Dienstag, 15. Januar 2019
Der dalmatinisch-pannonische Aufstand forderte seinen Tribut - Varus hatte keine andere Wahl
Es sei noch mal die Frage aufgeworfen, ob es sich Tiberius damals in Anbetracht der großen Herausforderungen in Pannonien überhaupt leisten konnte, auf weitere Truppenverstärkung aus dem Norden Germaniens zu verzichten und nicht sogar gezwungen war noch zusätzlich weitere Legionen in den Süden nach Pannonien zu befehligen. Konnte er sich daher den Luxus überhaupt leisten die restlichen noch am Niederrhein stationierten Legionen unbehelligt zu lassen. Und das auch unter der Berücksichtigung, dass die Verbände am Niederrhein bereits in Teilen wegen des Marbod Feldzuges dezimiert werden mussten bzw. abgezogen wurden. Tiberius war nicht zimperlich. Während das Imperium heftigste Kämpfe an der Donau zu bestehen hatte, sollte man ihm daher auch keine Skrupel bzw. Rücksichtnahme unterstellen nun auch noch auf die letzten römischen Reserven zurück greifen zu müssen. Da im Zuge einer Heeresreform unter Kaiser Augustus die Anzahl der Legionen sogar auf 25 abgesenkt wurden, hatte Tiberius auch keine große Auswahl, wenn er nun für Pannonien 15 Legionen brauchte und selbst Veteranen hinzugezogen werden mussten. Ein Tiberius der unter anderem imstande war im Jahre 8 - fasst den ganzen germanischen Stamm der Sugambrer und das sicherlich nicht gewaltlos umzusiedeln, der kennt die Mittel und Wege, wie man es anzustellen hat, wenn man hart durchgreifen muss, zumal dann, wenn der Ernst der militärischen Lage es erfordert. Hungersnöte die durch Versorgungsengpässe parallel zu den Kämpfen in Pannonien ausbrachen, galt es einzudämmen und das gesamte römische Reich hatte Hilfsleistungen zu erbringen. Da war übertriebene Zurückhaltung am falschen Platz. War es da nicht in der Tat das kleinere Übel noch weitere römische Kräfte anzufordern, die Regionen wo es möglich schien militärisch sogar auszusaugen und damit an die Grenze der Belastbarkeit zu gehen. Die dadurch möglicherweise potenziell in Kauf genommene Schwächung unter den Niederrhein Legionen könnte auch das überängstliche Verhalten der Vetera Besatzung erklären, die nach der Varusschlacht trotz zweier Asprenas Legionen sogar schon an den Abriss der Rheinbrücke dachte, um germanische Vorstöße ins linksrheinische Hinterland zu verhindern. Wir sprechen bei den vielen Legionen die Tiberius in Illyrien bzw. Pannonien brauchte über eine immense Masse an Soldaten die er angesichts der Knappheit an Legionen nicht aus dem Hut zaubern konnte. Tiberius gelang nach den mehrjährigen Kämpfen, die schon im „Immensum Bellum“ ihren Anfang nahmen und in den bereits zahlenmäßig umfangreichen Markomannen Aufmarsch mündeten dann letztlich doch der Sieg über die dalmatinisch – pannonischen Aufständischen. Als im Jahre 9 + auch Dalmatien wieder in seine Hände fiel, erreichte ihn und das noch in Dalmatien die Nachricht von der Varusniederlage im gleichen Herbst des Jahres 9 +. Ein Schlachtfeld siegreich zu verlassen und gleichzeitig eine andere Niederlage verdauen zu müssen an der er zwar nicht unschuldig war, sie aber auch nicht kommen sah bzw. sie nicht verhindern konnte erforderte sein kurzfristiges und unmittelbares Erscheinen am Niederrhein. Dort wird er dann seine Überlegungen umgesetzt haben bzw. angegangen sein, eine Grenzlinie gegenüber Germanien zu markieren, von der uns Tacitus berichtet hatte. Tiberius konnte vermutlich damals gar nicht anders und es blieb ihm keine andere Wahl, als für den Pannonienkrieg auch noch die weitere Ausdünnung der für die Gestaltung einer neuen Provinz gedachten römischen Rheinarmee in Kauf zu nehmen. Er musste seine ganzen Kräfte im Süden konzentrieren um zum Ziel zu kommen. Und so ließ er Varus in optimistischer Hoffnung und Erwartung auf Ruhe an der Germanienfront, aber vor allem vor Marbod praktisch mit unabsehbarem Risiko in Unterzahl in Ostwestfalen operieren und dort die Stellung halten. Aber was tat Tiberius als er von seinem letztlich mehr schwer erkämpften, als grandiosen Sieg aus der Donauregion zurück kehrte. Er verzichtete angesichts der bitteren Varus Niederlage wohl aus staatsmännischem Pflichtgefühl heraus zuerst einmal auf den ihm zustehenden Triumphzug durch die Straßen von Rom. Drei Tage angesagte Staatstrauer vertrugen sich noch nie mit einem siegreichen Triumphzug. Aber er holte seine Siegesfeier vier Jahr später nach, als sich Stimmung und Lage beruhigt hatten. Wie wog damals Tiberius seine pro Pannonien und kontra Germanien Entscheidung ab. Die Antwort lag auf der Hand, denn in Pannonien einen Sieg zu erkämpfen um das Mutterland Italien vor dem Einmarsch der Donauvölker zu retten, zählte allemal mehr als das nördliche Germanien vor einem Germanenkönig schützen zu müssen, der sich selbst noch nicht schlüssig war was er wollte. Schließlich war ihm des Schutz Italiens prinzipiell wichtiger als das was möglicherweise ein aufsässiger Marbod anrichten könnte. So riskierte er es in Nordwestgermanien einige tausend Legionäre den möglichen Rachegelüsten eines Marbod zu opfern bzw. auszusetzen, als das Herz des Imperiums zu gefährden. Dadurch geriet letztlich die Verhältnismäßigkeit zur Nebensache und er spielte im Sinne der Rettung des Imperiums auf Risiko. Eine konzertierte germanische Aktion, wie es vielleicht mal der Traum der Cherusker war, die quer von Pannonien über das Markomannenreich bis Ostwestfalen geführt hätte, hätte in dieser Zeit schnell zum ernsten Bedrängnis oder gar zum Ende eines imperialen Traumes im Osten führen können. Auch dies erkannte keiner so scharf wie Tiberius. Aber bei Tiberius spielte möglicherweise auch sein schlechtes Gewissen mit hinein. Wenn auch nur indirekt, so trug er aber doch eine gewisse Mitschuld an der Varusniederlage, weil er Varus zu viele Kämpfer nach Illyrien abziehen musste und er ihm dann für die entscheidende Schlacht keine Elite Legionen mehr zurück senden konnte. Hätte er Varus nicht doch besser am Rhein zurück halten sollen, bis er ihm ein ansehnliches Kontingent an Legionären zur Verfügung stellen konnte. Aber auch ein Tiberius konnte den „Furor Teutonicus“ der konföderierten Germanen im Jahre 9 + nicht in seinen ganzen Ausmaßen voraus ahnen. Denn er hatte möglicherweise nur einen Marbod`schen „worst case Plan“. Sein vorsichtiges taktieren und agieren in Germanien nach der Varusschlacht unter dem Stichwort „limitemque a tiberio“ drückt noch seine gehörige Portion Respekt gegenüber den wieder erstarkten Germanen aus. Die Meutereien der aus Pannonien zurück gekehrten als auch der in Germanien stationiert gewesenen Legionen im Jahr 14 + zeugen von den unmenschlichen Bedingungen und Gewaltaktionen gegen den einfachen Legionär die ihr Vorspiel auch im harten Pannonienkrieg hatten. So konnte auch ein Germanicus drei lange Jahre in Germanien wüten, weil ihm ein Kaiser Tiberius in der Hoffnung auf einen verspäteten Kantersieg lange und vielleicht sogar zu lange den Rücken stärkte. Germanicus sollte ihm den Erfolg zurück bringen. Er wollte damit vielleicht auch seine persönliche Schmach tilgen, für die er sich wie ich bemerkte selbst schuldig gefühlt haben könnte. Wie schmerzlich musste es da für Tiberius gewesen sein, als er sich entschied im Jahre 16 + den Schlussstrich unter die Germanenkriege zu ziehen. Natürlich hatte Tiberius aus seiner persönlichen aber auch aus militärischer Sicht völlig richtig gehandelt. Aber die andauernden römischen Verschleiß Kriege der Jahre 1 + bis 9 + in Mitteleuropa gingen an die Leistungsfähigkeit der römischen Militärmacht und übten in der Summe betrachtet auch alle einen immensen Einfluss auf das aus, was sich später in der Varusschlacht nieder schlagen sollte. Eine Schlacht in der sich die Germanen wieder Luft machen und Platz verschaffen konnten. Das Imperium hätte nach dem Pannonien Krieg eine längere Ruhephase gebraucht die aber der Mehrfrontenkrieg und das widerspenstige Verhalten der Germanen zunichte machten. Man erkennt das römische Dilemma daran, wie lange es nach dem Varuskrieg dauerte, bis es sich im Jahre 14 + wieder eine römische Armee zu traute den Rhein in Richtung Osten zu überqueren, nämlich ganze 5 Jahre. Und dies passierte im Jahre 14 + gegen die Marser vermutlich auch nur deswegen, weil Germanicus seine Legionen von weiteren Meutereien abbringen wollte, sie also beschäftigen musste. Alle Augen im Imperium aber vor allem die des Kaisers ruhten nun um so mehr auf seinem besten Mann Tiberius. Er entschied den „Immensum Bellum“ für Rom, er besaß die Feldherren Qualitäten ein 70.000 Mann Heer auf dem Weg zu den Markomannen kurzfristig nach Süden herum zu reißen und es sogar noch auf 125.000 Kämpfer aufzustocken und er rettete damit Italien vor der angedrohten barbarischen Knechtschaft. Was aber vorher keiner ahnen konnte, war der Ausbruch und der Ausgang der Varusschlacht. Der Kaiser vertraute Tiberius und tauschte ihn im Dalmatien Aufstand sogar noch schnell gegen einen enttäuschenden Germanicus aus. Tiberius wird in jenen Zeiten die Funktion des obersten römischen Oberbefehlshabers und Heermeisters, heute würde man vielleicht sagen Kriegsministers inne gehabt haben. Und ohne Tiberius lief nichts mehr im Imperium. Er wird sich daher auch über alle Schritte des Feldherrn Varus unterrichten gelassen haben. Germanicus operierte in diesem Hexenkessel später drei Jahre lang im Windschatten und unter Duldung von Tiberius. Damit trug er sicherlich auch zum Erstarken der Elbgermanen und unter anderem der Langobarden, der späteren cheruskischen Schutzmacht bei, die dann im Verbund mit den Cheruskern die Markomannen besiegen sollten. Tiberius ließ es aber letztlich zu, das Varus in dieser besonders kritischen Phase in den Jahren 6 + bis 9 + jeweils nach Ostwestfalen ausrückte. Velleius Paterculus unterstrich in seinem Buch II, Kapitel 109 noch zusätzlich die Brisanz und diesen gefährlichen Umstand in dem er „in freier Übersetzung“ sagte, dass man im Imperium befürchten musste, dass Marbod sogar noch nicht einmal davor zurück schrecken würde, in die westlich
