Mittwoch, 29. November 2017
Der Cherusker mit den zwei Namen - den Zweiten kennen wir
Stellen wir uns vor, wie Arminius aufgewachsen sein könnte, so denken wir dabei unweigerlich an eine armselige Hütte irgendwo auf einer Lichtung in Ostwestfalen. Aber vielleicht irren wir uns auch, denn er war der Sohn eines „princeps gentis eius“ also eines „Ersten seines Stammes“, folglich ein Fürstensohn und es war keine Hütte, sondern ein für jene Zeiten schon recht stattliches Einzelgehöft auf einem klimatisch angenehmen Bergsporn, dass mit Moos und Rinde sauber abgedichtet, auch Winter- Sturm- und Regen fest war. Der Geruch der Haustiere mag wohl allgegenwärtig gewesen sein und der beißende Qualm von Feuerstellen wird auch immer in der Luft gelegen haben. Soweit mal zur Phantasie. Real haben wir nichts in der Hand, aber wir haben was anderes, nämlich die mündlichen Überlieferungen aus den alten Zeiten. Sie hinzuzuziehen löst allerdings in der Fachwelt meistens Naserümpfen aus, was ich nicht verschweigen möchte. Was man noch vom Hörensagen wusste, wurde dann später auch nieder geschrieben und erhielt sich bis heute in Form von Sagen. Und da greife ich zuerst mal nach der Thidrekssaga, also der Dietrichsage, die nach Dietrich von Bern benannt ist, hinter dem man meint, den Ostgotenkönig Theoderich den Großen erkennen zu können. In der Thidrekssaga sind auch Teile der Nibelungensage enthalten, die mit der Jugend des germanischen Helden beginnen. Dieser Germane ist Siegfried, der in der nordischen Form Sigurd genannt wird. Seine Mutter hieß Hjördis, die der Sage nach zu Unrecht der Untreue verdächtigt wurde. Es gab also zweifellos Probleme in der Ehe mit ihrem Mann Sigmund, der vielleicht auch Segimer oder Sigimer geheißen haben könnte. Hjördis war bereits die zweite Frau des Sigmund und sie war mit dem kleinen Sigurd schwanger als ihr Mann Sigmund im Kampf umkam. Die Mutter sah in ihrer heiklen Situation offenbar keine andere Möglichkeit als den neu geborenen Knaben in etwas Schwimmfähiges zu legen und ihn in einen Fluss, vielleicht in die Weser auszusetzen. In der Hoffnung es möge sich jemand seiner annehmen. Eine übrigens gebräuchliche Methode für die damalige Zeit. Dieses Behältnis trieb den Fluss hinunter bis eine Hirschkuh es fand und den Kleinen versorgte. Hjördis brachte sich noch nach dem Tod ihres Mannes in den Besitz seines zerbrochenen Schwertes. Und um ihr Kind nicht ganz wehrlos in die Welt zu schicken, legte sie wohl die Reste der Waffe mit in das schwimmende Geflecht. Die “Hirschkuh” - wer auch sonst - übergab dann den kleinen Sigurd und natürlich auch die Schwertreste einem Schmied der sich beider annahm. Diese damals berühmt gewordene Hirschkuh wird auch häufig zitiert, wenn man den Ursprungsnamen der Cherusker von Herut = Hirsch ableiten möchte. Wie vorbestimmt machte der Schmied aus dem zerbrochenen Schwert wieder eine zum Kampf geeignete Waffe mit der Sigurd dann den Drachen töten konnte. Da nicht nur ich in Sigurd Arminius sehe, hatte er eine schwierige Kindheit und musste wie alle gesunden Knaben seiner Zeit lernen die Waffen zu führen. Sollte der dem Tode geweihte Knabe in der Nähe einer Hirschkuh ans Ufer getrieben worden sein und der Schmied konnte dies beobachten so erklärt sich der Grund für die Mitwirkung einer Hirschkuh in dieser Sage. Da Neugeborene Milch benötigen, musste man diese Phase mithilfe dieser Hirschkuh solange überbrücken, bis der ruppige Schmied ins Spiel kam. Der Knabe wurde gerettet und von Mimir jenem Schmied erzogen. Hinter Mimir verbarg sich natürlich eine andere Person, denn hinter der "Mimik jenes Mimir" erkannte die germanische Seele bevorzugt göttliche Weichenstellung. Anknüpfend an diese vorstellbare Kindheitsphase verließ der ältere Arminius später als