Freitag, 25. Januar 2019
Wie gut kannten sich Varus und Marbod - Ostwestfalen nach dem Pyrrhusfrieden des Jahres 6 +
Der Römer Varus hatte dem Germanen Marbod etwa 16 Jahre an Reife und Erfahrung voraus, da er um diese Jahre älter war als er. Als Varus etwa 7 + die Statthalterschaft in Germanien antrat war Marbod der 8 - zum Oberhaupt ernannt wurde bereits 15 Jahre König der Markomannen und eine feste Größe in Germanien. Ob sich Varus und Marbod in früheren Jahren in Rom begegneten kann angenommen werden, da es in der Hauptstadt dafür immer genügend Anlässe gegeben haben dürfte. Ihre Wege könnten sich sogar mehrfach gekreuzt haben, zumindest aber kannten sie sich dem Namen nach. Marbod könnte ihn je nach dem wie sie zueinander standen, als er nach Germanien entsandt wurde sogar wie einen alten Freund begrüßt haben oder umgekehrt. Marbod könnte aber auch einer der ersten Germanen gewesen sein, der überhaupt davon erfuhr, dass man Varus die angesehene Statthalterschaft übertrug und das ihm ein Gebiet unterstellt wurde, das recht nahe an seine nordwestliche Einflusssphäre stieß. König Marbod und Statthalter Varus werden in diesen Jahren mit zu den einflussreichsten Führern nördlich der Alpen gezählt haben. Und da Nähe auch immer Rivalität und Neid erzeugt, was wiederum gegenseitiges misstrauisches Belauern auslöst, könnten beide in einem interessanten Verhältnis zueinander gestanden haben. Bis zu dem von mir Pyrrhus Frieden genannten „Waffenstillstandspakt“ im Jahr 6 + zwischen Tiberius und Marbod war die Machtfrage klar geregelt, denn das Imperium gab den Ton an. Als Varus dann aber ein Jahr später nach Ostwestfalen zog, stand sie zur Disposition. Varus entstammte, heute würde man sagen dem auswärtigen Dienst, war ein Mann mit dunkler Vergangenheit und zweifelhaften Verdiensten die er sich vor allem in der Provinz Syria erwarb. Marbod hingegen stand ihm in Sachen Vergangenheit trotz jüngeren Alters kaum nach und beide waren große Gestalten und Persönlichkeiten unserer deutschen Frühgeschichte. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, möchte ich doch noch einmal bekräftigen, dass wir heute weder von der Existenz eines Varus noch der eines Marbod und ihrer beider Lebensverläufe eine Sterbens Silbe erfahren hätten, wenn uns nicht die antiken Historiker von ihnen berichtet hätten. Blickten wir heute ohne dieses Wissen zurück, so täte sich vor uns nur ein weiteres großes schwarzes Loch auf und unsere historischen Forschungsbemühungen wären noch ärmer an Substanz, als sie ohnehin schon sind. Vor dem Hintergrund dieses, unseres tristen Unwissens über die ersten nahezu jungfräulichen Geschehnisse nach der Zeitenwende auf germanischem Boden, erscheint uns das Leben des Germanen Marobodum, wie sich König Marbod in lateinischer Sprache schreibt erstaunlich sprudelnd und turbulent wie kaum eine andere Personenbeschreibung am Anfang unserer Zeitrechnung. In einer Epoche in der sich noch alle germanischen Quellen über viele Jahrhunderte betrachtet in Schweigen hüllen, präsentieren uns die antiken Historiker in Marbod das Bild eines Mannes, der uns auch viel über seine germanische Seele und Denkweise verrät. In einer Zeit in der wir unsere Vorfahren nur durch die dicke Brille verschwobener Mythen und belastet von unbeweisbaren und unbeglaubigten Legenden kennen lernen, sehen wir uns in Marbod erstmals einem Germanen gegenüber, den wir plastisch betrachtet schon fasst mit unseren Händen greifen können. Ausgenommen des Arminius und wenigen anderen erfahren wir, dass unsere Altvorderen der ersten Jahrzehnte nach dem Jahre Null auch intelligente Taktiker und Strategen aus Fleisch und Blut sein konnten. Und es waren keine Walhalla besessenen, heroisierenden und Keulen schwingenden Phantasten, die nur auf die nächste Walküre warteten, die vorbei flog um mit ihr allem Irdischen entweichen zu können. Diese Fiktion passt daher auch ganz und gar nicht zu dem, was uns später im hohen Mittelalter des 13. Jahrhunderts in der Edda über unsere Altvorderen an Heroischem hinterlassen wurde. Es waren definitiv Menschen die einem zivilisatorisch höher stehenden Imperium auch damals schon gefährlich werden konnten und es auch wurden. Wer sich anhand der antiken Überlieferungen ein Bild von Marbod macht ist überrascht von den bizarren Wendungen die seine Vita nahm. Er personifiziert geradezu einen germanisch römischen Karriereverlauf höher gestellter Personen aus der damaligen Oberschicht, sowie deren Leben mitsamt der darin enthaltenen Brüche. Ein Schicksal wie es für die damaligen Zeiten aber möglicherweise gar nicht so untypisch war. Sein stürmisches Leben ließe sich  in einem einzigen Hollywood Streifen nicht verfilmen. Aber bei allem bescherte ihm das Schicksal doch noch ein recht langes Leben. Einem Himmelszeichen kommt es uns daher vor, dass er im gleichen Jahr verstarb, wie