Samstag, 2. Oktober 2021
Sorglos verlassen drei Rumpflegionen das Brakeler Etappenlager.
Im offiziellen Kriegstagebuch der römischen Armee hätte man es denn geführt stünde am 1. Kampftag bis gegen Mittag bis auf einige routinemäßige Randnotizen wohl nicht viel Außergewöhnliches. Wir schreiben den fiktiven 25.09.0009 und man war jetzt unterwegs. Unter Ihnen befanden sich mit Sicherheit keine Abstellungen, soweit die Recherche gediehen ist auch keine Zivilisten und erst recht keine Frauen und Kinder. Zunächst nutzten sie noch eine passable Zugtrasse, dem einzig gangbaren Weg der sie in in die Nähe der Siedlungsgebiete der Aufrührer führen sollte. Militärisch geordnet vor allem aber nichtsahnend von alledem was sie noch erwarten sollte marschierten sie im Staub ihrer Vorderleute dicht hinter ihren Anführern. Aber bald sollte es für sie wetterwendisch und somit feuchter werden. Aber stand ihr Schicksal wirklich so unwiderruflich fest wie es die Historie hinterließ. Eine zugegebenermaßen selten gestellte und auch äußerst hypothetische Frage, die aber bei der Gesamtbetrachtung zur Varusschlacht nicht fehlen sollte. Hätte Varus überhaupt noch etwas tun können um die Schlacht noch abwenden zu können und wenn ja, was wäre dann der geeignete und richtige Zeitpunkt dafür gewesen. Diesen Moment zu erkennen lässt Überlegungen zu mit denen sich erklären ließe, warum er ihn nicht nutzte und für welche Vorgehensweise er sich statt dessen entschied. Wie handelte er in dem Augenblick als ihm der Ernst der Lage bewusst wurde und lässt sich diese Phase überhaupt rekonstruieren. Hätte er schon erkannt, dass er in eine Schlacht schlitterte die er nicht gewinnen konnte, hätte er sicherlich schon nach den ersten Speerwürfen zum Sammeln gerufen um danach möglicherweise zum Rückzug zu blasen. Aber er verpasste diesen Warnruf da er die Vorkommnisse rechts und links des Marschzuges nicht für relevant genug hielt um sich für ausgreifende militärische Gegenreaktionen zu entscheiden. Es wurde ihm nicht bewusst, dass es in diesem Stadium noch möglich gewesen wäre die Schlacht noch abzuwenden und vielleicht sogar in Gänze zu wenden. Aber die Sorge falsch reagieren zu können trieb ihn möglicherweise auch um und er wollte mit einer Fehlentscheidung das gesamte Unternehmen nicht gefährden. Für ihn, den nach dem Studium der Quellen wohl nie eine Warnung aus dem Munde von Segestes erreichte, besaß es noch nicht die Tragweite um zu einem konzertierten Gegenschlag auszuholen. Das Manöver einer sofortigen Kehrtwende der gesamten und auch in diesem Gelände flexibel agierenden Reiterei sowie das Bilden von Schildkrötenformationen wäre die passende und richtige Antwort gewesen, wäre er sich seiner Lage im Klaren gewesen. Und kein Germane hätte es gewagt sich dieser Kampftaktik entgegen zu stellen. Statt dessen erkennen wir aufgrund seiner Verhaltensweise, dass er sich mit jedem Kilometer tiefer in eine aussichtslose Lage begab. Denn die germanischen Angriffe ließen nicht nach, sondern wurden sogar stärker. Dies wurde ihm nur langsam im Zuge der fortgeschrittenen Zeit bewusst. Sein Ziel bestand nach dem die Kämpfe an Heftigkeit gewannen nur noch darin einen geeigneten Ort für den Bau eines sicheres Lager anzusteuern, wo er sich fest setzen und sein Militär konzentrieren konnte um über das weitere Vorgehen zu beratschlagen und auf die Ankunft von Arminius zu setzen. Am Scheideweg seiner Befehlsmöglichkeit angekommen sahen er und sein Generalstab keinen Weg mehr als sich für die Wagenburgmethode zu entscheiden um sich der drohenden Niederlage noch entgegen stemmen zu können. Er wies daher seine Soldaten an der Marschzugspitze an, auf Basis der vermessungstechnischen Rituale die Arbeiten am "prima Vari castra" aufzunehmen. Damit ist aber auch die Frage beantwortet, was Varus hätte tun müssen um nicht als Verlierer vom Platz zu gehen. Diese Schlacht war der Anfang eines Krieges für den keine Kriegserklärung mehr nötig war. Eine Schlacht die sich am zweiten Marschtag für Varus auch nicht ankündigte, sondern geschah. Für Rom war es eine Clades was für Schaden, Niederlage, Unglück und Katastrophe steht. Sich einer Schilderung zu widmen, die den ungefähren Ablauf widerspiegeln könnte ist gelebte Geschichte und hat sich eng den antiken Texten anzupassen. Es ist zunächst der Marsch der Legionen ins Kampfgebiet was dann in eine Verlaufsstudie und eine Fährtensuche nach einer untergegangenen Armee mündet. Möchte man die Suche nach den schicksalhaften Schauplätzen auf visuelle Weise fortsetzen um den Schlachtenverlauf möglichst authentisch nachzustellen hat man sich zunächst einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Dann sollte man auch so konsequent sein und in Paderborn - Haxterberg einen Rundflug buchen und den Piloten bitten sofort den Ausgangspunkt des Zuges nämlich Höxter anzusteuern. Aus der Luft betrachtet erkennt man auch schnell, warum sich der Hellweg über Godelheim zog wo er in Richtung Westen drehte. Und man sieht auch schon auf den ersten Blick die Gründe, warum die wandernden Völker seit prähistorischen Zeiten eben nicht eine andere Strecke von der Weserfurt nach Westen bevorzugten. Denn man erkennt den steilen Anstieg westlich von Höxter auf den dann zahlreiche Bachschluchten und Höhenlagen folgen die den Weg von Erwitzen über Pömbsen und Bad Driburg zum damals noch unbefahrbaren Anstieg nach Altenbeken beschwerlich machen. Ihm fehlt die Gradlinigkeit und Windungen zu begehen oder zu befahren war noch nie eine gute Alternative wenn es besseres gibt. Dann fliegt man von Höxter kommend eine Schleife über Bad Driburg, erkennt dabei die exponierte Höhenlage von Schwaney am Kopf des Hellweges, schaut im Überflug aus dem linken Seitenfenster auf den Gradberg und östlich davon auf Brakel. Vor sich in weiter Entfernung am südlichen Horizont aber bei guter Sicht nicht zu übersehen thront der erloschene Desenberg Vulkan und wenn man aus dem rechten Kabinenfenster blickt begleitet die Egge den Flug in Richtung Peckelsheim und Borlinghausen, wo der Pilot eine Schleife über den Saltus und den Varenberg ziehen sollte, bevor er über den mysteriösen Zuckerberg bei Kleinenberg über Lichtenau zurück zum Haxterberg fliegt. Das Wesentliche des Fluges besteht in der dabei gewonnenen Erkenntnis wie geschickt die Germanen damals vorgingen indem sie das räumliche Zusammenspiel für die strategische Schlachtenplanung nutzten. Das Einbeziehen des römischen Hellweges über den Varus am ersten Tag seinen Rückmarsch antreten musste da er alternativlos war. Arminius kannte nicht nur die römische Tagesmarschdistanz und wusste daher, dass Varus in Brakel übernachten musste, er wusste auch, dass Varus keine Zivilisten mit ins Aufrührergebiet nehmen würde und es für sie nur den direkten Weg durch die Gradbergschlucht geben würde. Aber nicht nur das. Arminius kannte auch die sich über viele Kilometer erstreckende Unüberwindbarkeit der schroffen Egge, dass davor liegende Nethesumpfland, den begehbaren Heggehöhenrücken und den einzigen Passweg über die Südegge bei Borlinghausen, wenn man nach Westen gelangen wollte. Aber dank des Rundfluges wissen wir jetzt auch wie es am Boden aussah. Eine weitere taktische Leistung bestand darin der römischen Armee ab dem "prima Vari castra" einen Fluchtkorridor frei zu lassen, den die Germanen brauchten um den Rest der Legionen aufzureiben die sich bis zum ersten Lager nicht besiegen ließen. So dirigierte man sie in den Saltus westlich von Borlinghausen, eine Methode die noch zu Segimer passen könnte. Aber im Kern wird die Landschaft von der Nethe dominiert, die der Region ihren Stempel aufdrückt und auch dem alten Gau ihren Namen gab. Aber auf den ersten Blick betrachtet verrät ihr mäandrierender Verlauf noch lange nicht ihre besondere Rolle, die sie im Zuge der Schlacht inne hatte, die für Arminius glücklich endete. Welchen Namen könnten die Germanen in den folgenden Jahren dieser Schlacht gegeben haben. Nannten sie sie etwa die "Hilti ana Nethe", den "grote Drakekamf" oder gar "Ragnarök". Die Germanen werden der Schlacht je nach Bezug zu ihr wohl mehrere Namen gegeben haben, aber keiner wurde uns erhalten. Tacitus war ein Bezugspunkt zur Varusschlacht bekannt, er beschrieb ihn als "unweit" also "nicht fern" des "Teutoburgiensi Saltu", denn dort sollten seiner Angabe nach sechs Jahre danach immer noch die unbestatteten Knochen der gefallenen Legionäre liegen. Dem aufgearbeiteten Sachstand zur Folge und allen Grundannahmen nach zu