Sonntag, 29. Oktober 2017
In Rom kannte man kein Stoppschild
Was für die strategisch denkende Führungsschicht des Imperiums im Zuge ihres Strebens nach Machterweiterung immer schon völlig zweitrangig war, war ihr Bedürfnis nach tieferem Wissen um Kultur, Tradition, aber auch um die Machtverhältnisse, Stammesstrukturen und Herrschaftsbereiche gegnerischer Völker sofern diese nicht ihren militärischen Zielen und Plänen dienlich waren. Die römischen Schriftsteller berichteten zwar gerne und ausführlich über Land und Leute, aber es waren oft eher Reiseberichte vom Typ Ausonius bzw. Humboldt oder Livingston, oder aber moralische Lektionen für das eigene Volk a` la Tacitus am Beispiel germanischer Tugendhaftigkeit. Im mittelgebirgigen rechtsrheinischen und heutigen Bergischen- Sieger- und Sauerland gegenüber der CCAA bis weit nach Osten dominierten um die Jahrtausendwende ausgedehnte und schwach besiedelte Waldgebiete die erst Jahrhunderte später intensiver erschlossen und stärker besiedelt wurden. Dagegen war das Münsterland zwischen dem Teutoburger Wald und der Ruhr ein Sumpfgebiet mit regionalen Zivilisationsinseln aber dem Vorteil eines von Ost nach West fließenden trägen jedoch schiffbaren Flusses, der Lippe. Zogen die Legionen mal abgesehen von Xanten oder Neuss ab ihren Lagern Bonn oder Köln nach Osten bzw. Nordosten, so störte sie auf diesem Weg immer zuerst ein recht schnell fließender Fluss, der sich auf steiniger Sohle durch zahlreiche Engen und Windungen wippt. Die unbrauchbare Wupper. Sie war nur hinderlich nicht schiffbar, an den Ufern kaum begehbar und ihr Bogen artiger Verlauf war für sie zu allem Überfluss auch noch strategisch gänzlich wertlos. Übrigens hat sich an der Gesamtausgangslage aus Sicht des Rheintales dort immer zuerst die Wupper hinter sich lassen zu müssen bis in unsere Tage nichts geändert. Am Augenscheinlichsten wird dies, wenn man sich auf den Kölner Hauptbahnhof begibt und den Ansagen aus den Lautsprechern zuhört. Kaum einem Personenzug der den Gleisweg über die Hohenzollernbrücke in Richtung Deutz nimmt bleibt es erspart, in Wuppertal - Oberbarmen dem früheren Rittershausen die Wupper passieren zu müssen. Man bevorzugte es daher das eingekerbte Tal der Wupper südlich zu umgehen um es dann bei Wuppertal - Beyenburg im Bereich zahlreicher und noch gut sichtbarer Hohlwege zu queren. Auch an ihr siedelten Gelände bedingt vermutlich zahlenmäßig nicht große Teilstämme der Sugambrer und Marser jener Waldgermanen, die sich in Gefahrenlage schnell zurück ziehen konnten, aber auch genauso schnell wieder zur Stelle waren, wenn sich Gelegenheiten für einträgliche Scharmützel anboten. Immer wieder setzten sie dem Reich Nadelstiche zu bis man römischerseits die Geduld verlor und einen Teil von ihnen kurzerhand mit Gewalt umsiedelte. Andere Sippen rottete man im Zuge von Attacken die uns als recht brutal überliefert wurden nahezu aus. Aber vielen von ihnen gelang doch die Flucht nach Osten und sie konnten sich so dem römischem Zugriff entziehen. Im Fall der Zwangsumsiedlung bekam dieses letztlich Mitteleuropa aber nicht schlecht, wenn wir an den berühmten Satz von Bischof Remigius in Reims gegenüber Chlodwig I denken, der da lautete “beuge still Deinen Nacken Sugambrer, verehre, was Du verfolgtest...”. Ein Beweis dafür, dass die Sugambrer und damit zum Teil auch die späteren Merowinger trotz Zersiedelung und Aufsplitterung nicht unter gingen, bzw. aus der Geschichte verschwanden und auch in ihrer alten und neuen Heimat, gleich wo sie sich befand, alles andere als harmlos auftraten und unbequem blieben. So könnte hier aus römischer Sicht betrachtet möglicherweise auch der bekannte Ausspruch “er ging über die Wupper” seinen Ursprung gehabt haben, gleichbedeutend mit, den sehen wir nicht, oder so schnell nicht mehr wieder. Und dazu kam es in alten Zeiten auch sicherlich oft genug, denn die Region des heutigen Bergischen Landes trug noch im Mittelalter den Namen „die romeriken Berghe“ also die ruhmreichen Berge und Ruhm erwirbt man sich in der Regel im Kampfe. Wohl nicht nur im Bergischen hat sich auch bis in unsere Tage das Schimpfwort Flaves für „der Flachsblonde“ noch sehr gut erhalten. Flaves steht für „Dich kann man ja nicht ernst nehmen“ oder „du Döskopp“ bzw. auf hochdeutsch wohl du Schlafmütze. In jedem Fall aber menschlich herabsetzend und unterschwellig beleidigend. Was allerdings der Flaves Genannte in der Regel Widerspruchs - und Reaktionslos hinnahm, da man es ja nie so meinte. Außerdem wusste ja auch niemand mehr so genau was sich hinter dem Wort Flaves überhaupt verbarg oder was es eigentlich bedeutete. Infolgedessen blieb der Begriff immer Interpretationslos im Raume stehen. Flaves war ja bekanntlich der für die Germanen und deren Nachkommen ehrlose Bruder des Arminius der zum Feind überlief und somit auch noch Jahrhunderte später keinen guten Ruf genoss. Der Volksmund bewahrt eben vieles. Selbst die berühmte Thusnelda blieb uns bis heute im Namen Tussi eine allseits gern benutzte Bezeichnung für die Freundin des Freundes und erfreut sich besonders in Norddeutschland noch großer Beliebtheit. Die Ruhr war ebenso wie die Wupper für Erschließungspläne nach Osten ungeeignet, da ihre beiden Quellflüsse die Lenne und die Volme zu früh nach Süden ins Sauerland abzweigen und über sie zügige Eroberungen und schnelle Vorstöße wenig Sinn machten. Es sei denn man wollte sich im Falle vorgetragener Überraschungsangriffe über Nebenrouten militärische Vorteile verschaffen. Lagen dann für die Römer die sugambrischen oder marsischen Siedlungen hinter ihnen, sofern sie noch existierten gerieten sie in wieder neue Interessensphären wo auch die Uhren wieder anders gingen. Standen die Sugambrer als stärkere Mischbevölkerung vielleicht noch den Kelten am Rhein mental etwas näher, so waren die östlichen Lippe- und Wesergermanen wieder aus anderem Holz geschnitzt. In ihrem ungestümen Drang nach Eroberung stießen sie in immer wieder neue, wechselnde und unbekannte Machtzentren vor. Während oberhalb einer Linie Höxter - Paderborn nennen wir sie mal die “Salzgermanen” vorherrschten, südlich davon die “Waldgermanen “ lebten und im Münsterland die “Bruchgermanen” setzten die Römer hinter dem Teutoburger Wald ihren Fuß auch in ein recht unerforschtes aber potenzielles Unruhegebiet, bestimmt von Grenzstreitigkeiten aller Art. Der Harz trug mit dazu bei, da er alle Bewegungen stoppte und kanalisierte und für den Schmelztiegel der westlichen Vorlandstämme eine natürliche Ostbarriere bildete. Andererseits schützte der Harz diese auch vor zu schnell vorgetragenen Angriffen anderer Stämme aus dem Osten. Als die Römer später resignierten oder sie ihr wirtschaftliches Interesse am germanischen Kernland verloren, bzw. militärisch dazu genötigt wurden, überließ man die Germanen, zumal sich die Eroberer bei ihnen auch nur blutige Nasen holten, letztlich auch sich selbst. Es war eben wie überliefert für das Reich einfacher und bequemer geworden, die Zeit für sich arbeiten zu lassen und sie ihren wohl zahlreichen eigenen Zwistigkeiten zu überlassen. Das germanische Wespennest und eine sich darin befindliche äußerst widerstandsfähige Substanz, übrigens ein Zeichen vieler autochthoner Bevölkerungen ließen die wohl germanisch/keltisch geprägten Menschen zwischen Rhein und Weser wohl auch erst zu zudem werden, was sie wurden. Sie verkörperten für Rom in ihrer Gesamtheit einen unerwarteten aber ernst zu nehmenden Widersacher und dies wie wir heute wissen noch auf einige Jahrhunderte hinaus. Aber in den Wesergermanen den Cheruskern fanden die römischen Besatzer anfänglich einen relativ verlässlichen und kooperativen Partner der sehr gut in ihr Konzept zu passen schien. Dies öffnete ihnen das wichtige Tor nach Osten. (zuletzt bearbeitet 28.10.2017 - 00:29)

