Mittwoch, 8. November 2017
Inbesitznahme nach römischem Recht
Spätestens der aus römischer Sicht erfolgreiche Ausgang des von V. Paterculus überlieferten Immensum Bellum mit der genauen lateinischen Bezeichnung “immensum exarserat bellum”  also in etwa ein mit einem Weltenbrand zu vergleichender Krieg, der unter der Führung von Tiberius von 1 + bis 5 + den Norden und die Mitte Germaniens erschütterte, ließ unterschwellig keinen Zweifel mehr daran, wie es in Germanien um die neuen Machtverhältnisse stand. Paterculus selbst nahm bekanntlich an der Varusschlacht nicht teil, stand aber diesem Ereignis als Zeitgenosse, wie auch Auffidius Bassus sehr nahe. Ihm waren die Stärken vor allem aber Schwächen eines Varus daher wohl gut bekannt, denn er wurde zum glühenden Verfechter, man würde heute sagen Fan von Tiberius von dem er wohl beeindruckt war. Und dies wohl nicht zuletzt deswegen, weil der die Attribute eines erfolgreichen Feldherrn besaß, die er bei Varus später so schmerzlich vermisste. Wie der Name Immensum Bellum vermittelt, waren die Kämpfe unermesslich, umfangreich und erstreckten sich über große Räume und Landstriche. Germanien wurde mit allen Formen kriegerischen Handelns unterworfen und sogar die entfernt lebenden Langobarden an der Elbe mussten sich nach einem verlorenen Kampf gegen die Legionen auf die Ostseite der Elbe retten und erlebten erstmals mit welcher militärischen Präzisionsarmee sie es da zu tun hatten. Jeder Widerstand schien in diesen Zeiten zwecklos. Nein, nicht jeder, denn Tiberius sah sich auf dem langen Rückmarsch zum Rhein doch noch einem germanischen Überfall unbekannten Ausmaßes ausgesetzt. Möglicherweise boten sie in Unterzahl „wie üblich“ den Stämmen eine schwache Flanke in einem Hinterhalt oder in unübersichtlichen Gelände. Wer wollte es bei den leidigen Erfahrungen im Umgang mit der Großmacht jenen Cherusker verdenken, wenn sich diese mit den Zähnen knirschend, gegen eine Vertragsregelung mit Rom stemmten. Germanien war nach dem Immensum Bellum offensichtlich entgegen den Augustus Äußerungen doch nicht überall befriedet. Aber die Cheruskerhäupter übten sich in ungewohnter Diplomatie und stimmten einem Bündnis, allerdings nach ihrem Rechtsverständnis zu. Und ungeachtet der unübersehbaren Missstimmung zwischen den ungleichen Partnern, war man im Lager des Varus natürlich aus rein strategischen Erwägungen heraus sehr zufrieden, den nun Treue signalisierenden Widersachern einen Vertrag in ihrem Sinne aufgedrückt zu haben. Der letzte Feldzug im Jahre 5 + im Rahmen des Immensum Bellum wurde noch tief ins Land geführt und war umfangreich, so dass er sich bis in den Herbst hingezogen haben könnte. Nach der anschließenden Lagebesprechung in einem Winterlager am Rhein, wird es eine Beurteilung gegeben haben, die Tiberius Kaiser Augustus vorgetragen haben dürfte. Daraufhin wird dieser in der Folgezeit die weitere Vorgehensweise bestimmt haben und sich für einen Konsul mit Namen Varus als Statthalter in Germanien entschieden haben. Auch mit Varus wie, mit den meisten großen römischen Häuptern auch, die er in Germanien einsetzte, war er verwandtschaftlich verbunden. Er berief ihn folglich in Palästina ab, um ihn nach Germanien zu entsenden, wo er vermutlich erst bzw. schon je nach dem welche Reisezeiten man zugrunde legt 6 + oder 7 + eintraf. Man wird nun damit begonnen haben, viele kleinere und größere römische Posten, Marsch- und Legionslager vom Signalturm über den Burgi bis zum Standlager die der militärischen und wirtschaftlichen Erschließung dienten, über die Weiten des Weserberglandes zu verteilen. Diese wurden alle zur Machterhaltung des Imperiums Romana und zum Schutz der nötigen Handelswege aufgrund einer permanent unsicheren Lageeinschätzung durch hohe Palisaden, tiefe und breite Gräben, angespitzte Schanzpfähle und heimtückische Annäherungshindernisse gesichert werden. Freizügig- und Durchlässigkeit sieht anders aus. Die Überlandwege führten vom Umschlagplatz am Oberlauf der Lippe fächerförmig vermutlich auch