Dienstag, 15. November 2022
Die Irminsul - Symbol außerreligiöser Verehrung
In den folgenden Kapiteln wird, wie es schon zum Standard dieses Internetbuches gehört, auch das Thema "Irminsul" und sein Zusammenhang mit dem Varusereignis von unterschiedlichen Sichtweisen aus beleuchtet um aufzuzeigen, dass man sie nicht grundlos in jener Gegend errichtete wo einst die Schlacht zu Ende ging. Und der Verdacht wog auch immer schon schwer, dass dahinter der Gedanke gestanden haben könnte den Ort würdigen zu wollen, an dem nach einer zweitägigen Marschschlacht der folgenschwere Sieg über die drei Varuslegionen gelang. So erhielt sich im Naturbauwerk eines Holzstammes der Name des Mannes, der damals die entscheidenden Weichen für den Sieg der germanischen Stämme gestellt hatte. Dies hätte sicherlich längst Eingang in die Geschichtsbücher gefunden, wenn es sich anhand belastbarer Funde beweisen ließe, aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Mit keinen anderen Ereignissen der frühdeutschen Vergangenheit hadert die Geschichtsforschung mehr, als mit jenem das im Jahre 9 + statt fand und dem, das im Jahre 772 + folgte. Beides ereignete sich fasst vor unserer Haustür und doch treten vom lokalen Heimatforscher bis zum versierten Universitätsprofessor alle auf der Stelle, wenn es um die Frage der Lokalisierung geht. Das Erstere von beiden Geschehen war der siegreiche Ausgang einer Schlacht unserer Altvorderen gegen eine ungeliebte Besatzungsmacht. Und obwohl sich zahlreiche Argumente aufbauen lassen, auch was die Dialektschiene oder die unterschiedlichen Mentalitäten anbelangt und sich die Nachhaltigkeit der Schlacht mit Händen greifen lässt, kann man doch nicht konkret sagen, inwieweit es die spätere Kulturgeschichte Deutschlands beeinflusst hat. Und als im Spätsommer 772 die Franken einem Baumstamm seine Bedeutung nahmen der nach dieser Theorie an Arminius erinnerte war es ähnlich, denn damit wurde wieder ein Ereignis und ebenfalls in Ostwestfalen zum Wendepunkt für das folgende und spätere innerdeutsche Zusammenleben. Das Heer mit Karl dem Großen an der Spitze konnte damals am vermeintlichen Standort der Irminsul östlich von Borlinghausen die zahlreichen Hügelgräber der alten Kulturen nicht übersehen haben. Folglich ein Stätte wie geschaffen um der Irminsul ihre Existenz frommen Beweggründen zuschreiben zu können und sie für das Statuieren eines Exempels zu nutzen. Ist von germanischen Heiligtümern die Rede denkt man in der Regel an im Moor versenkte Opfergaben, kaum definierbare kleine Holzfiguren oder die taciteische Muttergottheit Nerthus auf ihrer Ostseeinsel verkennen aber, dass wir uns in Ostwestfalen historisch betrachtet in keltisch vorgeprägten Regionen bewegen was ein Umdenken auch bei der Frage nötig macht, wie es die Kelten mit der außerreligiösen Verehrung hielten. Aber auch in diesem Fall schweben wir zwar in der Grauzone des Nichtwissens, erkennen aber die Parallele zwischen ihren Priestern den Druiden mit dem in Ostwestfalen überlieferten Drudenglauben. Aber letztlich ist es immer die symbolische Kraft und Sinngebung, die mit einem Gegenstand verbunden wird und so hielten es auch die Menschen in den Jahrhunderten nach Varus die die Sul einst aufrichteten und ihren Ort pflegten und würdigten. Und wenn auch unbeabsichtigt, was man unterstellen möchte, so verwischten die Franken mit ihrer Tat auch gleichzeitig die hier möglicherweise