies von Paterculus nur eine rechtfertigende Zweckbehauptung um das Vorgehen von Tiberius, der uns manchmal wie sein persönliches Idol erscheint, im Zuge des „Expeditio Boiohaemum“ nachträglich zu legitimieren und damit seine Einzelmeinung, oder ließe sie sich auch noch anderweitig stützen. Marbods Unberechenbarkeit, dass dieser möglicherweise nach dem „Ruptum Expeditio“ dem abgebrochenen Feldzug nun vielleicht sogar unerwartet und erstarkt auch irgendwo in Germanien einfallen und möglicherweise auch zu einer Bedrohung für Varus werden könnte, passte daher gut in die Zeit und war vermutlich aus damaliger Sicht sogar für die Menschen nachvollziehbar und damit glaubwürdig. Da Paterculus und Marbod zur gleichen Zeit lebten, könnten bzw. dürften sie sich gekannt haben. Marbod war demnach für Paterculus kein unbeschriebenes Blatt. Bevor ich auf die Worte von Gaius Suetonius Tranquillus eingehe, noch ein anderer Aspekt. Denn man kann aus alledem auch einen anderen Schluss ziehen. Nämlich den, wie nahe sich doch damals die geographischen Räume standen. In einer trägen Welt in der Ochsenkarren die Transporte übernahmen, in der die Wasserwege durch die Schiffbarkeit der Flüsse limitiert und in der Pferd, Esel und Maultier die wichtigsten Fortbewegungsmittel waren scheint dies für uns heute unvorstellbar zu sein. Ähnlich so, wie ich es mit einer Abstandssimulation von Nordböhmen nach Ostwestfalen tat, die uns die Entfernungen überschaubarer machen sollte. Schnelle Römische Meldereiter ließen die Distanzen zusammen rücken und auch der „Drususritt“ von Tiberius zeugt von den raumgreifenden Möglichkeiten der Zeit. Die damalige Welt war zwar kein Dorf, aber die Interessensphären waren unerwartet eng mit einander verflochten. Aber zurück zum Thema. Denn der berühmte antike Schriftsteller Sueton, übrigens ein Zeitgenosse von Tacitus rückt nun ein weiteres Faktum ins Blickfeld der germanischen Kräfteverhältnisse jener Zeit. Denn er setzte der Überlieferung von Velleius Paterculus, einer in den Raum gestellten latenten Gefahr die von Marbod ausging, noch eines drauf, in dem er den „Bellum Batonianum“ also den Pannonien Aufstand unter ihren beiden Anführern gleichen Namens, nämlich Bato, noch mit in den sich von Westfalen bis ans Mittelmeer erstreckenden Konflikt trächtigen Gefahrenraum einbezieht. Von Oberbosnien, wo man ein Zentrum des „Bellum Batonianum“  sieht bis Ostwestfalen sind es rund 1000 Kilometer Luftlinie. Wir sprechen somit alles in allem schon über einen gewaltigen Frontabschnitt, den die römischen Machthaber nur 50 Jahre nach der Ermordung von Cäsar nicht vernachlässigen durften. Der aufkommende Verdacht Marbod könnte sogar noch selbst mit an den Stellschrauben des Pannonien Aufstandes gedreht, ihn also mit inszeniert, beeinflusst oder gar ausgelöst haben, lässt alle Germanenkriege in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Zeitenwende vor einem ganz anderen Licht erscheinen. Man könnte den Eindruck bekommen, dass diese drei ineinander greifenden römischen Offensiven der Jahre 6 + bis 9 + wobei es in einem Fall nur zu einem Aufmarsch artigen Manöver kam, zumindest dem weströmischen Reich schon Jahrhunderte vor deren zeitgeschichtlichem Ende das große Stoppschild vor allen weiteren Ostexpansionen aufstellte. Nicht umsonst nannte Sueton den Pannonien Aufstand den schwersten aller auswärtigen Kriege seit den Punischen. Wäre es dem Imperium wie viele Historiker vermuten in dieser Zeit sogar gelungen, die Elbe als ihre vorgeschobene Ostgrenze zu festigen und zu behaupten, wären die zurück gedrängten und östlich der Elbe eingepferchten germanischen Völker in ihren eingeschränkten Siedlungsgebieten vermutlich schon früher gegen Rom aufgestanden. Zwei Grenzen gleich stark zu bewachen und zu stabilisieren ist ein Unding und so hätte das Imperium zwangsläufig die Rheingrenze vernachlässigen müssen. Einem germanischen Ansturm hätte die Rheingrenze dann nichts mehr entgegen zu setzen gehabt. Der immense Frontabschnitt im II. Weltkrieg quer durch Russland bezeugt, dass man auch noch Jahrhunderte später am eigenen Größenwahn scheitern konnte. Was meiner gedanklichen Richtung Nahrung gibt, wie wenig sich doch unsere heutige Denkweise von der der Altvorderen unterscheidet bzw. seit dem offensichtlich unverändert blieb. Mit der weisen Entscheidung von Kaiser und nun nicht mehr Feldherr Tiberius im Jahre 16 + könnte es ihm sogar gelungen sein, die römische Präsenz auf heutigem deutschem Boden noch verlängert zu haben. Somit konnte er auch der später einsetzenden Völkerwanderung unbeabsichtigt etwas die Dynamik genommen haben, da er den Germanen zwischen Rhein und Elbe einen größeren Pufferstreifen einräumte. Aber in diesem Kapitel möchte ich versuchen, den interessierten Lesern noch die rationalen Bestandteile im Denken unserer Altvorderen näher zu bringen, so wie sie uns Sueton in Erinnerung gerufen bzw. hinterlassen hat. Denn damals wie heute bestimmte schon der Geist das Handeln und persönliche, also individuelle Erfahrungsschätze nahmen darin immer einen breiten Raum ein. Arminius und all den anderen erging es da nicht anders. Aber nicht nur den dadurch ausgelösten Denkprozessen die sich in den Köpfen derer vollzogen, die damals im weiten Vor – und Umfeld der Varusschlacht die Geschicke