Dienstag, 3. März 2020
Imperialer Glanz und Gloria versagten in Kalkriese
Das der einstige römische Feldherr Tiberius 8 - mit der Aktion die Sugambrer gegen ihren Willen auf die andere Rheinseite zu verpflanzen den Anfang machte und damit zum Weichensteller und Urheber für ein Wirtschaftswunder im Großraum Köln wurde, erschließt sich erst aus der Retrospektive. Das er später als Kaiser mit einem weiteren Befehl nämlich seiner Entscheidung des Jahres 16 + gleich das ganze nordöstliche Imperium daran teilhaben ließ, hatte sich damals bis Kalkriese noch nicht herum gesprochen. Aber in der Fisse - Niewedder Senke ließen es die Germanen leger ausgedrückt schon mal etwas krachen, denn sie ließen damit ihre Mentalität schon Jahrhunderte vor der Überschreitung des Limes deutlich werden. Denn ein Naturvolk handelt nach anderen Regeln. So wurde das Desaster von Kalkriese zum Synonym germanischer Unberechenbarkeit, beendete das römische Experiment vorsichtiger Annäherung zum einstigen Widersacher und ließ die Fronten erneut erstarren. Damit wurde aus Kalkriese nach der Varusniederlage ein weiterer Wendepunkt einer fehl geleiteten römischen Germanenpolitik. Tiberius der wohl beste Kenner der germanischen Denkungs- und Lebensweise besaß schon 16 + den nötigen Weitblick und verhütete somit Schlimmeres. Denn in der Konsequenz hätte der Battaveraufstand des Jahres 69 + ein weitaus umfangreicheres und bedrohlicheres Szenario annehmen können, wenn sich daran noch die weiter östlich des Rheins siedelnden germanischen Stämme beteiligt hätten. Es ist schon augenfällig genug, dass sich dem Aufstand die linksrheinischen Cugerner gemeinsam mit den unter Zwang umgesiedelten Sugambrer samt den rechtsrheinischen Brukterern anschlossen. Linksrheinische Stämme die dafür auch nicht erst einen niederrheinischen "Wasserlimes" überschreiten mussten um ins Imperium einzubrechen, denn sie siedelten bereits innerhalb der Grenzen des römischen Reiches. Es ist eine reizvolle und diskussionswürdige Theorie nun zu versuchen über die Schiene attraktiver gläserner Kostbarkeiten, vielleicht sogar schon aus dem Hause "Köln - Eigelstein" eine Verbindung nach Kalkriese herstellen zu wollen. Aber die rauen Gesellen aus der norddeutschen Tiefebene mögen es damals anders gesehen haben, ließen sie links liegen und wirkten desinteressiert. In einer Zeit noch ohne Frauenquote waren den Herren der Schöpfung andere Dinge wichtiger, als das bunte Glaszeug, dass man ihnen schmackhaft machen wollte. Begebe man sich in eine subjektive Erzählposition, so könnte in Kalkriese ein unzufriedenes Grummeln unter den Germanen den bevorstehenden Konflikt angekündigt haben. Inwieweit sich damals neben Köln oder Kaiseraugst auch noch über Trier eine Verbindung nach Kalkriese herstellen lassen könnte, ist schwer zu beurteilen, denn die Kenntnisse über farbiges Glas aus der Großregion Trier sind mäßig. "Glasaugen" die man in drei römischen Militärlagern der Germania inferior an der Lippe vorfand, wo sie zwischen 8 - und 9 + in den Boden gelangten, sprechen für die Tatsache, dass man sie häufiger als angenommen, für was auch immer verwendet hatte, sie also auch an unterschiedlichen Orten produziert haben könnte. Ihnen somit den Status eines Gebrauchsgutes zuzugestehen bzw. sie damit in Verbindung zu bringen wäre also keine utopische Vorstellung. Folglich mit den profansten Dingen des Alltags wie man sie nicht nur in römischen Lagern, sondern auch in nicht militärischen also zivilen Siedlungen benutzt haben dürfte. So wie es etwa mit gläsernem Geschirr also Trinkhörnern, Bechern, Schalen, Näpfen