von ihm liegenden, also in die germanischen Gebiete am Main, ins Noricum oder nach Pannonien einzudringen. Man musste also permanent überall und an allen Krisenherden mit ihm rechnen. Das römische Reich war folglich sehr wohl vor ihm gewarnt und auch noch nach dem seltsamen Friedensvertrag zwischen Tiberius und Marbod nie vor ihm sicher gewesen. Selbst für den Fall, dass bei den Varus Legionen die Sollstärke der Iststärke entsprochen hätte, war es um diese Zeit ein Wagnis den Statthalter Varus an die Weser zu schicken, während Marbod aber zur gleichen Zeit den Ausgang des Pannonien- und Dalamtienkrieges mit Adleraugen beobachtet haben dürfte. Wäre es für Rom zu einem gigantischen Fehlschlag in Pannonien gekommen, möglicherweise indem sich weitere Stämme aus dem Osten den Pannoniern angeschlossen haben könnten, so hätte sich auch ein Marbod vermutlich nicht mehr an den Vertrag gebunden gefühlt und hätte sich noch vor der Varusschlacht ermuntert fühlen können, von sich aus Varus anzugreifen. Selbst ein Sieg des Imperiums in Pannonien hätte, wenn er zu großen Verlusten auf römischer Seite geführt hätte Marbod schon verleiten können Varus im Verbund mit den Cheruskern anzugreifen. Varus war nicht im Besitz genügender und vollwertiger Legionen, denn sie wurden im Gefolge des Marbodfeldzuges als auch des Pannonien Aufstandes abkommandiert und Marbod wusste genau wie es um die Kräfteverhältnisse stand. Alles wirkte sich damals wie ein großer Aderlass auch auf die Gesamtstärke aller Legionen des römischen Weltreiches aus, gleich wo sie in Garnison lagen. Und wie angekündigt noch mal eine Frage die zurück greift. Wie mag also Tiberius seine Armeen zusammen gestellt haben. Könnte er so weit gegangen sein, dass er möglicherweise jene Legionäre, die er selbst nicht mit nach Pannonien nehmen wollte, dem Feldherrn Varus überlassen haben, da ihm diese für reine Aufgaben im Zuge der Provinzialisierung noch als genügend geeignet erschienen. Sie also ausreichen würden, um damit Ostwestfalen in Schach zu halten. Und waren dies möglicherweise die schwachen Kräfte, von denen Cassius Dio über den zweiten Tag des Marschzuges sprach und die er als die „Unbewaffneten“ bezeichnete, also die so genannten „assensi velati“. Männer die man nur kämpfen ließ, wenn alles schon fasst verloren schien. Sicherlich ist es reine Spekulation, aber doch aus militärischer Sicht nicht bar jeder Logik. Denn Tiberius kannte die Niederrhein Legionen noch vom „Immensum Bellum“ her und er konnte im Jahre 5 + entscheiden, welche er mit auf den Markomannen Feldzug mitnehmen wollte die später auch in Pannonien zum Einsatz kamen und welche nicht. Sicherlich bevorzugte er zuverlässige Kräfte. Und so bestand der Zug der drei untergegangenen Varuslegionen in der gleichnamige Schlacht mit den germanischen Rebellen auch eben nur aus diesen drei verschlissenen, zusätzlich ausgedünnten und kampfschwachen Rumpflegionen. Legionen bzw. Männern die ihm Tiberius nach dem Pannonienkrieg wieder zur Verfügung stellte. Legionen in deren Reihen aber all jene Männer fehlten, die die beschwerlichen Märsche mit Saturninus in den Sammlungsraum vor Marobodum nicht überstanden, um von dort aus die Markomannen anzugreifen, Männer die ihr Leben in Pannonien im Krieg oder unterwegs ließen. Männer die Varus unvorsichtigerweise als Abstellungen im Lande verteilte, wo sie umkamen und Männer, die ebenfalls nicht dabei waren, weil er sie abzweigte um durch sie meiner Hypothese nach, die Frauen und Kindern begleiten zu lassen. Den Tross zu schützen, ihm einen besonderen Schutz angedeihen zu lassen, ihn also aus dem Gefahrenbereich fern zu halten und bei dieser Gelegenheit auch das wertvolle Edelmetall haltige Beute - bzw. Raub Gut vor möglichen zu griffen besser schützen zu können. Ich bin damit auch am Ende der Aufzählung jener Kräfte angelangt, auf die Varus in der Schlacht möglicherweise verzichten musste. Eine Übersicht, die ich mangels historischer Hinweise aus den Federn der alten Historiker aufbauen und rekonstruieren musste, die aber wie ich denke doch einige logische Schlussfolgerungen beinhalten. Der Zug des Varus zu den Aufständischen bestand dann nur noch aus dem eingeschränkten Tross, den die Legionäre unbedingt mitzuführen hatten. Jene Legionäre, die sich nun auf einen Umweg mitten durch ein Krisengebiet begeben mussten. Also das militärisch unmittelbar Nötige, bestehend aus Nahrungsvorräten, Lageraufbau- und Schanzmaterial etc. also all jenen unverzichtbaren sperrigen Gegenständen, ohne die keine isoliert agierende Truppe einsatzfähig wäre. Alles Überflüssige hatte man abgetrennt und es dem zivilen Tross mitgegeben. Aber selbst unter diesen Umständen, hatte der Zug noch einen erheblichen Umfang angenommen. Denn auch dem Papier nach waren drei stark dezimierte und ausgedünnte Rumpflegionen, immer noch ein ernst zu nehmender Gegner für einen waffentechnisch unterlegenden Feind wie es die Germanen waren, wenn es um Leben und Tod ging. Was letztlich auch Erstaunen hervor ruft, ist die Tatsache, dass uns Cassius Dio überhaupt etwas zur Anwesenheit von Frauen und Kinder im Marschzug hinterlassen hat, bzw. darauf einging. Dies lässt erahnen, dass er uns mit dieser Nachricht eine tiefgründige Information von gewisser Tragweite und Bedeutung hinter lassen wollte. Denn Cassius Dio, der Mann der wenigen Worte hätte sicherlich noch über viele andere Dinge zu berichten gewusst, auf die er aber warum auch immer verzichtete. Aber bei Frauen und Kindern hat er eine Ausnahme gemacht und uns diese Andeutung hinterlassen. Nämlich die, dass zu viele zivile Mitreisende auch eine ernste Belastung für einen militärischen Marschzug darstellten und Varus eine plausible Alternative brauchte, um sie aus dem Kampfgeschehen heraus zu halten. Anders ausgedrückt, mit dem Trick sich um die Frauen und Kinder zu sorgen, hatte er auch einen Weg gefunden, seinen Besitz zu sichern um ihn nicht mit ins Kampfgebiet nehmen zu müssen. Wie hätte Cassius Dio auch seine knappen Worte wählen sollen, wenn er uns einen getrennt bzw. vorher abgetrennt marschierenden zivilen Zug hätte beschreiben sollen. Wie hätte es gewirkt wenn die Nachwelt nach der verlorenen Schlacht erfahren hätte, dass Varus die Rettung der Zivilisten und sein eigener Besitz wichtiger waren als eine Schlacht zu gewinnen. Cassius Dio musste es wohl verschweigen, vielleicht sagten dazu auch die Senatsakten nichts aus und man überließ uns heute die Erklärung. Als Cassius Dio im Nachhinein schrieb, wusste er, dass es zur Schlacht kommen würde und wie sie aus ging, aber er sagte uns am Anfang seiner Überlieferung nur, dass sich viele Frauen und Kinder am ersten Tag im Zug befanden und spricht von keinen weiteren Tagen ihrer Anwesenheit im Marschzug. Auch ein, einem Massaker ähnelndes Gemetzel an ihnen, suchen wir bei ihm daher vergeblich und demzufolge auch keinen Hinweis auf eine mögliche Flucht der Frauen und Kinder in Richtung Aliso. Allgemein wird daher auch daraus entnommen, dass es der überdeutliche Hinweis dafür war, wie chaotisch es doch alles zugegangen sein muss. So lag es möglicherweise auch in seiner Absicht darauf hinzuweisen, dass Varus Verantwortung trug und er besonders diesen Schutzbefohlenen eine sichere Heimreise garantieren wollte und musste und ihr Leib und Leben nicht unbedacht aufs Spiel setzen dürfte. Er ist somit seiner Entscheidung den Zug aufzuteilen auch noch anderen Risiken aus dem Weg gegangen, die Cassius Dio geflissentlich weg ließ. Denn schließlich bestand auch noch die latente Gefahr, dass in Ketten liegende Sklaven, und auch der Sklavenhandel war seinerzeit eine gängige Einnahmequelle, die Gelegenheit nutzen könnten, um sich mit Hilfe der Germanen zu befreien und abzusetzen. Aber auch andere ungehorsame und zweifelhafte Personen allein schon in der Nähe eines Kampfgebietes zu wissen, barg schon gewisse Unwägbarkeiten in sich. Was lag da nicht alles näher, als auch dieses