Donnerstag, 3. Dezember 2020
Wollte Paterculus Statthalter in Germanien werden ? Teil 2. - Bewertung der Textstellen 2.119 (1) bis 2.119 (5)
Gaius Velleius Paterculus hatte im Jahre 6 + im Alter von etwa 26 Jahren auf seiner Karriereleiter die erste Stufe erklommen. Man ernannte ihn zum Quästor, dem niedrigsten Amt der senatorischen Ämterlaufbahn. Ein Amt, das man aber inne haben musste, denn es war unentbehrlich, wenn man im römischen Verwaltungsapparat zu höheren Aufgaben berufen werden wollte. Nur hoch gestellten Personen aus dem Kaiserhaus wie Gaius Cäsar, dem Enkel und designierten Nachfolger von Kaiser Augustus war es vergönnt seine Karriere voran treiben zu dürfen, ohne vorher das Quästorat bekleidet zu haben. Man könnte also daraufhin Paterculus Ambitionen unterstellen sich aufgrund dieser Beförderung Chancen für bedeutsamere Positionen ausgerechnet zu haben. Im Jahre 6 + kam es jedoch zu einem Schwenk in seiner Laufbahn, denn er musste seinen eingeschlagenen administrativen Werdegang wieder mit dem Militärdienst eintauschen. Damit wurde sein beruflicher Aufstieg den er sich möglicherweise im Verwaltungsbereich erhofft hatte unterbrochen und nahm einen unangenehmeren Verlauf. Unmittelbar nach der Varusschlacht sollte es sich aber wieder ins Positive wenden. Denn da bestand natürlich unverhofft seine Aufgabe darin an der Rheinfront wieder jene Kohlen aus dem Feuer zu holen, die Varus kurz zuvor hinein geworfen hatte.
2,119. (1) 
„Den Ablauf dieses furchtbarsten Unglücks - seit der Niederlage des Crassus gegen die Parther, gab es für die Römer keine schlimmere gegen fremde Völker werden wir - wie andere, in angemessenen Büchern darzustellen suchen; jetzt lässt sich nur unter Tränen das Ergebnis schildern“.
Bewertung:
Nicht nur Tränen, auch Wut, Trauer, Fassungslosigkeit und Bestürzung kommen hier bei Paterculus zum Ausdruck. Es spricht für seine tiefe Betroffenheit und dies könnte ihn auch bewogen haben Varus auf seine Art in übermäßiger Weise und das mehrfach für die ihm unterstellte Handlungsweise zu verurteilen. Dem widerspricht allerdings die Tatsache, dass zwischen der Varusschlacht und seinen Aufzeichnungen rund 20 Jahre ins Land gegangen sind. Und nach einer derart langen Zeit findet man in der Regel auch wieder zu einer Haltung zurück, die mehr von einer distanzierten Sachlichkeit als von persönlicher Befindlichkeit geprägt sein sollte. So sollte man meinen, dass überzogene Emotionen abgeklungen sein müssten. Aber nicht bei Paterculus. Er wühlte noch eine Generation später weiter im schon fasst vergessenen Trauma und labte sich förmlich immer noch am einstigen Versagen des Feldherrn bzw. hielt an dieser Vorstellung fest. Aber was könnten seine Beweggründe dafür gewesen sein. Paterculus betrat mit der Ernennung zum Quästor im Jahre 6 + das nötige Sprungbrett für die gehobene Laufbahn. Varus erhielt vermutlich noch im gleichen Jahre 6 + die Anweisung im Jahre 7 + die Statthalterschaft in Germanien anzutreten. Beide werden sich gekannt haben und könnten sich demnach 6 + in Rom nicht nur gleichzeitig aufgehalten, sondern sich auch gesprochen haben. Der heißspornige Paterculus an Jahren erheblich jünger als Varus, der nun designierte Statthalter in Germanien. Welche Funktionen Varus bekleidete nachdem seine Statthalterschaft 4/5 - in Syrien endete ist nicht überliefert. Er könnte sich in Rom aufgehalten haben und sich dort auf neue Herausforderungen vorbereitet haben bzw. brauchte dafür die Nähe zu Kaiser Augustus. Und während Paterculus dann 6 + den Befehl entgegen nahm, sich nach Pannonien an die Front begeben zu müssen, reiste Varus möglicherweise zur gleichen Zeit in den Norden nach Niedergermanien. Im Jahre 6 + kam es demzufolge in Rom zu weitreichenden politischen, aber auch personellen Entscheidungen die letztlich von Kaiser Augustus ausgingen und die, wie man überblicken kann sowohl Germanien als auch Pannonien betrafen. Zweifellos zog Varus das bessere Los, denn ihn entsendete man auf eine, wie man damals annehmen durfte friedvolle Mission nach Germanien, während Paterculus der Order eines Kriegseinsatzes zu folgen hatte. Obwohl Varus im Jahre 6 + mit etwa 52 Jahren rund 26 Jahre älter war als Paterculus, hätte er dem Kaiser doch die Entscheidung übel nehmen können, dem älteren Varus den Vorzug gegeben zu haben und nicht ihn nach Germanien zu entsenden. Unter der Prämisse betrachtet, dass es für Paterculus überhaupt diese Chance gab, nach Germanien versetzt zu werden, wird bei Kaiser Augustus möglicherweise unter anderem auch die Reife und Erfahrung von Varus eine Rolle gespielt haben. Möglicherweise drehte sich aber auch das Intrigenkarussel, dass letztlich Varus begünstigte. Vielleicht war die Entscheidung, dass man Paterculus im Jahre 6 + zum Quästor beförderte bevor man ihn in den Krieg schickte, schon als ein Trostpflaster zu verstehen. Aber die Wunde die es bei Paterculus hinterlassen haben könnte schien heftig gewesen zu sein und könnte den Ausschlag für seine Unzufriedenheit gegeben haben, was in der Folge zu den deftigen Kritiken an Varus geführt hat. Denn er schreckte vor keiner Niedertracht gegenüber Varus zurück und griff dabei sogar bis auf seine Tätigkeit in Syrien zurück. So ist jedem Geschichtsfreund der unbewiesene und auch umstrittene Wortlaut aus seiner Feder bekannt, wonach Peterculus ihm unterstellte, er habe sich in Syrien unrechtmäßig bereichert „Als armer Mann betrat er das reiche Syrien, als reicher Mann verließ er das arme Syrien“. Nur einem tief in seiner Eitelkeit gekränktem Paterculus ließen sich derartige Entgleisungen abnehmen. Aber die hier aufgeworfene gedankliche Konstellation lässt sich nicht ganz von der Hand weisen, denn es ließe sich in der Tat aus allem eine gewisse Rivalität zwischen Varus und Paterculus ableiten. So spräche einiges dafür, dass Paterculus mit seinen überzogenen Vorwürfen Varus gegenüber allen deutlich machen wollte, dass es eine Schlacht mit den Cheruskern unter ihm als Statthalter in Germanien nicht gegeben hätte. In diesem Fall ließen sich seine zahlreichen negativen Bemerkungen über Varus nicht als überzogene Lobhudelei, Folgsamkeit oder Bewunderung gegenüber Tiberius werten, sondern als eine späte aber fällige Generalabrechnung mit Varus. Dabei ist zu bedenken, dass Paterculus im Jahre 2 + schließlich die Ehre zuteil wurde, an jenem denkwürdigen Zusammentreffen am Euphrat zwischen Gaius Cäsar mit dem parthischen Großkönig Phraates V teilnehmen zu dürfen, als die Großen über Armenien sprachen. Paterculus war in etwa gleichaltrig mit Gaius Cäsar, mit dem er sich daher angefreundet haben könnte und der nicht nur der Adoptivsohn von Kaiser Augustus, sondern auch sein designierter Nachfolger war, wozu es aber bekanntlich nicht kam, da Gaius Cäsar frühzeitig verstarb. Diese Episode mag verdeutlichen, dass Paterculus schon fasst erwarten durfte und vielleicht sogar daraus den Anspruch ableitete, sich für höhere Aufgaben empfohlen zu haben. Denn wer an der Seite des zukünftigen Kaisers im höchsten Staatsauftrag diplomatischen Gesprächen beiwohnen durfte, dem traute man auch mehr zu. Zum Beispiel eine Statthalterschaft in Germanien. Aber Paterculus legte auch selbst eine Fährte aus der man ableiten kann, dass er sich übergangen gefühlt haben könnte. Im Textabschnitt 2.117 (2) erwähnt Paterculus, dass Varus keiner adligen Familie entstammte. Er relativiert damit seine Abstammung und reduziert in der Folge seine Herkunft auf eine „nur“ angesehene Familie. Er zieht eine Trennlinie womit er verdeutlicht, dass das noch dazu schwache Ansehen, das die Familie der Quintilier genoss, allein keine Rechtfertigung dafür sein konnte Varus die Statthalterschaft zu übertragen. Damit erlosch auch das Interesse von Paterculus und hielt ihn davon ab, noch nach Einzelheiten seiner Niederlage im Nethegau zu forschen, nach Details zu fragen oder nach Ursachen zu recherchieren. Einen Schlachtenverlauf zu hinterfragen, deren Ausgang sein indirekter Widersacher Varus zu verantworten und verursacht hatte, waren für Paterculus nicht Anlass genug es zu tun. Denn Segestes war für ihn ein vorzüglicher Kronzeuge und hatte schon für alles gerade gestanden. Letztlich hätte er gar auf Dinge stoßen können, mit denen sich das Verhalten von Varus am Ende noch rechtfertigen ließe. Nicht auszudenken. Zum Verlauf der Schlacht von Carrhae 53 - konnte Paterculus selbst nichts beitragen. Er wusste über sie nur das, was andere Historiker schon darüber geschrieben hatten. Zwischen dem türkischen Harran (Carrhae) und Borlinghausen am Teutoburgiensi saltu liegen über 2800 Kilometer Luftlinie die Paterculus in nur einem Satz überbrückte. Paterculus stellt hier aufgrund des dramatischen Ausgangs beider Gefechte den direkten Bezug her. Vordergründig war es seine Absicht das desaströse Geschehen von Carrhae zum Vergleich heran zu ziehen um damit die monströse Tragweite der Varusschlacht zu betonen. Aber gleichfalls gelang es ihm damit erneut die Dimension dessen heraus zu stellen, was Varus angerichtet hatte. Man weiß aber auch, dass ein Verrat beide Schlachten miteinander verband. So könnte auch der Eindruck entstehen, als ob Paterculus damit hintergründig auch den Verlauf der Varusschlacht erhellen wollte. Denn was in der türkischen Halbwüste ein Abgar von Osroene war, vollzog sich im ostwestfälischen Nethegau unter der Regie von Arminius. Paterculus verharmloste Carrhae als ein Unglück und lenkte damit von den Fehleinschätzungen von Führung und Armee ab. Schaut man sich den Verlauf der Schlacht bei Carrhae an, so sind in der Tat Parallelen erkennbar. Auch eine Parallele ist dabei die keine war, denn im alten Syrien bekannte sich im Gegensatz zu Germanien später kein Verräter dazu, den Feldherrn Crassus gewarnt zu haben. Man mag sich nicht ausdenken, was die Parther mit ihm hätte es ihn gegeben, nach der Schlacht angestellt hätten. Es wäre zu einem Racheakt gekommen, der auf wundersame Weise Segestes in Germanien erspart blieb. Mit seinem Hinweis es später in angemessenen Büchern darzustellen war für Paterculus an der Textstelle 2,119. (1) das Kapitel Varusschlacht quasi mangels weiterer Kenntnisse aber auch wegen des möglichen Desinteresses zunächst einmal abgeschlossen. Was dann die Quellen noch als ein zu schilderndes Ergebnis bezeichnen, bestand lediglich in der bitteren Erkenntnis, dass die Varusschlacht verloren war. Und dem ließ sich nichts mehr hinzufügen, denn wir erfuhren nichts mehr aus seiner Feder.