der Zeit lenkten auf die Spur zu kommen erfordert ein großes Einfühlungsvermögen an unsere heutigen Generationen. So sollten wir ein Gespür für ihr fortschrittliches und räumlich dimensionales Denken entwickeln, ob es nun um das Überwinden von Distanzen in Mitteleuropa geht, oder andere damit verbundene und für uns heutzutage schier unvorstellbare Leistungen der antiken Bevölkerung. Trotz waghalsiger topographischer Herausforderungen waren die Landmassen Mitteleuropas für die Menschen der Zeit Überschau - und kalkulierbar gewesen. Das die Lage und Ausdehnung der Alpen oder der Verlauf der großen in die Nordsee mündenden Flüsse auch früher schon kein Geheimnis war ist nachvollziehbar. Und wo ein Ptolemäus schon Koordinate vergab, war man weiter als man sich heute eingestehen möchte. Aber wie stand es um den Richtungssinn und das geographische Wissen über unsere weiträumigen und endlos erscheinenden Mittelgebirgslandschaften. Bewaldete Höhenrücken wo man hinschaute, samt Tälern und meist unbewohnt, die auf den ersten Blick und aus großer Distanz alle gleich aussahen und die damals noch keinen Fernmeldeturm trugen, was sie kenntlicher gemacht hätte. Dazwischen die germanischen Siedlungskammern in denen man die Menschen willfährig machen und auf das römisch provinzielle Leben einstimmen wollte. Berge wie der zentral gelegene Feldberg im Taunus, der Harz oder das Massiv des Donnersberges bei Kirchheim - Bolanden waren dabei elementar wichtig, da man sie schon aus vielen Kilometern richtungsweisend vorfand und sie den „Vorwärtsstrategen“ in den Reihen der römischen Legionärskommandeure bei der Verortung und Errechnung der Tagesetappen sowie der Marschstrecke halfen. Schauen wir in die alten Zeiten zurück müssen wir uns, obwohl es schwer verdaulich klingt, von manchen in den Jahrhunderten nach der Entdeckung der Tacitus Schriften gewachsenen Illusionen lösen und uns frei machen von falschen Gedankengängen und Abschied nehmen von verzerrten Vorstellungen. Denn die genaue Analyse der antiken Schriften ist immer für Überraschungen gut, schickt uns nur auf den ersten Blick auf andere Wege gestattet uns aber viele Interpretationen aus den verborgenen Welten zwischen den Zeilen. Wenn aber die Zeiten nicht so waren wie wir sie uns heute vorstellen, wie waren sie dann. Die Vergangenheit gewährt uns nur wenige Blicke hinter ihre Kulissen noch dazu vor 2000 Jahren und lässt sich kaum mehr in ihre vergilbten Karten schauen. Aber was wir noch haben, ob in schriftlicher Form oder als Fund, dem gehen wir nach. Sie verbergen auch noch eine Vielzahl von Anhaltspunkte die es wert sind, dass man sie sich auch vor dem Hintergrund immer wieder neuer Theorien näher ansieht. Denn es gibt noch einige Schleier, die wegzuziehen es sich lohnen könnte. Ich denke nicht, dass wir nur wortlos vor einem Abgrund stehen, der sich vor unseren Füßen auf tut um uns dann einen Blick in eine andere unbekannte Welt voll finsterer Gräueltaten frei zu geben. Es erscheint aber manchmal so, als ob es den frühen Historikern einen Genuss bereitet hätte uns, der Nachwelt nur die grässlichsten Dinge des menschlichen Zusammenlebens in schriftlich konservierter Form hinter lassen zu wollen und den Rest bzw. die passende Ausschmückung dazu haben die nachfolgenden Generationen dann gerne selbst übernommen. Denn so wenig wie wir uns in die Wesenszüge unserer Vorfahren hinein denken können, so rätselhaft standen die Menschen vor 2000 Jahren vor der Frage wie sich die Welt ohne sie weiter entwickeln würde. Man labte und ergötzte sich besonders in nach römischer Zeit um so mehr an allem, je blutrünstiger es sich darstellen ließ. Ein gutes Beispiel sind die ersten Begegnungen und das Aufeinandertreffen mit den hunnischen Steppenvölkern die anders verlaufen sein könnten, als man es uns später weis machen wollte. Die wenigen positiven Begebenheiten müssen wir darin mühsam aufspüren. Denn wären die Zeiten und die Menschheit damals so grausam gewesen wie oft geschildert, gäbe es uns dann heute überhaupt. Das die antiken Schriftsteller und Zeitzeugen ihre Texte im Gegensatz zur frühmittelalterlichen Klosterliteratur in einem nüchtern, sachlichen und klaren Stil abfassten, den wir in den früh christlichen Zeiten vermissen, sollte uns zu denken geben. Denn einiges spricht dafür, dass viele kulturelle Strömungen in der römisch heidnischen Zeit verständlicher formuliert und fortschrittlicher dargestellt wurden, als in der Folgezeit. Sicherlich lag es ab dem 6. Jahrhundert im Interesse des Katholizismus den Blick in die Vergangenheit übel zu beschreiben um dadurch das Positive des anbrechenden religiösen Zeitalters besser heraus stellen zu können. Das Ende des römischen Imperiums sollte nahtlos ins göttliche übergehen und da galt es besonders die Kontraste zu schärfen. Das Leiden der frühen Märtyrer, die blutgetränkten Kämpfe der Gladiatoren, der elende Handel mit den Sklaven beherrschen unsere Vorstellungen und prägen a` la „Ben Hur“ oder „Quo Vadis“ unser unterhaltsames Bild von der alten Zeit noch bis heute. Es war in den damaligen Jahrhunderten sicherlich allgegenwärtig, aber wie hoch und bedeutsam war letztlich ihr tatsächlicher Anteil am normal/realen und dörflich römischen Alltagsleben. Ich bin eher davon überzeugt, dass es abgesehen von