Montag, 3. Mai 2021
Die Grotte wo Siegfried einst den Drachen tötete und hier endete die Varusschlacht.


Man hätte es sich sicherlich spektakulärer vorgestellt, aber die reale Natur Ostwestfalens kann mit Bayreuth leider nicht mithalten.
Eine unscheinbare Muschelkalkquelle, die aber zum Ort des Geschehens geworden sein könnte wo Varus Suizid beging. (03.05.2021)

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Varus umringt von Feinden am Außenposten imperialer Macht unter dem Druck höchster Erwartungen.
Um es schnell auf den Punkt zu bringen. Kann uns die Vermenschlichung von Wesenszügen und Charakteren der alten Hauptdarsteller in Germanien helfen deren Verhalten und Stimmungslage in den kritischen Phasen des Geschehens für eine Bewertung ihrer Taten heranzuziehen. Natürlich nicht, u.a. weil wir mit ihnen noch nicht gemeinsam an der Theke gestanden haben. Aber allein schon das Aufwerfen dieser Frage soll in uns das Gefühl wecken, dass damals, obwohl die antiken Historiker mit dem Werfen von Nebelkerzen nicht sparsam umgingen immer nur Menschen am Werk waren die auch nur mit Wasser kochten. Aber es soll dazu beitragen unseren Blick auch auf die Personen zu lenken, die damals im Rampenlicht standen. Denn es läuft darauf hinaus, dass wir nicht nur dem längst vergangenen Schlachtenlärm nachsinnen sollten, sondern auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass damals Angst, Schweiß und noch vieles mehr mit im Spiel war. Aber mit Sicherheit lässt sich sagen, dass sich eine überlegen wähnende Armee im Gegensatz zu einem aufopferungsbereiten Gegner keine unnötigen Mühen und Lasten aufhalst und folglich den Weg des geringsten Widerstandes sucht. Antiker Symbolik folgend kennzeichneten die Säulen des Herkules das Ende der Welt und symbolisierten das Stoppschild der Zivilisation. War es für die Griechen die schier endlose Wasserfläche die sich hinter Gibraltar ausbreitete, müssen es für Rom die weiten Germaniens gewesen sein, die sie bremsten. Und wer die Seele der Varusschlacht verstehen will muss sich diese endlose Landmasse verinnerlichen, denn für die Germanen stand die Tür in einen schrankenlosen Rückzugsraum immer weit offen. Diese Geographie war die Trumpfkarte und Arminius spielte sie immer wieder aus. Aber die ureigenen Gefühlswelten der alten Protagonisten und ihre Stimmungslagen bleiben für uns immer im Dunklen und entziehen sich jeglicher Einblicknahme. Welche Laune trieb sie an, wie stand es um ihre Gesundheit, hatten sie am Morgen der Schlacht gut gefrühstückt und was gab es zu Mittag. Waren sie überschwänglich optimistisch, nachdenklich und in sich versunken und wie hielten sie es mit ihren Göttern. Für Varus hingegen galt zudem, wie bestechlich und empfänglich er war und wie er auf schmeichelnde Worte reagierte. Aber Emotionen zu überliefern, wie sie sich in zwiespältigen Situationen, bei Selbstzweifeln, Skrupeln, und ähnlichem äußern und zeigen, gehörte noch selten zum Repertoire antiker Kriegsberichterstattung. Erst in unserer Zeit ist man bemüht auch in die Seelenwelten längst verblichener Schlachtenlenker vorzustoßen. Aber mit Varus hatte man sich wegen seiner unerklärlichen Niederlage immer schon gerne näher beschäftigt, vor allem mit seinen Schwächen. Man erfährt am Rande, dass auch sein Vater in Gefahrenlage geraten schnell die Hand an sich legte und seine Frau im antiken Rom in alle Richtungen vernetzt war, während ihr Mann Varus für das Imperium jahrelang an den Außengrenzen des Reiches diente. Aber inwieweit helfen uns diese Hinweise zur Enträtselung seiner Person weiter, wenn wir daraus seine Verhaltensweisen entschlüsseln möchten. Nun kann ein als phlegmatisch und träge charakterisierter Feldherr genau so gut zu richtigen Entscheidungen fähig sein, wie ein erfahrener Feldherr falsch liegen