Mittwoch, 28. November 2018
Die Seele der Varusschlacht liegt verborgen in den antiken Schriften
Von fasst allen wichtigen alten Historikern die in lateinischer oder griechischer Sprache in Sachen Varusschlacht also über jene Zeiten berichteten kennen wir die Namen, bis auf Florus bei ihm ist man sich nur ziemlich sicher. Sie haben uns auch sehr vieles von damals überliefert, aber zu unserem Bedauern schweigen sie sich leider zu oft zur „Clades Variana“ aus. So sind ihre Aussagen darüber äußerst spärlich und mager oder sie kündigten uns Werke nur an, die aber vermutlich nie von ihnen geschrieben wurden oder nicht erhalten blieben. Zudem enthalten sie eine Vielzahl an lateinischen oder griechischen Worten, die uns sehr viele Übersetzungsspielräume ermöglichen und deren Interpretationen uns daher schon oft in die Irre geführt haben. Und das noch dazu an sehr neuralgischen Stellen, wo wir sie doch so gerne inhaltlich stärker fest genagelt hätten. Alles bleibt nebulös und schwammig. Ihre Texte zur Varusschlacht enden oft im Nichts, deuten vieles nur an und weisen in noch dazu sehr kurz gehaltenen Sätzen textuelle Lücken oder chronologische Brüche auf, klingen unlogisch und lassen uns vielfach rätseln. Oft halten sie sich aus unserer Sicht betrachtet mit Nebensächlichkeiten auf, vermeiden das Wesentliche, was wir hingegen für interessant und wünschenswert halten und vernachlässigen bis auf ganz wenige Ausnahmen örtliche Bezüge zur Landschaft und zur Geographie. Verzichten unvermittelt auf Gliederung und verlieren sich in grundsätzlichen Betrachtungen. So müssen wir uns oft selbst daran erinnern, dass sie es alles damals gar nicht für unsere heutigen kritischen Generationen nieder geschrieben haben. Aber verlangen wir nicht zu viel von Ihnen, denn wer konnte sich damals schon 2000 Jahre weiter ins so genannte „Atomzeitalter“ versetzen. Aber wenn nicht für uns, für wen haben sie es dann hinterlassen, könnte man auch fragen. Obwohl die Architektur im Imperium, wie das Beispiel des Deckengewölbes über dem Pantheon es beweist auf die Ewigkeit ausgerichtet war, wagte man es aber doch erst im 15. und 16. Jahrhundert den Blick auch mal nach vorne zu werfen. Aber das wenige Hinterlassene wird dadurch für uns um so wertvoller. Im weiteren Verlauf werde ich nun versuchen soweit nicht schon geschehen, die Textstellen der wichtigsten Historiker, nämlich Dio, Florus, Paterculus und Tacitus einer Bewertung zu unterziehen wie ich sie für denkbar halte. Zur Varusschlacht habe ich versucht in dieser Internet Veröffentlichung einen Ablaufplan zu entwerfen, indem ich allen erreichbaren Hinweisen nach Möglichkeit nachgegangen bin und ein Relief geschmiedet habe, dass sich sowohl in die topographischen Verhältnisse einbinden lässt, als auch zu den Aussagen aller antiker Quellen, mit der Betonung auf „allen“ passt. Auf dem Relief können wir die schiffbare Weser im Osten ertasten, wir folgen der Nethe, die bei Godelheim in die Weser mündet aufwärts. Wir erkennen dann in der faltigen Region um Brakel einen Kreuzungspunkt der durch das abfallende Oberwälder Bergland einen durchwanderbaren Korridor nach Westen erschließt, sehen aber auch ab Brakel Nethe aufwärts nach Süden parallel zum Ostabfall der Egge die nach unten weit geöffnete Flanke des Nethegau bevor das Gelände über die Diemel hinweg zum hessischen Bergland hin wieder an Höhe gewinnt. Letztendlich liegt auch die bedeutungsvolle Eggeschlucht vor uns, in der ich anhand diverser Übereinstimmungen den „teuto burgiensi saltu“ erkenne. Gehen wir noch einen Schritt weiter, betreten wir den Soratgau und blicken auf seine Nordausläufer in Richtung Schwaney und Paderborn. Denn dort erst machte sich wieder verstärkt römisches