begleitet von Signaltürmen in die wichtigsten Richtungen. Dem Weserraum wird man aber Priorität eingeräumt haben. Die Verbindung des römischen Schnellweges von „Ad Ripam“ über Schwaney und Brakel steuerte gradlinig den Mittellauf der Weser südlich Höxter zum Übergang über den Fluss an und sie musste nur auf die geologischen Bedingungen wie die Ab- und Anstiege und die Umgehung wie zum Beispiel des Gradberges Rücksicht nehmen. Für Varus war Waffengewalt, auch wenn er davor seinen Richterspruch setzte, immer Mittel zum Zweck. Dafür das er nicht sehr zurück haltend war sie einzusetzen sprechen die von ihm überlieferten drakonischen, aber wohl für die damalige Zeit üblichen Strafmaßnahmen in Syrien und auch die Germanen sollten sie noch zu spüren bekommen. Hier an der Weser wollte er römischen Prunk und Machtentfaltung sehen und etwas Abseits davon gesellte sich dann auch die nötige Abschreckung zur Diplomatie. Anfänglich wollte er die Germanen noch von den Segnungen seiner Kultur überzeugen und das sollte nicht unbedingt im Angesicht waffenstarrender Legionäre statt finden und so trennte er nach seinem Gutdünken die Judikative von der Exekutive und konnte auf diese Weise seine Hände immer in Unschuld waschen bis man seine Taktik durchschaute. Römischer Methodik folgend, wurde das religiös/politische Zentrum davon fern gehalten. Während man die Legionslager bzw. Arrestanstalten die der Exekutive zugeordnet waren, in einem gewissen strategischen Sicherheitsabstand weiter südlich oder nördlich an der großen Weserbiegung ansiedelte bzw. im Bereich der heutigen Dörfer Godelheim, Wehrden und Amelunxen an der Nethemündung. Bei der Auswahl ihrer Lager- und Siedlungsplätze haben die Römer schon im Vorfeld darauf geachtet, dass die Versorgung für Mensch und Tier mit gutem Trink- und reichlich Brauchwasser gewährleistet war. Regenwasser, das in Zisternen aufgefangen, oder oder über die Dächer der Lagerinnenbauten gewonnen wurde, sowie die Trinkwasserbeschaffung über Brunnen und Quellen, das mittels Leitungen transportiert wurde, waren die wichtigen Stützpfeiler römischer Wasserversorgung und Infrastruktur. Quelleinfassungen, ein Rinnensystem aber auch die Ableitung der oberirdischen Niederschlagswässer und der Fäkalienbeseitigung mittels Gefälle waren demzufolge Standard für jedes Römerlager oder jede Römersiedlung, ob zivil oder militärisch genutzt. Die Nethe in Verbindung mit einem recht hohen Grundwasserstand wird sicherlich auch eine Bedeutung für die Wasserversorgung gehabt und für günstige Siedlungsbedingungen gesorgt haben. Bildauswertungen der im Boden liegenden luftarchäologisch nachgewiesenen Spuren römischer Gutshöfe in der Region rechtfertigen die Annahme, dass hier auch Versorgungszentren lagen, die im Zuge stärkerer Besiedlung mit der Kapitale zusammen gewachsen wären. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Setzt man voraus, dass Varus erst nach seiner allerdings nicht sicher beweisbaren Ernennung zum "legatus Augusti pro praetore" seine neue Funktion antrat, könnte man annehmen, dass er das Weserbergland auch erst im Frühjahr 7 + erreichte, obwohl manche Historiker auch das Jahr 6 + für möglich halten und so konnte er auch dann erst seine größeren Bautätigkeiten in Angriff nehmen. Varus und Arminius kamen in etwa zeitgleich im heutigen Ostwestfalen an. Etwa 7 + oder 8 + soll Arminius aus Pannonien in seine Stammesgebiete zurück gekehrt sein. Das cheruskische Fürstenhaus stand um diese Zeiten vermutlich noch relativ widerspruchslos trotz einiger Heißsporne auf der Seite der römischen Eroberer. Segimer der Vater von Arminius, sein Onkel Inguiomer, sein Bruder Flavus und natürlich Segestes fanden sich mit der neuen Lage ab, dass nun Varus ihr Stammesgebiet beherrschte und als neue Provinz ins römische Reich einverleiben wollte. Dies war sein Ziel und mit der Hilfe der Cherusker ließ es sich besser erreichen. Arminius, etwas heroisch dargestellt noch mit unverheilten Kampfspuren am Körper und als halber Fremdling, dafür aber mit brauchbaren