Risiko aus zu schließen, nämlich zum einen den sicheren Transport seiner Güter zu bewerkstelligen, als auch die Sicherheit der Menschen im Auge zu behalten. So kam eine Vielzahl von Argumenten zusammen, die auch ein Varus nicht ausblenden konnte. Aber vor allem kamen diese veränderten Rückmarsch Bedingungen den Germanen zugute, denn der abgesprengte zivile Teil marschierte in einen weiteren Hinterhalt zwar kleineren Ausmaßes, aber dafür für die Germanen um so lukrativer. Als Kaiser Augustus später die pure Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand, dachte er vermutlich auch an die verlorenen Steuereinnahmen eines ganzen Jahres und wusste möglicherweise gar nicht, dass im Teutoburger Wald gar keine vollzähligen drei Legionen umkamen und er nur um die kläglichen Reste seiner einstigen Top Legionen trauerte. Die Theorie der schwachen Streitkräfte wird uns wie Insider der Historie schon ahnen können, auch noch von einer anderen und außerordentlich gut informierten weil unmittelbar betroffenen Person der damaligen Zeitgeschichte bestätigt. Aufgrund von nur 25 kampfbereiten Legionen um diese Zeit gehen diverse historisch und mathematisch denkende Analysten von der Teilnahme sowohl aller Asprenas Legionen als auch aller Varuslegionen am Feldzug gegen Marbod aus. Das man aber niemals und selbst unter den widrigsten Bedingungen nicht alle Legionen vom Niederrhein abgezogen hätte, um sie nach Böhmen marschieren zu lassen ist wohl stark anzunehmen. Das ungeachtet dessen der Pannonien Aufstand auch Kräfte vom Niederrhein mit ein band und sie besonders in Mitleidenschaft zog, dürfte aber allenthalben unstrittig sein. Darauf die Hypothese basieren zu lassen, Varus bekam aufgrund dieses bitteren Kräfteentzug in der nach ihm benannten Schlacht die Quittung für die imperialen Militäraktionen, wäre somit ein Fazit meiner Theorie. (19.2.2019)

... link


Mittwoch, 9. Januar 2019
Märsche, Schlachten und Entbehrungen - Legionäre an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit - In welchem Zustand kamen sie aus Pannonien zurück
Ich spule mal zurück, denn noch lebte Varus. Wir stehen im Jahreswechsel der germanisch/heidnischen Raunächte 0006/0007. Einer Übergangsphase in der sich der weiße und zackige Reif an den Blättern „rouch“ also „rauh“ was haarig bedeutet, abzeichnet. Varus feierte möglicherweise erstmals in Germanien die Festivitäten der römischen Compitalien in einem winterfesten Lager am Rhein und plante seine Ostwestfalen Mission. Der vierjährige auch Flächenbrandkrieg genannte „Immensum Bellum“ von 1 + bis 5 + in Germanien wurde unter der Führung von Tiberius gerade siegreich beendet. Der Markomannen Feldzug steckte da schon in den Startlöchern aber vom dalmatinisch – pannonischen Aufstand der noch bis 9 + andauern sollte, wusste man noch nichts, denn der stand dem Imperium noch bevor. Wenn es aber um die damals für militärische Aktionen zur Verfügung stehende Personaldecke des Feldherrn Varus geht, die ihm zu Beginn seiner Amtsgeschäfte etwa um das Jahr 6 + in Germanien zur Verfügung stand, so existieren dazu bekanntlich mehrere allerdings „unbeglaubigte“ historische Offenbarungen, die zum allgemeinen Rätselraten animieren. So lesen wir an einer Stelle, dass die seinem Neffen Asprenas unterstellte Legion I „Germanica“ im Jahre 6 + und „mindestens sieben weitere Legionen“ am Markomannen Feldzug teil nahmen. Also in einer Zeit, als Varus nach Osten ziehen wollte. Die ebenfalls von Asprenas befehligte Legion V „Alaudea“ wird aber innerhalb dieser Textstelle nicht explizit erwähnt. Diese Quelle verrät uns demnach nicht, ob die Legion V „Alaudea“ auch mit am Markomannen – Feldzug teil nahm oder nicht. Man fragt sich natürlich, wo sich der Name der Legion I „Germanica“ vielleicht noch an einer anderer Stelle einer antiken Überlieferung nachlesen lässt, um eine Bestätigung zu dieser Information zu finden. Sollte es bekannt sein oder werden, bitte ich um Nachricht. Erstaunlicherweise kann man dann an einer anderen Stelle, so unter der Legionsgeschichte zur „XIX Augusta“ und auch der Legionsgeschichte zur „XIV Gemina“ lesen, dass die Legion I „Germanica“, als auch die Legion V „Alaudea“ und darüber hinaus sogar noch alle drei unter gegangenen Varuslegionen „XVII“, „XVIII“ „XIX“ im Jahre 6 + am Markomannen Feldzug teilnahmen. Also wären demnach sogar alle fünf Niederrhein Legionen unmittelbar vom Markomannen Feldzug betroffen gewesen und sollen komplett vom Norden nach Böhmen marschiert sein. Ich halte es jedoch für sehr unwahrscheinlich, dass man für den Markomannen Feldzug auf alle fünf „Varuslegionen“ zurück gegriffen haben soll. Denn man hätte damit die Nieder Rhein Front auf ganzer Breite, also äußerst leichtsinnig und riskant entblößt. Ich sehe hier also noch einen erheblichen Forschungsbedarf, welche Legionen man Varus für den Kampf gegen Marbod entzog. Dafür gilt dann meine ähnliche Bitte um Benachrichtigung, wo man in antiken Quellen finden könnte, dass auch die drei „Varuslegionen“ nach Böhmen aufgebrochen sein sollen. Der Markomannen Feldzug in den 12 Legionen bzw. insgesamt 70.000 Kämpfer aufgebrochen sind, daran beteiligt bzw. darin verstrickt waren, hält man für die bis dato größte Militäroperation des Imperiums in der Mitte Europas gegen einen germanischen Volksstamm. Unter der Berücksichtigung, dass zu jener Zeit das ganze Imperium „nur“ über 25 Legionen verfügt haben soll, war es eine gewaltige Armee. Es kann bzw. muss sogar anhand der Überlieferungen davon ausgegangenen werden, dass der Pannonien Krieg diese Dimension noch einmal überschritten hat. Versetzt man sich nun in die damalige Militär strategische Entscheidungslage des Feldherrn Tiberius nach dem plötzlichen und ihm von außen aufgezwungenen Abbruch des Angriffs auf die Markomannen, so dürfte diese vorweg genommen eindeutig gewesen sein. Und sie lautete „Wir brauchen jetzt jeden Legionär in Pannonien“ Man kann sich allerdings auch der Auffassung anschließen, dass Tiberius diese maximal fünf Legionen an der Zahl, alle nach dem frühzeitig abgebrochenen Feldzug im Frühjahr 6 + an den Niederrhein, man muss schon sagen kurioserweise wieder zurück marschieren ließ. Man sollte sich aber ernsthaft die Frage stellen, warum Tiberius das in dieser prekären Lage für das Reich hätte anordnen sollen. Vor dem Hintergrund, dass dem Mutterland Italien und damit dem gesamten römischen Reich von Pannonien und Dalmatien aus möglicherweise der Untergang drohte und man dafür wie überliefert sogar später 15 Legionen mithin 125.000 Kämpfer heran zog, klingt die Vorstellung, Tiberius habe in dieser extremen Notlage, die komplette Nordarmee unverrichteter Dinge wieder zurück an den Niederrhein entlassen, nahezu grotesk. Ich teile daher auch diese Auffassung nicht und denke, dass er die Gelegenheit nutzte und die aus dem gescheiterten Markomannen Feldzug stammenden 12 Legionen nahezu umgehend zusammen fasste, sie um weitere 3 Legionen aufstockte um folglich mit der Gesamtzahl von 12 plus 3 Legionen den Einfall der Aufständischen nach Italien zu verhindern. Das Tiberius gezwungen war niederrheinische Legionen abzuziehen halte ich für unstrittig und plausibel. Ich bin mir lediglich unschlüssig darin, welche Legionen in Form von Kennnummern und wie viele Legionen Tiberius für Marbod vom Niederrhein abzogen haben könnte. Legionen die er dann meiner Hypothese folgend später in den Kampfgebieten Pannoniens noch dringend brauchen würde. Angesichts dieses allgemeinen Gestocher im Nebel der Geschichte, möchte man sich in der Tat nicht in die Haut eines Varus versetzen. Denn niemand kann heute sagen, mit wie vielen Legionen sich Varus oder besser gesagt, mit welcher Zahl an kampffähigen Männern musste er sich in dem Zeitraum nach seiner Amtsübernahme begnügen, einige Jahre bevor er in das spätere Schicksalsjahr 9 + aufbrach. Ich möchte auch die Formulierungen voneinander trennen, da für mich die bloße Erwähnung einer Legion oder eines Legions Namen keine belastbare Aussage zu deren Mannstärke trifft, enthält oder gar erlaubt. Also welches Kräfteverhältnis er in jener Phase besaß, in der er seinen Statthalterposten antrat bis zu jenem Katastrophenjahr 9 + in dem er starb. Gemäß der Überlieferung gelten fünf Legionen für Nieder Germanien erst wieder für das kritische Jahr 9 + als gesichert, da sie im Zuge der Varusschlacht alle genannt werden. Wie viel Legionen Varus aber zwischen seinem Amtsantritt und der Varusschlacht befehligte, ist genauso unbekannt wie die Anzahl der kampffähigen Männer die ihm Tiberius nach dem Ende des Pannonienkrieges noch übrig ließ. Sicherlich bekam Varus seine ursprünglich für Marbod an Tiberius abkommandierten Legionen noch rechtzeitig vor der Varusschlacht aus Pannonien auch wieder, denn sonst hätte man sie nicht einzeln überliefert. Aber was er dann wieder bekam, könnten in Teilen wohl eher nur die berühmten „Geisterarmeen“ einstiger Größe gewesen sein. Es ist anzunehmen, dass es nicht im Interesse des römischen Reiches