Geisel seine Heimat um sicherlich nicht mit seiner Zustimmung, gegen Frieden ausgetauscht zu werden. Diese verkürzte eingeschobene Sagen Episode möchte ich mal unkommentiert im Raum stehen lassen, zumal Segimer zumindest noch am Anfang an den Kämpfen gegen Varus teilnahm, also im Gegensatz zu Sigurds Vater Sigmund erst in späterer Zeit verstarb und uns auch Sigmund der Vater von Sigurd als Drachentöter oder anders ausgedrückt als Held überliefert ist. Im Vergleich der Sippen und Familien zu Zeiten der Germanen mit den heutigen Bedingungen lässt sich wohl sagen, dass diese in archaischen Zeiten von völlig anderen äußeren Bedingungen geprägt waren. Die Lebenserwartungen insgesamt waren niedriger, die Säuglingssterblichkeit lag höher, viele Mütter überlebten die Geburt nicht. Es dürfte für uns heutzutage unvorstellbar sein, wie man damals bei den ständigen Herausforderungen bedingt durch den Wechsel der Jahreszeiten, die aufwändige Nahrungsgewinnung und deren Bevorratung und alles unter der Betrachtung kriegerischer Aktivitäten, die wohl allgegenwärtig sein konnten einen geregelten Alltag zustande brachte. Überleben war Glückssache. Wenn wir heute lesen Segimer hatte zwei Söhne und einen Onkel et cetera, so verkennen wir die Lage. Kinder ohne Eltern bzw. Elternteile dürften verbreitet gewesen sein und Germanen höheren Standes mussten zur Sicherung des Erbes vermutlich mehrfach Ehen eingehen. All dies verrät uns die Historie nicht, aber man kann es sich denken. So kennen wir auch die genauen Familienverhältnisse innerhalb der Segimersippe nicht, aber dieses Geschehen um den ausgesetzten und vielleicht sogar ungewollten Arminius könnte für sein Schicksal entscheidend gewesen sein. Er musste sich im Leben durchkämpfen, überlebte eine Flußodysee, kam in die rauen Hände eines Schmied, verließ die Heimat in jungen Jahren, man unterstellte ihn als Geisel römischer Obhut und er musste für Rom seinen Kopf hinhalten. Vermutlich erging es seinem Bruder Flavus etwas besser, auch wenn der durch eine Verletzung wie auch immer er sie sich zuzog, ein Auge verloren hatte. Ihm dem Flavus bot man möglicherweise ein angenehmeres Leben, Pannonieneinsätze blieben ihm wohl erspart, er schien sich besser mit dem römischen Leben arrangieren zu können, wurde Offizier und zu ihm könnte sein Vater Segimer der zwischen den Fronten stand im Gegensatz zu Arminius im engeren Kontakt gestanden haben, vor allem wenn Flavus an der Rheingrenze stationiert war. Dieses Zerwürfnis und vielleicht auch mehr Sympathie von Segimer zu seinem möglicherweise leiblichen Sohn Flavus dem Römer, war der Bruderliebe sicherlich abträglich und führte einen frühen Riss zwischen ihnen herbei der im Streitgespräch an der Weser vor der Schlacht von Idistaviso erneut aufbrach. Blutige Familienfehden sind uns von den Cheruskern überliefert. Ob Segimer Arminius gegenüber immer der fürsorgliche Vater war, könnte man also auch bestreiten. Vielleicht steckte Segimer auch selbst hinter Arminius Ausbildung zum Schmied um ihn nicht in seinem Umfeld zu haben, da er einer anderen Frau im Weg stand. Man könnte also sogar so weit gehen und völlig in Abrede stellen, dass die Frau von Segimer, die als Mutter von Flavus und Armenius um 16 + verstarb nicht nur die Stiefmutter von Arminius, sondern gar von beiden gewesen sein könnte. Im Streitgespräch zwischen den Brüdern über die Weser appellierte Arminius bei Flavus an sein Restgefühl von Verbundenheit mit seinem Stamm und seinen Landsleuten. Und brachte dann sogar die Mutter ins Spiel, die seine Meinung teilen würde, dass Flavus die Familie und das ganze Volk nicht verraten dürfe und stattdessen besser als sein Führer auftreten sollte. Arminius zog demnach alle Register um Flavus auf seine Seite zu ziehen. Rom aber