2,119. (2) 
"Das tüchtigste aller Heere, das erste unter den römischen Soldaten an Zucht, Tapferkeit und Kriegserfahrung, wurde durch die Schlaffheit des Feldherrn, die Treulosigkeit des Feindes und die Missgunst des Schicksals hintergangen. Man bot ihm nicht einmal die ungehinderte Gelegenheit zu kämpfen oder vorzurücken, wie sie es selbst gewollt hatten, ja einige wurden sogar empfindlich bestraft, weil sie römische Waffen und römische Gesinnung anwendeten.
So wurde es eingeschlossen von Wäldern, Sümpfen und Fallen, von demselben Feind vollständig aufgerieben, den es stets selbst wie Vieh hingeschlachtet hatte, so dass über Leben und Tod bald der Zorn, bald die Gnade entschieden".
Bewertung:
So beklagt Paterculus einerseits die Treulosigkeit des Feindes, rechtfertigte und legitimierte aber mit dem Verweis darauf, dass die Legionen die Germanen auch wie Vieh dahin geschlachtet hatten, ihr Recht auf Widerstand. Zorn aber auch Verständnis bringt er gleichermaßen zum Ausdruck. Eigene Reue ist bei ihm zwar nicht ersichtlich, aber er gesteht den Germanen das Recht des Unterlegenen zu, wenn der sich im Selbstwertgefühl tief getroffen, für die Gegenwehr entscheidet. Tacitus hatte dafür viele Jahre später die Worte gefunden, dass es die Germanen schmerzte, dass ihre Schwerter verrosteten und ihre Pferde schlapp würden. Man könnte im Hinblick auf die Grundeinstellung von Paterculus auch sagen, dass er ihren Verteidigungswillen in dem Moment entschuldigte und sich argumentativ schützend vor sie stellte, da es gegen Varus ging, seinen einstigen Kontrahenten im Ringen um die bessere Position. Seine noble Verbalgeste haben wir also vernommen, aber er verschweigt, dass er selbst etwa beim „Immensum Bellum“ gemeinsam mit Tiberius aktiv und massiv an diesem Abschlachten mit beteiligt war, was widersprüchlich wirkt und ihn zum Mitschuldigen machte. Sofern man im Imperium ein derartiges Schuldbewusstsein kannte und dem Feind ein Recht auf Gegenwehr überhaupt zustand. Da aber der Krieg der Cherusker nach römischer Lesart als Vertragsbruch gewertet wird, bekommt sein Verständnis signalisierendes Statement für das Verhalten der Germanen ein unerwartetes Gewicht. Sein Nachruf auf die untergegangenen „Elite“ Legionen sollte nicht zu hoch gehangen werden, denn in jedem Krieg sind zuvorderst die Toten die Helden. Paterculus nutzt es auch dieses mal wieder um für die Nachwelt die Inkompetenz des Feldherrn unumstößlich zu machen. Er schien es gar nicht oft genug wiederholen zu können und übersah, dass er sich damit schon selbst in Misskredit brachte und sich unglaubwürdig machte. Immerhin führte er dieses Mal noch das Schicksal und die Treulosigkeit des Feindes als weitere Ursachen mit an. Dann streut aber Paterculus wie zufällig einen Passus ein, der von seiner erstaunlich guten Kenntnis über den Schlachtenverlauf zeugt. Denn er berichtet davon, dass man die römischen Soldaten daran hinderte zu kämpfen und nicht nur das, sondern auch das sie nicht vorrücken durften, so wie sie es wollten. Und das man sie sogar mit Gewalt davon abhalten musste, sich gegen die angreifenden Germanen zur Wehr zu setzen. Ein ungeheuerlicher militärischer Vorfall dessen Hintergrund sich Paterculus jedoch nicht erschloss. Aber die meisten Geschichtsforscher interpretieren diesen Abschnitt aus der Historia Romana auf die gleiche Weise, obwohl er sehr irritiert. Denn es dürfte dahinter der Versuch einer Anzahl überlebender Legionäre gestanden haben, die Schuld für die Niederlage ihren Führungsoffizieren, damit dem Generalstab und letztendlich Varus in die Schuhe zu schieben. Aber den eigentlichen Grund und die Ursache für den Zwang auch unter Androhung oder schon ausgeübter Gewalt passiv bleiben zu müssen, sollten wir an anderer Stelle suchen. Aber so findet auch diese Überlieferung von Paterculus wie so viele andere von ihm auch, wieder in Varus den Alleinschuldigen. Ungeachtet seiner Auslegung, sickerte hier ein Abschnitt ins Geschehen ein, der wie kaum ein anderer aus seiner Feder wie aus dem Zusammenhang gerissen erscheint. Paterculus ließ den Hinweis in der Luft hängen, da er ihn dem Schlachtverlauf nicht zuzuordnen vermochte. Es überrascht damit den Leser, da diese Begebenheit auf den ersten Blick so gar nicht in den Kontext der Schlacht passen will. Aber auch nicht in den eines Lagerüberfalls, denn in einem Lager rückt man nicht vor, so lässt sich „vorrücken“ nicht so recht mit einem Lagerüberfall vereinbaren. „Vorrücken“ passt eher zur Schildkrötentaktik außerhalb von Umwehrungen oder Marschlagern. Jedenfalls versetzt dieser Passus die Historiker seit jeher in arge Erklärungsnöte. Dabei ist es gar nicht so schwer diese Situation nachzustellen, wenn man das Marschgefecht vorher in das dazugehörige landschaftliche aber auch strategische Weichbild einer Marschschlacht eingebettet hat und die dazu passende Rekonstruktion eines Mehrtagesgefechtes parat hat. Auf die Logik und die Sinnhaftigkeit die sich hinter diesem besonderen Hinweis verbirgt möchte ich im Verlauf der Erläuterungen zum zweiten Marschtag, dem ersten Kampftag näher eingehen der sich von Brakel zum Gerichtslager vollzog, denn da hinein gehört dieses seltsame Versatzstück der römischen Legionäre, denen man das Kämpfen nicht nur verbot, sondern sie dafür, vermutlich mit Peitschenhieben auch noch empfindlich bestrafte.
2,119. (3) 
"Der Feldherr hatte mehr Mut zum Sterben als zum Kämpfen: Dem Beispiel seines Vater und Großvaters folgend, durchbohrte er sich doch tatsächlich selbst".
Bewertung:
Es ist einem schon überdrüssig zumute, wenn man zum wiederholten Male feststellen muss, wie Paterculus auch noch die letzte Gelegenheit nicht ausließ Varus mit Schimpf und Schande ins Mausoleum zu entlassen. Hier setzt wieder sein Wissen ein, dass ihn auf mehrere Wege erreicht haben könnte, denn sein Selbstmord geisterte über die Zungen von Freund und Feind und raste wie ein Lauffeuer durch das alte Mitteleuropa und dazu bedurfte es auch keines Markomannenführers Marbod.
2,119. (4) 
"Von den beiden Lagerpräfekten aber lieferte L. Eggius ein ebenso leuchtendes wie Ceionius ein schändliches Beispiel, der, als der bei weitem größte Teil des Heeres umgekommen war, zur Kapitulation riet und lieber hingerichtet werden, als im Kampf fallen wollte. Vala Numonius aber, ein Legat des Varus, sonst ein ruhiger und tüchtiger Mann, gab jetzt ein grässliches Beispiel, ließ die Fußtruppen ohne die Reiterei zurück und stürzte sich mit anderen in die Flucht, um den Rhein zu erreichen. Seine Tat rächte das Schicksal; denn er überlebte nicht die im Stich Gelassenen, sondern fiel als Deserteur".
