Dienstag, 10. März 2020
Anno 0017 stand in Rom alles im Zeichen Germaniens
Die Feierlichkeiten für Germanicus sollten nicht nur seine persönlichen Erfolge heraus stellen. Man machte 0017 damit auch zum Jahr der Wende und alles sollte auf das römische Volk wie ein Schlußstrich wirken. Ein symbolischer Abschluss von alledem, was Rom in 30 Jahren Krieg in Germanien hinterlassen hat. Jahrelanges Blutvergießen hatte Misstrauen ausgelöst, aus dem Land eine gespaltene vom Rhein zerschnittene Region gemacht und die Menschen und Völker zu Feinden werden lassen. Ab diesem Jahr wollte man in Rom die Vergangenheit vergessen machen und nach vorne schauen. Man hatte der Germania Magna strategisch betrachtet den Rücken gekehrt und die römischen Städte auf dem linken Rheinufer sicherten nördlich von Rheinbrohl nur noch den „nassen Limes“. Ohne es mit Arminius abgestimmt zu haben möchte man derzeit, dass er zum Weltkulturerbe ernannt wird. Einfach ungeheuerlich. Germanicus hatte die Front verlassen müssen, war nicht mehr im Amt und seine Tage waren gezählt. Germanien schien zur Ruhe zu kommen, denn das Jahr 17 + verlief östlich des Rhein unauffällig. Aber die Realität sah wohl anders aus, denn Arminius ballte offensichtlich immer noch die Fäuste. Der Grieche Strabo der wohl geschielt haben soll und auch Strabon genannt wurde war für die Historienforschung ein Glücksfall, denn er hat uns aus dieser Zeit viel an historischem Stoff zur Auswertung hinterlassen. Damit verbunden sind aber auch einige Denkaufgaben die sich nur schwerlich angehen lassen, wenn man sie nicht im Kontext der damaligen Zeiten betrachtet. Wer die letzten Kapitel gelesen hat, dem ist nicht entgangen, dass die Antwort auf die Frage in welchem Jahr möglicherweise das Gefecht bei Kalkriese geschlagen wurde etwas ausgeklammert wurde. Zwei Jahre könnten dafür in Frage kommen. Nämlich die Jahre 17 + und 18 +. Die Hinweise im Zusammenhang mit der neu besetzten Generalität am Niederrhein nach der Rückkehr von Germanicus im ersten Halbjahr 17 + nach Rom und die danach am Rhein in Angriff genommene Flottenaufrüstung sprechen eher für das Jahr 18 +. Aber es gibt noch weitere Anhaltspunkte weshalb man das Jahr 18 + gegenüber dem Jahr 17 + bevorzugen könnte. Im Verlauf dieses und der nächsten Kapitel werden sie sich verdichten. Von jetzt an soll auch Segestes, der sich nach seinem Erscheinen in Rom genötigt sah oder gedrängt wurde seine persönlichen Rechtfertigungen und Offenbarungen zu verbreiten, wieder eine größere Aufmerksamkeit zu kommen. Aber die im Zuge des Germanicus Triumphzuges im Nachhinein von Strabo zu Papier gebrachten Fakten beziehen sich nicht nur auf den Germanenfürsten Segestes. Denn in seine Darstellung, die wie alles was uns die antiken Historiker hinterließen schwer deutbar ist, spielt vermutlich auch ein spezielles Kampfgeschehen mit hinein. Eine Auseinandersetzung bei der es sich um das Gefecht bei Kalkriese gehandelt haben könnte. Natürlich kommt es bei Strabo nicht explizit zur Sprache, aber sein Hinweis ist vieldeutig. So hätten bei Strabo beide Schlachten Spuren hinterlassen, die Varusschlacht deren Verlauf sich meines Erachtens auf den Nethegau konzentrierte, als auch die Auseinandersetzung bei Kalkriese. Diese Verstrickung erschwert es in diesem Fall auch beide Kampfereignisse getrennt voneinander zu behandeln. Aber auf den ersten Blick muss es verwundern, wo es denn eine Verbindungslinie