und dergleichen geschieht die in jener Zeit schon parallel zur groben Töpferware auf die Tische kamen. Manche Historiker halten gerne Ausschau nach den Segeln des Ungewöhnlichen und vergessen dabei schnell das reale Leben und dazu gehören meines Erachtens nicht die seltsamen Vorschläge die man bislang als Begründung für ihre Bedeutung anführte. Denn gläserne Objekte sollte man sicherlich zuerst da suchen, wo sie ihren eigentlichen Platz hatten, nämlich im unmittelbaren menschlich, häuslichen Bedürfnisumfeld der Nahrungsaufnahme und seiner Aufbewahrung. Aber auch an Orten wo man sie prunkvoll zur Schau stellen wollte durften sie nicht fehlen, also da wo man sie auch nicht unbedingt jeden Tag brauchte, sondern nur für besondere Anlässe nutzen wollte. Man wollte sie vorzeigen und präsentieren, aber sie waren aus Glas und erforderten einen behutsamen Umgang. Man sollte daher wohl die Glasaugen - Scherben in die Nähe der jeweiligen Ausgangsprodukte rücken, zumal angenommen werden darf, dass man diese auch aus Glas angefertigt hatte, woraus auch sonst. Also Objekte an denen diese "Glasaugen" zuvor ihren Platz hatten und ein einst integrierter Bestandteil davon gewesen sein müssten. Möchte man der Theorie folgen, die Scherben wären aus einem größeren Glasgefäß heraus gebrochen, so lassen die Aufsehen erregenden Glasaugen nun rätseln, wie dieses nie gesehene Gefäß ausgesehen haben könnte oder sollte. Wie würde sich seine Machart und Formgebung darstellen. Das Objekt könnte im Aussehen ein auf den ersten Blick ungewöhnliches Behältnis gewesen sein aber beim zweiten Blick bereits einen zweckmäßigen Eindruck hinterlassen. Man kann erkennen, dass die Scherbchen alle eine leichte Wölbung aufweisen so gilt es, sie einmal experimentell durch eine ergänzende Formgebung zu modellieren, zu vollenden, sie also zu komplettieren. So könnte man ihre ursprüngliche Form wieder erkennen und sich ihre Gestalt auf diese Weise virtuell erschließen lassen. Man ließe sie also vor unserem inneren Auge wieder auferstehen und würde ihnen ihr alte Erscheinungsform wieder zurück geben. Man würde dann vermutlich ein passendes gefäßartiges Behältnis in unbekannter Größe in der Hand halten. Oder man käme wegen der Gradstellung zu dem Schluss, dass sie an einem Gefäß nicht im ausgeprägten, sondern sich eher im schwächeren Wölbungsbereich befanden. In jedem Fall läge das Unikat eines Teilgefäßes vor uns, für das derzeit noch jegliche Vorbilder in Form von Bodenfunden in der Epoche des ersten oder zweiten nachchristlichen Jahrzehnts fehlen. Was aber nicht verwundern sollte, denn nicht alles was man damals herstellte also schon herstellen konnte, fand sich auch im Bodenaushub unter Köln, erreichte die Vitrinen von Museen und Sammlungen um archäologisch ausgewertet werden zu können und lagert daher auch nicht in den dortigen möglicherweise angestaubten und halb vergessenen Untergeschossen und unzugänglichen Nischen und Katakomben. Wobei man bei aller Trübsal nur hoffen kann, dass unsere jetzt zeitigen Architektur - Eliten nicht auch noch darunter einen U - Bahnschacht in den Untergrund treiben wollen der mehr verspricht als das er hält. Was wir aber haben sind möglicherweise die Einzelteile dieser Gefäße, nämlich die aus ihnen heraus - oder abgebrochenen so genannten "Glasaugen". Aber die besagten toten bzw. leblosen Augen von Kalkriese haben es in der Tat in sich. Anhand der Fundorte und der Verteilung ließe sich fasst schon schlussfolgern, dass man die Glasaugengefäße nur für den germanischen Markt angefertigt hätte. Denn im ganzen