noch vorhanden gewesenen letzten Spuren die an den Ort der Varusschlacht erinnerten. Es war dieser Gewaltakt der den Auftakt zu einer Vielzahl von Gräueltaten bildete mit denen die fränkischen Missionare den Kampf gegen die Ungläubigen aufnahmen um die Christianisierung in weiten Teilen des heutigen Deutschlands durchzudrücken. Als sich dem Verfasser etwa in der Mitte des "Varusprojektes" angelangt die Parallele zur "Irminsulaffäre" förmlich aufzwang wirkte dies zunächst befremdlich, gewann dann aber dank weiterer Hinweise zunehmend an Kontur und bei näherer Betrachtung zeigte sich auf verblüffende Weise, wie eng sich hier die zwei Geschehnisse deutscher Geschichte begegneten. Damit lässt sich der Hergang, besser gesagt der Ausgang der Varusschlacht nicht nur ergänzen, sondern sogar auch bestätigen und komplettieren. Wollen wir die Sprache der Geschichte verstehen, dann erwies uns Karl der Große mit seiner Tat unbeabsichtigt einen unerwarteten Dienst. Die Voraussetzungen das Varus Ereignis mit Hilfe der literarischen Ausgangslage noch mal aufzuarbeiten schien Angesichts der zahlreichen Varus Theorien zunächst ungünstig, aber mit Zunahme der vielen Indizien überwog der Optimismus eine belastbare Theorie gefunden zu haben, wobei die "Irminsulepisode" half einen wichtigen Schlussstein zu setzen. Nicht nachvollziehbar ist, dass sich unter den diversen Theorien, Vorschlägen, Ideen aber auch teils händeringenden Phantasien welchen Weg denn Varus in den Untergang eingeschlagen haben könnte bislang kein Suchhorizont auftat, der sich in den Nethegau hinein erstreckte. Und das obwohl die Weser die lateinische "Visurgis" richtungsgebend war und in der antiken Literatur von den beiden wichtigsten Gewährsmännern zur Varusschlacht, nämlich von Cornelius Tacitus und Cassius Dio ausdrücklich erwähnt wurde. In ihren Schriften kommen im Zusammenhang mit den Cheruskern, sowohl auf Varus als auch auf Germanicus bezogen starke Bezüge zum Fluss zum Ausdruck, was längst hätte hellhöriger machen müssen. Aber die Varusforschung sparte den Betrachtungsraum zwischen Egge und Weser in jeder Hinsicht aus und ist nach wie vor bemüht und nahezu beseelt in den seit alters her verdächtigen Regionen fündig zu werden. Die proklamierte "Südtheorie" wonach man den Verlauf der Varusschlacht auf das Bergland südöstlich der Münsterländer Bucht begrenzte war schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber man tat ihn nicht weit genug. Mangels schlüssiger Logik verwarf man derartige Überlegungen zu schnell und alles endete am Sint - und Soratfeld, dem Ostrand der Paderborner Hochebene. Aber den gedanklichen Sprung über die Eggekante hinaus zu wagen um explizit östlich von Schwaney in den Nethegau abzusteigen, bei Brakel die Spurensuche aufzunehmen, oder gar eine Verbindung zur Irminsul herstellen zu wollen unterließ man. Und die Möglichkeit, dass sich im Umfeld des alten Burgweges westlich von Borlinghausen, den man als "Teutoburgiensi saltu" identifizieren darf, auch die Schauplätze zweier höchst diffiziler Unruheherde deutscher Geschichte befanden, die sich dort die Hand gegeben haben könnten, griff ebenfalls niemand auf. So war es bislang eine absurde Vorstellung mit der man sich schon in die Nähe eines Störenfriedes gerückt fühlte, wenn man die Überzeugung vertrat, dass sich gerade hier auf wenigen Quadratkilometern alles vollzogen haben soll. Aber diese Theorie