Samstag, 5. Juni 2021
Der Marsch in die Rebellengebiete - Wie stand es um die Versorgung der Legionen.
Elementare also grundsätzliche und somit praktische Sichtweisen kommen im Zuge der historischen Schlachtenauswertung oft zu kurz weil sie sich kaum oder nicht mehr erfassen lassen und weil es mit jedem vergangenen Jahrhundert schwieriger wird. Aber auch weil man sich die Mühe erspart derartigen Überlegungen in ihre Tiefe zu folgen. So gehört das Zusammenspiel von Zeitbedarf, Marschtempo, Logistik und Verproviantierung zu den ungeliebten "Geisterwissenschaften" denen schlecht beizukommen ist und die man häufig außen vor lässt, weil daraus zu schnell nackte, lästige und scheinbar überflüssige Zahlengerüste werden mit denen wir unsere Visionen nicht vernebeln lassen wollen. Geschichtsfreunde und Professoren sind selten Mathematiker dabei sollten gerade diese Dinge die immer Kriegs - und Schlachten entscheidend waren, da sie sich mit historischen Truppenbewegungen beschäftigen am Anfang aller Überlegungen stehen. Mit guten Bögen aber ohne genügend Pfeile, mit stumpfen Klingen, schlechtem Schuhwerk, oder hungrigen Kämpfern kann selbst der beste Feldherr kein Gefecht für sich entscheiden und bei Varus wäre es nicht anders gewesen. Wie also bemaß Varus den logistischen Aufwand den er zu treiben hatte um alle in ausreichender Weise zu versorgen und welche Eigenvorsorge befahl er ihnen für die geplante mehrtägige Operation im Rebellengebiet zu leisten. Wieviel Proviant hatte jeder Einzelne nach dem Verlassen des Hauptlagers mit sich zu führen und von wieviel Tagen Abwesenheit von sicheren Versorgungsdepots ging Varus aus. Das man sich im Hauptlager die Taschen voll stopfte darf erwartet werden und auch das am ersten Rastlager im vermeintlichen Brakel noch etwas hinzu kam. Aber dann musste es reichen, denn mit dem Abgreifen von rechts und links des Wegesrandes wird es für einige tausend Personen schlecht bestellt gewesen sein und die Germanen hatten diesbezüglich Vorkehrungen getroffen und es zu verhindern gewusst. So zielt die Fragestellung dieses Kapitels auf zwei Grundsatzüberlegungen ab. Nämlich zum einen die, wie viele Tage der Proviant für die kämpfende Truppe zu reichen hatte, zum anderen aber auch eine Frage die hier im Vordergrund stehen soll. Nämlich die, die sich aus der gesamten Proviantlage ergibt und die sich um die Problematik dreht, was die Mitnahme eines umfänglichen zivilen Anhangs für einen zusätzlichen Transport Mehraufwandes an Gütern zur Folge gehabt hätte. Ein vermeidbarer Kraftakt den sich Varus mit seiner Entscheidung ersparen konnte, indem er den Zivilpersonen den bequemeren Rückweg gönnte. Hätte er sie mitgenommen, dann galt es aber auch die Versorgung sowohl der Truppen als auch der Zivilisten für den Weg in das angenommene Kampfgebiet, als auch den dortigen Aufenthalt, aber auch noch für der Rückweg zur Lippe sicher zu stellen. Je nach dem wie man es bewerten möchte, mit oder ohne den zivilen Tross, es war allemal ein logistischer Akt. Die Anmarschzeit, die Einsatzdauer und die Abmarschzeit bestimmten folglich nicht nur die Proviantmitnahme sondern auch das gesamte Marsch Equipement. Waren nun wider erwarten unter ihnen auch Zivilisten unterschiedlicher Zusammensetzung und unbekannter Anzahl, so musste Varus dem in vollen Umfang Rechnung tragen. Um aber die Plausibilität nicht zu kurz kommen zu lassen bedarf es zunächst eines kurzen Einstieges ins Grundlegende. Die römische Armee ist bekannt für ihre strenge, autoritäre Disziplin basierend auf exzellenten Befehlsstrukturen und teils unnachgiebigen Kommandeuren. Stützte sich auf straffe Organisationsabläufe war selbstbewusst, siegesgewohnt und siegesverwöhnt. Die in