römischen Reich fanden sich bislang keine Glasaugen die mit dieser Form vergleichbar gewesen wären. Und sie auch nicht in Italien entdeckte, obwohl man dort sicherlich gut und relativ gründlich in vielen Regionen geforscht hat. Also weder in den augusteischen noch in den tiberischen Fundschichten bzw. in den Siedlungszonen späteren Datums. Die Glasaugen von Kalkriese weichen im Aussehen auch von den Teilen ab, die man in Xanten, Anreppen, Haltern, Kaiseraugst oder Oberaden entdeckte. Dies ließe sich auf die heraus ragende Experimentierfreudigkeit frühester römischer Glasmacherkunst zurück führen. Angetrieben und vielleicht auch etwas beseelt vom anbrechenden Pioniergeist der Zeit begann man sich auch neuen und eigenwilligen Formen zu widmen. Es wurden individuelle Ideen umgesetzt und in Umlauf gebracht und die Formenvielfalt schien keine Grenzen zu kennen. Neue auch voluminöse Formgebungen aber ebenso Verzierung und Farbgestaltung beflügelte die frühen Dessiner, womit sich ein wachsender Kundenkreis in den neu erblühenden Stadtgründungen am Rhein beeindrucken ließ und diesen zum Kauf anreizte. Revolutionär neues verkörperte immer schon den Fortschritt und die Friedenszeiten begünstigten und weckten ungeahnte Kreativität. Neuartige faszinierende Gegenstände geeignet und dazu angetan auch schon bei den Germanen die Bereitwilligkeit zu wecken in Geschäfte einzuwilligen. Da muss man schon einen fasst mitleidigen Blick auf die Stufe jener Keramik werfen, wie man sie zur gleichen Zeit in Germanien herstellte und die erst den Kontrast deutlich macht. Die östliche germanische Rheinseite wurde nach der Umsiedlung der rauflustigen Sugambrer zu einer Region in der sich eine Rom gegenüber willfährige Bevölkerung ansiedelte. Der Westen des heutigen Bergischen Landes im mittelalterlichen Deutzgau dem Pagus Tuizichgowe war domestiziert und stand der römischen Einflussnahme ungehindert zur Verfügung. Sicherlich wird man schon mal auf die östliche Rheinseite geschaut haben und da blieb den römischen Glasmachern die zeitgleiche germanische Keramik der groben Fußschalen mit Warzendekor nicht verborgen. Man könnte den Germanen vielleicht schon einen zweckmäßigen Faible für das Warzendekor nachsagen, eine Methode die Schalenaußenwände rau zu halten um sie auf diese Weise griffiger zu gestalten, damit sie bei Nässe nicht so schnell aus den Fingern gleiten konnten. Vielleicht ließen sich die Gefäße dank der warzenartigen Verdickungen auch bruchsicher und damit stabiler anfertigen. Eine interessante Vorstellung, dass man im römischen Köln diese Technik sogar abschaut haben könnte, aber statt des klobigen germanischen Warzendekors setzte man auf der westlichen Rheinseite auf Warzen aus Glas in Form von Augen. Die unattraktive und für unser Verständnis urtümliche Warzenmusterung germanischer Töpferware zum Vorbild genommen und schon war die moderne Variante, nämlich das römische Glasaugengefäß geboren. Und das nicht etwa weil die Kölner Experten nicht selbst auf diese Idee gekommen wären. Man orientierte sich nur daran, ja kopierte es vielleicht sogar, da man erkannte, dass man auf diese Weise auch den germanischen Geschmack und Bedarf gleich mit erreichen konnte. In Germanien entschied noch der spätere Verwendungszweck wie ein Gegenstand auszusehen hatte und ein imposantes Äußeres war nicht das Maß der Dinge. Aber was verstand man eigentlich im alten Köln zu Zeiten von Kaiser Tiberius unter Geschmack. Man mag es drehen und wenden, wir werden kein Gefühl dafür entwickeln können, was die aufstrebende römische Zivilisation und warum sie das