lateinischen Sprachkenntnissen und einer Portion Wut im Bauch traf nach langem Ritt in der alten Heimat ein. Er hatte seinen „Wehrdienst“ für Rom abgeleistet und Rom brauchte den wie man annahm domestizierten Germanen in Germanien für neue politische Aufgaben. Um diese Zeit hatte er noch nicht seine spätere Führungsposition innerhalb seiner Familie inne, aber es gab Familienangehörige die ihn schon vorsichtig aber in ihrem Sinne darauf vorbereiteten. Sein Vater dürfte um diese Zeit trotz allem noch die Weichen gemeinsam mit Varus und Segestes ganz im Sinne römischer Expansion gestellt haben und musste Realist sein. Varus und Segimer und die ihnen nahe stehende Führungsschicht haben die weiteren Schritte untereinander abgesprochen. Unklar bzw. nicht überliefert ist auch, wie viel cheruskische Fürstenhäuser sich das gesamte Stammesgebiet unter sich aufgeteilt haben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Sollingraum und Nordharz noch Raum für weitere Stammessitze vorhanden war, die noch nicht zum engeren aktiveren Kreis der Protagonisten zählten oder schon zu den Langobarden tendierten. Varus dominierte die Gespräche kraft seiner Überlegenheit, aber er wird seinen Spagat trotzdem nicht überzogen haben, um die fragile Allianz nicht zu gefährden und die Cherusker nicht zu entehren. Die gemeinsame Festlegung bzw. Einigung auf den wichtigen Weserstützpunkt bzw. Übergang war von großer Bedeutung. Logistische und militärische Fragen haben dabei die entscheidende Rolle gespielt. Im Vordergrund stand immer die Versorgung der Legionen, die Auswahl der Örtlichkeit im Sinne territorialer Machtentfaltung. Die punktuelle Lage im geographisch günstigsten Mittelabschnitt der Weser zwischen Lippe und Elbe also die Suche nach dem besten Zentralort zu den nahe liegenden Germanenstämmen der Großregion um deren Kontrolle und Anbindung sicher zu stellen, war ausschlaggebend. Die Cherusker waren ein kleiner aber mitbestimmender Partner. Welchen Einfluss konnten sie bei der Festlegung des neuen Hauptortes geltend machen ? Wollten, konnten oder durften sie sich überhaupt an der Entscheidung beteiligen, bzw. durchsetzen oder ließen es Varus und seine Legaten gar nicht erst zu und verbaten sich sogar jede Einmischung. Zu diesen Anfangszeiten wird es wenn, dann nur geringe Spannungen zwischen beiden Parteien gegeben haben und man stand sich trotz vergangener Zwistigkeiten im großen und ganzen noch relativ unbelastet gegenüber. Die römische Dominanz war trotzdem unübersehbar, maßgebend und präsent. Wo könnte es bei allem noch Schnittmengen in der Interessenlage beider Lager gegeben haben ? Waren die jeweiligen Cheruskerfürsten bemüht, dass neue römische Zentrum in die Nähe ihres Stammessitzes zu holen, argumentierten sie gar selbst für einen Standort unterhalb des Fürstenberges an der Furt oder nahe Corvey oder hätten sie es gar vorgezogen, wenn das römische Hauptlager möglichst auf Distanz zu ihnen blieb. Rechneten sie sich gar mit zunehmender Nähe zu ihren Wohnsitzen einen Machtgewinn gegenüber anderen Stämmen aus, oder wollten die Cherusker auch damals schon die Römer letztlich doch nur an die Weser locken um ihren Rückmarsch zum Rhein zu verlängern ? Varus hingegen wollte alle seine Juniorpartner auch unter Betrachtung anderer nicht cheruskischer Stämme im Auge behalten und so entschied man sich letztlich für eine räumliche Nähe zu allen regionalen Stämmen aber mit dem jeweils nötigem Sicherheitsabstand aber den Cheruskern als einheimischer Schutzmacht. Kritischen Situationen bzw. Notfällen sollte der schnelle Rückweg zur Lippe dienen, der noch ausbaufähig war. Das cheruskische Fürstenhaus arrangierte sich mit “Bigbrother” und stimmte der Standortwahl zu. Die Bedingungen für die Versorgung der Kavallerie stimmte und die Entfernung von etwa 47 Kilometern zum römischen Lippe Hafen passte noch gerade so in die Logistik von zwei Tagesmärschen. Es wird sich ab dem Jahr 7 + ein Pendelverkehr zwischen Lippe und Weser eingespielt haben. Maultierkolonnen haben die