Samstag, 4. Dezember 2021
Entschied sich die Varusschlacht im Fahlenbruch ?
Auf Basis der vorliegenden Informationen von Cassius Dio lässt sich erschließen, dass bereits am ersten Kampftag die Entscheidung über Sieg oder Niederlage der Varusarmee gefallen sein könnte. Denn nach allem was wir wissen müssen die Gefechte schon an diesem Tag so heftig und verlustreich und die Legionen danach in einem so desolaten Zustand gewesen sein, dass sich der Exodus bereits abzuzeichnen begann. Die Varusschlacht nachzustellen, sie zu rekonstruieren und ihren Verlauf zu entschlüsseln könnte man die Königsdisziplin dessen nennen, was uns die Geschichtsforschung in Deutschland an Nüssen zu knacken gegeben hat. Denn etwas ausformulieren zu wollen, das in weiten Teilen nur auf theoretischen Grundannahmen basiert ist nicht mehr steigerungsfähig. So gilt es immer wieder die überkommene antike Literatur, die uns im Betrachtungsraum bekannte Landschaft, aber auch die uns angeborene Fähigkeit das Menschenmögliche hinter allem zu erkennen zu nutzen. In uns unsere eigenen natürlichen Verhaltensweisen aufzuspüren und zu versuchen sie mit dem Geschehenen in Einklang zu bringen. Varus sah nach dieser Theorie keine Notwendigkeit den Tag der Entscheidung überhastet anzugehen. Er hatte in Brakel nach dem Sonnenaufgang ab 7 Uhr zum Morgenappell blasen lassen um den Aufbruch vorzubereiten. So könnte sich gegen 9 Uhr zunächst der zivile Marschzug in dem sich der unmilitärische Verwaltungsapparat sowie die Frauen und Kinder befanden ab Brakel im Schutze der für ihn abgestellten Truppen in Richtung Gradberg nach Schwaney in Bewegung gesetzt haben. Das Militär hingegen konnte es ruhiger angehen lassen, da es zu den Aufrührern einem anderen Zeitplan zu folgen hatte. Dieser ging von der Zielvorstellung aus, dass man an diesem Tag nur das Rebellengebiet aufsuchen wollte wo man lediglich ein Marschlager für die Nacht zu errichten hatte, in dem am Folgetag der Konvent statt finden sollte. Somit fiel die Marschzeit dieser Tagesetappe dem Vorhaben angemessen entsprechend kürzer aus. Dies nahm dem Tag die Hektik und so war keine Eile geboten. Die Anmarschroute definierte sich auf Basis des prähistorischen Hellweges und die bis zum Ziel erforderliche Anmarschzeit ließ sich von Varus gut abschätzen, da ihm die Distanz zuvor vermittelt wurde. Wie es bereits im Zuge der veröffentlichten Einzelkapitel ausführlich dargelegt wurde, hatten die Germanen dafür einen fiktiven Lockraum ersonnen. Eine Region im Südwesten des Nethegau die sich unweit der Wohnstätten jener Stämme befand und an sie grenzte wo sich damals das wohl explosivste germanische Völkergemisch der Zeit zusammen gefunden hatte. Nämlich das ultimativ Hass erfüllteste was Innergermanien gegen Rom aufzubieten hatte und was die Cherusker noch übertraf. Und dazu kennt man die Vorgeschichte und die Gräueltaten des Tiberius nur zu gut. Denn es waren jene Stämme, die von ihm 17 Jahre zuvor aus ihren Wohnsitzen in den Rheinregionen östlich von Köln zwischen Lippe und Sieg entweder vertrieben, mit Gewalt deportiert oder als domestiziertes Volk geduldet wurden. Es waren die Marser und Sugambrer, während sich die damals ebenfalls betroffenen Sueben in östlicheren Siedlungsgebieten nieder gelassen haben könnten, wo sie sich unter dem Namen Sueboi Angiler, Angeiloi oder Suevi Anglier möglicherweise auf älteren Kartenwerken vis a vis von Corvey auf dem anderen Weserufer verorten lassen. Mit den zuvor genannten zwei Stämmen ließ sich gut argumentieren und man konnte sie überzeugend als Feinde Roms ins Feld führen und auch Varus wusste was damals noch vor seiner Zeit in Germanien unter Tiberius passierte und auf was Arminius angespielt haben könnte. Es war ein von den Cheruskern auserkorenes Zielgebiet von dem aus Varus über den Eggerücken durch den "Teutoburgiensi Saltu" westlich von Borlinghausen wieder "bequem" zur Lippe zurück marschieren konnte, dann wenn er und die Legionen ihre Aufgabe erfüllt hatten. So sollte man dieser Theorie folgend auch das "prima Vari castra" und das zweite varianische Lager schwerpunktmäßig innerhalb dieses Marschkorridors suchen. Die Zugtrasse ab Brakel entsprach dem besagten Hellweg und dieser querte vor dem Erreichen des heutigen Schweckhausen ein Gebiet das seit Jahrhunderten bewaldet ist und den Namen Fahlenbruch trägt. Le Coq nannte oder kannte für dieses Gebiet noch keinen Namen, aber die preußische Uraufnahme die zwischen 1836 und 1850 erstellt wurde nennt es "Das faule Bruch". Die Neuaufnahme die man zwischen 1891 und 1912 erstellte verwendete dafür schon den heutigen Namen "Fahlenbruch". So war sich der Volksmund lange unschlüssig wie er das sumpfige Waldgebiet auf Dauer nennen wollte um den Kartenzeichnern eine Bezeichnung mit geben zu können. Ob nun fahler, fauler oder vielleicht auch