urteilen könnte dies auf das östliche Vorfeld des mit Bündeln von Hohlwegen reich gesegneten Egge Paßanstieges bei Borlinghausen hinweisen. Da die Region nur diese einzige beschreibungsfähige da markante Geländestruktur kennt, konnte auch nur sie sich in die römische Erinnerungskultur einprägen und Tacitus verwendete sie. In diesem prähistorischen vor allem aber karrentauglichen Aufstieg aus der Bördelandschaft zum Sintfeld dem Saltus, ist auch der Grund dafür zu suchen, dass uns nur diese eine Örtlichkeit überliefert werden konnte. Die davor liegenden Stationen des Defiliergefechtes befanden sich im Vergleich dazu in einer schwer zu beschreibenden Landschaft. Sie verfügte über kein derart herausragendes Merkmal wie den Passanstieg, sodass uns Tacitus dazu auch keine Bezeichnungen hinterlassen konnte. Hätte Varus sein Lager etwa auf dem Desenberg gehabt, so wäre dies keinem Schlachtenteilnehmer oder späteren antiken Historiker entgangen. Aufgrund dessen ist uns auch nur jene eingegrenzte Region um diese Landmarke herum namentlich bekannt geworden wo die Schlacht endete und wo ihre letzten Kämpfe statt fanden und keine sonstigen Spuren oder Charakterisierungen auf dem langen Weg bis dorthin. So verwandelte sich die Schlacht von anfänglichen Plänkeleien in für die Germanen siegreiche heftigere Gefechte, die dann im Zuge der sich abzeichnenden römischen Niederlage in einem von steten Scharmützeln begleiteten Zermürbungskampf ihren Ausklang vor dem Saltus fand. Und alles endete da, wo Tacitus den durch Knochen fixierten Schlusspunkt setzte und Varus sich den Todesstoß versetzte. Bis dahin "könnte" sich die Schlacht hingezogen haben. Ja "könnte", denn es sind immer wieder die "störenden" Konjunktive "könnte, würde, müsste oder sollte". Indikative machen sich in der Varusforschung bekanntlich sehr rar und sind zudem unter den faktenorientierten Historikern recht unbeliebt. So breitet sich unter unseren Augen eine strategisch betrachtet vielseitige Geographie aus die sich die Germanen für ihr Ansinnen vom Anfang bis zum Ende bis ins Detail zu nutze machten. Eine Landschaft in der sich wie dargestellt, der Schlüssel des germanischen Erfolges finden lässt. Da es sich aus Bodennähe schlecht orientieren lässt, ist also ein auf diese Örtlichkeiten ausgerichtetes Höhenbild wie es unter Einbeziehung der Luftaufklärung angeboten wurde, durch nichts zu ersetzen, möchte man sich einen Blindflug ersparen. Die visuelle Computertechnik bietet zwar noch andere Möglichkeiten, aber die bewegliche Draufsicht unter Abzug störender Tragflächen trägt zweifellos dazu bei sich den Sachstand verständlicher zu machen und ist kaum zu ersetzen, bevor man sich dann aber die Wanderschuhe anziehen sollte. Aber es reicht allein nicht aus, um sich damit in die taktischen Entscheidungsprozesse der Protagonisten von beiden Seiten hinein zu denken, oder sich nur auf diese Weise die logischen Abläufe zu erschließen. Dies alles passierte auf römischer Seite am Morgen des zweiten Marschtages im Brakeler Garnisonslager also im Befehlszentrum und die Resultate aus dieser Besprechung und den damit verbundenen Anordnungen zeigten sich erst anhand der weiteren Vorgehensweise. Denn wie man annehmen darf zog nun eine geschrumpfte Streitmacht, Marbod nannte sie "entleert", zusätzlich noch geschwächt durch den Entzug der Abstellungen los, um sich von Feind und Wetter nieder ringen und aufreiben zu lassen. Aber nun galt es auch etwas umzudenken, also die strategischen Schritte von Arminius zu verlassen und sich ins römische Lager zu begeben, denn wir müssen das darstellerische Kunststück vollbringen beide Prozesse parallel zueinander zu denken und abspulen zu lassen. Eine Erschwernis, die sich durch die Erfindung des Zelluloidfilmes lösen ließ und was der Filmtechnik besser gelingt, da man am Set nur die Kamera großräumig umschwenken braucht. Hier muss es allerdings mit Einfühlungsvermögen ausgeglichen werden. Denn während nun die Soldaten des Varus mehr mit sich selbst beschäftigt und bemüht waren sich im oder vor der Lagertoren in eine Marschkolonne einzugliedern um darin ihren zugewiesenen Platz zu finden, wurde jede ihrer Bewegung schon von zahlreichen Augenpaaren unbemerkt aus dem Dickicht der Umgebung heraus begleitet. Die ganze Aufmerksamkeit der römischen Kommandeure und Pioniere galt nun in erster Linie dem Weg und seinem Zustand den ihnen die germanischen Kundigen ins Rebellengebiet wiesen. Er bestimmte aufgrund seiner Breite und Beschaffenheit die Zuggeschwindigkeit und auch die Marschformation. Und dieser Weg war mitnichten mehr vergleichbar mit den angenehmen Marschbedingungen vom Vortag. Marschierte die Kolonne am ersten Tag, jenem fiktiven 24.09.0009 noch etwas entspannter und möglicherweise auch noch in geduldeten größeren Abständen zueinander wie man es sich unter Friedensbedingungen vorstellen darf, so lagen an diesem zweiten Tag gänzlich andere Voraussetzungen vor. Denn für den Marsch einer Truppe in eine als potenzielles Krisengebiet ausgewiesene Region in der man möglicherweise mit Kampfhandlungen zu rechnen hat, gelten andere disziplinarische Maßregeln denn nun wurde daraus eine rein militärische Aktion. Jetzt war das Militär unter sich, da man sich vom zivilen Ballast getrennt hatte. So bedarf es noch mal des Einstieges in die Phase als Varus in kreativer Aufbruchstimmung begriffen plante das Lager in Brakel zu verlassen. Umgeben von einem massiven Aufgebot von bis an die Zähne bewaffneter Legionäre, was ihm helfen sollte den Aufrührern den nötigen Respekt einzuflößen und was ein optisches Bild der Stärke erzeugen sollte, brach der Feldherr symbolisch betrachtet seine Zelte in Brakel ab. Varus war umsichtig genug und wollte daher von den Germanen vorher noch mal über die aktuelle Lage im kritischen Stammesgebiet informiert werden. Die Vertrauensleute von Arminius werden sie ihm vermittelt haben auf deren Basis er hoffte nun besser einschätzen zu können was ihn erwartete. Man könnte daraus eine phantasievolle Vorstellung entwickeln. So wird man ihm auch die Anmarschroute umrissen, die Wege aber als tauglich beschrieben und ihm mitgeteilt haben, welche Marschzeit bis zum Zentrum der Aufrührer man für realistisch hielt. Varus konnte sich nun mit seinem Generalstab abstimmen, wann man das Lager zu verlassen hatte, wie viel Kurzrasten nötig waren und wann man im Rebellengebiet eintreffen wollte oder würde. Es sollte weit vor Beginn der herein brechenden Dunkelheit sein, da man vorher noch das erforderliche Nachtlager zu errichten hatte in dem man am folgenden Tag über die Ursachen des Aufruhrs mit den Rebellen verhandeln und sich ein Bild verschaffen wollte. Anhand der Marschdauer und des für den Lageraufbau nötigen Zeitbedarfs lässt sich erschließen bzw. zurück rechnen, wann die Legionen Brakel zu verlassen hatten. Lebendige Literaturgeschichte auf Papier zu bannen oder in die Tastatur zu tippen ist in diesem Fall eine Herausforderung und fasst eine Zumutung, dies allerdings weniger für den Schreiber als für den Leser der es nach Möglichkeit auch verstehen sollte. Denn Worten und Buchstaben lässt sich schlecht Farbe einflößen oder Beweglichkeit beibringen. Der Marsch des Varus in den Untergang macht es nötig sein Bewegungsprofil plastisch erscheinen zu lassen. Man muss sehen, ob es im weiteren Verlauf gelingen kann. Dieser Hypothese folgend bestand für Varus der zweite Tag eigentlich nur aus einem halben Marschtag, denn die Distanz zu den Aufrührern erforderte keine volle Tagesmarschleistung da man nur etwa dreizehn Kilometer bis in den anvisierten Raum zurück zu legen hatte und die restliche Zeit den Vorbereitungen vor Ort vorbehalten war. Als Fazit lässt sich daraus ableiten, das Varus auch keine Eile an den Tag legen brauchte. Der zivile Marschzug hingegen, dem eine längere Strecke bis Schwaney bevor stand könnte das Lager Brakel also noch vor dem Militär verlassen haben. Der Heerwurm des Varus könnte sich demnach mit dem Ausrücken noch bis in den frühen Vormittag hinein Zeit gelassen haben um mit dem Bau des "prima Vari castra" bei den Aufrührern immer noch rechtzeitig, also vor Einbruch der Dunkelheit fertig zu werden. Varus könnte demnach seinen imaginären Ritt an der Spitze seiner Legionen an der pittoresken alten Nethe Bogenbrücke aus dem Jahr 1590 begonnen haben. So zog er denn ungefähr dort los, wo um das Jahr 925 unter den Karolingern die Höfe nach den Himmelsrichtungen benannt wurden. In diesem Fall nahe der mittelalterlich