eine oder andere als schön und geschmackvoll betrachtete und wovon sie sich leiten ließ. Aber wir kennen vieles von dem was sie schufen und da muss man sich schon etwas die Augen reiben, nach welchen pittoresken Formgebungen den frühen Glasmachern die Laune stand. Das Museum "Belgisches Haus" in der Kölner Cäcilienstraße zeigt neben dem dort aktuell ausgestellten weltberühmten Diatretglas aus Köln - Braunsfeld auch einige andere sehenswerte Stücke. Die ersten Diatretgläser sind aus dem 1. Jahrhundert bekannt was besagt, das diese fortschrittliche Technologie bereits in der römischen Kaiserzeit bekannt war und man sie anfertigte. Aber die Vitrinen beherbergen auch Glasgefäße die sich wegen ihrer filigranen Machart in jeder Hinsicht als nicht alltagstauglich erwiesen haben dürften. Wirft man auch hier wieder einen Blick auf die rückständigen parallel im Einsatz befindlichen Gebrauchsgüter der germanischen Rheinseite, so erkennt man welche Welten sich hier damals auftaten. Am Rhein prallten zwei extrem unterschiedliche und zivilisatorisch entfernt voneinander existierende Menschenschläge aufeinander. Auf der einen Seite der Rheinische, also der keltisch römisch orientierte Mensch dem Mosel und Rhein den Zugang in die südlichen Gefilde der Kultur öffneten und östlich des Rheins der alles andere als ebenbürtig anzusehende Germane der gar nicht anders konnte, da er in seiner Landschaft verhaftet war. Denn die geographische Struktur der Gebirgszüge und die damit verbundenen alle nach Westen strömenden Flüsse formten aus ihnen eine Bevölkerung die zwar östlich des Stromes angesiedelt war, aber sie immer nach Westen blicken ließ. Erst durch Weser und Elbe waren die germanischen Völker nicht mehr auf den Rhein fixiert und entwickelten andere Traditionen und Weltbilder. Mit der römischen Eroberung des Rheintales in das alle Flüsse zwischen Kinzig und Lippe entwässerten wurde Rom automatisch auch zum Beherrscher dieses Siedlungsraumes. Unterschiedliche Mentalitäten die sich in der Zeitgeschichte über lange Zeit ungestört nebeneinander entwickeln konnten und sich getrennt voneinander heraus gebildet hatten. Ein Prozess, der sich noch bis heute bemerkbar macht, wenn man sich mit den Menschen aus den rechtsrheinischen Kölner Stadtteilen und aus den linksrheinischen zusammen setzt oder versucht sie mental miteinander zu vergleichen. Dann ist der Rhein unüberhörbar immer noch die alte Grenze. Schon der erste Blick auf einige römische Glasgefäße im "Belgischen Haus" verrät die Tatsache, dass man diese hochwertigen Teile nicht für den Alltagsgebrauch angefertigt hatte. Dafür waren sie schlicht nicht gedacht und auch völlig untauglich. Denn sie waren alles andere als "Spülmaschinenfest" und man muss fasst befürchten, dass sie schon der bloße Anblick hätte beschädigen können, so feingliedrig ist ihre Struktur. Dieser Exkurs in die seltsamen Geschmackswelten der Antike soll auch einen Einblick in die Flexibilität römischer Anpassungsfähigkeit vermitteln, denn schließlich hatten wir es hier mit einer Hochkultur mitsamt ihres ungeahnten Selbstvertrauens zu tun. Ein verständliches Selbstvertrauen, denn der Kontrast bzw. das Gefälle nach Westen, welches sich in der Tischkultur offenbart setzte sich auch in Kleidung, Lebensweise und allen anderen kulturellen und technischen Erscheinungsformen und Errungenschaften beider Völker fort. Vergleichen wir das römische Kunsthandwerk der Diatretprodukte und anderer "High - Tech" Leistungen der Glaskunst und stelle sie gegen die Stilrichtungen späterer Zeitalter wie zum Beispiel die der Nippes