zwischen dem Triumphzug des Jahres 17 in Rom + bis nach Kalkriese gegeben haben soll. Aber eine Verkettung ist nicht ausgeschlossen und so trägt der antike Geschichtsschreiber Strabo, wenn auch hier nur im Scherz gemeint die Schuld daran, dass die Aufarbeitung der „Vita Segestes“ für einen Exkurs in die Welt der „toten Glasaugen von Kalkriese“ für einige Kapitel unterbrochen werden musste. Denn es hing letztlich mit seinem Hinweis zusammen, den er uns im Zuge seiner Überlieferungen betreffend des für Germanicus veranstalteten Triumphzuges am 26. Mai 0017 + hinterlassen hat. Denn es verbarg sich in seinen Aufzeichnungen eine interessante Steilvorlage für eine neue Hypothese. Nämlich eine Aussage mit der er es uns ermöglicht daraus eine zeitliche Fixierungsmöglichkeit abzuleiten und womit er die Brücke zum Ereignis von Kalkriese schlug. So öffnete er uns damit eine gedankliche Tür, wonach man das Gefecht von Kalkriese sogar einer chronologischen Einordnung unterziehen könnte. Strabo schien ein Pedant gewesen zu sein. Denn er machte sich nicht nur die Mühe die Namen der germanischen Häupter die im Triumphzug mitgeführt wurden in Erfahrung zu bringen um sie dann aufzuzählen, er ließ uns auch in den Genuss einiger anderer wertvoller und präziser Randbemerkungen kommen die wir bei anderen Historiker vermissen. So erfahren wir nur von ihm im Zuge seines Kurzberichtes über den 26.5.0017 auch das bereits zuvor thematisierte, nämlich das Arminius offensichtlich immer noch das tat, was man eigentlich nach dem Befehl von Kaiser Tiberius aus dem Jahre 16 + gar nicht mehr erwartet hätte. Denn es wurde auch danach östlich von Xanten von den Germanen immer noch Krieg geführt. Aber wir erfahren auch noch das Wesentliche. Das sich nämlich unter jenen die immer noch im Krieg gegen Rom standen auch Arminius befand. Nach heutiger und wohl auch damaliger Auffassung besteht ein Krieg nicht nur aus einer einzigen Schlacht, sondern einer Abfolge von Kämpfen. Und so dürfte es nach dem Jahr 16 + in Germanien doch noch unerwartet heiß her gegangen sein. Aber einen Krieg brauchten und hatten die Wesergermanen nach dem einseitig ausgerufenen Waffenstillstand aus dem Munde von Kaiser Tiberius nach unseren Vorstellungen nach dem Jahre 16 + gegen Rom eigentlich nicht mehr führen. Das lässt uns gedanklich innehalten. Denn die von Strabo gemachte Randbemerkung will nicht zu unserem Wissenstand passen nämlich dem, dass uns kein römischer Historiker von einer Schlacht zwischen den beiden verfeindeten Völkern berichtet hatte, die sich im Jahr 17 + zugetragen hat. Wenn nicht im Jahre 17 + so könnte diese Feststellung den Schluss zulassen, dass das Gefecht von Kalkriese erst ein Jahr später also im Jahr 18 + statt gefunden haben könnte. Das wiederum würde bedeuten, dass Strabo seine Niederschrift auch erst im Jahre 18 + verfasst hat und nicht im Jahr 17 + und Arminius hätte demnach noch im Jahr 18 + gekämpft und nicht im Jahr 17 +. Infolgedessen wäre es ein weiterer Meilenstein in der Theorie, dass man in Kalkriese im Jahr 18 + gekämpft haben könnte. Auf das große und sicherlich tumultartige Spektakel im Mai 0017, dass Strabo vielleicht nur aus der Menge heraus gemeinsam mit anderen Zuschauern von den hinteren Reihen aus erlebte und dem er mit Blicken folgte ging er übrigens anders als Ovid es sich ausmalte nicht näher ein. Aber neben der Namensnennung der vorgeführten Personen sah