fränkischen Wüstung mit der Bezeichnung "Sudheimer Feld" und ungefähr da, wo später im hohen Mittelalter die gekrönten Häupter am Hellweg ihre Zelte auf dem Königsfeld aufschlugen. Dies wäre dann in etwa der Ausgangspunkt von wo aus virtuell betrachtet Varus seine letzte Reise antrat. Seine Legionen mögen mit ihm westlich am heutigen Sudheimer Hof vorbei in Richtung Süden gezogen sein und müssten bevor sie auf den kleinen Hellweg einschwenkten zunächst eine Wegeverbindung passiert haben, die heute den Straßennamen "Sudheim" trägt. Aber diese Straße behält den Namen nur bis zum Abzweig zum Sudheimer Hof, erst ab dann führt sie den bedeutsamen Namen "Hellweg". Und jener kleine Hellweg dürfte ebenso alt sein wie der große Hellweg von Paderborn nach Höxter. Aber dieser unscheinbare heute halb vergessene Hellweg war lange Zeit die einzige Verbindung die den gesamten Nordsüdverkehr von Brakel in die Warburger Börde zu bewältigen hatte bis 1973 die Bundesstraße 252 fertig gestellt war. Das diese alte und Denkmal geschützte Brücke dieser Belastung solange stand hielt und heute immer noch befahren wird und werden darf ist bewundernswert und unterstreicht die Qualität ihrer Bauweise. Mit der immer noch stark befahrenen Trier Römerbrücke deren Pfeiler bereits seit rund 1870 Jahre in der Mosel ruhen, kann sie natürlich nicht mithalten. Das bis weit ins letzte Jahrhundert hinein die an der Nethe gelegenen Brakeler Ortsteile Rheder und Siddessen noch über keine Umgehungsstraße verfügten weckt ein Verständnis dafür, dass an ihren Ufern vor 2000 Jahren erst recht kein Durchkommen möglich war. Denn neben Brakel verrät auch der Name Rheder, dass hier einst ein hoher Wasserstand vorherrschend war. Denn seiner etymologischen Herkunft nach steckt im Ortsnamen Rheder noch das Wort Reet bzw. Ried für Schilf und verrät damit seine feuchten Bodenverhältnisse und somit den Gesamtcharakter. Nostalgisch betrachtet spiegelt sich in diesem Hellweg die Vergänglichkeit aller einst wichtigen Überlandverbindungen dar. Ein prähistorischer Weg, der noch im 2o. Jahrhundert für die ländliche Bevölkerung unentbehrlich und unersetzbar war zeigt sich heute als ein einsamer fasst menschenleerer Feldweg der nur noch von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werden darf. Ein Weg dem man seine Vergangenheit heute nicht mehr ansieht. Und würde man die Asphaltdecke entfernen und ihn für jeglichen Verkehr sperren, ließe er sich schon nach wenigen Jahren vielleicht nur noch auf Luftbildern nachweisen. So darf man basierend auf diesem Wissensstand als sicher annehmen, dass es einen Weg von Brakel südwärts auch schon vor 2.000 Jahren gegeben hat, denn es existierten an seinem Rande germanische und noch ältere Siedlungsgebiete. Passend zur historischen Geschichte ist am Anstieg hinter dem Sudheimer Hof auch heute noch die Naturgeschichte lebendig und zwar in Form ihrer geflügelten Gesellen, den tief schwarzen mythologischen Botschaftern vergangener Zeiten. Denn man kann in diesem Wald, wie auch noch an vielen anderen Stellen in Ostwestfalen immer noch die alten aber immer jungen Wodansvögel Hugin und Munin "singen" hören. Ja, Sie haben es richtig gelesen, "singen". Denn Kolkraben werden wegen ihrer Kehlausbildung zu den Singvögeln gezählt. Die Legionen hatten nachdem sie den heutigen Sudheimer Hof passierten auf etwa 1.700 Metern Länge rund 80 Höhenmeter zu überwinden um auf den nordsüdlich verlaufenden Heggehöhenrücken östlich der Nethe und südlich von Brakel zu gelangen. Den beladenen Ochsengespannen und den Legionären stand bei vollem Marschgepäck hier die erste Kraftanstrengung bevor, denn die Strecke war unwegsam, wird bewaldet gewesen sein, besaß Hohlwege und Serpentinen und kostete entsprechend Zeit und sie war bei weitem nicht vergleichbar mit der neuzeitlichen gradlinigen Ausrichtung einer asphaltierten Wegeführung parallel zum Bachtal. Dieser früher unmittelbar an der Antoinettenburg auch Nettenburg genannt, einem alten Vorwerk vorbei führende Weg mit der Bezeichnung Hellweg der die Anlage damals noch östlich streifte und sie heute westlich umgeht dürfte auch schon zu Varuszeiten einen ähnlichen Verlauf genommen haben. Er hält seinen geschichtsträchtigen Namen Hellweg bis zu einer Kreuzung bei die sich etwa 1.300 Meter vor Hampenhausen befindet. Er verbirgt sich dann noch einige hundert Meter unter der Teerdecke des Straßenkörpers der Kommunalstraße 40, der Hampenhauser Straße und bog etwa auf halber Strecke nahe dem Sieksbach zwischen dem Kreuzungspunkt und dem Ortseingang von Hampenhausen nach Westen ab. Von da an verliert sich der alte Hellweg in der Feldflur und es verschwindet nicht nur seine Schreibweise, sondern auch seine oberirdische Existenz. Ursprünglich umging der Hellweg den kleinen Ort Hampenhausen westlich aber an seinen einstigen Wegesrändern kennzeichnen ihn noch vereinzelt Wegekreuze und da wo er als Feldweg erhalten blieb befinden sich alte schattige Rastplätze mit schönen alten Baumbeständen was für seine ehemalige Bedeutung spricht. Hampenhausen, ein kleines Dorf mit etwa 43 Einwohnern, dessen Existenz sich möglicherweise bis in die Urzeiten der Besiedelung zurück verfolgen lässt. Denn Ansiedlungen die einen nachweisbaren Bezug ins frühe 9. Jahrhundert vorweisen können bestanden in der Regel auch schon lange Zeit davor. Anknüpf- und Anhaltspunkt für das nachweisliche Alter von Hampenhausen ist möglicherweise die Herkunft des Grafen Amelung dem IV vom Nethegau. Er wurde um 830 geboren und gehörte wohl dem Geschlecht der sächsischen Billunger an. Aus dem Namen Amelung lässt sich noch die alte ostgotische Tradition aus arianischen Schutzmachtzeiten unter Theoderich dem Großen, der um 526 + verstarb gegen die katholische Frankenherrschaft ableiten. Aber Amelung den IV nannte man im Volksmund auch "Hampo" und da ist der Gedankensprung zu Hampenhausen bzw. zu Hambanhus wie sich Hampenhausen um das Jahr 1000 nannte nicht mehr weit. Der Name Heggedörfer, also die drei zusammen gefassten "Heckendörfer" Auenhausen, Frohnhausen und Hampenhausen von denen man einen schönen Ausblick auf die große Egge genießen kann, begegnet uns im heutigen Wort Hecke und Hegge. Was damals wie heute ein eingezäuntes, mittels Hecken geschütztes, abgegrenztes Weideland bezeichnet und was auch auf eine stärkere Besiedlungsdichte in früheren Zeiten hingewiesen haben könnte. Es kann aber auch größere Territorien voneinander abgegrenzt haben. So wie uns auch die große Egge im Sinne von Ecke und Kante als ein abgrenzendes Scheidegebirge erscheint, das einst die zwei großen germanischen Stämme der Brukterer von den Cheruskern trennte. Und die Strategie von Arminius bestand darin Varus von Brakel aus zunächst auf diese Altstraße die man später Hellweg nannte und die an den heutigen Heggedörfern vorbei bis an die Diemel bei Warburg führt zu lotsen. Dieser alte Weg stellte seit Vorzeiten die direkte Verbindung zwischen Brakel und der fruchtbaren Warburger Börde dar. Nur über ihn war es lange Zeit möglich auf direktem Wege von Brakel aus in den Süden zu gelangen wenn man das schwer passierbare, besser gesagt unpassierbare, weil versumpfte Nethetal meiden wollte. So bezog Arminius diesen vorteilhaften Höhenrücken in seine Strategie mit ein. Diese Geländeformation und auch die Wegeführung des ersten Abschnitts könnte damals den römischen Besatzern noch in Ansätzen bekannt gewesen sein. Was aber den weiteren Verlauf zum Netheoberlauf anbetraf, so wird ihr Kenntnisstand über diese Region mager gewesen sein. Aber erst in diesem Abschnitt wird deutlich, wie zielgerichtet ja geradezu perfide die Germanen damals vorgingen um für Varus den perfekten Hinterhalt zu konstruieren. Denn in dieser heiklen Lage um Sieg oder Niederlage waren sie als der schwächere Part gezwungen alle Trümpfe auszuspielen die ihnen die Landschaft bot. So fiel besonders der Nethe eine elementare Bedeutung für ihre Taktik zu, denn sie begleitete die Legionäre die östlich von ihr in den Süden unterwegs waren noch bis auf die Höhe des heutigen Ortes Niesen. Dies würde ihnen im Zuge der späteren Kampfhandlungen auch ein späteres Ausbrechen nach Westen erschweren. Es ging eine flankierende Wirkung davon aus die die Strategen der Schlacht nutzten und legten Varus auch deswegen die Fährte über den besagten Höhenweg. (02.10.2021)

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Freitag, 10. September 2021
Die letzten Stunden vor der Schlacht - Die Germanen hatten aus ihren Fehlern gelernt.