kann, denn nicht immer ist das militärisch Taktische ratsamer als das undefinierbare Bauchgefühl. Im großen Geschehen um das Varusereignis sind uns nur wenige Ausnahmen bekannt geworden, die uns Einblick in das Innenleben der Protagonisten verschaffen. Und dazu gehört auch der berühmte Gefühlsausbruch von Kaiser Augustus auf die Niederlage hin. Man kann Schlussfolgerungen naturgemäß nur aus abgeschlossenen Handlungen ableiten und nachdem wie man sie uns überlieferte. Nüchtern betrachtet lässt sich Varus in seiner damaligen Lage kein grobes Fehlverhalten vorwerfen. Er handelte auf Basis seines Wissenstandes und seiner militärischen Möglichkeiten heraus. Zu dieser Auffassung sind inzwischen auch viele moderne Historiker gelangt. Wollen wir trotzdem mehr wissen, müssten wir uns mit verbundenen Augen wie an einem langen Seil vom Möglichen, über das Denkbare bis zum Wahrscheinlichen zurück zu den Anfängen hangeln. Nur dort können wir fündig werden, wenn wir mehr über Ursache und Wirkung erfahren wollen. Am Seilanfang müssten wir mit der Suche beginnen und uns auch mit den Sorgen, Nöten, Ängsten und Befindlichkeiten der Menschen in fernster Vergangenheit befassen. Denn sie alle brachten auch ihre ureigenen persönlichen und privaten Lebenserwartungen und Wünsche mit in die Vorgänge um die Schlacht ein und jedes Einzelschicksal hatte seine Geschichte. Und selbst dann wird es immer nur bei vagen Vermutungen bleiben. Aber wie sollte man die antiken Schriften zum Reden bringen, wenn es kein Studienfach über antikes, psychologisches "Schlachten Profiling" gibt. Viele Vergleiche mit ähnlichen Situationen gleich in welcher Epoche sie sich ereigneten können her halten, wenn wir unser Vorstellungsvermögen auf die damaligen Zeiten fokussieren wollen. Das eine oder andere lässt sich jedoch mangels belastbarer Quellen aus der simplen Logik heraus erschließen. Fest stehende Fakten wie sie immer Gültigkeit behalten werden, weil sie unveränderlicher menschlicher Eigenart und Eigenheit entstammen nutzen uns bei der Analyse. Und vieles davon können wir auch auf die damaligen Verhältnisse anwenden, denn auch zu Varuszeiten dürfte es nicht anders gewesen sein. Viele historische Beispiele aus allen Stadien der geschichtlichen Entwicklung lehren es und stehen uns hilfreich zur Seite, wenn wir uns mit den Wesensmerkmalen der menschlichen Gesellschaft und dem Zusammenleben in Gefahrensituationen befassen. Wie viele Zitate, wenn sie sich auf unsere unrühmlichen und unguten Eigenschaften, aber auch auf unsere positiven Seiten beziehen, sind uns aus der griechischen und römischen Welt nur deswegen immer noch geläufig, weil sie an Sinnhaftigkeit selbst nach Jahrtausenden bis heute noch nichts eingebüßt haben. Sich um jeden Preis bereichern oder Macht erringen zu wollen ist immer noch ein erstrebenswertes Ziel seit Menschengedenken. Der zweite Weltkrieg brachte ein schlimmes aber geflügeltes Wort hervor, es lautete "Kriegsgewinnler". Der Kriegsgewinnler ist zu allen Zeiten ein Mensch der imstande ist, auch aus dem Leid anderer Profit ziehen zu können, sich schwierige Lagen zu nutze zu machen, also selbst noch unter widrigsten Umständen fähig war, für sich Gewinn heraus zu schlagen. In der Erwartung Schlachten selbst Kriege zu überleben hoffte er zum Nutznießer eigener Schandtaten zu werden. Ihn einen Lebenskünstler zu nennen wäre verwerflich, aber will man ihn etwas schonen könnte man ihn noch einen Realisten nennen. Und was bedeutet und bedeutete für viele Zeitgenossen im täglichen Überlebenskampf schon das Wort Loyalität, Gewissen, Zuverlässigkeit oder Moral, wenn eine lukrative Lebensperspektive winkt zumal dann, wenn Titel und Adelsstand nicht genügten. Nicht anders war die Situation und Ausgangslage auch vor 2000 Jahren, der sich damals der Feldherr Varus