Leben bemerkbar, was man vom Nethegau nur wenige Jahre nach der römischen Okkupation noch nicht behaupten kann, aber nach den Visionen des Imperiums noch kommen sollte. Aber es ist nicht nur die Topographie die mir die Hand für meine Visionen reichte, sondern gleichermaßen auch die zur Verfügung stehenden Quellen der Altvorderen. Aber nicht nur das, im weiteren Verlauf meiner Niederschrift, habe ich mich auch mit der Zeit der großen Völkerwanderung und den frühmittelalterlichen, also den fränkischen Geschehnissen befasst und bin der Frage nach gegangen, was Merowinger und Karolinger noch von ihren Vorfahren wussten, aber auch was das Mittelalter noch von Franken und Germanen wusste. Denn das Wissen aus der Zeit von vor 2000 Jahren sollte in der Epoche zwischen dem 5. und dem 15. Jahrhundert noch weit aus präsenter gewesen sein, als in unseren Tagen, auch wenn nur sehr wenig davon erhalten geblieben ist. Denn im Mittelalter hatte man andere Sorgen, als sich derartige Fragen zu stellen, da sah man in den römischen Hinterlassenschaften nur nützliches Baumaterial. Oftmals hat das Mittelalter aber die alten Geschehnisse auf andere oftmals seltsame Weise für uns konserviert. Es ließe sich zwar alles als historische Quelle erschließen, aber die Suche nach Bezügen wird gerade dadurch noch zusätzlich erschwert. Denn Glaube und Aberglaube haben viele Verzerrungen und Verwerfungen der Realität hinterlassen, die es uns schwer machen zu erkennen, was an ihnen noch historisch verwertbar, was im Übergang begriffen war und was als Legende oder schmückendes Beiwerk anzusprechen ist und abgetan werden muss. Überlieferungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert, wenn sie denn die Epoche des Varus berühren zu untersuchen ist daher nicht unproblematisch. Als ein weiteres verbindendes Element stehen uns noch die Fragmente der Mythologie und des Götterkultes, aber aus germanischer Sicht betrachtet zur Verfügung, so weit sie uns bekannt geworden sind. Ihre Anfänge könnten sich auch bis in die Zeit vor 2000 Jahren zurück verfolgen lassen. Es ist also ein heikles Unterfangen auch diese Jahrhunderte zum Sprechen zu bringen, sollten sie denn überhaupt etwas zur Varusschlacht zu sagen haben. Die vorgenannten vier großen Persönlichkeiten der historischen Weltbühne haben uns so manches Hilfreiches verraten, dass uns auf den ersten Blick noch nicht aufgefallen ist. Neben Topographie, Heidentum, Mythen, Christianisierung und Legenden sowie der Mediävistik also der Mittelalterforschung und den Naturwissenschaften leistet heute vieles einen Beitrag zur Erhellung unseres Wissensstandes. Aber auch viele römisch/germanische Betrachtungsweisen haben sich in den letzten Jahrzehnten festgefahren und sollten noch mal auf den Prüfstand gestellt werden. Im weiteren Verlauf soll es aber zunächst um jene Interpretationen gehen, die noch nicht erschöpfend genug aus den Zeilen der antiken Historiker heraus gelesen wurden und wo sich noch Türen in die Vergangenheit öffnen ließen um die Geschehnisse um die „Clades Variana“ besser verstehen zu können. Da sich mein Gerüst auf Cassius Dio aufbaut treffe ich mit dem ersten Abschnitt auf eine Textstelle die wie kaum eine andere über diverse Schnittstellen mit den Abläufen der Mehrtagesschlacht verbunden ist. Denn über die Analyse des Hinweises von Cassius Dio auf "Frauen und Kinder" im Marschzug entdecken wir neue Antworten zu den Marschtagen insgesamt, müssen uns die Frage neu stellen, ob Varus sie überhaupt bis in den Schlachtenraum mit führte, oder ob er ihnen einen sicheren Rückweg mit Geleitschutz ermöglichte und erkennen somit auch plötzlich eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zu Ungunsten des Imperiums. Allesamt Fragen die nur im Kontext sichtbar werden und nie getrennt voneinander behandelt werden dürfen, wie es leider so oft der Fall war. Denn Geschichte hat nie Anfang und nie Ende. (28.11.2018)