Wie stand es um das strategische Denken unserer Vorfahren. Waren sie wirklich so ungestüm, unkontrolliert und undiszipliniert wie es uns die römische Propaganda weiß machen wollte. Denn nach allem was sich aus den antiken Schriften heraus lesen lässt, soll es mit ihren taktischen Fähigkeiten nicht so weit her gewesen sein. Aber war es nicht vielmehr umgekehrt der Fall, so wie es bereits im letzten Kapitel behandelt wurde. War man nicht eher auf römischer Seite oftmals überfordert und erreichte nur selten das Ziel dessen, was man sich bei Beginn eines Feldzuges erhoffte. Beispiele für Fehleinschätzungen finden sich zur Genüge was den Nimbus einer siegreichen Armee eintrübt und das Kaschieren von Niederlagen gehörte schon fasst zur Standarddisziplin römischer Autoren. Haben römische Legionen in den Jahren zwischen Drusus und Varus vielleicht auch Germanien oftmals kampflos durchstreift, sondierten, verhandelten und erkundeten sie nur, vermieden aber bei ihren Observierungen weitab von ihren Nachschubwegen die unnötige Provokation. Warum sollten sich ihnen da die Einheimischen in kriegerischer Absicht entgegen gestellt haben, wenn sie es nicht für nötig hielten. Die Schlacht bei Arbalo 11 - spricht hingegen eine andere Sprache. Erkannten die Zentralgermanen damals erstmals, dass hier nach gallischem Vorbild eine fremde Macht dauerhaft Fuß fassen wollte. Die Schlacht kündet jedenfalls davon, dass die Fronten sich zu verhärten begannen. Was hatte Drusus falsch gemacht, dass er ihren Groll auf sich zog. Was waren die Gründe für den glücklichen römischen Sieg oder ein Entkommen im letzten Moment. Keiner kann heute hinter die Kulissen blicken aber es könnte auch in die simple Erklärung münden, dass ein germanischer Sieg nur ausblieb, weil ein erwartetes Kontingent germanischer Krieger aus abgelegeneren Regionen nicht rechtzeitig am Kampfplatz erschien. Es besteht jedenfalls kein Anlass die germanischen Fähigkeiten infrage zu stellen nur weil es die römischen Quellen so suggerieren. Denn einen Hinterhalt zu legen ist in Kriegszeiten eine legitimes Mittel, dass sich alle feindlich gegenüber stehenden Mächte je nach Bedarf gleichermaßen zu nutze machen, aber "hinterhältig" nennt es immer nur die Partei die die Falle nicht erkannt hat. So galt es die vielen Einzelfragen abzuklären und abzuarbeiten, warum die Schlacht ausgerechnet im Nethegau statt gefunden haben könnte und nicht irgendwo anders. Die gesamte bisherige Recherche bildete den nötigen Unterbau um zu diesem Resultat zu gelangen. Wer auch nur ein Kapitel aus lies dem konnte schnell der Überblick über die gesamte Argumentationskette und die darin verborgene Logik verloren gehen. Fehler passierten sie schon in der Anfangsphase großer Schlachten so waren sie später schwer wieder zu korrigieren. Da bildet die Varusschlacht in der Weltgeschichte keine Ausnahme, denn was für Napoleon das Vorgeplänkel bei "Quatre Bras" war, war für Varus vielleicht der germanische Handstreich am "Gradberg". In beiden Fällen wurden früh entscheidende Weichen für die späteren Niederlagen gestellt, ohne das es den Feldherrn bewusst wurde. Die historischen Fallstricke der Varusschlacht wurden nun einigermaßen hinreichend dargelegt, die Vorgeschichte ist verarbeitet und nun soll der eigentliche Akt des Schlachtverlaufs in den Mittelpunkt rücken. Aber zunächst sollen die Waffen schweigen und der Taktik der Vorrang gegeben werden. Dazu gehört es die Zugtrasse zu definieren. Dies wird wieder einige Kapitel verschlingen und es erfordert eine nahezu kriminalistische Herangehensweise. Aber hier geht es nicht allein um die Frage wo die Stunde Null schlug, also wo die Schlacht des Varus begann und der erste Speer geschleudert wurde, denn das tat sie recht zögerlich, sondern auch darum, wo sie ihr Ende fand. Denn da warten auf den Leser noch einige unerwartete Höhepunkte wie sie sich im Zuge der Analyse bezogen auf die mögliche Lokalisierung der Varus Selbsttötung ergeben haben. Aber auch erstaunliche Bezüge, warum der Stamm der Cherusker in den späteren Jahrhunderten wie begraben und eliminiert erscheint und nach etwa 120 + keinerlei Erwähnung mehr fand. Vielleicht besser gesagt finden durfte und noch einiges mehr, sodass es spannend bleiben wird. In groben Zügen kam es bereits in den letzten Abschnitten zur Sprache, aber ab hier soll nun der Versuch gestartet werden der Thematik auf akribische Weise auf den Grund zu gehen. Für gewöhnlich wird jeder Schlachtbeginn daran fest gemacht, wo sich erstmals die Waffen kreuzten und dies fand demnach um die Mittagszeit nördlich von Dringenberg im Oesetal statt. Der Theorie nach geschah dies also schon, als sich Varus noch gar nicht des Ernstes der Lage bewusst und dabei war seinen Weg zu den Aufrührern ungerührt durch Wind und Regen fortzusetzen. Voraus gesetzt man hat die versteckten Botschaften von Cassius Dio richtig interpretiert, dann entwickelten sich die alles entscheidenden Ereignisse der Clades Variana erst ab dem zweiten Marschtag. Dieses wäre folglich der Tag gewesen, an dem sich die dunklen und ahnungsvollen Prophezeiungen derer die Varus zu besonderer Vorsicht rieten bewahrheiten sollten. Der Tag an dem sich alle seine voraus gegangenen Fehleinschätzungen rächen sollten und an dem die Rechnung auf germanischer Seite begann aufzugehen. In den aufgewühlten und erregten Seelen der einfachen Germanen tobte die Schlacht schon bevor sie zum Ausbruch kam aber ihre innere Anspannung durfte nicht auffallen und sie mussten sich beherrschen. Und auch in den Köpfen der germanischen Stammeseliten kann man die Unruhe heute noch nach empfinden. Sie waren für das Gelingen zuständig und alle Anführer werden im engen Kontakt zueinander gestanden haben, denn ab dem zweiten Marschtag der Legionen musste sich zeigen ob ihr Plan aufging. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen germanischen Stämme oder Kampfgruppen miteinander zu erforschen und sich in ihre jeweilige Angriffsstrategie hineinzudenken, ihre Methoden und Kommunikationswege zu entschlüsseln und dahinter eine abgestimmte Vorgehensweise zu suchen bedarf einer separaten Analyse, die aber mangels Wissens aussichtslos ist, dafür aber gespickt mit Spekulationen ausfallen würde. Die römischen Legionäre hingegen sahen ihren späteren Feinden noch lange völlig unbelastet und unbedarft ins Gesicht. Blickten in ihre Augen, kannten ihre Gegner teilweise sogar persönlich, kamen sich aber menschlich selten nahe und wussten daher nichts von deren verborgenen Absichten und finsteren Gedanken. Sie lebten und marschierten sogar mit ihnen zusammen, übersahen aber ihr inneres Aufbäumen und ihren Widerwillen gegenüber den Besatzern. Ihr undurchsichtiges Verhalten was allen Menschen im Imperium im Nachhinein betrachtet so rätselhaft erschien machte aus den mit ihrer Heimat verbundenen Germanen später das Volk der Verräter, Betrüger, Täuscher und Vertragsbrecher. Denn im verwöhnten Rom konnte sich niemand vorstellen, dass es überhaupt ein Volk geben könnte, dass auf die Segnungen des Imperiums freiwillig verzichten wollte und dafür armseligen Hütten den Vorzug gab. Aber wo schlug nun genau die Stunde Null der eigentlichen Varusschlacht. Und wann stellten sich diese Germanen für Varus völlig unerwartet mit der Waffe in der Hand entgegen. Der Tag an dem die Legionäre in den Germanen erstmals ihren Gegner erkannten brach wohl in Brakel an. In Brakel wo man tags zuvor eintraf um sich zur Ruhe zu legen und von wo aus die einen dann am nächsten Morgen entweder über Schwaney bzw. Aliso zur Lippe zogen oder die anderen ins Inferno zum "Teutoburgiensi saltu" aufbrachen. Am Morgen sah es in Brakel, obwohl es vielleicht schon etwas zu tröpfeln begann noch danach aus, als ob das Wetter halten könnte und alles einen friedlichen Verlauf nehmen würde. Varus verließ sein Zelt streckte sich und schien alles im Griff zu haben. Die meisten vertrauten ihm und hielten seine Vorbereitungen für durchdacht, die Zivilisten bereiteten sich auf ihren Abzug nach Anreppen vor, die Legionäre verluden schon seinen Richterstuhl, spannten die Zugtiere vor sein Gefährt oder sattelten sein Pferd. Wer aus welchem Grund auch immer jetzt keine Waffe führen konnte, der hatte möglicherweise das große Los gezogen und entging zumindest einem scheinbar größeren Schicksal. Wieviel Männer aus welchen Kohorten Varus abzog um sie dem zivilen Marschzug zur Lippe mit zugeben und ob auch Germanen an diesem Geleit teilnahmen stand vermutlich schon seit dem Vortag fest, denn so etwas wird nicht Adhoc entschieden. Es waren jene in der Überlieferung so schemenhaft und unverständlich dargestellten Abstellungen die den Treck begleiten sollten, um ihn gegen mögliche räuberische Überfälle verteidigen zu können. Möglicherweise auch auf Vorschlag der Cherusker hatte Varus die Entsendung eines Truppenteils angeordnet bzw. ihr zugestimmt. Es könnten viele, vielleicht sogar Schlachten entscheidende Kräfte gewesen sein die man dem Hauptkader entzog. Denn man machte Varus nach seinem Tod heftige Vorwürfe, weil er seine Truppen nicht zusammen gehalten hatte. Den damit verbundenen Vorwurf dies zudem noch in Feindesland getan zu haben wird Varus, hätte er denn überlebt wohl nicht akzeptiert und dürfte es mit dem Brustton abgestritten haben. Denn aus seiner Sicht betrachtet bewegte er sich doch zu diesem Zeitpunkt noch unter vertragstreuen Partnern vielleicht auch Freunden aber nicht unter Feinden. Was allerdings die zahlreichen besser wissenden so genannten bösen Zungen späterer Jahrzehnte aus Ahnungslosigkeit über den wahren Schlachtenverlauf oder dem Mainstream geschuldet, anders bewerteten. Es ist ein schwieriges Unterfangen, aber man kann versuchen die Schilderungen zu diesem ereignisreichen zweiten Marschtag auf mehrere Ebenen und Perspektiven verteilt in ein profundes und verständiges Licht zu rücken. So könnte man versuchen sich den Abläufen dieses Tages