Bewertung:
Zu den wenigen Einblicken die uns Paterculus in den unmittelbaren Hergang der Schlacht gewährte, gehört neben dem Hinweis auf die Legionäre denen man das Kämpfen verbot auch diese Textstelle. Sie belegt indirekt, dass er nur über bruchstückhafte Kenntnisse zur Schlacht verfügte und sich ihm der gesamte Guss der Schlacht entzog bzw. sich ihm nicht erschloss. Er baute daher diese Fetzen, denn anders kann man sie nicht bezeichnen in eine auf den ersten Blick nur scheinbar beliebige Stelle seiner Überlieferung ein. Wenn es zutrifft, dass Paterculus um das Jahr 30 + seine Kenntnisse die er zur Varusschlacht besaß nieder geschrieben hat, dann könnten ihm in den seit der Varusschlacht vergangenen immerhin rund 20 Jahren diverse Informationsquellen zur Verfügung gestanden haben. Dieses Wissen könnte ihn noch aus den Mündern überlebender Römer, aber auch über Aufzeichnungen erreicht haben. Die von ihm geschilderten Geschehnisse, wie sie sich auf römischer Seite unmittelbar während der Schlacht zugetragen hatten und aus denen Paterculus seine Schlüsse zog, wird ihm aber wohl kein namenloser Germane mitgeteilt haben können. Aber Segestes hätte etwas über die schmähliche Flucht der Vala Kavallerie mitten aus dem Kampfgeschehen heraus, oder das Verhalten der beiden Lagerpräfekten gewusst haben können. Er könnte die Flucht von Vala nach der Schlacht von germanischen Kriegern erfahren und es in Rom acht Jahre später noch zu Protokoll gegeben haben. Vielen kämpfenden Germanen dürfte es jedoch gleichgültig gewesen sein, welcher Reiterpräfekt sich wie und wann feige absetzte und erst recht, welcher römische Lagerkommandant sich gut, schlecht oder glorreich gegen sie zur Wehr gesetzt hatte. So dürfte das Wissen darüber, dass die Kavallerie des Numonius Vala die militärisch nötige Disziplin vermissen ließ, als sie erkannten, dass es aussichtslos war noch zu kämpfen nur aus dem Erinnerungsschatz der wenigen überlebenden Römer geflossen sein. Paterculus könnten also statt Segestes auch noch römische Quellen zugrunde gelegen haben. Paterculus hätte es gut zu Gesicht gestanden, wenn er im Zuge der Verschriftung, auch nur ansatzweise darauf hingewiesen hätte, dass es ihn über römische Mittelsmänner erreichte. Er hätte es positiv für den tapferen Teil des römischen Militärapparat auslegen können. Aber er verzichtete vermutlich darauf weil auf Überlebenden immer der Makel von Feigheit lastete. Eggius der trotz des Klanges seines Namens ihn sicherlich nicht der Egge zu verdanken hatte oder Ceionius der zweite Lagerpräfekt schienen bei Paterculus besondere Wirkung und Eindruck hinterlassen haben. Anders ist die Erwähnung nicht zu verstehen. Hier besonders den Kontrast zwischen einem Versager und einem bis zuletzt kämpfenden heldenmütigen Legionär heraus zu stellen war ihm ein Bedürfnis und gehörte zur Pflichtaufgabe eines jeden Militaristen. Ebenso wie er den Zorn und kriegerischen Eifer jener Männer hervor hob die kämpfen wollten, die aber den Befehlen ihrer Vorgesetzten zu folgen hatten. Alles waren Episoden die nur ein befehlsgewohnter Offizier der römischen Armee für erwähnenswert halten kann. Auf die Gesamtbetrachtung der Schlacht wirken sie sich nur insoweit aus, als dass sie unser Vorstellungsvermögen schärfen helfen, sich platzieren lassen und damit den aufgezeichneten Schlachtenhergang bestätigen. Der Selbstmord des Feldherrn Varus wird wiederum durch alle Kehlen, ob Freund oder Feind die Runde gemacht haben. Ein Großteil seiner Überlieferungen beruht also auf allgemein gültigen und zeitlosen Aussagen und berührt hinlänglich bekannte Festlegungen, heldenhaftes und heroisierendes Tun, schicksalhafte Begebenheiten oder göttliche Einwirkung. Allesamt drastische und theatralische Schilderungen aus den hitzigen Phasen der einzelnen Gefechte. Aber da wo er konkret wird, finden wir auch greifbare und zuordnungsfähige Hinweise und Handlungen die sich immer wieder auf eine Person verdichten die über Interna verfügte, wie sie damals zwar nicht keiner, aber nur sehr wenige besaßen. Denn jene, die sie außerdem noch besessen haben könnten, konnte man nie zur Rechenschaft ziehen oder in die Verlegenheit bringen in Rom Aussagen zum Varusschlacht Geschehen machen zu müssen, nämlich Arminius und seine Mitstreiter. Auch das Wissen von Paterculus wie auch das von anderen Historikern über den Schlachtverlauf setzt sich nur aus wenigen Bruchstücken zusammen, die sich kaum zusammen fügen lassen. Wüsste man nicht inzwischen schon so vieles aus dem Umfeld was unser Wissen bereichert hat, man würde sich gar an den Anfang jeglicher Recherche zurück versetzt fühlen. So können wir vieles nachvollziehen. Denn wo wirre Befehle hin und her flogen die ihre Adressaten suchten, wo der Schlachtenlärm vieles überdeckte und die Kommunikationswege oft unterbrochen waren und wo permanent Unklarheit über die Position und Stärke des Feindes herrschte, da geht die Übersicht in kurzer Zeit verloren. Und in diesem Zusammenhang erst recht das, was wir für unser Gesamtverständnis gerne genutzt hätten. Die beiden Lagerkommandanten erwähnte Paterculus in Textstelle 119 (4) zu aller erst während er die Tat des Numonius Vala an das Ende dieser Textstelle setzte. Was vielleicht verwundern mag ist die Feststellung, dass alle drei Detailinformationen die Paterculus hinterließ auch nur in dieser Reihenfolge einen Sinn ergeben. Nämlich sein Hinweis auf die Legionäre die sich nicht wehren durften, das Verhalten der Lagerkommandeure und die Taten des Numonius Vala. Denn alle seine Schilderungen hatte Paterculus genau dort eingefügt, wo sie unter chronologischen Gesichtspunkten des Schlachtenverlaufs betrachtet auch hinein passen. Nämlich in die Anfangsphase, den Mittelteil und in die Schlussphase der „Zweitage - Schlacht“. Am Ende folgte dann das berühmte „sich aus dem Staube machen“ und nicht nur der Vala Reiter, sondern aller die es noch konnten. Eine Wortschöpfung, die die deutsche Zunge vermutlich aus dem Wort „Desertieren“ ableitete. Denn die Wüste, also „le Désert“ ist ja bekanntlich recht staubig. So münden seine Worte in schlüssige Erklärungen zu den Ereignissen wie sie sich am ersten und zweiten, nämlich dem letzten Kampftag zutrugen. Denn entgegen aller Versuche die Varusschlacht so zu rekonstruieren, dass sie sich über drei, dreieinhalb oder gar vier Tage erstreckt haben könnte, fand sie nur an zwei Tagen, nämlich am zweiten und am dritten Marschtag statt. Der erste Marschtag war der ruhig und kampflos verlaufende Tag von Höxter nach Brakel, an den zwei folgenden Tagen fand die Schlacht statt und am vierten Tag kam es zu keinen geschlossenen Absetzbewegungen mehr. An diesem Tag endete die Schlacht im Chaos. Wofür unsere französischen Nachbarn die Worte „sauve qui peut“ kennen.
2,119. (5) 
"Den halbverbrannten Körper des Varus hatten die Feinde in ihrer Wildheit zerfleischt; sein Kopf wurde abgetrennt, zu Marbod gebracht und von diesem zu Caesar geschickt und dann doch noch mit einem Begräbnis im Familiengrab geehrt".