Epoche, so erscheinen uns die römischen Exemplare sogar schon nahezu nüchtern und sachlich im Dekor. Wer wollte da noch Leugnen oder in Abrede stellen, dass man sich in dieser überaus kreativen Phase nicht auch den germanischen Fußschalen widmete. Also statt mit Ton mit Glas als Basisprodukt experimentierte, um der archaischen Kultur auf diese Weise etwas unter die technologischen Arme zu greifen. Und um den Germanen auf die Weise den zivilisatorischen Vorsprung gleich mit vorzuführen. Denn mit Glasaugen die man eindrückte oder auf schmolz ließ sich vieles ansehnlicher gestalteten. Eine schöne und unbeweisbare Überlegung aber ein Gedanke, den man bei den Glasaugenfunden bei Bramsche nicht völlig verwerfen sollte. Kostbare gläserne nun aber römische Fußschalen mit Wulsten griffig gemacht könnten die Angrivarier statt nach Münzen auch schon mal nach Glas haben greifen lassen, wenn man es ihnen gegen die gefangenen Geiseln angeboten hätte. Womit wir wieder bei diesem Szenario angelangt wären, statt uns mit den Möglichkeiten einer Varusschlacht bei Kalkriese zu beschäftigen. Doch nichts außer acht lassend müssen unsere Gedanken auch immer ihre Fähigkeit behalten weit ausholen zu können. So müssen wir uns auch die Frage erlauben dürfen, wie weit wir die Zeitspirale für die Herstellung dieser Glasaugen - Trinkschalen - Gefäße noch über die Zeitenwende hinaus also sogar nach hinten verschieben könnten. Eine bewusst verklausulierte Fragestellung, die es auch noch zu lüften gilt und der man nachzugehen hat. Bei den Glasaugenfundstätten handelte es sich im Betrachtungsraum um die heutigen Städte Xanten, es wurde frühestens 16 - gegründet und bestand über das Jahr 18 + hinaus. Um Haltern, es wurde frühestens 7 - gegründet und bestand bis 9 + (Varusschlacht). Um Anreppen, es wurde um 5 + gegründet und bestand bis 9 + (Varusschlacht) und um Oberaden, dass um 11 - gegründet wurde allerdings nur bis 8 + bestand. In jenem Oberaden einem Lager, dass nach 8 + keinen Bestand mehr gehabt haben soll, ließen sich ebenfalls Glasaugen finden. So sei die Frage gestellt, ob man in Köln sogar schon zu Lebzeiten des Feldherrn Drusus der 9 - verstarb Glasaugengefäße hergestellt hat. Aber auch hier gilt im Zweifelsfall zwar nicht die Unschuldsvermutung, so aber doch die Möglichkeit, dass das Lager Oberaden auch noch nach 8 - als langlebige Zwischenstation gedient haben könnte, die bei bedarf auch noch als provisorisches Marschlager genutzt und bis zur Varusschlacht zeitweise angesteuert wurde, auch ohne das sich dafür konkrete Bodenfunde als Beweis finden ließen. Glasaugen hätte man demnach dort also auch noch nach 8 + finden können. Schließlich lag es auch an der viel genutzten Lipperoute an der jedes römische Lager, wenn nötig bei geeigneter Lage schnell wieder nutzbar gemacht werden konnte. Tendiert man zur ersten Annahme, so könnte man parallel zur Umsiedelung der Sugambrer die im Jahre 8 - erfolgte um die Front zu beruhigen aber auch um den kölnischen Aufschwung nicht zu gefährden, noch den Gedankengang zu Ende denken. Denn auch wenn man Oberaden um 8 - aufgeben haben sollte, so könnten die Teile auch noch danach in den Oberader Boden gelangt sein. Die Aufnahme oder vielleicht sogar die Intensivierung der Produktion von Glasaugen in Köln hätte demnach gut in die Phase nach der Sugambrerumsiedelung gepasst, als man keine rechtsrheinischen Übergriffe mehr zu fürchten hatte. Wäre aber das Jahr 8 - das definitive Aufgabedatum des Lagers Oberaden gewesen, muss man sogar annehmen dürfen, dass es entweder am Eigelstein damals schon fasst dynamisch