Sonntag, 23. September 2018
Publius Annius Florus bestätigt Cassius Dio - Die Auflösung eines Widerspruchs oder die Beerdigung eines Paradoxon
Unverkennbar kommt im Titel meiner Internet Veröffentlichung „Die Clades Variana – Vom Sommerlager in den Untergang“ bzw. meines E-Books bzw. Digitalbuches bei genauem hinschauen unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Überschrift sozusagen bereits Programm ist denn sie nimmt meine Positionierung vorweg. Es spricht daraus im Kern vollumfänglich meine fakten - und Theorie bezogene Herangehensweise an die Vorgänge im Zusammenhang mit der Varusschlacht auf Basis eines Mehrtagesgefechtes im Verlauf eines Marschzuges. Ich nahm den roten Faden wenn nicht schon weit aus früher, so doch letztlich in Höxter auf und ließ die Kämpfe meiner Auffassung nach im Inferno einer Waldschlucht westlich von Borlinghausen enden. Nach dem Bekanntwerden beider auf den ersten Blick völlig von einander abweichender und gegensätzlicher Schriften nämlich den Aussagen von Cassius Dio die auf einer Mehrtagesschlacht und jenen von Publius Annius Florus die auf einer Lagerschlacht beruhen, musste es aus inhaltlichen Gründen und mit der falschen Brille betrachtet zwangsläufig auf einen Bruch zwischen diesen beiden antiken Positionen hinaus laufen, die sich im Laufe der Zeit zu Philosophien hoch schaukelten. Eine im Kontext nur scheinbar fehlende Komptabilität der beiden historischen Aussagen mündete letztlich in einen noch bis heute andauernden Konflikt. Ausgelöst durch einen bislang schier unüberbrückbaren, unüberwindbaren und somit unerklärbaren Gegensatz führte er zu den unterschiedlichsten Auslegungstheorien. So suchte man immer schon lieber nach den Widersprüchen in den Aussagen der beiden Antagonisten statt nach ihren Gemeinsamkeiten. Vielleicht war es auch in Teilen nur dieser starren Denkungsweise der beiden sich unversöhnlich gegenüberstehenden Historikerlager zu verdanken, dass die Varusschlacht ihren Reiz nicht verlor. Und seither stolpern alle interessierten Freunde der römisch/germanischen Geschichte immer wieder über diesen gleichen historischen Fallstrick und es konnte über die Jahre zu keiner plausiblen bzw. für alle befriedigenden Deutung kommen und niemand erkannte den Königsweg. Denn warum sollte der eine mit Namen Cassius Dio es so und der andere Namens Publius Annius Florus es anders berichten und wer von beiden sollte ernsthaftes Interesse an einer Widersprüchlichkeit gehabt haben. Wie war es also wirklich, was trug sich zu, denn es kann wie immer nur eine Wahrheit geben. Man kann an diesem Beispiel gut erkennen, wie hartnäckig sich doch eine überkommene Diskussion halten kann, wenn sie nur lange genug andauert, von namhaften Personen vertreten und befeuert wird und keiner sich wagt mit neuen Überlegungen aus der Deckung zu treten und sie anzutasten, obwohl sie sich bereits selbst überlebt hat und eigentlich in die Mottenkiste der historischen Irrtümer gehört. Für mich ist es unstrittig, dass beide antiken Autoren zum Schlachtverlauf schlussendlich in sich übereinstimmen, denn beide schließen sich nicht gegenseitig wie so oft gemutmaßt wird aus, sondern sie bestätigen sich sogar auf fruchtbare Weise in ihrer Kernaussage, dass ein mehrtägiges „Marschgefecht“ statt gefunden hat. Denn sowohl die Schilderung aus der Feder des antiken Historikers Cassius Dio, als auch die von Publius Annius Florus sind passend und klingen dem Verlauf nach angemessen, wirken nicht nur deckungsgleich sondern sind es, ergänzen sich sogar und ermöglichen damit auch noch eine überfällige Lücke zu schließen bzw. tragen dazu bei einen bislang verdeckten Erklärungsnotstand in den Aufzeichnungen von Cassius Dio zu beseitigen. Aber damit nicht genug, denn die Übereinstimmung beider Historiker bestätigt auch meine Basistheorie des gesamten Schlachtverlaufs im Nethegau. Denn gemeinsam bieten uns beide Historiker damit eine plausible weil nachvollziehbare Verkettung der Ereignisse an, die jedoch nur dann erkennbar und schlüssig wird, wenn man bereit ist den ausgetretenen Weg zu verlassen, der uns in die uralte Sackgasse geführt hat. Der Lagerschlachtüberlieferung von Florus, will man sich denn darunter ein stabiles gut befestigtes und ausgebautes Sommerlager vorstellen muss man deutliche eine Absage erteilen. Will man darin etwa ein wehrhaftes, erhaben errichtetes und gut positioniertes Aliso, oder vielleicht sogar schon fasst ein in der Entstehung begriffenes oder im Endausbau befindliches Winterlager sehen, so darf man aus militärisch/logistischen Gründen diesen Gedanken nicht weiter verfolgen, man würde sonst die Gesamtlage im Zuge einer Truppenrückführung im Herbst 9 + verkennen. Einen Einstieg in die komplexe Thematik der Varusschlacht ließe bzw. lässt sich über viele Wege finden, denn Türen dazu gibt es genügend. Man konnte nach überkommender Tradition sowohl die Dio Überlieferung aufgreifen und bei ihr anfangen, als auch die von Florus oder Tacitus zuerst in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen und die jeweils andere zum Maßstab der Glaubwürdigkeit heranziehen. Wer nun den Schauplatz der gestreckten Varusschlacht aufspüren will, der muss wissen, wo er suchen soll und er kann, ja er muss sich dafür sogar beiden Überlieferungen parallel und aufmerksam zu wenden. Will man nur auf der Basis des Dio Nachlasses dem Schlachtverlauf und der Örtlichkeit auf die Spur kommen, so kommt man an einer plausiblen Erklärung zur Zugrichtung und seiner Zielsetzung, also dem Anfang und Ende der Marschstrecke nicht vorbei. Möchte man der Florus Schrift folgen, bedarf es zudem noch der Lokalisierung eines römischen Lagers am richtigen Platze. Fehlen aber für beides die materiellen also greifbaren Funde, so muss man sich eng an diese zwei alten schriftlichen Quellen, also an diese beiden von Florus und Dio, aber auch noch an die der anderen Historiker halten, die sich in ihrer Aussage aber nicht so deutlich festlegen, wie dies Florus oder Dio taten. Wir können uns außer Florus und Dio heute im Wesentlichen zum Ablauf der Schlacht nur noch mit zwei weiteren antiken Historikern intensiv auseinander setzen, da sich die anderen möglichen Historiker oder Zeitzeugen in ihren Aussagen noch schwerer fassen lassen. Als da wären Velleius Paterculus ein Zeitgenosse, aber kein unmittelbarer Teilnehmer der Varusschlacht dafür aber bezeichnenderweise der Erste, der nach der Schlacht zur Feder griff. Ihm folgte zeitversetzt Publius Cornelius Tacitus mit seiner Schilderung über die Auffindung der tragischen