gegenüber gestellt sah und sich dem nicht entziehen konnte oder wollte. Er war selbst integraler Bestandteil eines großen Verwaltungsapparates, kannte den römischen Personalzirkus, bis sich das Glück 9 + von ihm abwendete. Aus römischer Sicht betrachtet hatte Kaiser Augustus seinem Feldherrn Varus das Kommando über einen nach Osten hin grenzen - und endlosen Landstrich am Rande der zivilisierten Welt übertragen. Er hatte ihn in eine Region entsandt, die erst wenige Jahre zuvor mit Waffengewalt erobert, also nach römischem Lesart befriedet wurde. War es nur eine mutige Entscheidung, oder wollte der Kaiser mit Varus vielleicht schon das "Peter Prinzip" anwenden, wonach man einen Menschen in einer Hierarchie bis an eine bestimmte Stufe aufsteigen lässt, auf der er dann früher oder später an seinem eigenen Unvermögen scheitern musste. Er ihn also so lange beförderte, bis er das nötige Maß an Unfähigkeit erreicht hatte um ihn degradieren zu können. Eine in manchen Chefetagen auch heute noch beliebte Methode. Varus mag auch Untergebene in seinen Reihen gehabt haben, die noch nicht über genügend Erfahrung und Kompetenz verfügten, ebenso aber auch über eine im Kampf erprobte Führungselite und vielleicht beging er auch den Fehler nicht rechtzeitig erkannt zu haben, das er sich mit den falschen Beratern umgeben hatte. Eine Erkenntnis zu der er wohl erst im umkämpften Gerichtslager bei den Aufrührern gelangte, wo er vor vollendeten Tatsachen stand und sich seinem eigenen Abgrund näherte. Aber auch Kaiser Augustus könnte sich auf Varus bezogen den gleichen Vorwurf gemacht haben, in dem er sein Scheitern nicht, oder doch nicht so früh erwartet hatte. Aber Varus musste auf Basis einer sich kritisch entwickelnden Lage eine Reihe von Entscheidungen treffen und dann die richtigen Befehle geben, dies konnte und durfte ihm keiner abnehmen. Varus versetzte man vermutlich 6 + in sein neues Wirkungsgebiet nach Germanien und er könnte im Frühjahr 7 + an die Weser aufgebrochen sein, wo er an der östlichen Peripherie des Reiches für Rom eine neue Provinz aufzubauen hatte und dort die Macht der Cäsaren verkörpern sollte und an Kaisers statt seine Statthalterschaft antrat. Zuvor verliefen unter Hochdruck die Vorbereitungen zu dem von Kaiser Augustus angeordneten Markomannenfeldzug im Jahre 5 + um endlich das widerspenstige Germanien in Gänze zu befrieden. Vom neuen imperialen Zentrum in Höxter/Corvey aus betrachtet regierte man zentral, befand man sich inmitten eines geostrategisch bedeutsamen Großraumes positionierte sich neu und hatte sich weit vorgeschoben. Somit besetzte Varus an der Weser den letzten Vorposten und bewegte sich damit in der Mitte der bislang erreichten imperialen Machtgrenze an Rhein und Lippeoberlauf und einer noch relativ gelassenen Urbevölkerung an den Ufern der Elbe. Aber diese Hinterlandstämme zwischen dem Weserlimes und der Elbe ahnten das weitere Geschehen und Misstrauen staute sich an. Es formierte sich in Ansätzen das, was Germanicus später erwarten sollte und was Tacitus so trefflich formulierte als er schrieb, dass es nicht die Samniten, nicht die Karthager, nicht die Gallier, nicht die Spanier und auch nicht die Parther waren, die uns so oft herausgefordert hatten wie die Germanen. Und sie sollen seiner Meinung nach wegen ihres Freiheitswillen sogar noch gefährlicher gewesen sein, als die alten Machthaber der Armenier. Zunächst bestand die Aufgabe von Varus darin, diesen germanischen Kontinent an seinem westlichen Rand anzutasten zu kontrollieren und behutsam vorzugehen um die Stämme willfährig zu machen und sie nach Möglichkeit zu befrieden bzw. zu domestizieren. Sie dann aber tributreif zu manipulieren und gleichzeitig die Wesergrenze vor starken Stämmen und Strömungen aus dem Osten wie den suebischen Angiliern zu bewachen. Daher