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Dienstag, 20. November 2018
Der zweite Marschtag begann nach dem Verlassen des Marschlagers Brakel
Man könnte sich hier auch für einen anderen griffigeren Titel entscheiden, so zum Beispiel für, „Die Auflösung der Varusschlacht“. Denn die hier gewählte Überschrift deutet bereits unübersehbar die Lösung eines der vielen Geheimnisse um die Varusschlacht an. Denn sie gibt hier unweigerlich den klaren und unverstellten Blick frei auf die Viertagesmarsch – Bewegung der drei Legionen nach der Überlieferung von Cassius Dio. Diese Strategie und damit verbunden auch die Richtigkeit der Cassius Dio Variante konnte ich aber erst in diesem Abschnitt offen legen, nachdem ich die vielen Trümmer der Irrwege zur Seite geräumt hatte und vorher Schritt für Schritt alle mühselig anmutenden Wege abgegangen bin. Dazu gehört selbstverständlich die Corvey - Höxter Vorarbeit von Heribert Klabes, wo alles seinen Ausgang nahm. Die in sich geschlossene Logik der gesamten Topographie Ostwestfalens einschließlich der Erkenntnis um die Lage des „Teutoburgiensi saltu“, weil es ihn nur einmal und nur an einer Stelle in dieser Ausprägung in Ostwestfalen gibt. Und natürlich das dazugehörige unweit gelegene Kastell Aliso. All dies mündet in den Masterplan „Clades Variana“. Wer aus dem Gefüge der Hypothese auch nur ein Puzzleteil entnimmt, verliert schnell den Überblick samt der Logik und er riskiert den Kontext. Damit stünde er wieder am Anfang der Bemühungen, weil ihm das geistige Bindeglied verloren gegangen ist. Den Muster artigen Ablauf der Varusschlacht zu rekonstruieren gelingt also nur dann, wenn man alle Bausteine in die richtige Reihenfolge legt. Hat man dann die nun säuberlich beschrifteten Bausteine vor sich liegen, ist es wie immer ganz einfach. Denn dann ist es nämlich der erste Marschtag der die Legionen von Höxter nach Brakel führt. Der Tag der uns wie verloren vorgekommen ist weil er versteckt an keiner Stelle auftaucht oder sichtbar wird. Ihn bzw. diese Zeitlücke entdeckt man erst dann, wenn man sich die Chronologie der Abläufe näher anschaut. Dann versteht man auch, dass ein Arminius kein Zauberer war, dem alles an einem einzigen Tag gelingen konnte, selbst wenn er in seinem Vater eine große Unterstützung hatte. So habe ich ihm denn seine Bettruhe am Abend des ersten Marschtages gegönnt, wenn er sie denn genutzt hat. Es war demnach noch der Ereignis arme und friedlich verlaufende „Schönwettertag“ mitsamt den Frauen und lärmenden Kindern. Ihm folgte nun der unselige zweite Marschtag an dem sich das Wetter änderte und aus dem sich der erste Kampftag entwickeln sollte, der dann ins erste Marschlager des Varus führen sollte. Aber wieder zurück zum Geschehen. Es ist anzunehmen, dass es eine geeignete Verbindung vom römischen „Wasser Hellweg“ ab dem Römerhafen Anreppen zu einem römischen „Land Hellweg“ gab, der von Westen kam und in Richtung Osten weiter führte. Man stieß bekanntlich bei Anreppen auf die Spuren eines solchen römischen Weges, der diese These stützt. Und da, wo man auf den mittelalterlichen Hellweg in der Region um Paderborn - Balhorn stieß, war auch der römische Hellweg nicht weit. Ebenso dürfte es in Brakel gewesen sein. Auch in Brakel lagen der mittelalterliche und der römische Hellweg nicht weit auseinander. Römische Hellwege bevorzugten die trockenen Höhen und werden die sumpfigen Nethe Auen gemieden haben wie wir von den Römerstraßen zwischen Metz und Trier wissen. Im Süden von Brakel, wo sich im Karree der