Falenbruch, man wird sich immer an die Namen erinnert haben, die schon die Vorväter dafür nutzten. Unter friedlichen Bedingungen hätte man vermutlich einen Lagerplatz am nördlichen Rand der angenehmen Warburger Börde ins Auge gefasst nun aber war man durch den plötzlichen Ausbruch der Schlacht gezwungen sich für eine abweichende und minderwertige Unterkunft zu entscheiden, wo man das Nachtlager errichten wollte. Die Marschdistanz stand für Varus folglich fest, der Zeitaufwand dafür war kalkulierbar und der Weg ab Brakel bis zu den Siedlungsgebieten der Aufrührer war demzufolge kürzer als eine übliche Tagesmarschentfernung oder Leistung. Das diese aber aufgrund der einsetzenden Gefechte dann sogar noch kürzer ausfallen würde war für Varus nicht vorhersehbar. Unter normalen Bedingungen wäre pünktlich vor Einbruch der Nacht das Marschlager bezugsfertig gewesen, in das man anderntags die Aufrührer zitieren wollte. Florus nannte es "citaret", was allgemein mit rief oder berief übersetzt wird. Aber das heute noch gebräuchliche Wort "zitiert" dürfte es besser treffen, denn der Stärkere zitiert in der Regel den Schwächeren zum Termin. Nun lässt sich auch der Ablauf dieses Tages gut nachstellen und man könnte noch besser rekonstruieren, wann Varus das Lager Brakel verlassen haben müsste um am Ankunftsort noch imstande gewesen zu sein, das Lager noch bei Tageslicht vollenden zu können. Varus hatte seiner Ansicht nach an alles gedacht an was ein Feldherr in diesen Stunden zu denken hatte, dass sich aber schon ab den frühen Nachmittagsstunden, wie man annehmen darf im hinteren Zugabschnitt Kämpfe entwickeln würden überstieg seine Erwartungen und sein Vorstellungsvermögen. Auf den Heggehöhen rächte sich für Varus die Vertrauensseligkeit die er den Germanen um Arminius entgegen brachte. Die nun folgende Kampfzone etwa ab Hampenhausen glitt mit Erreichen der nördlichen Ausläufer des Fahlenbruches zunehmend ins Unwegsame ab und das Schlachtgeschehen strebte auf Basis dieser Theorie auch dort seinem Höhepunkt entgegen. Um es in der römischen Militärsprache auszudrücken hätte man wohl besser zur bewährten Methodik des "agmen expeditum" greifen, also in einen Marsch unter Gefechtsbedingungen übergehen sollen. Aber dafür war es zu spät und die Wegeführung und sein Zustand ließ es wohl gar nicht zu. Die exakte Zugstrecke des aus Brakel kommenden prähistorischen Hellweges der seinerzeit noch vor dem heutigen Hampenhausen nach Westen schwenkte und auf dem sich die Gefechte vollzogen ist bis zu der Stelle wo er auf die Niesener Straße westlich von Frohnhausen stößt oberflächlich heute nicht mehr erkennbar. Erst die Straße "Hegge" macht ihn kartentechnisch wieder sichtbar und darüber verläuft er auf seiner Urtrasse, wird aber nach wenigen hundert Metern schon wieder zum Feldweg und endet dann im waldigen Morast des Fahlenbruches. Es war der Weg über den sich die Varusarmee wie durch eine Schneise vorkämpfen musste. Und so ist es immer wieder eine Herausforderung die tragische Szenerie des Geschehens auszuleuchten, so weit es unser Denken zulässt. Und auch auf die Gefahr hin sich zu wiederholen sei es gestattet mehrfach den Versuch zu starten sich die Worte von Cassius Dio wie ein quirliges und lebendiges Treiben vorzustellen. Denn lange bevor der römische Heerwurm am nördlichen Horizont südlich von Brakel auftauchte hatten die Germanen am Zugweg schon die von der Vegetation und Geländestruktur vorgegebenen geeigneten Positionen aufgesucht von wo aus sie ihm aus guter Deckung heraus auflauerten. Sie wussten wo und wie er sich ins Stocken bringen ließ und sie trugen durch geeignete Maßnahmen dazu bei den Zug schon in Verwirrung zu bringen, bevor man ihn attackierte. Aber zur wesentlichen Strategie gehörte es auch der Varusarmee die Fluchtwege unbrauchbar zu machen. Entgegen kam ihnen, dass sich ein regennasser und aufgeweichter Fahrweg der zuvor von tausenden von Männern samt Karren und Pferden genutzt wurde auch schlecht als Rückweg eignet. Varus war auch aus diesem Grund gezwungen weiter marschieren lassen zu müssen, falls er derartige Überlegungen gehabt haben sollte. Da erfahrene Historienregisseure, authentisch handelnde Komparsen, zeitgemäß gekleidete Statisten und wissenschaftlich geschulte Berater für die Darstellung geschichtlicher Abläufe rar und teuer sind dürfte es zum Scheitern verurteilt sein, wollte man die Kämpfe zu rekonstruieren versuchen. Denn nun sollte man auch nicht mehr von einem in sich geschlossenen mehrere Kilometer langen einheitlichen Marschkörper und Legionären in weißer Kleidung, glänzender Rüstung und gebügelten Hemden ausgehen, nun stand man mitten im offenen Gefecht. So kam der Marschzug streckenweise zum Erliegen, das willkürliche Kampfgeschehen verwirbelte die Marschordnung, die Zuglänge schmolz mal in sich zusammen, zog sich