nötigen Güter heran geschafft und es wird in den üblichen Abständen bereits erste Raststationen und Posten gegeben haben, die man noch weiter ausgebaut hätte. Rom fühlte sich in dieser Zeit an der Weser sicher, die Stimmung war gut und es stellten sich erste Erfolge ein, indem sich die Germanen als lernfähig erwiesen und wie man so hört auch schon Märkte besuchten. Varus wird die Zeit bis zum jeweiligen Herbstrückzug an den Rhein genutzt haben, um sich von seiner besten Seite zu zeigen und wird weiteren hochgestellten Oberhäuptern und Fürsten die ihn umschmeichelten das römische Bürgerrecht angeboten und sich ihrer Unterstützung versichert haben. Damit verlief sein erstes Jahr in Germanien schon mal ganz ordentlich nach Plan. Doch schon nach dem ersten Winter im Frühjahr 8 + hörte man bei den Germanen die Nachtigall trapsen oder anders ausgedrückt, es fielen ihnen so langsam die Schuppen von den Augen. Ungeheuerliche Geschichten und Begebenheiten der Südländer machten die Runde und schaukelten sich hoch, die ihnen so gar nicht in den Kram passten. Und in der Tat im Jahr 8 + gingen die Römer auch schon mehr zur Sache und wurden mutiger. So fielen ins Jahr 9 + hinein auch schon erste dunklen Schatten voraus, denn die römischen Gewalttaten und die Zahl ungerechter Urteile wuchsen. Dieser neue auf dem römischen Reißbrett geplante Mittelpunkt ihrer Kolonialmacht im Inneren Germaniens baute sich auf guten Versorgungsstrukturen und den Erfahrungen aus früheren Städteplanungen auf. Ackerbau und Viehzucht waren genau so notwendig wie die Salzgewinnung, die Bauholzbeschaffung und die Verhüttung von Rohstoffen. Dies verschaffte um diese Zeiten vielen Menschen bessere Lebensbedingungen, vielleicht blieb auch schon mal eine römische Münze hängen und es wehte schon etwas der zarte Hauch von Wohlstand in die Hinterhöfe uralter Traditionen. Hätten es nun die Römer verstanden die Menschen an ihrer örtlichen Kulturstufe abzuholen und sie als Gleichberechtigte zu integrieren, wäre vielleicht vieles anders verlaufen. Doch diese Klaviatur verstand man in Rom nicht. Aber wie man so sagt, “hätte hätte Fahrradkette”, so war der Lauf der Dinge ein anderer. Die Römer zeigten vermehrt und zu offen ihre Dominanz, denn sie besaßen ja schließlich die Macht, die Waffen und die Technologie und wer wollte denn von ihnen verlangen, dass sie sich auf eine untere barbarische Kulturstufe zu bewegen sollten. Damit hat übrigens auch bis in die heutige Zeit betrachtet so manch andere Weltmacht immer noch so ihre Probleme. Alles in allem lief es doch auch so schon ganz prächtig und warum sollte man von alten erfolgreichen Rezepten abweichen. Viele ehemalige auch starke Mächte am Mittelmeer, mussten sich schon dem alten Stadtstaat Rom beugen, so war örtlicher Widerstand für die römischen Besatzer auch nichts Ungewöhnliches und wenn er denn in Form von Aufständen irgendwo ausbrach, so galt es eben ihn im Keim zu ersticken und zu brechen. Man reagierte also recht zeitnah auf drohende sich anbahnende Konflikte. (zuletzt bearbeitet 08.11.2017 - 12:27)

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Samstag, 4. November 2017
Alle Wege führen nach Ostwestfalen
Neben dem Wegekorridor von der Wetterau an die Mittelweser den damals schon Tiberius mit dem Chatten Antabagius in recht kurzer Zeit zurück gelegt haben soll, war auch die Streckenführung vom Niederrhein bis Paderborn und darüber hinaus für marschierende Legionen über den berühmten Hellweg vorgegeben. In Ostwestfalen erreichte man nicht nur das Sprungbrett nach Osten, sondern konnte dort im Zusammenspiel mit der lichten Wetterau auch eine sinnvolle Zangenbewegung ansetzen um so die Kontrolle über die Mitte Germaniens an sich zu reißen. Ostwestfalen musste eingegliedert werden und dazu bedurfte es einer guten verkehrstechnischen Erschließung. Teilweise kerzengrade wie man römische Heerstraßen kennt, verbanden die von den Legionären ausgebauten Altstraßen die Zentren römischer Macht, erschloss man über sie neue Räume und nutzte sie