Montag, 16. März 2020
Griff Segestes zur Notlüge ? - Seine Warnungen an Varus sind infrage zu stellen - Strabo wusste von alledem nichts
Am Samstag dem 9. November 2019 stellte ich das Kapitel „Strabo lüftet einen Vorhang - Der Tag des Triumphes für Germanicus“ ins Internet ein. Dieses Kapitel findet gemeinsam mit dem vorherigen Abschnitt nun seine Fortsetzung. Aber Segestes, der hier neben Strabo eine der damals unmittelbar handelnden Personen darstellt wird uns auch noch die nächste Zeit beschäftigen. Denn seine Auslassungen bilden eine der wesentlichen Grundlagen auf denen meine Theorien zu den Ursachen der Varusniederlage basieren. Hinter der Front in einem uns unbekannten römischen Militärlager am Rhein, vielleicht aber auch in der bereits zivil geprägten Ansiedlung, dem heutigen Köln darbte und schmachtete nun der Segestesclan in der Erwartung zukünftiger Entwicklungen vor sich hin. Sie mussten sich also wo auch immer zwangsläufig in Geduld üben. Segestes hatte sich bekanntlich mit Teilen seiner Familie vor allem aber mit seiner hoch schwangeren Tochter schon im Frühjahr 15 + als man die Fronten wechseln musste, in die Obhut von Germanicus begeben und wartete seit dem auf die weiteren Anweisungen bzw. auf sein zukünftiges Schicksal. Und er musste lange ausharren, denn erst nach über einem Jahr, vermutlich im Spätherbst 16 + traf Kaiser Tiberius in Rom die weitreichende Entscheidung den Krieg gegen die Germanen einzustellen, wodurch auch für die Sippe des Segestes die triste Phase des Warten ein Ende hatte. Was Segestes in der Zeit bei Laune gehalten haben könnte wäre eine interessante Perspektive gewesen, die er gesehen haben könnte. Und günstigenfalls hätte sich für ihn daraus sogar ein Karrieresprung ergeben können. Denn schließlich stand für ihn auch noch die Möglichkeit im Raum, dass Germanicus ihn, nachdem er den angestrebten Sieg über Arminius errungen hatte, zum neuen Cheruskerfürsten ernennen könnte. Denn Germanicus musste auch für die Zeit nach Arminius planen. Segestes verbrachte die Zeit folglich in Ungeduld, der frommen Hoffnung und Erwartung irgendwann das Erbe von Arminius antreten zu dürfen. Ein Ziel, das er vielleicht schon länger im Auge hatte und Bestandteil seines Plans war, als er sich 15 + in die Arme von Germanicus warf. Aber dann kam doch wider erwartend alles anders, denn nach dem Willen von Tiberius hatten sich sowohl seine Ambitionen als auch die von Germanicus in Germanien endgültig zerschlagen. Tiberius machte ihre Träume zunichte und Germanicus musste umdisponieren. Denn nun waren endlich die Würfel gefallen. Irgendwann und irgendwo musste also ein reitender Bote aus Rom Germanicus erreicht haben um ihm mitzuteilen, dass Tiberius das Kriegsende befohlen hat. Der unermüdliche und vielleicht auch noch siegessichere Germanicus stand im Herbst 16 + noch selbst an der Lippe im Kampf gegen die Marser und sah sich seinem Ziel näher kommen. Die fortgeschrittene Jahreszeit zwang ihn allerdings wie so oft, seinen Eroberungszug viel zu früh beenden zu müssen um in die Winterlager einzurücken. So könnte ihn die Nachricht von Tiberius im Spätherbst auch im Winterlager erreicht haben, denn es bestand sicherlich nicht die Notwendigkeit, dass ihn die Kuriere des Kaisers erst in Germanien suchen mussten. Es war vermutlich eine für ihn schockierende Nachricht mit der er nicht gerechnet hatte, wie man es aus der Einschätzung der damaligen Lage bei Tacitus entnehmen könnte. Mit der Botschaft einher gehend wird man, um ihn zu beschwichtigen auch mitgeteilt haben, dass man nun für ihn einen Triumphzug in Rom veranstalten würde. Es entwickelte sich daraus das Ende seiner aktiven Dienstzeit als Feldherr. Germanicus trat ab, verließ die Front und diente dem Imperium noch