auf einer sachlich nüchternen Ebene zu nähern und dazu gehört es auch, sich mit den landschaftlichen, und heute noch erkennbaren realen Gegebenheiten auseinander zu setzen und einen Vergleich mit damals zu wagen. Sich also in einen Rundumblick zu vertiefen, der uns zu einem Vorher - Nachher empfinden führt, der aber von uns abverlangt 2000 Jahre überbrücken zu müssen. Letztlich öffnet sich uns aber auch ein Blickwinkel der Voreingenommenheit. Denn durch diese Theorie ist er ein anderer geworden. Nun ist man belastet mit dem vermeintlichen Wissen, dass einst im Nethegau und eben nicht andernorts die Varusschlacht getobt haben könnte. Neigt man jedoch dazu sich die Landschaft und ihr Weichbild in der Rückbesinnung allzu fabelhaft vorzustellen, dann kann man Gefahr laufen in die romantischen Vorstellungswelten eines Caspar David Friedrich abzugleiten. Die Germanen werden es weniger Pittoresk gesehen haben. Entfernt man sich nun innerlich vom großen Hellweg wie er zwischen Höxter und Schwaney verläuft und von dem Varus am zweiten Marschtag abwich, dann gerät sofort ein anderer scheinbar unbedeutender Weg in den Focus der Betrachtung. Es ist zwar nur ein kleiner und unauffälliger dafür aber ein ebenfalls prähistorischer Verbindungsweg der auch noch heute den gewichtigen Namen Hellweg trägt. Von Brakel führt er über die Heggehöhen in die Richtung der Warburger Börde die man korrekterweise Borgentreicher Börde nennen sollte. Und dieser kleine Bruder des großen Hellweges könnte zu einem geschichtsträchtigen Weg geworden sein. Denn er war es möglicherweise über den die Legionen in all ihren Irrungen und Wirrungen letztlich zum angedachten ersten Lager dem "prima Vari castra" gelangten. Heute sind die Regionen durch die einst die römischen Soldaten marschierten von der intensiven Land - und Forstwirtschaft geprägt. Die Natur schweigt und sie verrät mit keinem Deut mehr etwas über die einstige schicksalhafte Vergangenheit. Man kann so weit es möglich ist versuchen, sich in die Welt der Germanen zurück zu versetzen. Rund 26 Jahre sind seit der letzten bündnispolitischen Großtat der erfolgreichen "Clades Lolliana" des Jahres 16/17 - vergangen an der sich Sugambrer, Tenkterer und Usipeter beteiligten. Aber dazwischen stand noch das ungelöste Rätsel von Arbalo von dem niemand weiß was dort wirklich geschah, dass aber die Germanen zunächst moralisch zurück warf bevor sie sich wieder zusammen rauften was den Immensum Bellum auslöste. Als sie dann zwanzig Jahre nach Arbalo gegen Varus antraten war es eine andere Generation. Und dieses Mal wollte man es sicher besser machen und es intelligenter angehen. Für Rom dürfte es nach den Jahren der Ruhe nach dem Immensum Bellum kaum vorstellbar gewesen sein, dass man nun östlich des Rheins imstande gewesen sein soll, gegen sie wieder ein Bündnis im Verborgenen zu schmieden. Das es den Raubeuteln von der Weser gelingen könnte, den Spieß umzudrehen um plötzlich selbst mit Disziplin, Taktik und Geschlossenheit zu glänzen konnte man im Lager des Varus nicht erwarten. Eigenschaften die bislang nicht unbedingt zu den Stärken der Germanen zählten. Der germanische Widerstand hatte viele Gesichter und bestand aus zahlreichen Facetten die in ihrer Komplexität nur schwer zu greifen sind. Aber einen besonderen Augenmerk sollte man sowohl auf die jungen aber auch die alten Kampfteilnehmer unter den Germanen richten. Die reiferen Kämpfer die mit römischen Waffen bereits im Zuge des gigantischen Flächenbrandes, dem Immensum Bellum unter Tiberius vertraut waren, besser gesagt leidige Bekanntschaft machen mussten und von denen einige vielleicht schon bei Arbalo gegen Drusus dabei waren. Aber auch jene Unerfahrenen, die sich wie man so sagt blutjung ins Kampfgetümmel stürzten. Sie, die sie sich in eine für sie ungewohnte Situation begaben, nämlich und das möglicherweise erstmals einen Feind mit den eigenen Händen töten zu müssen. In dieser bislang nie da gewesenen Schicksalsstunde werden die Germanen wohl keine Altersbegrenzung für ihre Kriegsteilnehmer gekannt haben, denn jetzt stand die Steigerung der Kampfkraft im Vordergrund und da sah man nicht mehr so genau hin. Genauso müssen wir uns auch von den heroischen Vorstellungen lösen, dass damals jeder Germane über die idealen Körpermaße eines Kriegers verfügte. Es wird zahlreiche schon von Geburt an schmächtige, vielleicht auch unterernährte, ängstliche und in teilen Behinderte gegeben haben, die aber trotzdem nicht zurück stehen und alles geben wollten um ihrem Volk zum Sieg zu verhelfen und der stattliche tapfer auftretende und heldenhafte Recke in ihren Reihen bildete wohl die Ausnahme oder er war ein guter Schauspieler. Schlussendlich können wir uns aber nur mit den Schilderungen auseinander setzen, die uns aus antiker Hand erhalten geblieben sind und was unser realistisches Vorstellungsvermögen dazu her gibt, denn die Germanen hinterließen in dieser Epoche nichts schriftliches, da sie des Schreibens nicht mächtig waren. Einzig was uns noch den kläglichen Rest in Form eines mentalen Einblickes ins traditionelle Wesen und Treiben der Bewohner am Eggerand, der Nethe und der Weser ermöglichen könnte ist die unverfälschte Lebensart, so wie sie heute noch schwach verbreitet ist und wie sie sich immer weniger wahr nehmen lässt. Letzte Relikte einer aussterbenden Individualität lassen sich noch im dörflichen Vereinsleben oder auf Heimatfesten aufspüren, da wo der Name Stammtisch nicht nur ein Name ist. Unsere Vorstellungen von bierseligen Männerrunden aus alten Zeiten bekommen aber eine andere Definition, wenn auch damals schon der Ernst der Lage den Gesprächsinhalt bestimmt. Sicherlich traf man sich vor Urzeiten in den kritischen Phasen nicht nur auf perfekt organisierten umfänglichen und früh einberufenen Thingversammlungen etwa an dicken Bäumen oder großen Steinen, so wie wir es uns heute phantasievoll ausmalen, denn allein schon die Distanzen werden es verhindert haben. Es könnte eine Vielzahl von Zusammentreffen gegeben haben in denen man nach westfälischer Manier palaverte oder einfach nur zuhörte und wo meist nur die Großen das Sagen und die Kleinen zu Schweigen hatten. Hier wurde über Für und Wider hitzig debattiert, hier stieg man in die Detailplanung ein und teilte man sich wohl auch die Frontabschnitte gegenseitig zu, entschied also darüber wo, wer, wann und wie zu kämpfen hatte. Am Morgen des zweiten Marschtages trennten sich aufgrund der Recherche beide Marschzüge und verließen zeitversetzt auf unterschiedlichen Wegen das Marschlager Brakel. Aber warum sollte man ausgerechnet in der alten Hansestadt Brakel ein römisches Rastlager vermuten oder suchen wollen. Brakel, dem die Benediktiner 836 den Namen "Villa brechal" gaben was für ein Landgut steht und was einen Hinweis auf Bruch oder Brache zulässt, besaß durch seine Lage an der prähistorischen Völkerstraße seit jeher eine zentrale Funktion. Für die römische Expansion war es von Bedeutung, da es gemeinsam mit Schwaney mittig zwischen den beiden schiffbaren Flüssen Lippe und Weser lag. Von Anreppen aus betrachtet wäre Brakel nach Schwaney das zweite Rastlager und das letzte vor dem Hauptlager an der Weser bei Höxter gewesen. Verkehrstechnisch war es als Etappenstation gut geeignet, da es wie Schwaney nicht nur innerhalb der zu leistenden Tagesmarschdistanz von rund 21 Kilometern von Lager zu Lager lag, sondern auch eine topographisch bedingte Brückenfunktion am Fuße der Egge liegend erfüllte. Seit Menschengedenken war es aufgrund seiner Anbindung an die Nethe von Bedeutung, denn es bestand kein Wassermangel und den Fluss könnte man damals ab Brakel möglicherweise schon mittels Schwellen für kleine Boote befahrbar und auch zum Treideln genutzt haben. Wo sich aber dieses Brakeler Rastlager im heutigen Stadtbild oder Umfeld verborgen haben könnte ist eine interessante Frage, der es sich nachzugehen lohnen würde. Dies bedarf allerdings zunächst einer Theorie wo der römische Hellweg verlief, dessen Trasse nicht unbedingt mit der alten Brakeler Königsstraße, also dem mittelalterlichen Hellweg identisch gewesen dürfte. Unbestätigten Hinweisen zufolge, stieß man im Bereich des Brakeler Güterbahnhof vor Jahrzehnten auf einen seinerzeit nicht näher erforschten tief liegenden Fahrweg, was hier allerdings nicht auf Basis weiterer Spekulationen vertieft werden soll. Aber auch der mittelalterliche Brakeler Marktplatz mit der leichten Anhöhe auf dem heute die "Drachentöterkirche" St. Michael steht, könnte möglicherweise auch damals schon der Ausgangspunkt jenes Varuszuges gewesen sein. Und die neuerlich gemachten römischen Funde mitten in Paderborn legen nahe, dass sich auch unter Brakel derartiges finden lassen könnte. Von Riesel kommend und in der Weiterführung nach Hembsen könnte man den römischen Hellweg auch nahe der Nethe südlich des heutigen Stadtzentrums von Brakel vermuten. Auf den ersten Blick fällt eine nach Süden vorgeschobene exponiert gelegene Geländeterrasse auf. So könnte sich das Lager da befunden haben, wo sich heute oberhalb der historischen Nethebrücke ein Baufachmarkt befindet. Und warum sollte Brakel sich nicht mit Höxter das gemeinsame historische Schicksal teilen, wonach beide Städte ihre alten Bodendenkmäler möglicherweise unter Gewerbegebieten vergruben. Brakel war der uralte Knotenpunkt vor und zur Egge. Und vom Norden in den Süden und vom Osten in den Westen lief in historischen Zeiten ohne Brakel nichts. Dafür sorgten auch die gezogenen Stammesgrenzen die sich den geographischen Verhältnissen der Landschaft anpassten, sich an die Weser oder den Eggekamm anlehnten oder sich daran orientierten. Auch Varus kam an der alten germanischen Siedlung Brakel nicht vorbei. Einer Stadt auf sicherer, weil erhöhter Lage inmitten einer von Sümpfen und Gewässern umgebenen Landschaft, da wo sie vom nahen Hellweg profitierte. Viele Namensbezüge sind es die sich dahin gehend deuten