zweifellos schwierigen Lebensbedingungen die in verschiedenen Epochen der Zeitgeschichte in den letzten 2000 Jahren die Menschheit in Mitteleuropa heim suchten die Medaille besonders zu Zeiten des römischen Imperiums auch eine zweite Seite hatte. Immer wieder erfahren wir und es erstaunt uns, wie sorgsam man im Imperium den Lebensmittelnachschub sicherstellte und garantierte. Verknappung oder Hungerrevolten begegnete man schon im Frühstadium, Getreide wurde bevorratet, Horrea die Lagerhäuser jener Zeit existierten im ganzen Reich und die Notwendigkeit einer funktionierenden Versorgungslage stand über allem. Auch der Begriff „ Brot und Spiele“ bringt es zum Ausdruck. Und auch in den germanischen Gefilden wusste man Engpässe zu vermeiden, aber Missernten blieben unvorhersehbar und kaum beherrschbar. Ungeachtet dessen war man bewandert und auch schon lange vor der "Tabula Peutingeriana" kannte man das keltische und noch ältere Straßengeflecht Mitteleuropas, nutzte es und man höre und staune, denn man kam auch damals schon am gesteckten Ziel an. In den voraus gegangenen Abschnitten hatte ich mehrfach großen Wert auf die Feststellung gelegt, dass der geopolitische Großraum, den die damals agierenden Personen auf römischer Seite in militärstrategischer Hinsicht unter Kontrolle zu halten hatten, wenn sie die Grenzen des Imperium ausdehnen wollten immense war, ihnen aber auch keine Angst machte, zumindest solange sie keine „übergroße Frau“ zur Umkehr ermunterte. Und vor dem trügerischen Jahr 9 + musste und konnte man in Rom auch noch davon ausgehen, dass sich der Fahrplan für neue Eroberungen einhalten ließ. Denn um diese Zeit soll sich das römische Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht befunden haben und es strotzte vor Stolz und Gigantismus, obwohl bereits in diesen Tagen dunkle Wolken aufzogen, genau genommen die römische Expansion schon dabei war einzufrieren. Das schon das Jahr 16 + allen weiteren römischen Expansionswünschen ein Ende setzen würde konnte nur noch niemand vorher sehen und keiner wusste oder konnte es ahnen. Denn zumindest im Osten Germaniens hatte das Imperium ab dieser Zeit im Gegensatz zum weiterhin florierenden freien Warenverkehr ihre militärische Zukunft verspielt. Als Tacitus und Sueton darüber leicht zeitversetzt schrieben, war dies alles bereits zur Realität geworden und man wusste die voraus schauende Entscheidung von Tiberius im Jahre 16 + historisch einzuordnen und zu bewerten. Und beide berichteten rückblickend über das, was der damaligen Faktenlage entsprach bis sie dann 117 + bzw. 122 + selbst verschieden. Der Status quo resultierend aus den letztlich erfolgreichen germanischen Widerstandskämpfen der Jahre 9 + bis 16 + hielt lange. Kriege oder größere Schlachten zwischen Römern und Germanen in Ostwestfalen, Niedersachsen oder Thüringen sind bis zum Ende des Imperiums also östlich von Höxter historisch nicht mehr belegt. Erst das Harzhorn Ereignis im 3. Jahrhundert, dass sich vermutlich zwischen 228 + und 240 + ereignete und fasst genau 50 Kilometer östlich von Höxter statt fand, verblüffte wieder die Forschung. Epochal betrachtet voll zog es sich aber bereits in einer neuen Zeit. Der Zeit zwischen dem Jahre 16 + und den folgenden Jahrzehnten habe ich eigene Kapitel gewidmet. Aber rund 160 Jahre nach der Varusschlacht und mit Beginn der Markomannen Kriege die man nicht mit dem abgebrochenen Markomannen Feldzug des Tiberius im Jahre 6 + verwechseln darf bzw. nicht mit ihm in Verbindung steht, schienen sich die germanischen Angriffsstrategien verborgen und geradezu versteckt hinter dem Harz vollzogen zu haben. Von hier aus bedrohten die Germanen später den Limes und fielen sogar in Norditalien ein. Gleich einer burgundischen Pforte erstreckte sich zwischen Harz und Elbe ein verdeckt liegendes Aufmarschgebiet aus den mitteldeutschen Siedlungsräumen für jene nicht mehr abreißen wollenden germanischen Angriffswellen gegen das Imperium noch vor Beginn der Völkerwanderung. Bis hierhin wagten sich auch keine römischen Legionen mehr vor und Ostwestfalen bzw. Südniedersachsen war eher peripher über den Korridor am östlichen Rande im Leinetal tangiert. Aber zurück zu den Geschehnissen um die abrupt beendete militärische Expedition des Tiberius nach Böhmen. Ich hatte die These vertreten, dass der abgebrochene Feldzug Marbod wieder zum starken Mann in Germanien machte. Varus hatte nach dem „Immensum Bellum“ einige seiner Legionen auf Weisung aus Rom erst für für den Marbod Feldzug, dann für das „Bellum Batonianum“ Abenteuer, also den Pannonien Aufstand  abtreten müssen, was ihn in den Anfangsjahren seiner Zeit als Statthalter schwächte und ihn in seinen Planungen zurück warf. Die Unberechenbarkeit von Marbod die aus den Schriften des Zeitzeugen Paterculus spricht, bietet Basis und Anhaltspunkt dafür, dass sich Varus in Ostwestfalen in diesen kritischen Jahren in äußerst unangenehmer Mission befand. Tacitus der den Ereignissen um den Markomannen Feldzug zeitlich noch recht nahe stand, denn zwischen dem Tod von Marbod 37 + und seiner Geburt 58 + verstrichen nur 21 Jahre, konnte sich sowohl über Marbod als auch Arminius ein Urteil erlauben. Für Tacitus war Arminius der 21 + verstorben sein soll, bekanntlich der freiheitsliebende und unerschütterliche Held