eine begrenzte Zeit vermutlich in der Funktion eines Militärattaches im mittleren Osten. So könnte er bereits im Winterlager den Alpenzug für das Folgejahr geplant haben und es ist infolgedessen denkbar, dass man sich entschied, die Überquerung nach der Schneeschmelze 0017 anzugehen. So bekam die Segestes Sippe nun von einem möglicherweise verbitterten Germanicus die Anweisung sich reisefertig zu machen. Aber Segestes wusste von diesem Moment an auch was ihm selbst bevor stehen würde. Denn statt mit römischer Rückendeckung in die germanische Heimat zurück kehren zu können erwartete ihn nun ein völlig anderes und unbekanntes Schicksal. Er hatte voll auf die römische Karte gesetzt, konnte aber nicht mit der Entscheidung von Tiberius rechnen. Von nun an war aber auch Germanicus für ihn wohl nicht mehr der gütige Retter von einst, sondern entwickelte sich zu einem berechnenden Feldherr der ihn zu seiner eigenen Ruhmesfeier nur noch zur Präsentation und als schmückendes Beiwerk brauchte bzw. missbrauchte. Einen Triumphzug den er der Vollständigkeit halber auch noch mit einer Anzahl anderer Germanen die er gefangen nehmen ließ anreicherte und man wird sie an den Ketten am Körper voneinander unterschieden haben. Drei antike Passverbindungen über das Gebirge sind bekannt und man wird sich für die entschieden haben, die um diese Jahreszeit geboten schien. Aus dem Rheintal bei Basel nach Süden vorstoßend könnte man, sollte diese Verbindung schon existiert haben, auch über Augusta Raurica dem heutigen Kaiseraugst/Augst über Olten und Zürich geritten sein. Man schwenkte dann später vor Mailand in die Via Claudia Augusta ein die in die Via Cassia mündete, sodass man durch die Porta Flaminia die Mauern von Rom passiert haben könnte. Während der Reise wurde Segestes Meile um Meile seine Lage bewusster. Denn im Zuge der für ihn unübersehbaren, da infrastrukturell belebten und gut ausgestatteten Regionen und dem landwirtschaftlichen Fortschritt erkannte er, welche Macht nun der Mann besaß, den er vielleicht sogar selbst einmal in jungen Jahren persönlich begegnet sein könnte. Nämlich als dieser im Jahr 4 + an den Lippequellen sein Winterlager aufschlug, bevor er im folgenden Jahr die Langobarden an der Elbe besiegte. Ein Lager das ich im Raum Schwaney verorte. Nun war der Onkel von Germanicus der römische Kaiser Tiberius und er war seit dem Jahr 14 + Herrscher über ein Imperium. Und wer einem derartigen kulturellen Wechselbad ausgesetzt ist wie Segestes, der ist sich seiner heiklen Lage im Klaren und hatte sich tunlichst im ureigenen Interesse auch den neuen Begebenheiten anzupassen und zu beugen. Nun war er nicht mehr der Trumpf im Ärmel von Germanicus und Garant für ein willfähriges Cheruskervolk, sondern geriet in die gestrengen Mühlen einer Großmacht und seine Haut zu retten bekam für ihn oberste Priorität. Die Stunde der Wahrheit rückte für ihn näher und er musste sich auf die diverse Fragen vorbereiten die man ihm stellen würde. Fragen die ihm in Ostwestfalen erspart geblieben wären und wo er sich nicht hätte rechtfertigen brauchen. Was er nach seinem Eintreffen in Rom dann im Zuge der Gespräche den römischen Beamten berichtete erfuhren bzw. protokollierten zuerst die, die ihn nach jenen vergangenen Vorkommnissen im Nethegau befragten. Aus welchem Personenkreis sich dieser zusammen gesetzt haben könnte wissen nur die alten Mauern des Palatin. Von den antiken Geschichtsschreibern die auf diesem Wissen später ihre Überlieferungen aufbauten kennen wir zwar einige, aber nicht alle. Darunter finden sich der zeitlichen Reihenfolge nach so prominente Namen wie Paterculus, Tacitus, Florus und Dio aber nicht Strabo. Denn er wurde oder konnte damals bezogen auf Segestes noch nicht deutlich werden, da er