sicherlich auch um tief in die Siedlungen und Sitze einheimischer Fürsten vorzudringen. Oftmals waren es aber auch nur jahreszeitlich nutzbare und mittelmäßige Bohlenwege oder Knüppeldämme die angelegt oder wieder hergerichtet werden mussten, um die Infrastruktur mehr recht als schlecht sicher zu stellen. Aber auch über die Ems die parallel dazu verlaufenden Wege, oder die Verbindungen ober – und unterhalb des Weser- und Wiehengebirges konnte man Ostwestfalen gut erreichen und natürlich auch über die Weser auf- und abwärts mittels Schiff. Man könnte auch sagen, alle Wege führten nach Ostwestfalen. Die späteren mittelalterlichen Siedlungszentren am Hellweg von Dortmund bis Salzkotten waren durch die an ihm errichteten Kirchen Leuchttürmen gleich, schon aus großer Entfernung am Horizont gut erkennbar. Das dem auch von den Legionen genutzten Hellweg schon frühere Verkehrsadern zugrunde lagen, dürfte als gesichert gelten. Doch was war zuerst da, der Hellweg oder die Siedlung. Ei oder Henne. Anfänglich werden es Wegeverbindungen aus dem vorgeschichtlichen Netz der Altstraßen gewesen sein, an denen sich dann ab der Jungsteinzeit den Herden folgend erste Rastplätze einstellten, die sich aufgrund geeigneter Geländeformationen anboten. Schätzungen gehen bei ihm von einem Alter von etwa 5.ooo Jahren aus. Die Hellwegtrasse könnte aber auch schon wie vorher angedacht nach dem Kälterückfall der Jüngeren Tundrenzeit ab 11.000 bis 10.000 – in nomadischen Zeiten begangen worden sein. In viel späteren Zeiten werden auch keltische oder germanische Siedlungen richtungsweisend gewesen sein und es bildete sich für diese Wege der Begriff Hellweg heraus, der zum einen auf helle lichte Wege aber auch auf Hallwege sprich Salzstraßen zurück geführt werden könnte. Dem folgte dann die Phase römischer Expansion, bevor es im frühen Mittelalter zur Bildung größerer Siedlungen bis zu den ersten Stadtgründungen kam. Die wie an einer Kette aufgereihten Hellwegstädte sind auffällige Landmarken in deren Mitte Kirchen das jeweilige Zentrum ältester städtischer Keimzellen bildeten. Zur römischen Strategie würde es passen, dass sich theoretisch auch an Stelle dieser Kirchen bereits frühere Vorgängerbauten aus römischer Zeit befunden haben könnten. So ist es denkbar, dass sich wie es bei den mittelalterlichen Burgen auch geschah am Hellweg zivile Ansiedlungen um ehemals römische Wach – oder Signaltürme gruppiert haben könnten, auf deren Fundamentresten sich dann später die christlichen Bauwerke erhoben. Dann wären es die römischen Wach- oder Signaltürme in den kleineren Kastellen gewesen, aus denen sich die Hellwegstädte entwickelten. Und Signaltürme waren nicht nur auf Erhöhungen wie dem Pike Hill am Hadrianswall beschränkt, sondern auch in den Ebenen ohne höhere Bezugspunkte waren sie wichtige Orientierungshilfen. Das römische Kastel Aduatuca verortete man auch erst bei Nideggen, nach dem man sich die Position alter Kirchtürme genauer ansah und sich dadurch eine gewisse Übereinstimmung bei der Wegeführung auftat. Es könnte sein, dass sich auch unter den heutigen Fußgängerzonen der Hellwegstädte teilweise römische Turmfundamente befinden, die sich bis an die Weser fortsetzen würden, was sicherlich kein abwegiger Gedanke ist. So wie es auch der mögliche Fund eines Turmfundamentes am Eggeabstieg östlich von Schwaney bestätigen könnte. In diesem Zusammenhang sei auch an die wie man vermutet Halbrömerin und Seherin Veleda vom Stamm der Brukterer erinnert, die in einem Turm an der dort noch schiffbaren Lippe lebte. Es gab also derartige Bauwerke auch an der Lippe. Die Weser selbst weist bedingt durch den Zulauf der Nethe und deren Sedimentablagerungen im Bereich zwischen Godelheim und Fürstenberg bzw. zwischen Amelunxen und Wehrden seichte Durchgangsmöglichkeiten auf, die wie man so schön sagt, seit Menschengedenken als „halbtrockene“ Furt genutzt werden. Diese Furt fixiert den direkten Fernweg von Paderborn über den Solling ins Leinetal und weiter zum Harz. Dieser Hellweg steigt südöstlich