und Marbod der 37 + starb der Tyrann. Obwohl die Geste von Marbod in dem er den Kopf des Varus ausschlug und an den Kaiser weiter leitete ihn wie romfreundlich erscheinen lässt, war das allgemeine Misstrauen gegen Marbod in den damaligen Zeiten offensichtlich so stark verbreitet, dass man es ihm, wie Tacitus berichtete, nicht positiv anrechnen wollte. Marbod war und blieb auch noch zu den Zeiten des Tacitus das, was er in den Augen aller immer war, der unberechenbare und verschlagene Germanenkönig. Kommt man nun zurück auf die geopolitische Vernetzung jener Zeit, so kommt man nicht umhin die Verbindungslinien zwischen den Regionen Ostwestfalen, Böhmen und Pannonien - Dalmatien zu schlagen. Der Schriftsteller Gaius Suetonius Tranquillus kurz Sueton genannt, ein Zeitgenosse von Tacitus, der sicherlich seine Meinung über Arminius und Marbod kannte, bringt nun zusätzlich Licht ins Dunkle. Er verdeutlicht uns dieses uralte Geflecht in seinem Werk „De vita Caesarum“ über den römischen Kaiser Tiberius. Unmissverständlich spricht er dem Cäsar Tiberius sein Lob für den großen Sieg in Pannonien aus. Einen Sieg, den er gerade im richtigen Moment errang, als Varus fasst zur gleichen Zeit in Ostwestfalen drei römische Legionen verlor. Es muss in der damaligen Zeit wie ein Gottesurteil gewirkt haben, dass Sieg und Niederlage so eng bei einander liegen konnten. Es hatte aber auch dazu geführt, dass Marbod seine Strategie nun komplett überdenken musste. Aber Sueton ging sogar noch einen großen Schritt weiter. Denn während Paterculus der allgemeinen Skepsis gegenüber Marbod Ausdruck verlieh, wurde Sueton noch deutlicher. Auch er stellte fest, das im Falle eines Sieges der pannonischen Aufständischen kein Mensch daran gezweifelt habe und es jeder prophezeit hätte, dass die siegreichen Germanen nun nichts anderes zu tun gehabt hätten, als sich mit den Pannoniern zu verbünden um dann gemeinsam gegen das Imperium zu kämpfen. Man kann daraus auch ohne sich groß anstrengen zu müssen ableiten, wie die römische Welt, die aktuelle Tagespolitik seinerzeit mit verfolgt haben muss. Man sah also im Falle einer römischen Niederlage in Illyrien eine gewaltige Germanenfront auf das Imperium zu rollen, dem man keinen Einhalt mehr hätte gebieten können. Der Untergang des Abendlandes, pardon des römischen Weltreiches wäre damit nach Ansicht vieler im Falle einer Niederlage in Pannonien besiegelt gewesen. Diesen Ansturm hätte man wohl südlich der Alpen nicht mehr abfangen können bzw. ihm nichts mehr entgegen zu setzen gehabt, zumal bereits alle möglichen und zur Verfügung stehenden Legionen für Pannonien ausgehoben waren. Restliche in Nordgermanien stationierte Legionen wären möglicherweise in ihren Garnisonen angegriffen worden und das römische Imperium könnte bereits im Jahre 6 + Geschichte gewesen sein. Wenn, ja wenn es denn Tiberius nicht gelungen wäre, das Feuer im pannonischen Krisenherd zu löschen was ihm gelang. Die bedrohliche Phalanx eines geeinten Germanien herauf zu beschwören entsprach also dem damaligen Zeitgeist, den uns Sueton beschrieb. Später zu Zeiten der Völkerwanderungen sollten schon einzelne germanische Stämme reichen, um das Imperium auszuhebeln. Und daran, das sich dann an dieser möglicherweise „vor“ völkerwanderungszeitlichen Germanenschwemme über das Kernland Italien auch Marbod und andere germanische Stämme mit beteiligt hätten bzw. mit gemeint waren, dürfte wohl in diesen Krisenzeiten außer Frage gestanden haben. Nach Paterculus schriftlichen Werken zu urteilen, den sowohl Tacitus als auch Sueton nicht mehr erlebten, da er vor ihnen verstarb waren es neben ihm auch Tacitus und Sueton, die den Teufel marbod`scher Gefahr an die Wand malten. Sueton erwähnt im Gegensatz zu Paterculus zwar Marbod nicht namentlich, aber sein Hinweis auf die germanische Gesamtgefahr dürfte insbesondere Marbod, dem vermutlich der nächste römische Feldzug gegolten bzw. ins Haus gestanden hätte, bzw. der ihn zu fürchten hatte mit eingeschlossen haben. Wenn man von römischer Seite möglicherweise in Marbod eine Schlüsselfigur in der Inszenierung des Pannonien Aufstandes gesehen haben sollte, was sich jedoch auch damals nicht beweisen ließ, so tat Marbod natürlich gut daran den Erfolg des Arminius 9 + klein zu reden und auch das Angebot des Varus Kopfes für eine Germanenallianz abzulehnen. Rom hatte wieder Kraft und hätte ihm eine Annäherung an die Cherusker Arminen nicht verziehen. Die germanische Entscheidungsschlacht 8 Jahre nach der Varusschlacht in der Marbod unterlag könnte man auch völlig losgelöst von den Ereignissen um sie betrachten. Denn in diesen 8 Jahren ist viel passiert. So hätte Arminius mit seiner Teilnahme am Markomannen Krieg auf Seiten der Elbgermanen auch die Unterstützung der Semnonen und Langobarden  gegen Germanicus gut gemacht haben können. Sueton ein langjähriger Zeitgenosse von Tacitus beschrieb die Stimmung im Lande und auch er wusste indirekt und naturgemäß um die Gefahr, die damals sowohl vor und erst recht auch nach dem Pannonienaufstand von Marbod ausging. Ob Marbod sogar selbst Drahtzieher des Pannonien Aufstandes war klingt da gar nicht so weit her geholt. Denn derartige Zufälle um vorzeitig abgebrochene Feldzüge wären in der Historie die Seltenheit. Sueton starb 126 + und Tacitus 