Donnerstag, 4. November 2021
Unsere Altvorderen und ihre Schlachten Logistik.
Obwohl das Imperium schon links des Rheines Flagge zeigte und auch in Ostwestfalen Fuß gefasst hatte, sollte man die Periode epochal betrachtet noch der "vor römischen" Eisenzeit zuordnen. Eisenzeit und Logistik, zwei Worte die sich beißen und so muss man sich auch die Frage stellen, was man damals darunter verstand. Ersetzen wir aber das Wort Logik mit Brauchtum oder Instinkt dann kommen wir den alten Zeiten etwas näher. Wie man sich vor 2000 Jahren auf Gefechte und Kämpfe mit anderen waffentechnisch gleich gestellten Germanenstämmen vorbereitete mag noch nachvollziehbar sein. Aber alles kann sicherlich kein Vergleich mit dem gewesen sein was nötig war um sich auf die Schlacht gegen Varus vorzubereiten. Wie könnten sie es angegangen haben genügend Kämpfer zu sammeln, wie "trommelte" man sie zusammen und wie behielt man im großen Operations- und Einzugsgebiet der Nethe die Übersicht. Die nötige Intelligenz und Fähigkeit dazu war bei ihnen zumindest auf Führungsebene vorhanden, aber unter den einfachen Kriegern hatte die Disziplin zu stimmen. Um es sich in der Umsetzung sprich Vorgehensweise vorzustellen müssen wir tief in die untersten Kellerräume unserer Gehirnhälften hinab steigen in denen sich noch die Reste brauchbarer Vorstellungen oder notgeborener Reflexe, Stichwort Hirnanhangdrüse im verstaubten Genpool abgelagert haben könnten. Dabei ist alles ganz einfach und man wird sich damals auch noch einiges an Geschicklichkeit aus der Tierwelt abgeguckt haben. Man besaß einen guten Blick für die Schwächen des römischen Feindes und erkannte hoffentlich auch die eigenen. Aber Logistik ist mehr und besteht in erster Linie aus Kommunikation, aber für die richtige Kampfausstattung war jeder Einzelne für sich selbst verantwortlich. Einen Gegner zu überraschen der sich nicht uneingeschränkt in die Karten schauen lässt und sich ihm im richtigen Moment entgegen zu stellen, muss damals eine gewaltige Herausforderung für die verstreut lebenden germanischen Dorfgemeinschaften und ihre Allianz gewesen sein. Was sich also hinter den Kulissen des römischen Lagerlebens auf germanischer Seite vollzog ist eines der vielen Rätsel im Zusammenhang mit der Varusschlacht. Gemeint ist nicht die Wochen - und monatelange Vorgeschichte oder der aufgestaute Hass, sondern nur das Geschehen auf die unmittelbaren Abläufe etwa 24 oder 36 Stunden vor dem Ausbruch der Schlacht. Allein dies zu ergründen lässt erahnen wie komplex das Zusammenwirken der germanischen Kräfte gewesen sein musste um zum Ziel zu kommen. Das Kampfgebiet war abgesteckt, man wusste wo Varus aufbrechen würde, wo man ihn hinführen wollte und wo man plante die ersten Speere zu schleudern. Und das man die Marschstrecke teilweise mit Barrieren und anderen denkbaren Hindernissen präparierte brauchte man unseren Vorfahren nicht erst sagen. Aber wann gab Varus den ultimativen also unwiderruflichen Befehl zum Marsch in den Süden aus, wann also wurde für seine Gegner deutlich, dass er den Vorschlag von Arminius aufgriff um zu den Aufrührern zu ziehen und wies seinen Generalstab an dafür die Vorbereitungen zu treffen. Nach Tacitus ( 1,55. (2) zu urteilen traf Varus diese Entscheidung bereits am Vorabend anlässlich eines Gastmahls in seinem Lager an der Weser. Als vermutlich bereits die Dunkelheit eintrat kommt es im Zuge seiner Überlieferung, wonach man "unter die Waffen" trat zum Ausdruck, dass die Entscheidung gefallen zu sein könnte, die Herausforderung anzunehmen und anderntags den Marsch zu den Aufrührern anzutreten. Ein möglicherweise historischer Augenblick durch den sich Arminius erst imstande sah zu handeln. Man darf annehmen, dass