war für Flavus letztlich wichtiger als ihre Bitte. Flavus zu erweichen die Fronten zu wechseln, wäre für Arminius und alle sicherlich ein großer moralischer Erfolg gegenüber Germanicus gewesen, aber er scheiterte damit. Der Name der Mutter des historisch belegbaren Arminius, ist uns nicht überliefert und mit Ausnahme, dass Arminius sie als Mutter bezeichnete wissen wir nicht, in welchem Verhältnis die Brüder zu ihr standen und welche Bedeutung sie für sie hatte. Der eine nutzte sie, um den anderen ins Lager der Germanen zurück zu locken und den anderen ließen ihre Bitten letztlich kalt. Ob diese Argumente ausreichen um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass Arminius womöglich seinen germanischen Namen Sigurd bzw. Sigfried der Geburtslinie Sigmund/Hjördis verdankt ist natürlich spekulativ. Und bei alledem was wir uns unter Arminius vorstellen können, war er auch kein charakterliches Leichtgewicht und eher unbequem. Denn wer derartige Taten vollbringt, musste über viele Talente verfügen und machte sich auch nicht immer Freunde. Mit seiner Rückkehr an die Weser trat also eine höchst umstrittene Persönlichkeit wieder in die Mitte seines Familienverbandes und somit ins Rampenlicht der damaligen Weltgeschichte. Keiner konnte auch damals damit rechnen, dass er überhaupt wieder lebend von den Kämpfen in Pannonien zurück kommen würde. Seine Gefährten waren ihm Familienersatz und ob man ihn mit offenen Armen empfing ist fraglich. Vielleicht wäre es Segimer sogar recht gewesen, er wäre gar nicht mehr zurück gekommen, vielleicht war Segimer wie ich andeutete, auch gar nicht sein leiblicher Vater und Arminius wurde deshalb verstoßen, und sein Vater war dieser damals im Kampf gefallene Sigmund, dessen Schwert ihm vererbt wurde. Der auf Hjördis lastende Verdacht der Untreue nährt diese Überlegung. Viel Stoff wenn man seinen Gedanken freien Lauf lässt und den Sagen glauben schenken möchte. Arminius brachte zuerst mal nur Unruhe in die Region. Wie nun nicht anders zu erwarten, geistert er zwangsläufig auch durch nahezu alle Kapitel meiner Veröffentlichung. Arminius der Cherusker ist einer der ganz wenigen “frühen Deutschen” die uns namentlich überliefert wurden. Nur Boiorix der Anführer der Kimbern von der kimbrischen Halbinsel, dem heutigen Dänemark mit der keltisch/germanischen Namensendung „rix“ und Teutobod dessen Namen wie Marbod endet, der aber auch ins fränkische Mero - baudes/bod weist und der der Anführer der Teutonen war. Sie könnten Arminius, da sie etwa hundert Jahre vor ihm lebten und ihre Namen ebenfalls überliefert sind, bei der Altersbestimmung noch Konkurrenz machen. Dadurch wird auch die Erforschung seiner Namensherkunft zu einer bleibenden Aufgabe auch für die Nachwelt werden. Geboren wurde der berühmte Schlachtenlenker von der Weser im vorgeschichtlichen also prähistorisch/schriftlosen Germanien noch vor der Zeitenwende und er schied in geschichtlicher Zeit aus dem Leben. Wer wollte diese einzigartige, historische Figur, die wie keine andere den Anfang unserer Zeitrechnung markiert und symbolisiert und der der Sprung durch die unsichtbare Schallmauer dieser Zeitenwende gelang, da jemals übertreffen. Arminius war schon ein kräftiger Knabe als Jesus geboren wurde, der ihn dann aber noch um etwa 10 Jahre überleben sollte. Auf unterschiedliche Weise wurden beide von ihrer Familie getrennt, aber für beide war es ein unnatürlicher Tod, ausgeübt von Menschenhand. Als Zeitgenosse des Jesus von Nazareth hatten sie in Varus, den man um die Zeit aus Syrien abberief, als Jesus geboren wurde, schon fasst einen gemeinsamen Bekannten gehabt. So klein war damals schon die Welt. Über seinen germanischen Namen wurde schon viel gerätselt, aber wir kennen ihn nicht. Diesen richtigen, also