Sonntag, 8. Oktober 2017
Das Elbe - Projekt
Römer waren es ihrer Herkunft nach als ein die Meere und Flüsse befahrendes Volk gewohnt, viele ihrer Ziele möglichst per Schiff erreichen zu wollen und auch die Landmasse Mitteleuropas bot ihnen dazu ausreichende Möglichkeiten. Waren sie gezwungen größere Landflächen zu überwinden, so forderte auch dies ihre exzellenten logistischen Fähigkeiten heraus. Trockene Versorgungswege auszubauen, sie instand zu halten und militärisch zu sichern war allerdings ungleich aufwändiger als ein Transportsystem auf dem Wasserweg. Ihre Eroberungspolitik nicht erst seit Beginn des gallischen Krieges war eine Erfolgsgeschichte und auch Vercingetorix konnte sie 52 - mit einer gallischen Allianz nur kurzzeitig unterbrechen. Die Rhone floss noch gegen die römischen Interessen von Nord nach Süd und verzögerte damit strömungsbedingt eine noch schnellere Vorwärtsbewegung, aber auch das war letztlich kein Hindernis für ihre Eroberungspläne. Mit dem Erreichen der schiffbaren und letztlich in die Nordsee mündenden Flüsse wie Mosel und natürlich Ems, Weser, Maas, Elbe und Rhein, nahm ihr antiker Eroberungszug noch zusätzlich Fahrt auf. Man halte sich vor Augen, dass die Heere Roms noch 52 - in der Bourgogne standen und der Tod Cäsars 44 - führte auch nur zu einer kurzen Zäsur. Denn bereits 30 - nahmen sie das heutige Trier in Besitz, wo sie zur Abwehr eines Aufstands vorübergehend ein Militärlager auf dem Petrisberg errichteten, gründeten etwa zwischen 39 - und 19 - den städtischen Vorläufer von Köln um schon in den Jahren 13 -/12 - den Grundstein für Vetera (Xanten) zu legen. Drusus erforschte die rechtsrheinischen Gebiete zwischen 12 - und 9 - und stieß dabei bis zur Nordseeküste und zur Elbe vor und inspizierte als Militärstratege dabei auf dem Landwege sicherlich auch den genauen Lippeverlauf auf seine Nutzungsmöglichkeit hin und legte eine Reihe notwendiger Marschlager an. Tiberius folgte ihm, übernahm 4 + den Oberbefehl in Germanien und drang 5 + ins Mündungsgebiet des Rheins vor. Er gelangte bis zur Weser und errichtete an den Quellen der Lippe sogar ein Winterlager. Dies war damals das erste Mal, dass es einer größeren römischen Armee gelang auch im rechtsrheinischen Germanien zu überwintern. Infolge eines auf germanische Verhältnisse bezogenen unvergleichlichen Unterwerfungsprozesses teils unter Zuhilfenahme von Scheinverträgen eines nur zu gut in Intrigen geübten römischen Staates fremde Stämme zu unterjochen, gelang es ihnen in nur 40 Jahren von Zentralfrankreich über 7oo km bis an die Elbe bei Magdeburg an die östlichsten Grenzen Westgermaniens vorzustoßen. Während die germanische Bevölkerung im römischen Aufmarschgebiet der Münsterländer Bucht in der Lippe nie ein Einfalltor in den Osten sah, sondern nur einen praktischen Handelsweg nach Westen zur Rheinschiene, erlebten sie urplötzlich eine aufgezwungene Kehrtwende die sie beunruhigte. Die Brukterer hegten wohl zu keiner Zeit eigene Expansionspläne in die östliche Richtung etwa zur Weser und Ausbaumaßnahmen wie Begradigungen der Lippe oder andere größere Infrastrukturmaßnahmen, eben die Begleiterscheinungen und Attribute höherer Zivilisationen waren daher für sie auch kein eroberungstaktisches Muss. Auf römischer Seite war es um die Interessenslage natürlich völlig anders bestellt. Ihnen ging es darum auf Kaisers Geheiß ihre dynamischen Eroberungspläne zur Elbe nach bewährter Methodik umzusetzen und zu Ende zu führen. Was sollte die römische Staatsmacht aufgrund ihrer überlegenen Präzisionsleistungen, ihrer ausgezeichneten militärischen Disziplin, ihren hervorragenden Messingenieuren oder ihrer überzeugenden Architektonik als Pioniere und vor allem aufgrund eines schier unerschöpflichen Potenzials an Sklaven und Baulegionären auch ernsthaft davon abhalten das “Elbeprojekt” nicht auch Realität werden zu lassen. Alles war nur eine Frage weniger Jahre, um dann aus der Elbe einen neuen nassen Limes werden zu lassen und in Rom erwartete man natürlich positive Nachrichten und Erfolge. Das Volk von Rom wollte Trumphzügen beiwohnen, Augustus feilte an seiner Unsterblichkeit und dazu gehörten nun mal Siege. Der letztlich notgedrungene Bau des Limes in Süddeutschland wird heutzutage von manchen Historikern gerne als eine Grenze des Friedens bezeichnet, was uns ja irgendwie noch an die jüngste deutsche Vergangenhiet erinnert und womit man erreichen wollte, dass sich die ortsgebundenen Germanen mit ihm arrangierten und anfreunden konnten oder besser gesagt mussten, bis die Elbgermanen dem später ein Ende setzten. Letztlich sind und bleiben Grenzen so auch der Limes aber immer eine blutig aufgezwungene künstliche Markierung zwischen Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Interessenslage, wobei in der Regel der Stärkere auch immer der Gewinner ist. Dieses Weltkulturerbe heute schön zu reden traf damals sicherlich nicht das Empfinden unserer freiheitsliebenden Altvorderen.
zuletzt bearbeitet 9.10.2017