Strabo sich doch noch genötigt seine patriotische Pflicht zu erfüllen. Denn er musste auch noch den glänzenden Triumph, der Germanicus nun zu stand mit erwähnen. Aber der Bedeutung dieses Tages für unsere historische Aufarbeitung dürfte auch er sich nicht bewusst gewesen sein. So hinterließ er uns dann doch diesen kleinen und relativ unscheinbaren Hinweis, dass Arminius den von Rom vor vielen Jahren angezettelten Krieg immer noch fortsetzen würde. Und damit wird er wohl zweifellos den Krieg gegen das Imperium gemeint haben, denn innergermanisch ausgetragene Stammeskonflikte waren für Rom keine Kriege und werden für Strabo und Italien keine erwähnenswerte Bedeutung gehabt haben. Man könnte davon ausgehen, dass Strabo sogar selbst im Mai 17 + an einer belebten Straßenecke im alten Rom inmitten des Geschehens stand, obwohl er es nicht ausdrücklich erwähnt hat. Ob er also dem Zug persönlich, wenn auch nur aus der Distanz beiwohnte muss folglich offen bleiben, ebenso die Frage wie er an die detaillierten Informationen kam die er später hinterließ. Aber ungeachtet dessen nahm Strabo an diesem denkwürdigen Tag eine Position ein, die ihn zum Berichterstatter an einer historischen Schnittstelle werden ließ. Denn an diesem Tag wollte das Imperium einen unrühmlichen Abschnitt seiner Politik beenden, nämlich das Ende einer Ära einläuten, die dem Imperium in Germanien bis dato mehr Schaden als Nutzen und Erfolg einbrachte. Er wurde zu dem was man heute einen Zeitzeugen nennt. Er spazierte also möglicherweise an jenem 26. Mai an einer beliebigen Stelle durch Rom und sah von weitem nur die Dinge, die das Kaiserhaus unter Tiberius zu ließ. In die Hinterzimmer der Macht hatte er keinen Zutritt und seine Quellen dürften daher in dieser Phase nicht ergiebig gewesen sein. Nur was auf den Straßen gemunkelt wurde und was man sich zuraunte hätte er zu so früher Stunde zu Papier bringen können aber den jeweiligen Wahrheitsgehalt konnte er noch nicht erkennen. Später wird sein Wissen wohl umfänglicher gewesen sein. Als Strabo in Rom oder im Großraum weilte, basierten noch alle dort vorliegenden Informationen über den Verlauf der Varusschlacht auf dem Kenntnisstand den damals die römischen Staatsbeamten besaßen. Was ihnen also aus dem Munde wieder anderer Römer von überall her zugetragen wurde. Und alle kannten und verwendeten sie immer nur das eine große überlagernde und überragende Wort das alles überschattete nämlich „Verrat“. Verrat aber auch Betrug an Varus und am ganzen römischen Volk. Aber germanische Quellen die ihnen zum Abgleich hätten dienen können waren nicht vorhanden. Doch im Jahre 17 + betrat nun endlich eine hoch gestellte germanische Persönlichkeit die römische Weltbühne von der man sich Aufklärung erhoffte. Nun konnte man nach rund 7 langen Jahren auf das ersehnte Insiderwissen hoffen und einen Mann befragen, der damals hautnah dabei war. Ob sein Wissen allerdings bei allen so willkommen gewesen war, muss ebenfalls offen bleiben. Und dieser Mann der Stunde war Segestes und er war noch dazu ein Cheruskerfürst. Er könnte vieles aufklären Licht ins dunkle und Klarheit in die Vergangenheit bringen. Aber die Zeiten waren im Jahr 17 + längst nicht mehr die alten. Denn in sieben Jahren hatte sich vieles verändert und das Varusereignis war allen wenn auch nur oberflächlich aus dem Gedächtnis geglitten, man hatte es verdrängt und es besaß nach den langen Kriegen unter