sozusagen den echten germanischen Namen von Arminius zu wissen, würde uns auf der Suche nach dem Varus Schlachtfeld aber auch nicht weiter helfen. Ihn zu enträtseln brächte aber vielleicht etwas mehr Licht in die Hierarchie alter Machtverhältnisse und Familienzugehörigkeiten zu den Zeiten vor und nach der Varusschlacht und könnte uns damit über Umwege dem Ziel etwas näher bringen. Nach seiner Rückkehr aus Pannonien an die Weser dürfte sich auch sein neuer römischer Name Arm(i)nius oder Arm(e)nius bei seinen germanischen Zeitgenossen schnell einbürgert haben. Bislang kannte man einen Arminius nicht oder vielleicht besser gesagt, man wollte ihn unter diesem Namen wohl auch nicht kennen und anfänglich nannte ihn daher auch kein Germane so. Arminius wurde er von jenen genannt, die den Germanen in feindlicher Absicht gegenüberstanden. Und diese feindlich gesinnten Völker verliehen ihm schließlich auch diesen römifizierten Adoptivnamen. Vielleicht hatte der Name auch die Bedeutung eines Ehrentitels oder stammte gar aus dem ägyptisch/äthiopischen Sprachraum, wo man einen Märtyrer mit Namen Armin kennt, der um 304 verstorben sein soll. Aber auch vom lateinischen Wort "arma" für Waffe könnten ihn die Römer übernommen haben. Sogar seine Augenfarbe, die möglicherweise so blau war wie ein Azurit der sich latinisiert Armenium nennt, wird als Erklärung herbei gezogen oder die Ähnlichkeit seines Namens mit dem Volk der Armenier. Diese Auswahl zeigt aber auch sehr anschaulich, wie lebendig immer noch unsere Forschungslandschaft im Bemühen Erklärungen aufzutun ist, und das auch noch nach 2000 Jahren. Ob Arminius sich auch selbst so nannte ist ebenfalls nicht bekannt aber denkbar, zumindest wird er den Kopf gehoben haben, wenn man ihn so rief. Selbst wenn er schon als älteres Kind und damit als Geisel ins Römische kam, wird ihn sein germanisch geprägtes Gedächtnis an seinen ersten Namen nicht verlassen haben. Sein germanischer Name wurde ihm lange vor seiner Zwangsumsiedlung ins Imperium in die Wiege gelegt und dieser erste Name war in der germanischen Welt und vor allem bei seiner Familie und innerhalb seines Stammes natürlich auch noch bestens bekannt, geläufig und in guter Erinnerung geblieben. So konnte er sich wohl auch je nach Gelegenheit aussuchen, welchen der beiden Namen er wann und wo benutzte. Seine Familie, seine Freunde und seine Stammesgenossen werden ihn wohl nie Arminius genannt haben und sie werden mit Sicherheit seinen alten germanischen Geburtsnamen gleich wie er lautete, bevorzugt haben. Viele Historiker ließen sich verlocken den Namen einzudeutschen und machten daraus den uns allseits bekannten Hermann, was aber zwischenzeitlich von der Fachwelt verworfen wird. Durch seine lateinische Endsilbe „ius“ hinter Armin hatte er aber für unsere Ureinwohner nicht mehr den ihnen vertrauten „germanischen Klang“. Die Cherusker könnten aber noch sehr gut Hermin – ius, Ermin - ius oder Irmin – ius heraus gehört haben. Daher verbreitete sich in der späteren Forschung recht schnell und auch plausibel nachvollziehbar die Ansicht, dass sein germanischer Urname auch eigentlich nur Armin gelautet haben kann. Und Hermin wäre da für die Stämme nicht nur im herminonischen Kultraum, wozu auch die Cherusker zählten ein Begriff. Armin der Arminone aber auch der Irminone wäre also auch eine denkbare Alternative. Der von den Römern vergebene Name Arminius, wenn sie ihn denn von Herminius ableiteten, war für sein eigenes Volk wegen der Aussprache der Endsilbe ein Fremdkörper und womöglich nicht beliebt. Es blieb ein ihm von den Fremden möglicherweise auch gegen seinen Willen aufgezwungener Name. Um die Problematik um die Herkunft des Namens Armin nun komplett zu machen kommt man nicht umhin auch einen Blick auf Gaius Plinius