aber auch in die Breite, wurde gleichzeitig zerstückelt und lückenhaft. Der Schlamm prägte die Szenerie und die blutigen Wunden das Erscheinungsbild der Kämpfer. Man focht im Schutz stecken gebliebener Karren, musste sich vor durch gegangenen Pferden schützen, hatte vielleicht im Gefecht schon seine Waffe verloren und war gezwungen trotz mehr oder minder schwerer Verletzungen irgendwie weiter kämpfen zu müssen. So wie es ist wenn es um Leben und Tod geht. Man kann sich zudem gut in die Verhaltensweisen der Legionäre hinein denken, wie sie sich nach anfänglich entfernt vernommenem Geheule und Gejohle plötzlich aus dem Nichts heraus und ohne Ankündigung in Zweikämpfe verwickelt sahen aus denen sich langsam ein schlachtartiges Gemenge entwickelte auf das man nicht oder nur ungenügend vorbereitet war. Es bildeten sich verstreute Gefechtsnester an denen mal mehr und mal weniger Kämpfer beteiligt waren, Cassius Dio aber schrieb, dass die Germanen immer in der Überzahl waren. In dieser Phase ging jedem Centurio die Übersicht verloren und inwieweit unter diesen Bedingungen überhaupt noch ein erkennbares Zuggeschehen in der Vorwärtsbewegung möglich war ist fraglich. Aber es galt für die Legionäre die von Signalhörnern geleitete und gekennzeichnete Richtung beizubehalten und ihr zu folgen. Fluchtartiges nach vorne stürzen um nicht den Anschluss zu verlieren schien oftmals ratsam zu sein um den Speeren auszuweichen. Aber ein Blick auf die Landkarte verrät, was den Legionen noch bevor stand. Denn das Tandem Segimer/Arminius hatte sich für den Höhepunkt des Schlachtgeschehens am ersten Kampftag die Kräfte möglicherweise für den tückischen günstig gelegenen Fahlenbruch aufgespart von dem wir nicht wissen, inwieweit er damals so bewaldet war wie heute. Aber sumpfig war er auch damals schon wie sich anhand der noch oberflächlich sichtbaren mittelalterlichen Ackerbaumethode der Wölb Äcker auch Längsstreifenflure genannt, nachweisen lässt. So war es früher möglich in diesen erhöhten und trocken gelegten klein parzellierten Zonen, die wohl auch von Wald umgeben waren Anbau zu betreiben. Der Fahlenbruch zwischen Brakel und Warburg in Tal - und leichter Hanglage gelegenen war aus strategischer Sicht ein willkommener Querriegel der den Hellweg dank Talbach und Topographie und das gleich in welchem Jahrhundert zur Falle machen konnte. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass man dem Hellweg später entschärfte und ihm einen östlicheren Verlauf gab. Vorstellbar, dass der Fahlenbruch vor 2000 Jahren ein für kriegerische Zwecke geeignetes Stück wildgewachsener Natur war, den man vor rund 200 Jahren noch in ein mit Eichen und ein mit Buchen bestandenes Revier unterteilte. Und dieses an Heimtücke kaum zu überbietende Teilstück des gesamten Marschzuges von Brakel nach Borlinghausen hatte es in der Tat in sich. Denn das was sich hier vor Varus auftat war der schaurige Fahlenbruch von dem auch die Sage zu berichten wusste. Eine Bachsenke die durch die damals einsetzenden herbstlichen Regenfälle wie es überliefert ist noch zusätzlich gesättigt wurde. Eine Zone an der die Fruchtbarkeit der südlich gelegenen Börde längst endete und die wenn man sie an der breitesten Stelle quert sein ganzes gefahrvolles Potenzial ausspielt. Man kann es aus der Sicht des höher gelegenen Frohnhausen auch lyrisch ausdrücken in dem man sagt, "von nun an gings bergab". Und dies vollzog sich nicht nur im sprichwörtlichen Sinne, sondern auch im realen, denn die Legionen mussten ab der heutigen Niesener Straße in diese Sumpfsenke absteigen, wo sich vor ihnen der dunkle Bruch des Fahlen - Sundes ausbreitete. Und auch das Wort Sund lässt sich noch gut in seiner Bedeutung zurück verfolgen und in den Kontext der Varusschlacht einbeziehen. Denn es ist das Ortsnamengrundwort für die Möglichkeit nur an jenen Stellen etwas durchfahren oder durchgehen zu können, aber auch zu müssen. Denn es bedeutet in diesem Zusammenhang auch Untiefe und wird aus dem Altnordischen seiner Bedeutung von "Trennendem oder Getrennt" gerecht bzw. davon abgeleitet. Möglicherweise lässt sich davon auch das alte Wort "absunderlich" wie es bis ins 17. Jahrhundert und noch darüber hinaus in Gebrauch war ableiten. Ein Wort, das heute von sonderbar und verwunderlich abgelöst wurde und in dem auch etwas geheimnisvolles mitschwingt. Ein Name womit man ein Gelände bezeichnete, das auf den ersten Blick unverdächtig schien, dort aber aufgrund der vorherrschenden staunassen Böden vor allem für Sandalenträger und Ortsunkundige zum Verhängnis werden konnte. Aus der althochdeutschen Sprache sind in diesem Zusammenhang noch die Worte: Suntarig = abgeschieden, suntar = abgelegen, sunder oder suntar = abgesondert, sunder oder suntaringon = einsam und allein bzw. suntarbõro = sonderbar überliefert. Und vom Ort Frohnhausen