Stätten nur sechs Jahre nach der Varusschlacht. Während uns die beiden zuletzt genannten nämlich Paterculus und Tacitus allerdings kaum etwas über den Hergang der Schlacht hinterließen, so sind ihre Annalen doch überaus hilfreich für die Gesamtanalyse. Florus und Dio stehen sich aber in ihren Überlieferungen für die Nachwelt, dies aber nur bei oberflächlicher Betrachtung diametral gegenüber. Dem versuche ich nun Abhilfe zu schaffen. So sind stehen im Vordergrund Florus und Dio um deren schriftliches Erbe bei Florus in lateinischer Sprache und bei Dio in griechischer Sprache über die abseits von den berühmten anderen Protagonisten wie Augustus, Varus, Tiberius oder Drusus bzw. den magischen Orten wie „Aliso“ oder dem „Teutoburgiensi saltu“ seit hunderten von Jahren ein stiller dafür aber umso hartnäckiger Glaubenskrieg ausgefochten wird. Und obwohl viele Jahrzehnte zwischen den Aufzeichungen von Florus und jenen von Dio ins Land gingen, so stehen sie sich beide doch wie in einem Fernduell um die alten Geschehnisse im Zuge der Varusschlacht nach Ansicht vieler Historiker heillos konträr gegenüber. Es wurde also in der Tat Zeit diesen alten gordischen Knoten zu zerschlagen. Der akribische Dio mag oder müsste sogar zumindest noch von Florus gewusst, also von ihm gehört haben, aber Florus konnte nicht ahnen, dass auf ihn mal ein Cassius Dio folgen würde, der den Schlachtverlauf auch, aber eben auf eine andere Weise wieder geben würde. Es wäre interessant sich nun die Frage zu stellen, warum Dio mit dem Marschgefecht gegenüber Florus eine neue aber dafür umso ausführlichere Variante ins Spiel brachte, aber uns im Gegensatz zu Florus die Details des Lagerüberfalles verschweigt bzw. nur umschreibt und warum Florus andererseits nicht genauer auf die Gefechtsabläufe einging, die sich vor und nach dem Lagerüberfall ereigneten, so wie es Dio nieder schrieb. Anders gefragt, warum übernahm bzw. integrierte Dio nicht einfach die Version des Lagerüberfalls seines Historiker Vorgängers Florus in seine Darstellung, sondern beschrieb den Verlauf der Mehrtagesschlacht ohne auf die Florus` sche „Ausführlichkeit“ des Lagerüberfalls einzugehen. Was natürlich viele Gründe gehabt haben kann. So könnte Dio die Aufzeichnungen von Florus zum einen gar nicht gekannt haben, er könnte sie aber auch gekannt, aber nicht geglaubt bzw. akzeptiert haben und er könnte aus seiner Sicht betrachtet auch über bessere, umfangreichere weil authentischere Quellen verfügt haben, als sie Florus besaß. Es könnte aber auch so gewesen sein und wie ich es favorisiere, dass Cassius Dio die Aufzeichnungen von Florus zweifellos sehr gut kannte, sie für zutreffend hielt und genau deswegen nicht übernahm bzw. wiederholen brauchte. Denn sie standen ja letztlich gar nicht im Widerspruch zu seinen eigenen Schilderungen und sie vertrugen sich mit einem Mehrtagesgefecht gut, waren also deckungsgleich und stimmten damit überein. So konnte er gut darauf verzichten sie in seinen sowieso kurz gehaltenen Nachlass mit einzubauen. Er vermied es folglich die älteren Worte von Florus noch einmal zu übernehmen und zu integrieren, da der Lagerüberfall im Imperium schon lange die Runde gemacht hatte, für niemanden etwas neues, also hinreichend bekannt war. Aber eben auch weil sie inhaltlich bereits in seinen Schilderungen, zumindest ansatzweise zwar etwas verschüttet aber doch eindeutig zum Ausdruck kamen. Es gab also demnach gar nicht diesen großen vielfach beschworenen und hoch gekochten Widerspruch zwischen den Darstellungen des Florus und jenen von Dio wie sie uns die vielen recherchierenden Historikergenerationen so gerne auf ewig ins Stammbuch geschrieben hätten. Dio verfasste jedenfalls seine eigene Version und er publizierte sie ruhigen Gewissens, weil er sie für eine zutreffende und ausführliche Darstellung hielt und weil seine zudem die Florus Darstellung auch nicht ausschloss bzw. sie intergraler Bestandteil war. Doch, einen Grund könnte Cassius Dio gehabt haben, um auf die Beschreibung der Lagerüberfallszene zu verzichten bzw. nicht näher darauf einzugehen. Denn sie war definitiv wie man auch aus seinem Nachlass zweifelsfrei entnehmen kann, der ultimative Höhe - und damit der Wendepunkt der gesamten Varusschlacht. So sparte er sich auch aus auf diesen Lagerüberfall näher einzugehen, weil er nun möglicherweise an jener Kampf entscheidenden Stelle anlangte, an der es vermutlich eben wegen der überaus katastrophalen Auswirkungen um diesen Überfall auch die meisten für ihn schwer nachvollziehbaren Widersprüche in seinen Quellen und von allen Seiten gab. Hier überschlugen sich die Ereignisse und die Augenzeugenberichte drifteten auseinander. Er bevorzugte es daher diese Details weg zu lassen, um sich nicht in alle möglichen „wenn und aber“ hinein ziehen zu lassen die von den Menschen über diese besonders kritischen Stunden zu hören waren und von denen sie natürlich allesamt „wahrheitsgemäß“ Zeugnis ablegten. Um sich nicht auf das Glatteis der vielen sich überkreuzenden Darstellungen zu begeben übte er Verzicht und ließ die Florus Darstellung stehen und für sich reden. Dio macht in diesem Fall einen Sprung und hinterlässt uns ein Plausibilitätsvakuum, dass schon vor Dio für uns dank Florus geschlossen werden konnte. Vergessen wir an dieser Stelle auch nicht die warnend kritischen Worte von Dio, als er alle aufhorchen ließ in dem er bemerkte, dass damals so vieles unbeweisbar ausgesprochen wurde und er für die Richtigkeit nicht den Kopf hinhalten wollte. Im Zusammenhnag mit den chaotischen Verhältnissen der Lagerüberfalles würde seine Aussage Sinn machen. Dio galt ungeachtet dessen als ein zuverlässiger Historiker der hohe Ansprüche an sich selbst stellte und der aufgrund der langen Zeit die nach der Schlacht verging auch eine andere Sicht von den Dingen und auf die Dinge hatte und sich diese leisten konnte. Die folgenden Schilderungen die auch meiner Gesamttheorie zugrunde liegen, basieren daher folglich auch auf der Annahme, dass sich vom Grundsatz her die Dio`sche Mehrtagesschlacht zugetragen hat und es keinen Überfall auf ein römisches Legionslager im besten Sinne eines gut zu verteidigenden Sommerlagers gab. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt bzw. daran erinnert, dass Florus lediglich über einen Lagerüberfall geschrieben hat, ohne das er erwähnte in welchem Ausbauzustand und wo es sich befand und vor allem wie breit seine Wälle, wie stark seine Palisaden waren und von wie vielen Legionären es verteidigt wurde. Cassius Dio hingegen überliefert uns also als einziger antiker Historiker und leider auch mit viel zu knappen Worten, die Darstellung bzw. den Ablauf der mehrere Tage andauernden Kampfhandlungen. Von den Römern wurden sie „militum actio” genannt, also eine heftige Auseinandersetzung in der man offensiv zur Tat schritt um den Gegner zu zermalmen. Die Kämpfe entwickelten sich für die römische Seite unerwartet im Verlaufe einer für gewöhnlich unspektakulären und allherbstlichen Truppenrückführung an den Rhein. Ihr Ende fand das Schlachtgeschehen am dritten oder wie manche Historiker auch vermuten am vierten Marschtag abseits von der gewohnten Zugtrasse auf qualitativ bedenklichem Untergrund. Die Phantasie vieler Geschichtsfreunde wurde vom auslegerischen Florus/Dio Konflikt angeregt und beflügelte oder steigerte je nach dem worin sie die Wahrheit erkannten oder erkennen wollten unter ihnen die Lust an der rhetorischen Auseinandersetzung. Aber es sind mir keine Analysen oder glaubhafte Theorien bekannt, welche die Darstellung von Dio als auch die von Florus miteinander plausibel verbinden und in Einklang bringen, obwohl beide Überlieferungen nahtlos ineinander greifen und übergehen und dies doch für uns alle augenscheinlich ist, da wir es in Papierform auf der Hand liegen haben. So führen Zweifler an Florus unermüdlich ins Feld, dass er eben nur ein schöngeistiger Dichter war, der alles in einem monumentalen und überzogenen Stil verfasste. Ihm wäre es nur darauf angekommen die römische Welt positiv erscheinen zu lassen und er habe zudem öfter geographische und chronologische Fehler gemacht. Florus soll ähnlich wie Tacitus zu viele Interpretationsspielräume hinterlassen haben und auch eine Version gewählt haben, die der damaligen Epoche und Elite auf Basis der Senatsakten gefälliger erschien. Und Historiker die an Cassius Dio hadern, stellen seine historischen Darstellungen in Frage und in Abrede, weil sie mit jenen des älteren Florus angeblich nicht kompatibel sein sollen. So als ob man noch mal die Zeit zurück drehen könnte um beide post mortem zu einer übereinstimmenden Überlieferung aus einem Guß bewegen könnte. Obwohl sich die Florus Aussagen wie ein fehlendes Glied gut in die Dio Überlieferungen einfügen lassen was vielen entging. Besonders kreidet man aber Cassius Dio seine ureigenen Zweifel an den Geschehnissen an. So brachte er zum Ausdruck, dass damals so vieles gesagt wurde, was die hohen Staatsfunktionäre und vielleicht sogar der Kaiser selbst hören wollte. Er sagt sogar, dass man über Vorgänge berichtet habe, die sich gar nicht zugetragen hätten und umgekehrt wäre vieles passiert, was nie bekannt gemacht wurde. Und nahezu alles würde man anders nach erzählen, als es sich wirklich ereignet habe. Kein Mensch würde also die Wahrheit wissen, es sei denn er wäre selbst dabei gewesen. All dies passt, wie ich es bereits zuvor kurz angerissen hatte vortrefflich auf die Zustände die zur Zeit des Lagerüberfalls herrschten. Ich hatte bereits vorweg genommen, dass speziell dies ein Grund dafür gewesen sein könnte, warum Dio auf die Lagerüberfallsituation nicht näher einging. Hier dürfen wir aber auch nicht außer Acht lassen, dass die Schlacht wahrlich ein Großereignis war und es dazu naturgemäß viele unterschiedliche Sichtweisen, aber auch heftige Einzelschicksale gab, die sicherlich alle vor dem Hintergrund eines Gemetzels betrachtet untereinander nicht unbedingt einen Sinn ergaben, was den Perfektionisten Dio zu dieser Äußerung greifen ließ. Aber es muss ja doch letztlich Aufzeichnungen gegeben haben, denen er vertrauen bzw. auf die er sich stützen konnte und wollte. Denn er berichtet auch, dass er sich letztlich doch gezwungen sah, dass weiter zu geben, was man sich so erzählte und was öffentlich wurde, ob es nun ganz falsch oder halb richtig war. Er tat es, auch wenn es in dem einen oder anderen Fall einen anderen Ablauf genommen hat, aber er riskierte es letztlich da es den gesamten Kontext seiner Aufzeichnungen nicht zerstörte, nur schwach beeinflusste oder verfälschen konnte. Er konnte nach der verstrichenen Zeit seit der Schlacht vermutlich viele Quellen einsehen und selektierte sie je nach Glaubwürdigkeit. So sah er sich letztlich verpflichtet bzw. sogar gezwungen den Schilderungen der ihm zugänglichen Vorlagen zu folgen, die eine mehrtägige Auseinandersetzung zum Inhalt hatten. Es stellt sich nun die Frage, woher er noch rund 2oo Jahre nach der Schlacht überhaupt von den unterschiedlichen und von ihm kritisch hinterfragten und von ihm in Zweifel gezogenen Darstellungen wissen konnte. Es klingt so, als ob es nicht nur zwei oder gar mehrere Senatsakten gegeben hätte, die er einsehen konnte sondern auch noch zahlreiche andere Schriften und auch die Äußerungen des kleinen Mannes von der Straße kannte. Woher wusste er es sonst oder wer trug es ihm zu, was man sich in der großen Gerüchteküche auf den Straßen Roms 2oo Jahre vor seiner Zeit so alles erzählte. Es musste doch letztlich alles irgendwo aufgeschrieben und hinterlassen worden sein, auch wenn es für ihn noch so widersprüchlich schien oder es gab übereinstimmende Legenden der Altvorderen die sich hartnäckig hielten und an denen er obwohl sie nicht protokolliert waren nicht vorbei kam. Gab es in den Senatsakten und wo sonst noch zwei oder mehrere Schilderungen, so könnte er sich für die Version oder die Versionen entschieden haben, die ihm als die Glaubwürdigsten erschienen, da sie aus unterschiedlichen vielleicht auch aus unabhängigen augusteisch/tiberianischen Historikerfedern stammten. So mag sich vieles was Dio einsah gegenseitig also auch mehrfach bestätigt haben. Vermutlich wusste er auch noch mehr und kannte auch dem Namen nach noch jene Personen, die es damals niederschrieben und er konnte entscheiden und selektieren und sich ein Bild machen bzw. sich ein Werturteil und eine Vorauswahl erlauben, wem er mehr glauben schenken wollte und wem besser nicht. Möglicherweise oder besser gesagt sicherlich befand sich unter den Schriften die ihm vorlagen auch jene des Historikers Florus, die er auf seinen Wahrheitsgehalt abklopfte. Zu vielen Hinterlassenschaften konnte sich Florus noch kein Gesamturteil erlauben, da er sich wegen der Nähe zum Ereignis noch keinen vollumfänglichen Überblick verschaffen konnte, dafür waren aber seine Informanten noch nicht so lange tot. Trotzdem war er zu einer Aussage fähig, die er sich sicherlich nicht aus den Fingern gesaugt hatte. Florus veröffentlichte seine Geschichte Roms im Jahre 120 +. Seine Aufzeichnungen endeten aber schon in dem Jahr in dem die