sein großer Widersacher Tiberius, nämlich erst im Jahre 37 +. Noch von Tiberius selbst wurde er 8 - zur bitteren Kapitulation gezwungen woraufhin der Stamm nach Osten abwanderte, im Jahre 6 + entging er seiner Vernichtung nur mit Glück, blieb aber durch die vertrackte Lage nach dem Friedensschluss für Germanien und auch das Imperium weiterhin unberechenbar. Erst 17 + zeigte ihm eine Allianz verschiedener Germanenstämme seine Grenzen auf und brachte ihn an den Rand einer Niederlage, wovon er sich nicht mehr erholte und von wo an er an Bedeutung verlor. Ob Rom dabei seine Finger im Spiel hatte ist unbekannt. Seine verschlungene aber diplomatische Gabe dem Imperium gegenüber wechselnd zwischen Loyalität und Unterwürfigkeit bei gleichzeitiger Risikobereitschaft und riskantem Taktieren war erfolgreich. So erkaufte oder erschlich er sich letztlich doch noch einen besinnlichen Altersruhesitz in Ravenna. Aber im Jahre 6 + im Alter von damals 36 Jahren wurde er  für das Imperium zu einer ernst zunehmenden Gefahr, der man nicht mehr untätig zuschauen wollte. Er übertrieb es, gewährte den Feinden Roms Asyl und unterstützte außerdem noch die Widersacher des Imperium unter den elbgermanischen Stämmen. Wann Tiberius genau die Entscheidung traf, ihn anzugreifen weiß man nicht. Es könnte in die Zeit gefallen sein, als er erkannte, dass die Ziele des „Immensum bellum“ erreicht waren, also irgendwann im Jahr 5 +. Paterculus machte dazu den passenden "Wink mit dem Zaunpfahl", als er notierte, dass es jetzt nur noch die unbesiegten Markomannen geben würde. Sein Hinweis ist da recht aufschlussreich und lässt das Kommende erahnen. Zudem bestand in den rheinischen Legionslagern die latente Gefahr einer strukturellen Disziplinlosigkeit, wenn römischen Legionen eine zu lange Untätigkeit und ein tristes Lagerleben drohten. Tiberius wusste es zu vermeiden. Da der „Immensum bellum“ der sich durch die norddeutsche Tiefebene und die Mittelgebirge erstreckte kein Selbstzweck war und den militärisch territorialen Interessen diente, ging man danach den gebotenen nächsten Schritt an und beschloss in etwa zur gleichen Zeit auch die Gründung einer neuen Provinz in Ostwestfalen ins Auge zu fassen.  Beide Planungen entsprachen bekannter römischer Machtpolitik und liefen nach einem Prinzip des Automatismus hintereinander bzw. parallel zueinander ab. So fiel zum einen die Wahl des Kaisers auf den bewährten Varus aus gutem Hause und zum anderen traf Tiberius seine ersten Vorbereitungen zum entscheidenden Schlag gegen Marbod. Der Versuch beide Abläufe minutiös bzw. chronologisch gegeneinander zu stellen wäre eine interessante Herausforderung.  Man könnte, ja man muss vielleicht auch annehmen dürfen, dass sich damals Varus und Tiberius irgendwo in Germanien getroffen haben könnten und da Tiberius spätestens im Frühjahr 6 + schon bei Carnuntum stand, könnten sich auf seinem Ritt von Westfalen an die Donau ihre Wege an einem Schnittpunkt "X" gekreuzt haben. Varus ritt als gerade erst ernannter Statthalter in den Norden und Tiberius der für ihn in Ostwestfalen kurz zuvor das "Grobe" erledigt hatte, war unterwegs in den Südosten. Es könnte zwischen Varus und Tiberius auf einen Kuhhandel hinaus gelaufen sein. Denn Varus brauchte Männer für seine Ostexpansion und Tiberius brauchte Männer gegen Marbod. Aber Tiberius stellte die Bedingungen auf, da sie Priorität hatten, weil sie militärischer Notwendigkeit entsprangen und zudem seine Planungen schon früher einsetzten.  Da Tiberius schon im Frühjahr 6 + gegen Marbod aufbrach, musste er also bereits im Jahre 5 + fest gelegt haben, welche Legionen er aus Mainz und welche er aus dem Norden dazu abziehen musste. Nach Carnuntum südlich von Wien, wo er die Südarmee übernahm hatte er sich demzufolge schon unmittelbar nach oder sogar schon während des „Immensum bellum“ auf gemacht. Wie uns sein "Drususritt" in jüngeren Jahren zeigte, war er im schnellen Überwinden großer Distanzen vielleicht noch geübt. So eng könnten die Ereignisse zu einander verlaufen sein, dass Varus als er sich aus Rom kommend über Mainz in eines der Standlager am Niederrhein begab, sogar noch den Ausmarsch der zwei oder drei Legionen aus der Mainzer Garnison in Richtung Marbod mit beobachtet haben könnte. Saturninus und Varus waren sich nicht fremd, sie kannten sich da sich ihre Lebenswege schon 12 Jahre zuvor kreuzten. Sie überschnitten sich, als Varus in den Jahren 7 – oder 6 – seinen Dienst in der Provinz Syria antrat. Denn dort übte vor ihm Gaius Sentius Saturninus nun Oberbefehlshaber am Rhein die Funktion des Statthalters aus. Varus löste ihn folglich Syria ab, wodurch Saturninus für andere Aufgaben frei wurde. So könnten sich, wie ich spekuliere im Jahre 6 + als man sich in Mainz traf zwei alte Bekannte wieder getroffen haben. Man kannte sich also und je nach dem wie man sich