... link


Freitag, 27. Oktober 2017
Auguensischer Gau mit der Marca Huxori
Wenn es keinen konkreten Anlass dafür gibt die Entstehung historisch gewachsener Wortschöpfungen, ihre Entwicklungsstufen und Querverbindungen oder die vielen Abwandlungen zu hinterfragen, sieht man auch keine Notwendigkeit darin. Man greift auf vorhandene Forschungsarbeiten und Texte zurück konkretisiert oder aktualisiert sie in dem einen oder anderen Fall da wo es nötig erscheint und findet sich andernfalls mit dem bekannten Wissensstand ab. Da uns die Altvorderen aber oftmals nur mäßiges Material hinterlassen haben, versiegen die Quellen leider zu oft viel zu früh und neue lassen sich kaum mehr auf tun. Dabei läuft jede Wissenschaft Gefahr zu erstarren und die Lust an weiteren Forschungen trübt sich mit der Zeit ein. Als harmloser Hobbyhistoriker gerät man nicht unter Plagiatsverdacht und kann auf die vielen im Internet frei verfügbaren Quellen zurück greifen um darauf basierend nach neuen und anderen Erklärungen zu forschen. Eröffnen neue Interpretationen Funden gleich den Blick auf interessante Kombinationsmöglichkeiten, oder kommen uns aufgestöberte alte Texte zu Hilfe und liefern neue Impulse, so kommt auch wieder neuer Schwung in verstaubte oder verschüttete Gedankenketten. Vielleicht hilft uns auch noch die Alt - Philologie zu frühen Namensgebungen im Raum Höxter weiter. Nachdem ich versucht habe dem Namen „Selicasa“ andere Bedeutungen zu entlocken in dem ich eine Verbindung zur Bezeichnung Silicat hergestellt habe, tauchen auch noch zwei andere alte Worte in den Überlieferungen auf. So zu lesen in den Schriften über das „Leben des Abtes Eigil von Fulda und der Äbtissin Hathumoda“. Darin ist die Rede davon, dass Abt Adalhard mit seinem Bruder Wala einen Ort aufsuchte, der zu einem Landgut gehörte, dass den Namen „Uxerri“ trug. Leitete man es vielleicht aus dem lateinischen Wort „uxori“ ab, dass den Besitz für eine Gattin oder Ehefrau anzeigt ? Oder existierte zur Zeit der fränkischen Landnahme um das spätere Kloster Corvey schon ein lateinisches Wort namens „Uxerri“ ? Dann stellt sich natürlich die Frage, wie weit und ob die lateinische Sprache im frühen 9. Jahrhundert in Ostwestfalen überhaupt noch präsent war bzw. ab wann man sie wieder benutzte bzw. einführte. In dieser Zeit überwog bzw. dominierte bekanntlich die gängige Umgangssprache bzw. der Dialekt der Einheimischen. So bedurfte es erst eines Konzils von Tours 813, um das Latein über die Klöster wieder zu verbreiten und an römische Traditionen anzuknüpfen. Um Höxter und Corvey bildet die Weser einen großen Winkel ähnlich einer Schulterachsel, wie sie im englischen „oxter“ für Achselhöhle genannt wird. Begünstigt durch die Weserschleifen könnte sich in diesem Bereich in frühen Jahren aber auch eine weitere Furt im Fluss befunden haben, durch die in wasserärmeren Jahreszeiten auch Ochsen getrieben wurden. Der altsächsische Name Ox für Ochse begegnet uns auch in der altsächsischen Stadt Oxford in Südengland die ihren Namen Oxanforda einer „Furt der Ochsen“ verdankt. Uxerri könnte aber auch noch sehr gut älteren Ursprungs sein und aus einer Zeit stammen, als noch das Latein eines J. Cäsar gesprochen wurde. Setzte man es in die Mehrzahl spräche man von „der Uxerri“. So könnte „die Uxerri“ auch eine Landschaft gewesen sein. In Verbindung mit Marca = Mark, dass in vielen indogermanischen Sprachen dem Sinne nach Grenze oder Grenzregion bedeutet. Marken waren im fränkischen Reich wichtige Verwaltungsbezirke in besonders gefährdeten Grenzregionen und diese Grenzlandschaft nannten die Franken umgangsprachlich vielleicht auch die „Uxerrische Mark“. Es gibt aber auch eine Verbindung ins namentlich ähnlich klingende französische Auxerre, dass sich aber in der Antike Autessiodurum nannte. Der heilige Marsus der bereits im 3. Jahrhundert zum Priester geweiht wurde, predigte in der Region Auxerre, war ein römischer Missionar und erfreute sich im alten Sachsenland derartiger Beliebtheit, dass man sogar Reliquien von ihm an die Weser, vermutlich sogar nach Corvey überführte. Demnach hätte man das Landgut Uxerri schon vor dem Eintreffen seiner Reliquien 864, was sicherlich jahrelanger Planung und Vorarbeit bedurfte in frommer Erwartung mit Auxerre in Verbindung bringen können. Aber wann wurde aus Autessiodurum das spätere Auxerre. Das zweite Wort aus der Überlieferung des Eigil von Fulda, das nachdenklich macht ist der Name für die Großregion um Höxter. Dort ist dafür noch heute die alte germanisch klingende Bezeichnung Augau gebräuchlich, aber nicht wie man auch annehmen könnte die Namen Gau Uxorri oder Huxorigau. Der Name Gau ist ein Neutrum. Den flächig größten Anteil am Gau Auga hatte aber genau diese karolingische Grenzmark Huxori, die auch die Kernregion im größeren Gau Auga bildete. Der Mark Uxerri fiel also im Augau in besonderer Weise eine Sonderstellung zu. Der auch Auga oder Augau genannte Bereich erstreckt sich im östlichen Teil bzw. am Ostrand der sächsischen Provinz Engern zwischen der Mündung der Diemel in die Weser und Holzminden. Und hier lag auch die für die Franken wichtige militärische Grenzmark Huxori, was uns verdeutlicht, das auf der anderen Weserseite der karolingische Einfluss geringer war oder wurde. Der Augau umfasste die Region an der Mittelweser in der auch Corvey und Höxter lagen. Der Augau bildete dort einen schmalen Korridor sowohl links als auch rechts der Weser, aber rechts der Weser verlief er nur unterhalb der Höhenlagen. Nichts ist nun leichter als den Namen Augau ins „heutige“ deutsch zu übersetzen, denn das altgermanische Wort Au oder Aue benutzen wir heute noch für eine offene Wiesenlandschaft in Bach- und Flusstälern. Damit ist die Herkunft des Namens Augau auch schon geklärt und bedarf eigentlich keiner weiteren Deutungen mehr. Nun steckt aber in der ältesten Überlieferung der beiden frommen Brüder Adalhard und Wala nicht das zusammengeraffte, verkürzte und an der Weser auch heute noch gebräuchliche Wort „Augau“ sondern eine ungleich gestrecktere Version in Form einer teil lateinisierten Kombination aus zwei Worten in Gestalt des Namens „auguensischer Gau“. Und da machen es sich einige Philologen vielleicht etwas zu einfach in dem sie sagen. Na gut, dann kam es zur Verballhornung und das Wort Gau taucht dann eben zwei Mal in diesem Doppelnamen auf. Einmal im ersten Wort von „auguensischer Gau“ durch die Buchstaben Nr. 3 + 4 nämlich g und u (gu = gau) und dann auch nochmal im Wort Gau selbst. Das Wort Gau wird dann zusätzlich noch mal hinten an gehangen. Man könnte also auch vereinfacht sagen „Augau – Gau“. Wer würde da bei diesem Wortungetüm nicht ins Grübeln kommen. Germanische aber möglicherweise auch Gaunamen keltischen Ursprungs wie vielleicht auch „Uxorri“ die im Zuge fränkischer Herrschaft die Verwaltung erleichterten sind überall im fränkisch dominierten deutschsprachigen Raum anzutreffen. Der Name des Gaus wird aber in der Regel an den Anfang gestellt und dann erst dahinter das Wort Gau gesetzt. wie zbs. Keldachgau, Deutzgau, Allgäu oder Brettachgau und fasst alle anderen auch. Warum sagte oder schrieb man aber damals an der Weser nicht auch Au - Gau sondern Augau Gau. Schauen wir auf die lange Liste der vielen überlieferten Gaunamen in Deutschland so haben wir Mühe Gaunamen aufzuspüren, wenn es sie denn überhaupt gibt, die einen lateinischen Klang oder Ursprung haben könnten. Abgesehen natürlich vom Augstgau