von den Dingen die sich hinter den verschlossenen Türen ereigneten keine Kenntnis hatte. Aber nur dank Strabo ist es überhaupt erst möglich diese Gedankenkette schlüssig aufzubauen. Die Kette die mit der von Tacitus beschriebenen „Rettung“ des Segestes im Jahre 15 + ihren Anfang nahm und die mit der Erwähnung von Strabo als ein Teilnehmer beim Triumphzug 17 + endete. Aber alle Historiker die auf Segestes Äußerungen später Bezug nahmen, übernahmen zwangsläufig den jungfräulichen Gesprächsinhalt aus den Verhören mit ihm. Sie ließen uns folglich alle in dem Glauben, es hätte sich damals zwischen dem Saltus, Aliso, dem Hauptlager und der Weser auch alles so zugetragen wie Segestes es in seiner Not zum Besten gab. Wer wollte den Historikern auch den Vorwurf machen seinem Gesagten nicht genügend misstraut zu haben. Und wer konnte später auch erwarten, dass sich alles was von Segestes in dieser Form in die Welt gesetzt wurde, auf ewig in die Geschichtsbücher einbrennen würde. Wider besseres Wissens übernahmen oder mussten es alle übernehmen. Und dies gilt auch für alle späteren Geschichtswissenschaftler bis hinein in unsere Tage und ab dem Zeitpunkt an dem die verschollenen Schriften der antiken Historiker aufgefunden werden konnten. Sie hatten es alle als Realität zu betrachten und hinzunehmen, wollten sie nicht an den ehernen Grundfesten der damals in Stein gemeißelten Glaubwürdigkeit des Palatin rütteln. Denn sie konnten alle dem nicht viel entgegen halten, weil es keine andere Ursprungsquelle und keine andere Alternative außer Segestes gab. Von Segestes erwartete man nun in Rom, dass er die letzten noch bestehenden alten Wissenslücken und verborgenen Geheimnisse erläutern bzw. schließen würde. Und dazu bedurfte es mehrerer Gespräche, einer guten Vorbereitung und einem angemessenen Verhörgeschick, denn es galt zudem sprachliche Barrieren und diese möglicherweise mittels Dolmetscher aber auch andere Verständnisprobleme zu überwinden. Man kann sich vorstellen, wie sich ein „Beinahe Delinquent“ in einer Vernehmung verhält in dem es um sehr viel ging, um nicht zu sagen vielleicht sogar um seinen Kopf. Über die Inhalte wird das Verhörtribunal keine Öffentlichkeit informiert haben und nur ein handverlesener Kreis Vertrauter bzw. das Kaiserhaus werden von seinen Aussagen erfahren haben. Denn Segestes wurden und mussten schließlich auch einige peinliche Fragen gestellt werden. Und die Antworten die er darauf gab lesen wir auch nur zu einem geringen Bruchteil in den Annalen der vier großen antiken Historiker jener Zeit. Zum Beispiel warum sich denn die Männer aus seiner eigenen Sippe im Jahre 9 + auf die Seite von Arminius schlugen und sich nicht gegen ihn stellten. War sein Durchsetzungsvermögen, er war immerhin ein Fürst der Cherusker so schwach, dass er dies nicht hätte verhindern können. Ein Verhalten das in sich betrachtet nicht zu einem treuen Römerfreund, wie es immer hieß passen will. Aber er musste sich auch ein gutes Argument dafür einfallen lassen, warum ihn die Arminius Cherusker nach dem Ende der Varusschlacht bis ins Jahr 15 + hinein unbeschadet ließen. Wie sich aber nun aus dieser Theorie erschließen lässt, konnten ihn nach der Varusschlacht letztlich die Männer der Segestes/Arminius Sippe deswegen unbehelligt lassen, weil er sich nichts gegen sein Volk hatte zu Schulden kommen ließ. Er war also in Germanien nach 9 +, möchte man es so ausdrücken gut gelitten. Aber genau diesen indirekten Vorwurf machten ihm auch die Beamten und Segestes hatte sie nun vor dem Tribunal glaubwürdig zu entkräften. Segestes hatte wie wir wissen jenen die ihn aushorchten natürlich auch den Hergang und die Ausgangslage im Vorfeld der Schlacht zu schildern und zu erklären. Und in diesem Moment offenbarte