verstand, war es möglicherweise ein beiderseits gewünschtes Aufeinandertreffen. Vor allem durch die politische Lage bestand für dieses Treffen eine besondere Notwendigkeit. Denn insbesondere im Jahre 6 + war es unvermeidbar, dass man sich vorher noch mal über die Truppenstärke einigte und die Details abzustimmen hatte. Varus wird darauf gedrungen haben, dass die niederrheinischen Legionen nach dem Ende der Kämpfe mit den Markomannen zügig zu ihm zurück beordert werden sollten, da er sie für seine Ostwestfalen Mission benötigte. Er konnte nicht ahnen, dass er wegen des Pannonien Aufstandes noch länger auf sie warten musste als ihm recht war. Denn wie ich vermute bis zum Jahre 9 + und selbst dann konnte er sich nur mit dem begnügen was ihm der Krieg an Männern übrig ließ. Und natürlich war auch Tiberius in Mainz dabei, denn er stand ihnen beiden vor und hatte die Befehlsgewalt für den Markomannen Feldzug. Tiberius übernahm die Legionen in Carnuntum, wo sie bereits der dortige Befehlshaber Marcus Valerius Messalla Messallinus gesammelt und aufgestellt hatte, so wie es auch Saturninus in Mainz tat. Ich möchte nicht ausschließen, dass Tiberius aufgrund der Distanz den Legionen aus Carnuntum auch nur entgegen ritt. Denn er auch er hätte dann aus dem „Immensum bellum“ kommend nicht unbedingt noch bis ins weite Carnuntum reiten brauchen. Denn in meiner überschäumenden Phantasie sah ich Varus ja die Jahreswende 6 + / 7 + schon in Vetera begehen. Etwa im April oder Mai 6 + könnte der römische Spuk gegen Marbod zu Ende gewesen sein. Varus wird kurz darauf erfahren haben, dass gegen alle Planungen und Ziele Marbod ein freier Mann war und bis auf Weiteres auch bleiben würde. Sein Prestigegewinn dürfte enorm gewesen sein und er erfreute sich bester Gesundheit. Hinzu kam, dass keiner seiner Mitstreiter dem Kampf gegen das Imperium zum Opfer fiel, weil es keinen Kampf gab. Marbod also noch über seine komplette Schlagkraft verfügte. Die Wege von Varus und Tiberius lassen sich sicherlich nicht in Analog zu einander setzen, aber es dürfte unstrittig sein, dass die abrupte Kehrtwende von Tiberius mitten im Markomannen Feldzug auch Auswirkungen auf die Ostkolonisation des Varus gehabt hatte. Welche Schlüsse sollte und musste nun Varus aus dem zwischen Tiberius und Marbod geschlossenen plötzlichen Friedensvertrag ziehen und kannte er überhaupt den genauen Inhalt dieser Vereinbarung bzw. wollte Tiberius, dass alle Welt einschließlich Varus die Details erfuhr. Eher nicht, denn derartiges geschieht in der Regel im Verborgenen bzw. im Vieraugengespräch, denn Zettel schob man sich damals noch nicht unterm Tisch zu. Wie nicht anders zu erwarten, wurde der „heldenhafte“ Pyrrhusfrieden von römischer Seite wie ein kampfloser Sieg über Marbod dargestellt. Aber die Fakten sprechen für Marbod`s Glaubwürdigkeit. Und der Faktor Glaubwürdigkeit ist auch immer grundsätzlich ein stiller Helfer bei der Analyse historischer Begebenheiten. Unter diesem Licht betrachtet muss daher auch all seinen anderen Aussagen eine hohe Bedeutung beigemessen werden. Man kann Angesichts römischer Erfolgsverliebtheit auch andere „Siege“ wie später die des Germanicus aus ähnlicher Sicht bewerten. Tiberius wird über seinen Nachrichtendienst das Ergebnis der Unterhandlungen mit Marbod an Varus weiter gegeben haben und Varus musste sich ungeachtet des genauen Kenntnisstandes darauf verlassen und sich dem Ergebnis stellen. Es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Varus war seit der Botschaft von Tiberius klar, das der Osten also auch weiterhin von einem starken Germanenkönig beherrscht wurde. Varus wird sich beraten haben, denn sein Plan bestand schließlich darin, sich nun in den Randbereich des Marbod`schen Einflussgebietes zu begeben. Dies kann im Frühsommer 6 + die Pläne von Varus stark mit beeinflusst haben. In dieser Phase unmittelbar nach dem Friedensvertrag ist auch noch eine direkte Kontaktaufnahme zwischen Varus und Marbod denkbar, da sie sich wie ich annehme, persönlich gekannt hatten. Aber Marbod, der nun auf der Höhe seiner Macht angekommen war und mit einem großen Feldherrn und ehemaligen Widersacher wie Tiberius auf Augenhöhe verhandeln konnte, dem lag vielleicht gar nichts daran ein Vasallen Gespräch mit einem in diesem Fall untergeordneten und vielleicht sogar Befehls abhängigen Statthalter wie Varus zu führen. Für Marbod, zumindest ist es ihm zuzutrauen, war daher Tiberius der ebenbürtige und einzig respektable Verhandlungspartner und keine lokale römische Größe wie etwa ein Varus. Vom fiktiven Hauptort des Marbod mit Namen Maroboduum bzw. Marobudum bis Corvey an der Weser, dem nicht nur von mir favorisierten römischen Sommerlagerstandort hatte ich eine Luftlinie von etwa 280 Kilometern gezogen. Und auch von Marobudum bis zu den Mainquellen an denen das Reich von Marbod von Westen aus