Arminius mit am Tisch saß, zumindest aber zeitnah davon erfuhr. Hätte Arminius unmittelbar im Anschluss an die Tischrunde seinen oder seine Vertrauensmänner informiert und hätten diese wiederum ohne großes Aufsehen die Nachricht verbreitet, dann hätten noch in der gleichen Nacht die Alarmreiter ausgesandt worden sein können um die Fürsten der Region zu informieren. Dies war für Arminius der entscheidende Moment um reagieren zu können, denn nun erst waren die Germanen handlungsfähig. Bis zu diesem Zeitpunkt verharrte man in der Großregion in unruhiger Anspannung und wartete auf das vereinbarte Zeichen. Wir können nicht nachvollziehen wie berechnend - oder unberechenbar genauer gesagt vielleicht auch flatterhaft Varus hinsichtlich seiner Entscheidungsfreudigkeit war und vielleicht auch bewusst seine letztgültige Entscheidung lange im Verborgenen hielt. So bestand immer noch ein Restrisiko das Varus sich letztlich vielleicht doch umentschied und den Gedanken an einen Exkurs spontan fallen ließ. Wäre es dazu gekommen wäre Varus auf dem Hellweg geblieben, so hätte es die nach Cassius Dio etwa 2 ½ Tage andauernde Schlacht möglicherweise gar nicht gegeben, da sich die Voraussetzungen völlig geändert hätten. Erst als die Hinweise eindeutig interpretierbar waren konnte Arminius den Stämmen den Zeit- und Angriffsplan übermitteln. Die Plausibilität gestattet es annehmen zu dürfen, dass die Uhr ab dem Moment tickte, als man im Weserlager unter die Waffen trat um am folgenden Tag das Sommerlager zu verlassen. Von diesem Augenblick an sollten bis zum Ausmarsch aus dem Brakeler Lager am Morgen des zweiten Marschtages gegen 10 Uhr noch 24 Nacht- und 15 Tagesstunden vergehen. Zeit die die Germanen für ihre Art der Logistik brauchten. Und vor allem waren es die Tagesstunden des ersten Marschtages die Arminius zur Verfügung standen um seine Männer zusammen zu ziehen. Und jetzt konnten auch die Vertrauensleute von Arminius den befreundeten Stammesführern in der Großregion den aktuellen Stand mitteilen und die Kunde verbreiten, dass es zur Schlacht kommen würde. Die Fürsten der beteiligten Stämme konnten wiederum ihrerseits die Befehlskette in Gang setzen und ihre Unterführer sowie die Sippenältesten informieren. Und so lässt es sich auch den antiken Schriften entnehmen. So standen den Botenreitern mindestens die 12 Tagesstunden des ersten Marschtages zur Verfügung und sie konnten vielleicht sogar die Dunkelheit für ihren Ritt meiden. Und es stellt sich dann die Frage wie schnell und auf welchen Wegen die Krieger der beteiligten Stämme das Kampfgebiet erreichen konnten und welche Distanzen sie dazu zu überwinden hatten. Die kampfwilligen Germanen hatten sicherlich in der Erwartung auf das Kommende wohlweislich die Erntearbeit schon länger eingestellt, ihre angerosteten Schwerter waren geschärft und auch die Keulen der weniger Betuchten lagen schon neben dem Strohsack. Man saß auf heißen Kohlen und musste nun flexibel reagieren, denn Kampf war angesagt. Jeder Germane der wollte, konnte sich wohl an den Kämpfen beteiligen, aber nicht jeder erfüllte auch die Voraussetzungen dafür, so legte sich jeder seine persönliche Messlatte. Germanische Kurierreiter, sendete man sie am Morgen des ersten Marschtages schon an der Weser sternförmig aus, konnten an einem Tag alle benachbarten Stammesführer in ihren jeweiligen Zentren erreichen. Depeschenreiter die im Mittelalter am Tag etwa 100 Kilometer schafften werden auch 1000 Jahre früher nicht viel länger gebraucht haben um die Hauptwohngebiete der betroffenen Völkerstämme aufzusuchen. Ritt man in Stafetten übergab man die Nachricht und schon nach wenigen Stunden konnten die Siedlungen der Germanen erreicht werden, die sich beteiligen