Bewertung:
Klingt da etwa bei Paterculus vielleicht etwas Verwunderung durch, dass man Varus obwohl er das Imperium massiv beschädigt hatte doch noch einen Platz im Familiengrab zubilligte ? Aber auch diese Textstelle offenbart das ganze Dilemma, das in der Interpretation seiner Überlieferung liegt. Die Übersetzung lautet „Den halb verbrannten Körper von Varus hatten die Germanen in ihrer Wildheit zerfleischt, sein Kopf wurde abgetrennt und zu Marbod gebracht“. Der leitete ihn dann an Kaiser Augustus weiter, woraufhin der den Kopf (ohne Körper) im Familiengrab bei setzen ließ. Es sind aber hier nicht allein nur die martialischen Worte die er dafür fand, wie man in Germanien mit dem toten Körper des Varus umging. Die Germanen waren schließlich und das seiner Meinung nach auch zu recht mit Hass erfüllt. Es ist viel mehr die Tatsache, dass es für diese ergreifende Szenerie auch wieder nur germanische Zeugen gegeben haben konnte. Denn Römer die diesem Gruselschauspiel beiwohnten wird es wenn, dann nur in einer verschwindend Zahl gegeben haben und diese werden dann wiederum auch nur sehr geringe Chancen gehabt haben, zu den Überlebenden des Massakers gehört zu haben. So könnten es folglich nur Germanen gewesen sein die dabei waren. Sicherlich konnte sich Paterculus in diese schaurigen Ereignisse hinein denken und er brauchte dafür auch keine zuverlässigen Quellen bzw. Zeitzeugen und auch keinen Segestes. Dem zerschmetterten Kopf des Varus wird man es wohl noch in Rom angesehen haben, wie man mit dem Rest seines Leibes umgegangen war. Paterculus, so interessant seine Überlieferung auch ist, so ist auch ihr kein Schlachtort und kein Schlachtenverlauf zu entnehmen. Das ein nüchterner Stratege wie Paterculus auch in diesem Fall wieder den Erzählungen des Segestes aufgesessen sein könnte, verdeutlicht wie umfangreich und nahezu perfekt Segestes die Täuschung gelang und abgenommen wurde. Schon mehrfach kam der Verdacht auf, dass sich Segestes die Geschichte von seiner Warnung an Varus vor der Schlacht nur zu seinem eigenen Schutz im Jahre 15 + hat einfallen lassen, um sie dann 17 + vorzutragen. Und diesen gedanklichen Schluss auf das Schlachtengeschehen übertragen führt zwangsläufig zu einer Reihe neuer Hypothesen. Denn die massiven Konsequenzen die die „Nichtwarnung“ auf den Schlachtverlauf hatte, ließen sich noch bis tief im Detail hinterfragen, denn es hatte erhebliche Aus- und Nachwirkungen. Man kann es sich aber auch leicht machen. Denn sie können auch mit wenigen Sätzen abgehandelt werden. Denn Beweise werden wir dafür letztlich nie finden, aber die Hypothese allein ist bereits verlockend genug um mit ihr den Hergang der Schlacht neu zu rekonstruieren um ihn dann in ein anderes Licht rücken zu können. Vor diesem Hintergrund gelte es dann zu bedenken, dass man sich einen völlig unbesorgten und unbekümmerten Varus vorzustellen hätte. Einen Feldherrn, der sich über die Gefahrenlage in der er schwebte nicht im Geringsten bewusst war. Der sich in völliger Unkenntnis und bar jeglicher Verdachtsmomente auf den Weg in eine unbekannte Randregion begab, wo auf ihn Schlichtungsverhandlungen warteten, die ihm in voller Absicht nicht näher definiert wurden. Ein Varus den demnach keinerlei Warnungen erreichten und der deswegen auch keine übermäßigen Vorkehrungen zu treffen brauchte. Diesem unbedarften Menschen konnte und durfte auch niemand die gleichen Vorwürfe machen wie einem Varus der jegliche Warnungen überheblich in den Wind schlug. Ihm ließ sich bei dieser Ausgangslage auch nur schwerlich eine Schuld am Untergang seiner Armee geben. Denn wenn Varus in Übereinstimmung mit seinem engeren Führungsstab seinerzeit Feld männisch korrekt gehandelt hatte, so konnte man an seinem Verhalten auch nur sehr wenig Kritik üben. Ein Szenario dem man in Rom nicht folgen wollte. Es blieben dann am Ende nur noch die Götter, das Wetter aber vor allem eine Erklärung die man in jedem Fall vermeiden und unterdrücken wollte. Nämlich die, dass er möglicherweise über eine zu geringe Truppenstärke verfügte bzw. man ihn damit ausgestattet hatte, um eine neue Provinz aufzubauen. Aber auch noch etwas unangenehmes musste verdrängt werden. Denn man hätte sich auch eingestehen müssen, dass der Feind besser war als drei römische Elite - Legionen. Für einen Offizier wie Paterculus unvorstellbar, oder eben nur mit Carrhae zu vergleichen. So würde es bereits nahezu grotesk wirken, sich nun einen reuemütigen Varus vorstellen zu müssen, wie er sich mit dem Schwert in der Hand fuchtelnd im Unterholz bewegte und den Gedanken nicht los werden konnte, Segestes nicht ernst genommen zu haben. In Rom kam die Person des Segestes für alle im richtigen Moment. Denn er war es, der das nötige Argument lieferte mit dem sich Varus bequem zum ewigen Sündenbock abstempeln ließ und womit sich die römischen Streitkräfte von jeglicher Schuld selbst frei sprechen ließen. Das römische Imperium war in erster Linie eine gewaltige Militärmaschinerie, sie konnte Kaiser absetzen und inthronisieren mit ihr galt es behutsam umzugehen und alles was für das Militär gut war, war auch für das gesamte Staatswesen gut. Wer wollte unter diesen Bedingungen noch eine andere Meinung vertreten. Und sein Schlusskapitel und seine Wortwahl entsprachen dem Vokabular und dem Geist der Zeit (03.12.2020)

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Freitag, 27. November 2020
Gaius Velleius Paterculus - Von ihm stammten die ersten Details zum Verlauf der Varusschlacht - Teil 1. - Textstelle 2.117 (1) bis 2.118 (4)
Details ist wahrlich zu viel gesagt, denn für das Wenige was er uns zur Schlacht hinterließ ist es eher eine beschönigende Formulierung. Aber dafür lässt sich das, was er dazu schrieb plausibel in den Verlauf des Marschgefechtes einfügen, denn es passt zu dem, was nach ihm die Historiker Tacitus, Florus und Dio ergänzend dazu zu Papier brachten. Dem schriftlichen Nachlass von Paterculus lässt sich unschwer entnehmen, dass hier ein eingefleischter Militarist am Werk war, der es gewohnt war andere Schwerpunkte zu setzen. Das er auch noch etwas mehr wusste, als er die Nachwelt wissen lassen wollte, müssen wir wohl als gegeben hinnehmen. Paterculus verfügte aufgrund seiner jahrelangen Anwesenheit in vielen Regionen Germaniens über einen umfangreichen Erfahrungsschatz über das Land und seine Bewohner. Sein Wissen über die Zustände und Zusammenhänge, als auch die Beziehungen der germanischen Fürstenhäuser untereinander, das Wesen der Germanen, ihre Mentalitäten, die Geographie Germaniens war umfänglich und er sah noch vieles mehr mit eigenen Augen was er für sein Geschichtswerk nutzen konnte. Er und Tiberius waren die großen Figuren im germanischen Schachspiel am Rhein. Inhaltliche Kernaussagen zum eigentlichen Verlauf der Varusschlacht nehmen in seiner Überlieferung nur einen, milde ausgedrückt überschaubaren Teil ein. Und neutrale Berichte dürfen wir auch von ihm nicht erwarten, denn dazu stand er zu tief im Geschehen und den Abhängigkeiten seiner Zeit.
Ob sich Paterculus unter den Legionen befand, die schon im Frühjahr 6 + unter Tiberius von Carnuntum ins Reich des Marbod aufbrachen und nicht erst im Pannonienkrieg dazu stieß ist nicht überliefert aber wenig wahrscheinlich, da er in diesem Jahr in Rom auch zum Quästor ernannt wurde. Aber er wusste das Tiberius auch schon für diesen Feldzug alle Kräfte aufbieten musste und daher auch auf Legionäre der Varus Legionen zurück griff. Kampfeinheiten die möglicherweise über die nördlich Route vom Niederrhein kommend über die Weser und den Südharz anrückten und sich später mit Saturninus vereinigen sollten, dem sie unterstellt waren. An anderer Stelle hatte ich dazu den Verdacht geäußert, dass sich diese Zugrichtung mit einem anderen Fundkomplex gedeckt haben könnte. Denn dann wäre die Armee möglicherweise über Hachelbich in Form einer Zangenbewegung im Rücken von Marbod vorgerückt. Die dort ergrabene Lagerdimension spricht für 8 bis 9000 Soldaten und könnte in der Summe jene Anzahl wieder spiegeln, die Varus aber auch Asprenas an Tiberius abgeben musste. Insgesamt militärische Entscheidungen die dem Desaster am Saltus voraus gingen um dann mit hinein zu spielen. Tiberius hatte dies indirekt mit zu verantworten und Männer wie Paterculus die dabei halfen die überregionale Verbindung zwischen den zwei Großereignissen wie der Varusschlacht und dem Markomannenfeldzug zu verschleiern und herunter zu spielen, waren Tiberius recht. Das diese Einschätzung des Kaisers nicht völlig unbegründet ist, lässt sich auch den Tacitus Annalen entnehmen. Denn unter 4.74 (1) schreibt er, dass Tiberius im Zuge der Niederlage der römischen Armee gegen die Friesen im Jahre 28 + die Verluste unter den römischen Soldaten verheimlicht haben soll. Er tat dies um zu vermeiden, dass nach Schuldigen gesucht wird. Vergangene Fehlentscheidungen oder Versäumnisse aufzuarbeiten lagen also nicht unbedingt im Interesse des Kaisers, wenn es nicht in sein Konzept passte. Anders sprang man allerdings mit Varus um, dem Paterculus sein Fehlverhalten vehement ankreidete. Offensichtlich war es opportun in diesem Fall mit zweierlei Maß messen zu dürfen. Denn der von Augustus angeordnete und von Tiberius voran getriebene und geführte Militäreinsatz gegen die Markomannen trug entschieden mit dazu bei, dass Varus in Ostwestfalen geschwächt in die Schlacht ziehen musste und die cheruskischen Hilfstruppen im Jahr 9 + für ihn umso unverzichtbarer wurden bzw. er sogar auf sie angewiesen war. So wirken Paterculus und Tiberius wie ein gut aufeinander eingespieltes Team. Paterculus ein geistig beweglicher Berater, Reiterpräfekt und Haudegen der dem damals noch zweiten Mann im Staate und zukünftigen Kaiser zur Seite stand und der das ganze Gegenteil eines Varus verkörperte. Man könnte schon fasst auf den Gedanken kommen, dass er sich sogar selbst Hoffnungen auf die Statthalterposition in Germanien gemacht hatte und hier völlig andere Hintergründe eine Rolle spielten. Paterculus hinterließ, wie auch andere Quellen die wir nutzen nur auf den ersten Blick ein literarisches Rätselwerk. Aber bei genauem Hinsehen passen seine facettenreiche Aussagen gut ins Gesamtbild der Varusschlacht. Ungeachtet dessen, dass auch sein Werk Spuren erkennen lässt, das Rückschlüsse auf seine Herkunft erkennen lassen, decken sie sich in vielen Bereichen mit dem Allgemeinwissen seiner Zeit. Seine persönliche Vorstellungen und Ansichten wechseln sich mit plausiblen Fakten ab und auf tendenziöse Einschätzungen wollte er nicht verzichten und ließ sie stetig in sein Textwerk einfließen. Aber sie lassen sich isolieren und deuten. Ein Textaufbau der hinterfragt sein will. Was seine Informationen über die Varusschlacht anbelangt, so ist eine strukturierte Herangehensweise unvermeidbar. Aber wir müssen bescheiden sein, denn wie schon im letzten Kapitel zum Ausdruck gebracht, hatte auch Paterculus nicht viel dafür übrig den Wissensdurst der Nachwelt zu stillen. So geht er in seinen Aufzeichnungen auch nur wenige Male auf den unmittelbaren Verlauf der Varusschlacht ein. Es sind dies seine militärisch geprägten Aussagen innerhalb jener Textstellen in denen er bedauert, dass man es den römischen Soldaten verbot sich zu wehren, er sein Lob und Tadel für die beiden Lagerkommandanten ausspricht und er die Desertion des Reiterpräfekten Vala als einen schändlichen Akt darstellt.