zugegangen sein müsste oder in dieser vorchristlichen Epoche die Glasaugen - Ursprungsmetropole nämlich Kaiseraugst noch das frühe kölnische Zentrum darstellte. Möchte man also annehmen, dass schon lange vor der Stadtrechteverleihung durch Kaiser Claudius im Jahre 5o + gute Glasmacher aus Kaiseraugst in Köln einwanderten, seßhaft und tätig wurden, könnte das harte Durchgreifen von Tiberius gegen die Sugambrer im Jahre 8 - dies begünstigt haben. Ein in der Tat verlockender Gedankengang, denn man könnte, wenn auch nur theoretisch davon ausgehen, dass die Glasscherben mit den schwarzen Pupillen auch schon vor 8 - in den Boden von Kalkriese gelangt sein könnten. Aber so schnell wie diese Theorie aufgestellt ist, so schnell kann man sie auch wieder begraben. Denn der Münzfund vom Typ Caius/Lucius hebt sie auf. Denn die Prägungen dieser Serie sollen nur zwischen 2 - und 4 + statt gefunden haben. Unabhängig vom angedachten Gefangenenaustausch des Jahres 18 - bliebe also unter diesem Gesichtspunkt betrachtet für das Kalkriesegefecht ein recht umfangreiches Zeitfenster. Es würde sich schon mit dem Jahr 2 - öffnen und etwa solange offen gehalten werden können, bis die Legio I Germanica dem das Kalkrieser Mundblech zugeschrieben wird die Rheingarnisonen verließ und das zog sich über einen langen Zeitraum hin. Der frühe Glasaugenfund von Oberaden könnte die Theorie stützen, dass sich die Glasaugen die 18 + in Kalkriese zu Bruch gingen schon seit maximal 26 Jahren im Kölner Produktionsprogramm befunden haben könnten. Grund genug für eine weitere Annahme wie bedeutsam Köln bereits in diesen Jahren für die Herstellung von Luxusartikeln war. Ich möchte daher als Herstellungsort für die bislang insgesamt gefundenen 23 Glasaugen Scherben gleich welchen technischen Stand sie verkörperten schon für den prosperierenden Standort Köln plädieren und ihn als Ursprung anzusehen. Aber welchen Sinn und Zweck die Scherben hatten, um was für Teile es sich also bei den vermeintlichen "Glasaugen" handelt wissen wir dadurch immer noch nicht, da die Fundlage zu schwach ist. Es kann wie dargestellt angenommen werden, dass man diese leicht gewölbten Teile auch an Glasgefäßen angebracht an geschmolzen oder eingedrückt hat um diesen eine bessere Griffigkeit zu verleihen, damit sie besser in der Hand lagen. Für derartige Gefäße mit unebener Außenfläche gibt es neben den germanischen Fußschalen mit Warzendekor auch andere Vorbilder aus vorchristlicher Zeit. Becher denen man wegen der aufgesetzten buckelartigen Elemente einen speziellen und urdeutschen Namen gab. Denn dafür bot sich ein Wort an, dass diese Erhöhung wie sie sich auch an den Glasaugen samt Iris und Pupille zeigt, wie kaum ein anderes zum Ausdruck bringt. Ein Wort aus der Dialektik geboren, das für alles angewendet wird was leicht aber auch stärker hervor steht oder sich abhebt. Ein Wort das vielfache Verwendung findet, wenn man derartiges beschreiben möchte. Seien es die Holzfigürchen in Miniformat wie sie beim "Mensch ärgere Dich nicht Spiel Verwendung finden, sei es ein Name den man auch für Spikereifen oder für die Stollen unter Sportschuhen verwenden kann oder eine hügelige Landschaftsform. Denn alles lässt sich unter diesem einen Grundbegriff Noppen, Nuppen oder wie man in meiner Heimatstadt Wuppertal sagt nämlich Nüppken (Mehrzahl Nüppkes) zusammen fassen. So fand das Wort Nuppen auch Eingang in die technische Welt der Glasherstellung und der Name Nuppenbecher fand für derartiges Verwendung. So schmolz man die Nuppen mal als Glastropfen, mal in Iris- und Pupillenform auf das