von Bad Driburg vom Eggekamm ab. Römische Marschlager wurden bei Brakel, Bembüren und Holzhausen verortet. Während ein mögliches Lager nahe Brakel – Sudheim nahe der Nethe aber noch auf der Hellwegtrasse liegt, sich ein weiteres nordöstlich Brakel befinden soll, wurden zwei weitere Lager nördlich von Brakel lokalisiert die der Erforschung harren. Dies deutet darauf hin, dass es sowohl von Corvey, als auch von den Nethelagern, oder von der vermutlich keltischen Schiffsanlegestelle bei Wehrden gegenüber von Fürstenberg Wegeverbindungen in Richtung Anreppen gab, die sich bei Amelunxen trafen. Bei Corvey wurden Spuren bzw. Holzreste eines Weserbrückenschlages nach Osten entdeckt und es besteht auch der Verdacht, dass bereits in der römischen Kaiserzeit dort eine Brücke existierte. Wenn bereits 152 Jahre vor der Varusschlacht Kelten stabile Brücken über die Mosel schlagen konnten, wie es sich zwischen dem luxemburgischen Stadtbredimus und dem Rheinland - Pfälzischen Palzem nachweisen ließ, so waren nicht nur Römer versiert im Brückenbau und es dürfte für sie kein großes technischen Problem gewesen sein die Weser bei Corvey zu überbrücken. Zumal sie in Corvey nur eine Zwischenstation zur Elbe bzw. zur Bernsteinstraße sahen. Die Marschlager Bembüren und Holzhausen weisen auch auf einen, wenn auch beschwerlicheren Auf - bzw. Eggeüberstieg bei Altenbeken hin. Zwischen Corvey und Anreppen liegen 56 km. Zwischen Bembüren und Corvey sind es 29 km und zwischen Bembüren und Anreppen 27 km.
Die Marschlager Bembüren und Holzhausen weisen auch auf einen, wenn auch beschwerlicheren Auf - bzw. Eggeüberstieg bei Altenbeken hin. Zwischen Corvey und Anreppen liegen 56 km. Zwischen Bembüren und Corvey sind es 29 km und zwischen Bembüren und Anreppen 27 km. Bembüren wäre demnach eine geeignete Rastetappe zwischen den zwei wichtigen römischen Stützpunkten Corvey an der Weser und Anreppen an der Lippe. Aber bekanntlich war die Verbindung über den alten Hellweg Godelheim - Brakel - Bad Driburg - Schwaney - Paderborn für Trossfahrzeuge leichter passierbar, während man die Route über Bembüren eher als eine schnellere Verbindung möglicherweise für berittene Einheiten ansehen kann. Hellweg genannte Altstraßen sollen für hell und breit stehen und der bekannteste unter ihnen ist der Hellweg in Nordrhein - Westfalen auf dem die Bundesstraße 1 verläuft, die erst 1788 zur Chaussee ausgebaut wurde. Man geht davon aus, dass dieser Weg wegen Fehlens jeglicher anderer befestigter Strecken in jener Zeit die Hauptverbindung vom Rhein zur Weser darstellte und sie führte auch damals schon über Bad Driburg und Brakel nach Höxter und nicht über den beschwerlicheren Abstieg bei Altenbeken. Den Marschlagern Bembüren und Holzhausen fiel folglich auch damals eher die beschriebene Funktion eines Schnellweges zu, während Varus sein Heer meiner Ansicht nach über Schwaney und Brakel nach Höxter geführt hatte. In diesem Zusammenhang fällt die erhebliche Konzentration an kleineren und größeren Marschlagern östlich des Eggekammes und der Weser ins Auge die über die Luftbildarchäologie aufgespürt und teilweise auch mit Funden bestätigt werden konnten und nun auf weitere tiefgreifendere wissenschaftliche Untersuchungen warten. Es gibt Hinweise auf Lager in unterschiedlichen Größen die auch noch oberirdisch erkennbare Reststrukturen aufweisen. Sie befinden sich außer in und bei Corvey oder bei Brakel auch noch bei Peckelsheim, Sommersell, Feldelse, Godelheim, Wehrden, Amelunxen, Lüchtringen und Holzhausen. Die auffällige Häufung kleinerer und größerer Anlagen spricht für einen römischen Siedlungsschwerpunkt in Ostwestfalen und damit für die große Bedeutung die man in Rom diesem Raum auf cheruskischem Herrschaftsgebiet damals beimaß. Römische Artefakte gefunden an Wegeverbindungen, auf Äckern, im Uferschlamm oder im Umfeld von Lagern die sich in öffentlicher Hand bzw. in Museen, in Privatbesitz oder an nicht zugänglichen Orten befinden, sollten nach Möglichkeit vor diesem Hintergrund neu bewertet werden.