Sein Werk zu kommentieren ist recht umfassend, so dass es in zwei Teile aufgesplittet wurde.
Aber zuvor sein Bericht mit den jeweiligen Bewertungsblöcken:
2,117. (1) 
„Caesar hatte gerade die letzte Hand an den Pannonischen und Dalmatischen Krieg gelegt, als innerhalb von fünf Tagen nach der Beendigung ein unheilvoller Brief aus Germanien die Nachricht brachte, Varus sei gefallen und drei Legionen und ebenso viele Reiterabteilungen sowie sechs Kohorten seien niedergemetzelt, so als habe das Schicksal allein wenigstens darin Nachsicht gegen uns geübt, dass der Feldherr nicht mehr in Anspruch genommen war.
Die Sache aber und die Person zwingen zum Verweilen“.
Bewertung:
Für Paterculus unterlag hier nicht bloß eine römische Armee ihrem Gegner. Er bewertete den Ausgang auf der untersten Stufe eines Schlagabtausches. So war es in seinen Augen nicht nur eine Niederlage wie andere auch, sondern ein Dahinmetzeln. In seinen Worten bringt er damit auch eine massive Überlegenheit des germanischen Gegners zum Ausdruck. Und Boten trugen die Schreckensnachricht also nicht nur nach Rom, sondern auch an die dalmatische Küste und somit wohl auch in einige andere bedeutsame Zentren römischer Macht. Der wertvolle terminologische Zeitbezug, eine nahezu komplette Verlustenliste und die Tatsache, dass sich Varus, da er sich tötete nun nicht mehr zur Rechenschaft ziehen lässt, hört sich wie der knappe Mitschnitt einer verspäteten Kurzreportage oder Nachrichtensendung an, der nur das absolut Nötigste zu enthalten hatte. Der Rest sollte dann einer Sondersendung vorbehalten sein, die nie ausgestrahlt wurde. Es wirkt wie das ultimative Eingeständnis eines Regierungssprechers der für ein Staatsorgan tätig war und es als Trauerbotschaft nur auf die reine Sache bezogen zu informieren hatte. Es gab also nach der langen Zeit die verstrichen war eigentlich schon gar nichts mehr zu sagen, denn die Fakten sprachen für sich. Eine Darstellung wie sie sich kaum besser einem Mann zuordnen lässt, der zuvorderst das Staatswohl im Auge hatte. Die Quelle der ursprünglichen Nachricht vom Niederrhein wird man im Umfeld von Asprenas oder bei ihm persönlich zu suchen haben, da dieser auch die Stärke der Varusarmee kannte und nach Varus Tod der ranghöchste Militär an diesem Frontabschnitt war. Aber die Örtlichkeit zu definieren und die näheren Umstände der Schlacht darzustellen war selbst 20 Jahre nach der Schlacht immer noch nicht von Belang. Paterculus vermied es auf sie einzugehen, aber vielleicht hätte er auch selbst gerne mehr über den Verlauf gewusst.
2,117. (2) 
„Varus Quintilius, der aus einer eher angesehenen als altadligen  Familie stammte, war ein Mann mit sanftem Wesen und ruhigem Charakter, unbeweglich an Körper und mehr noch an Geist und eher an Lager- als an den Kriegsdienst gewöhnt; dass er aber Geld nicht verachtete, zeigte Syrien, wo er Statthalter gewesen war: Arm hatte er das reiche (Syrien) betreten, als Reicher ließ er es arm zurück“.
Bewertung:
Abgesehen davon, dass uns Paterculus den Charakter und auch den Geisteszustand des Feldherrn in den dunkelsten Farben beschreibt greift er lediglich das Wissen auf, dass wohl jeder höher gestellte Bürger Roms von Varus besaß, da es sich herum gesprochen hatte. Auch diese Textstelle 2,117 (2) ist ein Beleg dafür, dass Paterculus nur den allgemeinen Kenntnisstand der Zeit aufgriff und verschriftete um ihn dann wie gewohnt im negativen Sinne über zu betonen. Die Schuldfrage schien er eindeutig für gelöst zu halten. Auf den Verlauf der Schlacht ging er mit keinem Wort ein, was bereits einer Vorverurteilung gleich kommt.
2,117. (3) 
„Als er (Varus) das Kommando über das Heer in Germanien innehatte, besaß er die Vorstellung, die Germanen seien Menschen, die nur Stimme und Körperbau mit Menschen gemein hätten und die man nicht mit Schwertern bezwingen, (sondern) nur durch das Recht zähmen könne“.
Bewertung:
Paterculus spricht Varus jegliches Einschätzungsvermögen in seine zukünftigen Aufgaben ab und bedient das Klischee der Überheblichkeit. Dafür begegnet uns hier in Reinform der mentale Zusammenprall zweier Persönlichkeiten, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Hier der im Kriegshandwerk geübte Befehlshaber und da der Diplomat im heiklen auswärtigen Dienst. Der eine sucht den Erfolg mit dem Schwert der andere mit den Paragraphen. Paterculus betont zwar richtigerweise, dass Varus die Armee befehligte, aber das Talent dazu spricht er ihm ab. Er verzichtete auch auf den Hinweis, dass Varus dies letztlich auf Anordnung des römischen Kaisers tat und unterstellte diesem natürlich nicht den falschen Mann nach Germanien entsandt zu haben. Dann ist Paterculus noch steigerungsfähig und möchte nun auch noch den letzten Zweifler verstummen lassen, dass es hier noch andere Schuldige oder Umstände hätte geben können die zur Niederlage führten, als nur Varus. Er spricht Varus jegliche Qualifikation ab und zieht andere Ursachen mit keiner Silbe in Erwägung. Insbesondere als ein scharfsinniger Militarist, hätte es seiner Glaubwürdigkeit keinen Abbruch getan, wenn er nun ein Kapitel hätte folgen lassen, in dem er auch anderen Überlegungen strategischer Natur Raum gegeben hätte, um sie als Grund für das Debakel heran ziehen zu können. So schien er schon nahezu verbohrt in seine Sicht der Dinge gewesen zu sein. Cassius Dio brachte zwar 200 Jahre später auch seine persönlichen Ansichten in sein Werk mit ein, sie waren aber im Gegensatz zu Paterculus, aus dem sogar persönlicher Zorn und Betroffenheit spricht, nicht Personen bezogen. Für Paterculus gab es nur einen Urheber. So bewarf er quasi stellvertretend für den Kaiser und seiner Duldung Varus mit dem angemessenen Schmutz.
2,117. (4) 
„Mit diesem Vorsatz drang er mitten in Germanien ein, als ginge er zu Männern, die den süßen Frieden lieben, und er verpasste den Sommerfeldzug durch Rechtsprechungen und durch sein Wirken für  die Rechts-) Ordnung vor seinem Tribunal“.
Bewertung:
Paterculus will das Fehlverhalten von Varus unter Einsatz aller rhetorischen Mittel fest schreiben. So möchte er jeden Verdacht entkräften, Varus könne am Untergang der drei Legionen am Ende doch noch unschuldig gewesen sein. Denn sein Hinweis darauf, dass der vermutlich der Einschüchterung dienende und scheinbare traditionelle Sommerfeldzug ohne Varus statt fand, weil es ihm wichtiger war die Zeit für die Rechtsprechung zu nutzen lässt erkennen, dass Paterculus als Militarist der Exekutive näher stand als der Judikative. Er registrierte es mit kritischem Unterton. Denn als erfahrener Offizier verurteilte er dieses Verhalten und erwartete von Varus, dass dieser mit seinen Legionen in der Großregion in Form von Feldzügen deutlichere Präsenz zu zeigen hatte als er es tat. Möglicherweise verachtete er sogar derartige Methoden. Rechtsprechung schien für ihn eher eine Nebensache gewesen zu sein und er bevorzugte den Waffeneinsatz. Was kann man aus dem Munde eines Militaristen auch anderes erwarten, als dass für ihn ein Feldzug mehr wog, als der beschauliche Aufenthalt in der Garnison. Man darf sich daher erneut fragen, ob wir in Paterculus bezogen auf die Varusschlacht noch einen objektiven Historiker sehen dürfen. Man könnte bei anderem Blickwinkel daraus sogar den Schluss ziehen, dass Varus für diese Position vielleicht sogar genau der richtige Mann gewesen sein könnte. Es lässt sich bei ihm heraus lesen, dass das Tribunal im Kastell an der Weser bereits eine feste Einrichtung, an diese Adresse gebunden und entfernt davon war, dass man sich darunter etwas Ambulantes vorzustellen hätte. Schnellgerichte hingegen fanden im Umfeld oder auf der Durchreise statt bzw. waren Feldzügen vorbehalten. Einen jener Gerichtstage plante er bekanntlich im Kreise jener Aufrührer abzuhalten, da wo Arminius ein Schiedsverfahren für eine geeignete Lösung hielt um die aufgebrachten Gemüter der dort ansässigen Germanen wieder etwas zu beruhigen.