Straßen „Zum Königsfeld“, „Königsstraße“ und „Am Königshof“ auch schon die Karolinger und vor dem andere nieder ließen, bot das Gelände auch schon 800 Jahre früher gute Bedingungen für einen passablen Marschweg um ohne nasse Füße zu bekommen durch die Brakeler Märsch nach Osten zu gelangen. Brakel und seinem Umland fällt meiner Meinung nach in zweierlei Hinsicht eine große Bedeutung zu. Zum einen liegt Brakel unmittelbar an der West Ost Verbindung aus grauer Vorzeit und ist wegen seiner Lage genau in der Mitte zwischen Schwaney auf der Paderborner Hochfläche und der Weser bei Höxter der ideale Standort für ein Marschlager. Brakel war das erste Drehkreuz in alle Himmelsrichtungen nach dem Eggeabstieg. Nach Brakel in östlicher Richtung fiel erst wieder Amelunxen eine vergleichbare Bedeutung als Drehkreuz zu. Die „Villa Brechal“ war die Keimzelle von Brakel, existierte schon 836 und wurde im Zusammenhang mit der Überführung der Gebeine des Heiligen Vitus erstmals erwähnt. Der Name Brechal wird etymologisch auf Bruch, Brachland oder Sumpfgelände zurückgeführt, was im Zusammenhang mit der Nethe Aue dem Märschland südlich von Brakel und dem darin entwässernden Bach der den Namen Bruch trägt einen Sinn ergibt. Hellweganbindung und Tagesetappe sprechen für Brakel auch als Wendepunkt in der Varusschlacht. Dieses in topographisch bester Lage errichtete Marschlager war auch der Ausgangspunkt für den Weiterzug am Morgen des zweiten Marschtages, wo auch immer es sich in oder bei Brakel befunden haben könnte. Die immer an der Spitze voraus marschierende Pionierlegion die jeweils für den Aufbau des ersten Lagers zuständig war, hatte sich in Brakel auch als erste der drei Legionen bereits in den frühen Morgenstunden den Marschvorbereitungen gewidmet. Die einschlägige Forschung sagt, dass außerhalb befriedeter Gebiete jede Nacht unter Zuhilfenahme der Palisadenpfosten die teilweise getragen werden mussten, ein Marschlager zu errichten ist. Es ist in den Überlieferungen keine Rede davon gewesen, dass unter Varus Erkundungstrupps oder eine Vorhut voraus geschickt wurde, um im möglicherweise sogar feindlich besetzten Gebiet schon vor dem Eintreffen einen Platz für die Errichtung eines Marschlagers zu erkunden. Also noch bevor die anderen Soldaten und Legionen die Örtlichkeiten erreichten. Man marschierte folglich geschlossen los, um sich dann am frühen Abend zu orientieren und zu entscheiden, wo man die Nacht verbringen wollte. Man konnte bei diesem heiklen Auftrag keine genaue Örtlichkeit ansteuern, da man weder Ziel noch Marschdauer kannte.Wie Arminius dem Feldherrn, da er beim Auszug aus Brakel selbst nicht mehr mit ihm ritt die Region beschrieb, in die er zu ziehen hatte, wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, ob Arminius den Legionen des Varus Germanen an die Seite gab, die die Wege kannten. Möglicherweise wäre für sie daraus ein Himmelfahrtskommando geworden. Auch das ist uns also unbekannt geblieben. Man könnte noch soweit spekulieren, dass man Varus sagte, die dem Imperium wohl gesonnenen Germanen im Rebellengebiet würden ihm entgegen reiten um dann mit ihm die Örtlichkeiten des Tribunal - Marschlagers zu besprechen. So wird es letztlich für uns ein Geheimnis bleiben, wie es um den geographischen Wissensstand der Römer zur Region um Peckelsheim stand. Gut werden sie die Region jedenfalls nicht gekannt haben. In der Nähe von Schweckhausen nordöstlich von Peckelsheim gibt es allerdings wallartige Bodenstrukturen die archäologisch zwar erfasst und gesichert wurden, aber nicht näher erkundet bzw. ausgewertet wurden. Möglicherweise handelt es sich dabei auch nur um ein kurzzeitig genutztes Kleinlager einer römischen Polizeistreife oder