betrachtet schon fasst begann, waren es auch für die damalige Zeiten keine unüberbrückbaren Distanzen. War es denn undenkbar, dass ein nun entfesselter und vor Kraft strotzender Marbod es nicht sogar wagen würde, dem Imperium in den Rücken zu fallen, in dem er die nur noch mäßig widerstandsfähigen Weserlegionen überrennen könnte. Viele germanische Stämme der Region wüsste er nach der neuen geomilitärischen Lage sicherlich auf seiner Seite. Marbod hätte aber auch Druck auf die Germanen beiderseits der Weser ausüben können, sich nun selbst und ohne ihn gegen die Schaffung einer neuen römischen Provinz zur Wehr setzen zu können. Spätestens hier stellt sich natürlich auch die Frage, ob Marbod im Vorfeld über die Pläne, dass man gegen Varus zu Felde ziehen wollte informiert bzw. vielleicht sogar teilweise eingebunden war. Wenn die antiken Chronisten von den vielfachen aber vergeblichen Bemühungen von Segestes wussten Varus zu warnen, dann wusste auch Marbod davon. Und wenn ja, ab wann kannte er die Pläne von Segimer und Arminius. Auch Marbod war in einer schwierigen Lage, denn für welche Seite hätte er dann die Partei ergreifen sollen oder können und wie schätzte er den Ausgang der Schlacht ein. Die von ihm später bekannt gewordene Beurteilung spricht dafür, dass er zwar etwas missgünstig gestimmt vom germanischen Sieg überrascht war, ihn der Sieg aber wiederum auch nicht sonderlich erstaunte, da die Varus Legionen aus seiner Sicht nicht vollzählig angetreten waren. Was aber trieb vor diesem Hintergrund Segestes an Varus warnen zu wollen. Auch dafür ließen sich eine Reihe von Szenarien entwerfen. Sie reichen von möglicher Komplizenschaft mit Marbod als auch von der Sorge getragen zu sein, Marbod könnte die Macht an der Weser anstreben, wenn Varus gefallen war. Marbod hatte einige Fäden in der Hand und er hätte in vielerlei Hinsicht die unterschiedlichsten Machtkarten in einer explosiven Region ausspielen können, in der die Germanen geschwächt waren und aus der die Römer Truppen abziehen mussten, also ebenfalls nicht riskant agieren durften. Marbod für eine größere germanische Allianz in dieser Zeit zu gewinnen schien ebenfalls greifbar zu sein, aber Marbod bewegte sich genau so wenig vor der Varusschlacht auf ein Großgermanien zu, wie er es später nach der Varusschlacht auf Bitten von Arminius tat. Er verharrte und blieb bis zuletzt passiv. Aber wer konnte das vorher ahnen. Als ein umsichtiger Feldherr musste Varus jedoch alle möglichen Entwicklungen in Betracht ziehen die ihm von einem machthungrigen Marbod hätten drohen können. Sowohl Varus als auch Marbod werden sich belauscht haben und sich mit verschiedenen Delegationen oder Oberhäuptern anderer Germanenstämme getroffen haben um deren Einschätzung zu erfahren und um rechtzeitig erkennen zu können, wo sich Verbündete gewinnen ließen und wo man einen Komplott schmieden konnte. Und es werden Kundschafter ausgesendet worden sein, um mögliche Truppenkonzentrationen rechtzeitig erkennen zu können. Allesamt Maßnahmen die unsere Altvorderen aus dem Effeff beherrschten. Die Stimmung könnte aufgeheizt gewesen sein. Es war daher wichtig die Meinung anderer Stammesführer zu kennen die sich neutral verhielten, nicht negativ vom „Immensum bellum“ betroffen waren und sich eine gewisse Sonderstellung und Selbstständigkeit im Gefüge der neuen Kräfteverhältnisse erhalten konnten oder auch nur unschlüssig waren. Schließlich sahen sich Varus und Marbod unversehens in einer Konfrontationssituation bzw. in einer neuen Position wieder. Der eine, der gerade dabei war in eine neue römische Grenzmark aufzubrechen und ein nun unberechenbar gewordener Marbod der noch dazu die Zügel in der Hand zu halten schien bzw. die besseren Karten hatte. Die geographische Lage des Harz kanalisiert den Großraum in Mitteldeutschland man konnte ihn nur nördlich oder südlich umgehen und seine geographische Formgebung ließ Varus nun skeptischer in den südöstlichen Korridor bis ins Thüringer Becken blicken. Auch die unlängst vor Tiberius über die Elbe geflüchteten Langobarden wussten, dass sich ein Varus in ihre Richtung begeben würde und ihnen flossen auch die für die damalige Welt aktuellen Nachrichten aus dem Markomannenreich zu. Betrachten wir also den ganzen Raum nicht wie eine nachrichtliche Einöde, wobei ich mir hier einen Querverweis besser gesagt Seitenhieb auf unsere heutige Kommunikationslandschaft Stichwort „Funkloch“ eigentlich ersparen wollte. Die Fürsten und Sippenältesten damaliger Zeit waren sicherlich, wenn auch zeitversetzt über die politische Großwetterlage besser informiert und vernetzter als man es heutzutage annehmen könnte. Varus wurde aber durch den Vertrag mit den Cheruskern wie es so schön überliefert ist, "an die Weser gelockt" und hatte auch die Aufgabe so weit es ging diese Cherusker mit in die römische Interessenslage