wollten und die sich über viele Quadratkilometer zwischen Lippeoberlauf und Harzvorland erstreckten haben könnten. Wie diese nun mit ihren Sippen in den entlegenen Landesteilen Kontakt aufnahmen mag auf ähnliche Weise geschehen sein, denn auch dahin führten Wege und es funktionierte die anspruchslose und vom Gelände unabhängige vierbeinige Post. Problematischer wiegt da mehr die Frage, wie koordiniert die einzelnen Kampfverbände oder Hundertschaften aufbrachen und vor allem wie lange sie bis ins Zielgebiet unterwegs waren, denn nicht jeder Germane konnte ein Pferd sein eigen nennen und musste die Strecke bis ins Kampfgebiet zu Fuß zurück legen. Aus welchem Betrachtungsraum sie diese Strapazen auf sich nahmen lässt sich schwer abschätzen. Am Abend vor dem Verlassen des Lagers klingt aus den Überlieferungen von Tacitus noch der Unterton heraus, als ob über das Unternehmen Varusschlacht bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht das letzte Wort gesprochen worden wäre. Erst in dem Moment als man unter die Waffen trat, man sie also der Übersetzung nach für den nächsten Morgen an sich nahm, kommt es zum Ausdruck und da schien die Entscheidung gefallen zu sein die Herausforderung anzunehmen auch anderntags den Marsch zu den Aufrührern anzutreten. Ein möglicherweise historischer Moment durch den sich Arminius erst imstande sah zu handeln. Die Nacht dürfte bereits herein gebrochen sein, als noch während des Gastmahls die Entscheidung fiel, wobei man annehmen darf, dass Arminius mit am Tisch saß, zumindest aber davon erfuhr. Hätte Arminius unmittelbar im Anschluss daran seinen oder seine Vertrauensmänner informiert und hätten diese wiederum ohne großes Aufsehen die Nachricht verbreitet, dann hätten noch in der gleichen Nacht die Alarmreiter ausgesandt worden sein können um die Fürsten der Region zu informieren. Da sich Pferde in der Dunkelheit besser orientieren können als Menschen, da sie eine spezielle reflektierende Schicht im Auge haben wodurch sie das Restlicht verstärkter nutzen können wäre auch dies denkbar gewesen. Spätestens in den Morgenstunden hätte dann die Nachricht alle Adressaten erreicht und die ersten Krieger hätten sich zu Fuß auf den Weg machen können. Schlägt man nur einen einfachen Kreis von etwa 25 Kilometern Luftlinie um das Ausgangslager Höxter von wo aus die Reiter des Arminius aufbrachen, so umfasst dieser bereits ein Siedlungsgebiet, das bis Bad Driburg und Bodenwerder reicht, sich nach Süden bis Trendelburg erstreckt und über den Solling noch bis Dassel hinaus greift. So wäre den in diesem Umkreis siedelnden Fußkämpfern hätte sie denn die Nachricht im Verlauf der Nacht, des frühen Morgens oder Vormittags erreicht, noch genügend Zeit zum Anmarsch geblieben. Dieser Theorie nach wurde Varus gegen 14 Uhr erst am darauf folgenden Tag angegriffen und man hätte sich an dem Tag auf den Weg gemacht, als Varus noch dabei war die erste Marschetappe bis Brakel hinter sich zu bringen. So hätten selbst Krieger zu Fuß waren sie konditionsstark den Fahlenbruch auch dann noch erreichen können, wenn sie erst an dem frühen Morgen aufbrachen als Varus das Lager Brakel verließ. Sie sehen, es besteht auf Basis dieser Theorie die gute Möglichkeit, dass selbst Fußkämpfer aus 25 Kilometern und mehr noch in die Schlacht einbringen konnten und wenn nicht gleich am ersten Kampftag etwa gegen 14 Uhr, so aber doch mit etwas Verspätung. Hätten aber am 2. Kampftag mühelos die Schlachtzone auch zu Fuß erreichen können. Weit aus anders anders wäre es verlaufen, wenn den Germanen für den Weg zum Schlachtfeld Pferde zur Verfügung gestanden hätten. Stellte man ihnen aus dem dörflichen Umfeld nach patriotischer Denkweise die nötigen Reit- oder