Samstag, 10. Dezember 2022
Zum augusteischen Amphorenfund an der Pader - Ein Wink mit dem Zaunpfahl mal wieder den Blick nach Osten zu wagen.
Römischen Zivilisationsfunden treten sie im Stadtgebiet von Paderborn auf und stehen sie wie dieser im Zusammenhang mit dem Verzehr eines Schweinebratens lässt sich schlecht nachsagen, sie wären germanisches Raubgut gewesen oder einem Händler vom Karren gerutscht. Man darf sie daher als Anzeiger für eine römische Ausbaustrecke werten die ausgehend vom Römerhafen Anreppen in östlicher Richtung an dieser Stelle über eine Zwischenstation verfügte. Und auch den Gedanken, dass sich dort mehr als nur ein bescheidener römischer Kontrollposten befunden haben könnte sollte man nicht zu früh verwerfen. Wie die dort ausgegrabenen vier etwa 2000 Jahre alten römischen Weinamphoren aus Kampanien explizit aus der Region um den Monte Massico in ein 1,60 m tiefes Loch in der Paderborner Innenstadt gelangen konnten lässt sich teilweise rekonstruieren. Man wird sie einst mit vielen anderen auf Schiffe verladen haben um ihnen zunächst den Landweg zu ersparen. Vermutlich nutzte man später, wollte man eine Alpenüberquerung mit dem zerbrechlichen Gut vermeiden die Rhone für den Weitertransportiert. Aber wie auch immer, irgendwann wird man die Fracht an einem römischen Rheinhafen angelandet haben um sie dort zu entladen - bzw. umzuladen. In Flachbooten könnte sie Lippe aufwärts gezogen worden sein, wenn man sie nicht auf mit Stroh unterfütterten Ochsenkarren verstaute. Und je nach dem welche Wegstrecke man zugrunde legt, waren dafür allenthalben Distanzen von 1500 bis 2000 Kilometer zu überbrücken gewesen. Falerner Weine waren in der Antike hoch geschätzt und hatten in Italien ihren Preis, transportierte man sie aber noch zusätzlich über tückische Wasserwege oder unwegsames Gelände verteuerte sich der exquisite Tropfen und es stellt sich die Frage der Bezahlbarkeit. Man kann natürlich auch die Variante bevorzugen, wonach man minderen Wein in Falerner Amphoren goss in der Hoffnung, die späteren Empfänger im rauen Norden konnten den Qualitätsunterschied nicht mehr erkennen. Ob es im Imperium statthaft war in „Falerner“ Amphoren Wein aus anderen Anbaugebieten abzufüllen ist fraglich, da es bekanntlich auch damals schon Herkunftssiegel gab wie es in diesem Fall gut nachweisbar ist und das Anfertigen von Kopien problematisch gewesen sein könnte. Aber immer bleibt festzuhalten, dass der Wein eine lange Strecke zurück zu legen hatte, bevor er in Paderborn auf den Tisch kam. War es Original Falerner dann geht auch eine Frage in die Richtung, ob sich die Besatzung eines römischen Wachturmes mit derartigem Qualitätswein die Wartezeit versüßen durfte. Die Vorstellung das sich einfache Frontlegionäre in den unruhigen Zeiten weit ab vom Anbaugebiet einen Wein zu Gemüte führen durften den schon Plinius der Ältere und Horaz zu schätzen wussten macht nachdenklich und man stellt fest, dass wie so oft jeder archäologische Fund auch neue Fragen aufwirft. Möchte man in die Untiefen der Spekulation abgleiten jubilieren jene Kräfte innerhalb der Forschung die in einem derartigen Weinklassiker einen betuchten Kunden erkennen wollen und keine trinklustige und weinselige Wachmannschaft sehen möchte. Auch der profane Gedanke, dass man etwas vom guten Tropfen abzweigte bevor er sein Ziel erreichte liegt nicht fern. Aber Fakten entscheiden und da offenbart der Fund auch noch etwas anderes. Denn der römische Horizont ab der östlichen Stadtgrenze von Paderborn war nie vernagelt und der weite Raum bis zur Weser hätte die Chance verdient ihn nach längerer Zeit der Abstinenz wieder einmal stärker in den Focus der Forschung geraten zu lassen. (10.12.2022)

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