Germanicus nicht mehr die Bedeutung von einst. Auch das römische Volk hatte in diesen Jahren viel zu erleiden und zu erdulden gehabt und es galt auch noch den fasst genau so lange zurück liegenden zehrenden Krieg in Pannonien und Dalmatien zu überwinden. Die Wende ausgelöst durch die Varusschlacht hatte zwar einen bleibenden Eindruck in den Seelen der Römer hinterlassen, aber das Inferno am Saltus wich über die Jahre betrachtet einem dumpfen, weit zurück liegenden Gefühl, dass sie nur noch nebulös und kaum fassbar in ihren Erinnerungen mittrugen. Es war eine Zeit angebrochen in der die Hintergründe um die Varusschlacht in den Köpfen der meisten Römer soweit sie sich überhaupt erschließen ließen, schon fasst in Vergessenheit geraten waren. Der Feldherr Germanicus, der Vater des späteren Kaisers Caligula hatte die germanischen Untaten ruhmreich gerächt, auch wenn dies nur der offiziellen Verlautbarung entsprach und man konnte das Kapitel abschließen. Was man also nun aus dem Munde eines Segestes an neuem alten aus Germanien erfuhr hatte sicherlich nicht mehr den hohen Stellenwert, den es unmittelbar nach Bekanntwerden der römischen Niederlage in der Varusschlacht gehabt hätte, einer Zeit als in Rom noch mehr die Angst eines plötzlichen germanischen Angriffs überwog und weniger der Zorn, der in den Gesichtern der Römer geschrieben stand. Aber nun beherrschte nur noch die Innenpolitik die Agenda des Kaisers und die sah vor, dass man an diesem 26.5.0017 ausgelassen zu feiern hatte und das die alten Geschichten nicht mehr hervor gezerrt werden sollten. Der letzte Beweis dafür wurde im Triumphzug vorgeführt, es war die fällige Endabrechnung mit dem germanischen Widersacher und die Akte Varusschlacht ließ sich bei dieser Gelegenheit auch gleich mit schließen. Doch dann geschah unerwartetes. Denn nun betrat ein Mann die Szenerie. Ein Mann wie aus der Vergangenheit auferstanden der noch mal an die längst vergessene Schlacht im vermeintlichen Nethegau erinnerte und bei allen alte Gefühle weckte. Ein Germane den man in diesen Zeiten einen Römerfreund nannte muss schon kurios gewirkt haben. Ein Mann den man von höchster Stelle belobigte, den man nun präsentieren und vorzeigen wollte. Ein lebender Beweis dafür, dass Rom in Germanien nicht nur Feinde hatte und er ließ sich zum Markenzeichen und Aushängeschild einer ehrenwerten römischen Gesinnung hoch stilisieren. Er personifizierte damit für alle sichtbar den guten Germanen im Kontrast zu Arminius. Aber dieser Mann mit Namen Segestes hatte auch noch eine dunkle Seite und die passte nicht so recht ins römische Kalkül. Vielleicht hatte man im Kaiserhaus auch gerne seine diffuse Rolle die er damals zwischen Arminius und Varus einnahm unterdrückt, denn sein Wissen konnte auch unangenehme Folgen haben. So hätte er die Niederlage des Varus auch als eine zwangsläufige Konsequenz darstellen können, da man im Jahre 5 + große Truppenkontingente aus den niederrheinischen Garnisonen für den Markomannenfeldzug und den späteren Pannonienkrieg heraus gelöst hatte. Fehlende Soldaten die man Varus nicht mehr unterstellen konnte, da sie schlicht auf dem Schlachtfeld an der Donau starben oder wegen ihrer Verletzungen nicht mehr einsatzfähig waren. Ein Verlust der dazu führte, dass die drei Legionen bei weitem nicht in Sollstärke gegen Arminius antreten konnten. Möglicherweise wäre selbst noch Tiberius in die Kritik geraten denn er