Ackerpferde bereitwillig zur Verfügung ließen sich noch größere Einzugsradien ermitteln und weitere Räume erfassen aus denen kampfwillige Germanen noch das Schlachtfeld erreicht haben könnten. So hätten Arminius berittene Kontingente aus noch abgelegeneren und entfernter liegenden Gebieten zur Verfügung gestanden. Es musste nicht gerade ein Alarmritt zum Schlachtfeld gewesen sein, sodass ein normaler Tagesritt je nach dem wie scharf man es anging mit dem Reitpferd und weniger dem Arbeitspferd in früheren Jahrhunderten zwischen 50 und 60 Kilometern gelegen haben könnte. Man kannte den Zeitplan wann Varus Brakel verlassen würde und konnte sich darauf einstellen. Germanen, saßen sie denn einen Tag auf dem Pferderücken und trauten sie sich noch einen Nachtritt im Schritttempo zu, so konnten selbst noch aus dem Leinetal, Kassel, Geseke und unter Umständen auch noch aus Hameln Männer hinzugestoßen sein. Ab dem Abend im Sommerlager nachdem sich Varus möglicherweise schon mit Arminius auf die abweichende Wegeführung verständigt hatte, wäre es folglich den cheruskischen Meldereitern problemlos möglich gewesen alle germanischen Stammeszentren zu erreichen die sich der Überlieferung nach an der Varusschlacht beteiligt haben sollen. Und natürlich ritten sie auch zum Sitz des Cheruskerfürsten Segestes vermutlich an der Leine liegend, von wo aus sich bekanntlich auch Sippenangehörige von Segestes aufmachten um Arminius zu unterstützen. Voraus gesetzt Segestes, der selbst beim Abendmahl anwesend war, auch wenn er schwieg hätte dies nicht selbst übernommen. Und auch dann, wenn nicht alle Stämme ihre gesamte Streitmacht für die Varusschlacht abgestellt haben sollten, so darf man auf Basis dieses erheblichen Einzugsgebietes davon ausgehen, dass es den Germanen nicht an Kämpfern gemangelt haben dürfte. Hatte Arminius mit den Fürsten den Marschweg der Legionen abgesprochen, dann war allen die Zugstrecke von Brakel bis Borlinghausen bekannt. Kämpfer aus den Reihen der südlichen Anrainerstämme wie Chatten und Marser hätten Varus auch erst angreifen brauchen nach dem dieser sich ihren Territorien genähert hatte, sparten sich also einige Kilometer Anmarsch oder Anrittzeit. Das Kampfgebiet befand sich vollumfänglich im Siedlungsgebiet der Cherusker von dem man annimmt, dass aufgrund der Egge mit seiner trennenden Wirkung der gesamte Nethegau bis an die Diemel noch dazu gehörte, so trugen sie was auch historisch nicht verwundert die Hauptlast in dieser Befreiungsschlacht. Im Rücken der varianischen Marschszenerie liefen mit heutigen Worten gesprochen also die Drähte heiß. Man darf daher auch annehmen, dass es zuerst die Krieger der Cherusker waren die sich mit Speeren bewaffnet auf den Angriff vorbereiteten. Sie waren Arminius verpflichtet und dürften ihre Instruktionen direkt von ihm erhalten haben. Vermutlich Krieger die dem Marschzug ab Brakel in sicherem Abstand unerkannt gefolgt waren und die ihre Wohngebiete nördlich einer Linie von Bad Driburg bis Höxter hatten. Andere Cherusker werden seitlich zugestoßen sein. Da den übrigen Stämmen die Bezugspunkte im Groben bekannt waren darf man voraus setzen, dass sie sich über die nächst liegenden Routen dem späteren Kampfplatz annäherten und diese dürften damals der Luftlinie schon recht nahe gekommen sein. Aber wer wies die Neuankommenden ein und sagte jenen Bewaffneten, wo sie sich hin zu begeben hatten wenn sie völlig ortsfremd waren. Wo befand sich der Gegner der zudem noch in Bewegung war. Was mag in diesen seltsamen Stunden und Tagen der Unruhe noch alles geschehen sein, was sich selbst unserer kühnsten Phantasie entzieht. Eine ganze Region befand sich im Ausnahmezustand, war in Aufruhr versetzt und doch zum Stillschweigen