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Sonntag, 29. Oktober 2017
In Rom kannte man kein Stoppschild
Was für die strategisch denkende Führungsschicht des Imperiums im Zuge ihres Strebens nach Machterweiterung immer schon völlig zweitrangig war, war ihr Bedürfnis nach tieferem Wissen um Kultur, Tradition, aber auch um die Machtverhältnisse, Stammesstrukturen und Herrschaftsbereiche gegnerischer Völker sofern diese nicht ihren militärischen Zielen und Plänen dienlich waren. Die römischen Schriftsteller berichteten zwar gerne und ausführlich über Land und Leute, aber es waren oft eher Reiseberichte vom Typ Ausonius bzw. Humboldt oder Livingston, oder aber moralische Lektionen für das eigene Volk a` la Tacitus am Beispiel germanischer Tugendhaftigkeit. Im mittelgebirgigen rechtsrheinischen und heutigen Bergischen- Sieger- und Sauerland gegenüber der CCAA bis weit nach Osten dominierten um die Jahrtausendwende ausgedehnte und schwach besiedelte Waldgebiete die erst Jahrhunderte später intensiver erschlossen und stärker besiedelt wurden. Dagegen war das Münsterland zwischen dem Teutoburger Wald und der Ruhr ein Sumpfgebiet mit regionalen Zivilisationsinseln aber dem Vorteil eines von Ost nach West fließenden trägen jedoch schiffbaren Flusses, der Lippe. Zogen die Legionen mal abgesehen von Xanten oder Neuss ab ihren Lagern Bonn oder Köln nach Osten bzw. Nordosten, so störte sie auf diesem Weg immer zuerst ein recht schnell fließender Fluss, der sich auf steiniger Sohle durch zahlreiche Engen und Windungen wippt. Die unbrauchbare Wupper. Sie war nur hinderlich nicht schiffbar, an den Ufern kaum begehbar und ihr Bogen artiger Verlauf war für sie zu allem Überfluss auch noch strategisch gänzlich wertlos. Übrigens hat sich an der Gesamtausgangslage aus Sicht des Rheintales dort immer zuerst die Wupper hinter sich lassen zu müssen bis in unsere Tage nichts geändert. Am Augenscheinlichsten wird dies, wenn man sich auf den Kölner Hauptbahnhof begibt und den Ansagen aus den Lautsprechern zuhört. Kaum einem Personenzug der den Gleisweg über die Hohenzollernbrücke in Richtung Deutz nimmt bleibt es erspart, in Wuppertal - Oberbarmen dem früheren Rittershausen die Wupper passieren zu müssen. Man bevorzugte es daher das eingekerbte Tal der Wupper südlich zu umgehen um es dann bei Wuppertal - Beyenburg im Bereich zahlreicher und noch gut sichtbarer Hohlwege zu queren. Auch an ihr siedelten Gelände bedingt vermutlich zahlenmäßig nicht große Teilstämme der Sugambrer und Marser jener Waldgermanen, die sich in Gefahrenlage schnell zurück ziehen konnten, aber auch genauso schnell wieder zur Stelle waren, wenn sich Gelegenheiten für einträgliche Scharmützel anboten. Immer wieder setzten sie dem Reich Nadelstiche zu bis man römischerseits die Geduld verlor und einen Teil von ihnen kurzerhand mit Gewalt umsiedelte. Andere Sippen rottete man im Zuge von Attacken die uns als recht brutal überliefert wurden nahezu aus. Aber vielen von ihnen gelang doch die Flucht nach Osten und sie konnten sich so dem römischem Zugriff entziehen. Im Fall der Zwangsumsiedlung bekam dieses letztlich Mitteleuropa aber nicht schlecht, wenn wir an den berühmten Satz von Bischof Remigius in Reims gegenüber Chlodwig I denken, der da lautete “beuge still Deinen Nacken Sugambrer, verehre, was Du verfolgtest...”. Ein Beweis dafür, dass die Sugambrer und damit zum Teil auch die späteren Merowinger trotz Zersiedelung und Aufsplitterung nicht unter gingen, bzw. aus der Geschichte verschwanden und auch in ihrer alten und neuen Heimat, gleich wo sie sich befand, alles andere als harmlos auftraten und unbequem blieben. So könnte hier aus römischer Sicht betrachtet möglicherweise auch der bekannte Ausspruch “er ging über die Wupper” seinen Ursprung gehabt haben, gleichbedeutend mit, den sehen wir nicht, oder so schnell nicht mehr wieder. Und dazu kam es in alten Zeiten auch sicherlich oft genug, denn die Region des heutigen