könnte dazu beitragen die Augen zu öffnen und Anreize schaffen, den Focus in diese Region zu lenken. Und nach dieser Theorie lieferten sich Römer und Germanen auf den Höhen östlich von Borlinghausen ihre letzten Gefechte und an zentraler Position befand sich später eine Stelle wo kein Gras mehr wachsen konnte, weil dort die Menschen zu oft stehen blieben und sich aufhielten. Hier schlug die Geburtsstunde des "Truncus" wie Rudolf von Fulda die Säule 863 nannte. Und der lateinische Name "Truncus" der mit dem deutschen "Strunken" sprachlich verwandt ist war der Name für einen Stamm, und Stämme sind in der Regel aus Holz und nicht aus einem anderen Material oder gar Stein. Hat man diese Überlegungen verinnerlicht dann stellt sich schnell eine neue Klarheit ein und die Säule könnte da gestanden haben, wo die Kämpfe endeten und die Schlacht war der Anlass und sie gab den Ausschlag für ihre spätere Errichtung. Folglich eine Säule die es an dieser Stelle vor der Schlacht noch nicht gab. Bewegt man sich auf diesem Argumentationsstrang vorwärts, dann kann auch die Stätte der Irminsul ihren Beitrag zur Lösung liefern und den rückwärtigen Pfad zur Varusschlacht ebnen. Denn in der Region wo sie stand hatte Varus demnach einst aufgehört zu existieren. Aber der Weg bis es zur Definition dieser Örtlichkeit kommen konnte war so kurvenreich wie der Marsch der Legionen, obwohl er uns was den Endpunkt anbelangte schon von Tacitus vorgegeben wurde. So las auch Tacitus vielleicht im Alter von dreißig Jahren im Jahre 98 + in seinen Vorlagen den Namen "Saltus" mit dem zusätzlichen Hinweis auf die dort vorhandenen "Teutoburgen", also den Volksburgen der Einheimischen und verwendete ihn innerhalb seiner Annalen. Und wenn Tacitus den Namen kannte, dann vermutlich auch schon Varus. So lebte man um diese Zeit geographisch zwar nicht in völliger Unkenntnis, aber über bessere Instrumente der Kartografie hätte man sicher gerne verfügt. Cassius Dio und ein Altmeister dieser Wissenschaft wie Claudius Ptolemäus wie er, auch Grieche, die sich über wenige Jahre als Zeitgenossen gegenüber standen, hätten sich in ihren wenn auch unterschiedlichen Werken eigentlich schon am Namen "Teutoburgiensi saltu" bedienen können, denn auch sie könnten ihn gekannt haben. Dann wäre uns auch das Verorten der Mehrtagessschlacht anhand der germanischen Siedlungsnamen sicherlich leichter gefallen, aber beide taten es nicht. Cassius Dio war der wichtigste und einzige Informant was die durchgängige Darstellung in Sachen Schlachtverlauf anbelangt, obwohl wir ihm nicht den besagten Namen des Endpunktes der Schlacht verdanken, denn diesen Hinweis in Gestalt der zwei Worte überlieferte uns nur Cornelius Tacitus. Bevor Cassius Dio der um 235 + verstarb seine Schreibfeder zur Seite legte setzte er zwar den Schlusspunkt unter sein Werk aber die neuzeitliche Suche nach den von ihm beschriebenen Austragungsorten konnte man erst aufnehmen als 1508 die Tacitus Schriften wieder auftauchten, die die nötigen Anhaltspunkte bezogen auf die Weser, die Ems, die Lippe aber auch auf die Siedlungsgebiete der Brukterer, Aliso und den Saltus lieferten. Da die in Latein bewanderten Corveyer Mönche die Tacitus Schriften bereits im 9. Jhdt. einsehen konnten als sie von Fulda nach Corvey gelangten, dürfte ihnen schon sehr früh bekannt gewesen sein wo einst die Varusschlacht endete. Und da sich der Schauplatz nur unweit von Corvey