Ostwestfalen untergegangenen Legionen sollen nach Paterculus sogar die Crème de la Crème der damaligen Zeit gewesen sein. Jeder Schritt wurde im Vorfeld durchdacht und man überließ wenig dem Zufall. Wenn sie im Legionsverbund bestehend aus tausenden von Soldaten koordiniert vorgingen hatte jeder seinen Platz, genau darin lag ihr Erfolgsrezept und genau diese Systematik konnten sie in jenem September nicht anwenden. Zusammengefasst waren es unter Feldschlachtbedingungen die eingeübten Abläufe militärischer Logistik, die optimale Waffenausrüstung und im Nahkampf die Routine die ihnen das Siegen erleichterte. Und nicht zu vergessen oft auch ein dem nicht gewachsener Gegner der es ihnen leicht machte. Aber die Truppenführung der drei Varuslegionen vom Centurio bis zum Stabsoffizier wollte auch von der richtigen Vorgehensweise überzeugt sein. Und das schienen sie anfänglich auch gewesen zu sein, da allen die Strategie sich von den nervenden Zivilisten abzutrennen schlüssig erschien. Zumindest gingen die Legionäre damit bis zu dem Zeitpunkt konform, als man ihnen aus taktischen Gründen am ersten Kampftag, dem zweiten Marschtag befahl passiv bleiben zu müssen, denn dazu liegen uns von Paterculus anderslautende Überlieferungen vor. Soldaten mussten und wollten im Ernstfall die Waffe ziehen und sie wollten dabei auf keine störenden Zivilisten achten müssen. So sprechen auch derartige Überlegungen dafür, dass Varus seinen Rückmarschzug halbierte besser gesagt aufsplitten musste und aus ihm einen zivilen und einen militärischen Teil machte. Möglicherweise aus der bloßen Unwissenheit einer falschen Grundeinschätzung heraus, oder einer unangemessenen Bewertung der Lage vor Ort trugen die antiken Historiker den realen Bedingungen und das nicht nur in diesem Fall, keine Rechnung. Sie verschwiegen fiel und verinnerlichten sich nicht das Geschehen, konnten ihm nicht folgen und schenkten vielem keine Beachtung, wohl weil es ihre Leser nicht interessierte. Angesichts der gewaltigen Varusschlacht werden derartige Details auch unwesentlich geworden sein und traten in den Hintergrund. Denn wer konnte oder wollte später überhaupt noch über die Marschaufteilung berichten. Zumal diese taktisch kluge Entscheidung auch noch für die militärische Umsichtigkeit von Varus gesprochen hätte, an dem niemand ein gutes Haar lassen wollte und durfte. Um es näher zu begründen ist es noch mal erforderlich den Ablauf der Geschehnisse des ersten Marschtag unter nachvollziehbaren Gesichtspunkten zu analysieren. Denn erst ein genauer Blick auf die Zeitraffer artige Beschreibung von Cassius Dio verrät uns die wichtige und verborgen gebliebene Erkenntnis. Denn schlicht und einfach ausgedrückt beruht die Theorie auf der Tatsache, dass um die Zeit der Herbstsonnenwende der helle Tag unter Einbeziehung der Dämmerung- und Eintrübungssphasen nur 12 Stunden hat und im halbdunklen konnte man nicht reiten und wollte auch keiner kämpfen. Eine umfassende Erläuterung dazu findet sich in dem Kapitel - Die erste Offenbarung des C. Dio - Ein Schlüssel zur Varusschlacht. "Der lang gesuchte Marschtag". Und darin lässt sich auch eine Erklärung für die Absicht von Varus finden, den Zug auf zwei Wegen zur Lippe führen zu wollen. In der Replik zum besseren Verständnis nochmal die dazu gehörige Theorie. Als Arminius am ersten Marschtag die Kolonne zu unbekannter Zeit und an einem unbekannten Ort absprachegemäß verließ, berichtet Cassius Dio was er danach getan haben soll. Zuerst übernahm er seine Männer, dann schaltete er die Abstellungen aus und danach suchte er Anschluss an Varus um ihn anzugreifen bzw. ihm in den Rücken zu fallen. Insgesamt betrachtet ein volles Programm was sich nicht im Hand umdrehen