2,118. (1)
„Die Germanen aber waren ein Menschenschlag, der bei aller Wildheit sehr schlau und zur Lüge geboren ist, täuschten eine Reihe scheinbarer Streitigkeiten vor, indem bald einer den anderen zum Streit herausforderte, um sich dann dankbar zu stellen, dass die römische Gerechtigkeit diesen beendete und ihre Wildheit sich durch eine neue, unbekannte Zucht legte und das, was gewöhnlich mit den Waffen entschieden wurde, nun auf dem Rechtsweg beendet würde; dadurch verleiteten sie Quintilius in einem Grade zur größten Sorglosigkeit, dass er glaubte, er spreche als Stadtprätor auf dem Forum Recht und kommandiere nicht mitten in Germanien ein Heer“.
Bewertung:
Die Vorwürfe gegen Varus wollen bei Paterculus kein Ende nehmen. Nachdem er den Hang von Varus für die Rechtsprechung gegen ihn ausgelegt hatte, stellt er nun sein Unvermögen heraus selbst die Täuschungsmanöver unterzivilisierter Germanen nicht durchschaut zu haben. Und wieder erinnerte er die Leser daran, dass Varus nach Germanien entsandt wurde und dort ein Heer zu befehligen hatte. Mit anderen Worten ausgedrückt hatte er nicht nur die Aufgabe Recht zu sprechen, sondern auch vom Mittel der Gewalt gebrauch zu machen. Ein interessanter Aspekt, denn Varus wird häufig seine übermäßige Brutalität nachgesagt, worin man sogar ein Grund für den Ausbruch der Varusschlacht sieht. Für Paterculus hingegen ging Varus offensichtlich noch nicht weit genug. Um aber über die Spitzfindigkeiten der Germanen bescheid zu wissen wie sie Varus hinters Licht führten, musste er über Quellen verfügt haben, die ihn über diese Methode informiert hatten. Geht man davon aus, dass dies nicht seiner Phantasie entsprang, dann musste und konnte dieses Insiderwissen ursprünglich nur aus dem Sommerlager von Personen gekommen sein, die bei Gerichtssitzungen anwesend waren. Auch hier stellt sich die Frage um wen es sich dabei gehandelt haben könnte, denn diese Person oder dieser Personenkreis müsste die Schlacht nicht nur überlebt haben, sie müsste auch später noch bereitwillig über das Treiben im Sommerlager Auskunft gegeben haben. Möglicherweise entstammte auch dieses Wissen wieder nur von einem einzigen Anwesenden und aufmerksamen Beobachter der Szenerie nämlich Segestes, der mit diesen Worten natürlich bei Paterculus offene Türen einrannte. Auch Segestes sah ebenso wie Arminius, wenn sie bei Varus zu Gast waren mit geübtem Blick das Geschehen und die alltäglichen Routineabläufe innerhalb des römischen Militärlagers. Ein normales Treiben, wie es sich für gewöhnlich im tiefen Frieden entfaltet. Und wie ließ sich besser ein zukünftiger Gegner studieren, als dass man sich unter ihn mischte. Es war sicherlich ein für unsere heutigen Augen ungewohntes Bild und erfordert einiges an Einfühlungsvermögen. Vielleicht ist es noch vergleichbar mit dem Leben im einstigen Fort Laramie, wo es dann allerdings die Stammesangehörigen der Lakota und Cheyenne waren die aus und ein gingen und den Warenaustausch betrieben und nicht die Cherusker oder Angrivarier. „Castra Höxter“ heute vom östlichen Gewerbegebiet der Stadt überdeckt, war eben der kleine Bruder des Castra Vetera. Aber für die im inneren Germaniens lebenden Menschen muss alles seltsam gewirkt haben, zumal wir heute wissen, dass es der damaligen Gefährdungslage nicht gerecht wurde. Denn die Realität sollte später ein düsteres Bild malen. So erkannte Segestes auch die eingespielte Ordnung einer überlegenen Zivilisation und die fortschrittliche Disziplin der römischen Streitkräfte und er verglich alles mit seinem Kulturkreis. Es sah beide Seiten der Medaille, hatte den Blick für die damalige Moderne und sah daher sein Volk eindeutig im Hintertreffen. Er spürte und erkannte die vielen kaum überbrückbaren Widersprüche und Gegensätze und sah schon zu früher Stunde die bedrohlichen Rauchsäulen am Horizont aufziehen.
2,118. (2) 
„Damals gab es einen jungen Mann von vornehmer Abstammung, der persönlich tapfer, schnell von Begriff und über das Maß der Barbaren hinaus begabt war; er hieß Arminius, der Sohn Sigimers, eines Fürsten dieses Stammes; das Feuer seines Geistes verriet sich schon im Blick seiner Augen; auf unserem früheren Feldzug war er ein unablässiger Begleiter gewesen, der zu Recht auch die Auszeichnung des römischen Bürgerrechts, den Rang eines Ritters, erlangt hatte; er nutzte die Trägheit des Feldherrn als Gelegenheit zu einem Verbrechen aus.
Denn er hatte scharf beobachtet, dass niemand schneller überwältigt wird als derjenige, der nichts befürchtet, und dass die Sorglosigkeit der häufigste Beginn des Unglücks ist“.
Bewertung:
Arminius und Paterculus kannten sich persönlich wie man liest vom gemeinsamen Feldzug und so konnte Paterculus ihn charakterlich einschätzen. Auf die Weise wie er die Eigenschaften von Arminius lobte und würdigte, kritisierte er jene von Varus, äußerte sich herab lassend über ihn und stellte sich moralisch deutlich hinter Arminius. Vermutlich begegneten sich hier die Seelen zweier militärisch erfahrener Frontkämpfer auf Augenhöhe die gemeinsam auf Varus wie auf einen unerfahrenen Dilettanten herab blickten. Denn Militaristen verstanden sich untereinander immer schon und das auch Fronten übergreifend. Paterculus stellte nun alles, an bis dato gegenüber Varus geübter Kritik in den Schatten in dem er ihn unmittelbar mit einem Barbaren verglich und ihn mit ihm auf eine Stufe stellte. Dann noch im direkten Vergleich die Trägheit des Römers herauszustellen war der ultimative Gipfel dem sich ein römischer Feldherr, selbst „post mortem“ betrachtet ausgesetzt sah. Es muss Paterculus ein tiefes inneres Bedürfnis gewesen sein Varus ein weiteres Mal jegliche Führungstalente abzusprechen. Das Paterculus wusste, dass sein alter Weggefährte Arminius hinter dem Erfolg über Varus stand setzt erneut weitreichende Kenntnisse über die Befehlsstrukturen auf germanischer Seite voraus. Das Asprenas ihm diese Nachricht zukommen ließ ist denkbar. Wer es aber wieder genauer wusste war Segestes, der es im Jahre 17 + gegenüber dem römischen Tribunal ausgesagt haben könnte und es allen ins Stammbuch schrieb. Es lässt also wieder den Verdacht zu, dass es erneut Segestes war, der in Rom auch diese Zusammenhänge offen legte. Es ist aber anzumerken, dass Arminius nicht allein imstande war die germanische Koalition gegen Varus anzuführen. Arminius stützte sich auf die Großen seines Stammes und hatte sich auch an den verbündeten Stämmen zu orientieren, musste sich nach ihnen richten und sich auf sie verlassen können. Denn auch diese Stämme verfügten über angesehene Anführer, die uns aber allesamt namentlich nie bekannt geworden sind. Immer ist es nur Arminius, der dank Segestes den Sieg über die drei Legionen scheinbar im Alleingang für sich verbuchen darf. Nur Arminius seinem bekanntlich unangenehmsten Widersacher kreidete Segestes alle Untaten an. Und das deutliche Herausstellen von Arminius zeigt, dass Segestes den Zorn des ganzen Imperiums nur auf diese eine Person lenken wollte. Ebenso wie es Paterculus mit Varus tat und schon herrschte unter ihnen wieder Einigkeit. Hätten wir noch andere hautnahe Beteiligte des Geschehens als Segestes, dann hätten wir vermutlich auch noch die Namen von Fürsten aus den Stämmen der Brukterer, Chatten oder Marser erfahren. Sie alle gingen namenlos in die Geschichte ein wohl wissend, dass Arminius ohne ihre Hilfe sein Ziel nie erreicht hätte. Aber wieder verdichten sich alle Informationsstränge auf Segestes. Aber wie Arminius es näher anstellte Varus zu besiegen bleibt bei Paterculus weiterhin im Dunklen. Und so lässt sich sein germanischer Feind von einst selbst bis heute noch immer nicht in allen Punkten in die Karten schauen. Aber im Zusammenwirken mit allen Quellen und unter Zuhilfenahme aller erreichbaren Faktoren kommt man der Sachlage immer näher, kann ihr nach und nach viele Geheimnisse entlocken und so ist man der Schlachtenfährte dicht auf den Fersen.
2,118. (3) 
„Also weihte er anfangs nur wenige, dann aber mehrere in seinen Plan ein; er behauptete und überzeugte sie davon, dass die Römer überwältigt werden könnten, ließ diesen Beschlüssen sofort Taten folgen und setzte den Termin für den Anschlag fest“.