befand darf man konstatieren, dass sie auch noch einiges mehr wussten als wir heute. Und das ihnen auch bestens bekannt war, wo damals die Irminsul stand, wird man auch nicht anzweifeln wollen. Borlinghausen nennt sich heute das 450 Seelen umfassende Dorf, das den nächsten Bezug zu beiden Schauplätzen vorweisen kann, dass aber seinerzeit als größere Ansiedlung noch nicht existierte haben dürfte. Es liegt am Oberlauf der Helmerte die durch ihn hindurch fließt, nachdem sie ihren Quellbereich unterhalb der Egge verlassen hat. Dann speist sie den Weiher des dortigen Wasserschlosses und schlägt eine Nordrichtung auf Helmern zu ein. Bevor das Dorf 1065 erstmals urkundlich erwähnt wurde, lassen sich ältere Besiedlungsspuren nur anhand von Parzellennamen ableiten oder über Ortsnamen der Region recherchieren, denn frühere datierfähige Zufallsfunde im Ortsbereich blieben bislang aus. Auf Basis dieser Theorie endete "hier" nahe dem Ort die Varusschlacht und man errichtete dort später die Irminsul. So liegt die Herausforderung darin das "hier" zu definieren und dazu gehört es sich die Marschrichtung der Legionen topographisch und räumlich mit der Zielrichtung zum Eingangsschlund des Saltus in die Egge vor Augen zu halten. Da es keine Alternative für sie gab sie aber den Marsch nach Westen fortsetzen mussten, waren sie gezwungen sich diese letzte Chance zu wahren und offen zu halten. Das die Irminsulstätte eine Nähe zum Marschkorridor aufweisen sollte und mit ihm in etwa deckungsgleich gewesen wäre ist naheliegend. Aufgrund der gegebenen Verhältnisse ließ sich recherchieren, dass sich der Zug des Varus nach dem er das "prima Vari castra" nahe Schweckhausen verlassen hatte an dem Weg zum Saltus zu orientieren hatte den schon die eiszeitlichen Herden nutzten. Es ist der seit Menschengedenken genutzte "Obere Bördenweg" der von der Weser kommend am nördlichen Rand die Warburger Börde streifte dann die Egge erklomm und weiter in Richtung Sintfeld und zum Rhein führte bzw. umgekehrt. Ein Weg der noch heute ab Peckelsheim bis zum Markhof den Namen Markweg also Grenzweg trägt. Den Markhof der inmitten einer Sumpfzone liegt trennt von Borlinghausen aus betrachtet nur noch eine bewaldete Anhöhe, bevor der Blick auf die Borlinghauser Eiche fällt. Und bevor der Markweg in die Sumpfzone einmündet die etwa 250 Meter breit ist musste er sich zwangsläufig verengen, da man ihn seinerzeit auf Bohlen geführt haben dürfte. Hier befand sich die einzige Möglichkeit, dass in die Helmerte entwässernde und besonders nach Regenfällen feuchte Gebiet passieren zu können. Das Vorhandensein einer Vielzahl alter Hohlwege vor dem Eintritt in die Senke lässt erkennen, dass es hier zu keiner Zeit möglich war diesem moorigen und nassen Untergrund im weiteren Umkreis ausweichen zu können. Strategisch gedacht könnte auch diesem Bruchgebiet, bevor der Marschzug danach die heute bewaldete Anhöhe erreichte seinerzeit eine hohe Bedeutung zu gekommen sein. Das Waldgebiet führt heute den Namen Struckholz" und die Vorsilbe "Struck" bzw. "Struc" oder "Struk" verrät die