dem alten Vrodenhusen vielleicht das einstige Dorf des Frode mit seinen Gräber aus dem 8. Jhdt. führt heute noch eine Straße die den Namen "Sundern" trägt in die Richtung des Fahlenbruches wo sich östlich des Hellweges noch ein älteres Forsthaus mit Namen "Sundern" befindet. Und das Gebiet wo die Germanen die Legionen nun durchschleusen und hinein zwingen wollten verfügte nur über einen einzigen solchen Sundweg, also eine Durchgangsmöglichkeit und die befand sich nur dort, wo auch der alte Hellweg hindurch führte. Alternativstrecken um ihn zu umgehen erforderten weite nach Osten ausgreifende Umwege. Wer diese Sundern Lücke kannte und von seiner verborgenen Lage wusste, hatte diesen Trumpf in der Hand, die Cherusker kannten ihren Fahlenbruch und hatten sich vorbereitet. Vor allem hatten sie dafür gesorgt, dass diese Passage blockiert war. Der Varuszug kam zum Stillstand die Männer stauten sich, strauchelten in ihn hinein und die Details kennen wir schon von Cassius Dio. Varus und sein Stab waren nun seit geraumer Zeit orientierungslos und irrten durch unbekanntes Terrain, da die germanischen Scouts längst das Weite gesucht hatten. Jetzt sprach auf römischer Seite niemand mehr von der Gefahr eines sich entfernt anbahnenden Aufruhrs den man zu schlichten oder zu bekämpfen hatte, denn jetzt befand man sich mitten in ihm. Arminius hatte mit seiner Warnung vor einem Unruheherd also letztlich recht behalten. Was er aber verschwieg war, dass er selbst zu den Rädelsführern und damit zu den Gegnern gehörte. Cassius Dio beschrieb diese Phase sehr anschaulich aber natürlich ohne zu sagen wo es passierte wie folgt: ".... und ihre Abteilungen waren zahlenmäßig immer geringer als die der Germanen und so erlitten sie große Verluste ohne den Feinden ernsthaft Schaden zufügen zu können". Und hier steckten die Legionen nun fest ohne zu ahnen, dass vor ihnen jetzt die größte Herausforderung im Zuge ihrer Truppenbewegung zur scheinbaren Rebellenhochburg lag. Und hier könnte sich nicht nur der Schauplatz der ersten größeren Tragödie befunden haben, hier befand sich möglicherweise auch schon der entscheidende Wendepunkt der gesamten Schlacht. Und hier am Ende des Marsches der Legionen wo der Heggehöhenrücken nach Süden in diesem Sumpfwald ausklingt gelang auch der germanischen Führung ihr Husarenstück. Denn im Zuge der Rekapitulation aller greifbaren Landschaftsmerkmale und historischen Hinweise deutet vieles darauf hin, dass hier vor, im und hinter diesem Waldgebiet mit Namen Fahlenbruch die Germanen die entscheidenden Weichen für ihren Sieg stellten. Denn hier hatte die Varusarmee schon am ersten Kampftag immense Verluste zu beklagen. Hier ließen die Germanen wie an kaum einer anderen Stelle die Natur für sich kämpfen und wenn man Ausschau halten möchte, wo man Rom in den sprichwörtlichen Hinterhalt lockte, so trifft dies auf kein Gebiet besser zu als auf den Fahlenbruch. Über den Fahlenbruch wird im Verlauf dieses Internet Buches noch an anderer Stelle, dann aber aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet, zu sprechen sein. So könnte der Sieg ausgerechnet an dieser denkwürdigen Stelle in den Folgejahren von einem mystischen Nimbus umgeben worden sein der lange nachhallte. Denn dieser Bruchwald indem die beteiligten Stämme eine kämpferische Höchstleistung vollbringen mussten und wo ihr Durchhaltevermögen vor eine Zerreißprobe gestellt wurde, wurde zum Synonym für Erfolg und zum Fanal ihrer wieder gewonnenen Freiheit. Hier wiederholte sich kein Arbalo, hier ging man geschickter vor, denn hier ließ sich der römische Heerwurm in Gänze einschnüren und zum Erliegen bringen. Zwischen den Bächen Ugge im Süden und Talbach im Norden wurde der Fahlenbruch für die Legionen zu einem aus Bäumen und Morast bestehenden Minenfeld, eine Falle die sie hier nicht erwartet hatten. Der Talbach durchfließt den Bruch von Ost nach West und stößt beim heutigen Gnadenhof Steinmeier auf die Taufnethe die wenige hundert Meter danach in die Nethe mündet. Der Talbach hat dieses versumpfte Waldgebiet heute und hatte es vielleicht auch schon früher breit ausgewaschen, geformt und perforiert, hinterließ Einkerbungen die wie kleine Schluchten erscheinen und mäandrierte im Unterlauf so unberechenbar das ein Überqueren zu einem Wagnis werden musste und er könnte damals wasserreicher gewesen sein. Und dieses Terrain im schweren Boden musste Varus der Theorie nach hinter sich bringen oder drin stecken bleiben. Dies würde auch bedeuten, dass Varus sich noch im Fahlenbruch für einen Lagerplatz für die Nacht hätte entscheiden müssen. In seiner bedenklichen Lage gab es keinen Weg zurück und wegen der Netheaue keinen Ausbruch nach Westen und erst recht keinen in die entgegen gesetzte Richtung nach Osten zur Weser. Ihm hätte nur der Weg besser gesagt die Flucht nach vorne in