hatte es entschieden und zugelassen, dass Varus in militärischer Unterzahl eine neue Provinz aufbauen musste. So bahnte sich vermutlich auch diplomatischer Konfliktstoff an, als Segestes im Geleit von Germanicus in Rom eintraf. Segestes hätte von derartigem Wissen sicherlich keinen Gebrauch gemacht zumal man in Rom über diese Hintergründe damals auch bestens informiert war. Aber der römische Senat der Verwaltungsapparat aber auch andere dürften noch an der Aufarbeitung der alten Ereignisse interessiert gewesen sein. Ob die kaiserliche Regie darauf Einfluss genommen haben könnte ist denkbar und anzunehmen. Wir kennen dies auch aus unseren Tagen. Denn wie gerne würde auch heute noch so mancher Politiker in der einen oder anderen Sache zur Tagesordnung übergehen, weil man an alten Geschichten nicht mehr rütteln mochte. Doch dann schlägt die berühmte Stunde der Opposition und der gefürchtete Untersuchungsausschuss muss es doch noch mal aufwühlen, will es recherchieren und genauer wissen. Und selbst Tiberius, obwohl seine Politik nach vorne gerichtet war, sollte man nicht unterstellen, er könnte daran nicht interessiert gewesen sein. Aber man erwartete von Segestes auch Loyalität und konnte sie einfordern. Wenn auch nicht mehr auf den Straßen Roms, so rätselte und sinnierte man sicherlich immer noch in den Historiker - und Aristokratenkreisen darüber, was sich denn acht Jahre zuvor im Zuge der Varusschlacht in Ostwestfalen genau zugetragen haben könnte. Und dies war vor allem aus aktuellem Anlass begünstigt, denn nun war der damals zweit Wichtigste Mann aus Ostwestfalen plötzlich unter ihnen und konnte Rede und Antwort stehen. Und auch Claudia Pulchra die Gattin von Varus samt Anhang drang möglicherweise auch noch auf Reputation für ihren einstigen Ehemann. Man kann dem entnehmen, dass sich vieles im alten Rom an Dingen festmachte wozu uns heute die Sachkenntnis fehlt. Aber bei tieferer Analyse erscheint es uns begreiflicher. Als Strabo in seinem Bericht, gleich wann er ihn verfasste erwähnte, dass es in Germanien sogar noch nach dem Jahr 16 + immer noch zu Gefechten kam, müsste ihn dies aufgehorcht haben lassen. Denn normalerweise müssten einem Menschen in diesem Fall Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Veranstaltung gekommen sein. Denn eine Feier aus Anlass eines Sieges über das germanische Volk abzuhalten hätte nicht zu der Realität gepasst, dass der Hauptwidersacher Arminius nicht nur immer noch lebte, sondern sogar noch persönlich an Kriegen gegen das Imperium beteiligt war. Eine historische Faktenlage, die man mit dieser Feier förmlich auf den Kopf stellte und die sich definitiv nicht mit diesem feierlichen Staatsakt vereinbaren ließ. Eine Veranstaltung der man dann schon fasst den Namen „Pyrrhusfeier“ hätte geben können. Aber Stopp. Denn unter Zugrundelegung meiner Theorie, dass Strabo seine Zeilen erst 18 + nieder schrieb, Arminius also 18 + noch kämpfte, konnte auch 17 + in Rom noch keiner wissen, dass der Krieg in Germanien wieder angefacht von germanischer Seite im Jahre 18 + erneut aufgeflammt war. Man erkennt daran wie heikel sich Spekulationen verselbstständigen können. Aber zurück in die Rekonstruktion. Sollte Strabo von den Kriegen des Arminius schon an diesem 26. Mai 0017 etwas erfahren haben, dann hätte der Krieg an dem Arminius beteiligt war bereits im ersten Halbjahr 0017 statt gefunden haben müssen. Es stellt sich also