bewältigen ließ. Man könnte sich noch eine Situation vorstellen, nach der Arminius zumindest Teile seiner Streitkräfte an einem vereinbarten Ort antraf, wo sie ihn schon erwarteten. Aber es werden dort möglicherweise auch nicht alle gewesen sein und sie werden ihn auch nicht in geschlossener Formation wie an einer Bushaltestelle empfangen haben. Viel mehr werden aus unterschiedlichen Richtungen immer wieder kleinere und größere Trupps zu ihm gestoßen sein und selbst am frühen Morgen des ersten Kampftages werden im Umfeld des Gradberges noch weitere Krieger zur Verstärkung eingetroffen sein. Denn um unnötige Risiken auszuschließen ritt damals keine Kampfeinheit unnötige Strecken, nur um sich an einem Treffpunkt mit Arminius vereinen zu wollen, dazu kannte man die Region zu gut. Aber zunächst verbrachte Arminius die Nacht nach dem ersten Marschtag mit seinen Kriegern im Umfeld des Gradberges und erwartete dort den zivilen Marschzug am anderen Morgen. Arminius konnte sich dieser Terminologie nach nicht bereits am ersten Marschtag gegen Nachmittag auf die Abstellungen, die man an der Oese vermuten darf stürzen und gleich danach noch Varus angreifen. Denn dies passt nicht ins tageszeitliche Fenster. Der Aufwand, die Distanzen, die Lichtverhältnisse und erst recht nicht die unvorhersehbaren Randerscheinungen gaben es nicht her. Denn Ende September beginnt man zu fortgeschrittener Stunde keinen Angriff mehr auf einen wehrhaften römischen Marschzug bestehend aus Truppenverbänden mitsamt schwer bewaffneter Legionäre. Und bei eben jenen so häufig zitierten Abstellungen die Arminius vorher noch nieder machte, handelte es sich möglicherweise um die römischen Legionäre die Varus als Geleitschutz dem zivilen Tross mit gab. Bezieht man aber bei realistischer Betrachtung eine Übernachtung, wie die in Brakel angenommene mit ein, dann ergibt sich ein entspannteres Bild und die Rechnung geht auf. Denn am zweiten Marschtag als im Verlauf des Vormittags beide Züge Brakel verließen, der eine nach Süden, der andere nach Westen reichten auch die Tagesstunden für Arminius aus und er konnte sowohl die Abstellungen nieder ringen, als auch noch den Kampf gegen Varus aufnehmen bzw. mit eingreifen. Der Überlieferung von Cassius Dio nach soll sich Varus zum Zeitpunkt des Angriffs bereits in unwegsamen Gelände befunden haben. Aber am ersten Marschtag brauchte sich Varus im Gegensatz zum zweiten Marschtag noch nicht auf schwierigem Terrain fort bewegen, denn da befand er sich noch in räumlicher Nähe zum Sommerlager zwischen Höxter und Brakel, wo die Wege im besseren Zustand waren. Der schlechte Wegezustand verrät es und stützt diese Theorie, dass Varus zum Zeitpunkt des Angriffs den römischen Hellweg bereits verlassen hatte. Damit verdichtet sich die Annahme, dass Varus nicht am ersten, sondern erst am zweiten Marschtag angegriffen wurde. So wird ersichtlich, dass hier ein ganzer nämlich der erste unblutig verlaufende Marschtag durch die von Cassius Dio gewählte Form der Darstellung in der Chronologie unterdrückt wurde was nie auffiel. Es war der erste Tag vom Sommerlager der an der Weser begann und in Brakel endete der Tag an dem Arminius sich von Varus trennte und er verlief demzufolge noch völlig friedlich. Als eine weitere Begründung für die Marschzugaufteilung kommt bekanntlich hinzu, dass man die zahlreichen Zivilisten nicht der Gefahr eines Gefechtes aussetzen wollte. Und natürlich wollte man auch sicher stellen, dass der umfangreiche Tross unbeschadet am Ziel eintrifft. Aber es kam anders, denn der begehrte zivile Tross fiel komplett in die Hände der Germanen. Es waren die ersten Schwerthiebe der Varusschlacht die sich dieser Theorie zufolge um den zur Oese abfallenden Gradberg ereigneten und für die Germanen war es die Stunde des Beute machen und so dürften sich daran auch Germanen aus anderen Stämmen beteiligt haben. Neben den Cheruskern zuvorderst die vermutlich ab Schwaney auf der Paderborner Hochebene siedelnden Brukterer aber entfernungsbedingt wohl weniger die Chatten, obwohl der Name "Kattenborn" westlich des Gradberges am alten Hellweg danach klingen könnte. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Cassius Dio und auch kein anderer antiker Historiker eine klare Aussage darüber hinterließ, dass Frauen und Kinder oder andere Teilnehmer des zivilen Marschzuges jemals das ersehnte Kastell Aliso wohl auf der Eggehöhe bei Schwaney liegend, erreichten. Diese Annahme geht nur auf Mutmaßungen neuzeitlicher Historiker zurück, die es so lesen möchten und man erschloss es sich, weil die Hinweise darauf im Kontext zur Varusschlacht standen. Diese Thematik erfordert allerdings eine unabhängige Betrachtungsweise, der noch ein eigenständiges Kapitel gewidmet ist. Es soll Klarheit in die Abwegigkeit der Überlegungen bringen, wonach es Varusschlacht Teilnehmern gelungen sein soll, sich nach Aliso zu retten. Bekanntlich lockten die Germanen Varus in einen ihm weniger bekannten Hinterhalt und das weit ab von den häufiger frequentierten Wegen in eine unwirtliche Region, wo am Ende ein steiler Gebirgssattel über die Egge auf sie wartete. Sie mussten folglich eine abseits gelegene Strecke einschlagen, was man für gewöhnlich einen Umweg nennt. Im Zuge der hier vorgestellten Gesamttheorie lässt er sich in Kilometern relativ gut bemessen. Denn letztlich lag das Ziel der römischen Armee darin, wieder auf eine Anlegestelle an der Lippe zu stoßen, von wo aus sich die Truppen auf dem Wasserweg wieder zügiger an den Rhein zurück verlegen ließen. Dabei wird es sich aus Distanzgründen nicht mehr um das Hafenkastell Anreppen gehandelt haben, denn dieser Hafen passte, wenn man sich auf der Höhe des heutigen Kleinenberg befunden hätte nicht mehr zur eingeschlagenen westlichen Marschrichtung, denn Anreppen befand sich dafür zu weit nördlich. Alle Umwege haben eines gemeinsam, sie bedeuten in jeder Hinsicht, dass man einen zusätzlichen logistischen Aufwand zu treiben hat. Man musste alles dafür nötige Material auf schweren Karren über eine längere Distanz transportieren. Mehr Kilometer bedeutet für Holzräder die sich entweder in den Boden eingraben oder im Schlamm stecken bleiben immer Materialverschleiß, Zeitverlust, Unterbrechungen also unnötige Verzögerungen. So war es das Gebot der Stunde auf jegliches Unnütze möglichst zu verzichten. Gegenständliches was ein ziviler Tross der auf direkter Linie unterwegs war gut übernehmen konnte. Plant man einen Umweg, so ist auch mehr Zeit einzuplanen und somit auch ein Mehrbedarf an reinen Versorgungsgütern für alle Marschteilnehmer, folglich auch für die Zivilisten, wenn man sie denn mit genommen hätte. Man gab also grundsätzlich dem unbedingt Nötigen gegenüber dem Vermeidbaren den Vorzug. Hätte Varus nun den als äußerst umfänglich beschriebenen Marschzug samt Frauen und Kindern gegen jegliche Logik tatsächlich mit ins Rebellengebiet genommen, so hätte sich somit ein weiterer nicht zu unterschätzender Hindernisgrund aufgetan. Denn dann wäre von ihm nicht nur das Problem der Unterbringung und Betreuung der vielen Personen, sondern auch noch das der zusätzlichen Versorgung zu lösen gewesen. Eine Frage der man sich hypothetisch nähern kann. Legt man die einfache Luftlinie vom ersten Übernachtungslager in Brakel nach Anreppen zugrunde, so beträgt diese Distanz etwa 40 Kilometer. Sie führt die Egge aufwärts an Schwaney vorbei und verläuft dann nur etwa 1000 Meter nördlich