den Süden geholfen wo man möglicherweise wusste, dass sich dort die urbar gemachte Gehölz freie Warburger Börde auftat, das Waldgebiet enden würde und man sich mehr Sicherheit und Bewegungsfreiheit versprach. Ob es Varus allerdings noch am Abend des ersten Kampftages gelang diese Region zu erreichen ist fraglich. Möchte man mit behördlicher Genehmigung zerstörungsfrei nach römisch/germanischen Artefakten im Boden suchen wollen, so sollte dies unter fachlicher Begleitung innerhalb des Fahlenbruches und längst der Sundpassage noch die besten Möglichkeiten eröffnen um fündig zu werden. Varus steckte nun in diesem Bruch fest, der heute umrahmt ist von den Ortschaften Frohnhausen im Norden, Niesen im Westen, Schweckhausen im Süden, sowie Willegassen und Drankhausen daran anschließend. Am östlichen Ende des Fahlenbruchs neben der Flurbezeichnung "Im Sundern" gibt die zwischen 1836 und 1850 entstandene Urkarte einer Parzelle den rätselhaften Namen "Totas" aus dem man in späteren Jahren, vermutlich weil es sich für ein Waldgebiet zutreffender anhörte, das Wort "Totast" formulierte. Totas ist lateinischen Ursprungs und wurde von Einhard im Jahre 810 in seinen Annalen im Zusammenhang mit "totas insula" verwendet bzw. in der "Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum" im Zuge der Ernennung von Adam von Bremen im 11. Jahrhundert in Verbindung mit "a quo totas olim Galliarum et Germaniae". Cäsar nutzte es als "tota" im Adjektiv Femininum für "ganz" vielleicht auch für groß oder umfänglich. Diese Erkenntnis lässt sich zwar in keinen Zusammenhang mit den alten Ereignissen bringen, führt aber zu der Frage wie sich ein lateinischen Wort in den Fahlenbruch verirren konnte. Nordwestlich von Schweckhausen trägt eine Parzelle den Namen "Burgfeld", mit dem sich die ortskundige Heimatforschung wohl schon beschäftigt hat und Erklärungen bereit hält. Drankhausen ließe sich zweierlei deuten. Es lag an der alten karolingischen Königsstraße nach Herstelle, aber auch nahe dem Oberen Bördenweg der nach Höxter führte und könnte einst eine Raststation gewesen sein. Nachrangig ließe es sich über das altsächsische Wort Mandränke, wie man die "grote" Marcellussturmflut 1219 auch nannte, mit einer Katastrophe in Verbindung bringen. Aber die römischen Soldaten verließen nun den Kamm der Hegge und stiegen nicht nur hinab in den Fahlenbruch, sondern wurden durch die nachrückenden Germanen in dieses Bruchwaldgebiet gedrückt. Das "prima Vari castra" lässt sich dieser Theorie nach am Hellweg oder in seiner Nähe verorten wo die dem Desaster entkommenen Legionären es notdürftig errichten mussten. Und dieses Lager hatte für Varus nun nicht mehr die Funktion eines beeindruckenden und repräsentativen Castra zu erfüllen, sondern wurde zum Auffanglager und Zufluchtsort derer, die sich noch bis dahin retten oder schleppen konnten. Cassius Dio berichtete über die Phase etwas ausführlicher als wir es sonst von ihm gewohnt sind. Unter 56,21 (1) schreibt er, dass sich die Überlebenden nach den Kämpfen für einen Lagerplatz entscheiden mussten, der den Geschehnissen und den Verhältnissen Rechnung trug. So war es nun nicht mehr ein wohl geordnetes und durchdacht geplantes Marschlager am Ende eines ruhig verlaufenden Marschtages, sondern ein unter extremen Bedingungen auf die Schnelle errichtetes Behelfslager, das der Not gehorchend so zu konzipieren war, dass es auch noch imstande war vor germanischen Nachtangriffen etwas Sicherheit zu bieten. Und es war bei weitem nicht mehr vergleichbar mit einem Lager wie man es üblicherweise unter friedlichen Bedingungen errichtet hätte. Nach Cassius Dio schaute man sich daher auch mehr gezwungenermaßen nach einem geeigneten Platz dafür um, soweit dies in einem Waldgebirge überhaupt möglich war. Er verwendete dafür ein altgriechisches Wort, dass man mit "Waldgebirge" übersetzte, dass man aber abmildernd werten darf, da Waldgebirge in dieser Region nicht existieren. Man darf es aber nicht mit einem Lager vergleichen in dem man mit den rebellischen Aufrührern die Lage sondieren und in dem Varus gerichtlich über das weitere Vorgehen entscheiden wollte. Für ein solches Lager hätte man sich einen geeigneteren Ort gesucht aber keinen Platz in einem vor Nässe triefenden Sumpfwald über dessen Umgebung Florus schrieb, dass nichts blutiger war, als jenes Gemetzel in Sümpfen und Wäldern. Aber jetzt herrschte Krieg zwischen Germanen und Römern und der erste Kampftag hatte für die Germanen auch eine psychologische Bedeutung, denn plötzlich waren sie die Erfolgreichen da ihr Plan begann aufzugehen, was beflügelt. Aber die Chronologie der Abläufe fordert noch ihren Tribut und so ist ein Blick auf den möglichen zeitlichen Verlauf unabdingbar. Varus fuhr oder ritt also vermutlich in der Spitzengruppe des Heereszuges und diese These geht davon