forschungsgeschichtliche Nähe und nahezu Identität zum "Strunken" und somit auch zum Truncus. Es erfährt dadurch zwar keine Beweiskraft hinsichtlich der hier aufgestellten These, spricht aber für eine etymologische Kontinuität. Man darf also annehmen, dass in diesem Bereich die Legionen von den Germanen erwartet, letztmalig angegriffen und sich dort die Endschlacht zutrug. Um sich die Lage besser vorstellen zu können sei der Hinweis gestattet, dass die Luftlinie vom heute mitten im Bruch befindlichen Markhof bis zum Einstieg in den Saltus etwa 3000 Meter beträgt. Die Kämpfe längst des Weges werden sich auch in die Breite gezogen haben, aber die Rumpflegionen werden um ihre letzte Kampfkraft nicht zu verlieren darauf geachtet haben, die Marschkolonne geschlossen zu halten um eine Auflösung zu vermeiden. Wie es um die Marschdisziplin aufgrund der körperlichen Überlastung am Ende des Leidensweges stand ist fraglich aber nachvollziehbar. Und trotzdem gelang es nach Cassius Dio noch einem verschwindenden Rest selbst am Abend dieses dritten Marschtages, dem kräftezehrenden zweiten Kampftag ein nächtliches Provisorium zu errichten. Es ist das Lager, dass Tacius erwähnte und dem man den Namen Notlager gab. Damit wäre eine brauchbare Theorie gefunden auf dessen Basis sich ein Suchraum abstecken ließe in dem man neben diesem letzten Behelfslager auch das Schlachtenende erwarten und folglich auch den möglichen Standort der Irminsul vermuten darf. Aber was könnte der Boden nach über 1250 Jahren von der Sul noch frei geben, wenn darin alles Organische bis auf wenige kaum auffindbare Spurenelemente verrottet und Metallisches bis zur Unkenntlichkeit verklumpt ist. So kann uns nur ein Blick auf schriftlich Hinterlassenes dabei helfen, wenn man nach neuen Indizien suchen möchte. Und da ergaben sich im Zuge der Recherchen eine Reihe interessanter Anhaltspunkte um den damaligen Standplatz der Irminsul einzugrenzen. Und desto mehr Belastbares sich auftun lässt, so mehr kann man es als Faktum einer dortigen Existenz begreifen und dem Mysterium das Mysteriöse nehmen. Das Reale entzauberte immer schon das Mystische was besonders für die Irminsul gilt und was sie schon seit Jahrhunderten umgibt. Übrig bleibt ein rationales Objekt nüchterner Betrachtung bei dem man sich nicht sicher ist, ob es der Mensch überhaupt entschleiern möchte. Vergegenwärtigt man sich nun das Geschehen um die Zerstörung des "Irminsul Ensembles" so wie es überliefert wurde, dann lassen sich daraus veränderte Schlussfolgerungen ziehen und neue Fakten können zur Diskussion gestellt werden. Zuvor aber sei noch eine grundsätzliche Betrachtung gestattet um die Problematik zu verdeutlichen in der die Forschungslandschaft steckt, wenn sie sich mit dem Thema Irminsul beschäftigt. Denn sie tut sich seit jeher schwer mit der Definition einer historischen Übergangsphase. Nämlich der Frage, was vom germanischen Menschen, seinen Stämmen und Völkern blieb, als sich diese plötzlich Kraft wissenschaftlicher Einordnung im frühen Mittelalter wieder fanden und nun keine Germanen mehr sein durften. Hinkende Begriffe wie Germanen, Völkerwanderung oder Mittelalter die man anhand heraus ragender Ereignisse festlegte um sich im Wust der Vergangenheit zu orientieren, Epochen von einander trennen und Völkern Namen geben zu können. Aber im Kern lebte immer noch der gleiche Mensch. Wann waren die Brukterer keine Germanen mehr, wann titulierte man sie als Franken und wann nannte man sie Westfalen um nur dieses Beispiel zu nehmen. Und bei der Frage um die Irminsul tritt das Problem in ähnlicher Weise auf. Denn den Ursprung dieser Stätte den zugewanderten Sachsen zuschreiben zu wollen ist historisch nicht haltbar, vereinfacht die Debatte um ihren