der Paderquelle auf direktem Weg zum Lippehafen nahe dem heutigen Anreppen. Diese Entfernung entspricht in groben Zügen der Rückmarschentfernung die der zivile Tross ab Brakel hätte zurück legen müssen. Und in Aliso, dem "Ad caput Juliae" also der julischen Passhöhe, hätte man die zweite Zwischenübernachtung nach Brakel eingeplant. Hätte man dem zivilen Tross diesen vereinfachten Rückmarschweg verwehrt, hätte auch er den kompletten Umweg in die Aufrührerregion mit gehen müssen. So wäre für die Frauen und Kinder aus diesen 40 Kilometern eine um 30 Kilometer längere Wegstrecke geworden, wenn man eine Anlegestelle nahe Lippstadt angesteuert hätte. Ein Zusatzdistanz die man dem zivilen Tross hätte zumuten müssen. Der Tross wäre demnach gemeinsam mit dem militärischen in Brakel aufgebrochen, wäre zuerst mit ins Rebellengebiet gezogen um nach der Gerichtsverhandlung aus dem Raum Peckelsheim/Schweckhausen kommend in die Route nach Westen über den Saltus zur Lippe einzuschwenken. Man hätte sozusagen mit Sack und Pack diese mühsame Eggeschlucht überwinden müssen um dann einen geeigneten Ankerplatz zu erreichen, wenn man sich den Landweg über den Haarweg ersparen wollte. Das wären nach dieser Rechnung besagte 30 Kilometer gegenüber dem Hafen Anreppen mehr gewesen. Aber diese Vorgehensweise wäre nicht ohne Konsequenzen geblieben. Denn die zusätzliche Wegstrecke hätte für den zivilen Tross wegen des längeren Lageraufenthaltes an der Gerichtsstätte die Unterbringung in nicht nur einem zusätzlichen Marschlager erfordert, sondern sogar noch ein zweites Rastlager nötig gemacht, zumal man für den Eggeaufstieg durch den Saltus viele Stunden hätte einplanen müssen. Immer voraus gesetzt, Varus hätte den Streitfall im Einvernehmen mit den Aufrührern auch an nur einem einzigen Tag gütlich schlichten können und die Sache wäre wunschgemäß in seinem Sinne zu Ende gegangen. Es hätte aber auch anders und zu unerwarteten Komplikationen oder Verzögerungen kommen können, man hätte auch uneinig sein können auch ohne dabei direkt an den Einsatz von Waffen zu denken. Dieser Zeitverlust lässt sich nicht beziffern könnte sich aber hingezogen haben. Der umfangreiche Marschzug wäre aber auch dann irgendwann aus der Region um Peckelsheim weiter gezogen, hätte dann den Kleinenberger Burgweg nahe der ersten Teutoburg genutzt um dann dem Herßweg folgend später die Lippe zu erreichen. So musste sich Varus auch im Falle eines positiven Ausgangs seiner richterlichen Tätigkeiten in Anbetracht der erheblichen Zugdistanz, die ernste Frage der Verproviantierung aller gestellt haben. Denn auf diesem Weg befand sich kein Aliso, dass auf den zivilen Tross wartete um ihn mit ausreichend Nahrung für das letzte Teilstück nach Anreppen zu versorgen. Aber auf der um weitere 30 Kilometer angewachsenen Distanz hätten nicht nur die Legionäre, sondern nun auch noch die zahlreichen anderen Marschteilnehmer versorgt, also satt werden müssen. Die Trosswagen für die Menschen hätten daher auch die nötigen Nahrungsmittel und Gebrauchsgüter für diese zusätzlichen dreißig Kilometer einschließlich zweier zu errichtender oder her zurichtender Rastlager zuladen müssen. Und wir wissen nicht wie viele zivile Personen es waren, die es mit dem täglichen Bedarf an Lebensmitteln und Frischwasser zu versorgen galt. Hinzu kommt ggf. auch der Bedarf für die Zugtiere und das andere Lebendvieh was sich möglicherweise nicht vom Wegesrand ernähren konnte. Bei angenommenen 500 Zivilisten ließe sich deren täglicher Nahrungsbedarf spekulativ hoch errechnen, den diese für den Zeitraum, also den Umweg zusätzlich hätten mit zu führen gehabt. Tonnage, die man sich leicht hätte ersparen können, wenn man den zivilen Tross nicht