verurteilt. Und wo befand sich das Befehlszentrum des germanischen Fürsten Arminius, war es die Behmburg oder saß er in diesen Stunden mehr im Sattel, als dass er auf den Füßen stand aber sprichwörtlich hatte er immer die Zügel in der Hand zu halten. Beobachtete er die Lage vor dem offenen Ausbruch vom Teufelsberg nahe Hampenhausen von erhöhter Warte aus, wo die Meldereiter der befreundeten Stämme in kurzen Abständen eintrafen damit der Kontakt zu ihnen nicht abriß. Wusste er immer genau, wo sich die Kampfverbände der Chatten, Marser oder Brukterer befanden. Hatte man sich gegenseitig Streckenabschnitte zugewiesen und wie viel musste dem Zufall überlassen bleiben. Letztlich lebt jedes Gefecht von Reaktion und Gegenreaktion, denn mit keiner Theorie lässt sich nachvollziehen, ob nicht Varus doch noch unerwartete Feldherrntalente zu Tage zauberte die man ihm nicht zugetraut hätte. Unvorhersehbare Ereignisse hätten die Planungen zunichte machen können und neue Entscheidungen waren nicht nur zu treffen sie wollten auch kommuniziert sein. So hätte urplötzlich auch ein Segestes auf Varus zureiten können um ihn vom Weitermarsch abzubringen in dem er gefesselte Cherusker den Plan verraten ließ. Aber auch die Augen all jener Unverdächtigen waren auf die Legionen gerichtet. Begleitet von den Blicken der Frauen am Wegesrand, aber auch denen der kampfunfähigen älteren Menschen die an der Zugroute lebten, die das Marschgeschehen beobachteten und nützliche Hinweise zur Lage beisteuern konnten. Sie wussten immer wo sich gerade seine Spitze und wo sich der Tross befand und konnten anrückende unkundige Horden in den Verlauf einweihen und vielleicht sogar einweisen. Hier befand sich in jenen Tagen auch eine ganze Zivilgesellschaft im Abwehrkampf gegen die sich jeder Angreifer und jede ungeliebte Kolonialmacht schwer tut. Alle werden in Ostwestfalen Hand angelegt haben um den Legionen das Vorwärtskommen zu erschweren oder ihnen das seitliche Ausbrechen unmöglich zu machen und mancher Baumstamm konnte richtig platziert dramatische Folgen für einen römischen Karren haben, jede Grube konnte einen Achsenbruch nach sich ziehen und jede kleine Finte konnte strategische Wunder vollbringen. Der Großraum Nethegau brodelte in dieser Zeit und entwickelte sich an diesem fiktiven 24.9.0009 zu einer einzigen Nachrichtenumschlagbörse bestehend aus einem kontinuierlichen Informationsfluss zwischen den Ortsansässigen und den zuströmenden Kämpfern aus den abgelegeneren Gebieten. So musste oftmals ein bloßes Armzeichen der Einheimischen ausreichen um den zuströmenden Scharen die richtige Richtung zu weisen. Krieger der Brukterer rückten von Westen an, nutzten die Hellebachschlucht oder stiegen über verwachsene Pfade die Egge hinab um an geeigneter Stelle östlich der Nethe die Reihen der Cherusker zu füllen. Cherusker östlich der Weser nutzten die seichten Stellen des Flusses zwischen Wehrden und Beverungen zum Übergang während sich die chattischen Kampfgruppen von Süden die Diemel überquerend näherten. Marser die sich möglicherweise im Verbund mit den Sugambrern auf den Kampf vorbereiteten positionierten sich vermutlich nachdem sie durch die Borlinghauser Eggeschlucht oder über Scherfede und Dalheim anrückten im südwestlichen Teil der Marschroute. Man darf spekulieren, ob die Stämme nur geschlossen angriffen oder sich mit den anderen Kampfgruppen vermischten. Wollte man nach der germanischen Mentalität urteilen, so blieben die jeweiligen Horden oder Hundertschaften bevorzugter Weise unter sich. Da man sich kannte und besser verständigen konnte bildete man geschlossene Flügel und Formationen. Wie hat man sich den Schlachtverlauf vorzustellen. Inwieweit rieb sich das am Kampf beteiligte