lag in aller Welt zu verbreiten, welche Opfer man in Pannonien zu erbringen hatte und wie hoch der Preis an Kämpfern war, den die Legionen dort für das Imperium zu zahlen hatten. Derartige Details über die verbliebene Kampfstärke hatten auch alle Militärhistoriker im Interesse der Kampfmoral in jenen Zeiten gefälligst zu verschweigen. So lief es auch damals schon unter dem Deckmantel der militärischen Geheimhaltung, wie viel Opfer Pannonien das römische Reich letztendlich gekostet hat und die Germanen gleich von welchem Stamm sollten es sicherlich als Letzte erfahren. Aber sie hatten ja Augen im Kopf. Wer es aber genauer wusste, war der Mann, der den Pannonienkrieg aus sicherer Distanz mit Argusaugen verfolgt hatte und der trotzdem am Nächsten dran war. König Marbod. Ich halte es für eher vorstellbar und vertrete daher in diesem Zusammenhang die Meinung, dass Tiberius aus taktischen Gründen statt alle fünf Legionen wie von verschiedenen Seiten angenommen wird um die Legionsanzahl 12 zu erreichen, nur einen Teil vom Niederrhein abzog und möglicherweise nur zwei Legionen der Nordarmee gegen Marbod antreten ließ und diese dann auch im Anschluss daran mit nach Pannonien nahm bzw. nehmen musste. Man hätte demnach damals am Rhein zur Sicherung der Grenze und für den Provinzaufbau noch eine der zwei Asprenas Legionen besessen und hätte noch zwei übrig halten können um sie im West - und ostfälischen Raum bzw. an der Lippe zu verteilen. Varus hätte dann nach dieser Theorie vom Beginn seiner Amtsgeschäfte an statt fünf, nur drei Legionen befehligt und bekam demzufolge nach dem Ende der Pannonienkämpfe auch nur zwei allerdings wie ich denke stark geschwächte Legionen zurück. Man kann sich vorstellen, dass Varus die eine ihm belassene, ich nenne sie mal Asprenas Legion in den Aufbruchjahren 7 + und 8 + auf die Standlager am Rhein verteilte. Tiberius stand in Pannonien erneut vor einer großen Herausforderung und vielleicht der größten, die das Reich seit den punischen Kriegen zu bestehen hatte, und es saß ihm zudem in Marbod immer noch ein unsicherer und potenziell schwer abschätzbarer Gegner im Genick. Aus der Retrospektive betrachtet ist es nun überliefert, dass die kritische Lage in Pannonien Tiberius unter erheblichen Zugzwang setzte und den Ruf nach einem größeren Truppenaufgebot lauter werden ließ. Dies machte es erforderlich noch zusätzlich zu den 12 Legionen die er bereits für den Marbod Feldzug mobil gemacht hatte, noch weitere Aufstockungen durchführen musste. Man muss wegen des besonderen Ernstes der Lage davon ausgehen, dass Tiberius nach Bekanntwerden des Aufstandes in Pannonien Hilfskräfte aus allen Regionen heran zog in denen römische Legionen stationiert waren. Allein schon wegen der von Kaiser Augustus im Rahmen der Heeresreform angeordneten Absenkung auf 25 Legionen für das gesamte Imperium musste Tiberius seine Entscheidung weitreichend und durchgreifend treffen. Selbst Kaiser Augustus war gezwungen schärfste Maßnahmen zu ergreifen, um den mit dem Krieg einhergehenden Hungersnöten zu begegnen, indem er drastische Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen anordnete. Keine Region im Imperium konnte sich damals aus der Verpflichtung stehlen oder hoffen geschont zu werden. Alle hatten Tiberius in Pannonien zu unterstützen. Sogar Truppen aus Syrien und Italien sowie Veteranen mussten heran gezogen und er soll es letztlich geschafft haben, sich mit fünfzehn Legionen plus Hilfskräften und Reitereinheiten also einer etwa 125.000 Mann starken Armee in Pannonien dem Feind entgegen stellen zu können. All das zeugt von der Dramatik und der dringenden Notwendigkeit diese historisch belegbaren zusätzlichen drei Legionen regelrecht aus dem Boden stampfen zu müssen um diese dann in den Raum irgendwo zwischen Plattensee und Sarajevo zu verlegen. Es ist daher also noch eher denkbar, dass Tiberius im Sommer des Jahres 6 + möglicherweise auch nicht umhin kam, noch weitere Kräfte aus den niederrheinischen Kastellen für seine Pannonienarmee rekrutieren zu müssen. Geschweige denn, dass er sich imstande gesehen hätte, nach dem Markomannen „Manöver“ Legionen wieder zurück an den Niederrhein zu schicken, also in ihre Standlager zu entlassen. Gehen wir also auch der Möglichkeit nach, dass die Niederrhein Legionen für den Pannonienkrieg außer den zwei Legionen noch weitere Opfer bringen mussten, als sie dies schon für den nichtig gewordenen Markomannen Einsatz taten. Welche Legion oder welche Legionen waren im Norden noch entbehrlich und von wo aus ließ sich weiterer Nachschub für Pannonien generieren und wie viel Einheiten waren für die Aufgaben der Grenzsicherung am Rhein unverzichtbar. Dem wehrhaften römischen Kastell Mainz gegenüber standen im Jahre 6 + keine Feinde mehr, die Chatten waren um diese Zeit für das Imperium keine ernst zunehmenden Gegner. In Ostwestfalen lösten die Schlachten und Scharmützel des „Immensum Bellum“ eine Phase der Ohnmacht unter den germanischen Stämmen aus. Für die Bevölkerung waren die Wunden noch nicht verheilt, so dass sich auch dort die Menschen in jener Zeit bedeckt hielten und widerstandslos dem römischen Treiben in der Folgezeit zusehen mussten. Daraus lässt sich der Fingerzeig ableiten, dass sich Tiberius sehr gut noch mit zusätzlichen römischen Kräften aus Germanien und den dortigen Standlagern eingedeckt haben könnte. Denn wo keine germanische Gefahr mehr drohte, das Imperium also die uneingeschränkte Oberhand hatte, da brauchte man auch keine größeren Kräfte mehr binden und sie waren frei für andere Aufgaben. Man muss hier die Notwendigkeiten gegeneinander abwägen. Tiberius konnte weder die Nieder Rhein Front ungeschoren lassen noch durfte er sie entblößen. Er hätte folglich noch Spielraum für die Hinzuziehung möglicherweise einer weiteren Legion aus dem Norden für Pannonien gehabt. In diesem Fall hätte er die Nieder Rheingrenze dann nur noch von von zwei Legionen bewachen lassen. Da dies sicherlich hochspekulativ ist, möchte ich an dieser Stelle auch keine weiteren Gedankenspiele mehr anstrengen, ob noch zusätzliche Kräfte und das auch vom Niederrhein an die Donau marschieren mussten, um Italien zu retten. Obwohl es in jenen Jahren im Reich üblich gewesen ist, so zeigt doch der Hinweis auf weitere unterstützende Kräfte wie auch die tief in Germanien siedelnden cheruskischen Hilfstruppen die sich ebenfalls vermutlich unter Arminius in Pannonien mit schlagen mussten, wie fragil und dünn häutig die kämpfende Personaldecke für Tiberius war und wie weit er ausholen musste, um die römischen Legionen zu für Pannonien zu verstärken. Aber jeder Rekrutierungsaufwand brauchte seine Zeit für die nötige Logistik. Auch das bedurfte einiger Vorarbeit und vorbereitende Planungen, ohne die auch ein Tiberius nicht auskam. Aber wie so vieles andere auch, so verschweigen uns auch dazu die antiken Schriftsteller so manches Wissenswerte. So ist man mehr oder weniger auch als Hobby Historiker gezwungen, auch den logistischen Ablauf wie der Name schon sagt „logisch“ aufzubauen, um anhand der wenigen Fakten zu schlüssigen Erklärungen der Vorgänge zu gelangen. Das es meines Wissens auch über die Örtlichkeiten der pannonischen Schlachten keine Kenntnisse gibt, verwundert im Hinblick auf die Varusschlacht auch nicht. Denn die Ereignisse fallen alle in die gleiche schwer erforschbare Epoche, zumal wenn sich die Schlachten außerhalb des römischen Kernlandes zutrugen. Es verwundert nicht, dass auch der Ausbruch des Pannonien Aufstandes mit der harten Hand römischer Steuereintreiber in Verbindung gebracht wird und darin wohl seine Hauptursache gehabt haben soll. Ungeachtet bzw. unbeeindruckt des pannonischen Kampfgeschehens rückte Varus wie man allgemein annimmt im zeitigen Frühjahr des Jahres 7 + nach Ostwestfalen aus und ich vertrete weiterhin die Ansicht, dass ihm für diesen Vorstoß nur zwei Legionen zur Verfügung gestanden haben könnten. Man geht davon aus, dass Arminius nach dem Ende des Pannonien Aufstandes aus der Truppe entlassen wurde und in Dalmatien nicht mehr zum Einsatz kam. Da der pannonische Heerführer am 3. August des Jahres 8 + die Waffen nieder legte, könnte Arminius mit seinen Getreuen im Spätsommer des gleichen Jahres schnellen Rittes wieder den Weg zurück in die Heimat nach Ostwestfalen angetreten haben. Varus hatte in dieser Zeit vermutlich sein zweiten Aufbaujahr an der Weser erfolgreich beendet. Arminius und Varus begegneten sich möglicherweise im Jahre 8 + noch gar nicht oder wenn, dann nur wenige Male. Aber Arminius kam aus Pannonien als ein Mann zurück, der imstande war militärische Zusammenhänge schnell zu bewerten und zu erfassen. Nicht nur Tacitus sagte ihm jedenfalls derartige Qualitäten nach. Er erkannte die Situation und die Lebenslage in der sich seine Stammesgenossen in jener Zeit befanden. Er wusste um die römischen Spielregeln wie man mit unterdrückten Völkern um zugehen gewohnt war und er sah wie kaum ein anderer ungetrübten Blickes auch die militärische