Hilfstruppe. Dies könnte zumindest belegen, dass kleinere römische Einheiten die Bereiche bereits durch striffen hatten und man unter Varus auch vom Vorhandensein kleinerer Lagerstrukturen gewusst haben könnte. Obwohl nicht üblich, könnte man auch versucht haben diese aufzufinden, um für eine neuerliche Nutzung wieder herzurichten. Die Lagerkommandanten, die Praefectus Castrorum waren die dritthöchsten Offiziere einer Legion und standen dem Legatus auch als Planer zur Verfügung. Sie ritten auf dem Marsch bei der Vorhut einer jeden Legion und suchten dann am Abend eines jeden Marsches einen geeigneten Ort zur Erbauung des Marschlagers aus. Da immer nur ein Praefectus Castrorum auch bei mehreren Legionen für den Marschlageraufbau zuständig war, könnte es einer der uns namentlich bzw. historisch überlieferten zwei Präfekten gewesen sein, der die Verantwortung für die Auswahl und den Bau des ersten Varus Lagers des „Prima vari castra“ trug. War es Caedicius der Tüchtige der vielleicht noch der Schlacht entrinnen konnte und uns später als Praefectus Castrorum von Aliso überliefert wurde. Und der dann so klug agierte, dass es ihm gelang, noch viele Entkommene aus der Schlacht und später aus dem Lager Aliso zu retten. Oder war es Eggius der Mutige, der vermutlich im Kampf fiel, oder war es vielleicht auch sein möglicher Nachfolger Ceionius der zuletzt in naiver Unkenntnis der germanischen Mentalität noch unter widrigsten Bedingungen eine bereits aussichtslose Kapitulation anbot, als es schon keine Hoffnung mehr gab ? Die Marschkolonne setzte sich nun in Brakel in Bewegung und die Nachhut samt Tross verließ bedingt durch die Länge der Kolonne zeit verzögert als Letzte das Marschlager an der Nethe. Vom Zeitpunkt des Ausmarsches hing es zweifellos auch ab, wie lange sie sich am ersten Tag der Germanen zu erwehren hatten, wann die Dunkelheit einbrach und wann sie in etwa mit der Errichtung des ersten Marschlagers begonnen haben könnten.(20.11.2018)

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Dienstag, 6. November 2018
Welchen Weg schlugen die Legionen in die Stammesgebiete der Aufrührer ein ?
Warum auch immer, aber der Nethegau lag noch nie im Betrachtungsraum einer möglichen Varusschlacht. Er wurde bei allen Überlegungen ausgespart und in allen Theorien ließ man ihn außen vor. Der Suchhorizont „Nethegau“ war für die Forschung nicht attraktiv genug. Hermanns Denkmal, Dörenschlucht, Teutoburger Wald all das hatte der Gau zwischen Egge und Weser nicht zu bieten und jeder Historiker blickte daran vorbei. Das nur wenige Geschichtsforscher diese Landschaft ernsthaft auf dem Schirm hatten, kam der Mentalität der Menschen an der Nethe sicherlich entgegen. Nun aus dem Schatten der Geschichte getreten, gewinnt die Geologie, die Bodenqualität aber auch die Niederschlagsdaten bis hin zu Vegetation und Tierwelt an Bedeutung. So sollen auch diese Vorgaben bei der weiteren Betrachtung nicht aus dem Blickwinkel geraten. So auch bei der Analyse der möglichen und Varus im Herbst 9 + zur Verfügung stehenden Zugtrassen. Von Höxter aus ins Aufstandsgebiet der Germanen, dass sich meiner Ansicht nach vor dem „Teutoburgiensi saltu“ ausbreitete, bot diese alte Gaulandschaft an der Nethe damals nicht sehr viele Alternativen und so treten auch nur zwei geeignete Varianten in den Vordergrund. Immer entschieden über diese beiden von mir identifizierten Anmarschrouten die Geländeneigungen und der schon vorgegebene Verlauf der auch damals schon vorhandenen und genutzten Altstraßen aus vor römischer Zeit. Aber es war nicht nur allein eine Frage der Befahrbarkeit und damit der besten bzw. schnellsten Verbindung, es entschieden in dieser Zeit vor allem die strategischen Gesichtspunkte