sich erst das ganze Dilemma in dem Segestes steckte. Denn man erwartete von Segestes, dass er die Pläne des Arminius gegenüber Varus in voller Gänze bis ins Detail und das absolut überzeugend hätte aufdecken müssen. Nämlich das er Varus ultimativ vor dem drohenden Unheil warnte um ihn davor zu bewahren. Es war eine Frage mit der er rechnen musste und auch gerechnet hat. Daher konnte er in diesem Moment auch dem hohen Hause der „Interrogatoren“ eine Argumentation seiner Verhaltensweise anbieten, auch wenn diese mächtig wackelte. Seine Antwort bestand darin ihnen mit voller Überzeugung darzulegen, dass er sich doch Varus gegenüber sogar selbst als Geisel angeboten habe und Varus den Vorschlag gemacht hatte, er möge es auch mit Arminius und den anderen so handhaben. Aber warum sollte Varus Segestes in Ketten legen lassen, wo der doch auf seiner Seite stand und von dem ihm keine Gefahr drohte. Diese Erklärungen erscheinen daher bei genauerem Hinsehen wie der letzte, ein aus der Verzweifelung heraus geborener Versuch gewesen zu sein, mit dem er sich endgültig von jedem Verdacht befreien wollte, nicht alles erdenkliche getan zu haben. Es war die Antwort auf die Frage die er kommen sehen musste und für die er keine bessere Erklärung finden konnte, als sich die Geschichte von eben dieser nebulösen „Inkettenlegung“ am Vorabend der Schlacht einfallen zu lassen. Und warum übrigens sollte Segestes dies auch alles erst und noch so kurzfristig am Vorabend der Schlacht Varus angeboten haben. Ebenfalls eine Darstellung die Verdacht schöpfen lässt, wie händeringend und schon fasst flehend Segestes in Rom sein panischen Bemühen um Reputation glaubhaft machen wollte. Aber alles nutzte den drei Legionen damals nichts, denn Varus tat es einfach ab. All die Argumente die Segestes vortrug klingen wie ein wahnwitziges und in der Praxis nicht umsetzbaren Ringen um Erklärungen. Hilfloses lamentieren was man ihm in Rom nur abnehmen konnte, da man sich dort nicht in die Verhältnisse im Nethegau am Vorabend der Schlacht hinein denken konnte und es keine gegenteiligen Aussagen gab. Die Bredouille in der Segestes in diesem Augenblick saß war perfekt und er steckte in der Argumentationsfalle bei der die Glaubwürdigkeit seiner ganzen Person auf dem Spiel stand. Das er sich wie Tacitus es berichtete vor dem Ausbruch der Varusschlacht sogar noch gezwungenermaßen selbst auf die Seite von Arminius schlug, muss für das Tribunal unentschuldbar geklungen haben. Denn wie hätte er es denn in diesem Moment angestellt haben sollen Varus zu warnen, wenn er doch selbst zum indirekten Teilnehmer am Kampfgeschehen wurde bzw. sich in den Krieg hinein ziehen ließ, so wie es die antike Historie berichtete. Hätte er wie auch immer man es sich vorstellen möchte, sich etwa hinter den eigenen Linien verstecken sollen oder hätte er das Risiko eingehen sollen sich von den Legionären seines Freundes Varus auf dem Schlachtfeld töten zu lassen. So wird ihm irgendwann der glänzende Einfall gekommen sein sich einen geschickten Ausweg aus dem Dilemma zu suchen. Um also im Verhör bestehen zu können gab er, ohne das er es wirklich tat vor, Varus auf die ihm bevor stehende Gefahr hingewiesen zu haben. Nur so konnte er noch seine Haut retten. Da Varus ihm dann nach eigenen Aussagen die Glaubwürdigkeit versagte und seine Warnung abtat, war er gezwungen seine Rolle auf Seiten der Arminius Cherusker zu Ende zu spielen. Wie er dies tat darüber schweigen die Quellen. Zeugen seiner nie statt gefundenen Warnung hatte er bekanntlich nicht zu befürchten und so ließ sich diese Szenerie eines von ihm aus den Fingern gesogenen Dialoges und ohne das es Konsequenzen für ihn gehabt hätte, entwerfen. Die Faktenlage die durch das nachfolgende Desaster im Saltus