an der Schweizer Grenze, dessen Ursprung aber gesichert ist, da Kaiser Augustus den Ort Augst um 45 - als Augusta Raurica, in Schweizerdeutsch Augscht genannt, gründete. Vielleicht kann auch noch der Name Gau Ausicensis (also ausicensischer Gau) im oberen Saanetal in der Schweiz als halb lateinisch angesprochen werden. Spricht man den besagten „auguensischen“ Gau in Ostwestfalen ohne die Endsilbe „ischen“ aus, könnte man ihn auch „Auguensi Gau“ oder einfacher noch „Augenser Gau“ genannt haben. Ganz korrekt überliefert ist er uns in der offiziellen Liste aber als „Pagus Auguensis“. Warum dann wieder diese Zusammenfassung der mittelalterlichen Gaunamen das Wort „auguensischer Gau“ aus dem Jahr der ersten Überlieferung nämlich 822 so wie in der Schreibweise die anderen Gaunamen auch, nicht übernahm, sondern den später verkürzt und abgewandelten mittelalterlichen Namen Augau bevorzugt, entzieht sich meiner Kenntnis. Zudem lokalisiert die weit verbreitete mittelalterliche Gaunamen Liste den Augau irrtümlicherweise nur westlich vom Nethegau statt ihn west - und auch östlich des Nethegaus zu verorten. Der abgekürzte und vereinfachte Name „Augau“ und der vermutlich „lateinische/fränkische“ Name „auguensischer“ Gau umfassen einen sehr großen „Pagis“ an der Weser zwischen Bad – Karlshafen und Holzminden. Zu diesem großen Augau gehörte aber nicht mehr der westlich davon liegende große Nethegau. Und obwohl die namens gebende Nethe für den Nethegau diesen „auguensischen Gau“ sogar durchfließt bevor sie bei Godelheim im besagten „auguensischen Gau“ in die Weser mündet, integrierte man einen Teil ihres Flusslaufes in den wohl dominanteren auguensischen Gau. Welcher Gau war vorher da, der germanisch klingende Nethegau, das ich mit niederem Gau bzw. Untergau übersetze oder der lateinisch anmutende offensichtlich bedeutungsvollere „auguensische Gau“ mit der Marca Huxori in seiner Mitte. Oder existierten Nethegau und Augau immer schon nebeneinander bis sich „plötzlich“ in ihrer Mitte die Marca Huxori in fränkischer Zeit breit machte und eigene Flächen beanspruchte bzw. heraus trennte ? Der Größe nach zu urteilen war hier der „auguensische Gau“ gegenüber dem Nethegau der wohl wichtigere Gau. Stellen wir die „Doppelgau“ These, dass das Wort Gau gleich zwei Mal darin vorkommt in Frage und nehmen die lateinische These an, so lässt sich wegen der Anfangsbuchstaben natürlich auch eine Querverbindung zu dem römischen Kaisernamen Augustus herstellen. Die nach Kaiser Augustus in seiner Regierungszeit benannten und in seinem Auftrag gegründeten Städte in Deutschland kennen wir. Es sind Augusta Raurica (Augst) Augusta Vindelicorum (Augsburg) und Augusta Treverorum (Trier) und Augusta Praetoria, das italienische Aosta. Varus war nur der Konsul des Kaisers und seine Aufgabe bestand auch nur darin ihm eine neue Stadt zu Füßen zu legen. Noch im Aufbau befindliche Städte harrten kaiserlicher Anerkennung und Namensgebung. Der richtige Zeitpunkt Augustus die Nachricht über eine neue Stadt überbringen zu können, sollte gut gewählt sein und sie musste sich den Namen Stadt natürlich auch verdient haben und städtisches Leben vorweisen können. Wehe Varus hätte zu früh, also noch vor den Feierlichkeiten einen Namen für das römische Corvey kreiert, wer weiß wie es ihm ergangen wäre. So musste er folglich das unfertige römische Corvey auch unbenannt und es wie ein Neutrum erscheinen lassen. Das Augusteische Zeitalter hat einen bleibenden Eindruck auch nördlich der Alpen hinterlassen. Sollte sich bestätigen, dass Corvey eine begonnene römische Stadtgründung war, die sich nur als Flur - oder Gaunamen über die Zeiten rettete, so bleibt immer noch die Frage nach der Belastbarkeit diese Theorie. Wie nämlich ließe sich das Wort augu - ensischer Gau zum Wort augu - steischer Gau zurück bilden. Kamen im 9. Jhd. Sachsen in die Verlegenheit in ihrer Sprache das lateinische Zungenbrecherwort „auguensisch“ auszusprechen bzw. wie kamen die Mönche überhaupt auf dieses Wort ? Griffen die Mönche die germanisch klingenden Gaunamen Auganagavvi oder Ahagewe für die Region auf und legten dann ihre eigene lateinische Version fest, so hätten sie diesen germanischen Namen durch ihre lateinischen Versionen und Schreibweisen „Auguensis“ oder „Augensis“ warum auch immer ziemlich unkenntlich gemacht. Nur die ersten drei Buchstaben der germanischen Bezeichnung Aug - anagavvi bzw. Aug - anagau weisen noch zurück auf Augustus. Die Bezeichnung Auganagavvi bzw. Auganagauui für die Region um Corvey macht aber auch deutlich, dass dieses alte Wort recht tief im germanisch/frühmittelalterlichen Sprachraum wurzelt, als das heutige W noch mit zwei UU bzw. VV bzw. UA geschrieben wurde. Aus dem germanischen Gavvi entwickelte sich wohl über das spätere geuui bzw. gewi oder gouwi, das heute noch gebräuchliche Wort Gau. Aber noch fragwürdiger als uns die Bezeichnung des zuvor behandelten und überlieferten Namens auguensischer Gau ist, scheint es die Herkunft des Wortes Augana zu sein. Mit Auganern oder Auguensern könnte  man die Gesamtheit der Aubewohner bezeichnet haben, könnte seinen Ursprung aber auch im germanischen Wort augon für Auge sehen, was möglicherweise auf die große Weserschleife um Corvey zurückzuführen wäre und was sich im isländischen Plural augunum und augnanna nennt. Folgt man dieser Erklärung nicht, bleibt in der Mitte losgelöst die Silbe “gana” ohne einen erkennbaren Bezug stehen und lässt uns wieder rätseln. Welche Bezeichnung hätten die germanischen Altstämme der Region um Corvey gegeben, wollten sie die Erinnerung an die einstigen römischen Besatzer wach halten ? Romgau, Varusgau oder dergleichen kennen wir nicht. Aber Augustus war der Kaiser und Varus und seine Legionen unterstanden ihm und nur ihm und Augustus war die Stätte gewidmet die Varus für ihn urbar machen sollte. 15 Jahre bevor Varus die Weserauen betrat wurde sogar ein Monat nämlich der heutige August nach Kaiser Augustus benannt, was Varus veranlasst haben könnte die ganze Region nach ihm zu benennen. Die Anzahl von etwa zehn bei Kalkriese aufgefundenen Augurenstäben deutet daraufhin, dass das Amt des Auguren scheinbar inflationärer verbreitet war als vermutet. Auch im römischen Corvey könnte es einen Auguren gegeben haben. Ein Augur war ein römischer Beamter, konnte aber auch ein Priester sein. Dieser Logik folgend „gehörte“ die Region auch mal den Auguren, Priestern die den Vogelflug deuteten. In Anlehnung an das germanische Wort Auganagavvi könnte sich auch dieses Wort in nach römischer Zeit ins Bewusstsein der Menschen eingegraben haben. Im frühen Mittelalter waren all diese Ursprünge längst verschüttet und die einheimische Bevölkerung im 9. Jhd. oder früher kürzte alle Varianten ob Auganagavvi oder auguensischer Gau auf das knappe Wort Augau zusammen. Genauso kann man sich nun fragen was Radbertus damit meinte als er schrieb, dass die Klostergründung Corvey 823 gemeinsam mit den Leuten aus dem Nordteil der Stadt statt fand und schrieb, dass diese Stadt im Norden von Corvey mit Türmen und Befestigungsanlagen ausgestattet war. Türme und Befestigungsanlagen im Ostwestfalen des 9. Jhd. klingt befremdlich. Wie sahen sächsische Niederlassungen und Handelszentren vor der fränkischen Eroberung aus. Im Gegensatz zur küstennahen Wikingerstadt Haithabu an der Schlei, die um 770 gegründet wurde, könnten Städte im Inland und auch an der Weser aber sehr wohl, sowohl Befestigungsanlagen in Form stabiler Türme und Palisaden aufgewiesen haben. Der Klosterbezirk von Corvey war also zu Zeiten der Klostergründung noch Bestandteil einer wehrhaften und befestigten Stadt in