Bergischen Landes trug noch im Mittelalter den Namen „die romeriken Berghe“ also die ruhmreichen Berge und Ruhm erwirbt man sich in der Regel im Kampfe. Wohl nicht nur im Bergischen hat sich auch bis in unsere Tage das Schimpfwort Flaves für „der Flachsblonde“ noch sehr gut erhalten. Flaves steht für „Dich kann man ja nicht ernst nehmen“ oder „du Döskopp“ bzw. auf hochdeutsch wohl du Schlafmütze. In jedem Fall aber menschlich herabsetzend und unterschwellig beleidigend. Was allerdings der Flaves Genannte in der Regel Widerspruchs - und Reaktionslos hinnahm, da man es ja nie so meinte. Außerdem wusste ja auch niemand mehr so genau was sich hinter dem Wort Flaves überhaupt verbarg oder was es eigentlich bedeutete. Infolgedessen blieb der Begriff immer Interpretationslos im Raume stehen. Flaves war ja bekanntlich der für die Germanen und deren Nachkommen ehrlose Bruder des Arminius der zum Feind überlief und somit auch noch Jahrhunderte später keinen guten Ruf genoss. Der Volksmund bewahrt eben vieles. Selbst die berühmte Thusnelda blieb uns bis heute im Namen Tussi eine allseits gern benutzte Bezeichnung für die Freundin des Freundes und erfreut sich besonders in Norddeutschland noch großer Beliebtheit. Die Ruhr war ebenso wie die Wupper für Erschließungspläne nach Osten ungeeignet, da ihre beiden Quellflüsse die Lenne und die Volme zu früh nach Süden ins Sauerland abzweigen und über sie zügige Eroberungen und schnelle Vorstöße wenig Sinn machten. Es sei denn man wollte sich im Falle vorgetragener Überraschungsangriffe über Nebenrouten militärische Vorteile verschaffen. Lagen dann für die Römer die sugambrischen oder marsischen Siedlungen hinter ihnen, sofern sie noch existierten gerieten sie in wieder neue Interessensphären wo auch die Uhren wieder anders gingen. Standen die Sugambrer als stärkere Mischbevölkerung vielleicht noch den Kelten am Rhein mental etwas näher, so waren die östlichen Lippe- und Wesergermanen wieder aus anderem Holz geschnitzt. In ihrem ungestümen Drang nach Eroberung stießen sie in immer wieder neue, wechselnde und unbekannte Machtzentren vor. Während oberhalb einer Linie Höxter - Paderborn nennen wir sie mal die “Salzgermanen” vorherrschten, südlich davon die “Waldgermanen “ lebten und im Münsterland die “Bruchgermanen” setzten die Römer hinter dem Teutoburger Wald ihren Fuß auch in ein recht unerforschtes aber potenzielles Unruhegebiet, bestimmt von Grenzstreitigkeiten aller Art. Der Harz trug mit dazu bei, da er alle Bewegungen stoppte und kanalisierte und für den Schmelztiegel der westlichen Vorlandstämme eine natürliche Ostbarriere bildete. Andererseits schützte der Harz diese auch vor zu schnell vorgetragenen Angriffen anderer Stämme aus dem Osten. Als die Römer später resignierten oder sie ihr wirtschaftliches Interesse am germanischen Kernland verloren, bzw. militärisch dazu genötigt wurden, überließ man die Germanen, zumal sich die Eroberer bei ihnen auch nur blutige Nasen holten, letztlich auch sich selbst. Es war eben wie überliefert für das Reich einfacher und bequemer geworden, die Zeit für sich arbeiten zu lassen und sie ihren wohl zahlreichen eigenen Zwistigkeiten zu überlassen. Das germanische Wespennest und eine sich darin befindliche äußerst widerstandsfähige Substanz, übrigens ein Zeichen vieler autochthoner Bevölkerungen ließen die wohl germanisch/keltisch geprägten Menschen zwischen Rhein und Weser wohl auch erst zu zudem werden, was sie wurden. Sie verkörperten für Rom in ihrer Gesamtheit einen unerwarteten aber ernst zu nehmenden Widersacher und dies wie wir heute wissen noch auf einige Jahrhunderte hinaus. Aber in den Wesergermanen den Cheruskern fanden die römischen Besatzer anfänglich einen relativ verlässlichen und kooperativen Partner der sehr gut in ihr Konzept zu passen schien. Dies öffnete ihnen das wichtige Tor nach Osten. (zuletzt bearbeitet 28.10.2017 - 00:29)

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