mit genommen hätte. Aber auch Zelte, Decken und ähnliches bedeutete zusätzlichen Ballast. Auf der nun immerhin 70 Kilometer langen Rückmarschroute zwischen Höxter und Lippstadt stellten sich zwangsläufig andere Versorgungsbedingungen und eine veränderte Vorratshaltung ein. Man hatte sich in den Zentren an der Weser mit dem nötigen Proviant versorgt. Man kam also aus Regionen in denen man intensiveren und fortschrittlicheren Ackerbau betrieb, also verbesserte Bewirtschaftungsformen anwandte, als in den rein germanisch geprägten Agrarregionen im Durchzugskorridor. Man musste es auch, denn je mehr man in unbekannte Regionen vorrückte und in schwieriges Terrain oder bewaldete Gebiete vorstieß, veränderte sich und erschwerte sich aufgrund mangelnder bäuerlicher Siedlungsaktivität naturgemäß auch ihre Versorgungssituation. Es war unkalkulierbar, da man nicht wusste, was sich rechts und links des Weges nutzen ließ, was man dort an Genießbarem vorfand und ob ihnen die Stämme in dieser Region, dass nicht mehr zum Cheruskergebiet zählte überhaupt Nahrung überließen bzw. überlassen wollten. Ob man also in einer Aufrührerregion auch bereit gewesen wäre willig teilen zu wollen muss dahin gestellt sein. Und sicherlich wird Varus nicht das Risiko eingegangen sein, sich in dieser Situation mit Gewalt an den Vorräten der Germanen vergreifen zu wollen. Man kam also nicht umhin die benötigen zusätzlichen Vorräte für möglicherweise plus minus 5oo Personen mit zu transportieren. Das "panis militaris", also das Militärbrot stellte die Haupternährung der Soldaten dar und auch die Zivilisten werden sich ähnlich ernährt haben.  Die Marschverpflegung und der Nahrungsbedarf des Legionärs in Gefechtslage, wozu man sicherlich auch die Marschverpflegung rechnen kann, setzte sich unter anderem  aus Speck, Hartkäse, und geringen Mengen Frischfleisch zusammen oder bestand aus den Nahrungsmittel, die sich eben unterwegs leicht beschaffen ließen und das konnte im Herbst in Germanien für die vielen tausend Menschen schon zu Problemen führen. Lebendes Großvieh vermutlich auch Hühner zur Eigenversorgung ließ sich noch leicht mitführen und war sicherlich Bestandteil aller Marschzüge durch fremdes Territorium außer, man befand sich auf befristeten Kriegszügen wie es Varus nach Abzug aus dem Sommerlager möglicherweise bevor stand. In diesem Fall dürften größere Nutz- also auch Schlachttiere aufgrund der möglicherweise bevorstehenden Militäroperationen eher hinderlich gewesen sein. Zur Not wenn die Nahrungsmittel nicht gereicht hätten, wären sicherlich die Tragtiere zuerst geschlachtet worden. Wenn die historischen Überlieferungen berichten, dass die Legionen üblicherweise das Vieh unterdrückter Stämme wegtrieben, so dürfte dies nur eine Umschreibung dafür gewesen sein, dass man es sich dort bei Bedarf auch gegen mögliche Widerstände angeeignet hätte um es selbst zu nutzen. Somit stehen wir wieder am Anfang jener Überlegung die uns zu dem Schluss kommen lässt, dass Varus sich dieser Lage sehr wohl bewusst war und gut daran tat den Zivilisten diesen Weg aus den unterschiedlichsten Gründen heraus zu ersparen. So gewinnen wir im Zuge der Recherche immer mehr Klarheit darüber was damals geschehen sein könnte. Und auch aus jahreszeitlich - also klimatischer Sicht betrachtet wäre es sehr sinnvoll gewesen, diese logistischen Anstrengungen zu vermeiden und Varus tat es wohl in dem er die einzig richtige Entscheidung traf, nämlich die, die uns kein antiker Historiker hinterließ und die uns auch Cassius Dio nur in verschlüsselter Form überlieferte. Denn der Tag bestand auch an dem vermuteten "24.09.0009" nur aus 12 Stunden. (05.06.2021)

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