der sich zu alledem auch noch ein nach „römischer Baukunst gefertigtes Selicasa“ befand, das nahe liegender Weise von den Bewohnern der Nordstadt auch schon vor der Klostergründung sinnvoll mit genutzt und damit vielleicht auch in die Befestigung der Stadt fest integriert war. Diese dort existierende, nennen wir sie engrisch/cheruskisch/sächsische „Nordstadt“ lag in einer Landschaft die zu Beginn des 9. Jhd., also nur 18 Jahre nach dem Ende der Sachsenkriege schon den neuen lateinischen Namen „auguensischer Gau“ trug. Hätte man die Engern, die Nachfahren der Angrivarier um 822 gefragt, warum man denn die Gegend „Auguensis oder auguensischer Gau“ nennt, so hätten sie sicherlich mit den Achseln gezuckt, denn sie kannten ja nur die ihnen geläufigen Namen Auganagavvi oder Ahagewe von Aha = Wasser. Aber sowohl die germanischen als auch die lateinischen Wortreste beginnen mit den drei Buchstaben „AUG“. Spätere Generationen formten die Varianten dann zu Augau um. Vielleicht mied man auch nach der fränkischen Eroberung die Bezeichnungen Auganagavvi oder Ahagewe, wenn diese älteren und damit also heidnischen Ursprungs und keine fränkischen Erfindungen waren und suchte ganz im Sinne der neuen Machthaber nach christlich/lateinischen Worten um speziell in dieser Region von früheren Ereignissen abzulenken. Die ältesten Urkunden nennen übrigens den Namen Gau Auga oder Augau gar nicht oder nicht mehr und auch die erste kaiserliche Urkunde von 822 in der dem Corveyschen Stift die „Villa Huxori“ zugesprochen wurde, nennt einen Namen Gau Auga oder Augau nicht bzw. man benutzte ihn nicht in der gehobenen Umgangssprache. Alle Urkunden nach der Gründung 822 sprechen nur vom „monasterium situm in saxonia super wiseram“. Erst eine bzw. die hier entscheidende Urkunde aus dem Jahr 838 schreibt „quod construximus in pago auguensi“. Einem Land der Auguer, oder auch der Auguenser. Aber kein Wort von einem Land der Augauer, dann doch schon eher dem Land der Auganer oder Augurer ? Greift man diesen Bezug noch mal auf, weist bei allen Kombinationsmöglichkeiten auch immer ein Fingerzeig zurück in die Antike. Und dieser Fingerzeig bestehend aus den drei ersten Buchstaben „AUG“ gewann durch die noch heute aufrecht stehende Bausubstanz des Ur Atriums in jeder Epoche seiner Existenz eine ihr eigene Beweis- und Überzeugungskraft und verfestigte damit immer wieder neu, die vage Erinnerung an einstmals große aber gescheiterte Pläne. Varus war das enttäuschende Werkzeug des „AUG“, aber letztlich gehörte doch alles dem Kaiser, den die wenigsten je zu Gesicht bekamen, der aber sicherlich immer in aller Munde war. So könnte ich das Kapitel nun an dieser Stelle enden lassen, wenn es da nicht doch noch einen bislang unbeachteten Bezug zu Kaiser Augustus und der Weser gäbe. Dazu müssen wir uns aber tief in den Süden Deutschlands begeben. Aus der Region bei Kaiseraugst nahe Basel am Rhein gelegen, dem römischen Augusta Raurica, dass schon im Jahre 45 - gegründet wurde, entstand der spätere Augstgau. Der Augstgau wurde im Jahre 752 erstmals erwähnt. Aus ihm oder auch parallel dazu entwickelten sich dann irgendwann die germanisch/deutschen Namen Augustgouwe bzw. Ougestgouwe oder Ougesgouue. Daraus können wir dann auch leicht die germanisch/deutsche Schreibweise des Namens von Kaiser Augustus heraus lesen. Das sich hinter Ougest oder Ouges der Name Augustus verbirgt, dürfte unstrittig sein. Aus dem Namen Augstgau wandelte sich dann in Süddeutschland später auch die lateinische Gaubezeichnung “Augu - stinsis” bzw. “finis Augustinsis” ab. Ähnlich der lateinischen Bezeichnung “Augu - ensis” an der Weser mit der ich mich hier näher befasse. Aber ist es denn so abwegig, den Pagus Auguensis an der Weser nicht auch in die Nähe zu Kaiser Augustus und seinen Auguren zu rücken ? Ich denke nicht. Halten wir also fest, dass sich der Name Augstgau oder Augustusgau bzw. Pagus Augustinsis eindeutig auf den Namen des römischen Kaisers Augustus bezieht. Kaiser Augustus war also letztlich namensgebend für diesen Gau, dem die Germanen ihre darauf basierenden eigenen Gaunamen Ougestgouwe oder Ougesgouue gaben. Dies bedeutet aber auch, dass es hier schon einen römischen Namen für eine Region gab, bevor die dortigen germanischen Stämme nach dem Abzug der Kelten aus dem Namen Augstgau die Worte Ougestgouwe oder Ougesgouue bildeten. Wir haben es hier ursprünglich also eindeutig mit einer Bezeichnung aus der römischen Kaiserzeit zu tun. Einfach ausgedrückt, der Augstgau war zuerst da. Daraus schlussfolgernd könnte man auch ableiten, dem Auguenser Gau an der Weser lag auch schon eine römische Urform zugrunde, aus der sich erst später das Wort Augau oder auguensischer Gau etc. heraus bildete. Im übertragenden Sinne kehre ich zum Anfang zurück und stelle die These auf, dass zwar der Augau zuerst da war, sich aber nicht wie allgemein angenommen auf eine Auenlandschaft bezog, sondern sich schon im Vorgriff auf zukünftige urbane Strukturen Augustusgau nannte, dann aber eine andere germanische Namensentwicklung durch machte, woraus später die zuvor genannten germanischen Gaubezeichnungen hervor gingen. Zwischen Höxter und Kaiseraugst beträgt die Luftlinie 490 km. Blicken wir also noch ins 395 km südlich von Höxter gelegene ehemalige römische Garnisonslager Augusta Vindelicorum bzw. Augusta Vindelicum am Limes. Wie Kaiseraugst auch eine augusteische Gründung. Auch die Geburtsstunde von Augsburg schlug in antiken Zeiten und ihr Name abgeleitet von Augustusburg sollte wie man heute weiß von Dauer sein. In nach römischer Zeit griff man auf den schon von der Historie vorgegebenen Namen zurück und benannte die Region, also den Gau nach seinem Gründer Kaiser Augustus. Wann die ortsansässige Bevölkerung vielleicht schon in germanischen Zeiten dazu überging dem Gebiet um Augsburg einen Namen zu geben, der sich aus ihrem Selbstverständnis heraus entwickelte und man nicht erst auf Karl den Großen warten wollte, wissen wir nicht. So nutzte man auch im Falle von Augsburg wie in Kaiseraugst geschehen für die späteren Gaubezeichnungen als Grundstock den kaiserlichen Namen Augustus und “germanisierte” ihn. Aus nahe liegenden Gründen lehnte man daher die Wortschöpfungen Ougesgouue, Ougiskauue, Owesgoewe, Ogesgowe, Ogasgauue und Auguskou dem Kaisernamen an. Vermutlich wie auch in der Region um Höxter geschehen, konstruierte man in fränkischer Zeit aus vorhandenen germanischen Namen, die aber nicht zwingend Auganagavvi oder Ahagewe gelautet haben müssen, die neuen Namen Pagi Augensis oder Auguensis. Es konnte demzufolge an der Weser auch Gau Bezeichnungen für den Augau gegeben haben, die nicht überliefert sind. Im frühen "fränkischen" Mittelalter konnte man in Augsburg den lateinischen Bezeichnungen Pagi Augustensis bzw. Augustkowe auch wieder den klaren Personennamen August entnehmen und verabschiedete sich von den zahlreichen dialektischen Namen von August. Auch germanische Gaubezeichnungen können sich demnach und überall gut auf römischen Wurzeln begründet haben, wenn sich keine andere Bezüge anboten. Die für damalige Zeiten großen Distanzen boten aber auch ausreichenden Raum für andere lateinische Sprachformen und Veränderungen durch ortsansässige Lateiner des 8. oder 9. Jhd. (Zuletzt gelesen 19.12.2017 – 20:53)

... link


Samstag, 21. Oktober 2017
Wo übersommert man an der Weser