hätte es für ihn oberstes Gebot sein sollen, gerade gegenüber den Völkern östlich der Weser den friedlichen Eindruck der Pax Romana zu vermitteln was jegliches Machtgebaren ausgeschlossen hätte. Und man sollte annehmen, dass der Kaiser genau an diesem neuralgischen Außenposten seinen fähigsten Mann, samt einem verlässlichem Beraterstab hätte platzieren sollen. So erwartete man in Rom von ihm, dass er dieses in ihn gesetzte Vertrauen auch rechtfertigen würde. Man traute es ihm, einem offensichtlich verwaltungserfahrenen Statthalter zu den am weitesten vorgeschobenen römischen Stützpunkt zu stabilisieren. So überging man bewusst auch einige andere gute aber stärker in militärischer Hinsicht qualifizierte Männer wie etwa Paterculus. Mit Varus an der Spitze erhoffte sich der Kaiser die richtige Abwägung getroffen zu haben und positionierte ihn an einer der prekärsten Grenzen des Reiches, wo doch die Bezeichnung Frontabschnitt besser zugetroffen hätte. Dort machte die politische Lage Varus zur klassischen Fehlbesetzung und Augustus hätte vielleicht besser anders entschieden und einen Militaristen entsandt. Die Brunsburger Weserfurt am militärisch sensiblen Weserbogen war bekanntlich die ewige Einfallpforte aller Zug- und Völkerbewegungen aus dem Osten, sozusagen der militärische Vorläufer des vergleichbaren Fulda Gap, der Fulda Lücke im kalten Krieg. Dies hatte man zwar im römischen Imperium schon früh erkannt, aber bei aller strategischer Entschlossenheit machte das Imperium in Ostwestfalen einen Fehler. Denn der Rhein, war nicht die Weser. Ab Harz und Weser war alles anders als im Rheintal, wo die Region schon über Jahrhunderte im Zuge einer anders gearteten Zivilisation und Vorgeschichte, nämlich der keltischen vorgeprägt war. Ab Westfalen betrat das Imperium einen Boden der damit nicht vergleichbar war, der sich langsamer entwickelt hatte und gegenüber den linksrheinischen Regionen nicht nur klimatisch benachteiligt war. Auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse von Heribert Klabes lässt sich schlussfolgern, dass für Varus und das Imperium genau an dieser Stelle der Begriff Repräsentanz einen neuen Stellenwert bekommen sollte. Hier an der Corveyer Weserschleife sollten in Zukunft die germanischen Stämme des Ostens Einlass ins Imperium begehren. Sie sollten ab hier den reich an Errungenschaften gesegneten und hoch entwickelten Boden einer Weltmacht betreten. Mit staunenden Augen sollten sie auf die Leistungen der römischen Zivilisation blicken und dabei vor Bewunderung erstarren. Die kubische Säulenhalle am Corveyer Westwerk könnte davon übrig geblieben sein. Im Jahr 9 + nach der Niederschlagung der Pannonier und Dalmater hätte Varus dann wieder über seine ihm ursprünglich zugedachte Kopf - bzw. Kampfstärke verfügt. Es wäre vermutlich der Zeitpunkt erreicht, weitere Schritte zur Stabilisierung in Form neuer Bündnisse und neuer Garnisonsgründungen zu unternehmen. Ab dem Jahr 9 + wäre an der Weser der Wendepunkt erreicht worden. Die gallisch/römischen Städte zum Vorbild genommen wäre auch über Germanien ein neues Zeitalter eher herein - als angebrochen. Mit den wieder erstarkten Legionen hätte man die umfassenden Aufbauarbeiten weiter führen können und neue weithin sichtbare Fanale der Macht in Form aufragender Gebäude wären entstanden und zu Ende gebaut worden. Für das Jahr 10 + wäre Aufbruchstimmung angesagt gewesen und man hätte begonnen vollendete Tatsachen zu schaffen. Im Sinne römischer Eroberungsstrategie erwies es sich als fatal, dass man sechs Jahre brauchte um sich im Zuge des Kaiserwechsels neu zu konstituieren und sich vom Schock der Varusniederlage zu erholen, Zeit die die Germanen nutzten und die Rom mangels Kampfkraft und fehlender Entschlossenheit verstreichen ließ. Marbod hielt sich nach 9 + erstaunlicherweise zurück und es zeichnete sich von keiner Seite mehr eine ernst zunehmende Bedrohungslage ab. Ab dem Jahr 9 + hätten umgehend weitere römische Ostexpansionen im Weserraum folgen können, ja sogar müssen aber so wurde das Jahr zum Synonym des Niederganges. Lange Jahre machte sich Stillstand breit woraus sich ein brüchiger Status Quo ergab. Resultat war die Zurücknahme einst weitreichender Pläne auf das Niveau des bis dato erreichten und man stand wieder an der guten alten Rheingrenze wo alles begann. Varus mag schon am Vorabend des Abmarschtages erkannt haben wie abhängig er von den ihm zugesagten germanischen Hilfstruppen war. Es waren unter seinen Hilfskräften aber auch Cherusker die noch wenige Jahre zuvor im von Tiberius und Paterculus angeführten Immensum Bellum blutig von Rom nieder gekämpft wurden. Diese Germanen sollten nun die römischen Truppen schützen und zum Garanten und Fundament für eine dauerhafte römische Präsenz in Ostwestfalen werden. Leichtsinn gepaart mit Naivität besser gesagt Größenwahn muss man hier dem Imperium unterstellen. Tacitus hatte sicher damit recht, denn von ihm ist überliefert, dass es zwischen Siegern und Besiegten keine erfolgreiche Koalition geben kann. So entstand eine nahezu groteske Lage, die erst durch die Schwächung der Rhein/Weser Legionen im Zuge des Markomannen Feldzug aufbrach und für Rom in einem Mehrfrontenkonflikt mündete. Rom war im Nethegau quasi über Nacht zum Juniorpartner der Cherusker geworden und in deren Abhängigkeit geraten. Angewiesen auf die militärischen Gnaden der einstigen Gegner musste Varus still halten. Nun waren es die Cherusker die ihm, dem großen Varus die nötigen Hilfstruppen an die Seite stellten, da seine eigenen Legionen nicht mehr stark genug waren um in einem möglichen Krisenherd zu bestehen. Einstige und mehrfach erbitterte Gegner sollten nun in wenigen Jahren eine verlässliche Loyalität entwickelt haben, um ein ungeliebtes feindliches Regime im eigenen Lande sogar noch zu stützen. Ja, so kann und muss man es auch sehen, aber konnte man denn am Rhein von sich wirklich so überzeugt gewesen sein und über eine derart gehörige Portion an Selbstsicherheit verfügt haben, dass sich keine Stimme wagte zur Mäßigung aufzurufen. Offensichtlich nicht. So fand sich Varus in dieser kritischen Phase unversehens auf verlorenem Posten wieder. Topographisch und nüchtern gesehen war Varus an der Weser von jeglicher schneller Unterstützung abgeschnitten und saß festgeschnürt wie auf einem Brückenkopf. Lediglich über den schmalen Hellweg war er Land gestützt mit dem 60 Kilometer entfernt liegenden letzten Lippehafen nahe Anreppen verbunden. Nördlich und südlich davon agierten die Germanen nach Belieben. So führte er förmlich das Dasein eines Leuchtturmwärters und eines von den Germanen geduldeten Militärattachés. Während seine Aufgabe darin bestand, in die Weiten Germaniens hinein zu horchen erfüllte er damit zwar die ihm auferlegte ungemütliche Frühwarnfunktion, übersah aber wie unterdessen seine Akzeptanz bröckelte. So verlor er an Boden, ohne es selbst wahrzunehmen. Es ward ihm eine Funktion übertragen wofür er nicht zu beneiden war und es wurde von ihm einiges an diplomatischem Geschick abverlangt. Was hatte er militärisch noch von einem unbesiegten Marbod zu befürchten. Braute sich vielleicht schon etwas im Elbegebiet zusammen, wovon er keine Kenntnis hatte. Wo und wie nahe zu ihm siedelten um diese Zeit die Langobarden und die diversen anderen Suebenstämme. So wurde Varus schon vor seiner Niederlage zum Statthalter ohne Volk und Land und hätte man im Jahr 9 + dem römischen Expansionstrieb nicht Einhalt geboten, dann hätte es eine "Varusschlacht" vermutlich in den folgenden Jahren gegeben. (03.05.2021)

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