aus, dass die Marschierenden bei ungestörtem Verlauf imstande waren pro Stunde etwa 3 Kilometer zurück legen zu können. Eine Annahme die auch voraus setzt, dass es zu keinen größeren Störungen kam. Für diesen Tag standen wie dargestellt noch keine Gespräche mit den Aufrührern an, so dass man sich Zeit mit dem Ausmarsch gelassen haben könnte. Der gesamte römische Marschzug hatte ausgangs Brakel auf Basis einer in einem voraus gegangenen Kapitel erfolgten Untersuchung eine Truppenstärke von etwa 11.000 Mann und eine Gesamtlänge von etwa 6 Kilometern. Um sich den Verlauf dieses Tages besser vergegenwärtigen zu können, ist ein Blick auf die mögliche tageszeitliche Zonierung nötig. Varus lassen wir nach dieser Überlegung gegen 10 Uhr das Brakeler Rastlager verlassen. Etwa gegen 12 Uhr, also nach zwei Stunden Marschzeit erreichte Varus an der Spitze befindlich den Punkt nahe Hampenhausen, wo es zwei Stunden später gegen 14 Uhr zu den ersten Angriffen auf den Zug kommen sollte. Es war gegen 14 Uhr, weil um diese Uhrzeit die letzten Wagen des Marschzuges gerade dabei waren diesen Punkt zu passieren. Bis Hampenhausen hatte Varus demnach etwa sechs Kilometer zurück gelegt wofür er die besagten zirka zwei Stunden benötigt hatte. Somit hatte Varus noch 6 Kilometer vor sich, um nach insgesamt 12 Kilometern gegen 14 Uhr den Ort zu erreichen, wo man eigentlich beabsichtigte das erste Nachtlager zu errichten. Resümee: Varus hätte demnach den anvisierten und von Arminius empfohlenen Freiplatz, da wo man das Gerichtslager errichten wollte nach etwa vier Stunden Marschzeit ab Brakel gegen 14 Uhr erreicht haben können. So wäre auch immer noch genügend Zeit vorhanden gewesen um mit dem Aufbau zu beginnen und rechtzeitig vor der Dunkelheit fertig zu werden. Nach Hampenhausen verschlechterte sich der allgemeine Wegezustand und es verlängerte sich dadurch zwangsläufig auch die Marschzeit, so dass sein Zeitplan gegen 14 Uhr am angedachten Lagerplatz einzutreffen nicht mehr eingehalten werden konnte. Und auf diesem kritischen Marschabschnitt, den die Germanen durch geeignete Barrieren vermutlich noch zusätzlich beschwerlich gestaltet hatten, sahen sich nun ab 14 Uhr die Legionen einem stetig wachsenden germanischen Aufgebot gegenüber gesetzt, denn auf dieser Strecke fiel die Vorentscheidung darüber, wer die Varusschlacht für sich entscheiden sollte. Karren die im hinteren Teil unterwegs waren und auch schon jene im mittleren blieben stecken und erreichten den vorgesehenen Lagerplatz nicht mehr zum ursprünglich angedachten Zeitpunkt 16 Uhr. Der Marschzuges wies jetzt nicht mehr die alte Länge auf. Er schob sich ineinander, könnte sich auf 4 Kilometer verkürzt haben, war dafür aber breiter geworden. Er kam im vorderen Teil zum Stillstand, die Wagen und Mannschaften schlossen dichter auf und es kam zu Knäuelbildungen. Somit befand er sich gegen 14 Uhr erst in der Senke die dem Falenbruch nördlich vorgelagert ist, wo Varus gegen 14 : 30 Uhr die ersten kritischen Nachrichten aus dem hinteren Zugteil erreichten. Es mag irritieren, wenn man das Geschehen so minutiös, wie man in Westfalen sagt aufdröselt, aber auf diese Weise gelingt es besser sich den Verlauf zu verinnerlichen. Dieser Theorie zufolge begannen die Angriffe zunächst auf die hinteren vorbei ziehenden letzten Zugabschnitte, also erst nachdem auch der letzte Legionär und der letzte Karren diese neuralgische Landmarke vor Hampenhausen gegen 14 Uhr passiert hatte. Und erst im Verlauf der Schlacht begannen die Germanen damit weitere Teile des Marschzuges von hinten aufzurollen und ihn an unterschiedlichen Stellen ins Visier zu nehmen bis sie zu Varus vorgedrungen waren. Um also dem Konstrukt ein chronologisches Korsett zu verleihen könnte man zu der Auffassung gelangen, dass erst mit zunehmendem Voranschreiten der Schlacht die Kämpfe auch die Zugspitze erreichten. Varus selbst hätten die Germanen an seiner Spitze frühestens gegen 15 Uhr im Fahlenbruch angegriffen haben können. Bei dieser Annahme hätte auch ihn das Schlachtgeschehen, dass gegen 14 Uhr vor Hampenhausen ausbrach etwa eine knappe Stunde später ebenfalls erreicht haben können. Eine Zeitspanne in der sich die Befehlskette zwischen Varus und dem hinteren Trossende begann heiß zu laufen und die Kommandos des Generalstabes die Legionäre verwirrten die man zunächst zur Passivität zwang bevor man die tatsächliche Lage begriff. Während sich nun langsam auch die römische Marschspitze im trügerischen Fahlenbruch den ersten Angriffen ausgesetzt sah und dort gegen 15 Uhr endgültig zum Stillstand kam, schlugen sich die Germanen mit den Legionären bereits seit einer Stunde an den unterschiedlichsten Stellen auf der Strecke zwischen dem Sieksbach bei Hampenhausen und dem Fahlenbruch. Das Aufgebot, das die Germanen an diesem ersten Tag in den Kampf schicken