Varusschlacht geschlagen wurde. Dies lässt den sicheren Schluss mindestens aber den Verdacht zu, dass Florus über das Jahr 9 + hinaus keine neuen Erkenntnisse mehr in seine Geschichtsschreibung einfließen ließ. Verlor er die Lust oder warum entnehmen wir seiner Veröffentlichung 120 + beispielsweise nichts über die Germanicus Feldzüge oder den Bataveraufstand. So wurden die Geschehnisse um die Varusschlacht zum letzten Kapitel seiner Geschichtsschreibung über das Imperium. Er soll sich dabei auf die Berichte älterer Chronisten wie Livius, Lucan, Seneca dem Älteren und Tacitus gestützt haben. Seine Lagerüberfalldarstellung entnahm er folglich auch einem älteren Bericht vielleicht von einem jener zuvor genannten Personen, die keinen negativen Ruf genossen bzw. wie andere auch als relativ vertrauenswürdig galten. Die Aussagen von Florus zur Lagerschlacht gewinnen dadurch zwangsläufig auch an zusätzlicher Glaubwürdigkeit. Dio stand zweifellos eine weitaus größere Palette an Informationen einschließlich der Senatsakten zur Verfügung. Darunter könnten sich auch noch verschollene Schriften befunden haben von deren Existenz wir gar nicht erst erfuhren die aber auch noch Florus eingesehen haben könnte. Wo C. Dio allerdings wie er selbst schrieb, seine persönliche Meinung mit einflocht, wissen wir nicht, denn diese vielsagenden Textstellen hat er nicht für uns gekennzeichnet. Sollten ihm aber zu arge Ungereimtheiten in seinen Vorlagen aufgefallen sein, so soll er für diese als guter Historiker geeignete, verständlichere und überzeugende Begriffe als glaubhafte Darstellungen gewählt haben. Und wie ich ihn in Verdacht habe, hat er möglicherweise auch Passagen weggelassen. So wie es in etwa auch später Luther bei der Bibelübersetzung tat, damit ihn die Deutschen auch richtig verstanden. Dio hat eventuell zu milderem Vokabular gegriffen hätte vieles „blutiger“ schildern können und mag auch das eine oder andere entschärft haben, um es noch wie aus einem Guß erscheinen zu lassen. Seinen eigenen Glaubwürdigkeitsanspruch wird er sich aber letztlich nicht selbst zerstört oder untergraben haben, er nahm die Dinge ernst und er hätte andernfalls vermutlich gar nicht erst mit der Berichterstattung über diese Epoche begonnen. Im Gegenteil, die Erwähnung seiner Vorgehensweise unterstreicht eher noch sein Bestreben nach Korrektheit, denn er fühlte sich der Geschichte verpflichtet. Letztlich sollte man bedenken, was übrigens auch für Florus galt, dass sie beide auch auf die Überlieferungen des Varus Ereignisses ganz hätten verzichten können, denn zwingen konnte man sie wohl beide nicht dazu. Man mag gar nicht daran denken, was man in 200 Jahren über den Fall der Berliner Mauer denkt und schreibt. Vieles an historischem Wissen wäre also für immer verschollen geblieben, hätten Dio und Florus sich nicht berufen gefühlt zur Feder zu greifen. Als die Erkenntnis noch nicht gereift war, dass sich Dio und Florus in ihren Schriften nicht ausschließen, musste man es zwangsläufig dem neutralen Leser überlassen zu entscheiden, welche Beschreibung der sich gegenüber stehenden Varianten gestimmt haben könnte. Und natürlich standen sich bis dato auch die Überlegungen gegenüber, dass nur jene von beiden die Richtige gewesen sein konnte, die den Ruf des Imperiums nicht all zu sehr schädigte. Und das schlechteste Szenario von beiden, wäre dann im Vergleich zueinander die Überlieferung gewesen, bei der sich die Legionen von einem übermächtigen oder vielleicht auch nur besseren Gegner in einem Lager hatten einschnüren lassen, um sich dann den erstaunlich gut ausgerüsteten Waffen tragenden Germanen, die in großer Zahl vor den Palisaden erschienen, blind und kampflos zu stellen bzw. ihnen unbedenklich den Zugang in ihr Lager zu gestatteten um sich dann mit Mann und Maus wehrlos niederschlagen zu lassen. Oder einer Mehrtagesschlacht zu folgen bei der den Legionen nur der Vorwurf hätte gemacht werden können, sich wie damals schon Lollius in einen Hinterhalt hinein gelockt haben zu lassen. Eben ein Missgeschick oder Unglück wie Cäsar diese antike Niederlage bei Aduatuca lapidar beschreibt. Beide Überlieferungen wären für die Kraft strotzende römische Landstreitmacht und die angeblich Beste die Rom zur Verfügung stand, kein Ruhmesblatt gewesen. Und schon gar nicht für eine glorreiche und überlegene Taktik im Angesicht des Feindes, aber vor allem nicht vor den Augen der späteren bissigen Chronisten. Ob Dio oder Florus, Rom sah vor dem Hintergrund dieser verlustreichen Niederlage immer schlecht aus, gleich aus welchem Blickwinkel man den Verlauf auch heute noch betrachtet. Die starken Hinweise darauf, dass die Florus`sche Lagerüberfallszenerie zudem noch ins Dio` sche Marschgefecht passt, lässt der hypothetischen Frage nach Ruhm und Ehre oder Schande und Versagen für das Imperium letztlich gar keinen Spielraum mehr. Denn die aus beiden Federn geschilderten Ereignisse verdichten sich auf Basis meiner Theorie zu einem einzigen Negativbild in den tristesten Farben, was jegliche Debatten einer wohlwollenden Suche nach römischer Reputation in gleich welcher Form verstummen lässt. Fazit, es gab definitiv keinerlei Einflussnahme des römischen Kaisershauses auf die Berichterstattung der Ereignisse im Teutoburgiensi saltu und alles was zu sagen war, durfte auch ausgesprochen bzw. nieder geschrieben werden. Gleich welcher antike Historiker die Feder schwang es drohten ihm offenbar keine Repressalien. So blieb es das was es war, nämlich die besonders stümperhafte und peinliche Schmach für eine Weltmacht, sich von einer drittklassigen Zivilisation in einen Hinterhalt noch dazu mit (Segestes) Ansage gelockt haben zu lassen. Cassius Dio war ein griechischer Historiker der in einer hoch gestellten und gebildeten Beamtenfamilie aufwuchs und wie viele seiner Landsleute auch wie wir wissen, den segensreichen römischen Frieden die Pax Romana lobte und schätzte, sich also auch kraft innerer Überzeugung wie ein lupenreiner Römer fühlte.  