Secundus Maior, auch Plinius der Ältere genannt und seine Naturalis historia zu werfen, die um um 77 + entstanden ist. Plinius nennt darin unter der Sammelbezeichnung der Hermionen wohlweislich nicht der Herminonen sondern der Hermionen die Stämme bzw. Völker der Sueben, Hermunduren, Chatten und Cherusker. Er unterscheidet aber die Cherusker aus denen Arminius entstammte von den nördlicher davon siedelnden elbgermanischen Hermunduren, die zum großen Volk der Sueben gerechnet werden. Der Name dieser Ermunduri, was aus den lateinischen Worten Suevi Hermunduri also von den Hermunduren abgeleitet ist, verleitet aber auch noch dazu durch die Anfangssilbe “Ermun” an das Wort Armin anzuknüpfen. Da uns Arminius über die römische Namensschiene begegnet, Arminius aber ein Cherusker und kein Hermundure war, könnte man den Gedanken verwerfen, dass sich die römischen Namenspatronen mit Arminius für einen Namen aus einem anderen germanischen Volksstamm entschieden haben könnten. Allerdings vereint die Namen “Ermun” als auch “Armin” der Bezug zum altdeutschen Begriff “Erm” bzw. „Arm“ , woraus auch Adler oder Adlertöter abgeleitet werden könnte, so dass man auch diese Kombinationsmöglichkeit, wenn auch vielleicht nur auf hinteren Rängen in der Gesamtbetrachtung gelten lassen muss. Diese These wird aber auch durch die Kenntnis gestützt, dass in Germanien der Name Armin auch für Ermin oder Irmin und damit für Worte wie groß, gewaltig und heldenhaft steht. Die für den Cherusker nun neuen “Familienmitglieder” besser gesagt seine ihm nahe stehenden Bezugspersonen auf römischer Seite, die gewiss auch Verantwortung für seine Loyalität übernehmen mussten, konnten sich als Ziehväter bei der Namenssuche auch in der germanischen Welt nach geeigneten Rufnamen umgesehen haben, wurden vielleicht auch fündig und fügten dann nur die lateinische Endsilbe an. Hängen bleibt bei alledem sicherlich die Feststellung, dass der Name Armin, auch wenn man an ihn im römischen Reich die lateinische Endung “ius” anfügte germanischen Ursprungs gewesen sein könnte, ohne das man dies natürlich mit letzter Sicherheit behaupten kann. Der Name als Armin oder gar Arminius geschrieben erlebte trotz seines immensen Erfolges und seines plötzlichen Bekanntheitsgrades dadurch aber keine Konjunktur. Er ist in Germanien in dieser Schreibweise an keiner Stelle nachweisbar und scheint für männliche Nachkommen keine Verwendung bzw. Nachahmer gefunden zu haben. Zumindest kenne ich keine Überlieferungen aus germanischen Zeiten zu weiteren Personen die den Namen Armin mit “A” geschrieben tragen. Erst in der Moderne taucht der Name Armin wieder auf. Anders verhält es sich mit der Schreibweise bzw. Variante des Namens Armin, wenn man an seinen Anfang den Buchstaben “I” statt “A” setzt, nämlich Irmin statt Armin. Es lässt sich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, ob das gesprochene “Ar” des aus der römischen Sprache überlieferten Wortes Arminius im Germanischen eine Wandlung vollzog und zum “Ir” wurde, jedoch gibt es dafür einen anderen Anhaltspunkt. Aus der indogermanischen Sprachentwicklung kennen wir die Ableitungen aus den Worten pflügen und Pflug. Aus der litauischen Sprache kennen wir das Wort “ariu” für Pflug und in lateinisch die Worte “arō = āre”, dass für “arātrum” also Pflug steht sowie aus dem gotischen das Wort arjan. Im Altenglischen finden wir dann für das Verb pflügen den Namen “erian” und im Althochdeutschen die Namen “erien” und “erran”, erkennen hier also den Wechsel vom “ar” zum “er”. Wenn man diese Beispiele auch auf die Namensverschiebung von Armin zu Ermin anwenden darf bzw. kann, so hätte man unter der römischen Herrschaft demnach für den Namen Armin auf die indogermanische Wurzel zurück gegriffen, die sich im Zuge