Bestätigung findet spricht dafür, dass Varus da er nicht vorgewarnt war, den Marschzug also völlig unvorbereitet angetreten hatte. Im vollen Glauben nichts befürchten zu müssen, genügend Soldaten gehabt zu haben und von den Cheruskern unterstützt zu werden, stolperte er blindlinks in die ihm gestellte Falle und traf keinerlei weitere militärische Vorkehrungen. Denn es war ja nur eine harmlose Gerichtsverhandlung von denen er in Germanien schon viele absolviert hatte. Er ritt also nichts ahnend vom Sommerlager in den Untergang. Segestes verdrehte in Rom den Sachverhalt in seinem Sinne und erfand die für Rom plausible Argumentationskette nämlich Varus im Vorfeld gewarnt zu haben um so einer möglichen Bestrafung für seine Passivität zu entgehen. Sein Plan ging bekanntlich auf, man glaubte ihm, wollte ihm glauben und musste ihm glauben. Segestes könnte dadurch vielleicht sogar um Haaresbreite geschickt der Kerkerhaft entgangen sein. Aber nicht etwa deswegen, weil seine Erklärungen so gut und glaubhaft waren, sondern auch weil man Segestes damals nicht fallen lassen wollte um sich selbst keine Blöße zu geben. Man konfrontierte ihn möglicherweise auch mit der provokanten Fragestellung was denn geschehen wäre, wenn sich Germanicus im Jahre 15 + gar nicht nach Ostwestfalen aufgemacht hätte um Rache an den Cheruskern zu nehmen. Hätte Segestes dann wie im tiefsten Frieden in seiner Residenz vermutlich in Vogelbeck an der Leine sein schönes Leben weiter geführt, Thusnelda wäre dann mit Arminius glücklich verheiratet gewesen und er hätte sich mit ihm arrangiert. Und in der Tat und bei Licht besehen, könnte es auch dazu gekommen sein, wenn Germanicus keine Rachepläne gehegt hätte und nicht in Ostwestfalen einmarschiert wäre. Segestes konnte nicht anders, er sah sich gezwungen damals den Senat zu täuschen und ihm die Geschichten von der Warnung aufzutischen und er kam damit auch durch. Strabos Vorgänger auf der Liste der Varusschlacht Berichterstatter waren Ovid und Manilius, ihnen war ein Mann namens Segestes noch nicht bekannt. Aber wie verarbeitete Strabo, der Segestes vom sehen her gekannt haben könnte und ihn sogar erwähnte das Wissen seiner Zeit, wenn es um die Ursachen ging die zur Niederlage in der Varusschlacht führten. Strabo tat das einzig richtige, denn er er brachte den „Verrat“ nur in einen Zusammenhang mit dem Verhalten der Germanen in der Varusschlacht. Und dem ist kein Bezug zu Segestes zu entnehmen und auch keine Hinweise darauf das dieser Varus gewarnt haben will. Für Strabo war die Sachlage klar, die Germanen hatten die Verträge verraten wodurch die Legionen vernichtet werden konnten. Dieser Darstellung lässt sich nicht entnehmen, dass sich dahinter noch mehr verbarg, es also noch ein Vorspiel eines gewissen Segestes dazu gab. Es war wie es auch jeder wusste damals eben in erster Linie ein germanischer Verrat an den Verträgen im Spiel und auf Segestes kam man erst rund sieben Jahre später zu sprechen. Segestes wurde demzufolge zu einer relativ uninteressanten Randperson denn sein Verhalten, ob er nun Varus warnte oder auch nicht, schien damals für alle für den Ausgang der Schlacht unmittelbar nach dem Jahr 9 + unerheblich gewesen zu sein. Wie sich der genaue Hergang im Zuge der verräterischen Tat vollzog bleibt bei Strabo natürlich offen. Da er aber in diesem Zusammenhang weder Segestes erwähnte noch ihn als den Verräter bezichtigte und dies weder wollte noch durfte, konnte er wie es auch alle anderen bewerteten auch nur in den Germanen die Verräter gesehen haben. Denn wer den Vertrag brach war in diesem Fall der germanische Stamm der Cherusker zu dem auch Segestes gehörte aber ihn selbst als Einzelperson sprach man in Rom vom Vorwurf des Vertragsbruches frei. Mitgefangen mit gehangen