117 +. Beide verfügten zu Lebzeiten über ein umfassendes Weltbild, sowohl was die politischen Verhältnisse, als auch was das Wissen um Geographie und Distanzen anbelangt. Beide konnten dem Gegner im nach hinein gut in die Karten schauen, verfügten über Literatur und könnten oder konnten fasst sogar noch Zeitzeugen befragt haben die mit Marbod in Ravenna Kontakt hatten und sie kannten sich in den Ränkespielen der großen Politik aus. Während Pannonien in Schutt und Asche versank, Marbod sich gegenüber Varus nach 6 + dann doch bedeckt hielt, fiel im Teutoburgiensi saltu 9 + die Entscheidung und damit der erste Dominostein gegen Rom. Die Kette reißt bekanntlich am schwächsten Glied und das saß an einer Stelle, wo das Imperium es nicht erwartet hatte, nämlich in Ostwestfalen. Für mich ist diese Abfolge der Theorien aber in soweit schlüssig, als dass sich die Fühler von Macht und Einfluss des Markomannen König Marbod bis nach Ostwestfalen erstreckten, sich drei antike Schriftsteller in der Gefahrenbeschreibung über Marbod einig waren und Varus am Tropf damaliger Geopolitik in keiner beneidenswerten Position war. In einer derartigen Lage am Vorabend der Varusschlacht kluge Besonnenheit und die richtige Reaktion zu zeigen, war für ihn nicht einfach und weckt sogar etwas Verständnis und Mitgefühl für seine Funktion in römischen Diensten am Rande der damaligen Zivilisation.(1.3.2019)

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Dienstag, 26. Februar 2019
Wo schlug die Geburtsstunde der germanischen Strategie - Wie stand es um die germanische Sprachkultur vor dem Tag X.
Wenn für einen älteren Menschen schon das Erinnern an die eigene Kindheit kaum mehr möglich ist, wie sollte es erst gelingen sich in das Leben und die Zeiten früherer und längst verstorbener Generationen hinein zu denken. Viele Zeitgenossen würden sich sicherlich gerne mehr mit unserer Frühgeschichte befassen, wenn es ihnen nicht so schwer fallen würde, sich in diese alten Epochen zurück zu versetzen. Historische Romane auf belletristischer Basis können hier nur notdürftig Abhilfe schaffen. Unnötig erschwert wird es leider noch zusätzlich von den versierten und einschlägig geschulten Fachexperten. Da ist es immer wieder bedauerlich mit erleben zu müssen, wie motivierte und an der Geschichte interessierte Laien von Doktoren oder Professoren in als populär wissenschaftlich angekündigten Veranstaltungen und Vorträgen in ihrer Leidenschaft ausgebremst werden, in dem man sie mit Fachbegriffen oder komplexen und unüberschaubaren Zusammenhängen nahezu tot schlägt, statt auf die verständliche Sprache des Volkes umzuschalten, beispielsweise die „theodisca lingua“. Eine vormals wissbegierige Zuhörerschar verlässt danach schnell und schweigsam, dafür aber um so frustrierter den Raum, eine lebhafte Diskussion ist abgewürgt, eine Chance wurde vertan und es bleibt unter den Zuhörern oft nur ein fader Geschmack einstiger Wissensfreude. Einhelliger Tenor in den Fluren ist dann in der Regel der Ausspruch, die Experten möchten halt lieber unter sich bleiben und vermeiden bewusst die klaren Worte der Verständlichkeit. Das Problem mit der Rückbesinnung umfasst auch in besonderem Maße die Welt zu Zeiten der Varusschlacht. Allein die bloße Vorstellung erst 2000 Jahre an uns vorbei rauschen lassen zu müssen, bevor wir da sind wo wir hin wollen, würde den Menschen unserer Tage symbolisch betrachtet schon zum verzweifeln bringen. Vielen Zeitgenossen ist das dazu nötige Gefühl dafür abhanden gekommen oder sie verfügten nie über die besondere Gabe rückwärtige Ereignisse zum Leben zu erwecken. Die große umfassende und verwirrende Gesamtchronologie der Jahrtausende erschwert alles noch zusätzlich. So verwundert es auch kaum das Zeitabschnitte oft falsch zugeordnet werden und für viele Mitmenschen nach der Steinzeit direkt die große Völkerwanderung beginnt um nur eines von vielen Beispielen zu nennen. Um trotzdem eine Sensibilität für das Erkennen und Aufspüren der Zeitenwechsel anhand von Schnittpunkten oder Großereignissen zu entwickeln ist schon ein kleines Kunststück nötig, dass es zu vollbringen gilt. Aber man kann sich dafür kleine Brücken bauen die uns helfen können, den Blick ganz nach hinten zu erleichtern. Denn wenn wir wissen wollen, wie unsere Ahnen die kriegerischen Wirren der Römerzeit überdauerten und erlebten, müssen wir auch versuchen ihr Gedankengut zu enträtseln. Zuerst einmal sollten wir die Dinge enttabuisieren, und vielleicht auch den mythischen Komplex etwas niedriger hängen, denn 2000 Jahre sind nicht so endlos lang wie es uns scheinen mag. Läge unsere Lebenserwartung bei 200 Jahren wie etwa bei einem Grönlandwal, oder einem Seeigel, so sähe alles schon ganz anders aus. Käme uns also heute Arminius in einer belebten Fußgängerzone rasiert, in Jeans und lässigem Sweatshirt entgegen oder würde er sich das Schaufenster eines Reiseveranstalters ansehen, er fiele uns nicht auf. Denn an Statur und Körperbau hat sich in 2000 Jahren rein gar nichts verändert. Eines dürfte er jedoch nicht machen, nämlich uns nach einem Weg fragen. Würde sich eine derartige Episode in Ostwestfalen abspielen und wäre der von Arminius angesprochene älteren Jahrgangs, so käme jener natürlich ins Grübeln. Er hätte dann den Eindruck, er könne Arminius