der Sprachveränderung in Germanien später zum Namen Irmin entwickelte. Verfolgt man diesen Strang können wir ein Bindeglied zum Namen des thüringischen Königs Herminafried greifen. Für ihn gibt es auch die Namensüberlieferung Hermenefred. Aufhorchen lässt uns auch der Name Erminafried mit dem man ihn auch benannte und der sich bereits ohne “H” schreibt. Aber besonders fällt sein weiterer Name Irminfried auf, denn hier vollzieht sich dann der spätere Namenswechsel vom Ermin zum Irmin. Irminfried war arianischen Glaubens, lebte von etwa 485 bis 534 und verstarb in Tolbiacum dem heutigen Zülpich. Er war der Sohn des thüringischen Königs Bisinius, trat 510 dessen Nachfolge an und heiratete Amalaberga die Nichte von Theoderich dem Großen. Man kann annehmen, dass es um diese Zeiten und auch früher weitere uns nicht überlieferte Namen gegeben haben müsste, in denen der Name Irmin in welcher Form auch immer enthalten gewesen sein dürfte. Irminfried wurde 464 Jahre nach Arminius Tod geboren. Das weströmische Reich endete theoretisch mit dem Hunneneinfall 375 + und das frühe Mittelalter begann mit der Langobardenherrschaft in Italien nach 568 +, dazwischen lagen die Zeiten der Völkerwanderungen. Irminfried starb 534 + sein Leben fiel also mitten in diese zeitlichen Wirren. Ich denke, dass zwischen den Schreibweisen von Armin zu Irmin die Namensformen mit Ermin gelegen haben, die man vor die Irminschreibweisen als die Älteren ansprechen könnte und auf die eine Vielzahl anderer germanischer Namen wie zbs. den des berühmten Gotenkönigs Ermenrich der im Jahre 376 verstarb zurück greifen. Der Hinweis auf den männlichen Namen Irminfried führt uns aber mehr in den thüringischen Raum der aber ab dem 6. Jhd. zunehmend unter sächsisch/fränkischen Druck geriet. Die Schreibweise der westfränkischen Königin Ermentrude, über Hermentrude und Irmentrude aus der sich dann der Name Irmtraut entwickelte zeigt, dass sich später die “Irm” Silben durchsetzten. Nach Thüringen weist auch die bekannte Irmina von Oeren oder auch Irmina von Trier genannt, sowie eine Immina bei der es sich vermutlich um deren Tochter handelt. Irmina von Oeren verstarb zwischen 704 und 710 und ihre Geburt könnte, da sie die Mutter von Adela von Pfalzel war die 660 geboren wurde, je nach dem Alter ihrer Mutterschaft vor 648 gelegen haben. Forschungen ergaben, dass sie ursprünglich aus Thüringen gestammt haben könnte und damit enger mit den sächsischen Stammlanden als mit dem fränkischen Austrasien verbunden war. Aus dem Namen Armin könnten sich über den Umweg des Ermin demnach alle weiblichen und männlichen Irminnamen entwickelt haben. Auch dies ist kein einwandfreier Herkunftsbeweis auf eine von den Germanen eigenständig und unabhängig vom großen Armin entwickelte Namenstradition. Denn allen nach dem römischen Arminius, dem großen Schlachtenlenker geborenen Kindern in der germanischen Welt, so könnte man sagen, wäre der Name Armin dann nur deshalb verliehen worden, um damit an seinen großen Namensvetter zu erinnern. Über den späteren Namen Irmin leitet man ihn von Armin ab, könnte sich dann letztlich doch eine germanische Tradition basierend auf dem römischen Namen etabliert haben. So hätte sich damit der Bekanntheitsgrad des Namens Arminius und das Wissen um diese Person und seine Taten verfestigt und ließ sich, zuerst aus der lateinischen Geschichte und später auch aus dem germanischen Sprachraum fortan nicht mehr tilgen. Arminius als Person, war aber nicht nur im römisch beeinflussten Germanien, sondern weit über die in Abhängigkeit zu Rom stehenden Völker hinaus bekannt, auch wenn man die lateinische Namensform Armin nicht als Name für Nachkommen nutzte. Der heutige Großraum der die westfälische Bucht, bis zur Weser einschließlich Südniedersachsen, Nordhessen