konnten bedarf allerdings noch der näheren Betrachtung. Möchte man die Lage in schaudernde Worte kleiden, so sind dazu keine großen Phantasien und Vorstellungskräfte zu bemühen. Man könnte die heutige Bezeichnung Fahlenbruch in der Gestalt deuten, als ob der Bruch seinen Namen jenen Pfählen verdankt, die hier seinerzeit errichtet wurden, um an ihnen die ersten römischen Gefangenen hinzurichten, denn ab hier begann für Varus die Endzeituhr zu ticken. Der Name Fahlenbruch kann aber neben der falen Farbe des morschen Holzes auch noch eine andere Bedeutung gehabt haben auf die aber noch einzugehen ist. Man befand sich nun an einem wesentlichen Scheidepunkt des Schlachtgeschehens. Weit entfernt vom Sommerlager Höxter/Corvey, rund 10 Kilometer südlich von Brakel, bis Aliso/Schwaney waren es durch die Luft gemessen etwa 20 Kilometer und nach Anreppen noch ein weiter Weg. Hier wartete Varus sehnlichst auf die Nachricht, dass Arminius nun endlich mit seinen Männern auf Seiten Roms in die Kämpfe eingreifen würde. Die Nachrichten die Varus am zweiten Marschtag dem ersten Kampftag erreichten überschlugen sich und anhand der Ausmaße des Angriffs wurde ihm bewusst in welchen Hinterhalt er geraten war. Seine Legionäre erwarteten im Kampfgeschehen die Befehle der Obrigkeit, aber es kamen keine mehr durch da die Nachrichtenkette zu oft unterbrochen und jede Kampfeinheit und jeder Einzelne jetzt auf sich gestellt war. Stattdessen erreichte Varus die katastrophale Information, dass einige seiner Männer Arminius zwar gesehen haben wollten, dieser sich jedoch zur völligen Verwunderung und Bestürzung aller Reitergefechte mit der eigenen römischen Kavallerie lieferte. Die Katastrophenmeldung wurde zum Lauffeuer und totale Resignation war die Folge, da man alle Hoffnungen und Erwartungen in sein Erscheinen gesetzt hatte. Aber nun stand für alle eindeutig fest, dass Arminius die Fronten gewechselt hatte und in diesem Moment wird Varus und auch jedem anderen bewusst geworden sein, in welche Gefahr und Abhängigkeit man sich begeben hatte. Und mehr noch, denn es wurde Varus klar, dass es auf den Wegen auf denen er kam nun auch kein zurück mehr geben würde. Varus spürte, dass sich alles gegen ihn gewendet und verschworen hatte, denn auch die Wetterbedingungen kippten und nahmen nun wie überliefert ist schlimme Ausmaße an. Das Erscheinen von Arminius mit seinen gut ausgerüsteten und kampferprobten Männern setzte unter den Germanen neue Kräfte frei. Sie glaubten zwar an die Zusage seiner Ankunft, aber nun sah man ihn. Er wurde zum wichtigen Motivationsschub, da bis zu dem Zeitpunkt keiner der gegen Varus kämpfenden Germanen wusste, wie die Kämpfe am Gradberg gegen den zivilen Marschzug verliefen. Denn es war keine ausgemachte Sache, dass sich dort alles wie geplant zugetragen hatte. Die Eigendynamik die nicht nur jedes Fußballspiel erfasst trifft auch für Schlachten zu unterliegt unbekannten und nicht vorhersehbaren Einflüssen. Wir wissen nichts über die Anzahl und darüber welche germanischen Stämme an den Kämpfen des ersten Tages beteiligt waren, aber Varus stand nun abgeschnitten und isoliert mitten in Germanien und wartete auf Hilfe die nicht mehr kam. Dafür war man aber jenem verhängnisvollen Bergsattel schon ein gutes Stück näher gekommen den Tacitus beim Namen nannte. Denn es lagen jetzt nur noch etwa 11 Kilometer Luftlinie zwischen dem umkämpften Fahlenbruch und diesem Saltus, an dem oder vor dem die Schlacht ihr Ende finden sollte. Eine Distanz zu lang um sie unter den herrschenden Bedingungen in einem Nachtmarsch bewältigen zu können aber kurz genug um die Hoffnung auf Rettung nicht aufzugeben. Die römische Armee musste sich die letzten etwa 5 Kilometer vom ersten Angriffspunkt westlich von Hampenhausen unter widrigsten Wetter- und Kampfbedingungen durch ein Spalier germanischer Attacken bis in den Fahlenbruch durch kämpfen. Die Zeit schritt voran und spätestens jetzt erkannte man bei der römischen Heeresführung, dass es Zeit war an die nächtliche Unterbringung zu denken. So begann man sofern möglich die ersten Arbeiten für ein Nachtlager anzugehen. Sollte die Schlacht auf Basis dieser Hypothese gegen 14 Uhr begonnen haben, dann waren auch die germanischen Krieger nach einigen Stunden des Kampfes müde und ausgebrannt und es war kaum zu erwarten, dass sich unablässig frische Angreifer in die Schlacht warfen. So liegt es nahe, dass nach einigen Stunden Kraft und Eifer nachließ und man sich die Restkraft für den nächsten Tag aufsparen musste. Mit Einbruch der Dämmerung könnten sie vom Feind abgelassen haben und Varus konnte sich verstärkter auf den Aufbau eines provisorisches Nachtlager konzentrieren. Arminius könnte nun auch die Taktik für den ersten Kampftag für aufgegangen gehalten und seine Männer zurück gezogen haben, nachdem sich die Legionen in