irgendwie verstehen, aber irgendwie auch wieder nicht. Vergegenwärtigen wir uns aber dieser Zeitspanne so wirkt sie schon überschaubarer, wenn wir uns 2o hundert Jährige in einer Reihe vorstellen und bekanntlich soll es sogar Menschen geben die über 100 Jahre alt wurden oder sind. Stellen wir uns diese 2o Männer auch noch in zeitgenössischer Bekleidung vor, so erscheinen uns vermutlich die Germanen besser und salopper gestylt, als unsere Vorfahren in der Mode des Mittelalters oder des 17. bzw. 18. Jahrhunderts. Vergleichen wir ihr Aussehen aber jeweils mit der des einfachen Volkes also der Kleidung der Landbevölkerung noch bis in die 1950 er Jahre in Deutschland, so werden wir wohl kaum größere Unterschiede ausmachen können. Leder, Wolle und Leinen dürften dominieren, aber das Schuhwerk würde wohl den Unterschied machen. Um dem Hobbyhistoriker die Scheu vor den zeitlichen Dimensionen zu nehmen bietet auch die Fort- und Weiterentwicklung der Sprache einige gute Ansätze. Wenn wir diese wurmstichige Holzsprossenleiter unserer Sprachkultur bis in die Tiefen deutscher Mundart hinab steigen fühlen wir uns, wie auf einer abschüssigen etymologischen Geisterbahn. Die Spinnweben versperren uns mehr und mehr die Sicht. Fäulnisgeruch verstärkt sich, Sauerstoff wird weniger, dafür wird es aber immer dunkler um uns und unten angekommen treten wir ins Bodenlose, sollten also tunlichst schon auf den letzten Sprossen stehen bleiben. Denn leider entzieht uns die gängige Wissenschaft viel zu früh die führende Hand und wir müssen wieder lernen unsere eigenen Tastsinne zu nutzen. Arminius sprach das nachchristliche Altgermanisch auch Althochdeutsch genannt, also müssen wir uns behutsam dahin zurück bewegen, wenn wir heraus finden wollen, ob Arminius auch sprachlich seinen römischen Widersachern gewachsen war. Etymologen, Linguisten und alle anderen Disziplinen die in diese Richtung forschen und sich damit beschäftigen, wie man sich vor 2000 Jahren unterhalten haben könnte, haben dazu ihre Vorstellungen entwickelt. Und vom Ergebnis ist auch mit abhängig was Arminius unter konspirativen Gesichtspunkten betrachtet damals zu leisten imstande gewesen sein könnte. Wie konnte also eine periphere und rudimentär ausgerichtete germanische Welt sprachlich mit der lateinischen Hochsprache mithalten. Sich der altgermanischen Unterhaltungs- und Umgangssprache in Zentralgermanien zu nähern bedeutet in diesem Fall sich auch der Frage zu widmen, wie man miteinander auf germanischer Seite verhandelte, wie sie ihre Gespräche führten und welchen Umgangston man pflegte. Wie tauschte man unterschiedliche Standpunkte aus, wie formulierte man sich gegenseitige Vorschläge, wie fand man zu gemeinsamen Ergebnissen, wie verwarf man gefasste Beschlüsse, wie ging man mit Uneinigkeit und Streitfällen um. Fragen über Fragen die alle von Bedeutung waren, wenn es um das Erreichen eines gemeinsames großen Zieles ging. Die Lateiner hatten es da einfacher, ihre Sprache gewachsen auf Zucht, Ordnung und militärischer Disziplin war ausgereifter und strukturierter. Es verschaffte den Römern gegenüber den Germanen in jeder Hinsicht die nötige Überlegenheit. Latein war die damalige Weltsprache, wer sie beherrschte dominierte alle anderen Sprachen und damit auch die anderen Völker Mitteleuropas, abgesehen von Ausnahmen wie beispielsweise Griechenland. Und eine Leitkultur wie die Römische begab sich auch nicht auf das Niveau niederer und unterworfener Stämme hinunter. Wir leben aktuell in einer global bedingten ähnlichen Situation und Weltgemeinschaft, nur das es heute nicht mehr Latein sondern Angloamerikanisch ist, was es zu erlernen gilt, wenn man in unseren Zeiten bestehen will. Arminius konnte sich teilweise in der lateinischen Sprache ausdrücken und führte, obwohl es sein eigener Bruder war das Streitgespräch mit Flavus auch in Latein. In einer Übersetzung heißt es, dass er in seiner altgermanischen also althochdeutschen Sprache „viele“ Worte in Latein aussprach. Tacitus aber verwendete das Wort „pleraque“ und dieses lateinische Wort wird auch übersetzt mit „meistens“ bzw. „größtenteils“. Da der Wortwechsel beider ziemlich umfangreich ausfiel und Arminius viele bzw. die meisten Worte in Latein aussprach, muss er diese Sprache auch ganz beachtlich eingesetzt, wenn nicht sogar beherrscht haben. Die lateinische Sprache anzuwenden, war nicht einfach. Wie lange also lebte Arminius sozusagen fern der Heimat und wie schnell erlernte man damals als Germane die Weltsprache Latein. Bei Flavus, Marbod oder Segimundus werden die lateinischen Sprachkenntnisse vergleichbar, eher sogar noch besser gewesen sein, als die von Arminius, da die genannten Germanen vermutlich länger im Imperium und das nicht nur an der Front lebten. Aber auch schon Segestes könnte die lateinische Sprache gekonnt haben und Varus in seiner eigenen Sprache vor den Arminen gewarnt haben. Die Germanen waren nicht in der komfortablen Position Forderungen stellen zu können und mussten ihr Herkunftsdefizit mit guter Lernfähigkeit und anderen Vorzügen wett machen, wenn sie sich andienen wollten. Die lateinische Sprache ist auch heute noch kein leichter Stoff und Germanen die sie damals verwendeten, konnten auch nicht jene Halbwilden sein, wie sie von einigen Historiker dargestellt