Bewertung:
Hier wird Paterculus überaus und fasst schon erschreckend deutlich. Er legt sich so eindeutig fest, dass man an seinen präzisen Äußerungen schon fasst zweifeln könnte. Denn offensichtlich war ihm schon nahezu minutiös die Vorgehensweise von Arminius bekannt und er wusste genau, wie dieser damals strategisch dachte und vor ging. Ein unstrittiger Hinweis darauf, wie hoch sein Kenntnisstand war über den er verfügte. Allein das Wissen darüber, dass er anfangs nur wenige in seine Planung einweihte ist bezeichnend und es lässt sich nur auf die germanische Führungsriege beziehen, zu der auch Segestes zählte. Danach konnte Arminius wie Paterculus schreibt, auch mehr und mehr alle anderen vom Gelingen seiner Pläne überzeugen. Vermutlich wuchs im Verlauf der Zeit der Kreis der Mitwisser zwangsläufig stetig an und damit wurde aus seinen Überlegungen ein offenes Geheimnis. Es war ein Geheimpakt dessen Inhalt Varus nie zu Ohren kam, sonst hätte er definitiv anders reagiert. Es gab aber auch Männer die Arminius zuerst überzeugen musste. Zögerliche Zweifler, Gegenspieler, vielleicht sogar ernst zu nehmende Kritiker und er musste seinen Plan immer wieder mit ihnen absprechen und auf Wünsche und Befindlichkeiten Rücksicht nehmen. Unter diesen könnten sich möglicherweise auch Männer aus dem Hause Segestes befunden haben. Und Paterculus war, und das kann man wohl als den Höhepunkt seiner Überlieferung bezeichnen, sogar bekannt, das Arminius bereits einen Termin für den Überfall, was andere Hinterhalt nannten, festgelegt hatte. Aber Paterculus konnte alle diese Details gar nicht gewusst haben. So drängt sich auch der Verdacht auf, dass hier ein Paterculus den Sachverhalt so darstellte, wie er es wohl an der Stelle von Arminius getan hätte. So könnte er sich auch als ein erfahrener und ähnlich denkender Frontkämpfer in die Lage von Arminius hinein versetzt haben. Denn über noch mehr Kenntnisse und Insiderwissen des Feindes zu verfügen, als es Paterculus erstaunlicherweise besessen haben soll, war schon nahezu unmöglich. Es deutet entweder auf eine ausgeprägte Phantasie seiner Person oder auf einen guten Informanten im germanischen Lager hin. Aber über diesen umfassenden strategischen Kenntnisstand konnten damals selbst in Germanien in der frühen Phase nur sehr wenige Personen der Oberschicht verfügt haben. Es bezeugt auf irritierende Weise das Vorhandensein eines tiefen Einblicks in das Geheimwissens und die Befehlsstrukturen in prähistorischer Zeit explizit in die innergermanischen Vorbereitungen einer Großschlacht. Ein Umstand, der uns heute nur verblüffen kann und daher höchst irritierend wirkt. Denn Paterculus lässt mit seiner Darstellung über die Vorgehensweise von Arminius klar erkennen, dass dieser nicht nur über eine Portion Überzeugungskraft und strategisches Denken verfügte, sondern bereits ein umsetzbares Konzept besaß. Und alles Schritt für Schritt bis ins Detail voraus geplant hatte. Und wer da Germanentum noch mit steinzeitlichen Vorstellungen oder archaischem Kriegsgeheul verbinden möchte, verkennt spätestens in diesem Moment die damalige Lage. Und über das Wissen konkreter Angriffszeitpunkte konnten sich nur wenige Teilnehmer ausgelassen haben. Und auch nur dem Imperium nahestehende und vor allem Überlebende wären dazu imstande gewesen zu berichten. Acht Jahre später könnte dieser umfängliche und damals nicht für fremde Ohren bestimmte Plan die Wissbegierigen am Hofe des Kaisers erreicht haben. Eines will jedoch spätestens in diesem Zusammenhang nicht mehr in das uns überlieferte historische Konzept hinein passen. Nämlich jene Vorstellung, dass Segestes dieses Wissen im Vorfeld dem Feldherrn gegenüber mitgeteilt haben soll um ihn zu warnen. So kann man bei der Lektüre nur darüber staunen, dass hier soviel Hintergrundwissen zum Vorschein kommt. Es wirkt nahezu beängstigend und nach dem wir dies alles wissen wird uns auch klarer, wie weit der Kenntnisstand in Rom über den Verlauf der Schlacht zumindest in groben Zügen gewesen sein muss. All dies verdeutlicht wie kaum eine andere Passage wie schmachvoll man es in Rom aufgefasst haben muss und das es um es verarbeiten zu können nur eine Lösung gab damit fertig zu werden. Es nämlich weitest gehenst zu verschweigen. Um aber die Vorgänge halbwegs interpretieren zu können müssen wir auf Tacitus zurück greifen. Er berichtete, dass es der Arminiuskoalition später sogar gelang Segestes mit in den Krieg gegen Varus „hinein ziehen“ zu können. Und diese allgemein akzeptierte Übersetzung nährt den Verdacht, dass es im Vorfeld der Varusschlacht enge Kontakte zwischen dem Segimer – und dem Segestesclan hinsichtlich seiner Teilnahme und der seiner Männer an der Schlacht gab. Kontakte, Gespräche Thingversammlungen gleich wie man es nennen möchte in denen es auch um gemeinsame Diskussionen und Abstimmungen zur Vorgehensweise ging. Segestes nahm an allen Treffen teil, bei denen Arminius um Unterstützung warb und wenn er verhindert war, hatte er seine Zuträger. Denn das zumindest teilweise Männer aus dem Hause Segestes auch gegen Varus kämpften wissen wir seitdem man Germanicus 15 + in der Segestesburg stolz die erbeuteten oder zugeteilten Waffen aus der Varusschlacht präsentierte. Segestes war Cherusker und kannte die Strategie seiner Landsleute wie kein anderer und er erlebte nicht nur selbst mit, wie man Varus mit vorgetäuschten Streitfällen in Sicherheit wog. Auch die gesamte sich über Wochen hoch kochende Lage und Zuspitzung kurz vor der Schlacht entging ihm nicht. Und da Paterculus einen derart guten Einblick hinter die germanischen Kulissen vor der Schlacht besaß, darf man davon ausgehen, dass Paterculus dieses Wissen aus dem engsten Kreis der cheruskischen Anführergruppe später in Rom erfuhr. Denn hier wird von ihm unmissverständlich ein taktisches Szenario beschrieben an dem nur absolut zuverlässige, also handverlesenen Vertraute beteiligt waren bzw. zuhören durften. Paterculus verdeutlicht die Problematik mit der Arminius unter den Anführern und Großen um Zustimmung für seine Strategie nahezu ringen musste und er sich nach und nach ihrer Loyalität zu versichern hatte. Ein Akt der erkennen lässt, wie damals alles auf des Messers Schneide stand. Ein Prozess dem dann aber ein gemeinsamer Beschluss folgte. Ein Resultat, dem sich dann auch alle Beteiligten und einstigen Kritiker beugten, sich verschworen und unterwarfen. Und demnach auch Segestes. Wer anders als Segestes hätte über diese Detailinformationen verfügt haben sollen. Geheimwissen, dass er später zu Protokoll geben konnte und das von Paterculus aufgegriffen wurde. Paterculus musste aber den Namen Segestes als Quelle verschweigen. Denn hätte er im Zuge seiner Überlieferung auch nur einmal einen Germanen als eine wichtige Hintergrundperson für sein Wissen angeführt und noch dazu Segestes den Überläufer, dann hätte sein gesamtes Werk darunter gelitten. Er hätte seine Glaubwürdigkeit auf`s Spiel gesetzt, man hätte die Stirn gerunzelt und es als bedenklich bis fragwürdig hingestellt. Und das bereits zu seinen Lebzeiten. Nur germanische Quellen vorweisen zu können hätte nicht überzeugt aber römische Namen oder Gewährsleute konnte oder wollte er auch nicht nennen. Aber den letzten Halbsatz der Textstelle muss man sich schon fasst auf der Zunge zergehen lassen. Modern eingekürzt lautet er, „Am Ende der letzten Versammlung legte man den Tag fest, an dem man die Legionen angreifen wollte“. Nun stimmt auch die Chronologie wieder etwas, denn damit hat sich Paterculus wieder unserem Allgemeinwissen angenähert. Und von nun an darf man auch von ihm etwas zum eigentlichen Schlachtverlauf erwarten, denn bald sollte es ernst werden. Und es leuchtet auch ein. Denn der Zeitpunkt der Arminius vorschwebte ließ sich präzise terminieren. Denn es war kein X beliebiger Tag. Es war der von Varus festgelegte Tag, der Ausmarschzeitpunkt aus dem Sommerlager. Ein fixer vielleicht schon traditionell zu nennender Anhaltspunkt, der allen Germanen bekannt war und den sie nutzen mussten. Ein Tag an dem alle Legionäre gleichzeitig auf dem Weg zum Rhein waren, während sich ein Teil von ihnen in Brakel abspaltete um von dort in getrennter Formation zuerst die Rebellen aufzusuchen. Und wie Kanonenfutter mussten sie alle an ihnen wie im Spalier vorbei „paradieren“. Der entscheidende Moment in dem sich eine Armee als verletzlich erweist, ungeschützt und daher gut angreifbar war. Wie ein Heerwurm schlängelten sich die Römer durch ihre Stammesgebiete, Wege die den Germanen bekannt waren. Kein Römer blieb zurück, alle waren auf den Beinen und sie ließen ihr wehrhaftes, weil befestigtes Lager hinter sich. Es steckte also keine große strategische Meisterleistung dahinter, sich für diesen Termin zu entscheiden, denn es gab keinen besseren. Die Stunde Null hatte am Morgen des Rückzuges zum Rhein geschlagen. Paterculus war also bestens darüber informiert wie sich der germanische Feind auf die Schlacht vorbereitet hatte und schwieg trotzdem über den weiteren Verlauf. Wer aber den Sachverhalt bis zu diesem Zeitpunkt kannte wie Paterculus, der wusste auch noch etwas von dem, was danach passieren würde.
2,118. (4) 
„Varus wurde das durch einen treuen und vornehmen Mann aus jenem Stamm namens Segestes aufgedeckt. Varus hatte das Schicksal die ganze Schärfe seines  Geistes verblendet. Die Dinge liegen ja so, dass meistens ein Gott die Pläne eines Menschen, dessen Schicksal er ändern will, zerbricht und, was am bejammernswertesten ist, bewirkt, dass das, was geschieht, scheinbar auch noch verdientermaßen geschehen ist und der Zufall zur Schuld wird. Varus weigerte sich also, das zu glauben, und erklärte, er halte den Anschein des ihm entgegen gebrachten Wohlwollens für verdient. Doch nach dem ersten Warner blieb kein Platz mehr für einen zweiten“.