Stärke oder besser gesagt die nicht vorhandene Stärke der in Germanien verbliebenen Legionen, denn um die stand es nach meinem Dafürhalten nicht zum Besten. Arminius erkannte die Parallele zwischen den leidenden Stämmen in Pannonien und Germanien, denn auch der Pannonische Aufstand fügte sich in die zwischenzeitlich veränderten Gegebenheiten in Germanien. Der Schritt mit diesem Wissen nun einen improvisierten Aufruhr in Ostwestfalen zu inszenieren, der dann zur Varusschlacht führen würde, war da nicht mehr groß. Er verglich die Lage und konnte eins und eins zusammen rechnen. Denn wie sagte der pannonische Anführer Bato einst nach dem Aufstand zu Tiberius “Ihr Römer tragt die Schuld an ihm, schicktet ihr doch zu uns als Wächter nicht Hunde und Hirten, sondern Wölfe“. Der Aufenthalt in Pannonien machte offensichtlich aus Arminius erst den Rebellen und späteren Volkshelden. Und als Anführer einer Kampfeinheit erkannte Arminius in Varus nicht nur den Wolf, sondern er erkannte auch die militärische Schwäche und Trägheit eines Regimes, das sich zwischen einem Kriegsgebiet in Pannonien und einer ruhigen Provinz im Hinterland auftat. Dieses Vakuum galt es Entschluss kräftig zu nutzen solange es noch existierte. Denn wie ich in einem früheren Kapitel andeutete, stand das Fenster für eine germanische Gegenwehr nicht lange offen. Während man von Stammesangehörigen wie Arminius und seinen Männern natürlich erwartete, dass sie den kürzesten Weg zurück in ihre Dörfer also ihre Heimat einschlagen würden, sahen römische Berufssoldaten die nur pflichtgemäß und gegen Bezahlung in ihre Standlager zurück zu kehren hatten die Lage völlig anders. Vom Plattensee nach Fürstenberg an der Weser sind es etwa 830 Kilometer Luftlinie. Die Cherusker hätten es auf ihren Pferderücken in wenigen Wochen überbrücken können. Meiner Theorie nach mussten die, wie ich meine zwei für die Kämpfe abgestellten Varuslegionen in den Jahren von 6 + bis 8 + wegen der jahrelangen Einsätze und physischen Belastungen zuerst gegen Marbod und dann in Pannonien zwangsläufig unter die Sollstärke fallen. Meines Erachtens wurden diese zwei Legionen wie auch Arminius und die Cherusker bereits nach dem heftigen Pannonieneinsatz an den Niederrhein und Ostwestfalen entlassen und beide Verbände kamen im Dalmatien Aufstand nicht mehr zum Einsatz. Varus konnte also günstigenfalls alle seine zwei Legionen erst frühestens im Herbst 8 + wieder in Empfang genommen und sie wieder integriert haben, gleich in welch kritischen Zustand sie sich auch befanden. Die von den harten Einsätzen gezeichneten Legionäre aus den dezimierten Legionen die immerhin drei oder mehr Jahre ununterbrochen im Feld standen oder auf dem Marsch waren, sollten nun im Jahre 9 + den wichtigen Rückhalt für jene Armee bilden, mit der Varus nach Ostwestfalen aufbrach und mit der er dann auf dem Rückweg in den Hinterhalt bei Borlinghausen geriet. Die Cherusker und die germanische Allianz bestehend aus den anderen Stämme mussten befürchten, dass ihnen nur noch das Jahr 9 + blieb, um auf diese noch stark geschwächten Legionäre einen Angriff wagen zu können. Damit wuchs der Handlungsdruck. Viele der Legionäre werden auch noch in den Kastellen am Rhein auf Genesung gewartet haben, um erst später wieder dazu zu stoßen, denn wir wissen aus den Rebellionen des Jahres 14 + wie mit ihnen in Kriegszeiten umgesprungen wurde. Zudem bestand im Germanenland im Sommerlager 9 + noch keine Gefahrenlage, es herrschte keine Krisenstimmung und Varus konnte ruhigen Blutes seine Arbeit fortsetzen. Nach den langen Märschen aus Pannonien erreichten zudem vermutlich auch nur noch wenige die festen Standlager am Niederrhein gingen auf dem Weg dahin in anderen Donaulegionen auf. Legionäre die noch zum Niederrhein gelangten, bestanden mehr oder weniger aus entkräfteten und ausgelaugten Kriegsveteranen, als dass man mit ihnen noch kurzfristig die Legionen für Ostwestfalen wieder auf ein angemessenes Sollstärke Niveau hätte anheben können. So schnell jedenfalls nicht, um im Jahre 9 + schon wieder über ihre alte Stärke und Kampfkraft verfügen zu können die sie um 5+/6 + noch hatten. Ihnen dürfte vieles vor allem aber Moral, Kraft und Gesundheit gefehlt haben, um sich unter den widrigen Bedingungen des Jahres 9 + noch mit dem Schwert in der Hand aus der Notlage einer Varusschlacht befreien und nach Westen durch schlagen zu können. Den wichtigen Motivationsschub verbunden mit einem möglichen zahlenmäßigen und kräftemäßigen Vorsprung, den die Germanen auf Basis meiner Theorie möglicherweise nur noch im Schlachtenjahr 9 + hatten, zwang die konföderierten germanischen Stämme dazu noch in diesem Jahr zu handeln, denn eine bessere Gelegenheit werden sie vermutlich nicht mehr bekommen haben. Eine angemessene Ruhephase nach dem Pannonienkrieg eine strategisch durchdachte Neuausrichtung der Legionen und das Imperium hätte neue Kräfte sammeln können. Mit diesen hätten die Germanen kein leichtes Spiel mehr gehabt und das Einfalltor zur Elbe hätte für das Imperium weit offen gestanden. (9.1.2019)

... link


Donnerstag, 27. Dezember 2018
Der Krieg in Pannonien - Marbod triumphierte - Varus hatte das Nachsehen
Beide Ereignisse, sowohl der nur im Ansatz statt gefundene Feldzug gegen Marbod im Jahre 6 +, als auch der mitten in den Aufmarsch hinein geplatzte Aufstand in Pannonien im gleichen Jahr lagen, wenn auch nur wenige Monate oder Jahre, so doch noch vor der Varusschlacht. Sie warfen folglich ihre langen Schatten voraus. Nach über 2000 Jahren ist es allerdings ein schwieriges und nahezu vergebliches Unterfangen den Querverbindungen zwischen den Ereignissen nachzuspüren, die für mögliche Analysen und Zahlenspiele hinsichtlich der Varusschlacht hilfreich sein können. Doch schon bei oberflächlichem Hinsehen fallen sie ins Auge. Der Böhmen - und der Pannonienkonflikt sind in Ursache und Struktur nicht miteinander vergleichbar und erfordern daher auch unterschiedliche Betrachtungsweisen. Das Schicksal hatte Varus, da er als Statthalter über Legionen befehligte die Rolle eines Bindegliedes zugewiesen. Dadurch saß er einige Jahre bildhaft gesprochen, zwischen den berühmten Stühlen der damaligen Weltpolitik. Obwohl er die römische Macht in Ostwestfalen stabilisieren sollte und seine Aufgaben zu erfüllen hatte, verlangten es Loyalität und Raison von ihm, dass auch er seinen Anteil an den militärischen Aktionen zu erbringen hatte. Letztlich wurde er selbst zum Betroffenen und hatte die dramatischen Konsequenzen zu tragen. Aufgrund der komplexen Lage reicht eine Sichtweise allein auf die Ereignisse nicht aus, immer wieder muss daher alles neu aufgeschnürt, angepackt und wenn nötig auch zurück gespult werden um nichts auszulassen. In diesem und den folgenden Abschnitten ist es daher unvermeidlich immer mehrere Standpunkte einzunehmen, die Blickwinkel neu auszurichten sie zu verschieben und immer wieder neue Anläufe zu wagen. Sich quasi wie ein Schatten neben die Protagonisten zu stellen, sie förmlich zu beobachten, um deren Handlungszwänge zu verstehen und zu hinterfragen. Es war eine Zeit kaum fassbarer Herausforderungen die in kürzester Zeit vor allem auf den unumstritten wichtigsten Mann am Platze nämlich Tiberius zu kamen und sich auf ihn konzentrierten. Denn er war der Mann im Mittelpunkt des Geschehens. Seine Wünsche, Ziele und Motivationen ergründen zu können, um sich am Ende in sein Weltbild zu versetzen und sich in seine Zeit zu Denken ist nahezu waghalsig. Kommt man ihm dabei zu nahe, so spürt man schon intuitiv wie dicht die germanischen Speere an ihm vorbei geflogen sein mussten. Denn Tiberius war die herausragende Gestalt schlechthin und er prägte wie kein anderer die germanische Frühgeschichte über viele Jahrzehnte. Und er tat es wohl selbst dann noch, als er schon römischer Kaiser war. Immer wieder begegnet er uns in den Jahren. Und obwohl er bereits auf eine lange Liste militärischer Großtaten zurück blicken konnte, erleben wir ihn in Germanien erst, als er uns durch seinen Gewaltritt auffiel. Wie er nämlich noch seinen sterbenden Bruder vermutlich an der Weser lebend antreffen wollte und dafür einige Tage nicht aus dem Sattel gekommen sein soll. Sollte man mal nach einem Menschen Ausschau halten wollen, der mit an der Wiege des Germanentums zur Zeitenwende gestanden haben könnte, so hätte ihm wohl der Platz am Kopfende zugestanden. Allerdings nicht als Heilsbringer oder Friedensstifter, sondern eher als der schwarze Ritter. Aber zurück zur Realität. Als sich im Frühjahr 6 + die Legionen des Tiberius aus zwei Stoßrichtungen immer näher auf den Markomannen König Marbod zu bewegten, traf urplötzlich die Schreckensnachricht aus Pannonien ein. Man kann annehmen, dass dies in Gestalt reitender Boten geschah. Es musste alles für Tiberius ultimativ, glaubhaft und offensichtlich alternativlos für sein weiteres Handeln geklungen haben. Wer sie überbrachte wissen wir nicht. Was geschah daraufhin. Tiberius wird in kürzester Zeit reagiert