einzubinden. Dieser mögliche Aspekt einer plötzlich gewachsenen schicksalhaften Verbundenheit zwischen Varus und den Cheruskern gegen Marbod nach dem markomannisch römischen Zwangsfrieden könnte an Bedeutung gewonnen haben. Und sowohl Römer als auch Cherusker könnten durch die neue Entwicklung nun in Marbod auch einen gemeinsamen Feind gesehen haben. In Marbod einen Feind römischer Interessen zu sehen, sah aber möglicherweise allein nur Varus selbst und weniger die Segimer - Cherusker, die in den Markomannen vielleicht nun sogar einen potenziellen Verbündeten sehen wollten. Die Auswirkung dieses Varus`schen Wunschdenkens in den Jahren 7 + bis 9 + könnte seine spätere Blindheit erklären, als er sich zu Gutgläubig den Händen der Segimer Cherusker auslieferte. Ebenso zerschlug sich bekanntlich später auch das germanische Wunschdenken nach der Varusschlacht mit Marbod zusammen zu arbeiten. Die Markomannen unter Marbod wähnten sich in der Zeit als Feldherr Tiberius mit seinen Legionen  weit im Süden in Pannonien stand, wie die heimlichen Herrscher über ganz Germanien. So gesehen war auch das Augenmerk eines Varus vielleicht gar nicht so sehr auf die innergermanisch ostwestfälischen Konflikte gerichtet und er blendete sie aus, als dass er vielmehr dadurch abgelenkt war, was sich nun an seiner Südostgrenze zutragen könnte. Er sah möglicherweise den Wald vor lauter Bäumen nicht, denn die Gefahr für ihn ging wie sich dann zeigen sollte weniger von Marbod aus, als vom Feind im eigenen Haus. Wie wir wissen korrespondierten auch die Einflussgebiete der Markomannen, der Cherusker und der Langobarden stark miteinander und hatten wenn auch nicht unmittelbare gemeinsame Grenzen, so doch über abhängige Kleinstämme Einflussgebiete in denen die Machtverhältnisse ungeklärt waren. Varus befürchtete in den Jahren 7 + bis 9 + vielleicht also eher einen Angriff aus dem Osten, als das er Augen für eine innergermanische Revolte im Nethegau gehabt hätte. Dieses Szenario hatte er vermutlich vernachlässigt und ihm räumte er nicht den nötigen Stellenwert ein. Es wird häufig der historische Fehler begangen in Krisenlagen die Großräume nicht richtig zu bewerten, besonders wenn dahinter oftmals große Distanzen stehen. Wenn wir die Umstände um die Varusschlacht also kompakter betrachten und das sollte man, erkennen wir nun auch, dass die geopolitische Lage nicht an Rhein, Main oder Weser endete, sondern auch Elbe und Donau und weitere Territorien umfasste, beeinflusste und berührte. Etwa so wie Richard Sorge den Ausgang des II. Weltkrieges tausende Kilometer weiter westlich vom tiefen fernen Osten aus stark mit beeinflusst hatte. Ich vertrat die Auffassung, als dass Varus als Gesandter, Bote und der große Friedensstifter des Imperiums zielgerichtet eine Region an der Weser als Etappe zur Elbe ansteuern sollte, und sich dort für ein neues Mittelzentrum in Form einer dauerhaften römischen Civitas zu entscheiden bzw. diese aufzubauen hatte. Ich ließ mich von der Annahme leiten, dass Varus aus diesem Grunde bereits im Laufe des Jahres 6 + also vor seinem Aufbruch im Frühjahr 7 + Kommandos ausgesandt hatte, die die Örtlichkeit auf „Sommerlager - Tauglichkeit“ zu inspizieren hatten. Möglicherweise hatte nun auch das neue Bedrohungsszenarium aus Marobudum unter dem Decknamen „Der unsichere Kantonist“ diese Standortwahl mehr mit beeinflusst als bislang angenommen. Hätte man nach einem wie allgemein erwarteten schnellen Sieg über Marbod die neue Civitas in bevorzugter Weise vielleicht nördlicher ansiedeln und ausrichten wollen, so musste man nun den neuen geopolitischen Veränderungen Rechnung tragen und sie weiter in den Süden, nämlich den Bereich um Höxter und Corvey legen, um die Entfernung zum Rhein zu reduzieren, die Versorgungswege zu verkürzen und um den Raum abzuschneiden. Auch die Mainzer Legionen hätten in einem Krisenfall durch die Wetterau ein Sommerlager im Raum Höxter früher erreichen können, als ein nördlicher gelegenes Sommerlager. Nun also sollen die Mainzer Legionen nach dem Aufmarschplan gegen Marbod im Frühjahr 6 + den Main aufwärts marschiert sein was bedeutet, dass sie sich möglicherweise in die Region Kulmbach oder im südlichen Bereich um Forchheim in einen Sammlungsraum zu begeben hatten. Tiberius zog mit der Südarmee durch das March- und Thayatal in die Region auf Eger/Pilsen zu, wo man den Stammsitz Marobudum vermutet. Von dort bis Höxter durch das Thüringer Becken sind es bei Südumgehung des Harzes lediglich 280 km Luftlinie, während es bis Hameln schon 3o8 km sind. Wenn Marbod in Eger stand, durfte sich Varus also sein Sommerlager nicht zu weit im Norden gesucht haben, denn ein von Marbod schnell vorgestoßener Angriff durch Nordhessen hätte Varus schnell abschneiden und in Bedrängnis bringen können. Die neue militärische Lage musste dem Rechnung tragen, sodass ältere