Am 3.April 0013 hatte Kaiser Augustus sein Testament gemacht. Bei den vestalischen Jungfrauen bei denen es niedergelegt worden war, kam es nach seinem Tode am 19. August 0014 zum Vorschein. Das Testament wurde somit in seinem 76. Lebensjahr abgefasst bzw. es wurde in diesem Jahr zu Ende verfasst, was aber einen Unterschied macht. Testamente haben in erster Linie die Funktion Nachlass und Nachfolge zu regeln. In seinem Fall sicherlich keine einfache Aufgabe. Er ging aber noch einen Schritt weiter und erstellte noch eine Übersicht seiner Taten nämlich die Res Gestae und damit seinen persönlichen Leistungsnachweis, Rechenschaftsbericht oder sein Lebenswerk für die Nachwelt. Ohne den Anhang bestanden diese aus 35 Kapiteln. Im Kapitel 26 waren ihm u.a. zwei Dinge wichtig gewesen erwähnt zu werden. Zum einen, dass er Germanien bis zur Elbmündung befriedet hatte und das seine Legionen im Jahre 24 - in Arabien bis zur Stadt Mariba vorrückten und im Kapitel 27 ist noch zu lesen, dass er im Jahre 20 – Tigranes III zum König über Armenien ernannte. Es stellt sich aber nun die Frage, wann Kaiser Augustus die Feststellung wagte, er habe Germanien befriedet. Nachdem ihm nach 9 + der Satz  “Quintili Vare, legiones redde”, oder so ähnlich, den wir alle in der Übersetzung kennen über die Lippen kam, wird er es mit der Befriedung sicherlich nicht mehr so optimistisch gesehen haben, denn einen Hinweis darauf vermissen wir in seiner Res Gestae. Da er seinen Wunschtraum Germanien befriedet zu haben im gleichen Kapitel bzw. Zeitrahmen mit älteren Ereignissen der Jahre 24 – und 20 – niederschreiben ließ, wird er es wohl vor dem Untergang der Varuslegionen gemacht haben. Oder er hat es schlicht und einfach weg gelassen, sollte er seinen Tatenbericht nach 9 + zu Ende verfasst haben. Vermutlich tat er es in der Phase nach dem Ende des Immensum Bellum der von von 1 + bis 5 + währte und der Varusschlacht. Denn auch Paterculus berichtet nach dem Immensum Bellum, dass es nun  nichts mehr in Germanien zu erobern gäbe, außer dem Volksstamm der Markomannen. Und in dieser Phase traute man sich nun auch zu, den entscheidenden Kraftakt in Innergermanien angehen zu können und zu vollenden indem man dort und explizit in Ostwestfalen damit beginnen wollte, die steuerlich bzw. ordnungspolitisch nötigen Schritte zur Integration Germaniens ins Staatsgefüge einzuleiten. Man entsendete daher den Verwaltungsfachmann P.C. Varus in den Nordosten um die üblichen Dinge und Formalitäten zu regeln. Er stieg von Schwaney aus die Egge hinab und erreichte Brakel. Während dem werden er und seine Agrimensores, die Feldvermesser jener Zeit bereits die ersten Anweisungen für die Erschließung bzw. den Wegeausbau, sowie die Errichtung von Beobachtungstürmen erteilt haben. Ab Brakel nimmt die Nethe durch den Zufluß der Aa weitere Wassermengen auf wodurch der Fluß zum bestimmenden Faktor und prägenden Element einer sich zur Weser hin öffnenden Landschaft wird. In Brakel kreuzen sich diverse Wegeverbindungen, so auch ein Weg der Brakel über die Bosseborner Höhe und den Ziegenberg auch mit Höxter verbindet. Die Strecke beträgt etwa 20 km und ist entfernungsmäßig in etwa identisch mit dem großen Hellweg der über Brakel, Hembsen und Ottbergen nach Höxter führt. Jedoch vermeidet die zuletzt genannte Wegeführung den Anstieg nach Bosseborn und den Abstieg am Ziegenberg. Diesen beschwerlicheren Streckenverlauf wird man vermieden haben, so daß Varus vermutlich 7 + das Wesertal und die weiten Auenlandschaften erstmals dort erblickte, wo sich hinter Ottbergen langsam das Nethetal zur Weser hin weitet. Zur gleichen Zeit wurden in Anreppen bereits weitere Schiffsladungen gelöscht, umgeladen und transportfertig verzurrt, während die ersten Karren schon wieder entladen ihren Rückweg von der Weser an die Lippe antraten. Vergleichbar mit den Siedlertracks im amerikanischen Mittelwesten vollzogen sich auch diese Vorstöße nach einem ungeschriebenen Schema jeglicher Landnahmen. Die unsichtbare Systematik einer wohl durchdachten Logistik gewann hier die Oberhand. Seine Erkundungs Trupps hatten die Lage im Blick und erkannten schnell das Potenzial und die erforderlichen Strukturen und Geländeformationen für die erforderlichen zivilen und militärischen Ansiedelungen. Sodann nahmen sie sowohl im Weser als auch im Nethetal ihre Arbeit auf. Natürlich stand nun für die Besatzer auch die Frage im Vordergrund was Germanien und seine Bevölkerung zu bieten hatte. Prospektoren und Agrarexperten nahmen ihre Arbeit auf und man schaute sich um, sofern man es nicht schon wusste, was der regionale Handeln zu leisten imstande war. Erze und anderes verwertbare und veredelungsfähige Importgut aus dem inneren Germaniens kamen auf den Prüfstand und letzlich auf die Liste ausbeutungsfähiger Güter. Und Varus wusste, was man von ihm erwartete und er stellte sich dieser Herausforderung wohl nicht ungern, denn auch er persönlich würde davon profitieren. Mit dem Kaiserhaus verwandt und als Mitglied einer der angesehensten Familien Roms kannte er nur zu gut die Strahlkraft die von den prächtigen Herrschaftssitzen der Antike im nahen Osten, seinen vorherigen Wirkungsstätten ausging, und diese Erfahrung wollte er auch in Germanien nutzen und einbringen. Daran wollte er sich messen und gemessen werden. Kriege, Feldherren und Schlachten in Germanien sollten nun der Vergangenheit angehören, dafür war er zudem auch nicht der richtige Mann, jetzt sollte Disziplin einkehren und es ging darum geschickt Einflussnahme auszuüben, Macht auf - und auszubauen sie zu erhalten, Kontakte zu knüpfen und um das Durchsetzen von Rechtsstaatlichkeit wie man es von den Römern her kennt. Aber die nötige Repräsentation und die damit verbundenen Zweckbauten waren von besonderer Bedeutung. Sie sollten die Überlegenheit und Stärke aber auch die Religion und Götterwelt der Südstaatler und deren Allmacht der Bevölkerung an der Weser und darüber hinaus demonstrieren. Dies sollte und durfte bei der Erschließung nicht zu kurz kommen. Er aber war als des Kaisers Vertreter Zentralfigur und Lichtgestalt in einem, stand über allem, übersah aber in seiner Alltagsroutine und Befehlsgewalt hinter den Nebelschwaden des Wesertales das reale Leben der Germanen, die sich im Winter nicht in die angenehmen rheinischen Zivilisationen römischer Welt zurück ziehen konnten. Ihre begrenzte Stammesstruktur kannte andere Machtverhältnisse und diese endeten schon oftmals am nächsten Bachlauf oder Schnadgang, wo der Nachbarstamm oder eine andere Sippe das Sagen hatte. Varus und seine Berater begannen davon unbeeindruckt ihr global ausgerichtetes Werk und suchten sich nun einen strategischen Knotenpunkt für die zukünftige Residenz. Und diese gedachte Varus in seinen Visionen vielleicht schon bis zum Jahre 10 + zu einem stabilen Winterlager ausgebaut zu haben. In den Jahren seiner zeitlich begrenzten Anwesenheit an der Weser zwischen 7 + bis 9 + waren er und sein Gefolge mit dem Aufbau aller nötigen Einrichtungen voll auf beschäftigt. Eine Region war im Umbruch und es galt an Vieles zu denken. Verkehrswesen, Nahrungsmittelversorgung einschließlich der Gründung leistungsfähiger und produktiver Landgüter wie den bekannten Villa Rusticae und natürlich der Bau seiner persönlichen Macht – und Schaltzentrale wurde angegangen. Dabei fiel der Blick der neuen Herren im Lande auf den großen Bogen der dort tief fließenden Weser, wo heute das säkularisierte Kloster Corvey steht, deren innere Flussschleife Schutz nach Osten und Süden bot und die sich etwa 5 km unterhalb der wichtigen Weserfurt bei Godelheim befindet. Nördlich und östlich davon erblickten sie flaches Land und weite Wiesen mit Nutztieren und vor allem mit viel Raum für Kavalleriepferde. Und Varus entschied sich für diese Örtlichkeit. Ab diesem Moment berühre ich nun einen sehr neuralgischen Kernpunkt nicht nur meiner Theorie, sondern einer