Aber letztlich war er auch immer noch geprägt von der hohen Kultur seiner alten Heimat im griechischen Bithynien. Cassius Dio wurde 66 Jahre alt und verfasste sein Werk trotzdem noch in seiner eigenen, nämlich griechischen Sprache. Er fühlte sich der römischen Kultur ungeachtet dessen sehr verbunden. So hinterließ er der Nachwelt dennoch eine kritische Niederschrift, die erhebliche Zweifel an der richtigen Kriegstaktik Roms in der Varusschlacht schürte. Diese offene Selbstkritik an „seinem“ Imperium spricht daher eher für die betonte Ehrlichkeit seiner Darstellung, als dass sie Nahrung für gegenteilige Spekulationen bieten würde und unterstreicht damit die Offenheit mit der jeder Historiker mit Rom ungefährdet ins Gericht gehen durfte. Denn auch in seiner Zeit hätte der amtierende Kaiser noch Mittel und Wege gefunden um kritische Berichterstatter, auch wenn sie sich zu längst vergangenen Taten äußerten, zum Schweigen zu bringen. Dio schrieb viel. Würde man ihn in Frage stellen, so muss man bedenken, dass uns auch sehr viele andere Schriften von ihm überliefert wurden, die von zahlreichen auch sehr kritischen Historikern der Nachwelt dann wieder gerne und nahezu widerspruchslos akzeptiert wurden und werden. Vereinfacht gesagt, lehnt man Dio ab, so sollte man vielleicht immer den ganzen Dio betrachten und nicht unbedingt die Selektion an jenen Stellen betreiben, wo sie nicht ins eigene persönliche Konzept passen. Wann war er nun glaubhaft war und wann nicht aber wer so selbstkritisch wie er mit seinem eigenen Werk umgeht, der hat es verdient, dass man in dem, was er zu Papier brachte auch die Essenz einer Glaubwürdigkeit erkennen sollte. Wer will es entscheiden. Weltgeschichtliche Niederlagen wie es die Varusschlacht auch schon für die damalige Zeit war, könnten aber einen zeitgenössischen Chronisten auch einen Dio immer verführt haben verfügbare Quellen anders zu bewerten. Cassius Dio aber war immerhin römischer Senator und durfte daher auch das Staatsarchiv für seine Aufzeichnungen und Recherchen nutzen. Was hätte ihm in seiner Position eine tendenziöse Form der Darstellung in der damaligen Zeit für zusätzliche Vorteile verschafft, die er nicht schon hatte. Und was hätte ihn dazu bringen können, die Ereignisse in den Kontext einer Mehrtagesschlacht zu setzen, statt auch die ihm sicherlich gut bekannte Lagerüberfalltheorie des älteren Florus zu übernehmen. Heute wissen wir, dass Dio den Lagerüberfall des Florus bereits „diskret“ in seiner Mehrtagesschlacht verarbeitete ohne aber Florus explizit zu erwähnen. Einem Florus dem man übrigens zu unrecht unterstellt die Varusschlacht als eine einzige Lobeshymne auf das Kaiserhaus abgefasst zu haben. Sowohl Dio als auch Florus waren treue römische Staatsbürger und keinem von beiden lag etwas daran, das Imperium zu beschädigen. Florus als auch Dio können auch noch in der heutigen Zeit auf eine stolze Anhängerschaft verweisen und diese müssen sich nun einer Theorie stellen, die den ewigen Disput beider Lager aufhebt. Man möchte nicht in iherer Haut stecken. Obwohl für mich Florus als auch Dio absolut glaubhafte Gestalten der schreibenden Zunft sind, möchte ich doch noch mal in die Frage nach der Gewissenhaftigkeit von Cassius Dio einsteigen. Cassius Dio äußerte sich bekanntlich mit kritischen Worten zur Glaubwürdigkeit seiner eigenen Quellen. Und genau diese kritischen Worte werden immer wieder heran gezogen und stehen immer im Mittelpunkt aller modernen Quellenanalysen, wenn es um seine Person als gewissenhafter Historiker geht. Und sie werden leider grundsätzlich dazu verwendet seine Darstellungen zu erschüttern oder als absurd darzustellen. Das Fazit seiner Zweifler lautet immer, Dio vertraute doch noch nicht einmal seinen eigenen Quellen. Doch wie genau hat sich Dio eigentlich, der als ein bedeutsamer Historiker gilt und sich durch besondere Sorgfalt auszeichnet, überhaupt dazu geäußert. Er stellte ungehemmt und unzensiert fest, dass sich die Kultur der offenen Diskussion seit dem Jahr 27 – mit Beginn des Prinzipats, also der Kaiserzeit grundlegend verschlechtert hat. Alles was in den Jahren davor noch vom Senat ganz offen vor dem Volke und unter den Augen des Volkes ausgetragen wurde, war mit der Machtübernahme von Augustus plötzlich ganz anders. Vieles war vom Misstrauen gegenüber dem jeweiligen - mit Betonung auf jeweiligen - Herrscherhaus geprägt, war nicht mehr nachprüfbar und spielte sich nur noch hinter vorgehaltener Hand ab. Zweifellos hatte das Imperium um 50 – noch nicht die Ausdehnung wie später in der Kaiserzeit und es wurde schwieriger die Bevölkerung in die gesamtstaatliche Abläufe mit einzubeziehen, so wie man es immer gewohnt war. Das Reich wuchs und wuchs und es wurde schwieriger es zu verwalten. Dio, der sich auch auf zahlreiche Quellen auch außerhalb der Senatsakten stützen konnte, bedauerte diese Veränderung, denn es wurde für ihn immer schwieriger sichere Quellen für sein Geschichtswerk aufzutun. Wenn Cassius Dio zurück schaut, blickte er immerhin auf die Regierungszeiten von über dreißig römischen Kaisern zurück. Zweifelt er also seine Quellen an, so dachte er dabei sicherlich nicht nur an die Dinge, auf die er sich für seine Darstellung von der Varusschlacht bezog, sondern es störte ihn vermutlich genauso sehr, dass er in seinem achtzigstes und letzten Buch in dem er über die Zeit von 222 + bis 229 + in der Regierungszeit des  Severus Alexander schrieb, ebenso auf zahlreiche Ungereimtheiten stieß, die er dann mit seinem Talent überbrücken musste, was ihm wohl widerstrebte, bei ihm Skrupel auslöste und ihm Probleme bereitete. Seinen denkwürdigen Hinweis nun so auszulegen, als dass Augustus oder Tiberius mit starken Bezügen zur Varusschlacht Wahrheiten über den Verlauf der Schlacht unterschlugen, greift da sicherlich zu kurz, denn es folgten danach noch viele Kaiser wie Nero, Caligula, Commodus oder Caracalla, die es zum Leidwesen von Dio mit der Wahrheit nicht so genau genommen haben dürften. Liegen uns denn derart kritische Aussagen bzw. Zweifel von Florus über sein eigenes Werk oder seine Quellen vor bzw. sind uns diese bekannt ? Nein, das ist nicht der Fall, denn auch Florus hat sich ordnungsgemäß verhalten und das Wissen seiner Zeit auf Basis seiner Quellen verbreitet aber diese nicht in Frage gestellt. Vielleicht weil er sie für zuverlässig hielt und weil zu seinen Lebzeiten die Quellen noch frischer und näher am Geschehen sprudelten ? In den folgenden Abschnitten werde ich nun Zug um Zug versuchen den Beweis anzutreten, dass sich Florus und Dio im Sinne der Geschichtsforschung ergänzen und diese Übereinstimmung dabei hilft, vor unserem inneren Auge die Varusschlacht wie eine transparente und lebendige filmische Darstellung erscheinen zu lassen die mit vielen Irritationen aufräumen kann. Führt man nun die Überlieferungen der Herren Dio und Florus mit den anderen gewonnenen Erkenntnissen zu einem Gesamtbild zusammen, ließe man die Schlachtenabfolge darauf basieren, so dass man dazu mit dem Kopf nicken könnte, so hätte die Schlacht den folgenden Verlauf genommen haben können.