galt für Segestes nicht. Und dies obwohl er sich damals auf die Seite der gesamtgermanischen Sache schlug. Eine höchst fragwürdige Angelegenheit und in der Tat eine Gratwanderung. So ist die von Strabo gewählte Formulierung aus seiner Sicht nachvollziehbar. Alle bedeutenden späteren antiken Verbindungspersonen die nach dem Jahr 17 + anhand ihrer Quellen über Kenntnisse zur Varusschlacht verfügten und darüber berichteten, wie Paterculus, Tacitus, Florus und Dio thematisierten das Besondere aber auch das Rätselhafte am Verhalten von Segestes. Ob sie es nun einen Verrat von ihm nannten wie die einen sagen, oder ob sie es als hilfreiche Warnung darstellten die von Varus völlig ignoriert wurde. Nur Strabo ging nicht explizit auf die Person und die Rolle ein die Segestes inne hatte, er nannte es einfach nur einen Verrat der Germanen und ohne dabei den Namen Segestes fallen zu lassen. Natürlich wusste man in Rom und das auch schon vor dem Mai 0017, dass bei der Varusschlacht Verrat in welcher Form auch immer im Spiel war. Und natürlich konnten nach römischem Selbstverständnis die Germanen auch Varus nur deswegen bezwingen, weil man Verrat an ihm beging, ihn also im guten Glauben ließ, dass ihm nichts geschehen würde und was man nun mal schlicht und einfach Verrat nennt. Aber wie es sich zugetragen haben soll, war in Rom nicht nachvollziehbar. Denn zum Verrat gehörten immer zwei. Der der den Verrat beging und der der sich verraten ließ. Das die Germanen Varus verraten hatten war also unbestritten. Und wenn Strabo von Verrat spricht, so konnte er zu so früher Stunde und als einfacher Zuschauer in Rom auch nichts über die Details und das Verhalten wissen, das damals Segestes an den Tag legte. Strabo war also auch nicht bekannt, dass Segestes den Feldherrn Varus vor dem germanischen Angriff gewarnt haben wollte. So waren ihm also die verzweifelten Anstrengungen und Bemühungen von Segestes sich in Rom ins rechte Licht zu rücken auch noch nicht bekannt gewesen. Sonst wäre auch er wie später seine historischen Nachfolger wohl auch näher auf das umstrittene Verhalten von Segestes eingegangen, aber er beließ es beim „Verrat“. Bis zum Zeitpunkt seiner Niederschrift könnte also Strabo nichts über die Details der Verstrickungen eines Segestes in die Varusschlacht gewusst haben, er wusste nur, dass man Varus verraten hatte. Der Reihenfolge nach schmiedeten also die Germanen zuerst ihren verräterischen Plan, woraufhin dann Segestes diesen Verrat an Varus verraten haben soll, wenn man es also mal so darstellen möchte. So blieb es beim Verrat der Germanen, aber der angeblich von Segestes vorgegebene „Gegenverrat“ blieb bei Strabo unerwähnt. Begäbe man sich tiefer in den spekulativen Bereich hinein, so könnte Strabo auch schon mehr über Segestes gewusst haben, ohne aber darauf eingegangen zu sein. Strabo kann man nach Ovid und Manilius an die chronologisch dritte Stelle der ersten „Schlachtenbezeuger“ setzen. Aber wie zuvor zum Ausdruck gebracht, noch ohne das er gleich in welcher Art Bezug auf den im Raum stehenden Verrat des Segestes nahm. Die römischen Quellen nach Strabo drückten es unterschiedlich aus, denn sie wollten es auch wie eine Warnung, also eine dezentere Art in Form einer freundschaftlichen Geste verstehen. Eine Interpretation die erkennen lässt, das man sich nicht so ganz schlüssig war, wie man die Worte von Segestes bewerten sollte. Für alle durfte und dürfte Segestes natürlich kein Verräter im negativen Sinne gewesen sein, er stand auf römischer Seite und es sollte nicht der geringste Schatten eines Makels auf ihn fallen. Aber er lieferte uns eine von mehreren Erklärungen dafür, warum Varus in die Niederlage schlitterte.(16.03.2020)

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