und das nördliche Sauerland bis zur Diemel umfasst, war Kerngebiet einer Bevölkerung, die noch über viele Generationen das Wissen um die damaligen Ereignisse kannte, weiter gab und mit ins Grab nahm. Dem Namen Arminius und seinen Taten, wohnte eine römisch/germanische Wurzel inne und ihm haftete noch sehr lange ein alle Stämme verbindender germanischer Wiedererkennungswert an. So könnte sich am Nordrand des Sauerlandes auch eine sprachverwandte Verkettung von Armin - ius über Ermin und Irmin bis zur Irminsul durchgesetzt haben worauf ich aber noch zu sprechen komme. Arminius war in die Seelen und Herzen wie einzementiert, und hatte bei den regionalen Germanenstämmen im Götterhimmel schon einen festen Platz gefunden. So überdauerte er problemlos die Jahrhunderte. Arminius hatte in der Großregion überlebt auch wenn die latinisierte Form seines Namens verschwand. Und dieser Ort könnte ohne viel Phantasie zu haben, zum Beispiel auch, aber nicht nur der Obermarsberg gewesen sein, denn da habe ich einen anderen Verdacht. Der Name Ermin/Irmin wurde aber nur als Personenname verwendet wie ich später noch herausstellen möchte, man vergötterte ihn zwar wegen seiner Taten aber vergöttlichen wollte man ihn auch nicht. Was natürlich im scharfen Kontrast zum Imperium steht, wo es die römischen Kaiser allen vormachten, indem sie sich schon zu Lebzeiten mit den Göttern auf eine Stufe stellten oder auf Münzen abbilden ließen. Auf diese profanen Basis gestellt, hatten sich auch die Cherusker und die anderen Stämme der Zeit an seinen neuen römisch/germanischen Zweitnamen Arminius und die Folgenamen Ermin und Irmin gewöhnt. Sie zollten schließlich seiner Person Hochachtung und Respekt gleich wie man ihn rief, aber sie amüsierten sich andererseits auch gleichzeitig über diesen Namen, da der mit Ruhm und Erfolg in Verbindung gebrachte Name Arminius ausgerechnet von jenem Volk vergeben wurde, das ihm später unterlag, ihm dem germanischen Wolf im Schafspelz, der sie alle hinters Licht geführt hatte. Rom verlieh ihm den Namen Arminius möglicherweise auch, weil ihnen sein germanischer Originalname schlechter über die Zunge ging, oder sie ihn möglicherweise auch gar nicht kannten oder kennen wollten. Sie akzeptierten ihn bei sich nur mit einer Identität die sie selbst vergeben hatten. In den römischen Niederschriften der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung erwähnte man den Namen Arminius auch noch. Später belastete man sich im römischen Reich nicht mehr mit ihm und seiner für das Volk von Rom gewisslich negativen Aura. Sein Name geriet in Vergessenheit, aber nicht so in Germanien. Damit verließ die Person Arminius auch langsam die historische Bühne aber nur auf der Ebene der römisch/historischen Überlieferung. Ihn, der er auch noch ein gegnerischer vor allem aber ein erfolgreicher Heerführer war begrub man literarisch unter einer dick “aufgeschichteten Schicht Geschichte”. Und wer lobt außer Tacitus schon seinen Feind in Person des Arminius und macht ihn damit unsterblich. Auch der ihm damals von römischer Seite gegebene Zweitname Arminius in seinen abgewandelten Formen hat die Zeiten überdauert und blieb bis in unsere Tage im Gedächtnis der Bevölkerung haften. Eine letzte Spur zum Namen Arminius in direkter Folge und Anknüpfung an die Antike sehe ich daher in der Arminiussäule, abgekürzt Irminsul die im 8. Jhd. von Karl dem Großen zerstört wurde. In dieser Zeit hatten sich die Franken vorgenommen, alles traditionelle und was sie für heidnisch hielten endgültig aus den Köpfen der Bevölkerung in Westfalen, Falen und Ostfalen zu verbannen und dem fiel auch die Arminius - Erinnerungsstätte zum Opfer und beinahe wäre es den Franken auch gelungen. (zuletzt überarbeitet - 12.2.18 - 18:45 Uhr)