lassen und auch der Begriff Brackwasser und der Brucht Bach spiegelt es wider. Allesamt Bezüge die auf einen sehr alten Siedlungsplatz schließen lassen. Der zivile in Brakel abgekoppelte Zugteil mit dem großem Tross und den vielen Gegenständen die man bei den Aufrühreren nicht brauchte aber mitsamt des wertvollen Privatbesitzes den sich Varus angeeignet hatte, trennte sich hier von den Legionären die einem robustem Auftrag zu folgen hatten. Der erste Zug brach nun nach Westen in Richtung Riesel und Schwaney auf, während sich die kampfbereiten Kräfte mit einem angemessenen und kürzeren Tross begnügten und sich mit dem erforderlichen Schanzzeug für die Kurzzeitlager nach Süden aufmachten. Der Morgen in Brakel mag ähnlich verlaufen sein, wie der einen Tag zuvor im Hauptlager an der Weser. Man überprüfte nochmalig die allgemeine Versorgungslage, gab die Befehle aus und gesundheitlich angeschlagene Legionäre bekamen vielleicht noch die Gelegenheit in den zivilen Marschzug überwechseln zu dürfen. Danach brachen die Kolonnen in die unterschiedlichen Marschrichtungen auf. Arminius hatte die Nacht sicherlich schlaflos bei seinen Männern verbracht und seine Späher informierten ihn zeitnah über das Wesentliche was sich im Lager zutrug. Für ihn war in dieser Phase nur eines von Bedeutung nämlich die Zeitpunkte, wann die beiden Marschgruppen jeweils das Marschlager verließen. Davon hing ab, wann der Tross mit den Zivilisten die kritische von beiden seitig zu sperrende Engstelle am Gradberg erreicht haben würde. Je nach Aufbruchzeitpunkt zwischen 7 und 9 Uhr könnte dieser Marschzug das Oesetal nach rund 11 Kilometer Zugweg zwischen 11 und 13 Uhr erreicht haben. Dieser Marschweg verlief zunächst über den Rieseler Mühlenberg dann über flache Anhöhen auf den heutigen Ort Schmechten zu, den man um 890 Smathi nannte, war unproblematisch und querte keine störenden Bachtäler. Es war der römische Hellweg auf dem ein zügiges Fortkommen möglich gewesen sein dürfte. Westlich von Schmechten erreichte man nach kurzer Zeit den Gradbergeinstieg. Die gesamte Trasse besaß vermutlich schon da wo es nötig war einen Unterbau dem stärkere Regenfälle weniger anhaben konnten. Eine wichtige Marschroute, die zudem von den germanischen Anwohner offen und hindernisfrei gehalten wurde. Bei guten Bedingungen und früherem Ausmarschzeitpunkt könnte die Kolonne den Gradberg theoretisch auch schon vor der Mittagszeit erreicht haben. Den Hangbereich erreichte man über den heutigen Schmechtener Weg in einer Zeit als an die heutige Paderborner Straße durch das Oesetal noch lange nicht zu denken war. Zwischen dem Helleberg und dem parallel verlaufenden Hellebach wird sich das germanische Kontingent postiert haben, dass den Ausbruch nach hinten zu verhindern hatte während andere den Zug vorne und seitlich erwarteten. Cassius Dio schrieb ohne die Details zu kennen zwar, dass die Abstellungen nieder gemacht wurden, sodass man davon ausgehen könnte, dass es zu einem Gemetzel kam und sich kein Römer ergab ohne vorher gekämpft zu haben. Aber wahrscheinlicher klingt ein unblutiger Überfall mit Handstreichcharakter. Über auch in diesem Zusammenhang in die Sklaverei gelangte römische Legionäre ist nur soviel bekannt, alsdass letzte Überlebende fast 40 Jahre später befreit werden konnten, und auch Geiselhaft ist überliefert. Allemal wird es nach der Eroberung des Trosses eine logistische Herausforderung gewesen sein ihn umzuleiten, die Beute zu sichern, die Gefangenen zu entwaffnen, sie abzuführen und Frauen und Kinder aufzuteilen. Maßnahmen die nach dem militärischen Akt die Bewohner der umliegenden Stämme übernommen haben könnten, so dass der Kern der kämpfenden germanischen Einheiten frei für den Angriff auf Varus wurden. Segimer könnte um diese Zeit noch gelebt und diesen Angriff geleitet haben und auch der Rest ist Spekulation. Wann der Coup gelang, wie er sich gestaltete und wie lange er dauerte, ob Arminius die ganze Zeit anwesend war oder nicht, was mit der Beute geschah und wann Arminius die Region am Gradberg verließ um zu Varus aufzuschließen muss kompatibel mit der Überlieferung von Cassius Dio gesehen werden. Es war ein Aufeinandertreffen und eine mäßige Auseinandersetzung von möglicherweise kurzer Dauer aber mit einem für die Germanen erfolgreichen Ausgang. Denn das Konzept des Beutemachens dürfte hier voll aufgegangen sein. Und so begann denn die Varusschlacht, wenn man es so sehen möchte bereits irgendwo östlich der Suffelmühle nahe der Oese wo man sich erstmals feindlich gegenüber stand. Wechseln wir nun den Schauplatz und widmen uns dem was man hinlänglich unter der Varusschlacht versteht, da das Gradbergereignis nur auf logischen Schlussfolgerungen basiert. Nämlich die Kämpfe an denen Varus selbst beteiligt war. Und da bekanntlich Geschichte vergeht, sich aber die Grundstrukturen der Landschaften über die Zeiten retten, ist eine Betrachtung jener Wegstrecke von Bedeutung auf der die Legionen einst nach dem Verlassen des Brakeler Lagers nach Süden zogen. Und über die Zugstrecke die sie nutzen mussten entschied auch wieder das Gelände, also der Naturraum aber in erster Linie die Germanen die es so eingefädelt hatten. Denn sie hatten Varus davon überzeugt, dass es nur diesen einen Weg geben würde, um ins Rebellengebiet zu gelangen. Die vereinzelten am Wegesrand liegenden germanischen Gehöfte oder Siedlungen werden miteinander über Fuß- oder Karrenwege verbunden gewesen sein, denn die Region war nicht menschenleer, dürfte aber über keine weitreichend übergreifenden und ausgebauten Trassen für Fahrzeuge mit römischen Radabständen verfügt haben. So mussten die Legionen nach dem Verlassen des Lagers zunächst die Nethe überqueren um sich dann zwangsläufig auf den Höhenweg in Richtung Diemel zu begeben. Denn im Gegensatz zu der moorigen und versumpften Landschaft beiderseits der Nethe die von Süden her auf Brakel zufließt, ist dies die bessere Alternative. Vor allem aber war es der einzige Weg der vor 2000 Jahren von Brakel aus in den Süden führte, denn es existierte keine andere taugliche und benutzbare parallele Wegeverbindung die das Nethetal zugelassen hätte. Dieser südliche Abzweiger knüpft in Brakel an die Hauptzugroute von West nach Ost an und er führt später zu den diversen von Tacitus beschriebenen Schauplätze der Marschgefechte bzw. der vorgefundenen Lagerreste im Großraum Peckelsheim, so wie sie Germanicus sechs Jahre später antraf. Nutzt man diese Wegeverbindung, dann ist im Westen schon schwach das dunkle Band der Egge zu erkennen und in der Geländefalte dazwischen verbirgt sich der Verlauf der Nethe der sich nur erahnen lässt. Sie fließt gespeist durch die Taufnethe und zahlreiche Nebenbäche aus einer westlichen Krümmung heraus ab Sidessen vom Süden in den Norden. Auf insgesamt etwa 10 Kilometern begleitet der nun in nördliche Richtung fließende kleine Fluss im Abstand von etwa 2,5 Kilometer die Zugtrasse der Legionen entgegen gesetzt, fließt dann über Rheder auf Brakel zu und mündet später in die Weser. Dies ist für die Lagebeurteilung von Bedeutung, da ein Ausbruch oder eventuelle Fluchtabsichten der römischen Soldaten im Zuge des Kampfgeschehens nach Westen durch den Netheverlauf erheblich erschwert und aufgrund der nachfolgende Eggesteilkante in Gestalt einer Gebirgsbarriere völlig zunichte gemacht worden wären. Als Zwischenfazit lässt sich darauf basierend sagen, dass man sich hier einst für ein Schlachtgebiet entschied, dass nichts zu wünschen offen ließ und dem keine Stammtischlaune zugrunde lag, sondern eine von langer Hand vorbereitete Strategie. Ein Plan der wohl schon erste Züge annahm und heran reifte, als Arminius noch für Rom in Pannonien kämpfte. Daran lässt sich erkennen, dass hier sein Vater Segimer schon früh seine Hände im Spiel gehabt könnte, die ersten Konzepte entwickelte und stammesübergreifende Kontakte herstellte nachdem Varus Ostwestfalen betrat und mit den Cheruskern den Knebelvertrag schloss. Das der Name Kneblinghausen daher rührte wird wohl ein Gerücht sein. (10.09.21)

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Mittwoch, 8. September 2021
Arminius und der Heimvorteil - Nicht nur in der Natur verbarg sich sein 11. Mann
Sich freiwillig und ohne monetäre Interessen oder Zwänge ausgiebig der alten Geschichte zu widmen ist von allen Antriebsfedern das angenehmste Motiv. Und ein Beweggrund diesen uralten Hergang noch einmal aufzugreifen liegt darin, dass der Verfasser sich nicht damit zufrieden geben möchte und seinen Beitrag dazu leisten will, dass dieses Weichen stellende aufeinander Prallen zweier Welten der medialen Verwässerung und Bagatellisierung überlassen bleibt. Es wurde schon viel und zu lange Unsägliches, oft Lächerliches und in der Sache Abträgliches über diese bedeutsame Schlacht verbreitet, dass man nun erwachsen genug sein sollte, auch den aus der Verängstigung gewachsenen Ballast abzuwerfen. So verwundert es nicht, dass es breite Bevölkerungsschichten kaum noch wie ein reales Geschehen wahr nehmen, sondern es für ein banales Stück abgedroschener Science Fiction halten. Und das man im Kinderlexika Produkt Klexikon.de, der Wikipedia für Kinder lesen muss, dass die Varusschlacht einst im Norden Europas stattfand, statt den Kleinen zu sagen, dass sie sich nicht in Skandinavien, sondern mitten in Deutschland ereignete, spricht für sich und macht deutlich wie unwirklich man inzwischen diesen Geschichtsstoff behandelt. Und es war auch nicht das Ziel des Verfassers etwas Selbstgerechtes zu präsentieren und für eigene Positionen und Ansichten zu werben und vehement für die neue Wahrhaftigkeit zu streiten. Trotzdem rekonstruiert man sich von Kapitel zu Kapitel schlauer und bislang unentdeckt gebliebene Zusammenhänge lassen sich bei dieser Methode wie beiläufig aufdecken. Aber es sollen noch weitere folgen. So könnte auch eine darin liegende spürbar werdende Überzeugungskraft gefruchtet haben