die Frage, wann Strabo seinen Bericht über den Triumphzug nieder schrieb und wann ihn selbst die Information über Arminius erreichte. Denn auch hier gilt wieder der historische Leitsatz, der auch für heutige Tageszeitungen immer noch gilt, nämlich das ein Ereignis nicht an dem Tag zu Papier gebracht wurde bzw. darüber berichtet werden kann, an dem es sich ereignete. Es hätte also damals auch noch eine lange Zeit verstreichen können, bis man es mit der sinerzeit bereits verfügbaren metallisch bleihaltigen Tinte sozusagen zu Papyrus brachte. Denn mit jedem Tag den Strabo mit seinem Bericht zuwartete bzw. den er vergehen ließ bevor er über den 26.5.0017 schrieb, kämpfte auch Arminius um diesen Tag länger gegen das Imperium. Man sollte also annehmen, dass Strabo nicht schon am gleichen Tag, nämlich dem 26.5.0017 zur Feder gegriffen hat. Denn wen hätte es auch gegeben haben sollen, der ihm einen Redaktionsschlusstermin aufgezwungen haben könnte. Er könnte also alle Zeit der Welt gehabt haben bevor er sich setzte um etwas zu verfassen. Aber von der Überlegung wann er diese schriftliche Aufarbeitung nun in Angriff genommen hatte, hängt die Frage nach der Aktualität seines gesamten Berichtes ab. Und das nicht nur was den Zeitpunkt des Krieges von Arminius anbetrifft, sondern auch das Alter des kleinen Thumelicus, auf das er ebenfalls eingegangen ist. Wann also erfuhr Strabo davon. Je nach dem wann und aus welchem mehr oder weniger berufenen Munde ihm diese Informationen zugeflüstert wurden, stellt sich also diese Frage und damit auch die nach der Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit seines oder seiner Zuträger. Eines aber wird durch den Hinweis von Strabo deutlich und das unbenommen davon, wann er es, ob nun im Jahre 17 + oder erst 18 + erfuhr bzw. nieder schrieb. Denn Arminius ließ auch noch nach dem Befehl von Kaiser Tiberius im Jahre 16 + den Kampf gegen Germanien einzustellen seine Waffen nicht ruhen. Für ihn war der Krieg folglich noch nicht mit dem Machtwort des Kaisers beendet. So ist es auch denkbar, dass Arminius der auch noch im Jahre 18 + gelebt haben soll, auch noch in diesem Jahr in Kämpfe mit Rom nicht nur verwickelt gewesen sein könnte, sondern sogar den Befehl gab römische Einrichtungen anzugreifen bzw. mit dabei war. Denn die Entführung seiner Frau könnte ihn auf lange Sicht zornig gemacht haben und auch die letzten Anhänger von Segestes in Ostwestfalen dürften seine Wut zu spüren bekommen haben und schließlich wurde Arminius mit dem Abzug des Segestesclans zum einzigen Herrscher der Cherusker. Daher besitzt auch die Frage keine Relevanz wie lange die pikante und zugleich beängstigende Botschaft, eines immer noch kämpfenden Arminius oder vielleicht auch seines kämpfenden Germanenvolkes aus dem Norden bis nach Rom gebraucht haben könnte. Rechenmodelle, wonach sich Nachrichten von Germanien nach Rom schneller vollzogen als gedacht liegen allerdings vor. So bleibt es sich gleich, ob die Menschen in Rom und damit auch Strabo es schon am 26.5.0017 erfuhr oder erst Monate später. Aber sein Hinweis zeugt auch von einer erheblichen Unruhe, die noch nach 16 + in Germanien östlich des Rheins geherrscht haben muss. Aber nun zum letzten Fallbeispiel, nämlich der Möglichkeit, dass sich Strabo mit der Niederschrift seines Triumphzug Berichtes Zeit ließ und ihn erst irgendwann im Jahre 18 + zu Ende schrieb und veröffentlichte. Damit ließe