Betrachtungen hinsichtlich der Standortwahl eines römischen Sommerlagers bzw. einer späteren Civitas zu kurz griffen. Die neue Lage gibt der Diskussion um ein Varusschlachtfeld im Nethegau auch vor diesem Hintergrund betrachtet neue Nahrung, denn der Aktionsraum musste demnach nach Süden verschoben werden. Aber im Zuge der Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten durch ein Berliner Expertenteam liegt uns zu Maroboudon, dem lateinischen Marobudum noch eine weitere Verortungstheorie vor, wonach man die oberpfälzische Stadt Amberg als Hauptort des Marbod favorisiert. Amberg liegt in südwestlicher Richtung etwa 93 Kilometer entfernt vom Städteschwerpunkt Marienbad/Eger/Pilsen auf der westlichen Seite des Bayrischen - bzw. des Böhmerwaldes. Sollte Amberg Zielpunkt und Stoßrichtung der tiberanischen Legionen gewesen sein, würde diese Überlegung zwangsweise in ein neues Kapitel münden und eine weitere umfangreiche Kette theoretischer Überlegungen auslösen. Welche Feinde Roms aus den elbgermanischen und anderen Regionen die bei Marbod Asyl fanden hätten sich soweit Schutz suchend in den Süden begeben, sich also in diesem Sinne sogar dem Imperium genähert, als sich von ihm zu entfernen. Wenn denn Maroboudon bzw. Marobudum auch das geographische Zentrum des Markomannenreiches gewesen wäre. Hätte sich denn Marbod für eine Region samt Hauptort dort entschieden, bei der der Schutz bildende und abschirmende Böhmerwald in seinem Rücken gelegen hätte. Und wie weit wären ihm die Cherusker, Semnonen und Langobarden  entgegen gezogen um ihn später besiegen zu können. Allerdings hätte ein Markomannenreich mit einem Zentrum westlich des Böhmerwaldes und 50 Kilometer nördlich von Regensburg gelegen in der Tat auch eine größere Bedrohung für das Imperium bedeutet und auch den Abstand zum Rhein verringert. Aber wir kennen die Zentren und die anderen Siedlungskammern des Markomannenreiches nicht und auch nicht ihre östliche oder nördliche Ausdehnung und wir wissen auch nicht, ob der überlieferte Platz Maroboudon im Mittelpunkt des Reiches lag, oder ob der einzige König den ein Germanenreich um diese Zeiten hervor brachte der sich zudem mit dem Imperium auf Augenhöhe sah sich nicht einen Hauptort mit bewusster Tuchfühlung zum Imperium wünschte und schaffen wollte. Ein symbolisches Zentrum mit dem auch er strategische Akzente setzen und Ansprüche geltend machen wollte, während sein Kernvolk östlich des Böhmerwaldes oder nördlich des Erzgebirges siedelte. Amberg mit Maroboudon gleich zu setzen mag zutreffen, aber ungeachtet dessen könnte die Streitmacht von Marbod, die es anzugreifen galt auch strategisch abgewandt in Nordwest Böhmen gestanden haben. Boiohaemum wie es Paterculus nannte, also das Land der keltischen Bojer links als auch rechtsseitig des Böhmerwaldes zu verorten ist aufgrund der stark trennenden Wirkung dieses ausgedehnten Höhenzuges schwer vorstellbar. Denn besonders markante bewaldete Erhebungen hatten wie breite Flüsse und sogar manchmal auch Bäche immer Grenzen ziehende Bedeutung was Völker untereinander entfremdet hat und voneinander abgrenzte. Meine grundsätzliche Hypothese und die damit verbundenen Bedenken, dass für Varus die räumliche Nähe zu Marbod bedrohlich werden könnte, sehe ich dadurch nicht als erschüttert an. Wir wissen um die brisante oder besser gesagt undefinierbare politische Nähe, mit der sich Cherusker und Markomannen gegenüber standen. Das zwiespältige Verhältnisse zwischen den Wesergermanen und den Markomannen wird durch nichts deutlicher, als durch die Geste des Arminius, der mit dem halbverkohlten Kopf des Varus versucht haben soll Marbod für ein Bündnis zu gewinnen, was von diesem aber ausgeschlagen wurde. Statt Marbod damit zu ködern fand der Kopf bekanntlich später seinen Weg zu Kaiser Augustus nach Rom, wo er letztlich in der Familiengruft der Quintilier beigesetzt wurde. Dem glaubwürdigen Marbod verdanken wir auch die Relativierung des Sieges der Cherusker in der Varusschlacht. Denn anders als die Schriftsteller der unterlegenen Römerpartei, die den Sieg über Gebühr hochstilisieren mussten, um damit die vielen strategischen Fehler zu überdecken, hatte Marbod der zweite Machtfaktor in Germanien kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Wohl weniger, dass er den Cheruskern den Sieg vielleicht nicht gönnte, so wollte er aber doch klar stellen, dass es nicht einzig das Verdienst der Arminius Koalition war, dem der Sieg zu verdanken war, sondern das Rom eine gehörige Portion Mitschuld daran trug. Denn Marbod schob die Niederlage nicht nur Varus allein in die Schuhe, sondern gab auch eine andere weitergehende und sehr plausible Erklärung ab. Eine Erklärung die dem Imperium sicherlich nicht schmeckte, weil sie den Finger in die Wunde legte, eine Wunde die nach falscher römischer Strategie roch. Das Ausschlagen des