wurden und wie sie in den Köpfen der Römer herum spukten. Eine so komplexe Sprache wie Latein auch nur in Bruchstücken sprechen zu können, setzte das Vorhandensein einer flankierenden Muttersprache voraus. Denn die Sprache eines anderen Volkes lässt sich immer dann schneller erlernen, wenn die eigene Sprachkultur unterstützend wirken kann. Wer heute gut deutsch und französisch spricht, dem fällt auch englisch leichter und wer gut deutsch und englisch spricht der lernt auch französisch schneller. Es spricht einiges dafür, dass die Qualität und Ausdruckskraft der altgermanischen Sprache weiter gediehen war, als man heute annehmen möchte und das machte die Germanen ebenbürtiger und gefährlicher zugleich. Wie aber bewegt man sich eines besseren Verständnisses wegen aus heutiger Sicht auf die Sprache und die Mundart des Arminius zu. Anders gefragt, welche Sprachquellen können wir heute nutzen, die uns helfen die Lücke zwischen dem Jahr der Varusschlacht und der heutigen Zeit zu schließen. Eine der ersten Orientierungshilfen bietet uns Johannes Mentelin aus dem Elsass. Er war es der noch vor Martin Luther 1466 die noch heute, und das nach rund 550 Jahren gut lesbare erste Bibel in der deutschen Volkssprache in frühneuhochdeutsch druckte. 642 Jahre vor Johannes Mentelin unterhielten sich im Jahr 842 in Straßburg Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle und sprachen die berühmten Straßburger Eide in altfranzösischer und althochdeutscher Sprache wie sie uns von Nithard überliefert wurden. Neben den Straßburger Eiden liegt uns auch noch das Hildebrandslied aus dem 9. Jahrhundert vor. Zusammen mit dem Schriftstück von Nithard stehen uns damit schon zwei in althochdeutscher Sprache verfasste Schriften zur wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung. Sie sind beide etwa 1200 Jahre alt und auch immer noch gut zu übersetzen. An letzter bzw. erster Stelle wie man es sehen möchte, stehen die berühmten Merseburger Zaubersprüche ebenfalls abgefasst in althochdeutscher Sprache. Wissenschaftlich begründete Datierungsvorschläge reichen dazu vom 2. Jahrhundert bis ins frühe 9. Jahrhundert. Legt man die jüngste Expertise zugrunde, bewegen wir uns in der Endphase der Regierungszeit von Kaiser Karl dem Großen. „Sprachschriftlich“ betrachtet sind es bis zur Mundart von Arminius mit der dazwischen liegenden Völkerwanderung, dann noch etwa 800 Jahre. Natürlich hat unsere Zunge vieles verlernt und kann auch, mit Ausnahme weniger Regionen in Südwestdeutschland kein „W“ mehr wie ein Doppel „UU“ aussprechen. Auch wenn sich uns der Sinn nicht ganz erschließt, so ist es den Experten, auch ohne das wir uns sprachlich zurück züchten, doch möglich die alten Schriften in die heutige deutsche Sprache zu übersetzen. Und alle alten Texte ermöglichen uns auch recht gut rekonstruierbare wissenschaftliche Rückschlüsse auf diese frühere und zweifellos schon gut ausgeprägte Dialogfähigkeit unserer Ahnen um Arminius zu ziehen. Warum sollte also die Sprache wie sie einst Arminius beherrschte, könnte man sie noch aufspüren also hörbar machen, nicht diesen Überlieferungen erstaunlich nahe gekommen sein. Aber zurück in die Fußgängerzone einer ostwestfälischen Mittelstadt, wo ein älterer Herr auf Arminius traf. Die Worte von Arminius klangen für den Angesprochenen fremdartig aber gleichzeitig wieder vertraut. Ein für ihn noch heraus hörbarer und dialektischer Unterton der in seiner Muttersprache verborgen lag machte deutlich, dass er aus der Region stammen musste. Aber dann rasselte ein Wortschwall über seine Lippen, den er nicht zuordnen konnte. Schnelle und zusammen gesprochene Wortfetzen wurden abgelöst von harten Unterbrechungen und kaum definierbaren Schwankungen in der Betonung. Mal hörte man, wann ein Wort endete, mal ging es fließend ins nächste über und mal stockte Arminius an einer Stelle, ohne das er einen Grund dafür erkennen konnte. Dann schien es ihm, als wolle der Fremde eine Frage formulieren was ihn dann völlig hilflos machte. Unser Zuhörer war irritiert erkannte erstaunlicherweise aber doch noch einige Worte und konnte sie übersetzen, nur die seltsamen Stimmwechsel machten ihm immer wieder zu schaffen. Natürlich fehlten Arminius sämtliche modernen und zeitgeschichtlichen Worte und Bezüge und er nutzte nur sein ihm geläufiges Repertoire. Aber unser verdutzter Zuhörer war bemüht, konnte und versuchte sich einen Reim zu machen, denn Arminius wiederholte mehrmals die gleichen Worte. Die nun folgenden von mir verwendeten, eingeschobenen bzw. eingesetzten Worte entstammen nur den Merseburger Zaubersprüchen. Sie wurden uns lediglich nieder geschrieben und konnten uns natürlich nicht mündlich überliefert werden. Und ein nieder geschriebenes Wort kann man bekanntlich nicht hören. Zwangsläufig kann man auch nieder geschriebene Worte nicht klang fähig machen, denn Buchstaben können nicht sprechen. Und das Wort „sprechen“ ist schon ein gutes Beispiel dafür, denn sprechen wir das Wort sprechen aus, sprechen wir nicht sprechen, sondern sagen eher „schprächen“. Und spricht man gar englische Worte wie das Wort „mother“ so aus wie es geschrieben wird, so hat man schnell alle Lacher auf seiner Seite. Schon Sokrates beklagte vor 2400 Jahren den Verlust der Kommunikation die mit dem Aufkommen der Schrift