sich in der Konsequenz auch noch eine Schlacht am Kalkrieser Berg und das unter Beteiligung von Arminius in das Jahr 18 + ziehen. Was man aber auch noch berücksichtigen und betonen sollte ist die Tatsache, dass es sich bei den Kämpfen von Arminius nun nicht mehr um Verteidigungsschlachten gegen römische Legionen handelte, sondern das er nun selbst zum Angreifer wurde, denn das Blatt hatte sich nach dem Rückzugsentscheid 16 + gewendet. Wenn also Strabo schrieb das Arminius immer noch Krieg führen würde, ob er es nun schon im zweiten Halbjahr 17 + oder erst im Jahr 18 + tat, so muss auch noch mal der Frage nachgegangen werden, wo Arminius denn diesen Krieg geführt haben sollte. Da sich nach 16 + keine römischen Legionen mehr tiefer in Germanien aufhalten durften könnte man also annehmen, dass Arminius sich der Rheingrenze genähert haben musste, nämlich dort wo es auch etwas zu kämpfen gab. Er könnte im rechtsrheinischen ehemaligen Sugambrergebiet römische Abordnungen angegriffen, aber auch römische Ansiedelungen nieder gebrannt haben. Er könnte aber auch wie dargestellt einen römischen Marschzug samt allem mitgeführten Besitz in seine Gewalt gebracht haben. Eine Vexillation dessen Absicht es war römische Schiffbrüchige frei zu kaufen, könnte auch noch gut in sein Konzept gepasst haben. Arminius wird nach 16 + auch nicht mehr sein ganzen Volk hinter sich gewusst haben, denn man war kriegsmüde, sondern wird diese Vorstöße nur im Rahmen seiner Kampfstärke gewagt haben. Schließlich fühlte man sich in Germanien nach dem Jahre 16 + noch lange in Siegerlaune und da werden sich sicherlich Kämpfer gefunden haben die sich ihm anschlossen. Man könnte also dieser Variante den Vorzug geben, womit es sich auch kompatibler zum Tacitus Hinweis bewegen würde, nämlich dem des Gefangenenaustausches der Schiffbrüchigen unter Beteiligung der Angrivarier. Sollte also Strabo schon im zweiten Halbjahr 17 + zur Feder gegriffen haben und nicht erst 18 + so ließe sich prophylaktisch vor diesem Hintergrund betrachtet, dass Gefecht von Kalkriese auch aus dem Jahr 18 + in den Herbst des Jahres 17 + vorverlegen. Dann hätte man die Freikaufverhandlungen mit den Angrivariern vielleicht schon im Spätsommer oder Herbst 16 + aufgenommen und der Gefangenenaustausch hätte noch im Jahr 17 +, dem Jahr des Germanicus Triumphzuges statt finden können. Strabo lieferte also mit seinem Querverweis in Form dieser erstaunlichen Randbemerkung einen Impuls, dem es sich lohnte nachzugehen. Und im Zuge der Textanalysen von Strabo und Tacitus war es daher auch ein leichtes die Bündelung dieser Informationen auch als Erklärungen für das Gefecht am Kalkrieser Berg heran ziehen, und es sogar zeitlich eingrenzen zu können. Der textuelle Fluss im Verlauf dieses Internet Buches nämlich die Motive eines Segestes zu ergründen musste also vorübergehend für die neue Kalkriese Theorie ausgesetzt werden und die voran gegangenen Kapitel hatten dem Rechnung zu tragen. So musste zwangsläufig die Frage nach der Bedeutung des Cheruskerfürsten Segestes und seinen Aussagen in Rom für einige Abschnitte in den Hintergrund treten. Aber das wird sich im nächsten Abschnitt wieder etwas ändern, denn bekanntlich war Segestes der Mann, der unseren historischen Wissensstand über die Varusschlacht maßgeblich beeinflusst und sogar dominiert und angereichert hatte. (10.03.2020)

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