jeweilige Glasprodukt auf. Die Nuppen gaben ganzen Generationen von Bechertypen ihren Namen, nämlich die Nuppenbecher. Ein gängiger Name, wie man ihn für Trinkgefäße aus Augusta Raurica und anderswo vergab. Aber auch eine Form, wie sie sich selbst in der römischen Handwerkermetropole Kaiseraugst erst etwa ab dem Jahr 4o +, aber nicht davor nach weisen lässt. Sollte es sich bei den gefundenen "Glasaugen" also im Kern um abgebrochene Nuppen mit den sie umgebenden Restglas des Ursprungsgefäßes handeln, so würden diese Teile sowohl für die Existenz gläserner Trinkgefäße in den römischen Kastellen aber auch auf dem Marsch durch die Niewedder Senke sprechen. Sei es nun für den Eigenbedarf oder als begehrte Handelsware. Aber wegen ihrer Rätselhaftigkeit entwickelten sich die sogenannten Glasaugen zum Phänomen. Und sie verbergen ein an sich recht schlichtes Geheimnis. Es lautet einfach ausgedrückt, dass "es sie gab", das sie schon existierten also hergestellt werden konnten. Sie lassen sich unserem Blick nicht mehr entziehen, sie liegen vor uns und sind keine Vision. So mussten es auch Erzeugnisse aus römischer Produktion der augusteisch/tiberianischen Zeit gewesen sein, die uns da aus dem Kalkrieser Boden anschauten, denn unter Cäsar stellte man sie wohl noch nicht her. Und selbst in ihrem desolaten Zustand zeigt sich immer noch ihre Machart und ihre Farbgebung. Aber auch eine Form die uns als Puzzleteil dienen kann um mit deren Hilfe man das einstige Gesamtobjekt erahnen kann. Sie sind real und liegen vor unseren Augen, also muss es auch ohne das uns Vergleiche dazu bekannt sind, eine Hand gegeben haben, die sie einst erschuf. Wie viel Jahre zwischen Produktions - und Zerstörungstag gelegen haben mögen, lässt sich nicht sagen. Da man aber nicht auf Vorrat produzierte weil Bedarf bestand, kann man möglicherweise unter Berücksichtigung von mehrmaligen Umladens und der Transportdistanzen sogar von nur wenigen Monaten ausgehen. Ware die in Köln im Juli produziert wurde könnte man schon im August in Xanten auf Maultierkarren oder Flachboote verladen und könnte Kalkriese im Herbst erreicht haben. Die in Kalkriese ausgegrabenen "Glasaugen" Scherben können natürlich wie auch schon angedeutet auf das dortige Kleinlager hinweisen. In einem mittelgroßen Marschlager, immerhin in einer Größenordnung, dass für die Unterbringung einiger tausend Legionäre ausgelegt war, konnten auch Nuppenbecher zu Bruch gegangen sein. In diesem Fall müsste man die Funde wieder vom Schlachtenhorizont lösen und einem vielleicht schon länger existierenden Marschlager zuordnen. Aber auch derartig attraktive Gefäße als Tauschware mit den germanischen Stämmen zu nutzen ist nahe liegend und deckt sich mit dieser Theorie. Diese Scherben als eine Begründung für eine Varusschlacht am Kalkrieser Berg heran zu ziehen ist nicht möglich, aber das Wissen um die Bedeutung und Herkunft der Teile kann helfen das Gesamtbild zu erhellen. Gläserne Produkte konnten in diesen Zeiten schon rationell hergestellt werden und waren daher auch eine günstige Alternative um sie für den Freikauf von Legionären anzubieten. Und worauf meine These beruht, dass man das Gefecht auch als einen Raubüberfall ansprechen kann, der auch Gewaltschäden hinterließ. Und natürlich sind Glasprodukte zweifellos eine sparsamere Methode um sie Münzen aus Edelmetall als Alternative vorzuziehen bzw. sie ihnen entgegen stellen zu können. In Betracht zu ziehen ist auch die Möglichkeit, dass die Glasaugen im Zuge des damaligen internationalen Handelsverkehrs aus größeren Entfernungen von Legionären etwa aus Ägypten in den deutschen Norden gelangten. Die nordafrikanischen Völker insbesondere die Pharaonenreiche waren schon Jahrhunderte vor der römischen Machtausdehnung imstande ihren Mumien gläserne Augen höchster Qualität einzulegen.