haben und musste es wohl auch. Er wendete die Einheiten die gerade erst mit ihm aus Carnuntum anmarschierten und dirigierte die aus Nord - und Westarmee gebildete Formation mit der er sich ursprünglich vor dem Hauptangriff auf Marbod vereinigen wollte in einem logistischen Kraftakt ebenfalls nach Pannonien um. Nach dieser schockierenden Katastrophenmeldung wird Tiberius jedenfalls eines garantiert nicht gemacht haben, denn es hätte gegen jede Feldherrn Logik verstoßen. Keinesfalls hätte Tiberius daraufhin die Mainzer Saturninus Westarmee, als auch die niederrheinischen Nord Legionen komplett und sozusagen unverrichteter Dinge wieder zurück in ihre Kastelle an den Rhein entlassen. Denn nun brauchte er alle Legionen noch weit aus dringender, als es für den ursprünglich geplanten Markomannen Feldzug nötig gewesen wäre. Tiberius war es damals selbst, der zwischen 12 – und 9 – Pannonien für das römische Reich erobert hatte. Unvorstellbar, dass er nun tatenlos zuschauen würde, wie sich 15 Jahre später seine Erfolge in Luft auflösen, und sein Kampf umsonst gewesen sein sollte. Den Aufstand in Pannonien nieder zu schlagen, bekam daher für ihn und das Imperium umso mehr die oberste Priorität. Selbst nur Teile aus seinen Legionen auszugliedern um sie wieder in ihre Garnisonen am Rhein zurück zu schicken, wird er nicht in Erwägung gezogen haben. Die Konsequenzen aus der neuen Lage waren für die römische Niederrhein Front in Nordwest Germanien augenscheinlich und sie dürften sich auf alle Planungen des Feldherrn Varus als sehr kritisch erweisen. Diese brisante Phase tiberianischer Wendemanöver könnte in die April bzw. Maitage des Jahres 6 + gefallen sein. Soweit die Ausgangslage zum Zeitpunkt der historischen Ereignisse im Frühjahr 6 +. Aber damit nicht genug, denn nun war für Tiberius guter Rat auch in anderer Hinsicht teuer, denn wie sollte er jetzt mit Marbod weiter verfahren, der nun irgendwo triumphierend in seiner Hütte saß. Und wie wird man Tiberius damals die Tragweite und Dimension des Aufstandes beschrieben haben und welche Vorbereitungen daraus resultierend hatte Tiberius nun zu treffen. Wie beurteilte er um dies Zeit die militärische Lage. Würden die zwölf für den Markomannen Feldzug zusammen gezogenen Legionen überhaupt ausreichen um damit in Pannonien etwas bewirken zu können. Was verrieten die Nachrichten aus Pannonien im Detail. Auf Armeeteile zu verzichten dürfte Tiberius bei der unklaren Informationslage sicherlich für zu gewagt gehalten haben, aber musste er nicht eventuell sogar auch noch an die Aufstockung seiner Truppe für Pannonien denken. Und wie wir wissen, dachte er nicht nur daran sondern er tat es auch. Hier, vielleicht irgendwo an einer strategisch günstigen Stelle des Böhmer - bzw. des Šumava Waldes, weit ab vom „teuto burgiensi saltu“ könnte damals auch von Tiberius eine schicksalhafte Vorentscheidung darüber mit gefallen sein, wie es nun mit Varus in Ostwestfalen weiter gehen sollte. Denn auch die angedachten bzw. von mir fiktiv ins Leben gerufenen zwei Legionen aus seinem Kontingent würde Tiberius im Pannonieneinsatz dringender brauchen und wird sie ihm in dieser heiklen Phase nicht wieder angegliedert haben. Varus war in keiner beneidenswerten Situation. Nach dieser Theorie würde ihm bis auf Weiteres ein nicht unbedeutender Teil an Legionären, die er für den Aufbau eingeplant hatte, nicht zur Verfügung stehen. Trotzdem hatte er die Pflicht und musste die Lage in Germanien stabil halten. Eine neue Provinz zu erschließen ließ sich nicht nach dem Reißbrett umsetzen und Varus wird seine Strategie den Gegebenheiten angepasst haben. Vorkehrungen für eine Schlacht brauchte er jedenfalls nicht treffen, da dies im Jahre 7 + in seinen Gedankenspielen nicht vor kam. Eines scheint aber klar gewesen zu sein. Varus musste dieser Hypothese nach in Unterzahl seine Ostwestfalen Mission im Jahre 7 + angehen, denn die Männer die einst aufbrachen um Marbod zu besiegen, wurden nun nach dem Schwenk in Richtung Donau in Pannonien mehr gebraucht. Möglicherweise sah Varus darin aber noch nicht einmal ein gravierendes Problem, denn der „Immensum Bellum“ hatte dauerhaft Wirkung hinterlassen, die Germanen in West - und Ostwestfalen waren stark geschwächt und in den Cheruskern sah Varus in dieser Zeit noch vertragstreue Partner und Verbündete, denn ein römischer Ritter Arminius und sein Bruder Flavus hielten bekanntlich für Rom ihre Köpfe hin. Vermutlich rechnete er auch wieder mit Aufstockungen durch ihm möglicherweise zugesagte zurück fließende oder andere Verbände aus Gallien. Aber welchen Truppenbedarf hatte Tiberius in Pannonien. Es ist überliefert, dass ihm für diesen Einsatz drei Legionen mehr zur Verfügung standen als gegen Marbod. Es gibt gute Hinweise dafür, wo und wie er diesen zusätzlichen Bedarf an Kämpfern deckte. Einer Anweisung oder besser gesagt, wohl dem Befehl von Augustus oder Tiberius auch an Varus Kräfte für Pannonien abzustellen, konnte er sich wie ich konstatierte sowieso nicht widersetzen. Varus durfte und wollte es letztlich auch nicht, denn auch schon der Markomannen Feldzug geschah aus einer imperial übergeordneten Interessenslage heraus, die das gesamte System berührte und der Pannonienaufstand erreichte noch eine ganz andere Dimension und nahm für das Reich weit aus kritischere Ausmaße an als der Markomannen Feldzug. Da aber Tiberius noch bis 6 + als Statthalter von Niedergermanien erwähnt wird, könnte er auch selbst die Anweisung an die Kommandanten gegeben haben, noch weitere Kräfte für Pannonien abzustellen. Nach dem „Immensum Bellum“ war und blieb es aber sehr ruhig in Germanien und Varus hatte noch nicht den negativen Ruf, den er später bekam. Sollten germanische Hilfstruppen in diesem Fall auch Cherusker wie ich nicht ausschließen möchte, auch schon für den Feldzug gegen Marbod angeheuert oder verpflichtet worden sein, so hätte Tiberius auch diese bereits im Herbst/Winter 5 + / 6 + ausheben müssen, da der Aufmarsch gegen die Markomannen im Frühjahr 6 + beginnen sollte. Dies ist möglich, aber nicht nachweisbar. Als damals Tiberius noch gegen Marbod und noch nicht für Pannonien mobilisieren brauchte, sprach sich das auch bis Ostwestfalen durch. Die ausgelösten Truppenbewegungen und Verschiebungen an der gesamten Rheingrenze ließen sich nicht verheimlichen. Als aber die Armeen des Tiberius im Frühjahr 6 + gegen Marbod ausrückten und kurz darauf gegen Pannonien gerichtet wurden, lag in Ostwestfalen ein mögliches Anrücken der Varusarmee ein Jahr später im Frühjahr 7 + unvorhersehbar und in weiter Ferne. Es wird angenommen, dass Arminius erst zu jenen Cheruskern gehörte, die sich Tiberius anschlossen, als er seine Armee auf 125.000 Soldaten für Pannonien aufstocken musste. Arminius wird in diesen Zeiten noch ein anderer Mensch gewesen sein. So könnte er demnach auch erst im Sommer oder Herbst des Jahres 6 + zur Tiberius Armee stieß und demzufolge am Markomannen Feldzug noch nicht teilnahm. Es bleibt im Dunklen, aber diese Überlegung ist letztlich für die Gesamtbetrachtung auch unerheblich, da sie keinerlei Auswirkungen auf den Verlauf der Varusschlacht hatte. Aufgrund der umfangreichen infrastrukturellen Maßnahmen parallel zur Lippe und darüber hinaus sowie der Fülle an Funden aus jener Zeit nimmt man an, dass die zahlreichen Kastelle Hafenanlagen und Wegebaumaßnahmen auch in der Zeit als Varus Statthalter war, fort gesetzt wurden. Darauf basierend wird als gegeben angenommen, dass Varus es unmittelbar nach Amtsantritt auch darauf anlegte, nach Ostwestfalen auszurücken, da es für ihn viel zu tun gab. Diese wäre demnach das Jahr 7 + gewesen. Spätestens also als Varus im Frühjahr des Jahres 7 + Xanten verließ, um die weiteren Erschließungsarbeiten in Ostwestfalen anzuordnen oder fortzuführen, kämpfte sein späterer Gegenspieler und Erzfeind Arminius bereits für Rom in Pannonien. Varus querte Ostwestfalen folglich in einer Zeit, als der Aufstand in Pannonien vermutlich seinen Höhenpunkt erreichte oder ihm entgegen steuerte und Tiberius seine ganzen und vielleicht sogar letzten Kräfte gegen die Aufständischen werfen musste, denn der Sieg in Pannonien musste wie man von der Schlacht in den Volcäischen Sümpfen weiß, überall schwer erkämpft werden. So könnte sich in etwa die Chronologie vor und nach dem gestoppten Markomannen Feldzug vollzogen haben. Die alten Herren Segimer und Segestes vermutlich noch in trauter Eintracht mit einander verbunden, handelten mit Varus in diesen Tagen noch den einen oder anderen „Knebelvertrag“ mit Varus aus. Aber in dieser Zeit fiel auch die personelle Schwäche der Varuslegionen noch nicht ins Gewicht, denn sie wurden an keiner Stelle heraus gefordert. Aber so einfach war es nicht. Denn als die bittere Nachricht und das nur fünf Tagesmärsche vor der ersten Feindberührung mit Marbod aus Pannonien eintraf, stellte sich für Tiberius die peinliche Frage, wie denn nun ein sicherlich sehr erstaunter König Marbod auf die plötzlich veränderte Lage