Kontingent der Cherusker auf das vermutlich das Gefecht eröffnete. Verfolgte es Varus trotz erheblicher Verluste kämpfend und sich aufzehrend bis in den Fahlenbruch, übergab es dann den Feind den Brukterern oder Chatten die sie ablösten bis diese im weiteren Verlauf die Hauptlast an die Marser und Sugambrer abtraten, also durch sie ersetzt wurden, oder war es ein zusammen gewürfeltes Stammesgewirr, dass sich nicht mehr trennen ließ, sodass man ein stammesbezogenes Zusammengehörigkeitsempfinden aufgab. Fühlte man sich gar für diese wenigen Tage wie ein gemeinsames Großvolk, um dann wieder eigene Wege zu gehen ? Dann wäre die Varusschlacht für diese Stämme in der Tat ein erstes verbindendes Schlüsselereignis gewesen. Ein Zusammenschluss der erst einige Jahrhunderte später seine Geburt als Völkerbündnis unter den Namen Franken und Alemannen erleben sollte. Letztlich wird die Motivation, die Kondition und ihr kampfbedingter von Blessuren gezeichneter Gesundheitszustand darüber entschieden haben, wie lange man sich mit den Legionären im Nahkampf messen wollte und konnte. In der Anfangsphase hatten sich wie man weiß alle nur zögerlich dem römischen Marschzug genähert. Man wartete am geeigneten Ort auf ein Signal. Vermutlich machten die Mutigsten den Anfang und alle erhofften sich noch den Zustrom weiterer Kräfte. All diese Bewegungen blieben den Legionen lange verborgen. Da sie keine Aufklärung betrieben hatten, ihre Augen nur nach vorne gerichtet waren und sie nicht wussten, dass man hinter und seitlich von ihnen bereits den Ring geschlossen hatte. Nach dem sie Brakel verlassen hatten waren sie abgeschnitten und isoliert denn von dort kam kein römisch Gesinnter mehr zu Varus durch um ihm zu sagen wie er erschrak als er sah, dass zahlreiche germanische Horden die Brakeler Brucht überquerten und den Weg nach Süden einschlugen. Viele Anrückende und sicherlich auch Übereifrige gelangten schon unter ihren jeweiligen Rottenführern an den Vortagen in die Krisenregion und verharrten dort abwartend im Freien, andere strömten erst nach längeren Nachtmärschen vor Sonnenaufgang hinzu. Aber alle mussten solange ihr Kampfeinsatz noch nicht gefragt war ungeduldig den richtigen Zeitpunkt erkennen. Für sie galt es auf die Information zu warten, ob Varus tatsächlich am Morgen des 25.09.0009 in ihre Richtung aufbrach. Von nun an steigerte sich unter ihnen der Kampfgeist und aus ihren Reihen werden wohl auch die ersten Speere geflogen sein. Das einsetzende Kampfgebrüll und der Lärm aufeinander schlagender Waffen wird überall hörbar gewesen sein. Signalhörner schallten, das Blöcken der Zugtiere trug weit und durchgegangene Reitpferde werden allen angezeigt haben, dass die Zeit gekommen war. Kampfeshektik machte sich breit und zahlreiche Kämpfer die das Schlachtgebiet noch nicht erreicht hatten sorgten sich zum Leidwesen von Ruhm und Ehre möglicherweise schon zu spät gekommen zu sein. Man fragt sich immer wie sich alles so unauffällig unter den Augen der Römer vollzogen haben konnte und auch diese Überlegung gehört zu einer Vielzahl offener Fragen, zieht sich durch viele Theorien, wird aber immer unbeantwortet bleiben und uns zu Hypothesen zwingen. Und natürlich gehört es zu den angeborenen Instinkten sich nicht verdächtig zu machen, dazu bedurfte es keiner Instruktionen. Man hört aus Historikerkreisen oft die Erklärung, dass die germanischen Aufmarschaktivitäten von der Besatzungsmacht deshalb nicht als solche erkannt bzw. wahr genommen wurden, da man es mit der Häufung gleichzeitig statt findender Kultfeiern in Verbindung brachte, es folglich in dem damit verbundenen Treiben unterging unterschätzt dabei vielleicht aber auch, dass das Land streckenweise gut besiedelt war