welchen Weg man letztlich einschlagen würde. Bis nach Amelunxen, dort wo sich Varus entscheiden musste, da sich dort die Wege trennten folgte man noch der großen prähistorischen Altstraße die zwischen dem Brunsberg auf der rechten und der Nethe auf der linken Seite verlief und die die Weserfurt nördlich der Nethemündung mit dem Oberlauf der Lippe verband. Erst in Amelunxen angekommen, war es den Legionen möglich eine Auswahl zwischen den zwei Alternativen zu treffen, also für welche Streckenvariante man sich nun im weiteren Marschverlauf entscheiden wollte. Nutzte der Varuszug ab Amelunxen die Trasse in Richtung Südwest über Natingen auf direktem Weg zu den Rebellen, oder gab er der Route den Vorzug, der sie zuerst ins westlich liegende Brakel und dann ins Aufstandsgebiet führte. Die Altstraße von Amelunxen über Drenke in den Raum Peckelsheim gehörte auch noch zum bekannten und erschlossenen Wegenetz und führte weiter in die Warburger Börde, aber auch in den „Teutoburgiensi saltu“. Denn bei Natingen befand sich das Warburger Wegekreuz, an dem der Bördenweg nach Westen zur Eggeschlucht dem Saltus und letztlich zum Rhein abzweigt. Dieser Bördenweg leitet dann später weiter westlich in den Haar- oder Herßweg über, während ab Natingen der andere Weg über Borgholz nach Warburg weiter führt. Es zweigt aber auch noch eine Altstraße nach Osten zur Weser ab, die aber hier nicht im Rahmen der Betrachtung liegt. Im Namen Herßweg oder Hersweg erkannten die Heimatforscher schon früh einen mögliche Namensursprung in der Form, als das sie darin den Heruskerweg, also den Cheruskerweg sehen wollten. Schon im Jahre 1451 nannte man diesen alten Herßweg "via regia dicta hersewech" oder auch „antiqua via“. Sollte es diese sprachliche Verbindung tatsächlich geben, so wäre dies auch kaum verwunderlich, sondern recht nahe liegend und daher auch keine große Überraschung. So hätten die Legionen folglich bei Amelunxen den gut ausgebauten und häufig genutzten Hellweg verlassen haben können. Hätten also nicht den Weg in Richtung Brakel eingeschlagen, der vermutlich schon mit Signaltürmen, aber vor allem mit einem engmaschigen Netz an Marschlagern ausgestattet war und hätten ihn statt dessen gegen eine schlechtere und unwegsamer ausgebaute Strecke eingetauscht. Aber sollte Varus so gehandelt haben ? Werfen wir trotzdem einen Blick auf diese mögliche Zuwegung über Drenke und Borgholz in den südlichen Nethegau. Er windet sich in Richtung Peckelsheim zwischen Nethe und Weser liegend und folgt teilweise einem Höhenrücken, besaß aber den Vorteil, dass er teilweise auf einem Höhenrücken verläuft, der eine bessere Weitsicht und damit mehr Sicherheit zumindest dort bot, wo sich waldfreie Abschnitte befanden. Allerdings mit dem großen Nachteil verbunden, dass man sich gegenüber der Amelunxer Netheaue bei Drenke bereits auf einer Höhe von über 2oo Metern und damit rund 1oo Meter höher als am Ausgangspunkt befand. Und bei Rothe und Natingen hätten sie sogar eine Höhe von etwa 300 m überqueren müssen, was einen Anstieg erforderlich gemacht hätte. Nur zum Vergleich, der höchste Berg der Egge ist der Velmerstot mit etwa 464 Metern. Die alternative Route von Brakel über Hampenhausen von Norden aus betrachtet und links der Nethe in den Raum Peckelsheim hingegen verläuft gleichmäßiger und flacher. Grundsätzlich betrachtet wäre es Varus natürlich möglich gewesen, sich sowohl für die eine als auch die andere Variante zu entscheiden, aber es gab eine Reihe von Vorteilen und Argumenten die den Ausschlag dafür gaben und wie ich meine, den Abzweig bei Brakel in den Raum Peckelsheim gegenüber der Strecke um Natingen zu bevorzugen. Den Konzentrationsraum einer fiktiven Verschwörer - Szene hatte ich