reagieren würde. Vergegenwärtigen wir uns seine komfortable Situation. Marbod und seine Oberhäupter sahen in der Ferne ein gewaltiges Heer bestehend aus 12 zu allem bereiten Legionen in zwei Blöcken auf sich zu marschieren, er hatte alle seine Kämpfer sozusagen bis auf den letzten Mann mobilisiert und einen Schlacht- oder notfalls auch einen Rückzugsplan ausgearbeitet. Immer vorausgesetzt er hatte nicht an eine frühzeitige Kapitulation gedacht. Nun erlebte er wie ihm offensichtlich höhere Mächte seine Geschicke aus der Hand nahmen. Welchem Gott hatte er das nur zu verdanken. Wie muss er sich gefühlt haben, als er statt der erwarteten römischen Phalanx im Morgengrauen eine Gruppe Emissäre und Unterhändler in römischen Uniformen auf sein Lager zu reiten sah. Womöglich noch völlig ungewohnt weiße Fahnen schwenkend, die ihm nun ein Gesprächsangebot mit Tiberius, seinem schärfsten Widersacher in Aussicht stellen wollten. Aus der Not geboren, war Tiberius nahezu im Handumdrehen gezwungen, mit seinem ärgsten Gegner von gestern einen für das Imperium höchst unangenehmen, aber doch einen Freundschaftsvertrag genannten Pyrrhusfrieden zu schließen. Eine kaum zu überbietende Schmach und Demütigung für das stolze Imperium, dass sich Tiberius nun zu ihm herab lassen musste. Es gab also kaum eine Alternative, als dass es zu einem sehr fragwürdigen und zerbrechlichen Frieden kommen musste, über den Paterculus später einmal sagte „Marbod habe nun Krieg und Frieden gleichermaßen in der Hand gehalten“. Mit anderen Worten, Tiberius gab Marbod nahezu freie Hand in Germanien, gleich ob er Krieg oder Frieden bevorzugte, Hauptsache er ließ sich besänftigen und Tiberius konnte Pannonien für das Imperium retten. Denn nun galt es vordringlich das Heimatland Italien zu schützen, dem die Aufständischen in Pannonien sogar mit Knechtschaft gedroht hatten. Keiner hat uns überliefert was Tiberius und Marbod gemeinsam aushandelten. Aber was könnte und musste Tiberius ihm alles versprochen und zugesagt haben, um ihm das Versprechen abzuhandeln, Revanchegelüste gleich welcher Art zu unterdrücken. Möglicherweise ließ er ihm unter der Auflage das Imperium nicht anzutasten sogar freie Hand für weitere Abenteuer in Germanien. Das Imperium provozieren brauchte Marbod jetzt jedenfalls nicht mehr, denn es kroch sozusagen vor ihm im Staub. All dies klingt so phantastisch, als ob irgendwo in den Wälder Germaniens bereits unterschriftsreife Vereinbarungen existierten die Tiberius und Marbod nur per Handschlag absegnen brauchten, aber so wird es nicht gewesen sein. Verträge in der damaligen Zeit konnten eine sehr kurze Lebensdauer haben aber das so genannte Verhandlungsergebnis stand dann doch irgendwann und Tiberius konnte sich nach Pannonien begeben. Wie man aber dieses seltsam zustande gekommene Stillhalteabkommen zwischen den zwei Großmächten allerdings auf Ostwestfalen bezogen unter den Cheruskern aber auch den anderen germanischen Stämmen die bis zur Elbe und darüber hinaus siedelten bewertete, ist fraglich. Vermutlich noch im Frühsommer 6 + veränderte der Aufstand in Pannonien somit von einem Tag auf den anderen die gesamte geostrategische Lage in Zentralgermanien. Im Jahre 6 + war Ostwestfalen im Zuge des Flächenbrandkrieges des „Immensum Bellum“ noch zu stark geschwächt und daher unfähig jeder Art Widerstandsgedanken gegen wen auch immer zu hegen. Aber nun spielten aufgrund der aktuellen Ereignisse in Pannonien plötzlich die Markomannen eine dominante Rolle, die bis nach Ostwestfalen ausstrahlte. Willfährige und von Marbod abhängige Kleinstämme konnten nun unkontrolliert oder sogar im verdeckten Auftrag Marbods auch in Thüringen oder in die Harzregion einfallen um dort frei schalten und walten zu können. Marbod hätte ungestraft jede Beteiligung daran zurück weisen können und konnte auf diese Weise sogar seine Zusagen gegenüber Tiberius bequem einhalten. Alles war denkbar, alles war ihm zuzutrauen und alles hätte für die Region an der Mittelweser gefährlich werden können. Der germanische Stamm der Markomannen, der nach seiner Niederlage gegen Rom 9 - seine alten Wohnsitze am Main verlassen musste und nach Böhmen abwanderte bzw. sich dahin rettete war dagegen wieder erstarkt und aus der Asche auferstanden. Sie standen von Harz und Weser nur einige Tagesmärsche entfernter, als die nun durch den Pannonien Aufstand eingeschränkt angriffsfähigen und zur Zurückhaltung gezwungenen Römer am Niederrhein. In Germanien sprich in Ostwestfalen und Südniedersachsen gingen alle diese bedrohlichen Nachrichten wie Lauffeuer durch die Fürstenhöfe. Denn nun deutete sich für die Region an der Weser schon nahezu ein Zweifrontenkrieg ab. Im Südosten lauerten die Markomannen und ihre Vasallen und im Westen der ungeliebte neue Vertragspartner Rom, von dem man auch nicht wusste was man von ihm, der sie gerade mit Krieg überzogen hatte, erwarten sollte. Was tat die Altwelt in derartigen Fällen ? Wie überall, sie schaute sich nach neuen Bündnispartnern um und schmiedete neue Allianzen um sich nötigenfalls dieser möglichen Gefahrenlage durch die Markomannen entgegen stellen zu können. Für den Fall, dass diese die Absicht haben sollten, dass römische Vakuum in Ostwestfalen für ihre Interessen im Zuge des römischen Zwangsfriedens zu nutzen, so wären sie gerüstet gewesen. Und nun hatte Varus ausgerechnet in dieser Umbruchzeit seine Provinzpläne für Ostwestfalen gefasst bzw. wollte sie umsetzen und nicht aufgeben. In einer Phase in der man die letzten Kräfte nicht mobilisieren sollte und derartige Eskapaden eigentlich unterlassen müsste. Auch dann, wenn sie in Ostwestfalen für scheinbar friedliche Aktionen gedacht waren. Das es nun nicht zu einem Angriff von Marbod nach diesem für ihn aus dem Himmel gefallenen Friedensabkommen im Frühjahr 6 + gegen die neue römische Wesergrenze im Osten kommen würde, war natürlich in der zweiten Hälfte des Jahres 6 + noch von keiner Seite zu erahnen. Denn auch die Pläne des Feldherrn Varus lagen in dieser Zeit noch verdeckt in der Schublade. Man musste sich aber im römischen Beraterstab in weiser Voraussicht darauf vorbereiten, dass sich ein Marbod nicht an das Handschlag Abkommen mit Tiberius halten würde und folglich die Gunst der Stunde nutzten könnte, um in Germanien freies Spiel zu haben, so wie es auch Paterculus andeutete. Tiberius wird sich also auch weiterhin gedanklich mit allen Fronten und Gefahrenherden des Imperiums beschäftigt haben und nicht nur mit dem aktuellen Brandherd Pannonien. Er war in einer misslichen Lage, denn er befand sich nach dem Gewaltschwenk im Sommer 6 + auf dem Zug nach Pannonien und konnte sich über die Vertragstreue eines hinter sich zurück gelassenen Marbod nicht absolut sicher sein. Keine gute Ausgangslage kurz vor einem neuen Krieg. Tiberius kannte andererseits natürlich die Pläne von Varus nach Ostwestfalen zu ziehen, denn Varus wird es nicht eigenmächtig also aus freien Stücken angegangen sein, ohne sich vorher mit den Großen des Reiches beraten zu haben. Pläne die man schon fasste, als man noch davon ausging, man könne Marbod im Zuge eines einzigen erfolgreichen Sommerfeldzuges im Jahre 6 + nieder werfen. Davon war nun keine Rede mehr und die Lage hatte sich eher ins Gegenteil gekehrt. In Tiberius sehe ich aufgrund seiner heraus ragenden Stellung eine Person, die ich noch hierarchisch zwischen Varus und Kaiser Augustus schieben möchte und halte ihn daher Varus gegenüber wenn nicht sogar für weisungsbefugt, so doch in einer Position der Stärke die Varus nicht ignorieren konnte. Denn Tiberius stellte schließlich noch in seiner Zeit als Statthalter von Niedergermanien das Heer gegen Marbod auf und er musste entscheiden wie viel Mann er dafür einsetzte und wo er sie heraus zog. Tiberius stand folglich wieder vor schwierigen politischen Entscheidungen. Sollte er Varus vielleicht besser aufgrund des neu entstandenen Sicherheitsrisikos für ihn und seine geschwächte Heeresgruppe von Ostwestfalen wieder an die Rheingrenze in die sicheren Standlager zurück beordern bzw. ihm dies mit Nachdruck dringend nahe legen. Aber Marbod kannte wohl ebenfalls die Pläne, dass Varus beabsichtigte im Osten neue Marken im „Auguensischen“ zu festigen und Grenzen für das Imperium zu ziehen. In diesem Fall hätte Marbod den Rückzug als eine Schwäche Roms auslegen können. Andererseits konnte er es auch als einen Akt des Misstrauens gegenüber seiner Person und damit seiner Vertragstreue verstehen. Als ob man damit indirekt seine Zuverlässigkeit in Abrede stellen würde, was bei empfindsamen Menschen schon für einen Zwist ausgereicht haben könnte. Letztlich konnte er den Verbleib von Varus in den Rheinkastellen aber auch noch als eine Einladung und ein stilles Einverständnis sehen, dass man von römischer Seite bereit war Ostwestfalen in seinen Machtbereich übergehen zu lassen. Würde er aber Varus seine Vorbereitungen in Ostwestfalen weiter führen lassen, so bewies er Führungsstärke, Vertrauen in den Vertragsabschluss mit