bereits seit langer Zeit von vielen Experten intensiv diskutierten Überlegung. Nämlich der Frage nach dem möglicherweise römischen Ursprung der Abtei Corvey, die leicht mehrere Kapitel füllen könnte, was sich aber dank des empfehlenswerten Buches „Corvey“ von Heribert Klabes und der Vorarbeit von Wilhelm Rave erübrigt. Die auf 247 Seiten von der "pro Fraktion" ins Feld geführten Argumente sind da recht zahlreich. Denn das heute noch äußerst repräsentativ wirkende aber unverhältnismäßig und scheinbar unerklärlich tief liegende Säulen bestandene Ur – Atrium samt Erker und Wandbemalung et cetera und viele andere Hinweise geben in der Tat eine ganze Reihe von Rätseln auf, die bislang nicht zufriedenstellend entkräftet wurden. Ich schließe mich daher nicht nur aus diesem Grund auch dem Personenkreis an, der dies für möglich hält, so dass meine weiteren Theorien auch darauf basieren. Das religiöse Zentral- und Verwaltungsgebäude der neuen Machthaber in Ostwestfalen sollte und musste auch höchst staatstragende Ansprüche erfüllen. Und dieses imposante und mehr antik/weltlich erscheinende Atrium mit seinen immer noch beeindruckenden Konturen, Außenmaßen seiner Repräsentationskraft und Ausstrahlung stand im starken Gegensatz zum späteren Missionswerk quer durch alle Orden und auch dem benediktinischen Klosterleben. Sollten sich wie von der "contra Fraktion" gemutmaßt wird, hinter dieser monumentalen Fassade und Bausubstanz bereits Ansätze eines karolingischen Herrscher – bzw. Regierungssitzes verbergen, so stellt sich zuerst die Frage, welchem karolingischen Herrscher nach Karl dem Großen, den langwierigen Auseinandersetzungen im fränkischen Königshaus, sowie der folgenden Aufspaltung des fränkischen Reiches im Vertrag von Verdun im 9. Jahrhundert dieser Aufwand hätte gegolten haben können. Die für die mittelalterliche Kunstgeschichte als Unikum bezeichneten Wandmalereien im Kloster Corvey auf Basis der  „Aeneis“ des römischen Dichters Vergil bringen auch heute noch die Museumsführer des Weltkulturerbes regelmäßig zum Rätseln, wenn sie interessierte Personengruppen durch die Anlagen führen und sie Fragen danach beantworten sollen. Denn sie lassen sich nach allgemeiner Übereinstimmung mit einem frühmittelalterlichen Klosterbau und dem dazugehörigen strengem Klosterleben nicht recht in Einklang bringen. Vergil selbst lebte von 70 - bis 19 + und war Zeitgenosse sowohl von Augustus als auch von Varus. Ob die dargestellten griechischen Heldengestalten dieser Aeneis als tugendhafte Vorbilder für die christliche Mission nach 3o Jahren Sachsenkrieg geeignet waren, ist allerdings fraglich. Diese Heroen und deren Taten im weit entfernten Mittelmeerraum den Bewohnern der kalten Germania Magna zu vermitteln, war nahezu abenteuerlich zu nennen. Man stelle sich nur vor, dass sächsische Krieger die dem Blutbad von Verden 40 Jahre zuvor vielleicht knapp entgingen und noch vor nicht all zu langer Zeit sogar unter Todesdrohung gezwungen wurden den christlichen Glauben annehmen zu müssen, betrachten unter klösterlicher Obhut demütig und unterwürfig die bunten Darstellungen eines auf einem Delphin reitenden Jüngling und einer fasst unbekleideten weiblich geformten Meduse. Vorausgesetzt man ließ sie überhaupt bis in diese Räumlichkeiten vordringen. Sie werden sich jedenfalls in diesen für sie immer noch gefährlichen Zeiten nicht gewagt haben, dass in ihrer Sprache auszudrücken, was sie sich dabei gedacht haben mögen. Aber die Mönche sahen es in ihren Gesichtern und mussten handeln, denn dazu passte ihre Botschaft nicht. Man übertünchte sie mehrmals und man könnte aus heutiger Sicht betrachtet zu dem Urteil gelangen, dass dies ein Sinnbild darstellt, für die Zerrissenheit eines christlich eingeengten Weltbildes im Kontrast zur antiken heidnischen Offenheit. Diese Irritation beim Erblicken der Fresken wird es jedoch nur bei den ortsunkundigen Sachsen gegeben haben, während es für die Bevölkerung der Corveyer Nordstadt und der weiteren Umgebung vor der klerikalen Annexion ein alltäglicher Anblick war und sie damit vertraut waren. Sie zu entfernen, zu zerstören oder selbst zu übertünchen kam den Menschen an der Weser vor dem aufgezwungenen Religionswechsels glücklicherweise nicht in den Sinn. Mit dem Einzug der Mönche in Selicasa wird man diese Wandmalereien dann letztlich früher oder später unkenntlich gemacht haben. Theoretisch kann dies nur irgendwann in der langen Zeit des mönchischen Lebens und der klerikalen Nutzung in Corvey seit dem Jahr 823, die Abtei war etwa 1000 Jahre im Besitz der Benediktiner, passiert sein als man erkannte, dass die anstößigen Fresken gestört haben. Man kann natürlich auch die Meinung vertreten, dass die Mönche die Fresken noch lange Zeit sichtbar hielten bis an dieser Stelle Zeitgeist und Geschmack zur Schlichtheit tendierte. Diese Version wird allerdings selbst von heutigen Benediktinermönchen bestritten, die die Fresken grundsätzlich nicht für kompatibel mit den damaligen Glaubensvorstellungen halten. Interessant wäre es daher zu erfahren, ob sich der Zeitpunkt der Erstübertünchung mit wissenschaftlichen Methoden datieren lässt. Kaiser Augustus war ob man es später zu Zeiten Karl des Großen hören wollte oder auch nicht ein Mensch der an die damaligen Götter glaubte, nach christlichen Wertvorstellungen und Maßstäben gemessen, also ein Heide. Für die Verfilmung des Umberto Eco Bestsellers „Der Name der Rose“ hätte man sich vielleicht besser um eine Drehgenehmigung in Corvey statt im Kloster Eberbach bemühen sollen, denn dort hätte man ihn vielleicht etwas authentischer verfilmen können. Für den niederen sächsischen Stand ging jedenfalls mit der fränkischen Machtausdehnung eine sehr lange Phase christlicher Dominanz und auch Unterdrückung einher, die später im Zuge des Stellingaaufstandes nochmal zum Ausbruch kommen sollte. Die „karolingische“ Hypothese der Deutung der "contra Fraktion" klingt daher eher wie ein Versuch Gegenargumente herbei führen zu müssen. Diese Interpretation basiert auf der Annahme, dass sich Karl der Große und seine Nachkommen in ihrer Rolle als Erneuerer des römisches Reichgedankens auch die damit verbundenen künstlerischen Freiheiten aneignen durften. Die Karolinger traten in diesem Fall sogar sehr tief in die Fußstapfen von Kaiser Augustus. Denn Kaiser Augustus stand die Odyssee von Homer in der Darstellung der Aeneis von Virgil bekanntlich so nahe, dass er ein überaus großes persönliches Interesse an deren Veröffentlichung hatte und sich sogar über das Testament des Vergil hinweg setzte. Ob Ludwig, genannt der Fromme, diesen neuen wohl weniger frommen Geist der Renovatio allerdings so konsequent in die Tat umsetzen ließ, indem er anordnete, dass die gewagten Fresken noch zu seinen Lebzeiten aufgetragen wurden, wäre für das 9. Jahrhundert in der Tat aus heutiger Sicht ein klerikaler Spagat gewesen. Das die Karolinger die Zeiten späterer Christenverfolgungen unter den römischen Kaisern derart ausblendeten nur um sich das Erbe von Kaiser Augustus zu sichern, sollte nicht dazu geführt haben, dieses strittige Erbe sogar bis in die frühen karolingischen Klöster zu tragen. Varus kann man alles nachsagen nur nicht, dass er die Absicht hatte, Grundsteine für spätere Klosteranlagen zu legen aber kubische Elemente in der Architektonik umzusetzen entsprach nun mal antiker Bauweise. Trotzdem noch ein kurzer Hinweis auf die umstrittene Schrifttafel am Corveyer Westwerk. Karolingische Minuskeln sind nach neuesten Erkenntnissen um die Mitte des 8. Jhd. im Königskloster Corbie entstanden. Eine Handschrift, die um 765 in Corbie entstanden ist, weist auf erste Versuche hin. Sie zeichnet sich durch Klarheit und Einfachheit des Schriftbildes aus. Von der Hofschule Karls des Großen breitete sich diese neue Schrift dann aus. Sie ersetzt die bis dahin gebräuchliche lateinische Schrift in Majuskel die durch Abrundung der Buchstaben der römischen Capitalis Quadrata entstanden war. Nach ihrer Entstehung in Corbie breiteten sich die karolingischen Minuskeln ab dem 9. Jhd. von den Schreibzentren des Karolingerreiches sehr schnell aus. Corbie, Namensgeber und Ursprungsabtei des Corveyer Klosters an der Weser war demnach der Ursprung der neuen karolingischen Schrift. So wäre es eigentlich zu erwarten gewesen, dass es für die Abtei Corvey geradezu eine Pflicht und Ehre dargestellt hätte, diese neue Schrift auch als erste anzuwenden. Stattdessen griff man beim Bau des Westwerks wieder auf das alte Erscheinungsbild der Capitalis quadrata zurück, die ab der zweiten Hälfte des 1. Jhd. bis zum Ende des 3. Jhd. unter den römischen Kaisern Augustus, Tiberius, bis hin zu Trajan, Hadrian und Marc Aurel ihren Höhepunkt erlebte.  