Varuskopfes als auch die kritische Äußerung zum germanischen Schlachten Erfolg zeigt, das Marbod an der Mittelweser weitaus präsenter war, als gemein hin angenommen wird. Eine bislang unter gewichtete Betrachtung. Auch dem Lagerstandort Hedemünden ließe sich aufgrund seiner starken östlichen Positionierung eine Bedeutung im Hinblick auf die Nähe zu den Markomannen beimessen und Varus könnte das Lager als Außenposten bzw. erstes Bollwerk gedient haben. Denn von Eger bis Hedemünden waren es auch nur 241 km Luftlinie. Ob auch Hachelbich von wo aus es bis Eger sogar nur 168 Kilometer sind auch vor diesem Hintergrund zu bewerten ist, könnten weitere Grabungen und Funde zeigen. Bei nördlicher Umgehung des schwer passierbaren hessischen Berglandes könnten die römische Legionen der niederrheinischen Nordarmee über das besser ausgebaute Straßennetz über Anreppen bis etwa Bodenwerder das Markomannenreich im Frühjahr 6 + vom Niederrhein aus auch über Hachelbich ebenfalls gut erreicht haben. Es kann daher auch nicht ausgeschlossen werden, dass die tiberianische Nordarmee also die Niederrhein Legionen statt über die Wetterau auch über Hachelbich gezogen sein könnten. Dann wäre Hachelbich zum Marschlager jener Legionen geworden, die Tiberius aus dem Varuskontingent heraus gezogen hatte. Da Hachelbich für maximal zwei Legionen ausgelegt war, könnte man daraus im Umkehrschluss ableiten, dass Tiberius aus Xanten zwei Legionen gegen Marbod abzog. Aber an dieser Stelle sei auch noch mal an die Überlieferungen von Paterculus erinnert. Denn Saturninus soll „seine Legionen“ „ut per Chattos“ nach Marobudum geführt haben. Da ich es für wahrscheinlich halte, dass man die niederrheinischen Legionen über Hachelbich ziehen ließ bedeutet aber gleichzeitig auch, dass sie in diesem Fall chattisches Stammesgebiet tangieren mussten. Es stehen sich demnach diverse Theorien gegenüber was wir darunter zu verstehen haben könnten, wenn Paterculus schreibt „ut per Chattos“ bezogen auf einen Saturninus der in Mainz aufbrach aber die chattischen Stammlande gar nicht passieren brauchte. Die Chatten sollen oder könnten um diese Zeit zwischen der Wetterau und dem Weserknie bei Bad Karlshafen gesiedelt haben. Ein Siedlungsgebiet der Chatten längst bzw. südlich angrenzend zur Diemel würde sich auch mit meiner Theorie vertragen, die ich im Hinblick auf die Berührungsgebiete der vier beteiligten germanischen Stämme im Zusammenhang mit der Varusschlacht definiert hatte. Anders ausgedrückt, die Nordarmee querte in der Tat Chattenland, aber nicht im südlichen Raum Wetterau, sondern nördlich an der Mittelweser. Und damit hatte auch Paterculus wieder Recht, wenn er schreibt „Sentio Saturnino mandatum ut per chattos excisis continentibus Hercyniae Silvis legiones Boiohaemum“. Saturninius musste folglich die Nordarmee persönlich nicht angeführt haben, war aber trotzdem ihr späterer Befehlshaber, wenn es in den Krieg gegen die Markomannen ging und auch Chattengebiet wurde ebenfalls frequentiert. Tiberius hätte demnach Marbod von drei Seiten aus angegriffen und es wäre zu keinem Zusammenschluss der Xantener mit den Mainzer Legionen gekommen. Segestes der sich auf die römische Seite stellte und dessen Herrensitz ich bei Einbeck 85 Kilometer westlich von Hachelbich lokalisiere, wäre bei einem möglichen Markomannen Einfall nach dem Friedensvertrag diesem sogar noch näher ausgesetzt bzw. ausgeliefert gewesen, als die Weser Cherusker die westlich oder nördlich von ihm siedelten. Vielleicht darf man sogar soweit spekulieren, als dass sich Segestes mit einer römischen Schutzmacht an der Weser auf Dauer gegen einen Marbod besser arrangieren konnte und ihm daher an einer Auseinandersetzung zwischen Römern und Cherusker - Germanen  auf der anderen Flussseite nicht gelegen war bzw. er dem deswegen
kritisch gegenüber stand. Somit könnte ein Segestes der nach dem Urteil der Nachwelt so verwerflich handelte, sogar teilweise auf Reputation hoffen. Wer hätte es ihm vorwerfen wollen, dass er in den Markomannen vielleicht eher eine Gefahr für die Existenz seines Stammes sah, als in den Römern. Vielleicht muss man aber noch den Schritt weiter spekulieren, dass Segestes Ambitionen auf eine Kooperation mit Marbod hatte und seine Pläne noch weiter gingen als allgemein angenommen. An konspirativen Kräften mangelte es jedenfalls auch unseren Vorfahren keineswegs. So ist aber hinter allem wieder unschwer die kluge Federführung eines Tiberius zu erkennen der letztlich erst alles ausgelöst hatte, um nun in dieser komplexen Lage die wichtige Wesergrenze unbedingt festigen zu müssen bzw. halten zu wollen. Ich spekulierte mehrfach über das schlechte Gewissen mit dem sich Tiberius auseinander zu setzen hatte und möchte es auch begründen. Niemand weiß, ob es überhaupt zu einem Pannonien Aufstand gekommen wäre, wenn Tiberius nicht aus dieser