einher ging. Und wenn wir auf unsere Dialekte nicht aufpassen, geht es uns bald so wie den Franzosen, dort sind Dialekte weitgehend unbekannt, da die lateinische Schriftsprache die man ihnen seinerzeit verordnete keine Dialekte mehr möglich machte bzw. zuließ. Und da uns Arminius durch seinen mutigen Einsatz half und uns die lateinische Sprache als Mundart ersparte, haben wir auch dank ihm noch unsere schönen zahlreichen Dialekte. Und natürlich hat Arminius die sieben von mir gewählten Wortbeispiele auch nicht so ausgesprochen, wie sie in den Merseburger Zaubersprüchen geschrieben wurden. Würden wir heute das Wort „setzen“ schreiben wie es gesprochen wird, so würden wir möglicherweise auch noch „sezen“ sagen und nicht setzen. Und da sind wir auch ganz schnell beim alten Wort „sazun“. Folgen wir nun noch jenen Forschern, die die Entstehung der Merseburger Zaubersprüche sogar bis ins 2. bis 5. Jahrhundert datieren möchten, so sind wir schon ganz nahe dran an Arminius. Unserem Spaziergänger der Arminius auf der Straße traf schien es also so, als ob der sich erst mal „setzen (sâzun)“ wollte und seine „Schwester (swister)“ suchen würde, die am „Bein (ben/bena)“ „blutet (bluot/bluoda )“ um dann mit ihr auf einem „Fohlen (folon)“ das er irgendwo „angebunden (haftbandun)“ hatte ins „Holz (holza)“ also in den Wald zu reiten. Sieben Worte konnte unser Zuhörer also noch gut heraus hören, er konnte sie aber in keinen Zusammenhang bringen. Da aber offensichtlich seine Schwester eine Verletzung hatte, da sie am Bein blutete, wies er ihm natürlich den Weg ins nächste Krankenhaus. Und hier endet meine Simulation einer kurzen Konversation zwischen heute und damals. Sie ließe sich auch noch mit einigen anderen Worten erweitern, auch wenn man nur die Worte der Merseburger Zaubersprüche zur Grundlage nehmen würde. Ob die Cherusker untereinander am Lagerfeuer nun auf Basis dieser Stufe der Sprachentwicklung ihre Angriffspläne noch in Pannonien oder schon an der Weser schmiedeten ist da unerheblich. Aber diese vergleichenden Darstellungen von Mentelin zurück bis zu den Merseburger Zaubersprüchen könnte in zyklischen Schüben beweisen, dass man in Germanien dem Imperium sprachlich gleichwertiger war, als allgemein angenommen. Mit der Formulierung der zyklischen Schübe verbinde ich die Vorstellung, dass das Fortschreiten sprachlicher Leistungsfähigkeit in Germanien was ihre Veränderungen anbetrifft unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausgesetzt war. Ich halte es für denkbar, dass die ur - und die darauf folgende altgermanische Sprache der Rhein - Wesergermanen im Zeitabschnitt zwischen etwa 100 – bis 300 + eventuell sogar 700 + keine starke sprachlich verändernde Dynamik bekam bzw. entwickelte und nahezu gleich blieb. Die cheruskischen Sippen und Familienbande behielten lange ihre angestammten Siedlungsgebiete an der Mittelweser, da sich an den ersten Limeskämpfen nur die jungen Krieger beteiligten die anschließend wieder in ihre Dörfer zurück kehrten. Selbst mit dem Eintritt in die Zeiten der darauf folgenden Völkerwanderungen könnte sich die Vermischung der germanischen Sprachregionen und Kulturen untereinander noch zäher gestaltet und sich länger hinaus geschoben haben, bevor es zu Überlagerungen durch andere Mundarten kam. Die Nachfahren der germanisch sprechenden Bevölkerung der Römerzeit könnten ihre Dialekte demzufolge noch kaum verändert auch noch bis ins frühe Mittelalter mitgenommen haben. Erst mit der Ausdehnung der Sachsen bis zum Nordrand des Sauerlandes könnte es zu den sprachlichen Veränderungen gekommen sein, wie wir sie auch in der Lautverschiebung nachweisen können. Es ist daher denkbar, dass die altgermanische Sprachkultur auch noch bis in die Zeiten der Merseburger Zaubersprüche hinein reichte. Arminius daher auch die gleichen Worte nutzte und aussprach, wie sie darin in geschriebener Form vor kamen und wie wir sie auch heute noch, wenn auch nur mühsam übersetzen können. Es wird mithin erkennbar, dass es eine vielseitig akzentuierte und vor allem teamfähige Sprachkultur in Germanien gab, die besonders für militärisch strategische Beschlüsse unabdingbar war. Denn erst in eine Gefahrenlage gedrängt beweist sich welche kulturelle Substanz in einem Volk steckt bzw. verfügbar ist und angezapft werden kann. Und gerade eine Notlage gebietet es, sich besonderer kommunikativer Möglichkeiten zu bedienen um den Informationsaustausch zu verschärfen und zu perfektionieren. Wozu man in Krisensituationen sprachtechnisch fähig ist, zeigt die Nutzung des Navajo Codes im amerikanischen Pazifik Krieg und den Einsatz der nubischen Sprache im Funkverkehr in den arabisch/israelischen Kriegen um möglichst lange im verborgenen Taktieren zu können. Hätte sich die Germanen gegenüber dem Imperium wie „Analphabeten“ verhalten, hätte man im Kreise des Arminius die späteren Taten und Leistungen nicht vollbringen können. Wesentlich ist daher aus meiner Sicht nur eines. Das nämlich in der Summe betrachtet die sprachlichen Fähigkeiten innerhalb der germanischen Widerstandskämpfer hinsichtlich einer zuverlässigen Kommunikation untereinander völlig ausgereicht haben müssen, um dem römischen Gegner erfolgreich die Stirn bieten zu können. (26.2.2019)

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