Marbod was ihm schmeichelte, man konnte die Strategie der Kontinuität und Zuverlässigkeit fortsetzen und neue Gebiete für Rom annektieren. Die Provinzialisierung konnte also ungeachtet der bedrohlichen Entwicklung im Südosten weiter geführt werden. Ein unklares Machtvakuum wollte Tiberius an der Weser im Raum Ostwestfalen nicht hinterlassen, schließlich hatte er dafür gekämpft. Aber Tiberius erreichte noch ein weiteres Ziel, in dem er Varus nicht aus Ostwestfalen zurück hielt. Er festigte und stabilisierte damit die Weser endgültig als die neue römische Ostgrenze und damit auch als eine Demarkationslinie gegenüber den Markomannen und das umfasste auch den Verlauf der Werra über Hedemünden hinaus. So führte er das zu Ende, was schon sein Bruder Drusus begonnen hatte. Denn es ist überliefert, dass Drusus zur Sicherung der Provinzen Wallanlagen und feste Plätze auch an der Weser errichtete, was man lange nicht glauben wollte. Da es auch in diesem Abschnitt um den Versuch geht darzustellen, mit welch schwacher militärischer Stärke im Rücken Varus letztlich seine Mission in Ostwestfalen anging, fällt dem Markomannen Feldzug eine nicht unwichtige Bedeutung zu. Tiberius musste für seinen Feldzug 6 + meiner Auffassung nach zwangsläufig auch auf Legionen zurück greifen, die am Niederrhein ihre Standlager hatten. Die zwar später Varus unterstanden, die ihm dann aber ab 7 + nicht mehr zur Verfügung standen. Denn nur so gelang es Tiberius die überlieferte Anzahl von 12 Legionen überhaupt zu erreichen. Da meine Hochrechnung niedrig ansetzt, in dem ich davon ausgehe, dass Tiberius nur zwei niederrheinische Legionen nach Böhmen befehligte die er später auch mit an die Pannonienfront nahm, stellt sich die Frage mit wie viel Legionen Varus auf seinem ersten Zug nach Ostwestfalen im Jahre 7 + aufbrach. Es ist auch an keiner Stelle überliefert, dass sich Varus in den Jahren 7 + und 8 + überhaupt in Ostwestfalen aufhielt. Diese Schlussfolgerungen werden wie bereits dargestellt davon abgeleitet, dass Varus vermutlich im Jahre 7 + als Statthalter eingesetzt wurde und die Aufgabe hatte Germanien in eine Provinz zu verwandeln. Da es einen erheblichen römischen Fundus im Münsterland an der Lippe und darüber hinaus gibt, die auf die Anwesenheit römischer Soldaten hinweisen nimmt man an, dass diese zahlreichen Hinweise nicht nur auf das Jahr 9 + zurück zu führen sind, dem Jahr in dem die drei Varuslegionen umkamen, sondern auch auf die unmittelbaren Jahre davor. Da die nach Böhmen entsendeten Legionen aus dem Machtbereich von Varus nach dem Abbruch des Markomannen Feldzug für den Pannonieneinsatz benötigt wurden, musste Varus zwangsläufig noch bis zum Ende des Pannonienkrieges auch auf diese zwei Legionen verzichten. Der Pannonieneinsatz wurde im Jahre 8 + beendet, so dass auch erst im Verlauf dieses Jahres beide Legionen wieder zurück an den Rhein marschieren konnten um sich wieder den anderen Varuslegionen anschließen zu können. Dabei könnte sich theoretisch auch Arminius mit seinen Cheruskern unter diesen Legionen befunden haben. Zweifellos und das ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil meiner Theorie hat auch nicht jeder Legionär aus diesen zwei Legionen den Pannonienkrieg gesund überstanden bzw. überlebt. Wenn diese im Jahre 8 + wieder in die Truppen am Niederrhein integriert wurden, so sicherlich nicht in der vollen Kampfstärke in der sie einst die Region im Jahre 5 + / 6 + verließen. Sollten diese zwei gerupften Rumpflegionen später mit zum Bestand der Legionen in der Varusschlacht gehört haben, so wäre daraus ein erneuter Hinweis abzuleiten, dass im Nethegau und im Teutoburgiensi Saltu nur vor geschwächte Legionen gegen die Germanen ins Feld geführt werden konnten. Ein weiterer Beleg dafür, dass zwar in der Varusschlacht die besagten drei Legionen umkamen, aber beileibe nicht in der angenommenen Sollstärke. Somit auch ein zusätzliches Indiz dafür, dass es die Germanen mit einem weit aus weniger gefährlichen Gegner zu tun hatten, als es der Hinweis auf die bloße Zahl dreier umgekommener Legionen zulässt. Daraus lässt sich wiederum ableiten, dass im Jahre 9 + auch auf germanischer Seite nicht die Anzahl an Kämpfern zu den Waffen greifen brauchte, wie häufig angenommen wird. Die Varusschlacht könnte durch diesen Umstand für die Germanen „Gewinnbarer“ geworden sein. Möglicherweise fiele damit auch etwas vom „schönen nationalen Glanz“ ab, der die Schlacht umgibt und sie zu etwas Besonderem in der deutschen Geschichte machte, aber das muss man in kauf nehmen. Die Varusschlacht war wie durch die historischen Hinweise belegt ist, trotzdem kein Leichtgewicht für alle daran beteiligten Kämpfer. Ihre historische Bedeutung ist zudem ungleich höher einzustufen und lässt sich nicht allein auf Basis der Anzahl umgekommener Kämpfer bewerten. Die germanische Sichtweise der Ereignisse trug wiederum gänzlich andere Züge, als die Gedanken die sich damals ein Marbod ein Varus oder ein Tiberius machen mussten. Denn es waren ihre ureigenen Stammesgebiete und ihr Grund und Boden, über den hier andere Mächte verfügen wollten. Aber sie waren in der Zeit nur das schwächere Glied und nur der dritte Spieler im Bunde mit den zwei großen Mächten westlich und östlich von ihnen. Was sich aber in Bälde grundsätzlich ändern sollte. Im Jahre 6 + als sich Rom gegen Marbod rüstete, wussten die Germanen in Ostwestfalen noch nicht, dass sich der glückliche Marbod im Amt halten konnte und das alles in einen großen Pannonienkrieg münden würde. Des Weiteren ahnte im Frühjahr 6 + auch noch keiner, dass mal ein Statthalter Varus an ihre Türen klopfen würde, um sich ihr Land anzueignen und sie zu Sklaven machen wollte. Als aber gegen alle Erwartungen Tiberius mit Marbod Frieden schließen musste und ein Varus noch nicht auf der Bildfläche erschien, sahen die Germanen nur die Gefahr sich möglicherweise gegen einen vor Kraft strotzenden Marbod zur Wehr setzen zu müssen. So beschlossen sie vermutlich wie bereits angedeutet, im Jahre 6 + dem eine eigene Allianz entgegen zu setzen. Hier löste möglicherweise auch eine innergermanische Gefahr den Druck aus größere Bündnisse schließen zu müssen und nicht der viel beschworene Kontakt zur mediterranen Welt. Drohendes Ungemach aus Westen war 6 + für die Wesergermanen noch nicht in Sicht und die Markomannen hielten sich nach dem böhmischen Friedensvertrag mit Tiberius aus Ostwestfalen zurück. Aber das konnte 6 + in Ostwestfalen noch keiner wissen. Aber man könnte annehmen, dass dieses einst aufgrund des erstarkten Marbod eingegangene Bündnis innerhalb der Germanenstämme noch eine neue Bedeutung bekommen sollte. Denn es war langlebiger, als man meinen sollte und hielt sich noch bis ins Jahre 9 + wo es sich dann im Zuge der Varusschlacht wieder bemerkbar gemacht haben könnte, da es gebraucht wurde und sogar darüber hinaus. Jedoch dann nicht um einem Feind aus dem Osten entgegen treten zu müssen, sondern um gegen das römische Joch zu rebellieren. Anhand dieser Darstellung lässt sich ablesen wie Komplex die Lage damals schon in Ostwestfalen war und das sich die Varusschlacht innerhalb eines voluminösen Pulverfasses entzündete, in das auch viele andere Interessen hinein spielten. Man war nun aus römischer Sicht betrachtet in dieser bedrohlichen Zeit schon gut beraten, wenigstens die Weser behaupten zu können und moderne Historiker die schon in der Elbe eine leicht erreichbare römische Ostgrenze zu erkennen glaubten, mussten bis auf weiteres ihre Visionen begraben. Als Augustus seufzte und um Varus und seine Legionen trauernd im Jahre 9 + mit Sorge nach Germanien blickte, galt sein Hauptaugenmerk wohl einem ganz anderen Problem. Denn mit Mühe hatten seine Truppen soeben den dalmatinischen Aufstand nieder geschlagen und nun befürchtete er unmittelbar nach der Varusschlacht, dass auf seine Truppen auch an der Weser neue Herausforderungen warten würden. Varus war zwar tot, aber Marbod lebte und er verfügte immer noch über die unumschränkte Macht im heutigen Mitteldeutschland und konnte nach der Niederlage von Varus über Nacht im Verbund mit anderen Germanen plötzlich und erneut zum ernsthaften Gegner für Rom werden. Das sich Marbod danach noch so kooperativ und beinahe zahm zeigen sollte, hatte wohl kaum einer in Rom oder irgendwo anders von ihm erwartet, als er den wieder ausgegrabenen Kopf des Varus als Zeichen seiner Treue weiter reichte. Und schon gar nicht Arminius. Das aber die Markomannen sogar Ende des 2. Jahrhunderts immer noch als nicht besiegt galten, konnten die alten Protagonisten zu den Zeiten des Kaiser Augustus auch noch nicht ahnen. Marbod erkannte zwar aus seinem Blickwinkel die geschwächten Legionen nach dem Aufstand in Pannonien und wusste auch um die vernichteten Varuslegionen. Er nutzte aber die Gelegenheit nicht aus, um danach zum großen Gegenschlag auszuholen, obwohl er an der Weser auf ein stark angeschlagenes Imperium und auf Kampfes müde Germanen gestoßen wäre. (27.12.2018)

... link