Ursprung und führt zu falschen Vorstellungen. Um ein besseres Verständnis für die Bedeutung der Irminsul zu entwickeln wird auf dieses komplexe neue Miteinander noch in einem Folgekapitel eingegangen werden. Denn die Existenzgeschichte der "Sul" wurde in mehrfacher Weise in ein unechtes Licht geschoben damit es zum Gesamtbild passt wie es sich die Nachwelt von ihr geschaffen hat. Nur auf den ersten Blick schien alles plausibel zu sein, fügte sich der Überlieferung war aber fern vom Realen. Was die Franken unter dem einstigen Volk der seeräuberischen Sachsen verstehen wollten und wie sie das heidnische Volk im Nordosten erlebten, prägte auch ihre Vorstellungen über das Verhalten dieser Menschen. So gaben sie ihnen zwar die vereinfachte Sammelbezeichnung Sachsen, aber ihr ostwestfälischer Kern setzte sich aus Menschen eines anderen Schlages zusammen. Denn die fränkische Weltanschauung bestand daraus diese Großmacht im Nordwesten des heutigen Deutschland pauschal als Sachsen zu bezeichnen, dabei aber die zahlreichen regionalen und stammesgeschichtlichen Eigenarten, ihre Identitäten und Entwicklungsgeschichten unterzugewichten. Und in Ostwestfalen in das die Stämme aus dem Norden neues Blut spülten und ihre Mentalität mit brachten war es nicht anders. Sie fassten langsam ab dem 6. Jahrhundert Fuß einige kamen bis ins Süderland dem heutigen Sauerland und in die Diemelregion und die Exgermanen im Nethegau nahmen sie auf was ihnen zu neuer Substanz verhalf. Die Bevölkerungsdichte in Falen ließ den Zuwachs aus dem Norden vermutlich problemlos zu, man sog sie auf aber ihre sprachlichen Wurzeln verloren sie im Zuge ihrer Anpassung an den fälischen Bauerntypus. Parallel zum neuen Geschehen fiel literarisch betrachtet nach der Antike und der langen "Dunkelepoche" auch wieder erstes Licht auf den Betrachtungsraum. Denn die Spannungen zwischen den beiden Blöcken hatten zugenommen und es eskalierte im Sommer 772 als Karl der Große die Grenzfestung Eresburg an der Diemel zerstörte. In diesem Jahr betrat Karl der Große auch erstmals den Jahrhunderte vor ihm vom Imperium verlassenen Osten, eine Region in der auch karolingische Wurzeln ruhten. Er begegnete dort einer kulturell noch im heidnischen verhafteten Zivilisation in der er seine eigene germanisch geprägte Vergangenheit erkannte und von Dialekten abgesehen sprach man auch immer noch die gleiche Sprache. Nachdem er sein Zerstörungswerk in "Horohusun" dem heutigen Marsberg beendet hatte berichten die Chroniken übereinstimmend, dass er sich danach an den Ort begab wo die Irminsul stand allerdings ohne, dass sich dem eine Distanzangabe entnehmen ließ. Man geht auch hier von "unweit" aus, dass uns bereits aus dem Taciteischen als "haud procul" geläufig ist. Aber die Verortung der Irminsul wird gegenüber dem "Teutoburgiensi saltu" erleichtert da die historischen Quellen im 8. Jahrhundert schon kräftiger sprudelten als im 1. Jahrhundert. Die Niederlegung und Plünderung der Irminsulstätte soll sich über maximal drei Tage hingezogen haben wobei Probleme mit der Trinkwasserversorgung kamen hinzu kamen. Von hoher Bedeutung für die Verortung ist die Quellenangabe, dass sich Karl der Große direkt nach der Zerstörung nach Herstelle an die Weser begeben hatte, da dies viele Mißdeutungen verhindert. Herstelle, ein heute noch existierender Ort wie wir es auch gerne in den Tacitus Annalen gelesen hätten. Karl brach in Marsberg