Die Marschkolonne war allemal ein lukrativer Köder und Magnet für jegliche Begehrlichkeiten der Zeit. Zusammenfassend ließe sich sagen, dass nach Strabos Aussage, dass Arminius immer noch kämpfte und was er um das Jahr 18 + nieder geschrieben haben könnte, dieser Kampf in der Niewedder Senke statt fand. Zwei Jahre nach dem Germanicus in Germanien seinen Abschied nahm und vermutlich Gaius Silius als sein Nachfolger im Gespann und Zusammenschluß mit anderen renommierten Römern für ihn nachgerückt war. Im gleichen Jahr 18 + kreuzte und vollzog sich nach Strabos Angabe möglicherweise die Übergabe der schiffbrüchigen Legionäre im Grenzgebiet zu den Angrivariern, die diese vorher übernommen hatten. Ein Austausch den es nach Tacitus gegeben haben muss, der in Bezug zu den Angivariern stand und der mit welchem Endresultat auch immer, statt gefunden hat. Die Fäden zu den agierenden Personen und Handlungen könnten also sowohl zeitlich als auch räumlich betrachtet östlich von Bramsche zusammen gelaufen sein. Hier ist um diese Zeit eine spannungsgeladene Konfrontation in Form einer heftigen Auseinandersetzung durchaus denkbar, sie könnte sich schnell hochgeschaukelt haben und warum auch hätte man den Gefangenenaustausch unnötig lange hinaus zögern sollen. Ein Disput, der sich an Geringfügigkeiten entzündet haben kann, oder auch ein von langer Hand vorbereiteter Waffengang gewesen sein könnte. An dem möglicherweise auch noch dieser nicht mehr ganz so junge Arminius, der ja immer noch gekämpft haben soll, mit seinen Cheruskern und anderen Stämmen auf germanischer Seite wie etwa den Chasuariern beteiligt war. Und auf Seiten Roms war es die I Legio ( Cohors ) Germanica. Sie war noch bis mindestens 21 + möglicherweise sogar bis in die dreißiger Jahre nach Christi für Köln nachgewiesen und ihre Kasernen dürften auch nicht weit von den frühen römischen Glasöfen entfernt gestanden haben. Ihr oblag möglicherweise die Sicherung eben dieses sensiblen Marschzuges mit Sonderauftrag. Jener zweckgebundenen Transportkolonne die sich durch ihre wertvolle Ausstattung und aufgrund ihres arglosen Verhaltens, in einem nicht ungefährlichen Korridor einem erhöhten Risiko ausgesetzt hatte. Ein römischer Treck deren Aufgabe einzig darin bestand mit den Germanen ein Geschäft erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Eine Transaktion "Mensch gegen Wert oder Ware" die außer Kontrolle geriet, da sich möglicherweise eine der beiden Parteien nicht so verhielt wie es beabsichtigt bzw. abgesprochen war. Sozusagen ein geplatzter "Letter of Intent", wofür es viele Gründe gegeben haben könnte. Aber aufgrund der Fundlage eine Situation die dafür spricht, dass dieser Trupp nicht auf einen regulären Kampfeinsatz vorbereitet war. Aber was schlimmer wog, war die Tatsache einer erneuten und vielleicht auch vermeidbaren römischen Niederlage zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Sie bestärkte Tiberius in der Richtigkeit seiner Entscheidung des Jahres 16 + sich aus Germanien zurück zu ziehen. Im Ergebnis war es das Resultat einer Fehleinschätzung das sich rächte. Das Verhältnis zweier so unterschiedlich gearteter Kulturen war eben 18 + noch nicht reif für diplomatisches Geschick. Einige Jahre später verstarb Arminius, aber 18 + lebte er noch. (03.03.2020)

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