Montag, 15. August 2022
Der römische Hellweg über die Egge und seine Verbindung zum Harzhornereignis
Die römische Straße vom Lippeoberlauf bei Anreppen über Paderborn bis Schwaney und darüber hinaus ließ sich bislang anhand zweier Teilstrecken nachweisen. Zum einen war es der frei gelegte Abschnitt unmittelbar nach dem die Straße das römische Hafenkastell Anreppen in Richtung Osten verließ und des Weiteren die Trasse die man 1848 erstmals östlich von Schwaney entdeckte weil sie von der L 828 angerissen wurde. Man darf vermuten das es sich bei der Römerstraße ab Anreppen lediglich um einen zubringenden Ast zu jener Hauptverbindung handelte die vom Rhein aus, aus Richtung Salzkotten heran führte und die sich an einem Punkt X vermutlich im Bereich der Paderquellen trafen, da über das Zentrum von Paderborn die Luftlinie von Anreppen nach Schwaney verläuft. Um einmal den Namen Hellweg zu vermeiden, so existierte eine seit Jahrtausenden begangene Altstraße deren Anfangspunkt man in Duisburg und den Endpunkt in Corvey sieht. Zu Zeiten des Imperiums wurde sie intensiv genutzt und daher vom römischen Fiskus aus militärischen Erwägungen heraus in einen guten Zustand versetzt. Man hatte sie bedarfsgerecht ausgebaut, Stichstraßen zu den Lippekastellen angelegt und mit Versorgungsstützpunkten versehen die man heute in den Stadtzentren der an ihr liegenden Städte vermuten darf. Allesamt strukturelle Verbesserungen für die bis zum Ausbruch der römischen Okkupationswelle kein Bedarf bestand. In ihrer Urform hat sich der Begriff Hellweg eingeprägt den man etymologisch auf die frühe römische Nutzung zurück verfolgen könnte. So lässt sich auch der Teilabschnitt zwischen Paderborn und Schwaney da er unmittelbar auf den Eggekamm zusteuert mit ältesten Traditionen und Wanderbewegungen verbinden. Während die Bedingungen für langlebige Wegeverbindungen über die Eggehöhen ungünstig waren und daher häufiger neue Trassen nötig wurden, so behielt die Altstraße zwischen Paderborn und Schwaney doch weitgehend ihren Charakter und blieb ihrem prähistorischen Verlauf in unveränderter Weise treu, da sie sich auf diesem Streckenabschnitt keinen erschwerten Bedingungen zu stellen hatte. Aber was wissen wir über ihr Schicksal nachdem Germanicus sie vermutlich letztmalig nur auf dem Hinweg im Jahre 16 + nach Idistaviso und ins Stammesgebiet der Angrivarier nutzte aber nicht mehr für seinen Rückweg, da dieser einen nördlicheren Verlauf nahm. Eine bedeutende Straße wie diese wird immer genutzt worden sein, ob sich nun über sie die verletzten Legionäre der ersten Schlacht zum Rhein zurück schleppten oder man über sie Verstärkung heran führte. Aber man darf annehmen, das sich der Streckenabschnitt von Schwaney nach Paderborn noch über viele Jahrhunderte in einem unverändert guten Zustand befand und es auch bis zum Bau der Bundesstraße 64 blieb. Was sich aber auch mit Sicherheit schlussfolgern lässt ist, dass diese Straße nach dem Ende der Germanenkriege im Herbst 16 + über eine sehr lange Zeit keine römischen Sandalenabdrücke mehr erdulden musste. Die an ihr siedelnden Brukterer waren wieder unter sich und von Zeit zu Zeit wird sie wie in allen Zeiten von germanischen Reitertrupps genutzt worden sein. Das römische Treiben hatte sich auf die Rheinschiene zurück verlagert und wann sich römische Händler wieder nach Cheruskien wagten ist ungewiss wird aber nicht lange auf sich warten gelassen haben. Das römische Militär unternahm aus Erkundungsgründen Streifzüge, aber man hielt mit der gebotenen Distanz Kontakt zueinander. Von Tacitus erfahren wir, dass sich 47 + eine Delegation der Cherusker in