auf und hätte sich, wollte er den direkten Weg nach Herstelle an die Weser nehmen, nahe zur Diemel bewegen müssen. Einem Fluß der in höheren Lagen entspringt und von dem auch aufgrund seiner zahlreichen Nebenbäche keine Jahre der Austrocknung bekannt geworden sind. Und von diesem Weg zur Weser wich nun der Frankenkönig ab und suchte jene bedeutsame Irminsul auf von der man damals annahm, vielleicht besser gesagt es die Kleriker annehmen wollten, dass es sich dabei nur um ein heidnisches, also ein religiös motiviertes "Idolum" gehandelt haben konnte und so ließ er diesen Ort nachhaltig, wohl bis zur Unkenntlichkeit zerstören, da man bei einem Baumstamm nicht von Grundmauern sprechen kann. Aus der Überlieferung lässt sich daher schlussfolgern, dass man in diesem Jahr auch nicht weiter nach Norden in Richtung Paderborn zog, denn die Diemel fließt nach Osten und die Weser fließt im Osten. Irminsul Standorte nahe Bad Driburg wie etwa die Iburg, der Bullerborn oder gar die Externsteine scheiden demnach völlig aus, da sie für Karl einen erheblichen Umweg bedeutet hätten und sich den Quellen auch nicht entnehmen lässt. Paderborn weiter im Landesinneren gelegen stand erst später auf seinem Plan und war 772 noch fest in sächsisch/fälischer Hand, wo er mit stärkerem Widerstand zu rechnen gehabt hätte. So erinnert seine Vorgehensweise auch etwas an die des Merowingerköngis Chlothar I, der sich 556 vermutlich auch nur bis in Diemelnähe an die südlich gelegenen Stammesgebiete heran wagte, es ihm aber trotzdem gelang die Tributpflicht der grenznahen Stämme wieder herzustellen. Der heutige Ort Herstelle hat Karl dem Großen seinen Namen zu verdanken der ihn ursprünglich "Heristal" nannte. Er ergänzte es noch mit dem etwas befremdlichen Beinamen "Saxonicum", denn er kennzeichnete ihn damit wohl weniger als in Sachsen liegend, sondern sah darin eher ein gegen Sachsen gerichtetes Bollwerk, da es sich nach fränkischer Lesart bzw. Gaufestlegung nicht in Sachsen befand. Es lag noch oder schon im fränkisch dominierten "sächsischen Hessengau" und nicht im "sächsischen Augau", in dem auch Würgassen, das alte "Weregise" in enger Nachbarschaft unweit nördlich von Herstelle liegt. Aber auch Herstelle hat im weiteren Sinne mit der Varusschlacht zu tun. Denn es befindet sich damit unmittelbar auf der Nahtstelle einer sensiblen Konfliktzone zweier sich nun bekämpfender Völker. Sie folgt einer von der Geographie gezogenen Bruchlinie die sich nicht nur in Form eines Grenzweges, sondern auch anhand der großen Dialektgrenze hinsichtlich der Lautverschiebung erkennbar macht und Spuren hinterlassen hat. Der Grenzweg trug dem augenfällig Rechnung und markierte diese Schnittstelle, die vom "Teutoburgiensi saltu" ausgehend an der Nordkante der Warburger Börde entlang führt und letztlich an der Weser bei Herstelle endet. Ein Weg den man später Königsweg nannte und der damit indirekt die Bedeutung des Saltus als Landmarke unterstreicht. So lässt sich auch der Weg hin zum Saltus auf den man Varus gelockt haben könnte in eine direkte Verbindung zur Schlacht bringen. Er verdeutlicht, dass der Abstieg aus der Egge in den Nethegau mit seiner Fortführung bis Herstelle nicht nur ein von der Natur seit Urzeiten begünstigter Zubringerweg in der Großregion war, sondern das man ihn auch nutzte indem man ihn zur Gaugrenze erhob. (15.11.2022)

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