aufgrund einer Vielzahl von geographischen, völkerkundlichen und historischen Hinweisen in den Großraum von Peckelsheim gelegt. Diese abseits des vom Imperium behaupteten Kerngebietes liegende Region erfüllte alle Bedingungen die Arminius brauchte um erfolgreich zu sein. So folgten und erfüllten Segimer und Arminius schon hinsichtlich der Anmarschroute ihren Plan der nötig war, um die Legionen wie gewünscht zu leiten und um zu dirigieren. So hatten die Cherusker auch was die Route anbelangt Varus bereits unmerklich das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Ich rekapitulierte bereits, dass sich der römische Hellweg von Höxter nach Anreppen in einem recht guten eben Hellweg artigen Ausbauzustand befand. Er dürfte folglich auch zwischen Amelunxen und Brakel über eine weitaus bessere Straßendecke verfügt haben, als die seltener genutzte Altstraße von Amelunxen über Drenke nach Natingen. Die eben mäßigere Befahrbarkeit des Hellweges wird auch ein Grund dafür gewesen sein, warum Arminius den Feldherrn davon überzeugte den zügigen Weg über Brakel einzuschlagen. Ein weiteres Argument dafür zuerst Brakel anzusteuern ist die Eroberungslage die das Imperium bis zum Jahre 9 + in Ostwestfalen umgesetzt bzw. hinterlassen hatte. Man hatte bereits einen Korridor von Anreppen längst dem Hellweg bis zur Weser unter Kontrolle gebracht sowie die sich nördlich davon angrenzenden und ausbreitenden germanisch/cheruskischen Stammesgebiete, die über Marienmünster und Nieheim hinaus wohl bis an die Werre bei Detmold etwa 33 Kilometer Luftlinie von Brakel entfernt reichten. Rom nannte bekanntlich immer nur Teile des Landes „sein eigen“, so wie sie es gerade erobert hatten und der südliche Nethegau gehörte „noch“ nicht dazu. In diesen großräumigen nördlich von Brakel liegenden Landschaften waren meiner Theorie nach auch die römischen Abstellungen unterwegs. Gebiete die also fest im Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich von Varus lagen. Sie lagen im Stammesgebiet der vertragstreuen Cherusker und im Grenzgebiet zu den Angrivariern. Die Landstriche südlich von Brakel waren für Rom in diesen Zeiten noch uninteressant sollten aber irgendwann integriert werden und konnten daher solange noch ihr Nischendasein führen bzw. fortsetzen. Da die Männer um Arminius am Tag nach dem Abzug aus Höxter auf seinen Befehl hin die Abstellungen nieder kämpften, lag es auch im Interesse von Arminius die Legionen bis Brakel zu friedlich zu begleiten. Denn von Brakel aus konnte er auch relativ kurzfristig die Bereitstellungsräume in denen seine Männer ihn erwarteten erreichen. Anhand des häufig anzutreffenden Tages Marschabstandes bzw. der Distanz vom Sommerlager Höxter aus bis nach Brakel von etwa 2o Kilometer kann davon ausgegangen werden, dass sich in Brakel in der Nähe zur Nethe ein heute überbautes römisches Etappenlager befunden haben könnte. Zur Strategie der Cherusker gehörte es an diesem ersten Marschtag die Legionen unbeschadet bis ins Marschlager Brakel zu führen. Die Strecke war nicht nur für die Legionen gut und nahezu ohne Steigungen zu bewältigen, sie war auch für die vielen den Zug begleitenden Frauen und Kinder eine angenehme erste Marschetappe während der niemand Verdacht schöpfte. Dieser erste Marschtag der völlig unblutig und wie beschrieben auch wie im Frieden verlief, hob die Moral und die Stimmung aller Beteiligten auf römischer Seite. Der ungestörte und planmäßige Verlauf bestätigte allen Teilnehmern bis in die Offiziersklasse, dass man Arminius unbesorgt trauen konnte und niemand sah eine Veranlassung, an der bisherigen Vorgehensweise zu rütteln oder irgendwelche Zweifel zu hegen. (8.11.18)

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