und Reitergruppen keine Seltenheit waren. Was die Festivitäten anbelangt, so wäre die Tagundnachtgleiche, also das Äquinoktium, in etwa gleich zu setzen mit dem kirchlichen Erntedankfest eine Erklärung, aber auch der Geburtstag von Kaiser Augustus wird heran gezogen und könnte hinein gespielt haben, obwohl er den Germanen gleichgültig gewesen sein dürfte. So gab es Gründe mit denen sich die hektische Umtriebigkeit und die spürbare Unruhe und Nervosität gut verschleiern und kaschieren ließe, aber der Nethegau ist groß und Rom war nicht überall. Erschwerend kam für die römische Kultur noch hinzu, dass es sich um für sie fremde individuelle Rituale handelte und sich Prozessionen nach unbekannter germanischer Tradition vollzogen. Bräuche und Riten die in diesem Jahr wegen der vermutlich alle neun Jahre intensiver wieder kehrenden Kultfeiern noch besonders umfangreich ausgefallen sein sollen. Wer wollte da noch eine Unterscheidung machen können. Alternativ dazu ist es jedoch denkbar und auch plausibel, dass die römischen Verbände die germanischen Kämpfer die sich ihnen bald entgegen stellen sollten gar nicht zu Gesicht bekamen, da sie andere Routen nutzten und sich verbargen. Denn die Anmarschstrecken der germanischen Krieger befanden sich weitgehend außerhalb ihres Sichtfeldes. Mit ein Grund dafür, warum man sich für ein entfernt lebendes Volk entschied, dass man für den Aufruhr verantwortlich machte. Es war eine Region in der die Germanen noch unbeobachtet und unbehelligt von römischer Einflussnahme und den Segnungen ihrer Kultur agieren konnten. Und keine waffentragende berittene Schar von Germanen wird zudem so unklug gewesen sein und hätte noch am zweiten Marschtag morgens vor Ausbruch der Schlacht freundlich grüßend den Marschweg der Legionen gekreuzt. Denn da säumte schon ein Großteil von ihnen den baldigen Spießroutenparcour und als die Schlacht entbrannte war das Versteckspiel sowieso vorbei. Kein Legionär ahnte auf dem Hinweg die Gefahr und sah auch die Brukterer nicht, die aus dem Westen, oder die übrigen Stämme die aus dem Süden hinzustießen nicht, da es in dieser Region keine römischen Kontrollposten gab. Erkannte man trotzdem Reiterscharen am Horizont, beruhte eben alles auf religiösen Motiven. Hätten die Römer sich über Waffen tragende Germanen Gedanken gemacht und Sprachkundige hätten sie befragt, dann wäre die Antwort wohl in Bruchstücken die gewesen, dass man zur Schutztruppe gehören würde und eine Anweisung von Arminius befolgte. Notfalls verwies man germanischerseits auf die Opferfeste und war unterwegs in ihre Dörfer und Wohnstätten denn an Ausreden werden sie nicht verlegen gewesen sein. Kein Römer konnte und wollte ihnen das Gegenteil beweisen, denn man war ja in einem befreundeten Land unterwegs. Alles ist zwar nur eine Frage der Darstellung, aber wenn es dann noch an der Verständigung hapert und dialektische Unterschiede erschwerend hinzu kamen erübrigt sich jede Bemühung über Kulturgrenzen hinweg zu kommunizieren. Im Anmarsch auf Hampenhausen wo sich der Zugkorridor zum Kessel zu verengen begann werden die Geräusche des einsetzenden Regens und das Rauschen des Windes in den Baumkronen das Knacken des morsches Holzes übertönt haben, dass die Massen der anrückenden Germanen verursachten. Letzte Warnzeichen die der Herbststurm zunächst noch verschluckte. Als es unüberhörbar wurde begann die Varusschlacht und nach den ersten siegreichen Zweikämpfen warfen die Germanen ihre minderwertigen Keulen weg, eigneten sich die besseren eisernen Waffen der römischen Krieger an und mit jeder Stunde wuchs nicht nur ihre Kampfkraft es könnte auch die Stunde gewesen sein in der für Germanien die römische Eisenzeit anbrach. (04.11.2021)

... link