und ein Funke von "wahrscheinlicher Möglichkeit" übergesprungen sein. Denn es steht hiermit seit längerer Zeit wieder eine neue Theorie im Raum die den Charme der Glaubwürdigkeit in sich trägt. Den Leser könnte mehr als nur das Gefühl erschleichen, dass das Niedergeschriebene plausibel und stimmig klingt da er registriert, dass sich das einstige Geschehen so und nicht anders vollzogen haben könnte. Da es sich wie ein ungewohntes und gewöhnungsbedürftiges Szenario abzeichnet, darf es naturgemäß eine gesunde Skepsis hervorrufen. Auf Basis einer akribischen, übergeordneten und strukturellen Herangehensweise kristallisierte sich eine neuartige und unerwartete Abfolge des Geschehens heraus, die sich auch von unterschiedlichen Seiten beleuchtet als solide erwies. Aber der erlösende Wunsch der Bestätigung geht letztlich nicht in Erfüllung, was aber nicht im Frust enden sollte. Denn auch die nachfolgenden Generationen möchten sich noch am Glanz dieses Themas abarbeiten. So sollte es ein ungelöstes Rätsel der Geschichte bleiben, bei dem Spielverderber eigentlich unerwünscht sind. Doch das nach vorne Tasten war in gewisser Weise zielführend, denn es ließen sich eine Fülle sowohl theoretischer als auch handfester Indizien zu Tage fördern, sodass man sich wünschen würde endlich auch mal am Streckenabschnitt quer durch den Nethegau auf etwas "römisches" im Boden zu stoßen. Aber was nicht ist, dass kann noch werden zumal diese Zugtrassentheorie erst wenige Jahre alt ist. Möchte man sich in den Verlauf der Varusschlacht hautnah hinein denken und sich ihn plastisch vor Augen halten bleibt alles graue Theorie, da uns die lebendigen Farben dazu zu fehlen scheinen. In unserem Vorstellungsvermögen sind die alten Ereignisse oftmals nur im Schwarzweißformat abgespeichert was unserer Phantasie abträglich ist. Dabei war auch schon vor 2000 Jahren ein Blatt grün bis herbstwelk, ein nasser Baumstamm morschbraun und die Gesichtszüge der Legionäre aschfahl. Anthropogen weitgehend unbeeinflusst gaben die Landschaft und die Vegetation in der man kämpfte das Bild eines urwüchsigen Flickenteppichs ab. Die Urbarmachung war auf ein Mindestmaß beschränkt, Wildwuchs trennte die dünn besiedelten Landstriche samt ihrer Behausungen voneinander ab, Unland mied man und das Wohnumfeld verließ man nur in Notlagen. Viele Regionen waren damals noch weitaus unberührter als Zonen die man heute unter Prozessschutz stellen würde. Überleben prägte den Alltag, Wegenetze wurden nur notdürftig unterhalten, Worte wie Begradigung oder Flurbereinigung waren den Menschen fremd und alles unterlag dem Zwang den nächsten Winter überstehen zu wollen. Zeit hatte eine andere Bedeutung, die Wölb - Äcker Methode für die Nahrungsgewinnung mag sich noch in einer Frühphase befunden haben, ebenso wie die Tierhaltung befand sich beides noch näher im Umfeld der Hütten, da Bären und Wölfe noch allgegenwärtig und die Zeiten rau waren. Was bewaldet war oder sich als schroffe Höhenrücken oder als Geländehindernis zeigte, wurde wegen der beschwerlichen Passierbarkeit zum Niemandsland oder führte ein Dasein als Grenzgebiet, was aber im Verteidigungsfall als Fluchtort schnell wieder an Bedeutung gewann. Kein Italiker dürfte in dieser grünmonoton tristen Waldlandschaft heimatliche Gefühle entwickelt haben. Kam es zu Begegnungen beider Völker außerhalb gesicherter römischer Lager, so dürften diese wortkarg verlaufen sein. Stießen berittene Legionäre auf germanische Reitergruppen könnte dies etwas Gespenstisches an sich gehabt haben. So konnten die Besatzer keinem Germanen ansehen welchem Stamm oder Volk er angehörte. Schweigend und scheinbar ohne Ziel werden sich ihre Wege gekreuzt haben. Und kein Römer konnte der ausdruckslosen Mimik dieser in Leder und Leinen Gekleideten ihre Gesinnung entnehmen. Und auch ihre Sprache war ihnen fremd und half nicht dabei im Gegenüber Freund oder Feind zu erkennen. Aber hinter diesen unauffälligen Äußerlichkeiten verbergen sich die Feinheiten und die wahre Seele der Schlacht und nur hier blickt man in den Schlund einer urtümlichen Epoche zurück und kann sich ein Verständnis für das innere Wesen dieses Zeitalters erschließen. Darauf sollte der Historiker achten und es mit einbeziehen, möchte er versuchen die Wurzeln unserer Vorzeit zu berühren. Nur auf diesem Weg lässt sich Verständnis wecken und es lassen sich die Szenarien authentisch nachstellen. Und der Gradberg der steil zur Oese abfällt, bot den Cheruskern diese willkommenen Strukturen und sie nutzten sie. Zwar nicht um sich darin vor Feinden zu schützen, sondern um sie im umgekehrten Sinne dort anzugreifen. Denn hier bilden Oesetal und Gradbergrücken eine riegelartige Engstelle die seit Menschen gedenken immer nur Platz für einen schmalen Hangweg ließ. Der Durchbruch der Oese hinterließ dort über die Jahrtausende betrachtet dieses natürliche Geländehindernis. Und nur hier verbarg sich die einzige Stelle zwischen Brakel und Schwaney an der alle Reisenden die den Hellweg passierten besondere Vorsicht walten lassen mussten. Von Brakel aus in westliche Richtung bis zum Gradberg gesehen und von Schwaney von östlicher Seite aus, auch wenn dort ein Hohlwegbündel den Marsch erschwerte, war die Landschaft noch passabel begehbar. Kam man aber von Brakel dann ging es ab dieser Talsohle bis Schwaney nur noch bergauf. Die Suffelmühle mitsamt der Antoniusquelle an der Oese auf etwa 272 Meter gelegen bildete den Tiefpunkt und auf dem Netheberg nahe dem römischen Hellweg bewegte man sich schon auf 387 Höhenmetern. Möchte man den Beginn der Varusschlacht bestimmen dann begann sie an jenem fiktiven 25.9.0009 mit wenigen Stunden Abstand an zwei unterschiedlichen Orten. Bewusst etwas listig und doppelsinnig formuliert schlug die Stunde Null am Tag X also zwei Mal. Dieser Varusschlacht Hypothese folgend geschah es am zweiten Marschtag zunächst am Gradberg wo die Germanen erstmals zuschlugen und wo sie sich des zivilen Trosses bemächtigten. Von alledem ahnte Varus nichts, denn er selbst geriet erst später in Bedrängnis. Man ist sich darin einig, dass alle bislang im Hinblick auf die Suche nach dem Varusschlachtfeld angestellten Überlegungen unabhängig davon von wem sie stammen, auf Theorien gestützten Annahmen basieren. Diesen wiederum liegen in erster Linie die Überlieferungen der antiken Verfasser zugrunde. Dann folgen die geographischen Hinweise und zahlreiche andere Anhaltspunkte. Aber hinter jeder neuen Theorie lebt im sich auf die Suche begebenden Geschichtsfreund sicherlich die ureigene Vision und Überzeugung die antike Literatur richtig interpretiert zu haben. Aber schnell ist auch Wunschgedanken daran beteiligt, individuelle Vorstellungen und somit auch fehl gedeutetes Einfühlungsvermögen, deren Wahrheitsgehalt sich zwangsläufig der Überprüfbarkeit entzieht. Aber keine der vielen bereits diskutierten Varianten kommt ohne ein schlüssiges und flüssiges Gesamtkonzept aus. Also ein überzeugendes Drehbuch, woran bislang alle aufgestellten Theorien zur Varusschlacht zu kranken schienen und was daher schmerzlich vermisst wird. Denn alles muss auch zueinander passen, nahtlos ineinander greifen, sich in die vorhandene Landschaft einfügen und sich ihr unterordnen. Und dieses Gedankengebäude weicht davon einmal auf erfrischend neuartige Weise ab, denn diese Theorie lässt nur verschwindend wenige Fragen offen. So darf es nicht im Widerspruch bezogen auf unser Wissen über die Distanzen, die damaligen Marschleistungen, die Versorgungsmöglichkeiten oder die wenigen antiken Anhaltspunkte stehen. Aber nicht nur die im Osten liegenden historisch überlieferten Flussnamen wie Albis (Elbe) und Visurgis (Weser) machen es uns schwer den Schlachtenhorizont in der Rhein nahen Geographie zu suchen, so tendiert man seit jeher auch bevorzugt ins Ostwestfälische, wenn man Ausschau nach dem Schlachtgebiet hält. Es sind die unveränderlichen Abstände zwischen den auch heute immer noch existenten Fließgewässern, die unverkennbaren Gebirgspassagen die auch noch nach Jahrhunderten an alter Stelle anzutreffen sind und die Knotenpunkte der frei gelegten römischen Kastelle mitsamt ihrer zivilen Ansiedlungen die sich heran ziehen lassen, die sich wie ein Netzwerk über Ostwestfalen legen lassen und die ebenfalls eine Basis für diese Theorie bilden. Alle bislang bekannten Visionen zeigten Schwachstellen hinsichtlich ihrer jeweiligen Schlüssigkeit und Überzeugungskraft, wurden oft verworfen und in Frage gestellt, dann wieder aufgegriffen und optimiert um dann je nach Gesichtspunkt doch wieder fallen gelassen zu werden. Und allen bisherigen Theorien gelang es immer nur einzelne Episoden aus dem großen Verlauf zusammenhanglos heraus zu brechen und war nicht imstande sie plausibel miteinander zu verbinden. Erst mithilfe dieser Theorie lässt sich über den Schlachtenablauf ein erhellendes und auch einleuchtendes Gerüst legen. Es sind die Schnittmengen wo es anzusetzen gilt, möchte man sich mit einer neuen Variante anfreunden, sich mit ihr Gehör verschaffen und damit vorstellig werden. Komplex ist das gesteckte Ziel die Örtlichkeiten zu identifizieren allemal und es wird erschwert und beeinflusst durch die latente Gefahr, besser gesagt die Verlockung das historisch Überlieferte den jeweiligen Theorien angleichen zu wollen, statt wie es sich gehört den umgekehrten Weg einzuschlagen, nämlich den antiken Überlieferungen zu folgen. Das Örtlichkeiten mit dem Namen "Aliso" oder "Teutoburg" in alten Schriften und Landkarten und das sogar europaweit mannigfach vertreten sind erhöht auf den ersten Blick den Schwierigkeitsgrad Bezüge nach Ostwestfalen herzustellen, aber für ihr verbreitetes Vorkommen gibt es gute Gründe ohne das dadurch diese Theorie beeinflusst wird, worauf aber noch einzugehen sein wird. Hat man aber mal den Königsweg enträtselt fällt vieles leichter. Wir wissen alle wo die Favoriten zum Austragungsort der Varusschlacht schlummern