den Fahlenbruch zurück gezogen und verschanzt hatten. Er hatte Varus nun da wo er ihn hin haben wollte, abgeschnürt auf engstem Raum und reduziert auf den unbedingt nötigen Bereich in dem sich Varus nun für die Nacht einrichten musste. Ein Lagerplatz für den man anfänglich noch eine größere Unterbringungskapazität plante, was man aber aufgeben musste und dessen Fassungsvermögen man dann wegen weiter fortschreitender Verluste und der fehlenden Helligkeit erneut reduzieren musste. Es kam nur noch zu einem auf die Schnelle errichteten Notlager, dass nicht mehr dazu vorgesehen war darin Ochsen samt Karren unterbringen zu können. Es hatte nur noch den einen Zweck zu erfüllen, nämlich den Überlebenden ein Minimum an Schutz vor möglichen weiteren Angriffen zu bieten. Auf kleinstem Raum verbrachte man vor und hinter den notdürftig geschaffenen Wällen, Schutz bietenden Baumstämmen, Holzkarren oder Bachschluchten die Nacht, da die hellen Stunden des Vorabends und die Umstände keine umfangreichen Schanzarbeiten mehr ermöglichten. Folgen wir den literarischen Hinweisen von Cassius Dio, da uns nichts anderes vorliegt, denn Tacitus verlor über den Schlachtverlauf keine Silbe, dann konnte dieser Tag nur unter derartigen Bedingungen geendet haben. Einzelne Kämpfe gegen versprengte Römer dürften sich noch bis zum Einbruch der Dunkelheit und vielleicht sogar bis in die Nacht hingezogen haben. Den Legionären wird es in jedem Fall schwer gefallen, wenn nicht sogar unmöglich gewesen sein unter diesen Bedingungen überhaupt noch ein sicheres Nachtlager zu errichten, denn vielen Legionären gelang es nicht mehr das noch mühsam im Bau befindliche Lager zu erreichen um sich noch mit am Aufbau beteiligen zu können. Cassius Dio hinterließ die denkwürdigen und eindeutig zu interpretierenden Sätze, dass es an diesem Tag zu den heftigsten Kämpfen kam und sie am nächsten Tag erneut aufflammten. Auf Basis dieser Grundannahme bekommt die Theorie Nahrung, dass die Kernschlacht zwischen dem zweiten Marschtag ab etwa 14 Uhr und am folgenden Tag nach dem Abzug aus dem Nachtlager stattfand. Es war die Phase in der nun die Germanen den Schlachtverlauf bestimmten, der sie zum Sieg führte. Auf der Suche nach den Spuren der Schlacht stoßen wir immer wieder auf die natürlichen Gegebenheiten der Landschaft. Ob wir nach begehbaren Marschwegen Ausschau halten oder die römischen Lager bevorzugt an Bachtälern oder auf Anhöhen suchen, es sind immer wieder die gleichen topographischen Schemata und Besonderheiten die uns dabei helfen können und die sich auch schon mal in Ortsnamen bis heute erhalten haben könnten. Nicht nur die Germanen und ihre Anführer wussten um die Schwachstellen einer ziehenden Armee und sie kannten jeden Winkel der ihnen vertrauten Heimat bestehend aus zahlreichen kalkreichen Niedermoorregionen und wussten um die Geographie auch ohne das sie diesen einen Namen gaben. In den Ortsnamen Natingen früher Nathge oder Natzungen auch Natesingen steckt die mittelhochdeutsche Silbe "nat" für "nass". In Drenke oder Drankhausen könnten sich Bezüge zu einer Landschaft erkennen lassen, die auch stark vom Grundwasserstand geprägt war. Allerdings ist größte Vorsicht geboten von Ortsnamen oder Flurbezeichnungen Rückschlüsse bis hin zum Wunschdenken zu vollziehen, denn dann käme man bei einer alten Flurbezeichnung östlich von Natzungen die sich "Im Schlacht Feld" nennt, schnell auf andere Gedanken. Auch der Ortsname Löwen südlich von Peckelsheim Richtung Borlinghausen gelegen, der auf den Worten Loh für Wald und Venn für Morast beruhen soll und einen Moorwald bezeichnet, weist ebenfalls auf eine sumpfige, moorige und nährstoffarme Gegend am Rande der Börde hin. Allesamt Hinweise die dafür sprechen, dass die gesamte Region in früheren Zeiten mit Ausnahme der Höhenwege aufgrund zahlreicher Quellaustritte aus derartigen Bodenverhältnissen bestand. Ein typischer Lebensraum wie er auch von der daran angepassten Tierwelt bewohnt wurde und wie ihn unsere heimischen Schlangen aus der Familie der Nattern bevorzugen. Und das auch Schlangen in der Varusschlacht eine kleine Rolle gespielt haben erfuhren wir von Florus (II, 30, 29ff). Denn einem bei ihm nach zu lesenden Satz der da lautet, "Endlich hast du Schlange aufgehört zu zischen", lässt es sich unschwer entnehmen. Im weiteren Verlauf fällt dem ersten Notlager eine besondere Aufmerksamkeit zu. Es ist das Lager, dass Florus mangels besserer Kenntnis vermutlich fälschlicherweise für das überfallene Gerichtslager hielt, das bei Tacitus den Namen "prima Vari castra" trug, von dem er meinte drei Legionen hätten es noch errichten können und das Cassius Dio das Notlager im Waldgebirge nannte. Ein Lager für das noch Chancen bestehen es zu verorten um es auffinden zu können. (04.12.2021)

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