Die Capitalis quadrata blieb bis in das 6. Jhd. in Gebrauch, soll aber in einzelnen Prachthandschriften und als Auszeichnungsschrift sogar bis in das 9. Jahrhundert zu finden sein, aber nicht mehr im 10.Jhd. Und bei einer dieser einzelnen Auszeichnungsschriften soll es sich bekanntlich um die Schrifttafel an der Außenfassade der Abtei Corvey handeln. Ich suche derzeit noch nach weiteren karolingischen Inschriften bei denen man ebenfalls noch die römische Capitalis quadrata verwendete. Obwohl es sich Karl der Große zum Ziel gesetzt hatte ein einheitliches Schriftbild in seinem Reich einzuführen soll diese Leitlinie ausgerechnet in Corvey unterbrochen worden sein. Als man mit dem Bau des Westwerkes in Corvey, 60 Jahre nach dem Tod Karls des Großen im Jahre 873 also noch im besagten 9. Jhd. begonnen hatte, das dann 885 folglich 15 Jahre vor Beginn des 10.Jhd. geweiht wurde, hatten sich die karolingischen Minuskeln im fränkischen Reich durchgesetzt. Aber in diesen Zeiten zerbrach nach dem Vertrag von Ribemont 880 auch langsam das Frankenreich und am Horizont zeichnete sich bereits Deutschland und Frankreich ab. Heinrich der Erste von Ostfrankreich war gerade drei Jahre alt und wer strebte in diesen Zeiten noch ernsthaft nach römischen Vorbildern. Wir wissen heute wie schnell und in welch kurzer Zeit die Römer fähig waren Welten zu erobern. Die Baustruktur der Klosteranlage von Corvey und umliegende Gewanne wie “thom Roden” und viele andere Turmreste, Bodendenkmäler und Wall Strukturen geben dazu interessante Hinweise, die unter Geschichtsforschern intensiv diskutiert werden. Ihnen aber auf den Grund zu gehen, war bislang noch nicht umfassend möglich, gestattet worden oder gewollt gewesen. Die Beweislage insgesamt ist beeindruckend interpretierbar und lässt zu viele Schlüsse in die Richtung zu, als dass Teile der Abtei Corvey nicht nur aus römischer Zeit stammen könnten sondern stammen. Im vorgenannten Buch werden eine Reihe interessanter Hinweise vorgestellt, die nicht erschöpfend genug beantwortet werden konnten. Unsere Akademien, Universitäten und Hochschulen haben sich diesen Schlussfolgerungen bislang leider noch nicht umfassend genug gewidmet oder geöffnet. Eine detaillierte und umfassende Analyse aller Erkenntnisse steht auch demzufolge immer noch aus. Das Ausbleiben einer fundierten Expertise hat viele von der Geschichte begeisterte Laienforscher daher auch irritiert. So wäre es im Sinne aller sehr erstrebenswert, wenn die zusammen getragenen Argumente im Lichte moderner Forschungsmethoden einer neutralen Bewertung unterzogen werden könnten. Das dieses bislang unterblieb hat sicherlich Spekulationen darüber ausgelöst, warum sich kein Expertenteam diesen Herausforderungen mit all seinen Facetten stellen wollte. Es liegen Berichte über eine Vielzahl von Ungereimtheiten vor, denen nach zu gehen sicherlich historisch lohnenswert wäre. Dem verstorbenen Heribert Klabes sei gedankt, sich dieser Thematik ausführlich gewidmet zu haben sowie Andreas Otte, der sich um den Druck der Neuausgabe 2008 verdient gemacht hat. Aus der Vielzahl der teilweise auch heute noch sichtbaren Hinterlassenschaften aus alter Zeit seien nur die folgenden Hinweise herausgegriffen. Von Graf Bernhard einem Nutznießer fränkischer Interessen, der vermutlich selbst Franke war, kaufte Ludwig der Fromme 822 die „Marca Huxori“, um die dort näher bezeichnete „Villa Huxori“ dann am 27.7.823 im Rahmen einer Schenkungsurkunde einschließlich der Waldgebiete dem 822 gegründeten Benediktinerkloster Corvey zu übergeben. Die Geister scheiden sich nun an der Begrifflichkeit Wortfindung und Überlieferung, dass es an der Stelle des heutigen Klosters Corvey anhand der bekannten Urkunden schon vor dem Jahre 822 bereits eine Villa und man beachte, bestehend aus einem Steinhaus mit der Bezeichnung “Selicasa” gegeben hat. Das Gelände wäre demnach also nicht jungfräulich unbebaut oder ungenutzt gleich einer nassen Wiese gewesen, sondern bezeugte für diese frühen Zeiten, was sehr ungewöhnlich ist und ein Novum darstellt, nämlich einen Steinbau an der Weser. Das lateinische Wort Villa haben vermutlich Karolinger verwendet und es bezeichnet im ursprünglichen Sinne ein römisches Landhaus bzw. ein Landgut. Demnach gab es also ein steinernes Landhaus an den Ufern der Visurgis. Doch wer hätte es in vorkarolingischer Zeit errichten sollen. Es den sächsischen Eroberern im 7. Jahrhundert oder gar den davor dort siedelnden Germanenstämmen anzulasten klingt utopisch. Steinbauten zu errichten war im Ostwestfalen des 8. Jahrhundert oder früher nicht opportun. Allein Aufwand und Nutzen standen in keinem Verhältnis zueinander zudem noch mit Säulen ausgestattet. Hier machte nur der traditionelle Fachwerkbau Sinn und war überlebensfähig. Der Wortverbindung „Villa Huxori“ folgend hat man sich in den Jahren nun mit dem möglicherweise noch ursprünglich erhaltenen restlichen Gebäudekomplex näher beschäftigt und stieß dabei auf weitere ungewöhnliche Hinweise die auf eine frühere Erbauungszeit schließen lassen. Aber allein die Worte Huxori und Selicasa klingen da schon rätselhaft genug. In heutigen deutschen Worten mit „X“ erkennen wir alte germanische Wurzeln, sodass das Wort Huxori in die Frühgeschichte weisen könnte. Auch Kelten haben häufig den Buchstaben „X“ benutzt. Aber Selicasa klingt wegen der Zweitsilbe natürlich eher lateinisch. Casa steht wohl unbestritten für Gebäude. Sollte die Vorsilbe „Seli“ einen Bezug zu einem ehemaligen Besitzer herstellen also einen Namen beinhalten und wenn ja, in welchen Sprachraum könnte er uns führen ? Welche Namen beginnen mit Seli und wer vergab den Namen casa ? Doch es gibt noch einen anderen Hinweis, denn römische Bauten wurden unter Zuhilfenahme von Mörtel dem bekannten Opus caementicium hoch gezogen. Diesem Mörtel wurde Kalk beigegeben und wo vorhanden die wichtige Vulkanasche, aber auch das unverzichtbare Ziegelklein gehörte dazu. Vulkanasche noch dazu aus Puteoli dem heutigen Pozzuoli, nördlich von Neapel stand den Römern an der Weser nicht zur Verfügung. Vulkanasche noch dazu aus Puteoli dem heutigen Pozzuoli, nördlich von Neapel stand den Römern an der Weser nicht zur Verfügung. Und sie war wohl aus den ehemals aktiven Vulkanen in Nordhessen auch nicht mehr verarbeitungsfähig zu gewinnen. Was die Römer an der Weser aber zur Genüge vorfanden, war Kalk in Form von Kalktuff, auch Quellkalk, Quelltuff oder Bachtuff genannt. Und diesen Sinter also den Kalktuff lieferte der Boden in Ostwestfalen reichlich. Kalktuff ist Mergel und Mergel