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Sonntag, 23. September 2018
Sommerlager und Marschgefecht - Übernommene Wortkreationen aus dem 19. Jahrhundert
Die Geschichte um die Varusniederlage ist seit dem die alten Schriften von Tacitus vor rund fünfhundertfünfzig Jahren 1455 von Enoch von Ascoli in Bad Hersfeld angekauft und damit zuerst für die Fachwelt des „Heiligen Stuhls“ entdeckt wurden und sich jene von Velleius Paterculus dann 1515 dazu gesellten lebendig und sie ist es bis heute geblieben. Immer wieder wird sie bei uns aufgrund neuer Bodenfunde und attraktiver musealer Gestaltungsideen wach gehalten und durch gelungene plastische Darstellungen und Präsentationen im Zusammenwirken mit medienwirksamer Zurschaustellung und im Einklang mit der nötigen Vermarktung in Erinnerung gerufen. Bereichert durch aufhorchende Kombinationen und Theorien, behält die alte Schlacht ihre Aktualität auch dann, wenn man manchmal meint, dass sie im Zeitgeschehen etwas Unterzugehen droht. Aber ein offensichtlich nie enden wollender Wunsch die Details der Ereignisse zu ergründen, drängte oftmals das überlieferte Kernwissen an den Rand und ließ die Aufarbeitung des Varus Ereignisses nach dem Jahre 9 + zu einem eigenständigen Komplex innerhalb der Geschichtsforschung werden. Auf der einen Seite die bedeutende Schlacht im Nebel der Vergangenheit und auf der anderen Seite all das, was man aus ihr machte und was aus ihr für Blüten trieben. Ein kaum mehr zu überschauender Wust an Interpretationsbemühungen, in dem sich viele Berufs- und Hobbyhistoriker wie auch ich, nach Herzenslust austoben dürfen. Um sich innerhalb der vielen Erklärungsnöte die die Varusschlacht umso spannender macht, einen Überblick zu verschaffen, kreierte die Forschung und das besonders die des 19. Jahrhundert ihre eigenen Begriffe um den darin verborgenen Untiefen auf die Schliche zu kommen. So haben sich seit dem viele Bezeichnungen einen festen Platz innerhalb der Forschungslandschaft erobert, die zu Selbstläufern wurden. Ein Produkt dieser Zeit war es auch dazu überzugehen einem Lager des Varus, dass man dank Cassius Dio in der Nähe der Weser vermutete den Stempel “Sommerlager” aufzudrücken, statt es bei dem Namen Kastell zu belassen. Ebenfalls auf Basis des antiken Historiker C. Dio nannte man dann die Kämpfe die auf dem Zug zum Rhein statt fanden, entweder Marschgefechte oder Mehrtageschlacht. Damit waren neue Begriffe geboren, die zu Streitfällen wurden und ihre eigene Interpretationsgeschichte entfalteten, die zu neuen Vorstellungen und Phantasien heran reiften und wieder andere Theorien und Auslegungen nach sich zogen, obwohl diese Wortschöpfungen in dieser Form von den antiken Historikern nie verwendet wurden. Nach C. Dio lockten die Cherusker Varus an die Weser, wo er dann seine Niederlassung begründete, die man dann in Sommerlager umtaufte. Sommerlager weil man schlussfolgerte, dass man ein Lager, welches man im Herbst verließ folglich nur den Sommer über genutzt haben konnte. Das man darin möglicherweise auch eine Besatzung für den Winter zurück ließ, geriet dabei aus dem Blickwinkel. Als Varus auf dem Rückzug in den Hinterhalt der Germanen marschierte überlieferte und C. Dio auch kein ununterbrochen andauerndes Gefecht. Eine Mehrtagesschlacht, die schon am ersten Tag nach dem Abzug aus dem Weserlager begann fand nicht statt. Bis zum Untergang im Teutoburgiensi saltu gab es lediglich diverse Kampfhandlungen, die an einem bestimmten Punkt einsetzten, sich verstärkten wieder abschwächten, dann Höhepunkte erfuhren und letztlich in eine Niederlage mündeten. Trotzdem arrangierte man sich im Laufe der Zeit mit diesen neuen Wortfindungen und unterschied später mit ihrer Hilfe auch die Gegenthese zum Schlachtenverlauf von Cassius Dio, nämlich dem Überfall auf ein römisches Lager, wie es uns deutlich von Florus beschrieben wurde. Auch dieser Lagerüberfall ist historisch konkreter Natur, da er sich teilweise auch aus den Schriften anderer antiker Historikern erschließen lässt. Mit Sommerlager und Marschgefecht gab man den möglichen Abläufen Namen, aber ohne deren Sinn und ihre Berechtigung zu hinterfragen und vor allem ohne sie mit Florus kompatibel zu machen. Man kann die beiden Worte so wie ich es auch tat zweifellos übernehmen und stehen lassen, sollte sich aber immer darüber im Klaren sein, dass beides künstliche Wortschöpfungen späterer Zeitgenossen waren, die aus der Not heraus geboren wurden, um sich die Dinge besser erschließen zu können. Es blieben daher Begriffe übrig, die nicht unbedingt zutreffen bzw. die tatsächlichen Begebenheiten auch nicht wortgetreu widerspiegeln müssen. (22.9.18)

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Freitag, 7. September 2018
Die Topographie der Region begünstigte die Aufklärung aus germanischer Sicht
einen Schublade reifen Plan für eine Schlacht in der Dimension der „Clades Variana“ hätte man heute wie damals nicht aus dem Ärmel schütteln können. Wie und womit motiviert man letztlich Gleichgesinnte. Reichte es schon, dass fremde Götter ihre uralten Traditionen gefährdeten, war ihre Freiheitsliebe so ausgeprägt, oder lockte sie nur die nackte Beute und die guten römischen Waffen von denen die Männer des Segestes noch schwärmten als Germanicus ihn 15 + vor Arminius retten musste ? Daher beschäftigt auch die Frage nach der Motivation aber ebenso die der germanischen Logistik im Vorfeld der Schlacht die Nachwelt seit nunmehr rund fünfhundertfünfzig Jahren. Wie mögen da die Drähte geglüht haben, würde man heute sagen bzw. was lief da so alles hinter den germanischen Kulissen ab, was den Römern an der Weser entging also verborgen blieb und worüber uns auch die römischen Historiker später nicht viel berichten konnten, da sie keine Kenntnis besaßen. Was man auf römischer Seite unter der gerne zitierten germanischen Hinterhältigkeit verstand war nichts anderes, als eine Methodik zu praktizieren und umzusetzen die darin bestand, sich als der unterlegene Teil im großen Kräftemessen die Vorteile da zu beschaffen, wo der Mächtige nicht hinschauen konnte. Nämlich in die Grauzone von List und Tücke in Verbindung mit einer excellenten Geländekenntnis durchsetzt mit ausgeprägtem Widerstandswillen und einer Portion Wut im Bauch. Der Erfolg eines jeden wichtigen Waffenganges hängt nicht nur vom guten Zusammenspiel auf dem Kampfplatz, sondern auch von der richtigen Zuarbeit und Arbeitsteilung aller Beteiligten ab. Das dies alles der vor nicht langer Zeit heim gekehrte junge Arminius nicht allein bewerkstelligt haben kann, scheint plausibel zu sein. In der Übersetzung überlieferte es uns dazu passend Dio mit den Worten, „Hauptverschwörer und Anführer waren vor allem Arminius und Segimer“. Arminius war viele Jahre fern seines Stammes und dürfte überrascht gewesen sein wie schnell sich die Verhältnisse an der Weser verändert hatten. Wobei man sich unter dem Wort „schnell“ vor 2000 Jahren nicht das vorstellen darf, was man heutzutage darunter versteht. Die Macht und Befehlsgewalt über die Sippen der Cherusker soweit es die Clanstruktur zuließ, zumindest aber über den an der Weser siedelnden großen Teilstamm, wird zu seinen Lebzeiten noch in Gänze in den Händen seines Vaters Segimer gelegen haben, denn nur dessen Wort hatte Gewicht. Das Haus Segestes was ich bei Einbeck vermute wird aber sicherlich auch keinen unerheblichen Einfluss auf die Entscheidungen über das Gesamtvolk der Cherusker gehabt haben. Ob es 9 + noch mitbestimmende cheruskische Fürstenhäuser nordöstlich des Harzes gab, halte ich für unsicher. Wer leistete letztlich die umfänglichen und wesentlichen Vorarbeiten im zwie- oder mehr gespaltenen cheruskischen Fürstenhaus ? Griff man die Pläne etwa erst auf nach dem Arminius in die Tür des väterlichen Anwesens trat ? Wartete Segimer sehnlichst auf seine Rückkehr und die seiner Männer, um mit ihm und ihnen gemeinsam die Chancen und Risiken abzuwägen und durchzusprechen oder präsentierte Segimer seinem Sohn schon eine ausgereifte und mit den anderen Fürsten abgesprochene Strategie ? Es wird beides zutreffend gewesen sein und mündete letztlich in eine Aufgabenteilung zwischen Vater und Sohn und sicherlich auch im Beisein und unter Mithilfe und Zustimmung einiger uns nicht überlieferter Familienmitglieder, wie es uns auch Dio bestätigte. Die Gespräche mit den Eingeweihten verliefen in geheimen Treffen, denn man musste sich sowohl vor den Augen des Varus und seiner Helfershelfer, als auch den Angehörigen des Segestes Clan in Acht nehmen, wenn man erfolgreich sein wollte. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren mehrere konspirative Absprachen nötig bis die Koalition im eigenen Haus stand und wenn die gesamtgermanische Allianz damals so etwas wie einen gemeinsamen Treffpunkt für ihren Lenkungsstab gehabt haben sollte, so doch sicherlich an einem Ort, der im Hinblick auf die Vorbereitungen für alle beteiligten Stämme bzw. deren Führungshäupter geeignet erschien und entfernungstechnisch gleichermaßen gut erreichbar aber vor allem unverdächtig war. Gesamtgermanisch ? nein, denn Segestes war bekanntlich im Bilde. Alle Orte kamen infrage, wo sich keine Informanten der Gegenseite auf hielten und man unter sich war. Die versteckt liegende und gut zu verteidigende Behmburg nahe der Hellebachschlucht am Eggehöhenweg oberhalb von Willebadessen lag zentral und könnte dafür ein guter Platz gewesen sein aber auch andere Treffpunkte an wechselnden Orten sind anzunehmen. Höheren Erhebungen fiel aber in Zeiten noch ohne moderne technische Möglichkeiten der Fernaufklärung grundsätzlich eine größere Bedeutung zu. Es ist denkbar, dass nicht nur diese alte Baumburg auf der hohen Egge die nach Karl dem Großen später in Karlsschanze umbenannt wurde schon einen Bezug zu den Abwehrschlachten der germanischen Stämme gegen das Imperium besaß. Denn an Topographie und Geologie konnten auch 2000 Jahre nicht viel verändern. Von ihr hatte man eine gute Weitsicht in die Ebene und zu anderen erhöhten Lagen bis ins Wesertal und auch noch weitere Beobachtungsfelsen lagen in der Nähe. Auch solitär stehende Bäume, wie etwa gut besteigbare Eichen und geeignete Bergkuppen waren unverzichtbar und wurden genutzt um die einzelnen Bewegungen des feindlichen Marschzuges nicht aus dem Auge zu verlieren und zu übermitteln. Schnelle Nachrichtenübermittlung entschied über das Gelingen der gesamten Aktion, denn die Germanen hatten auch teils lange Anmarschwege in die Kampfregion zu bewältigen. Greifen wir nur meine Theorie auf, dass sich der Stammsitz des Segestes auf der Vogelsburg in Vogelbeck bei Einbeck befand, so mussten diese Männer immerhin fasst 70 km Luftlinie bis zum Saltus zurück legen. Man neigt daher dazu dieser exponiert aber leicht abseits vom Bördenweg liegenden Behmburg auf einem vorspringenden Bergsporn über dem Nethegau eine entsprechend große strategische Bedeutung beizumessen zumal sie sich auch in kurzer Distanz zum „Teutoburgiensi saltu“ befand, wo man den Marschzug letztlich erwartete bzw. hin dirigierte. Beweisbar ist natürlich nichts, aber etwas mehr als plausibel scheint es schon. Für die Germanen war es zwangsläufig immer wichtig zu wissen wo der Feind stand und sie mussten sich vor allem in der Anfangsphase eng unter einander abstimmen können auch ohne, dass immer die jeweiligen entfernt liegenden Stammeszentren der Fürsten dazu schnelles Rittes aufgesucht werden mussten. Der genaue Verlauf des Marschzuges der Legionen entschied über die weitere Vorgehensweise der Stämme aber auch über Erfolg oder Misserfolg. Schlugen sie ab Amelunxen den Weg über Drenke nach Natingen oder über Brakel in Richtung Borlinghausen ein, denn andere Alternativen gab es nicht. Ungeachtet dessen trafen beide möglichen Zugstrecken im Raum Peckelsheim/Schweckhausen aufeinander. Was wir wissen ist, dass die religiösen Vorstellungen unserer Ahnen, die auch schon sehr gut zwischen Gut und Böse unterscheiden konnten und sich falsch und richtig auf ihre Weise erklärten, unseren heutigen christianisierten Glaubensformen oftmals näher standen als gemeinhin angenommen wird. Und viele Regionen und Länder in denen sich die Menschen bis heute ihre frühen Traditionen und Riten bewahrt haben, kämen und kommen auch immer noch ohne Christentum aus und aus ihnen sind deswegen nicht unbedingt schlechtere Menschen geworden. Es sei nur an die Worte von Tacitus erinnert, wie er die heidnischen Germanen als nahezu rein und makellos darstellt. Auch in alter Zeit wollte das Zusammenleben geregelt sein. So musste auch damals wie heute die anzurufende Göttlichkeit und wie der Name überirdisch schon ausdrückt, immer von oben kommen. Die Höhe macht es aus, ob es nun Berge oder aufragende Felsformationen wie die Externsteinen waren, oder später der Kölner Dom. Den Wolken möglichst nahe zu sein, war für die Menschen von jeher bis in unsere Zeit immer schon sehr erstrebenswert und vermittelte den Gläubigen gleich welcher Epoche und Religion sie angehörten das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Volks- oder Fliehburgen erfüllten immer schon auf den Höhenlagen ihre besondere Schutzfunktion besser als in den Ebenen. Und in den dem Himmel nahen Wallanlagen und Wolkenburgen begegneten sich die zwei Bedürfnisse aus den Urzeiten der Menschheit ganz konkret, nämlich der Bezug zum spirituellen und der zum realen Leben. Stand das Überleben im Vordergrund stieg man zur Fluchtburg auf um sich zu schützen und zu verteidigen, waren die Zeiten friedlich, nutzte man sie für religiöse Feierlichkeiten und manchmal geschah auch beides gleichzeitig. Die gefühlsmäßigen Instinkte sich einer bevorstehenden Gefahr erwehren zu müssen und gleichzeitig um höheren Beistand zu bitten trafen zusammen, wenn eine Fliehburg als Thingstätte auch den Charakter eines Schwur- und Eidplatzes in Kriegszeiten annahm. Dies manifestierte sich dann darin, dass hier auch der Platz war, den germanischen Kriegsgott Tyr anzurufen, damit er ihnen den Sieg schenken möge. Was mag sich in den letzten Tagen und Stunden vor dem Abmarsch der Legionen an den Rhein auf germanischer Seite zugetragen haben ? Wie schwörte man sich vor 2000 Jahren den bedingungslosen Zusammenhalt. Wie verlief die Befehlskette nach unten, oder ging es schon um die gerechte Aufteilung der Beute bevor der Bär erlegt war ? Hier ging es um keine kleine Auseinandersetzung zweier verfeindeter Stämme, hier ging es darum sich der Römer zu entledigen. In Zukunft freie und unabhängige Entscheidungen treffen zu können war ihnen wichtiger, als ein Vasallenleben mit der Verpflichtung führen zu müssen, ständig die jungen Männer an die Legionen Roms für Kampfeinsätzes außer Landes abtreten zu müssen. Den Germanen stand ein schwerer Waffengang bevor, wie man ihn in Ostwestfalen zumindest seit Arbalo nicht mehr gesehen hatte. Was tat man also nicht alles um die Götter gnädig zu stimmen, ohne das es als das erkannt werden konnte was es war, nämlich das Anrufen der