Bewertung:
Hier geht Paterculus auf die Tat des Segestes ein, zu der es meines Erachtens nie kam. Er gibt an, dass Varus durch Segestes, den er als einen vornehmen und treuen Mann aus dem Stamm der Cherusker hervor hebt vorher noch gewarnt wurde. Und wieder war für ihn ein Germane höher wertiger als Varus. Dann schüttete Paterculus wie gewohnt unverhohlen erneut die geballte Schelte des Versagens über Varus aus. Zuletzt wird Paterculus noch mal sehr präzise, denn er erwähnt explizit, dass Varus nur ein einziges Mal von Segestes gewarnt wurde. Er geht aber inhaltlich nicht näher darauf ein, wie und wann Segestes Varus gewarnt haben will, bzw. wie deutlich und eindringlich dieser geworden ist. Denn es gibt auch da unterschiedliche Oktaven der Intensität. Aber der klare Hinweis darauf, dass es nur zu einer Warnung kam macht stutzig. Angesichts einer doch derart eklatanten Bedrohungslage spricht Paterculus nur von lediglich einem an Varus ergangenen Warnruf. Paterculus entnahm es so seiner Vorlage oder sogar aus dem Munde von Segestes, den er auch persönlich gesprochen haben könnte und hielt diesen Tatbestand für offensichtlich so zuverlässig, dass er ihm glaubhaft erschien. Segestes habe Varus also nur einmal warnen brauchen und es steckte darin die unüberhörbare Botschaft, dass Gefahr in Verzug sei. Eine einzige und einmalige Warnung die auf seine Ignoranz gestoßen sein soll, sollte demnach also in der gefährlichsten Phase im Leben des Varus genügt haben. Denn für weitere Warnrufe ließ die Dynamik der Ereignisse nach Paterculus zu urteilen keine Zeit mehr. Zu eindringlicheren und wirksameren Worten mit denen Varus sich vielleicht noch hätte überzeugen oder umstimmen lassen können kam Segestes also nicht mehr bzw. er ließ es damit bewenden und vertiefte seine Äußerungen dazu in Rom nicht weiter. Ob er sich zumindest darum bemühte noch weitere Warnungen unterzubringen bleibt in seinen Aussagen demnach offen. Vielleicht ließ es Segestes damit auch bewenden, da er damit in Rom bereits genügend Glaubwürdigkeit auslöste. Segestes verzichtete auch darauf noch zusätzliche Personen zu gewinnen um diese überzeugender in die Warnungen mit einbeziehen zu können, um zu unterstreichen, dass es ihm wirklich ernst damit gewesen wäre Varus die drohende Gefahr unmissverständlich zu verdeutlichen. Mehrere Warner hätten allemal mehr Gewicht gehabt, als nur eine Person. Auch davon ist keine Rede. Segestes will immer nur der alleinige Rufer in der Wüste gewesen sein. Was nicht verwundert, denn andernfalls hätte er Namen von Personen nennen müssen die in dieser Situation auf seiner Seite standen. Aber dieses Risiko ging er nicht ein, denn so hätte seine nur vorgetäuschte Warnung auffliegen können. Cassius Dio erkannte vermutlich 200 Jahre später diese Irritation indem er kraft seiner Worte zu der Überzeugung gelangte, „das allen, (mit Betonung auf allen) die mit Argwohn die Entwicklung (im Vorfeld der Varusschlacht) beobachteten und (Varus) zur Vorsicht mahnten“. Er vertrat demnach die Auffassung, dass es damals eigentlich mehrere warnende Stimmen gegeben haben sollte, als nur Segestes, weil er es einfach für logisch hielt, obwohl er dafür keinen Anhaltspunkt hatte. Nach Paterculus warnte jedoch nur ein Germane den Feldherrn und der hieß Segestes. Für Varus besaß also Segestes nicht die nötige Glaubwürdigkeit und er vertröstete ihn nur. Wäre Segestes aber in einer Gruppe gleichgesinnter ebenfalls „ehrenhafter“ Germanen aufgetreten, dann hätte Varus es nicht mehr abtun oder mit einer schroffen Handbewegung zur Seite wischen können. Aber dieser Dissens in der Darstellung fiel den Fragestellern in Rom damals nicht auf oder wollte ihnen nicht auffallen. Aber man wollte andererseits auch nicht tief in sein sicherlich konfuse vorgetragenes Stückwerk eindringen, da man sich sich in der Kernbewertung seiner Aussage schon im Vorfeld mit ihm einig war. Man muss es sich noch mal vergegenwärtigen. Paterculus einer unserer zuverlässigsten Quellen erwähnt, dass Segestes für Varus nur einen einzigen Warnhinweis übrig hatte. Und das vor dem Hintergrund, dass hier das Leben tausender von Menschen auf dem Spiel stand. Soldaten, Zivilisten, Römer und Germanen und da soll oder will Segestes nur einmal den Mund aufgemacht haben. Segestes wusste auch um die enorme Dimension des germanischen Aufgebotes, dass sich den Legionen nun in den Weg stellen würde und soll Varus nun sehenden Auges in sein Verderben entlassen haben. Und Segestes soll daran sogar möglicherweise noch selbst mit beteiligt gewesen sein. So verwundert es auch nicht, dass die Geschichtsforschung seit Jahrhunderten an dieser Stelle schwer ins Straucheln geriet. Segestes wusste auch von der schlagkräftigen Kernmannschaft die Arminius aus seinen ehemaligen Auxiliarkräften um sich geschart hatte und konnte sich also ausmalen, was auf Varus zukam. Allein vor dem Hintergrund betrachtet, dass Varus nur einmal auf die Gefahr angesprochen worden sein soll, gerät die gesamte Plausibilität ins Wanken und konnte nie glaubwürdig klingen. Aber es genügte der römischen Untersuchungskommission im Frühjahr 17 +. Und da es von Segestes weder einen und auch nicht mehrere Warner gab, löste Varus später auch keine wie auch immer gearteten Vorkehrungsmaßnahmen aus, um sich auf eine ernsthafte Schlacht einzustellen. Aber es war auch nicht nötig, dass Segestes in Rom überzeugend vortrug wie Hartnäckigkeit er doch Varus im Zelt anging, denn man wollte ihm auch so glauben. Statt das nun Paterculus den Schwenk zum Hergang der Schlacht vollzieht, greift er zurück und widmet sich dem Informanten Segestes um ihn mit in sein Geflecht vom alleinschuldigen Varus einzubinden. Für Segestes findet er geschmeidige Worte der Hochachtung, womit sich Varus erneut erniedrigen ließ. Paterculus war sich sicher, dass der Missachtung der Segesteswarnung unausweichlich die Strafe folgen musste. Paterculus kannte das tragische Ende der Schlacht, glaubte Segestes, oder wollte ihm glauben, dass dieser Varus gewarnt hatte und sah darin den schicksalhaften Wendepunkt. Weitere Warnungen waren überflüssig die Sachlage passte in sein Konzept und er spürte, dass ab diesem Moment die Uhr von Varus begann abzulaufen. Sozusagen eine perfekte Theorie mit der sich Geschichte machen ließ. Nun war alles zu spät, die Götter hatten Varus den Verstand vernebelt, die Weichen waren gestellt, Segestes hatte sein Möglichstes getan und die Dinge nahmen ihren Lauf. Auch in Unkenntnis der Örtlichkeit wo sich die Schlacht genau zutrug, musste Paterculus auf weitere Details zum Hergang zwangsläufig verzichten. Der Rückmarsch verlief diffuse durch unbekanntes Terrain, Segestes konnte dazu im Rom keine Angaben machen, die man dort verstanden hätte, zumal er Varus im Gegensatz zu Arminius auf der ersten Wegstrecke wohl auch nicht begleitet hatte. Ob und wann er sogar selbst ins Kampfgeschehen mit eingegriffen haben könnte wird ebenfalls nicht deutlich. Auch über die Umstände des ersten Nachtlagers am Abend des ersten Marschtages in Brakel erfährt man von Paterculus nichts. Wege, Höhenzüge und Waldgebiete die weder germanische noch lateinische Bezeichnungen trugen, römische Meilensteine die noch nicht existierten und Rastlager oder dorfähnliche Ansiedelungen die noch namenlos waren, verhinderten jegliche Verortung und machten alle Lokalisierungsversuche zunichte. Hier riss unwiderruflich nicht nur bei Paterculus der Faden. (27.11.20)

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Montag, 23. November 2020
Aus diesen Richtungen zogen die Germanen in die Varusschlacht
Das römische Aufgebot im Nethegau nieder zu werfen erforderte zumindest eine ebenso große Streitmacht auch auf Seiten des germanischen Angreifers. Und so stellen sich die Geschichtsforscher seit jeher die Frage wie es diesen Kämpfern gelingen konnte unbemerkt in den Schlachtenraum vordringen zu können. Beliebt ist die Vorstellung, dass sie sich im Zuge der herbstlichen Sonnenwendfeiern auch in größerer Zahl unauffällig bewegen konnten, da Varus darin religiöse Gründe sah und es ihm daher unverdächtig erschien. Aber andererseits bedeutet es auch keine große logistische oder strategische Herausforderung der Frage auf den Grund zu gehen, wenn man davon ausgeht, dass der Schlachtenkorridor bereits identifiziert ist. Wirft man dann einen Blick auf die infrage kommende Landschaft, so liegt die Erklärung schlüssig auf dem Tisch. Denn die Kämpfe tobten da, wo die Germanen ungesehen das Schlachtfeld erreichen konnten. Denn Varus kämpfte in einer Region die er noch nicht in seinen Machtbereich integriert hatte, nämlich weit ab im Süden. (22.11.2020)

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