ist Silicate und entsteht aus dessen Zersetzung und Silicat ist ein guter Baustoff aus dem sich beachtliche Bauwerke errichten lassen. Und nicht von ungefähr nennt sich die Paderborner Hochfläche ja auch Sintfeld. Der von den Römern entwickelte Zement enthält silicathaltigen Kalk. Sicherlich waren aus diesem stabilen Grundstoff gefertigte Gebäude auch für die Germanen sehr interessant und mancher Cherusker wollte mal dabei sein und sehen, wie es hergestellt wurde. Für die Legionäre war es aber nur ganz einfach Silicat. Und Häuser oder Gebäude die unter Verwendung dieses Silicatmaterials gebaut wurden nannte man damals und auch später in abgewandelter bzw. veränderter Form noch Selicata oder Selicate aus dem sich dann der Ursprungsname Selicasa eben ein „Casa aus Selicat“ entwickelte, einbürgerte oder ableitete. Anders ausgedrückt, ein Halle mit vier Säulen hergestellt mit Calziumsilikat-Mörtel.Danach war es also im übertragenden Sinne kein Casa in Form eines fertigen Gebäudes, sondern im Sinne von Silicat einem Baumaterial mit dem man Gebäude also Casa errichtete. Folglich ein starker Hinweis auf ein in römischer Zeit errichtetes Steingebäude aber östlich des Rheins und westlich der Weser, wo es so etwas nach herkömmlicher Auffassung nicht geben darf. Nach der Entdeckung der Steinfundamente des römischen Forums bei Waldgirmes kann dies natürlich nicht mehr ausgeschlossen werden.An einem Säulenfragment wurde zum Beispiel die Darstellung des so genannten babylonischen Ziegen- bzw Ziegenbockfisches identifiziert, eine Capricornusabbildung wie sie außer dem späteren Sphinx, als Nativitätssymbol für Kaiser Augustus überliefert und bestätigt ist. Auch Material für C 14 Untersuchungen stünde noch zur Verfügung und könnte der wissenschaftlichen Erhellung dienen. Eben dieses Holz, dass aus den interessanten da älteren unteren Bauabschnitten stammt wurde tatsächlich geborgen und der C 14 Methode unterzogen. Das ist schon viele Jahre her und seit dem harrt die interessierte Fachwelt auf die Veröffentlichung dieser Ergebnisse. Auch das ist wieder zum Nährboden von Spekulationen geworden und dann bleibt immer noch die Sorge, dass die Proben möglicherweise mit den deutlich jüngeren Dachbalken der oberen Baustruktur vertauscht wurden. Die vielen anderen Hinweise sind bekannt und wurden bereits sehr ausführlich dargestellt und beschrieben, ohne das sich die gängige Lehrmeinung nach dem Kenntnisstand des Verfassers bisher der Sache annahm und überzeugende Gegenargumente lieferte, wenn es sie denn gäbe. Statt die fällige Aufarbeitung zu betreiben ist den offiziellen Darstellungen der Amtsarchäologie dazu jeweils lediglich folgender Standardhinweis zu entnehmen; „Abweichend vom allgemein akzeptierten Forschungsstand, enthält ungesicherte und unhaltbare Annahmen“. Eine Niederschrift des aktuellen und allgemein akzeptierten Forschungsstandes ist bislang jedoch leider nicht erarbeitet worden und konnte demnach auch nicht publiziert werden. Nichts wäre überzeugender und wünschenswerter als eine schlüssige und fundierte Darstellung studierter Archäologen. Mit der Ernennung der ehemaligen Reichsabtei Corvey zum Weltkulturerbe sind zudem Untersuchungen nicht mehr gestattet die auf der Basis zerstörender Maßnahmen stattfinden müssten. Eine an sich richtige Entscheidung, die aber weitere Forschungen erschwert. Es käme eben dabei auf die richtige Vorgehensweise an. Denn es gibt auch Untersuchungsmöglichkeiten von denen keine Gefahr für die Bausubstanz ausgeht und wer will das schon. Wäre die durch Raubgräber aufgefundene Himmelscheibe von Nebra nie über den Schwarzmarkt als bedeutender Fund in Expertenhand bzw. ins Museum gelangt und hätte nur auf vagen Skizzen oder undeutlichen Fotografien überlebt, so wäre auch aus ihr ein weiteres Phantom gleich einem fliegenden Holländer der Archäologie geworden, dass durch die Zeiten geistern würde und es wäre natürlich von den amtlichen Experten in der Konsequenz auch immer als Hirngespinst abgetan worden. In Corvey oder vielleicht sollte man schon sagen in “Civitas Cheruscorum” ließe sich aber noch vieles wissenschaftlich erschließen, aber man unterließ es bislang. Im Umkehrschluss reicht aber allein schon dieses Wissen aus, um die Diskussion über einen möglichen Ausgangsort der Varus Ereignisse an anderer Stelle als in der uns bekannten nördlicheren Region nahe Osnabrück, begründet in Frage zu stellen, wenn nicht gar zu beenden. Hier die Grundstruktur für einen neuen Reichsmittelpunkt zu erkennen, passt daher auch noch gut in den Rahmen eines historischen Ermessensspielraumes. Im Zuge der Christianisierung bildeten bekanntlich sehr viele unseren Vorfahren, den Heiden zugeschriebene Weihestätten, Quellheiligtümer, Altäre, Gebäude oder Wallanlagen bevorzugte Plätze eine Basis um sie religiös und zeitgemäß umzudeuten. Ebenso wie man es mit den an die jeweilige Jahreszeit gebundenen germanischen Kultfesten wie Ostern etc. praktizierte. So nannte man bekanntlich den Limes in Süddeutschland zu Zeiten des Mittelalters mangels besseres Wissens noch Teufels- oder Heidenmauer. Viele Orte späterer fränkischer Klostergründungen im Lipperland könnten ebenfalls eine Geschichte vor der Christianisierung gehabt haben, auch wenn diese nicht mehr nachweisbar ist. Das alte Kloster Böddeken bei Wewelsburg unweit des Sintfeldes könnte eine derartige Vergangenheit gehabt haben. Die Gegend um Corvey bot sich daher dem frommen Frankenkönig Ludwig gerade zu an, um dort im September 822 nach Hethis ein neues Kloster zu begründen, dass später auch über die Reichsgrenzen hinaus zum Missionszentrum weiter Teile Osteuropas aufstieg. Denn in dieser Region wo religiöse Gegensätze besonders auffällig zusammen stießen, bot sich viel Spielraum um über Alteingessenes neu motivierte Ideen zu stülpen. Im Zuge der Jahrhunderte verwischten sich viele Spuren teils irrtümlich oder wurden bewusst überdeckt die auf vorchristliche Nutzungen und Traditionen hinwiesen. Die späteren Epochen insbesondere zu Zeiten der Hexenverfolgung machten die bis dato noch verbliebenen Relikte dann oftmals unumkehrbar unkenntlich. Aber man hatte damals im Zuge christlichen Tatendrangs und Übereifers die Rechnung ohne den technischen Fortschritt gemacht, der uns heute nur um Beispiele zu nennen über Satellitenaufnahmen also Luftbildarchäologie, Infrarotbilder oder systematische Fundvergleiche und andere Techniken so manches verborgen geglaubte wieder offen legt. Der Fall der sehr engagierten Kirchenmaler von Corvey die 1954 so ganz nebenbei auf die Fresken stießen, ist daher ein schönes Beispiel dafür wie unberechenbar doch Kommissar Zufall die Hand führen kann. Ihnen war es mit zu verdanken, dass man die Geschichtsbücher nicht zu weit weg legen sollte um sie ggf. doch noch mal überarbeiten zu können. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass man in einem Kirchenführer lesen kann, dass diese Wandmalereien in der mittelalterlichen Kunst ein Unikum darstellen und nach der Entdeckung viele Interpreten dieses Unikums einen erstaunlichen Spagat hinlegen mussten, indem sie die Fresken als praktische Vorbilder für fromme Christenmenschen und keusches Klosterleben entlarvten. Ich habe daher auch diese Ausarbeitung wie zu Beginn geschrieben immer für nötige spätere Korrekturen offen gehalten. Varus hatte sich jedenfalls für einen logistisch gut nachvollziehbaren Hauptort eingebettet in eine lang gestreckte ausbaufähige Auen- und waldreiche Gebirgslandschaft an der Weser entschieden der für mich aufgrund der Gesamtstruktur auch keine Überraschung darstellt. (zuletzt bearbeitet 30.11.17 - 23:17)

... link