Region sieben Legionen für seine Prestigeschlacht nämlich den Markomannen Feldzug abgezogen hätte. Hatte er so schlechte Quellen, dass ihm vorher keine pannonischen Aufstandspläne bekannt wurden. Denn auch einen Pannonienaufstand konnte man nicht über Nacht vom Zaun reißen. Sollte Tiberius von der Gefahr gewusst haben und trotzdem die Legionen abgezogen haben, so träfe ihn eine weitere Schuld. Aber auch unabhängig davon zu urteilen hätte Tiberius in diesem Moment die größere Schuld auf sich geladen. Denn war denn dieser Kampf gegen die Markomannen wirklich letztlich so bedeutungsvoll um dafür die gesamte Donaufront zu entblößen. Er hätte damit folglich die Pannonier erst zu ihrem Aufstand ermuntert haben können. Das diese vielleicht mehr private aber letztlich gescheiterte tiberianische Markomannen Eskapade der späteren Varusschlacht römischerseits die nötige Kraft raubte, konnte auch ein Tiberius nicht voraus sehen. Ein Schlachtenszenario zu überschauen, dass sich über drei Kriegsschauplätze erstreckte und sie miteinander verkettet waren, nämlich das Markomannenreich, das Pannonien Gebiet und Ostwestfalen konnte im Winter 6+/7+ selbst der kühnste Phantast unter den römischen Feldherren nicht voraus ahnen. Als Tiberius in Pannonien stand, waren die Augen aller im Imperium auf Varus gerichtet, der den wichtigen östlichen Vorposten bzw. den Brückenkopf unter der späteren Brunsburg an der schwachen Ostgrenze halten musste. Alle stellten sich die Frage, ob es Varus in dieser heiklen Lage schaffen würde, die nordöstliche Aussengrenze zu halten und in Ostwestfalen die Oberhand behalten. Just in der Zeit, als Tiberius in Pannonien stand um das römische Kernland zu retten. Eine Rettungsaktion, die möglicherweise sogar auf sein eigenes Verschulden zurück zu führen war weil sie vermeidbar gewesen wäre. Als Pannonien auf stand erkannte Tiberius seine Fehlentscheidung. Und Tiberius erkannte noch mehr, denn vielleicht schon in dem Moment als er mit Marbod den Vertrag schloss die Gefahr, dass sich Marbod Ostwestfalen einverleiben könnte und dem musste er ein Bollwerk entgegen setzen, auch wenn ihm dafür nur noch Varus und seine schwachen Legionen zur Verfügung standen. So könnte Varus zu seinem Sündenbock geworden sein. Gleich wie stark oder schwach das Bollwerk auch war und wie empfindlich man es aufgrund des Marbod - Feldzuges und des Pannonien Aufstandes abschmelzen musste. Wir erkennen wieder unschwer die Bedeutung, die die Weser damals bekam und hatte. Denn sie lag strategisch mittig zwischen Rhein und Elbe und verwandelte sich erst durch den möglicherweise brüchigen aber doch unrühmlichen „Freundschaftsvertrag“ zwischen Tiberius und Marbod von einem Etappenziel zur Elbe in einen wichtigen Grenzfluss. So war die Verlegung der Varuslegionen an die Weserfront, gleich wie stark sie vor der Varusschlacht auch aufgefüllt waren, nicht nur dazu angetan zusätzliche Provinzen für das Imperium zu gewinnen, sondern vor allem auch als eine klare Machtdemonstration bzw. Ansage gegenüber der Großmacht der Markomannen zwingend nötig gewesen. Varus konnte nicht anders, er musste sich die Cherusker zu Vasallen heran erziehen und er konnte angesichts dieser Lage gar nicht auf sie verzichten und auf einen erfahrenen römischen Ritter Arminius schon gar nicht. Das machte ihn blind für warnende Stimmen. Arminius wurde für Varus zum Garant der Stärke gegenüber den Markomannen um nötigenfalls gemeinsam mit den Cheruskern einem Gegner aus dem Osten entgegen treten zu können. Die Cherusker konnten aus seiner Sicht betrachtet über sein eigenes Schicksal mit entscheiden und er musste ihnen vertrauen. Aber Tiberius hatte trotz seiner Fehleinschätzung die Gabe noch weiter blicken zu können, als viele andere Machthaber seiner Zeit, denn er ahnte nach den gescheiterten Germanicus Feldzügen frühzeitig auch die Dinge, die sich im Jahre 17 + noch hinter dem Harz zutragen sollten, als die großen germanischen Heere aufeinander prallten. So konnte er ohne seine Legionen einschreiten lassen zu müssen den stürmischen Entwicklungen in Germanien schadlos zuschauen und sehen wie sie sich untereinander zerfleischten. Was ihm aber verborgen blieb war eine beginnende aber lang andauernde Konsolidierungsphase in die das Imperium die Germanen trieb. Vorher rächte sich Tiberius aber noch an Marbod, indem er seine Bitte um Unterstützung durch ein römisches Heer brüsk ausschlug. Denn als Marbod ihm gegenüber mit Hilfe von Gesandten seine Bitte äußerte, bekam er die schroffe Antwort, dass er kein Recht dazu habe, sich auf die Hilfe römischer Waffen gegen die Cherusker zu berufen. Denn als die Römer seine Hilfe und hier war wohl Germanicus gemeint brauchten, habe er sie gegen den gemeinsamen Feind nämlich die Weser/Elbe Germanen auch nicht unterstützt.(19.2.2019)

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