Rom aufhielt um sich die Zustimmung zu holen, dass Italicus der Sohn des Bruders von Arminius den Stamm der Cherusker anführen durfte. Welchen Weg sie nach Rom nahmen ist unklar. Da man sich den nötigen Schutzbrief vermutlich zuvor im Zuge des Grenzübertrittes in der Heereszentrale Köln holen musste dürften die Bittsteller über Schwaney zum Rhein gezogen sein. Und da Ptolemäus der zwischen 100 und 160 + lebte einige germanische Hauptorte erwähnte die sich in Bezug zum Hellweg setzen lassen, wird sich diese Altstraße ihre zentrale Bedeutung für den Ostwestverkehr bewahrt haben. Zahlreiche Bodenfunde verdeutlichen die Intensität mit der man auf der Straße von Paderborn nach Osten unterwegs war wobei ein Relikt unsere besondere Aufmerksamkeit erregt hat. Denn von diesem Fund lässt sich ableiten, wie intensiv der römische Hellweg östlich von Paderborn auch noch im 3. Jhdt. genutzt wurde. Zu verdanken haben wir diesen Wissenszugewinn einem aufmerksamen Heimatforscher aus Schwaney. Denn ihm vertraute man zum dauerhaften Verbleib eine römische Münze an. Man fand sie in den 30 er Jahren des 19. Jahrhunderts auf einem Feld rund 2.500 Meter westlich von Schwaney in der Nähe des Bauernhofes "Auf dem Heng 1" der sich unmittelbar an der römischen Straße bzw. am Hellweg befindet. Unbeachtet verbrachte sie die Jahre bei den Nachfahren des damaligen Finders bis man sie jetzt neu entdeckte und wissenschaftlicher Obhut übergab. Zur Auflage wird gemacht, dass sie in Paderborn verbleiben soll, wo sie vermutlich zukünftig ihren Platz in einer Vitrine im Kaiserpfalz Museum finden wird. Aber es wird in Erwägung gezogen davon Abgüsse zu Ausstellungszwecken anzufertigen. Unabhängig von der Tatsache, dass diese Münze darauf hinweist, das der Hellweg in römischen Zeiten und auch nach der Varusschlacht immer noch frequentiert wurde kann noch mit einer anderen interessanten Information aufgewartet werden. Denn eine Münzexpertin vom Denkmalamt identifizierte die Prägung als eine Darstellung des römischen Kaisers Severus Alexander der von 222 + bis 235 + regierte und im gleichen Jahr in Mainz verstarb. Er oder sein Nachfolger Maximinus Thrax stehen im Verdacht vermutlich an der in den Jahren 235/236 + statt gefundenen Germanenschlacht nahe der Gemeinde Kalefeld - Wiershausen beteiligt gewesen zu sein. Der Münzfund mit seinem Abbild gibt nun die üblichen Rätsel auf wie diese Münze in einen Acker nahe Schwaney und rund 80 Kilometer westlich vom Harzhorn entfernt gelangen konnte. Ein Blick auf die Karte verrät, dass die dort siegreich gewesenen römischen Legionen auch den Weg über Schwaney hätten nehmen können, wenn sie sich entschieden haben sollten zum Rhein zurück zu marschieren statt nach Mainz. Sie wären demnach an der Vogelsburg vorbei geritten wo nach dieser Theorie einst Segestes seinen Fürstensitz hatte stießen unmittelbar auf das spätere Corvey und nutzen ab hier die gut ausgebaute Römerstraße. Die zweite Erklärung klingt nicht ganz so historisch spektakulär. Denn einigen Germanenkriegern könnte es noch gelungen sein bevor sie der Schlacht entkamen einige Münzen zu erbeuten die ihnen später in Schwaney aus der Tasche fielen. Diese Theorie würde aber beinhalten, dass sich auch Germanen aus diesen Regionen am Harzhorn mit den Römern schlugen und schon steckt man wieder mitten drin in der Spekulation. Aber Fakt bleibt, dass die Münze wie auch immer nach Schwaney gelangte, man sie erfreulicherweise wieder fand und sie nicht in Vergessenheit geriet oder gar verschollen blieb.
Das Foto der Münze, das dem Verfasser freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.

(15.08.2022)