und wünschen uns den großen Fingerzeig von oben der uns versagt bleibt aber die umfangreiche Sammlung an theoretischen Fakten macht Mut. Während die alten lateinischen Worte für viel Verwirrung sorgen, was zum Beispiel die antike geographische Vorstellung zur Lage der Lippequelle anbelangt, so scheinen sich doch alle Forscher darin einig zu sein, dass unter der Visurgis, wie von Cassius Dio erwähnt wird nur die Weser gemeint gewesen sein konnte. Da das große Römerlager nahe Xanten und die dort in den Rhein mündende Lippe als gesetzt gelten, bedarf es vom Grundsatz her nur der Verlängerung des Lippelauf über den Beginn der Schiffbarkeit hinaus um die Zielrichtung deutlich werden zu lassen. Zieht man eine gestreckte Linie von Xanten in Richtung Osten über das Stadtzentrum von Paderborn hinaus, so stößt man unweigerlich auf die Weser bei Höxter. Und diese erdachte Linienziehung verläuft nicht nur unwesentlich nördlich der Paderquellen, sondern berührt auch unmittelbar die ostwestfälische Stadt Brakel womit wir uns bereits mitten im Nethegau befinden. Also sowohl im Osten von Westfalen, als auch im Westen von Ostfalen, aber dieses merkwürdige historische Denkspiel ist einem anderen Kapitel vorbehalten. Die große überregionale Verbindungslinie rechtfertigt bereits in Teilen die strategische Vorgehensweise den Suchraum der Schlacht auf diese Region begrenzen zu dürfen. Weitere Fakten mit denen es sich begründen lässt wurden bereits im Verlauf dieser Niederschrift hinreichend dargelegt. Aber das allein genügt nicht. Denn um darin den Schlachtenraum fixieren zu können ist mehr nötig, als nur das grobe Eingrenzen möglicher historisch geometrischer Operationsgebiete. Man muss es enger fassen will man es genau wissen und dazu gehört es schon nahezu jedes Stöckchen einzeln herum drehen zu müssen. Man muss der Frage nach der germanischen Kampfstrategie auf den Grund gehen. Denn unsere Vorfahren ließen wie es aus antiken historischen Hinweisen hervor geht, eben jene Natur, die so viele Möglichkeiten bot um sie sich im Ernstfall zu nutze zu machen, für sich kämpfen. Sie war noch viel mehr wert, als der oft zitierte 11. Mann, wie man die heimischen Zuschauer eines Fußballspiels nennt. Dichtes Laubwerk, spätsommerlich hohe Bodenvegetation, Eichen die sich bis in die Kronen besteigen ließen, überdeckte und unkenntlich gemachte Senken und Gruben, knöcheltiefer Sumpf, Bohlenpfade die oft zitierten Holzwege, deren Verlauf und dessen Ende nur die Einheimischen kannten, schroffe Steilhänge die nur der Unkundige für unbezwingbar hielt oder unauffällige Nahrungs- und Waffendepots, aus alledem setzt sich die Kriegsführung eines Naturvolkes zusammen. Und dies sind auch keine hohlen Phrasen im verzweifelten Ringen nach Erklärungen und Gründen für die römische Niederlage, sondern die unverblümte Beschreibung einer Landschaft wie es sie sich heute nur noch in Relikten aufspüren lässt. Denn es ist aus den antiken Quellen hinreichend bekannt wie garstig die Natur in Germanien dem Imperium mit gespielt hat. Und damit ist nicht allein das scheußliche Wetter oder der unerfreuliche Wegezustand gemeint, was den Legionen an den Kampftagen zu schaffen machte, sondern das gesamte Milieu in dem die Germanen ihr Leben verbrachten. Und da wären noch die anderen Hinweise. Das im Jahre 15 + der Weg zum alten Varusschlachtfeld wegen seiner Unbegehbarkeit erst aufwändig herzurichten war und das auf dem östlichen Weserufer im gleichen Jahr ein Angriff von Germanicus von den Cherusker ebenfalls an einem Sumpfgebiet scheiterte. Und natürlich noch die Schlacht an den "Pontes Longi". Einem größeren von Bächen durchzogenen Moor- und Sumpfgebiet vermutlich im Lippetal gelegen. Auch dort geriet man wiederum in einen Hinterhalt aus Untiefen. Es summierte sich. Der missglückte Angriff über die Weser, das beinahe Desaster von Arbalo, die Einkesselung im grundlosen Morast bei den langen Brücken, natürlich die Varusschlacht, aber auch der versumpfte Marschkorridor am Kalkrieser Berg, oder die Panne mit der plötzlich einsetzenden Flut im Wattenmeer. Germanien war ein unwilliges und unbeugsames Land für imperiale Gebietsansprüche. So könnte man auch annehmen, dass sich Rom zudem noch extrem ungeschickt bei der Eroberung Germanien anstellte vor allem wenn man rechts des Rheins kämpfen wollte. Es waren wohl alle Gallier Kelten, jedoch nicht alle Kelten waren Gallier. Und östlich des Rheins hatte man es nun mit germanischen Kelten zu tun. Ein Völkergemisch gewaschen auch mit Weserwasser und was deren Mentalität und Wesen anbelangt so war und blieb es Rom fremd und unberechenbar. Der Lebensraum entscheidet mit über Temperament und Charakter seiner Bewohner und auch darin liegt auch ein Teil der Lösung verborgen, denn man kann sich nicht nahe genug mit den Menschen im Nethe- Tilithi- oder Wetigau, und ihrer Biogeographie befassen möchte man erahnen wie sie damals die Fremdherrschaft über sich ertrugen. Und wahrlich, die Cherusker werden ihr Stammesgebiet bis ins letzte Detail gekannt haben. Nur sie wussten wo die begehbaren Wege verliefen wo und wie sie endeten, kannten je nach Jahreszeit ihren Zustand und wann es besser war zum Weitermarsch auf ein steiniges begehbares Bachbett auszuweichen statt den Landweg zu nutzen. Sie wussten wo abgefallenes Unterholz kein Durchkommen ermöglichte, kannten die Tücken aber auch die für sie wichtigen Qualitäten der Landschaft vom Eggegrat aus über die feuchte Talaue der Nethe, die Hegge bis zur breiten Weseraue und dem angrenzenden Flussufer. Aus ihrer mediterranen Heimat waren für die Legionäre auch die Sumpflandschaften ein gewohnter Anblick. Die darin vor 2000 Jahren vorherrschende Vegetation brachte im Süden jedoch eine andere Tierwelt bestehend aus Giftschlangen, Skorpionen und aggressiven Insekten hervor und begünstigte die Malaria. Welcher Römer wusste damals, dass diese Tierarten bis auf die Kreuzotter in Ostwestfalen nicht verbreitet waren und wer wollte da den Germanen mit dem gezückten Schwert ins Abwegige folgen. Aber gehört es noch zur Dramaturgie sich eine Schlachtenversion vorstellen zu müssen, wonach die römischen Legionäre in Germanien so zaghaft agierten, dass man ihnen dieses Verhalten zutrauen könnte. Waren sie so wenig robust das sie sich in diesen Momenten aufgrund eines subjektives Angstempfindens blockiert fühlten. Auf Basis der Überlieferungen könnte man es annehmen, denn immer wenn es galt in trügerisches Gelände vorzudringen, dann versagte offensichtlich die römische Kampfdisziplin, ihre Pferde fassten keinen tritt mehr, ihre Waffen ließen sich nicht mehr erfolgreich nutzen und es brach Verwirrung aus. Ist von Brandschatzungen also dem Auslösen von Flächenbränden die Rede könnte der Grund dafür vielmehr darin gelegen haben, den Germanen die Deckung zu rauben, als ihre Felder zu verwüsten. Aber die Germanen wussten "von Natur aus", wo sie anzugreifen hatten, weil sie erfolgreich sein mussten. Sie wussten, wann man die untergehende Sonne im Rücken haben würde und wann sie ein Umweg schneller zum Ziel führte als der direkte Weg. Wissen über den Umgang mit der widrigen Natur das sich der "zivilisierte" Mensch abgewöhnen durfte. Und wie alle Naturvölker der Welt kannten sie Mittel und Wege und wussten was zu tun war, wenn man den Feind in einen Hinterhalt locken wollte. Wie die Gestirne in der Nacht zeigte ihnen die Vegetation und die Topographie am Tage was zu tun war. Und genauso verhielt es sich auch im Triangel zwischen Höxter, Schwaney und Borlinghausen in dem sich die Schlacht vollzog und wo alle westlichen Niederschläge aus dem Eggegebirge früher oder später in die Nethe entwässerten. Das Tandem Segimer und Arminius brauchte nur die bestimmenden Faktoren des Raumes und die anderen auf Rache sinnenden einst vertriebenen Stämme der Sugambrer und Marser für ihre Strategie gewinnen und die ersten Eckpfeiler des Erfolges waren gesetzt. Das Arminius den römischen Feldherrn in den Süden in Richtung Diemel locken musste und nicht in den Norden liegt auf der Hand, denn man konnte auf diese Weise die Legionen parallel zur Egge an den einzigen bei Borlinghausen befindlichen begehbaren Saltus heran führen. Den Weg den man Varus vorher als einen geeigneten Rückweg zum Rhein beschrieben hatte. Man konnte sich die Fließrichtung der Nethe und ihre Feuchtgebiete zunutze machen und die Legionen unter diesem Vorwand zunächst auf die trockenen Hegge Höhen dirigieren. So war die von den Einheimischen ausgewählte Region ein Paradebeispiel für antike Schlachtenplanung von Partisanenhand und geradezu prädestiniert und geschaffen für ein Marschzuggefecht gegen einen stärkeren Gegner. Aus diesen grob geschilderten Gründen heraus betrachtet, war es das klassische Kampfgebiet weil schon die Natur dafür die Regeln vorgab, die Weichen gestellt hatte und den Germanen eine Steilvorlage servierte. Und keine andere Region zwischen Weser und Lippe konnte hier mithalten, befand sich so abseitig und lag doch gleichzeitig so nahe am hellwegigen Hauptzugkorridor. wenn man in der "Visurgis" den Ausgangspunkt und in "ad Ripam" den Zielpunkt erkannt hat. Die lukrativen Erzminen aber auch die fruchtbaren Tallagen der Mittelgebirge, ihre Siedlungskammern und Salzstätten zwischen Harz und Elbe waren für Rom attraktiv und natürlich der Grund Ihrer Stoßrichtung sowohl in den Nordosten, die Bernsteinstraße die über Magdeburg und Burg an die Ostsee führte als auch zum Oberlauf der Elbe. Während hingegen die wenig ergiebigen dafür aber endlosen Moor - und Sumpflandschaften der Norddeutschen Bucht auf sie keinerlei wirtschaftliches Interesse ausübten. Und nur über Höxter aber nicht über Hameln erreichte man auch auf dem besten Weg jene Zielregionen an der Mittelelbe. Jenem Fluss der in Verbindung mit dem bayrischen Wald einmal die neue Ostgrenze des Imperiums darstellen sollte. (08.09.2021)

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