Götter um ihnen den Sieg zu schenken. Wer sich auskannte und genau hinhörte, der konnte sicherlich heraus hören, ob man am Vorabend der Schlachtenfolge die Götter um Hilfe und Unterstützung bat oder ob man sie anrief um ihnen im Rahmen der Herbstsonnenwende ihr übliches Opfer darzubringen. Den Römern dürfte der Unterschied nicht aufgefallen sein. Welche von den beiden alten Fliehburgen, der „Alten Burg“ westlich von Borlinghausen oder der „Behmburg“ oberhalb von Willebadessen kam die höhere kultische Bedeutung zu. Fiel der kleineren „Alten Burg“ nahe dem Bördenweg eher eine Bewachungsfunktion am Bördenweg zu, oder war es die zentrale religiöse Kultstätte. Oder war es die besser zu verteidigende voluminöse Behmburg mit dem „kleinen Herrgott“ am Wegesrand. Auch die alten Überlieferungen um die Druden- oder Druidenhöhle an der Behmburg sind hervor zu heben. Begegnen uns oder hielten sich hier noch lange die alten La Tene zeitlichen Traditionen vergangener Keltenmacht. Flüchteten sich etwa hierhin die keltischen Druiden der Treverer vor dem Druck der römischen Machtausdehnung ? Dann wäre diese Wallburg auch ein Favorit für eine „Teutoburgi“ im keltischen Sinne ihres Gottes Teutates. Verfügte Tacitus über Informationen zu keltischen mit Teutates verbundene Traditionen die ihn veranlassten die Waldschlucht nahe der Druden/Druidenhöhle „Teutoburgiensi saltu“ nach dem keltischen Gott zu benennen ? War dem Imperium um die Jahrtausendewende noch die Existenz von Kelten und deren Sprache in der Südegge bekannt ? Oder trieben sogar noch die Frankenkönige die letzten Reste keltisch heidnischen Brauchtums aus den linksrheinischen Gebieten in den Osten Deutschlands und das Keltentum erfuhr dadurch noch eine späte Auffrischung ? Zauberpriester kannten alle alten Kulturen, ob sie sich Schamanen oder Druiden nannten und wer war noch Kelte und wer schon Germane, oder umgekehrt ? Cassius Dio lieferte uns dazu den anschaulichen Beleg mit den Worten “ denn einige von den Kelten, die wir Germanen nennen” und da ist man geneigt zu erwidern „denn einige Germanen die wir Kelten nennen“. In den alten Wall- und Höhenburgen sahen wohl auch schon die Germanen der römischen Kaiserzeit Bauwerke ungeklärter Herkunft. So standen sie wohl erst Recht im Mittelalter im Verruf mit heidnischen Gebräuchen in Verbindung zu stehen. Allein der exponierte Felsvorsprung nahe der Behmburg lässt natürlich schnell an einen in die weite blickenden Feldherrn oder zumindest einen markanten Treffpunkt im Vorfeld der Varusschlacht denken. Funde unterhalb der Behmburg im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau sprechen auch für eine Nutzung während der römischen Kaiserzeit und auch eine Folgenutzung in denen sie den Sachsen als Heiligtum diente, ist gut vorstellbar. Denkt man aber an den Passus von Tacitus “In Hainen in der Nähe standen die Altäre der Barbaren, an denen sie die Tribunen und Centurionen ersten Ranges geschlachtet hatten.“ könnte auch die Behmburg noch gut ins Betrachtungsgebiet dieser Rituale passen und man könnte gerade deswegen die Legionen hier hin gelockt haben um von ihnen ein Gottesurteil zu bekommen. Unterhalb der Behmburg vollzog bzw. bahnte sich für den Betrachter das schaurige Szenario einer im Anmarsch in den Untergang befindlichen Armee an. Hier braute sich zusammen, was sich das Germanenhirn ersann. Hier die erdgrauen farblich dem Gelände angepassten und vermutlich noch in Schlamm getauchten Gesichter und dort die diszipliniert marschierenden Legionäre mit ihren schon von weitem gut sichtbaren glänzenden Rüstungsteilen. Den Germanen bot sich allemal ein makabres Schauspiel und viele dürften sich auch ihren Mut angetrunken haben. Die Gertrudenkammer vor der Behmburg liegt auf 433 Meter Höhe von wo aus man mit dem menschlichen Auge, als die Luft noch klarer und sauberer war noch imstande sein soll, über 77 Kilometer weit blicken zu können. Hätte sich Varus für die Zugrichtung über Brakel entschieden, hätte der unbekannte Germane mit dem Adlerblick den Marschzug auf etwa 14 Kilometer Entfernung gut erkennen können bzw. müssen, nachdem er die Brakeler Senke bei Sudheim nahe der Nethe in Richtung Süden verließ, um ihn dann bei weiterer Annäherung noch besser hätte ausmachen zu können. Um die andere Zugvariante nämlich die etwa 15 Kilometer bis Natingen überschauen zu können, hätte er seine Augen vielleicht schon auf einen Spalt zusammen ziehen müssen. Aber auch bei dieser Zugstreckenwahl und der Pracht der bronzenen Rüstungen hätte er die Legionen noch von der Gertrudenkammer aus sehen können. Im Herbst vor 2000 Jahren gab es auch noch keine anderen irritierenden Reflektierungen außer dem Glitzern der Bachläufe, die den Beobachter hätten täuschen können. Die Gertrudenkammer war mithin der optimale Ausguckposten um noch falls nötig die letzten Nachrichten den im Nethegau versteckten germanischen Trupps zukommen lassen zu können. In diesem Raum hinter der Front muss die Spannung auf germanischer Seite greifbar gewesen sein. Hier spielten sich jene Szenen ab, die auf Seiten der römischen Legionäre nur wie ein undefinierbares und entferntes Grollen und Gejohle wahr genommen werden konnten. Hier trafen und ohne das der römische Feind es erkennen konnte nahezu stündlich die Abstellungen der einzelnen Stämme und Sippen ein um sich auf ihren Kampf am Marschzug vorzubereiten. Wer hier zu spät kam, der sammelte sich zu späterer Stunde um dann die überlebenden Römer noch im Saltus anzugreifen. Die Behmburg mag ein Sammelpunkt gewesen sein, denn von hier aus waren es nur noch 3.5oo Meter Luftlinie bis in die Waldschlucht die sich die Römer hinauf kämpfen mussten. Ich gehe daher davon aus, dass es sich bei der Behmburg um den Ort handelte, von wo aus man frühzeitig die Legionen beobachtete. Zeugnisse und Kultstätten wie die Externsteine lassen Rückschlüsse in die keltisch/germanischen Zeiten zu. Es gibt auch einen Hinweis auf einen altgermanischen Gott in der Region unweit der Südegge. Um ihn aufzuspüren brauchen wir auch nicht lange zu suchen, denn Tuisto, wie ihn uns Tacitus überlieferte, begegnet uns nur ein wenig weiter südlich im Ortsnamen Twiste an der Twiste gelegen. In der urgermanischen Sprachwurzel abgeleitet von „twis“ gleich „zwei-“ Tuisto auch der Zweigeteilte, Zweigeschlechtliche oder Zweigesichtige genannt wie er auch im Ortsnamen Twistringen stecken soll. Und die Eggeschlucht liegt von Twiste auch nur 27 km entfernt. Den Marschzug der Legionen konnte niemand mehr aufhalten, als er in den Nethegau vorstieß, denn schon früh war ihr Schicksal entschieden. Anfangs noch unbehelligt und ungestört von feindlichen Aktivitäten bewegte man sich nun in die Region der Aufrührer vor, wo man ihn erwartete. Gegner waren für Varus und seine Begleiter anfänglich weit und breit keine in Sicht aber Prinz Arminius weilte in diesen Stunden schon nicht mehr unter unter den Römern und auch nicht auf der Behmburg, denn zu diesem Zeitpunkt sammelte er bereits weitere Männer um später die Legionen aus dem rückwärtigen Bereich heraus anzugreifen. Hier hinterlässt uns Cassius Dio noch die offene Frage, wer denn möglicherweise von den Germanen Varus auf dem richtigen Weg in den drohenden Hinterhalt geführt haben könnte, während Arminius die Legionen früh verließ um seine Männer zusammen zu rufen, oder ob die Legionen den Weg in ihren Untergang auch ohne germanische Führung sehr gut kannten.(7.9.2018)

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